Tanzpoeme
23. JUNI 2024
SONNTAGSMATINEEN VI
SAISON 2023/24
23. JUNI 2024
SONNTAGSMATINEEN VI
SAISON 2023/24
Wiener Chormädchen
TrioVanBeethoven
Cobario
DI 2 JUL 20:00
ARKADENHOF LANDHAUS LINZ
RAFAEL
FINGERLOS & CO.
Der österreichische Starbariton zeigt anhand der Musik von Schubert und Brahms, dass die Grenzen zwischen Volks- und Kunstlied fließend sind.
DI 9 JUL 20:00
ARKADENHOF LANDHAUS LINZ
Beim Neujahrskonzert 2023 hatten sie einen ersten großen Auftritt. Nun debütieren die Wiener Chormädchen, das Pendant der Wiener Sängerknaben, in Linz.
DI 16 JUL 20:00
ARKADENHOF LANDHAUS LINZ
Das TrioVanBeethoven spielt Werke der Komponistinnen
Rebecca Clarke und Fanny Hensel sowie von deren Bruder Felix Mendelssohn Bartholdy.
DI 23 JUL 20:00
ARKADENHOF LANDHAUS LINZ
COBARIO
Das Wiener Ensemble Cobario, ein Trio aus Geige und zwei Gitarren, stillt die Sehnsucht nach dem sonnigen Süden mit Musik voller Feuer und Leidenschaft.
Karten und Infos: +43 (0) 732 77 52 30 | kassa@liva.linz.at | brucknerhaus.at
Sonntag, 23. Juni 2024, 11:00 Uhr
Großer Saal, Brucknerhaus Linz
Shani Diluka | Klavier
Orchester Divertimento Viennese
Brass Band Oberösterreich | Bühnenmusik
Vinzenz Praxmarer | Dirigent
Saison 2023/24 – Sonntagsmatineen VI
6. von 6 Konzerten im Abonnement
Brucknerhaus-Debüt
Paul Dukas (1865–1935)
Fanfare pour précéder „la Péri“ (1912)
La Péri. Poème dansé für Orchester (1909–10)
Reynaldo Hahn (1874–1947)
Konzert für Klavier und Orchester E-Dur (1930) [Österreichische Erstaufführung]
I Improvisation. Modéré très librement
II Danse. Vif
III Rêverie, Toccata et Finale. Lent –Gai, fortement rythme, pas trop vite – Allegro
– Pause –
Alexander von Zemlinsky (1871–1942)
Ein Tanzpoem. Ballett in einem Akt (1901, 1904)
Revidierter zweiter Akt aus dem Ballett
Der Triumph der Zeit von Hugo von Hofmannsthal [Österreichische Erstaufführung]
I Mäßig bewegt (feierlich)
II Mäßig. Lebhaftes Walzer-Zeitmaß
Fauntanz (III. Akt)
III Sehr schnell (Presto)
IV Langsames Marsch-Zeitmaß
Konzertende ca. 13:00
Brucknerhaus-Premiere
Drei Grußworte zum Konzert
Vinzenz Praxmarer und das Orchester Divertimento Viennese setzen sich seit vielen Jahren für jüdische Komponistinnen und Komponisten des 20. Jahrhunderts ein, deren Werke in Vergessenheit gerieten.
Dazu zählt auch Alexander von Zemlinsky, ein oft verkanntes Genie an der Schwelle von der Spätromantik zur Moderne, der eine ganz unverwechselbare musikalische Sprache entwickelte. Sein Werk Ein Tanzpoem aus dem Ballett Der Triumph der Zeit beruht auf einem Libretto von Hugo von Hofmannsthal und wird dem Publikum als Österreichische Erstaufführung präsentiert.
Ich freue mich, dieses wichtige Projekt zu unterstützen.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen
Wie aufregend: Österreichische Erstaufführung. Im Brucknerhaus. Vinzenz Praxmarer und das Orchester Divertimento Viennese. Und wir dürfen dabei sein. Wie spannend. Welche Freude. Alexander von Zemlinskys Ein Tanzpoem. Wiederentdeckt. Wie Zemlinskys wunderbare Musik insgesamt seit den Siebzigerjahren Schritt für Schritt wiederentdeckt wurde.
Mit großem Dank und den besten Wünschen
Peter Marboe (Vorsitzender, Alexander Zemlinsky Fonds bei der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien)
I am so delighted to know that this little known work inspired by my grandfather is part of this evening’s performance. I only wish I could be there. Very sadly I am detained in England so am unable to attend in person but I am sure it will be a great event.
My grandfather Hugo von Hofmannsthal wrote the ballet Der Triumph der Zeit in 1900 in Paris, initially intending it for the Darmstadt Festival. He had met Richard Strauss the previous year so now asked him to write the music to his libretto. Strauss turned him down – as the whole world knows the two of them began their collaboration a few years later with the opera Elektra, based on Hugo’s 1903 play – so Alexander von Zemlinsky took on the responsibility of the ballet. In 1907 Hugo saw the dancer Grete Wiesenthal and encouraged her to read the work and create something with Max Reinhardt. Sadly the result did not meet with Gustav Mahler’s approval and so the work was never given complete.
Perhaps tonight’s musical performance will encourage some enterprising choreographer to take on the challenge.
“Toi, toi, toi”
Octavianvon Hofmannsthal
Paul Abraham Dukas wurde in Paris als Sohn eines jüdischen Bankiers geboren. Seine Mutter war Pianistin, starb aber bereits früh, als Paul erst fünf Jahre alt war. Als Wunderkind gepriesen, konnte er mit 16 Jahren ins Pariser Conservatoire eintreten, unter seinen Kommilitonen war kein Geringerer als Claude Debussy, mit dem er sich bald anfreundete. Obwohl er zu den begabtesten jungen Talenten gehör te, belegte seine Kantate, die er für den Prix de Rome einreichte, ‚nur‘ den zweiten Platz. Enttäuscht über dieses Ergebnis, verließ er 1889 das Conservatoire und wurde einer der bekanntesten Musikkritiker von Paris. Unter anderem war er bei der Aufführung des gesamten Ring des Nibelungen unter Gustav Mahler in der Londoner Covent Garden Opera im Jahr 1892 anwesend und schrieb eine Rezension für eine Pariser Zeitung.
Er war nicht nur kritisch gegenüber Zeitgenoss:innen, sondern auch gegenüber sich selbst und seinen Kompositionen. Nur wenn sie seinen hohen Ansprüchen genügten, wurden sie zur Aufführung freigegeben, ansonsten vernichtete er vieles, was ihm nicht als qualitativ hochwertig erschien. In der Zeit des Fin de Siècle in Paris – wie auch in Wien – herrschten zwei Lager, das der Progressiven und das der Konservativen, die einander oft feindselig gegenüberstanden. Dukas konnte sich offenbar mit beiden Lagern anfreunden, was auch in seiner Musik zu hören ist, die eine Synthese beider Strömungen anstrebt. Am bekanntesten und beliebtesten ist seine Tondichtung L’Apprenti
sorcier (Der Zauberlehrling), die auch durch den Film Fantasia von Walt Disney aus dem Jahr 1940 einen großen Erfolg verzeichnete. Unter den von ihm sanktionierten Werken sind auch seine Oper Ariane et Barbe-Bleue, die Sinfonie C-Dur sowie das Ballett La Péri zu nennen. Dukas war nicht zuletzt auch als Lehrerpersönlichkeit am Pariser Conservatoire beliebt, unter seinen vielen Schülern sind vor allem Maurice Duruflé und Olivier Messiaen zu nennen.
Paris wurde 1911 von einem Ballettfieber erfasst, das vor allem durch das Ensemble Ballets russes hervorgerufen wurde, das von Sergei Djagilew geleitet wurde. Bekannt sind die drei sogenannten russischen Ballette von Igor Strawinski, aber auch Jeux von Claude Debussy und Daphnis et Chloé von Maurice Ravel begründeten den Erfolg der legendären Balletttruppe. Auch La Péri war von Djagilew in Auftrag gegeben worden, der von Dukas auch die Weltrechte einforderte. Das Interesse an diesem einzigartigen Werk, in dem Exotismus des beginnenden
Vorwort der 1911 erschienenen Erstausgabe von La Péri Es begab sich, dass Iskender am Ende der Tage seiner Jugend, als die Magier beobachteten, dass sein Stern flatterte, durch den Iran reiste, um die Blume der Unsterblichkeit zu suchen. Die Sonne verweilte dreimal in ihren zwölf Wohnstätten, ohne dass er sie fand, bis er schließlich an den äußersten Rand der Erde gelangte, an den Punkt, wo sie eins mit dem Meer und den Wolken ist. Und dort, auf den Stufen, die zu den Vorhöfen von Ormuzd führen, lag eine Peri und schlief in ihrem Gewand aus Juwelen. Ein Stern funkelte über ihrem Kopf, ihre Laute lag auf ihrer Brust und in ihrer Hand leuchtete die Blume. Es war ein Lotus wie ein Smaragd, der sich wie das Meer in der Morgensonne wiegte. Iskender beugte sich lautlos zur Schläferin hinunter und nahm ihr, ohne sie zu wecken, die Blume weg, die plötzlich zwischen seinen Fingern wie der Mittagshimmel über den Wäldern von Ghilan wurde. Aber die Peri öffnete ihre Augen, schlug die Handflächen aneinander und schrie laut auf. Denn sie konnte nun nicht mehr zum Licht von Ormuzd aufsteigen. Doch als Iskender sie betrachtete, bewunderte er ihr Gesicht, das selbst Gordāfarīds Gesicht an Wonne übertraf. Und er begehrte sie in seinem Herzen. So kam es, dass Peri die Gedanken des Königs kannte. Denn in Iskenders rechter Hand wurde der Lotus rot und wurde wie das Gesicht der Begierde. So wusste die Dienerin der Reinen, dass diese Blume des Lebens nicht für ihn bestimmt war. Und um sie wieder an sich zu reißen, schwang sie sich auf, leicht wie eine Biene. Während der unbesiegbare Herr den Lotus von ihr fernhielt, hin- und hergerissen zwischen seinem Durst nach Unsterblichkeit und dem Entzücken seiner Augen. Doch die Peri tanzte den Tanz der Verderbten. Sie kam immer näher, bis ihr Gesicht das Gesicht von Iskender berührte. Und am Ende gab er ihr die Blume ohne Bedauern zurück. Da erschien der Lotus wie Schnee und Gold, wie der Gipfel des Elburs in der Abendsonne. Dann schien die Form der Peri mit dem Licht, das vom Kelch ausging, zu verschmelzen, und bald war nichts mehr davon zu sehen, außer einer Hand, die die Flammenblume hochhielt, die in der oberen Region verschwand. Iskender sah sie verschwinden. Und als er begriff, dass dies sein baldiges Ende bedeutete, fühlte er, dass der Schatten ihn umgab.
Übersetzung: Gilles Combecave
20. Jahrhunderts, prachtvolle Musik, eine von Léon Bakst geschaffene Szenengestaltung und großartige Tänzer:innen wie Vaslav Nijinsky und Natalia Trouhanowa in ein Gesamtkunstwerk zusammenschmolzen, war so groß, dass sich die Verhandlungen über die Uraufführung sehr schwierig gestalteten. Schließlich konnte sich die aus Kiew stammende Trouhanowa durchsetzen und führte das Ballett in ihrer eigenen Tanzserie Concerts de danse im Pariser Théâtre du Châtelet am 22. April 1912 auf. Djagilew hatte ihr die Premiere nicht zugetraut, sie bewies das Gegenteil und begründete mit der Aufführung einen unbeschreiblichen Erfolgslauf des Werks in den darauffolgenden Jahren.
Peri/Pari ist ein geflügeltes Wesen in Menschengestalt und entstammt der persischen Mythologie. Sie verkörpert Reinheit und Ordnung und stellt die Verbindung zwischen Göttlichem und Irdischem dar. Iskender (der persische Name für Alexander den Großen) sucht die Blume der Unsterblichkeit und findet Peri – mit einem Stern über ihrem Haupt und einer Laute in ihrer Hand – am Ende der Welt. Während Peri schläft, entwendet Iskender ihr die Blume der Unsterblichkeit und fühlt nun die große Kraft, die von dieser ausgeht. Gleichzeitig verliebt sich Iskender in dieses wunderbare Fabelwesen. Bestürzt über den Raub, aber auch entsetzt über den liebestrunkenen König, beginnt Peri einen verführerischen Tanz, der nur ein Ziel hat, nämlich die Blume zurückzugewinnen. Nachdem sie dies erreicht hat und ins Paradies zurückkehrt, wird Iskender seine Sterblichkeit bewusst und er bereitet sich auf den Tod vor.
Reynaldo Hahn
Klavierkonzert E-Dur
Reynaldo Hahn, Fotografie von Henri Manuel, um 1905
REYNALDO HAHNS KLAVIERKONZERT E-DUR
Reynaldo Hahn kommt 1875 in der venezolanischen Hauptstadt Caracas zur Welt. Sein Vater Carlos stammt ursprünglich aus einer jüdischen Familie in Deutschland, die Mutter ist Venezolanerin. 1878 übersiedeln sie nach Paris und führen das Leben einer großbürgerlichen Familie. Das Klavier spielt für Reynoldo schon früh eine große Rolle: Ein italienischer Klavierlehrer kommt ins Haus und bereits mit zehn Jahren beginnt der junge Reynoldo, am Konservatorium Klavier zu studieren. 1887 erweitert er seine Studien, Jules Massenet wird sein Kompositionslehrer. Den Vorwurf, Massenet würde seinen Schülern nur seinen eigenen Kompositionsstil vermitteln, widerlegt Hahn: „Nie, niemals hat Massenet seinen Schülern seine Ideen, Präferenzen oder seinen eigenen Stil aufgezwungen. Ganz im Gegenteil. Er identifizierte sich mit jedem einzelnen von ihnen, und eine seiner bemerkenswertesten Eigenschaften als Lehrer war seine Aufnahmefähigkeit, wenn er die Arbeiten seiner Schüler durchsah. Er holte es sozusagen aus dem Schüler selbst, seinem persönlichen Temperament, Charakter und Stil heraus.“
Hahn begeistert sich für das Musiktheater, Opern wie L’Île de rêve und die Operetten Ciboulette und Ô mon bel inconnu machen ihn bekannt, an der Opéra Comique feiert er große Erfolge. Auch dem Lied wendet er sich zu, bereits mit 13 Jahren komponiert er auf einen Text von Victor Hugo Si mes vers avaient des ailes. Er verkehrt auch in den großbürgerlichen Pariser Salons, singt und begleitet sich selbst am Klavier. Dort trifft er 19-jährig Marcel Proust und hat zwei Jahre lang eine Beziehung mit dem Schriftsteller. Viele Projekte planen sie gemeinsam, so eine ChopinBiografie. Zu dieser kommt es nicht, doch ein anderes Vorhaben setzen sie in die Tat um: Proust schreibt Gedichte über die Maler Albert Cuyp, Paulus Potter, Anton van Dyck und Antoine Watteau, Hahn vertont diese als seine Portraits de peintres
Reynaldo Hahn schreibt an Marcel Proust:
„Mein lieber Kleiner, ich schreibe Ihnen auf der Maschine, weil ich zu müde bin, die Feder zu halten, und meine Schrift kaum lesbar ist. [...] Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, wie sehr ich es bedauere, dass ich auch nicht den geringsten Einfluss auf Sie habe; es schmerzt mich daran zu denken, dass Sie nicht einmal versucht haben, ein wenig Brei zu essen, wie Sie es mir versprochen hatten, und dass Sie hartnäckig eine Fastendiät befolgen, die derzeit nicht gut für Sie sein kann. Ich weiß, dass niemand irgendwelches Gewicht bei Ihren Entschlüssen hat und dass ich nichts ausrichten kann in Hinblick auf das, was ich für vernünftig und begrüßenswert für meinen teuersten Freund halte, für eine der Personen, die ich am meisten geliebt habe in meinem Leben. Aber ich möchte vor allem, dass Sie mir nicht vorwerfen können, mit meiner Beharrlichkeit und meinen unerwünschten Ratschlägen noch zu Ihrer Krankheit beigetragen zu haben. Ich tue, was Sie möchten, und finde mich nolens volens damit ab, nichts auszurichten.
Tausend zärtliche Grüße von Ihrem Reynaldo
Hahns kompositorisches Spektrum bleibt breit: 1925 schreibt er für Yvonne Printemps eine musikalische Revue, aber auch Ballett- und
Kammermusik zählen zu seinem umfangreichen Schaffen. 1940 muss Hahn vor den Nationalsozialisten aus Paris fliehen, kehrt 1945 zurück und wird Direktor der Pariser Oper.
1931, mit 55 Jahren, beschließt Hahn, ein Klavierkonzert zu komponieren. Stilistisch befindet er sich nicht mehr am Puls der Zeit, er schaut musikalisch eher zurück ins 19. Jahrhundert – dies wirkt im Uraufführungsjahr wohl schon etwas antiquiert.
Der Pianist Stephen Coombs findet im Booklet zu seiner Einspielung des Klavierkonzerts begeisterte Worte: „Doch wie dem auch sei, Hahns Konzert ist ein echtes Juwel. Von seinen eröffnenden Klavierakkorden bis zum Ende birgt es Überraschungen und genußvolle Momente. Es steckt voller unerwarteter harmonischer Verschiebungen und Entwicklungen sowie faszinierender Details und verfügt über einen reichhaltigen melodischen Inhalt. Die „Rêverie“ des letzten Satzes ist die schönste Komposition Hahns, und das Konzert als Ganzes macht dem noch immer unterbewerteten Komponisten gebührend Ehre.“
Die Pianistin Magda Tagliaferro spielt den Klavierpart der Uraufführung – sie ist eng mit Hahn befreundet, der ein Jahr später auch als ihr Trauzeuge fungiert. Tagliaferro, 20 Jahre jünger als Hahn, stammt wie er aus Südamerika, sie wächst in Brasilien auf. 1906 kommt sie als Dreizehnjährige nach Paris und studiert ebenfalls am Konservatorium. Tagliaferro gehört zum Kreis der jungen Komponist:innen und erfolgreichen Musikern und Musikerinnen im Paris der 1920er- und 1930erJahre. Sowohl kammermusikalisch als auch solistisch tritt sie international auf – wie Reynoldo Hahn verlässt sie nach der nationalsozialistischen Machtergreifung Paris. Sie geht nach Brasilien, wo sie eine Musikschule begründet und kehrt 1949 nach Paris zurück.
Marie-Theres ArnbomAlexander von Zemlinsky Ein Tanzpoem
Alexander von Zemlinsky stand zur Zeit der Komposition des Balletts
Ein Tanzpoem am Beginn einer großen Karriere als Dirigent und Komponist sowie am Höhepunkt einer leidenschaftlichen Liebesbeziehung mit Alma Schindler, die zu dieser Zeit seine Kompositionsschülerin war. Gustav Mahler interessierte sich seit seinem Einstieg als Direktor der Wiener Hofoper 1897 für den aufstrebenden Komponisten, dessen hohe kompositionstechnische Fähigkeit er hervorhob. Zemlinsky schrieb an der Märchenoper Es war einmal nach einem dänischen Stoff (der das Thema der unnahbaren, widerspenstigen Prinzessin und ihrer Veränderung aufgreift). Mahler selbst übernahm bei der erfolgreichen Premiere am 21. Jänner 1900 an der Wiener Hofoper das Dirigat. Aufgrund des Todes seines Vaters war Zemlinsky gezwungen, für die Familie zu sorgen und hatte daher ein Engagement als Dirigent am Carltheater angenommen, obwohl er nicht wirklich begeistert von den dortigen Operettenaufführungen der sogenannten „sibernen“ Ära war. Er hatte sich im Vertrag aber ausbedungen, nur Werke und Aufführungen zu übernehmen, die seinen hohen Qualitätsansprüchen genügten.
Trotz der Ablehnung von Almas Eltern gegenüber dem acht Jahre älteren Alexander, dessen „Hässlichkeit“ und „Armut“ vor allem ein Dorn im Auge der Mutter waren (die aber auch störte, dass Zemlinsky Jude war), hielt Alma viel von dessen Intelligenz und seiner künstlerischen Aura. Das Verbot eines weiteren Unterrichts bei Zemlinsky nützte wenig, eine Suizidandrohung durch die Tochter vermittelte der Mutter die Ernsthaftigkeit der Situation.
Anfang 1901 kam es schließlich zur ersten Begegnung mit Hugo von Hofmannsthal, der wie Arnold Schönberg im Jahr 1874 geboren worden war. Hofmannsthal war offensichtlich der Erfolg von Es war einmal zu Ohren gekommen (oder hat womöglich auch die Premiere miterlebt), sodass sein Interesse an der Vertonung seiner Texte durch Zemlinsky geweckt wurde. Selbstverständlich war dies auch Thema bei den Treffen des Liebespaares Alma und Alexander. Besonders war der Einfluss Hofmannsthals als gutes Omen für eine mögliche Aufführung zu bewerten.
Hofmannsthal war einer der sensibelsten Autoren der Periode des Fin de Siècle, der seine künstlerische Feinheit auch durch Aufenthalte in Paris und Mailand noch intensivierte. Er stand dem französischen Symbolismus nahe und beschäftigte sich mit Mythologien, mit Zeit und Ewigkeit und mystischen Fragen des Menschen. Im Laufe seiner Beschäftigung mit verschiedenen Kunstgattungen war Hofmannsthal zu der Erkenntnis gelangt, dass er sein Interesse auf die Bühne und auch auf die Musik ausweiten müsse. Daher auch sein erster Kontakt mit Richard Strauss, der aber gerade ein anderes Ballettprojekt auf seinem Tisch hatte und ablehnen musste.
Als Zemlinsky das fertige Libretto zur dreiaktigen Fassung Der Triumph der Zeit erhielt, sah er zu seinem Erstaunen, dass viele der Ideen mit der damaligen Bühnentechnik nicht umsetzbar waren. Auch Mahler und dessen Bühnenleiter äußerten sich negativ, sodass eine Umset-
Alexander von Zemlinsky Ein Tanzpoem
zung kaum bis gar nicht möglich erschien. Auch Schönberg versuchte, für seinen Freund bei Richard Strauss zu intervenieren, aber auch dies gelang nicht. Daher entschied sich Zemlinsky für eine Umarbeitung des 2. Aktes von Der Triumph der Zeit in ein eigenständiges Werk, nämlich Ein Tanzpoem. Dabei übernahm Zemlinsky wortwörtlich die Anweisungen des Autors. Am Beginn hieß es etwa: „Im Vordergrunde tanzen drei weißgekleidete STUNDEN, mit blondem, braunem und schwarzem Haar, einen Reigen. Ihre AUGENBLICKE tanzen, einander bei den Händen haltend, einen äußeren Kreis. Dann tanzen die STUNDEN wieder auseinander, sich wiegend, die Hände im Nacken verschränkt, eine jede von ihren AUGENBLICKEN umkreist.“ Das Werk spricht im Libretto vom Wunder des Lebens einerseits, vom neugeborenen Kind sowie der Entwicklung zum Er wachsenen, andererseits vom Wunder der Verklärung, das den Tod als Übergang in eine andere Dimension zelebriert. Zemlinskys farbenreiche Musik umgibt diesen mystischen Vorwurf mit all ihrer orchestralen Pracht, sodass die szenische Aufbereitung sekundär wird und die Apotheose seiner Liebe zu Alma in den Vordergrund tritt: „Ich liebe, liebe Dich unaufhörlich, unsagbar, küsse Dich so warm, dass Du eine kleine Wunde auf Deinen Lippen spüren musst – spürst Du’s?“
Gerold GruberBiografie
Klavier
Als eine mit „geflügelter Virtuosität“ (Classica) ausgestattete Interpretin, die regelmäßig in großen Konzertsälen wie der Philharmonie de Paris, dem Concertgebouw in Amsterdam, dem Tokyo International Forum, dem Teatro La Fenice in Venedig, dem Mozarteum Salzburg, der Sala São Paulo, dem Prinzregententheater in München oder dem Wiener Konzerthaus auftritt, schlägt Shani Diluka eine Brücke zwischen Ost und West. Die in Monaco geborene Pianistin mit srilankischen Eltern wurde im Alter von sechs Jahren im Rahmen eines von Fürstin Grace von Monaco initiierten Programms für außergewöhnliche Talente entdeckt. Sie ist die einzige Pianistin des indischen Subkontinents, die am Pariser Konservatorium den 1. Preis mit einstimmigem Votum der Jury erhielt und in die Internationale Klavierakademie am Comer See aufgenommen wurde, die von Martha Argerich geleitet wird.
Ihre Karriere wird durch die Zusammenarbeit mit Michel Portal und Natalie Dessay, den Komponisten Wolfgang Rihm, Karol Beffa und Bruno Mantovani, aber auch mit Schauspieler:innen wie Sophie Marceau und Gérard Depardieu befeuert. Shani Diluka ist regelmäßige Partnerin von renommierten Ensembles wie dem Ysaÿe, dem Prazak, dem Modigliani und dem Belcea Quartet sowie dem Quatuor Ébène. Sie machte durch originelle Projekte wie Cosmos oder Road 66 auf sich aufmerksam, während sie das Erbe, das ihr von großen Meister:innen wie Leon Fleisher, Menahem Pressler, Valentin Erben und Elisabeth Leonskaja vermittelte wurde, pflegt. Ihr 2021 erschienenes Proust Album enthält unter anderem das Klavierkonzert von Reynaldo Hahn, das heute auf dem Programm steht. Es wurde von der internationalen Presse gelobt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. 2024 wird Shani Diluka neben dem Brucknerhaus Linz auch im Festspielhaus Bregenz sowie in renommierten Konzertsälen in London (Wigmore Hall) und Paris (Philharmonie, Théâtre des Champs-Élysées) auftreten.
Das junge Orchester Divertimento Viennese (ODV) wurde 1998 von Vinzenz Praxmarer gegründet und hat in der Musik des Fin de Siècle seine musikalische Heimat gefunden. Konzertprogramme umfassen Werke aus Spätromantik, Impressionismus, Expressionismus, Jugendstil, früher Moderne sowie vom Jazz inspirierte Werke. Ein besonderer Schwerpunkt des Repertoires gilt ehemals verfemten und zur Emigration gezwungenen Komponisten, deren künstlerisches Schaffen in einer Verbindung zu Wien steht, darunter Alexander von Zemlinsky, Gustav Mahler, Franz Schreker, Arnold Schönberg, Darius Milhaud, Erich Wolfgang Korngold, George Gershwin und Leonard Bernstein. Das Orchester konzertierte in namhaften nationalen und internationalen Konzerthäusern, Reisen führten es unter anderem nach New York, Mailand, Las Palmas, London, Chemnitz und Ludwigsburg. Zuletzt konnte das Orchester große Erfolge in Zusammenarbeit mit renommierten Solist:innen wie Camilla Nylund, Angelika Kirchschlager,
Nadine Sierra, Michael Schade, Rafael Fingerlos und Benjamin Schmid feiern. Nach seinem Debüt in 2022 tritt das ODV am 20. Juli 2024 erneut im Rahmen der Salzburger Festspielen mit einem Konzert im Großen Saal des Mozarteums auf.
Die Brass Band Oberösterreich, gegründet 2002, ist ein Projekt des Oberösterreichischen Landesmusikschulwerks und besteht großteils aus Lehrpersonen und ehemaligen Schüler:innen sowie Mitgliedern namhafter Orchester. Seit 2020 von Günther Reisegger geleitet, konzer tierte sie in Konzerthäusern in England, Italien, Norwegen, Schweden, Deutschland, der Schweiz und Kapstadt. Für die Teilnahme an europäischen Meisterschaften reiste sie nach Birmingham, Palanga, Groningen und Belfast und gewann diese zwei Jahre in Folge. Einen weiteren Höhepunkt bildete der 3. Platz in der Höchstklasse bei der Brassband-Europameisterschaft 2010 im Brucknerhaus Linz.
Biografie
Dirigent
In der aktuellen Saison dirigiert Vinzenz Praxmarer Konzerte mit dem Tonkünstler-Orchester im Musikverein Wien, dem Bilkent Symphony Orchestra in Ankara, dem Wiener Kammerorchester in Rabat sowie mit dem Orchester Divertimento Viennese im Musikverein Wien, im Brucknerhaus Linz, im Forum am Schlosspark in Ludwigsburg und bei den Salzburger Festspielen. Zudem gibt er sein Debüt am Stadttheater Klagenfurt mit Prokofjews Romeo und Julia und leitet in der Kulturfabrik Helfenberg eine Produktion von Korngolds Die stumme Serenade. Ende 2024 folgt sein Debüt bei den Tiroler Festspielen in Erl mit Bachs Weihnachtsoratorium und beim Strauss Festival Orchester Wien mit Galakonzerten im Wiener Konzerthaus und in Udine.
Vinzenz Praxmarer arbeitete nach seinem Dirigierstudium als Assistent von Franz Welser-Möst, Kirill Petrenko, Philippe Jordan, Yannick Nézet-Séguin, Christoph Eschenbach, Valery Gergiev und Marc Albrecht und war Studienleiter am Theater an der Wien, bei den Salzburger Festspielen, an der Mailänder Scala, an der Opéra national de Lyon sowie an der Nederlandse Opera in Amsterdam. Eine enge Zusammenarbeit verbindet ihn mit der Sommerakademie der Wiener Philharmoniker. 2006 debütierte er als Operndirigent beim Lehár Festival Bad Ischl, dem er bis 2011 als Musikalischer Leiter verbunden blieb. Von 2013 bis 2015 war er Dirigent der Kinderoper der Wiener Staatsoper.
Im sinfonischen Bereich führten ihn Einladungen zum Lettischen Nationalorchester in Riga, zum Münchner Rundfunkorchester, zum Moscow State und Tchaikovsky Symphony Orchestra, zum Orchestra del Friuli Venezia Giulia, zum Musikkollegium Winterthur, zum Czech National Symphony Orchestra und zur Sofia Philharmonic. 1998 gründete er das Orchester Divertimento Viennese, dessen Repertoireschwerpunkt auf der Musik des Wiener Fin de Sieclè und im Besonderen auf Werken jüdischer Komponist:innen liegt.
Highlights
DI, 10 SEP, 19:30 GROSSER SAAL
PHILIPPE HERREWEGHE & ORCHESTRE DES CHAMPS-ÉLYSÉES
Übersteigern – Bruckners 8. Sinfonie
DI, 17 SEP, 19:30
GROSSER SAAL
MARC MINKOWSKI & LES MUSICIENS DU LOUVRE
Entgrenzen – Bruckners 6. Sinfonie
SO, 22 SEP, 18:00 STIFTSBASILIKA ST. FLORIAN THOMAS HENGELBROCK & MÜNCHNER PHILHARMONIKER
Bruckners f-Moll-Messe
SO, 6 OKT, 18:00
GROSSER SAAL
Befreien – Bruckners 7. Sinfonie
Martin Haselböck
Samstag, 14. September 2024, 19:30 Uhr
Großer Saal, Brucknerhaus Linz
Werke von Franz Liszt, Anton Bruckner
Kit Armstrong | Klavier Orchester Wiener Akademie
Martin Haselböck | Dirigent
Karten und Info: +43 (0) 732 77 52 30 | kassa@liva.linz.at | brucknerhaus.at
Herausgeberin: Linzer Veranstaltungsgesellschaft mbH, Brucknerhaus Linz, Untere Donaulände 7, 4010 Linz
CEO: René Esterbauer, BA MBA, Kaufmännischer Vorstandsdirektor der LIVA
Redaktion: Andreas Meier | Texte: Gerold Gruber, Marie-Theres Arnbom Biografien & Lektorat: Romana Gillesberger | Gestaltung: Anett Lysann Kraml Leiter Programmplanung, Dramaturgie und szenische Projekte: Mag. Jan David Schmitz
Abbildungen: J. Wesely (S. 2 [1. v. o.]), T. Pewal (S. 2 [2. v. o.]), L. Beck (S. 2 [3. v. o.]), M. Frodl (S. 2 [4. v. o.]), Museum of Avant-Garde Mastery (S. 5), Bibliothèque nationale de France (S. 9), privat (S. 12 & 16), S. Expilly (S. 19), R. Gigler (S. 20–21), J. Wesely (S. 23), M. Hendryckx (S. 25 [1. v. o.]), B. Chelly (S. 25 [2. v. o.]), F. Grandidier (S. 25 [3. v. o.]), C. Doutre (S. 25 [4. v. o.]), M. Hofer (S. 26) Programm-, Termin- und Besetzungsänderungen vorbehalten LIVA – Ein Mitglied der Unternehmensgruppe Stadt Linz
Mit unserer eigenen Hammerkopfproduktion entfesseln wir das volle tonliche Spektrum unserer Flügel und Klaviere –eine Kunst, die Leidenschaft, Erfahrung und Disziplin erfordert. www.bechstein-linz.de