PB 5642 – Mahler, Symphonischer Satz „Blumine“

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Mahler

– SYMPHONISCHER SATZ für Orchester

– SYMPHONIC MOVEMENT for Orchestra „Blumine“

Partitur Score

PB 5642

Breitkopf & Härtel

Partitur-Bibliothek

GUSTAV MAHLER

1860–1911

SYMPHONISCHER SATZ für Orchester

SYMPHONIC

for Orchestra „Blumine“

MOVEMENT

herausgegeben von | edited by Christian Rudolf Riedel

Partitur-Bibliothek 5642 Printed in Germany

Mahlers Symphonien ziehen die Summe aus der an Höhepunkten reichen symphonischen Tradition des „langen 19. Jahrhunderts“.1 Gleichzeitig markieren sie den Aufbruch in die Moderne. Trotz ihrer widersprüchlichen Überlieferungsund Rezeptionsgeschichte gehören sie heute zum festen Bestandteil des klassischen Konzertrepertoires.

Das 300-jährige Verlagsjubiläum 2019 ist der geeignete Anlass, um an zwei Ereignisse von historischer Bedeutung zu erinnern, die unabhängig voneinander in Leipzig ihren Beginn nahmen. Von 1886 bis 1888 wirkte Mahler als Kapellmeister neben Arthur Nikisch am Leipziger Stadttheater. Dort begann seine Karriere als einer der bedeutendsten Dirigenten seiner Zeit, dort begann auch sein Weg als einer der größten Symphoniker überhaupt mit der Komposition seiner beiden ersten Symphonien. Zur gleichen Zeit startete Breitkopf & Härtel in Leipzig mit dem Aufbau einer der umfangreichsten und vollständigsten Repertoiresammlungen, der Partitur- und Orchester-Bibliothek, aus der auch Mahler als Dirigent viele seiner Konzertaufführungen geleitet hat. Seine eigenen Symphonien waren allerdings nicht dabei. Sie erschienen in der Folge in verschiedenen anderen Verlagen.

Die Edition aller Symphonien Mahlers in Breitkopf & Härtels Partitur- und Orchesterbibliothek knüpft inhaltlich an die Symphonie-Bände der Kritischen Gesamtausgabe an, die, ab 1960 von der Internationalen Gustav-MahlerGesellschaft herausgegeben, in den Verlagen Universal Edition, C. F. Peters, C. F. Kahnt und Bote & Bock erschienen. Ihr Anliegen war es, auf der Grundlage der zu dieser Zeit bekannten und verfügbaren Quellen erstmals einen verlässlichen Notentext der dort so genannten „endgültigen Fassung“ vorzulegen. Den Grundstein dafür legte der Schönberg- und Webern-Schüler Erwin Ratz. Als hervorragender Mahler-Kenner setzte er sich – teils sogar gegen die von Erstverlegern vorgebrachte Skepsis – für eine Kritische Gesamtausgabe ein, weil er erkannt hatte, dass die Fehlerhaftigkeit der bisherigen Ausgaben ein entscheidendes Hindernis war, Mahlers Symphonien im Konzertrepertoire zu etablieren. Ratz‘ verdienstvolle Arbeit wurde nach seinem Tod 1973 von Karl Heinz Füssl und anderen Herausgebern weitergeführt. Im Rahmen der Kritischen Gesamtausgabe erschien in der Folge eine ganze Reihe verbesserter Folge- und korrigierter Neuauflagen.

Eine derartige Fülle unterschiedlicher kritischer Ausgaben mag überraschen. Die Gründe dafür sind jedoch vielgestaltig, sie liegen zum einen in Mahlers Komponierweise, die in hohem Maße ein „work in progress“ darstellt, zum anderen in der komplizierten und teilweise verworrenen Quellenlage. Mahler zielte mit seinen unablässigen Revisionen zwar auf eine endgültige Werkgestalt, vermochte sich dieser aber aus verschiedenen Gründen nur anzunähern. Der wichtigste Grund mag jedoch der sein, dass Mahler als Komponist und Dirigent zwei widerstreitende Rollen in sich vereinte. Für einen Editor ist es deshalb schwer zu entscheiden, ob die (auch nach der Drucklegung) von ihm immer wieder vorgenommenen Retuschen speziellen Aufführungsbedingungen geschuldet und insofern nur situativ bedingt sind, oder ob sie seinem letzten kompositorischen Willen entsprechen. Darüber hinaus stellt die äußerst komplexe und unübersichtliche Quellenlage, resultierend aus dem prozesshaften Charakter von Mahlers Schaffensweise, eine gewaltige editorische Herausforderung dar. Wegen der außergewöhnlichen Menge des aufzuarbeitenden Quellenmaterials geriet die Kritische Gesamtausgabe damit selbst zu einem „work in progress“, zumal einige Quellen anfänglich nicht einbezogen worden waren, weil ihr Verbleib bzw. ihr Quellenwert erst später bekannt wurden. Das Anliegen der Kritischen Gesamtausgabe, durch die Bereitstellung verlässlicher Notentexte den Grundstein dafür zu legen, Mahlers Symphonien im Konzertleben zu etablieren, hat sich glücklicherweise seit dem Erscheinen der ersten Bände vor mehr als einem halben Jahrhundert in zweierlei Hinsicht erfüllt. Inzwischen gehören die Symphonien nicht nur zum Kanon der klassischen

Konzert werke, auch der Notentext der Kritischen Gesamtausgabe hat sich in der musikalischen Praxis als Standardtext durchgesetzt.

Ungeachtet dieser erfreulichen Mahler-Renaissance musste der Benutzer eine ganze Reihe von praktischen Problemen in Kauf nehmen. Nicht nur inhaltlich erschien die Vielfalt unterschiedlich weit revidierter Ausgaben verwirrend. Auch die Übereinstimmung zwischen Partitur und Aufführungsmaterial war dadurch nicht immer gewährleistet. Dass bei den vielfachen Revisionen der Kritischen Gesamtausgabe deren Ergebnisse lediglich in die alten, inzwischen nicht mehr zeitgemäßen Stichbilder der Erstdrucke eingearbeitet wurden, erschwerte die Unterscheidung zwischen den divergierenden Ausgaben zusätzlich und trug nicht zur Verbesserung der Stichbilder bei.

Die Edition von Breitkopf & Härtel möchte nun an den genannten Punkten Abhilfe schaffen. Sie verfolgt in erster Linie praktische Anliegen. Der Neusatz von Partitur und Orchesterstimmen in größerem Format und Rastral sorgt erstmals für ein einheitliches Erscheinungsbild und optimale Lesbarkeit. Besonderes Augenmerk wurde auf die Praktikabilität der Orchesterstimmen gelegt, die in Zusammenarbeit mit Bibliothekaren führender Orchester erarbeitet wurden und neben selbstverständlichen Notwendigkeiten wie umfangreichen Orientierungssystemen (Stichnoten, Zählhilfen, strukturellen Pausen), Wendemöglichkeiten und dergleichen auch weitere, teils sehr spezielle praktische Aspekte berücksichtigen, wie transponierte Stimmen für heute nicht mehr gebräuchliche Wechselinstrumente oder zusätzliche Stimmen, wie z. B. für die von Mahler mitunter gewünschten Verstärkungen des Orchesterapparates. Ausgehend von einer mutmaßlichen „Fassung letzter Hand“, die sich in der musikalischen Praxis inzwischen durchgesetzt hat und die ihrerseits wiederum Grundlage für die Arbeit unzähliger Mahler-Forscher war, erschien jedoch eine erneute kritische Durchsicht des Notentexts notwendig, um eine größere inhaltliche Verlässlichkeit zu bieten. Ohne die Quellenbewertung der Kritischen Gesamtausgabe grundsätzlich in Frage zu stellen, konnte eine große Anzahl an Präzisierungen im Notentext erreicht sowie editorische Unstimmigkeiten und seitdem bekannt gewordene Fehler berichtigt werden. Über diese Fälle gibt der Revisionsbericht Auskunft. Dort finden sich zudem wesentliche Informationen zu den Quellen, ihrer Entstehung und Überlieferung sowie zu editorischen und aufführungspraktischen Besonderheiten.

Es ist bei der Mehrzahl von Gustav Mahlers Werken nicht möglich, eine bis ins letzte Detail endgültige Fassung oder gar einen „Urtext“ zweifelsfrei zu benennen. Mahler selbst strebte zeitlebens nach einem „Finaltext“, einer endgültigen idealen Werkgestalt und wurde im Streben danach – aus heutiger Sicht – nur durch seinen zu frühen Tod aufgehalten.

Es sei daher abschließend auf einen Rat verwiesen, den der Komponist dem Dirigenten Otto Klemperer bezüglich des Umgangs mit seinen Notentexten gab: „Falls nach meinem Tode irgend etwas nicht richtig klingt, ändern Sie es. Sie haben nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, das zu tun.“ 2 In diesem Sinne möchte die vorliegende Edition zu einem verantwortungsvollen und kreativen Umgang mit dem genialen Werk Mahlers anregen.

Für zahlreiche freundliche Hinweise von Orchesterbibliothekaren, Musikern und Dirigenten sei an dieser Stelle ganz herzlich gedankt.

Wiesbaden, Frühjahr 2019 Christian Rudolf Riedel

1 Vgl. Constantin Floros, Gustav Mahler, 3 Bde., Wiesbaden 1977–1985, hier besonders Bd. 2 Mahler und die Symphonik des 19. Jahrhunderts in neuer Deutung

2 Peter Heyworth, Gespräche mit Klemperer, Frankfurt a. M. 1974, S. 48.

Editorial

Mahler’s symphonies are the summation of the rich symphonic tradition of the “long 19th century,” concurrently marking the dawn of the modern era.1 Today, despite the contradictory history of their transmission and reception, they are an integral part of the classical concert repertoire.

The 300th anniversary of the Breitkopf & Härtel publishing house in 2019 is the perfect occasion for commemorating two events of historical significance that began independently in Leipzig. From 1886 to 1888, Mahler worked as Kapellmeister next to Arthur Nikisch at the Leipzig Stadttheater. His career as one of the most important conductors of his time had its start there; his journey as one of the greatest symphonists ever began there with the composition of his first two symphonies. At the same time in Leipzig, Breitkopf & Härtel started developing one of the most extensive and complete repertoire collections, the score and orchestra library from which Mahler, as a conductor, directed many of his concert performances. Editions of his own symphonies, however, were not included; they were subsequently published by various other publishing houses.

The edition of all Mahler’s symphonies in Breitkopf & Härtel’s score and orchestra library ties in with the content of the symphony volumes of the Mahler Complete Critical Edition, edited by the International Gustav Mahler Society, that have been published since 1960 by Universal Edition, C. F. Peters, C. F. Kahnt, and Bote & Bock. It was the society’s commitment to present for the first time a reliable music text of what they called the “definitive version,” based on the sources known and available at that time. Its corner stone was laid by Erwin Ratz, pupil of Schoenberg and Webern. As an outstanding Mahler authority, he promoted a critical edition – partly even against the first publishers’ skepticism – , because he realized that the imperfections of the previous editions were a decisive obstacle to establishing Mahler’s symphonies in the classical concert repertoire. After his death in 1973, Ratz’s commendable work was continued by Karl Heinz Füssl and other editors. Subsequently, a whole series of improved and revised new editions has followed, all published within the Complete Critical Edition.

Such an abundance of various critical editions may come as a surprise. The reasons for this are multifarious, however. They are due in part to both Mahler’s way of composing, largely being a “work in progress,” and the complicated and sometimes confusing source situation. With his relentless revisions, Mahler did indeed aim for a work’s definitive form, but for various reasons was able only to approximate it. The most important reason of all, though, may be that as composer and conductor, Mahler merged two conflicting roles. For an editor, it is therefore difficult to decide whether the composer’s repeated retouchings (even after publication) are owing to special performance conditions and are in this respect only situational, or whether they imply his last compositional intentions. Furthermore, the extremely complex and unclear source situation resulting from Mahler’s characteristic creative process presents an immense editorial challenge. Because of the extraordinary quantity of source material to be worked through, the Critical Edition was itself a “work in progress,” especially as some sources had not been included initially because their whereabouts or source value became known only later.

Since the publication of its first volumes more than half a century ago, the Complete Critical Edition’s concern to lay the foundation stone for establishing Mahler’s symphonies in concert life by providing reliable music texts has fortunately been fulfilled in two respects. Mahler’s symphonies are meanwhile

not only part of the canon of classical concert works, but the music text of the Complete Critical Edition has come to prevail as the standard text in music praxis.

Despite this gratifying Mahler renaissance, users had to put up with a whole range of practical problems. It was not only in content that the variously revised editions appeared confusing. Accordance between score and performance material was also not always assured. The fact that initially the results from the Critical Edition’s multiple revisions were incorporated only within the old, meanwhile outdated, engraved plates of the first edition made distinguishing the differing editions more difficult and did not contribute to improving the quality of the engraving.

The Breitkopf & Härtel edition now wishes to remedy the situation by pursuing primarily practical matters. The new setting of score and orchestral parts in a larger format and on an enlarged rastral size ensures for the first time a uniform appearance and optimal readability. Particular attention was given to making the orchestral parts more practical by collaborating in their development with librarians of leading orchestras and taking into account not only obvious requirements such as extensive orientation systems (cues, counting tools, structural rests), page-turns, and the like, but also other, sometimes very special practical aspects such as transposed parts for instruments no longer common today, or extra parts, for example, for Mahler’s sometimes desired orchestral reinforcements.

A new critical review of the music text, starting from the ostensible “definitive version” prevalent in music praxis and in turn the basis for countless Mahler researchers’ work, appeared necessary to provide a more reliable score content. Without fundamentally questioning the Complete Critical Edition’s source evaluation, a large number of clarifications in the music text could be obtained, editorial inconsistencies rectified, and errors corrected that were discovered meantime. Information on these issues is given in the Editorial Report where also essential details on sources, their genesis and tradition as well as on editorial and performance practical particularities can be found.

In the majority of Gustav Mahler’s works it is not possible to designate unequivocally an ultimate version down to the last detail or even an “Urtext.” Mahler himself aspired lifelong to a “final text” and pursued a definitive ideal work form – from today’s perspective – only to be halted by his too early death.

In conclusion, we should point out the counsel that the composer gave the conductor Otto Klemperer about how to deal with his music texts: “If after my death anything does not sound right, change it. You have not only the right, but also the duty to do that.” 2 With this in mind, the present edition aims to encourage a responsible and creative approach to Mahler’s work of genius.

Orchestra librarians, musicians, and conductors are here most sincerely thanked for numerous suggestions and advice.

Wiesbaden, Spring 2019

Christian Rudolf Riedel

1 Cf. Constantin Floros, Gustav Mahler, 3 vols., Wiesbaden, 1977–1985, here especially vol. 2 Mahler und die Symphonik des 19. Jahrhunderts in neuer Deutung.

2 Peter Heyworth, Gespräche mit Klemperer, Frankfurt a. M., 1974, p. 48.

Mahler als Symphoniker

Seit seiner Leipziger Zeit komponierte Mahler ausschließlich Symphonien und Lieder. Er verstand sich vor allem als Symphoniker. In der Regel entstand alle zwei Jahre eine neue Symphonie. Nachdem er in den Sommermonaten ein Werk entworfen hatte, folgte die Ausarbeitung meist in den Wintermonaten, wenn er nicht dirigieren musste.

In einem wichtigen Brief an Gisela Tolnay-Witt erläuterte er am 7. Februar 1893, warum ihm die Kammermusik nicht mehr genügte und er einen großen Orchesterapparat (das „Wagnerorchester“) benötigte, um seine vielfach „poetischen“ Ideen symphonisch ausdrücken zu können. Seiner Ansicht nach begann mit Beethoven „die neue Ära der Musik“: „Von nun an sind nicht mehr die Grundtöne der Stimmung also z. B. bloße Freudigkeit oder Traurigkeit etc. –, sondern auch die Übergänge von einem zum anderen, Konflikte, die äussere Natur und ihre Wirkung auf uns, Humor und poetische Ideen die Gegenstände der musikalischen Nachbildung.“1 Mit diesen Formulierungen begründete Mahler, warum er keine Kammermusik mehr schrieb und sich auf die Symphonik konzentrierte. Ähnliche Anschauungen vertraten auch Berlioz und Liszt. Wie viele andere Komponisten (Liszt, Richard Strauss, Tschaikowsky), so war auch er fest davon überzeugt, dass Beethovens Symphonien von „inneren“ Programmen inspiriert seien.

Man muss es nachdrücklich hervorheben: Auch den Symphonien Mahlers liegen solche Programme zugrunde, die er bis zur Vierten Symphonie mitteilte, danach aber in der Öffentlichkeit vermied und nur noch in Gesprächen mit Freunden und Vertrauten andeutete. ln den Autographen seiner ersten drei Symphonien tragen alle oder einzelne Sätze poetische Überschriften mit hermeneutischer Bedeutung. So war die Erste bei der Budapester Uraufführung als „symphonische Dichtung“ rubriziert, und die Urfassung der Zweiten trug den Titel „Todtenfeier“ (nach Adam Mickiewicz 2). lm Oktober 1900 distanzierte Mahler sich offiziell von der Programmmusik. Zum einen hatte er die schmerzliche Erfahrung gemacht, dass derartige Erläuterungen der Gefahr grober Missverständnisse ausgesetzt waren. Viele Kritiker schütteten Spott über sie aus. Zum anderen wollte er sich von der illustrierenden Programmmusik von Richard Strauss distanzieren. Zudem war er sich dessen bewusst, dass die Musikkritik in der Donaumetropole Wien von Eduard Hanslick dominiert wurde, der ein entschiedener Gegner der Programmmusik war. Trotz dieser vorsichtigen Einstellungen hörte er auch nach der Vierten Symphonie nicht auf, existenzielle Fragen zu thematisieren, die ihn unablässig beschäftigten.3

Ende Oktober/Anfang November 1907, vor der ersten Reise nach Amerika, hielt er sich in Helsingfors (heute: Helsinki) auf. Er lernte dort Jean Sibelius („einen äusserst sympathischen Menschen“) kennen und führte mit ihm Gespräche über das Wesen der Symphonie. Während der große finnische Komponist zu erkennen gab, dass er Stil und Strenge der Symphonik und die tiefe Logik bewundere, die zwischen allen Motiven ein inneres Band knüpfe, vertrat Mahler die gegensätzliche Meinung. „Nein“, betonte er, „die Symphonie muss sein wie die Welt. Sie muss alles umfassen.“4 Auch in Gesprächen mit seiner Vertrauten, Natalie Bauer-Lechner, stellte er immer wieder die Maxime auf, eine Symphonie müsse „die ganze Welt spiegeln“, „wie die Welt und das Leben unerschöpflich sein“, „etwas Kosmisches in sich haben.“5 Wie die romantischen Schriftsteller Wackenroder, Tieck und E.T.A. Hoffmann, so hielt auch er die Symphonie für die erhabenste Gattung der Musik und sogar für ein Abbild der Welt. Damit meinte er im Falle der Dritten und der Achten Symphonie das Universum, und er sprach von diesen beiden Werken mit Gleichnissen, die der alten Lehre von der musica mundana (der kosmischen Musik) entstammen. Er verstand seine Symphonik als Ausdruck einer alles umfassenden Weltanschauung. Nach dem Dargelegten leuchtet ein, dass er sich – wenn man von seinen Liedern absieht – nur symphonisch ausdrücken konnte. Die Universalität seiner Symphonik manifestiert sich dabei nicht nur im Geistigen, sondern auch im Musikalischen. Mahlers Musik zeichnet sich durch ein breit gefächertes charakteristisches Themenspektrum aus. Seine Symphonien spiegeln das Religiöse und das Mystische, das Visionäre, das Erhabene, das Nostalgische, aber auch das Humoristische, Ironische und Satirische. Werke wie die Zweite und die Achte Symphonie haben religiösen Sinngehalt, sie werfen existenzielle Fragen auf, wobei das Motiv der spirituellen Liebe eine herausragende Rolle spielt. Die Sehnsucht nach mystischer Vereinigung mit Gott ist Gegenstand des Wunderhornliedes Urlicht, des vorletzten Satzes der Zweiten, der Auferstehungssymphonie.

Mahlers Religiosität trug ausgesprochen persönliche Züge, sie vereinigte christliches Gedankengut mit neuzeitlichen Reflexionen und mutet in mancher Hinsicht durchaus zeitgemäß an. Allerdings wird sie unterschiedlich interpretiert. So meinte Adorno kritisch über die Auferstehungssymphonie: „Das Werk, an dem wohl die meisten Mahler lieben lernen, [...] dürfte am raschesten verblassen, durch Redseligkeit im ersten Satz und im Scherzo, durch einige Primitivität des Auferstehungsfinales.“6 Und die ambitionierte Achte war Adorno nichts anderes als eine „symbolische Riesenschwarte.“ 7 „Das Hauptwerk ist die missglückte, objektiv unmögliche Wiederbelebung des Kultischen.“ Adorno machte keinen Hehl daraus, dass er, der Philosoph der Negativität, die positiv schließenden Sätze Mahlers nicht mochte. Darum bezeichnete er das Finale der „Tragischen“ Sechsten Symphonie, eine düstere Vision des Untergangs, als „das Zentrum von Mahlers gesamtem Œuvre.“ 8

Ein weiteres wichtiges Thema neben dem Religiösen ist das Nostalgische. In den Manuskripten mancher späterer Werke finden sich verbale Hinweise, die vergangenes Glück beschwören. So hat Mahler in den Text des Abschieds aus dem Lied von der Erde die Verse „Die müden Menschen geh’n heimwärts, um im Schlaf vergess’nes Glück und Jugend neu zu lernen“ eingefügt – Verse, die einem Jugendgedicht entstammen.9 Und im Partiturentwurf des Kopfsatzes der Neunten Symphonie kann man an einer Stelle lesen: „Oh Jugendzeit! Entschwundene! Oh Liebe! Verwehte!“10 Dieser nostalgische Ton ist auch in der frühen Symphonik zu finden. Verwiesen sei auf die sogenannte Posthornepisode im dritten Satz der Dritten Symphonie.

Wie viele andere Komponisten vor ihm semantisiert auch Mahler seine Musik durch verschiedene Mittel, die ihr außermusikalische Bedeutung verleihen. Die bedeutendsten sind die folgenden:

Entlehnungen aus dem Liedschaffen. In seinen ersten drei Symphonien übernahm Mahler die instrumentale Substanz präexistenter Lieder und verarbeitete sie symphonisch. Auf diese Weise wird der Sinn der Texte auch dort übernommen, wo der Text nur instrumental anklingt.

Charakteristische Motive und Zitate. Zur symphonischen Darstellung seiner geistigen Welt bediente sich Mahler einer größeren Anzahl „charakteristischer Motive“ (dieser Terminus wurde von Liszt geprägt), die er der symphonischen und musikdramatischen Tradition des 19. Jahrhunderts entlehnte. Solche Motive symbolisieren zum Beispiel das Inferno, das Kreuz, den Gral, die Auferstehung und die Ewigkeit. Mahler entlieh die einschlägigen motivischen Gestalten dem Kopfsatz (Inferno) der Dante-Symphonie von Franz Liszt, der Walküre und dem Parsifal von Richard Wagner und manchen anderen Quellen.

Leitharmonien (d. h. bestimmte charakteristische Akkordfolgen) und Leitrhythmen, die mit stabiler Semantik wiederkehren. Berühmt geworden sind das Dur-Moll-Siegel und Todes-, Schlacht- und Kampfmotive als Leitrhythmen. Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Kombination der profilierten Dur-Moll-Akkordfolge mit dem prägnanten Leitrhythmus zu, die im Kopfsatz, im Scherzo und im Finale der Sechsten Symphonie wiederkehrt.11 ldiophonische und andere Klangsymbole. So symbolisieren beispielsweise das Tamtam den Todesbereich, die Hammerschläge der Sechsten das Schicksal, die Glocken der Dritten die Ewigkeit, das Flageolett zu Beginn der Ersten die Natur. Das Glockenspiel dient in vielen Fällen als Klangrequisit der Musik der Engel (musica angelica). Die Herdenglocken charakterisieren nach Mahlers eigener Erläuterung ein „verhallendes Erdengeräusch“, das der „auf höchstem Gipfel im Angesicht der Ewigkeit“ Stehende vernimmt.12

Musikalische Charaktere und Genres. Unter dem Terminus Charaktere sind musikalische Satztypen und Genres mit herausragenden Stilmerkmalen und ausgeprägten Ausdrucksvaleurs zu verstehen. Zu Charakteren vokaler Provenienz sind das instrumentale Rezitativ, das Arioso, der Choral, der Hymnus und das Lied ohne Worte zu rechnen. Der Marsch, der Trauermarsch, das Pastorale, „Musik aus weitester Ferne“ und anderes gehören dagegen zu den Charakteren instrumentaler Provenienz. Die häufigsten Tanzcharaktere sind der Ländler, der Walzer, die (französisch gefärbte) Valse und das Menuett. Jedem Charakter ist ein bestimmtes semantisches Feld eigen. Auf diese Weise reflektiert Mahlers universale Symphonik wesentliche Fragen des Menschen und der Welt.

Einbeziehung des „Worts“. Signifikant für Mahler ist noch dies: Dem Vorbild Beethovens in der Neunten folgend und um seine poetischen Intentionen zu konkretisieren, bezieht er in einigen seiner Symphonien das „Wort“ ein. Er

schreibt manchmal gemischte Chöre, einen Frauenchor, einen Knabenchor und einzelne Solisten vor.

Kein Zweifel, dass Mahler als Symphoniker direkt an Beethoven anknüpfte. Doch schwebte ihm eine Vereinigung der Beethovenschen Grundsätze mit der dramatischen Kunst Richard Wagners vor, eines Komponisten, den er tief verehrte. Bezeichnenderweise schrieb er am 26. März 1896 einen langen Brief an den Musikkritiker Max Marschalk, in dem er seine musikästhetische Position folgendermaßen umriss: „Wir stehen jetzt – dessen bin ich sicher – vor dem großen Scheidewege, der die beiden auseinanderlaufenden Pfade der symphonischen und dramatischen Musik bald ganz sichtbar dem Auge dessen, der sich über das Wesen der Musik klar ist, für immer voneinander trennt. – Schon jetzt, wenn Sie eine Symphonie Beethovens und die Tongebilde Wagners zueinanderhalten, werden Sie den Wesensunterschied beider leicht erkennen. – Wohl hat Wagner sich die Ausdrucksmittel der symphonischen Musik zu eigen gemacht, so wie jetzt wiederum der Symphoniker in seinen Mitteln vollberechtigt und vollbewusst in das Ausdrucksvermögen, welches der Musik durch Wagners Wirken gewonnen wurde, hinübergreifen wird. In diesem Sinne hängen alle Künste, ja sogar die Kunst mit der Natur zusammen. Man hat aber noch immer nicht genug darüber nachgedacht, weil man bis jetzt noch keine Perspektive darüber gewonnen hat.“13 Im Anschluss an diese Sätze erklärte Mahler, dieses System nicht konstruiert zu haben. Vielmehr habe er bei der Arbeit an seinen ersten Symphonien diese Ansicht der Dinge gewonnen.

Zwischen Mahlers Liedschaffen und seiner Symphonik besteht ein enger Zusammenhang, der sich in mehrfacher Hinsicht manifestiert. Die drei Wunderhornsymphonien (die Zweite, die Dritte und die Vierte) enthalten je ein Orchesterlied (Urlicht in der Zweiten, O Mensch! Gib Acht! in der Dritten und Das himmlische Leben in der Vierten). Davon abgesehen muten manche Sätze (wie das Adagietto der Fünften und die zweite Nachtmusik aus der Siebenten) wie Lieder ohne Worte an. Und schließlich tragen mehrere Partien in manchen Symphonien ausgesprochen liedhaftes Gepräge. So im Adagietto der Fünften und dem Andante amoroso der Siebenten.

Alfredo Casella zufolge unterschied Mahler selbst in seinem Schaffen drei Perioden.14 Danach gehören die Wunderhornsymphonien I–IV zur ersten Periode, von denen die Zweite und die Dritte Symphoniekantaten sind, weil sie Soli und Chöre einbeziehen (während Lieder in der Ersten rein instrumental sind und in der Vierten durch ein Sopransolo eine wichtige Rolle spielen). Zur zweiten Periode zählte Mahler die mittleren rein instrumentalen Symphonien (die Fünfte bis Siebente) sowie die Achte, die abermals eine Symphoniekantate ist. Mit seiner Neunten Symphonie, so meinte er, beginne ein neuer Stil. Das Lied von der Erde, die Neunte und die unvollendete Zehnte repräsentieren die drei Werke der dritten Periode.

Von Mahler kann man behaupten, dass er aus der symphonischen Tradition des 19. Jahrhunderts die Summe gezogen hat. Viele Komponisten stimulierten ihn: nicht nur Beethoven, Schubert und Bruckner, sondern auch die Neudeutschen Wagner, Berlioz und Liszt. Dank seiner außergewöhnlichen Anpassungsfähigkeit gelang es ihm, alle diese Anregungen zu einer unverwechselbaren Tonsprache, einem eigenen Tonidiom zu verschmelzen. Darin liegt seine Originalität. Zugleich ist seine Symphonik bemerkenswert modern. Seine frühen Symphonien sind zwar deutlich in der Tonalität verankert. Im Finale der Sechsten und in der Durchführung der Siebenten kommen jedoch auch Abschnitte vor, die bereits auf die Atonalität hindeuten. Auch kühne Dissonanzbildungen, die von Zeitgenossen als Kakophonien herabgewürdigt wurden, und Ansätze zur Li -

nearität, die den Stil der Zwanzigerjahre vorausnehmen, lassen sich besonders in den späten Symphonien beobachten.

Vielen erscheint Mahler heute als visionärer Denker, als genialer Musiker, der spätere Ereignisse unbewusst geahnt hat. So wird die grausame Vision des Untergangs im Finale der Sechsten Symphonie als prophetische Vorhersage der schrecklichen Ereignisse des Ersten Weltkriegs interpretiert, ähnlich wie der Eindruck der Zerrissenheit, den manche Stellen bei Mahler hervorrufen, als Beispiel für die Unbehaustheit des modernen Menschen gilt und als Parallele zur kritischen Situation unserer Gegenwart gesehen werden kann. Populär geworden ist Mahler spät, sicher auch wegen der Vielfalt der positiven und negativen Szenarien, die seine Musik heraufbeschwört, und der gegensätzlichen Stimmungen in ihr. Im Sommer 1893 äußerte Mahler Natalie Bauer-Lechner gegenüber, dass ihm „stets nur aus Leid und schwerstem inneren Erleben ein Werk entsprossen“ sei,15 und im April 1895 schrieb er an den Schriftsteller Oskar Bie: „Meine Musik ist gelebt, und wie sollen sich diejenigen zu ihr verhalten, die nicht leben, und zu denen nicht ein Luftzug dringt von dem Sturmflug unserer großen Zeit.“16 Den von Hegel formulierten Wahrheitsanspruch der Kunst, den Mahler hier einfordert, hat Mahler selbst auf beeindruckende Weise eingelöst. „Die Musik soll nicht schmücken, sie soll wahr sein.“17 So hat es Arnold Schönberg, einer der ersten großen Bewunderer Mahlers, ausgedrückt. Die Wahrhaftigkeit der Mahlerschen Musik ist sicher der entscheidende Grund, warum seine Symphonien auch heute so viele Menschen zu berühren vermögen.

Hamburg, Frühjahr 2019 Constantin Floros

1 Gustav Mahler. Briefe, hrsg. von Herta Blaukopf, Wien und Hamburg 1982 [GMB2], S. 122.

2 Adam Mickiewicz‘ Epos Totenfeier (Dziady), übersetzt und mit erklärender Einleitung versehen von Siegfried Lipiner, erschien 1887 im Verlag Breitkopf & Härtel in Leipzig. Lipiner gehörte zu Mahlers engsten Freunden.

3 Siehe dazu Constantin Floros, Gustav Mahler, 3 Bde., Wiesbaden 1977–1985 [Floros, Mahler ].

4 Floros, Mahler, Bd. I, S. 150–164.

5 Gustav Mahler in den Erinnerungen von Natalie Bauer-Lechner, hrsg. von Herbert Killian, Hamburg 1984 [NBL 1984], S. 198.

6 Theodor W. Adorno, Mahler. Eine musikalische Physiognomik, Frankfurt a. M. 1960 [Adorno, Mahler], S. 179, 182. Vgl. dazu meinen Aufsatz „Eine musikalische Physiognomik. Über Theodor W. Adornos Mahler-Interpretation“, in: Simon-DubnowInstitut. Jahrbuch. Yearbook XI, hrsg. von Dan Diner, Göttingen u. a. 2012, S. 235–243.

7 Adorno, Mahler, S. 182.

8 Ebd., Mahler, S. 131.

9 Floros, Mahler, Bd. III, S. 242.

10 Ebd., S. 270.

11 Floros, Mahler, Bd. II, S. 267–308.

12 Siehe Edgar Istel, Persönlichkeit und Leben Gustav Mahlers, in: Mahlers Symphonien (=Schlesinger’sche Musik-Bibliothek, Meisterführer Nr. 10), Berlin-Wien 1910.

13 GMB2 , S. 199.

14 Alfredo Casella, Gustav Mahler et sa deuxième symphonie, in: S. I. M., Revue musicale mensuelle, Jg. 6, Nr. 4, April 1910, S. 240f.

15 NBL 1984, S. 33.

16 GMB2 , S. 182.

17 Theodor W. Adorno, Philosophie der Neuen Musik, Frankfurt a. M. 1958, S. 45.

Mahler as Symphonist

Ever since his Leipzig period, Mahler composed solely symphonies and lieder. He thought of himself, in particular, as primarily a symphonist, composing a new symphony every two years as a rule. After he had drafted a work in the summer months, its elaboration followed mostly in the winter months when he did not have to conduct.

In an important letter to Gisela Tolnay-Witt, he explained on 7 February 1893 why for him chamber music was no longer enough and he needed a large orchestral apparatus (the “Wagner Orchestra”) in order to be able to express his many “poetic” ideas symphonically. In his view, with Beethoven began “the new era of music:” “From now on, the objects of musical reproduction are no longer the basic tones of the mood, thus, for example, mere joyfulness or sadness, etc. – , but also the transitions from one to the other, conflicts, outer nature and its effects upon us, humor and poetic ideas.”1 With these formulations Mahler justified why he no longer wrote any chamber music and concentrated on symphonies. Similar views were also held by Berlioz and Liszt. Like many other composers (Liszt, Richard Strauss, Tchaikovsky), he too was convinced that Beethoven’s symphonies were inspired by “inner” programs. It must be firmly emphasized that underlying Mahler’s symphonies are also such programs, which up to the Fourth Symphony he disclosed, but thereafter avoided in public and only hinted at in conversations with confidants and friends. In the autographs of his first three symphonies, all or individual movements carry poetic headings of hermeneutic significance. Thus, the First was classed at its Budapest premiere as “symphonic poetry,” and the original version of the Second was titled “Funeral Rites” (“Todtenfeier” from Adam Mickiewicz 2). In October 1900 Mahler officially distanced himself from program music. First of all, he had the painful experience that such elucidations were exposed to the risk of gross misunderstandings. Many critics poured ridicule on them. Secondly, he wanted to distance himself from the illustrative program music of Richard Strauss. In addition, he was aware that music criticism in the Danube metropolis of Vienna was dominated by Eduard Hanslick, who was a staunch opponent of program music. Despite these cautious attitudes, he did not stop dealing with existential questions that relentlessly preoccupied him even after the Fourth Symphony.3

At the end of October/beginning of November 1907, before the first trip to the United States, he stayed in Helsingfors (today: Helsinki), where he became acquainted with Jean Sibelius (“an extremely sympathetic man”) and conversed with him about the nature of the symphony. Whereas the great Finnish composer made it clear that he admired the style and rigor of the symphony and the profound logic that created an inner bond between all the motifs, Mahler took the opposite view. “No,” he stressed, “the symphony must be like the world. It has to embrace everything.”4 In conversations with his confidant, Natalie Bauer-Lechner, he also repeatedly put forward the maxim that a symphony must “mirror the whole world,” must be “inexhaustible like the world and life,” should have “something cosmic in itself.”5 Like the romantic writers Wackenroder, Tieck, and E. T. A. Hoffmann, he also considered the symphony the most sublime genre of music and even a likeness of the world. By this he meant the universe in the case of the Third and Eighth Symphonies, and he spoke of these two works with similes derived from the ancient doctrine of musica mundana (the cosmic music). He understood his symphonies as an expression of an all-embracing worldview. It makes sense from what has been said, that – apart from his songs – he could only express himself symphonically. The universality of his symphonies is manifested not only in the intellectual, but also in the musical.

Mahler’s music is distinguished by a broadly-based spectrum of characteristic themes. His symphonies reflect the religious and the mystical, the visionary, the sublime, the nostalgic, but also the humorous, ironic, and satirical. Works such as the Second and Eighth Symphonies have religious meaning; they raise existential questions, with the motif of spiritual love playing a prominent role. The yearning for mystical union with God is the subject of the Wunderhorn song Urlicht, the penultimate movement of the Second, the Resurrection Symphony. Mahler’s religiosity had very personal features; it combined the Christian body of thought with modern reflections and seems in some respects quite contemporary. It is, however, interpreted differently. Thus, Adorno critically commented on the Resurrection Symphony: “The work from which most people probably

learn to love Mahler, [...] is likely to fade most rapidly, through loquacity in the first movement and in the scherzo, through some of the Resurrection finale’s primitiveness.”6 And the ambitious Eighth was to Adorno nothing but a “symbolic leviathan tome.” 7 “The main work is the failed, objectively impossible revival of the cultic.” Adorno made no secret of the fact that he, the philosopher of negativity, did not like Mahler’s positive closing movements. That is why he described the finale of the “Tragic” Sixth Symphony, a grim vision of doom, as “the center of Mahler’s complete oeuvre.” 8

Another important topic besides the religious is the nostalgic. The manuscripts of many later works contain verbal references evoking past happiness. Thus, Mahler inserted in the text of the Abschied [Farewell] from the Lied von der Erde, the verses “Weary people go home to relearn in their sleep forgotten happiness and youth” – verses that come from a poem of his youth.9 And in the draft score of the opening movement of the Ninth Symphony can be read in one passage: “Oh youth! Vanished! Oh love! Blown Away!”10 This nostalgic tone can also be found in the early symphonic music. Reference is made to the so-called post horn episode in the third movement of the Third Symphony.

Like many other composers before him, Mahler also semanticizes his music through various means, giving it extra-musical significance. The most significant are the following:

Borrowing from Lied Composing. In his first three symphonies, Mahler took over the instrumental substance of pre-existent lieder and processed it symphonically. In this way, the meaning of the texts is taken over when the text only sounds instrumentally.

Characteristic Motifs and Quotations. For the symphonic presentation of his spiritual world, Mahler made use of a larger number of “characteristic motifs” (this term was coined by Liszt), which he borrowed from the symphonic and musico-dramatic tradition of the 19th century. Such motifs symbolize, for example, the inferno, the cross, the grail, the resurrection and eternity. Mahler borrowed the relevant motivic figures from the first movement (Inferno) of the Dante Symphony by Franz Liszt, from Walküre and Parsifal by Richard Wagner and from many other sources.

“Leit” Harmonies (that is, certain characteristic chord progressions) and leading rhythms recurring with stable semantics. Famous have become the major-minor seal, and death-, battle-, and combat-motifs as “leit” rhythms. Of particular importance in this context is the combination of the distinctive major-minor chord progression with the pithy “leit” rhythm, recurring in the first movement, in the scherzo and in the finale of the Sixth Symphony.11

Idiophonic and Other Sound Symbols. For example, the tamtam symbolizes the domain of death; the hammer blows of the Sixth, fate; the bells of the Third, eternity; the flageolet at the start of the First, nature. In many cases, the glockenspiel serves as a sound requisite of the music of the angels (musica angelica). According to Mahler’s own account, the herd bells characterize a “fading earth noise,” heard by the one “standing on the highest peak in the face of eternity.”12

Musical Characters and Genres. To be understood under the term “characters” are musical composition types and genres with outstanding stylistic features and pronounced expressive values. Characters with a vocal provenance include the instrumental recitative, the arioso, the chorale, the hymn, and the songs without words. The march, the funeral march, the pastorale, “music from the greatest distance” and other suchlike are, on the other hand, characters of instrumental provenance. The ländler, the waltz, the (French-colored) valse, and the menuet are the most frequent dance characters. Each character has its own semantic field. In this way, Mahler’s universal symphonicism reflects quintessential questions of man and the world.

Inclusion of the “Word.” Significant for Mahler is still this: Following the Beethoven model in the Ninth and specifying his poetic intentions, he includes the “word” in some of his symphonies, sometimes stipulating mixed choirs, a women’s choir, a boys’ choir, and individual soloists.

There is no doubt that as a symphonist Mahler drew directly from Beethoven, though he envisioned a union of Beethoven’s principles with the dramatic art of Richard Wagner, a composer whom he deeply revered. Significantly, on 26 March 1896 he wrote a long letter to the music critic Max Marschalk, outlining his musico-aesthetic position: “We now stand, I am sure, in front of a great

Besetzung Scoring

2 Flöten 2 Flutes

2 Oboen 2 Oboes

2 Klarinetten in C* 2 Clarinets in C*

* in den Orchesterstimmen

* orchestral parts include zusätzlich auch „in B“ notiert additional parts “in Bj”

2 Fagotte 2 Bassoons

4 Hörner in F 4 Horns in F Trompete in F Trumpet in F

Pauke Timpani

Harfe Harp

Streicher

Strings

Aufführungsdauer

Performing Time

etwa 8 Minuten approx. 8 minutes

Dazu käuflich lieferbar:

Available for sale:

Orchesterstimmen Orchestral parts

(Symphonischer Satz „Blumine“) OB 5642

Symphonie Nr. 1

Partitur (Broschur)

Orchesterstimmen

Symphonie Nr. 1 und

PB 5631

OB 5631

(Symphonic Movement “Blumine”) OB 5642

Symphony No. 1

Score (softbound)

Orchestral parts

Symphony No. 1 and Symphonischer Satz „Blumine“

Partitur (Leinen)

PB 5661

Symphonic Movement “Blumine”

Score (cloth-bound)

PB 5631

OB 5631

PB 5661

Symphonischer Satz

Blumine

Andante con moto

1.2. Flöte

1.2. Oboe

1.2.

Andante con moto trem.

Viola trem. get.

Violoncello pizz.

Kontrabass get. pizz.

1.2. Fl. 8

Va.

Vc. pizz.

Das ganze Stück durchaus zart und flie�end! Kein ! Nicht schleppen! ,, ,,

The whole piece quite tender and fluent! No ! Do not drag!

Partitur-Bibliothek 5642

by Breitkopf & Härtel, Wiesbaden

Violine II trem.
Violine I
Harfe
Pauke
Trompete (F)
3.4. Horn (F)
1.2. Horn (F)
1.2. Fagott
Klarinette (C)
Gustav Mahler
Kb. pizz.
Vl. II
Vl. I
Hfe.
Trp. (F)
1.2. Kl. (C)
1. Ob.

Leseprobe Sample page

Leseprobe Sample page

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Breitkopf & Härtel KG

Walkmühlstraße 52 65195 Wiesbaden Germany info@breitkopf.com www.breitkopf.com

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PB 5642 – Mahler, Symphonischer Satz „Blumine“ by Breitkopf & Härtel - Issuu