Inhalt | Contents
1. Sinfonia
2. Adagio
3. Chorus: Kommt, eilet und laufet
4. Recitativo: O kalter Männer Sinn! (Soprano, Alto, Tenore, Basso)
5. Aria: Seele, deine Spezereien (Soprano)
6. Recitativo: Hier ist die Gruft (Alto, Tenore, Basso)
7. Aria: Sanfte soll mein Todes Kummer (Tenore)
8. Recitativo: Indessen seufzen wir (Soprano, Alto)
9. Aria: Saget, saget mir geschwinde (Alto)
10. Recitativo: Wir sind erfreut (Basso)
11. Chorus: Preis und Dank
Anhang: Alternative frühere Fassungen um 1738 (BWV 249.4)
3. Kommt, eilet und laufet (Tenore, Basso)
11. Chorus: Preis und Dank 54
Besetzung
Soprano, Alto, Tenore, Basso
Tromba I, II, III
Timpani
Flauto dolce I, II
Traverso
Oboe I, II
Oboe d’amore
Bassono
Violino I, II
Viola
Basso continuo
Scoring
Soprano, Alto, Tenore, Basso
Trumpet I, II, III
Timpani
Recorder I, II
Transverse flute
Oboe I, II
Oboe d’amore
Bassoon
Violin I, II
Viola
Basso continuo
Aufführungsdauer
etwa 45 Minuten
Dazu käuflich lieferbar:
Partitur
Orchesterstimmen
Chorpartitur
Performing Time
approx. 45 minutes
Available for sale:
Vorwort
Das Oratorium Festo Paschali („Oster-Oratorium“) von Johann Sebastian Bach ist, neben dem WeihnachtsOratorium (BWV 248) und dem Himmelfahrts-Oratorium (BWV 11), eines von nur drei erhaltenen expliziten Oratorien Bachs. Seine heute bekannteste und zumeist aufgeführte, mutmaßlich endgültige Fassung erhielt es erst in den 1740er Jahren, die Anfänge lassen sich jedoch bis ins Jahr 1725 zurückverfolgen. Mindestens fünf Fassungen bzw. vier Frühformen des Werkes sind bekannt. Zwei davon sind Glückwunschkantaten: „Entfliehet, verschwindet, entweichet, ihr Sorgen“ (BWV 249.1) wird im Februar 1725 zu Ehren des Geburtstags des Herzogs Christian zu Sachsen-Weißenfels uraufgeführt. Es ist als eine Art Schäferspiel konzipiert, in dem vier Schäfer und Schäferinnen in naturalistischen Schilderungen mit Hilfe der Blumengöttin Flora dem Herzog huldigen. Das Drama per musica „Verjaget, zerstreuet, zerrüttet, ihr Sterne“ (BWV 249.2) entsteht zum Geburtstag des Leipziger Gouverneurs Johann Friedrich Reichsgraf von Flemming im August 1726. Die Musik beider Kompositionen ist verschollen. Da die jeweiligen Libretti jedoch erhalten sind, können diese aufgrund ihrer Struktur mit hoher Wahrscheinlichkeit mit dem Oster-Oratorium in Verbindung gebracht werden und als dessen Frühfassungen gelten.
Nur wenige Wochen nach der Komposition und Aufführung von BWV 249.1 in Weißenfels verwendet Bach die Musik für eine festliche Ausgestaltung des Ostersonntags: Der Text wird gewissermaßen „sakralisiert“, das Schäferspiel in die Geschehnisse am Ostermorgen rund um Christi Auferstehung umgearbeitet. Dies ist die erste tatsächlich „Oster-Oratorium“ zu nennende Fassung (BWV 249.3). Am 1. April 1725 erfolgt die Uraufführung in Leipzig, die Fassung ist daher chronologisch zwischen BWV 249.1 und BWV 249.2 anzusiedeln. Der Textdichter ist zwar nicht namentlich genannt, aber da sowohl BWV 249.1 als auch BWV 249.2 auf Picander zurückgehen, liegt die Vermutung nahe, dass derselbe auch für diese neue Sakralfassung verantwortlich ist. Erhalten ist ein (nahezu?) vollständiger Stimmensatz, ob die dritte Trompete verlorengegangen ist oder von Bach erst zu einer späteren Fassung hinzugefügt wurde, bleibt ungewiss. Diese Erstfassung des eigentlichen Oster-Oratoriums zeichnet sich vor allem auch durch eine explizite Rollenzuweisung der Sänger aus. Es handelt sich nun nicht mehr wie in der Parodievorlage um jeweils zwei Schäfer und Schäferinnen, sondern um Maria Jacobi (Soprano), Maria Magdalena (Alto), Petrus (Tenore) und Johannes (Basso). Vor diesem Hintergrund erschließt sich die Handlung des Textes sehr direkt: Der vokale Eingangssatz (hier noch „Kommt, gehet und eilet“) ist eine reine Duettfassung für Tenor und Bass (Petrus und Johannes), im weiteren Verlauf des Oratoriums entwickelt sich ein Gespräch zwischen diesen beiden Jüngern und den beiden Mariae. Instrumentale Anklänge an das naturalistisch ausgeführte Schäferidyll BWV 249.1, wie etwa die Blockflöten in der Tenorarie, werden beibehalten.
Für eine Wiederaufführung im Jahr 1738 entschließt sich Bach zur Erstellung einer reinschriftlichen Partitur (BWV 249.4). Vermutlich liegt dieser der Stimmensatz BWV 249.3 oder aber eine verschollene frühere Partitur zugrunde. Das Werk erfährt nur wenige Umarbeitungen, weitestgehend bleibt die Gestalt gleich. Auch die Duettfassung des Satzes [3.] wird beibehalten, nun mit dem Text „Kommt, eilet und laufet“. Jedoch finden sich in der sehr sauber ausgeführten Partitur die Rollenzuweisungen nicht mehr – entweder empfand Bach diese als unnötig, weil ohnehin aus dem vorhandenen Stimmenmaterial musiziert wurde und die Benennungen entsprechend hier zu finden waren, oder aber er dachte schon über die konkreten Personen hinaus an eine Verallgemeinerung des Textes. Die Bezeichnung Oratorium findet sich in dieser Fassung zum ersten Mal explizit, Bach notiert sie eigenhändig sowohl auf dem Titelblatt als auch im Kopftitel der ersten Partiturseite.
In den 1740er Jahren widmet sich Bach erneut dem Oster-Oratorium. Hat er sich für BWV 249.4 offenbar schon von den klaren Rollenzuweisungen entfernt, bestätigt er diese Entscheidung nun noch einmal, indem er den Eingangs-Tuttisatz von einem Duett zu einem vierstimmigen Vokalsatz erweitert. Dementsprechend existieren für diese mutmaßliche Fassung letzter Hand vier neue Einzelstimmen: Soprano, Alto, Tenore, Basso. Neben der tiefgreifenden vokalen Umarbeitung von Satz [3.] enthalten diese auch weitreichende Textänderungen in der Aria [5.], neue (vor allem Verzierungs-)Details im Verlauf der Solostimme in der Aria [9.] sowie mehrere Revisionen im Schlusssatz [11.], neben etlichen kleinen Varianten oder Präzisierungen in den anderen Sätzen. Auch die Stimme Principal (= Tromba III) und ein (zusätzliches?) Blatt der Stimme Traversiere sind in den Kontext dieser Fassung zu datieren.
Die hier vorgelegte Neuausgabe kann aus den zuvor dargelegten Anmerkungen zur Werkgenese nur ein Kompromiss sein. Sie bildet im Noten-Hauptteil jeweils die Fassung ab, die mit hoher Wahrscheinlichkeit die Fassung letzter Hand ist und notgedrungen eine Melange (mindestens) zweier Fassungen sein muss: Die Vokalstimmen sowie Tromba III und Traverso folgen den Stimmen aus den 1740er Jahren (BWV 249.5), die übrigen Stimmen der autographen Partitur (BWV 249.4). Damit wird diejenige Fassung abgebildet, die dem heutigen Aufführungsstandard entspricht und gemeinhin als das „Oster-Oratorium“ BWV 249 verstanden und aufgeführt wird.
Die Varianten der Fassung BWV 249.4, die durch BWV 249.5 revidiert wurden, werden im Anhang abgebildet bzw. wo möglich mittels Anmerkungen und ossia-Varianten kenntlich gemacht. Somit soll auch eine Aufführung dieser früheren Fassung BWV 249.4 ohne größeren Aufwand ermöglicht werden.
Leipzig, Frühjahr 2025 David Erler
Preface
The Oratorium Festo Paschali (“Easter Oratorio”) by Johann Sebastian Bach is one of only three of his explicit oratorios to survive, alongside the Christmas Oratorio (BWV 248) and the Ascension Oratorio (BWV 11). Its best-known and most frequently performed, presumably definitive version was not reached until the 1740s, although its origins can be traced back to 1725. At least five versions or four early forms of the work are known. Two of these are congratulatory cantatas: “Entfliehet, verschwindet, entweichet, ihr Sorgen” [Flee, vanish, yield, you sorrows] (BWV 249.1) was premiered in February 1725 in celebration of Duke Christian of Saxony-Weissenfels’ birthday. It is a kind of “shepherd’s play” featuring four shepherds and shepherdesses pay homage to the Duke with natural imagery and the support of Flora, the goddess of flowers. The drama per musica “Verjaget, zerstreuet, zerrüttet, ihr Sterne” [Dispel them, disperse them, destroy them, you heavens] (BWV 249.2) was written for the birthday of the Leipzig governor, Johann Friedrich Reichsgraf von Flemming, in August of 1726. The music for both compositions has been lost. However, as the respective libretti have been preserved, their structure makes it highly likely that they can be linked to the Easter Oratorio and considered early versions of it.
Just a few weeks after completion and performance of BWV 249.1 in Weißenfels, Bach used the music for a festive Easter Sunday celebration. The text was, so to speak, “sacralized,” and the pastoral play was reworked to reflect the events surrounding Christ’s resurrection on Easter morning. This is therefore the first version to truly be called “Easter Oratorio” (BWV 249.3). The premiere took place on April 1, 1725 in Leipzig. Consequently, this version can be placed chronologically between BWV 249.1 and BWV 249.2. Although the lyricist’s name is not specified, Picander is considered the likely author of the text for this sacred version, given that both BWV 249.1 and BWV 249.2 can be traced back to him. A (nearly?) complete set of parts has survived, whether the third trumpet was lost or whether Bach only added it to a later version remains uncertain.
This first version of the actual Easter Oratorio is particularly notable for explicitly assigning roles to the singers. In this drama per musica, the two shepherds and two shepherdesses of the parody model have been replaced by Maria Jacobi (Soprano), Maria Magdalene (Alto), Peter (Tenore), and John (Basso). Against this backdrop, the plot of the text becomes very clear: The opening vocal movement (here still “Kommt, gehet und eilet” [Come, go and hurry]) is a duet for tenor and bass (Peter and John), and as the oratorio progresses, a conversation develops between these two disciples and the two Marias. Instrumental echoes of the naturalistically
executed pastoral idyll BWV 249.1, such as the recorders in the tenor aria, are retained.
For a revival in 1738, Bach decided to produce a fair copy of the score. This is probably based on the set of parts BWV 249.3 or an earlier score that has since been lost. The work was only slightly reworked, and its form remained largely the same. The duet version of movement [3.] was also retained, now with the text “Kommt, eilet und laufet” [Come, hurry and run]. However, the role assignments are no longer found in the very neatly executed score. Either Bach considered them unnecessary, since the music was played from the existing vocal material and the names could be found there, or he was already thinking beyond the specific individuals and wanted to generalize the text. The term “oratorio” appears explicitly for the first time in this version: Bach noted it in his own hand both on the title page and in the header of the first page of the score.
In the 1740s, Bach resumed work on the Easter Oratorio. Having apparently already moved away from clear role assignments for BWV 249.4, he now confirmed this decision by expanding the opening tutti section from a duet to a four-part vocal setting. Accordingly, this presumed final version has four new individual parts: Soprano, Alto, Tenore, Basso. Apart from the substantial vocal reworking of movement [3.], these encompass also extensive textual alterations in the aria [5.], new (primarily ornamental) elements in the solo part of the aria [9.] and various revisions in the final movement [11.], along with numerous minor variants and clarifications in the other movements. The part Principal (= Tromba III) and an (additional?) sheet of the Traversiere part can also be clearly dated to this version’s context.
The new edition presented here can only be a compromise, given the comments on the genesis of the work outlined above. The main music section of our edition presents the version that is most likely to be the definitive one and, by necessity, a mixture of (at least) two versions: The vocal parts as well as Tromba III and Traverso follow the parts from the 1740s (BWV 249.5), while the remaining parts follow the autograph score (BWV 249.4). The main part of the edition thus represents the version that corresponds to today’s performance standard and is commonly understood and performed as the “Easter Oratorio” BWV 249.
The variants of the score BWV 249.4, which were revised in BWV 249.5, are reproduced in the appendix or, where possible, indicated by means of annotations and ossia variants. This should make it possible to perform this earlier version, BWV 249.4, without too much effort.
Leipzig, Spring 2025 David Erler
Leseprobe
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