EB 8993 – Raff, Klaviersonaten op. 14 / op. 168

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EDITION BREITKOPF

RAFF Klaviersonaten Piano Sonatas op. 14 | op. 168

EB 8993



JOACHIM RAFF 1822–1882

KLAVIERSONATEN PIANO SONATAS op. 14 Fassungen 1844 und 1881 | Versions of 1844 and 1881 op. 168

herausgegeben von | edited by

Ulrich Mahlert

Edition Breitkopf 8993 Printed in Germany


Inhalt | Contents Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III Preface . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Sonate avec Fugue pour le Piano es-moll | in E flat minor op. 14 (1844) . . . . . . . . . . . . 1 Grande Sonate es-moll | in E flat minor op. 14 (1881) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Fantasie-Sonate d-moll | in D minor op. 168 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Editorische Anmerkungen | Editorial Notes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 Glossar | Glossary . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96


III

Vorwort Viele Werke von Joachim Raff (1822–1882) gerieten bald nach des­ sen Tod weitgehend in Vergessenheit, so auch seine hier vorgeleg­ ten drei Klaviersonaten. Erst in den letzten Jahrzehnten entstand im Zusammenhang mit einer veränderten Sichtweise auf die Musik des 19. Jahrhunderts neues Interesse an Joachim Raff und seinem Werk. Seit langer Zeit verfestigte Urteile wurden und werden hinter­ fragt, relativiert und korrigiert. Vielleicht war gerade der enorme Umfang von Raffs Schaffen ein Grund dafür, seinen Werken keine allzu große Aufmerksamkeit zu schenken, denn eine differenzier­ te Beschäftigung mit so vielen Komposi­tionen ist aufwendig. Der Vernach­lässigung der Fülle entsprachen verallgemeinernde, stereo­ typ wiederholte Negativurteile, die den Blick trübten bzw. verhinder­ ten, sich mit Raffs Musik überhaupt auseinander­ zusetzen. Ein miss­licher Kreislauf der Ignoranz entstand. Vielleicht kann die vor­ liegende Ausgabe dazu beitragen, diesen zu überwinden. Raffs Klaviersonaten verdienen besonderes Interesse. Sie gehö­ ren zu seinen ambitioniertesten Klavierwerken und bieten eine beträchtliche stilistische Spannweite. Zudem stammen sie aus den drei Hauptphasen seines Schaffens. Zwischen den beiden Fassun­ gen der Sonate op. 14 (1844 und 1881) liegen fast vier Jahrzehnte. Die zweite Fassung ist eine vollständige Neukonzeption des Erst­ lings. Beide haben neben der Opuszahl nur noch die Grundtonart es-moll gemeinsam. Die Sonate op. 168 fällt in die Zeit um 1871, in der Raff auf dem Höhepunkt seines Schaffens stand. Die Werke ermög­lichen durch ihren zeitlichen Abstand, Raffs Entwicklung als Komponist nachzuvollziehen.

Biografisches Als Sohn eines aus Württemberg stammenden Lehrers und einer Schweizer Gastwirtstochter wurde Joachim Raff am 7. Mai 1822 in Lachen bei Zürich geboren. Er wuchs in bescheidenen Verhältnis­ sen in der Schweiz und in Württemberg auf. Weitgehend autodidak­ tisch erlernte er Klavier, Orgel und Violine, erwarb sich Kenntnisse im musikalischen Satz und entwickelte alsbald eine Leidenschaft für das Komponieren. Eltern und Verwandte legten Wert darauf, dass er einen soliden Beruf ergriff, und so wurde er bald nach dem er­ folgreichen Besuch eines Jesuitenkollegs in Schwyz mit 19 Jahren Lehrer an einer Primarschule in Rapperswil. Das Bedürfnis zu komponieren regte sich jedoch so stark, dass er gegen alle Wider­ stände seiner Familie aus der pädagogischen Tätigkeit ausbrach, um Musiker zu werden. Eines seiner kompositorischen Vorbilder war Felix M ­ endelssohn Bartholdy. Raffs Bewunderung für ihn und seine Werke hatte ihn bewogen, am 11. November 1843 Mendels­ sohn einige seiner frühen Kompositionen (die Klavierwerke op. 2 bis 6) mit der Bitte um ein kritisches Urteil zu schicken. Es fiel überaus positiv aus. Mendelssohn wandte sich am 20. November 1843 mit einer Druck­empfehlung für die ihm zugesandten Werke an den Verlag ­Breitkopf & Härtel: „Beiliegenden Brief und beiliegende Compositionen habe ich empfangen und kann nicht umhin Ihnen beides vorzulegen und Sie zu fragen, ob Sie wohl etwas von den Sachen brauchen und so den Wunsch des Componisten und den meinigen erfüllen könnten? Stände auf dem Titel der Sachen ein recht berühmter Name, so bin ich überzeugt Sie würden ein gutes Geschäft damit machen, denn aus dem Inhalt würde gewiß keiner merken, daß manches dieser Stücke nicht von Liszt, Döhler oder einem ähnlichen Virtuosen wäre. Alles ist durchaus elegant, feh­ lerlos, und in modernster Weise geschrieben; aber nun kennt nie­ mand den Namen des Componisten und da ist freilich die Lage der Dinge anders.“1 Der Verlag sagte zu und publizierte im Mai 1844 Raffs Opera 2 bis 6.

Zahlreiche Klavierwerke entstanden auch in den folgenden Jahren und in späteren Lebensphasen. Ab 1849 erschloss Raff sich nach und nach weitere Besetzungen und Gattungen: Er komponierte Kammermusik, Lieder, Chorwerke, Opern und andere Bühnenwerke, außerdem Konzerte für verschiedene Instrumente und Orchester. 1864 erschien die erste seiner insgesamt elf Symphonien, mit de­ nen er sich besonderen Ruhm erwarb. Raffs Werkverzeichnis2 ist überbordend: Es umfasst 216 Nummern mit Opuszahlen, 25 unver­ öffentlichte und nachgelassene Kompositionen sowie 26 verloren gegangene Werke. 117 der gedruckten Opera sind Werke für Klavier zu zwei Händen, 54 sind solche zu vier Händen, 7 für zwei Klaviere, 23 Opera sind Klavierbearbeitungen fremder Werke. Trotz der von Anfang an exorbitanten kompositorischen Produk­ tivität dauerte es lange, bis Raff durch seine Werke einträgliche Honorare erzielte und seine Lebensumstände sich konsolidierten. Bei einem Konzert in Basel lernte er 1845 Franz Liszt kennen, der ihm im gleichen Jahr eine Stelle in einer Kölner Musikalienhandlung verschaffte. 1848 zog Raff nach Stuttgart, wo er kümmerlich von Klavierstunden lebte. Von dort floh er verschuldet nach Hamburg, um seinen Lebensunterhalt im Verlagshaus Schuberth zu verdienen. Mit Franz Liszt stand Raff auch weiterhin in Kontakt und erfuhr mancherlei Förderung durch ihn. Liszt hatte sich 1848 in Weimar niedergelassen, wo er als Hofkapellmeister wirkte und sich dem Komponieren widmete. Nach mehreren Bemühungen Liszts, Raff als Assistenten zu gewinnen, stimmte dieser schließlich zu und war von 1850 bis 1856 für seinen Mentor in Weimar tätig, u. a. mit Instrumentierungen und Reinschriften Lisztscher Werke. Das Verhältnis gestaltete sich allerdings ambivalent: Liszt schätzte Raffs musikalisches Können, seine Klugheit und seine Bildung, fühl­ te sich jedoch mitunter durch dessen kompromisslose Querköpfig­ keit brüskiert. 1856 zog Raff von Weimar nach Wiesbaden, wo er bis 1877 lebte und eine Familie gründete. Seine Frau, die Schau­ spielerin Doris Genast, arbeitete am dortigen Theater. Neben seiner kompositorischen Tätigkeit erteilte Raff Musikunterricht. In dieser Lebensphase fand sein Schaffen die stärkste Resonanz. Tatsäch­ lich war er in den 1870er Jahren einer der berühmtesten zeitgenös­ sischen Komponisten. Seine großen Werke standen im Glanz des öffentlichen Musiklebens; in Konzertsälen, Salons und Wohnzim­ mern waren seine poetischen Klavierstücke hoch geschätzt. Raffs Ruhm verbreitete sich bis nach Amerika. Der Dirigent und Kompo­ nist Leopold ­Damrosch schrieb im Mai 1876 aus New York an Raff: „Es wimmelt hier von Raff. Ihre sinfonischen und Kammermusik­ werke sind hier so bekannt wie irgend Beethovensche“.3 Auf dem Höhepunkt seiner Reputation nahm Raff 1877 das erste und einzi­ ge bedeutende Amt seines Lebens an: Er wurde Gründungsdirektor des Dr. Hoch’schen Konservatoriums in Frankfurt/Main, das 1878 nach gründlicher Vorbereitung die Arbeit als Ausbildungsinstitut aufnahm. Durch Raffs Tätigkeit als Kompositionslehrer verminder­ te sich seine kompositorische Produktion. Gleichzeitig zeichnete sich eine Verblassung seines Ruhms ab. Der Publikumsgeschmack wandelte sich. Als Raff am 24. Juni 1882 im Alter von sechzig Jah­ ren starb, fand seine Musik nicht mehr das vormalige Interesse.

Persönlichkeit, Stil Eine bündige Charakterisierung von Raffs Persönlichkeit, wie sie sich in seinem Unterricht zeigte, gab sein Schüler Fritz ­Bassermann: „Durch sein großes Wissen, nicht allein in der Musik, sondern in ­Literatur, alten Sprachen, Mathematik u.s.f., gestaltete sich sein Unterricht äußerst anregend und fruchtbar. Er konnte drei, vier Stun­ den nacheinander dozieren und kam dabei vom Hundertsten ins


IV Tausendste; sein großes Musikgedächtnis lieferte ihm unablässig Stoff zu Beispielen aus den Werken der Komponisten aller Zeiten und Völker. Alles floss ihm wie von selbst zu; freilich erklärte er es mehr mittelst seines scharfen Verstandes, als mit seinem Herzen.“4 Weit gespannte Kenntnis der Musikliteratur und die Leitung durch den „Verstand“ spielen auch in Raffs Schaffen eine wichtige Rolle. Obwohl seine Werke einen großen Ausdrucksreichtum entfalten, war sein Komponieren stark intellektuell bestimmt. Helene Raff, die als Malerin, Literatin und Frauenrechtlerin tätige Tochter von Joachim Raff, betonte in ihrer bemerkenswerten Schrift über ihren Vater des­ sen ästhetische Grundhaltung: „Klarheit war das, was Raff in der Kunst vor allem forderte; der rationalistische Zug in seinem Wesen verwarf das Chaotische, Gefühlsschwelgerische, wo es ihm begeg­ nete. Ebenso verlangte er Objektivität; die mehr individualistischen, subjektiv gerichteten Naturen lagen ihm nicht.“5 Mit der Rationalität des Komponierens, die Raff praktizierte, dürfte auch seine Liebe für kontrapunktische Künste zusammenhängen. Schüler Raffs waren gar der Ansicht, dass viele der Werke ihres Meisters „sich weniger durch blühende Phantasie, als durch außergewöhnliche mathe­ matisch-kontrapunktische Problemstellungen und Kombinationen auszeichneten. […] ‚es ist doch schön, wenn man so was machen kann‘“,6 habe Raff geäußert. Raff selbst beschrieb dem amerikanischen Komponisten Otis B. Boise (1844–1912) seine rationelle Arbeitsweise folgendermaßen: „Bevor ich fortlaufend zu schreiben beginne, notiere ich mein Hauptthema, zusätzliche und das zweite Thema […]. Wenn ich mein Material vorbereitet habe, stehe ich nicht von meinem Schreibtisch auf, bis der Entwurf eines ganzen Satzes vollendet ist. Ein Werk, an dem man ununterbrochen arbeitet, kann eine wesentlich fließende­ re Komposition werden, als wenn die Fäden der Gedanken häufig unterbrochen werden. Nachdem die Umrisse eines Musikstückes einmal festgelegt sind, kann das Füllen und Färben Wochen lang dauern.“7 (Diese Zeitbestimmung bezieht sich auf Orchesterwerke; Klaviermusik hat Raff gewiss schneller ausgeführt.) Raffs enge Beziehung zu Franz Liszt, insbesondere in den Jah­ ren, in denen sich die Neudeutsche Schule formierte, führte in der Öffent­lichkeit und in der Musikgeschichtsschreibung nicht selten dazu, Raff als Parteigänger dieser um Liszt und Wagner gebildeten Musikrichtung zu betrachten. Raff bezog jedoch Wagner gegenüber eine durchaus kritische Haltung, wie seine umfangreiche, 1854 erschienene Schrift Die Wagnerfrage8 beweist. Die neudeutsche Ausrichtung auf musikalischen „Fortschritt“ durch Überwindung tra­ dierter Formen teilte Raff durchaus nicht. Am 25. Dezember 1856 schrieb er an den Direktor des Konservatoriums in Wien, ­Joseph Hellmesberger: „Wenn von einigen meiner Collegen und Genos­ sen wesentlich auf eine totale Umwälzung gedrungen wird, so bin ich zwar hinsichtlich der allgemeinen Fortschrittsforderung mit denselben einig, glaube aber den Fortschritt selbst nur auf histori­ schem-naturgemäßem Wege erstreben zu sollen, indem ich näm­ lich meinen individuellen Gehalt in den vorhandenen Formen nieder­ lege und diese letztern nur da ändere, wo meine Ideen und der Gang derselben es unabweislich verlangen. Dies Verfahren scheint mir durch unsere großen Vorbilder gerechtfertigt, und zwar namentlich durch die größten Meister der Wienerschule. Ich gebe mich daher der Hoffnung hin, daß wohlwollende Kunstgenossen Ihrer dortigen Kreise mich nicht in eine Kategorie mit solchen Collegen stellen, welche glauben der Kunst dadurch einen Dienst (?) zu leisten, daß sie den Jahrhunderte hindurch mühsam zusammengebrachten Reichthum derselben an schönen Formen wo möglich an einem Tage muthwillig verschleudern.“9 Im Musikschrifttum über Raff begegnet allenthalben die Aussa­ ge, er sei ein „Vielschreiber“ gewesen, d. h. er habe die Quantität

seiner Werke wichtiger genommen als ihre Qualität. Bereits Franz Liszt kritisierte die Menge von Raffs fortwährendem Produzie­ ren und verwies auf die Gefahr, die seinem Werk damit drohe. Am 26. Oktober 1846 schrieb er an Raff: „Weder in Bezug auf Ihre pecuniären Verhältnisse noch in Betreff Ihrer musicalischen Bedeutung kann ich Ihr Vielschreiben und Ihr viel zu Viel publiziren durchaus billigen. Die Verleger-Emulation, welche Sie dadurch zu erzwecken gedenken, wird sich bald in einen gänzlichen VerlegerIndifferentismus gestalten. Jedenfalls schwächen Sie Ihr Talent und Ihren Namen – ja sogar legen Sie den Stempel der comer­ ciellen und künstlerischen Unbrauchbarkeit von vorne herein auf Ihre Werke, sie mögen dann gut oder schlecht seyn.“10 Liszts Einschätzung sollte sich bewahrheiten. Mit der pauschalen Abqualifizierung als Vielschreiber verband sich oft ein vorschnelles negatives Urteil über Raff ohne genaue Kenntnis der Werke. Raff selbst blieb nicht unberührt von der stereotypen Kritik und legte in späteren Jahren seine Sichtweise dar. Seine Tochter ­Helene Raff schrieb: „Der Vorwurf traf ihn tief, erbitterte ihn. Er berief sich auf das Beispiel der alten großen Meister, ihrer staunenswerten Produktivität. […] ‚Die Herren sollen mir doch eine Komposition von mir zeigen, die liederlich gearbeitet ist!‘ […] Daß ein eigentli­ ches Ringen mit dem Stoff bei ihm selten stattfand, rechnete er sich nicht zum Tadel; die mühsam Produzierenden hatte er im Verdacht spärlich fließender Erfindung, und das Warten auf Stimmung hielt er kurzweg für Mangel an Selbstzucht. Auch brauchte er meist nur auszugestalten, was im Umriß schon länger in seinem Kopfe lebte.“11 Franz Liszt verkannte bei seiner Kritik an der ausufernden Pro­ duktion von Raff keineswegs die kompositorischen Qualitäten des Autors. So bescheinigte er 1846 einigen seiner frühen Klavierwerke „Talent, Ideen, Formgewandtheit und eine umfassende Kenntniss dessen, was seit 16 Jahren für Klavier geschrieben wird“.12 In der Tat hat Raff in seiner Klaviermusik vielerlei Einflüsse von Werken großer Vorbilder verarbeitet; zu nennen sind vor allem Beethoven, Schubert, Mendelssohn Bartholdy, Weber, Schumann, ­Chopin und Liszt, außerdem damals berühmte Klaviervirtuosen wie Theodor Döhler, Friedrich Kalkbrenner und Ignaz Moscheles. Raff selbst war ein versierter Pianist, hatte es in seinen autodidaktisch betriebe­ nen Studien jedoch nicht bis zur Virtuosität gebracht. An virtuosem Spiel hinderte ihn auch eine unfallbedingte Verkrümmung des klei­ nen Fingers der rechten Hand. Jedoch entfaltet er in seinen Kla­ vierwerken einen ausgeprägten Sinn für wirkungsvolle pianistische Diktionen. Sein Klaviersatz hat klangsinnliche Qualität, die Vielfalt der Satztechniken stellt Ausführenden viele reizvolle Aufgaben. Ein gewisser Eklektizismus ist zu beobachten, wenn hin und wieder di­ verse Idiome anderer Komponisten mehr oder minder unvermittelt zusammengebracht werden. Jedoch ist Raff mehr als ein Epigone. Viele seiner Klavierkompositionen bieten eine Fülle origineller Ein­ fälle, poetischer Stimmungen und Charaktere. Hinzu kommt eine große kompositionstechnische Gewandtheit, die oft in kontrapunk­ tischen Schreibweisen Gestalt gewinnt.

Die Klaviersonaten Klaviersonaten standen zur Zeit des Schaffens von Raff beim Pub­ likum nicht eben hoch im Kurs. 1841, drei Jahre vor der Entste­ hung von Raffs erster Sonate op. 14, bemerkte Robert Schumann in einer Rezension, die zeitgenössische Sonate habe „mit drei starken Feinden zu kämpfen, – dem Publicum, den Verlegern und den Componisten selbst. Das Publicum kauft schwer, der Verle­ ger druckt schwer und die Componisten halten allerhand, vielleicht auch innere Gründe ab, dergleichen Altmodisches zu schreiben.“13 Diese Tendenz hielt im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts in


V Deutschland an: Trotz einiger herausragender Werke besonders von Schumann, Brahms und Liszt blieb die Klaviersonate im Ver­ gleich zu Charakterstücken, Variationen, Tänzen und Paraphrasen eine obsolete Gattung. Hermann Kretzschmar konstatierte 1882, also im Jahr nach der Entstehung von Raffs dritter Sonate (der zweiten Fassung seines op. 14), nicht nur die geringe Menge, sondern auch die schwache Qualität der seit Robert Schumann erschienenen Sonaten für Klavier: „Auch auf dem Gebiete der neu­ ern Klaviersonate stoßen wir auf mangelhafte und matte Leistun­ gen genug. Namentlich sind es die Preis­sonaten der letzten drei Dezennien, die harte Enttäuschungen bereiten. Im ganzen aber werden im Verhältnis zu der Produktion in den kleinern Formen der Klavierstücke so wenig Sonaten geschrieben, daß drei bis vier Treffer bereits die Physiognomie der Gattung entscheiden. Und solcher Treffer können wir etliche aufzählen. An die Sonate wagen sich doch nur Musiker von strengerer Schulung, einer Schulung, die einen Teil des Talents entweder ersetzt oder bildet. Die halben und ganzen Dilettanten, die unter den Klavierkomponisten von heute die Majorität bilden, gehn in der Regel der Sonate aus dem Wege. Höchstens versuchen Sie es mit einer kleinen Suite.“14 Suiten für Klavier hat auch Raff komponiert: Insgesamt sieben Opera dieser Gattung liegen von ihm vor. Mit ihnen und mit den vielen eingängigen Werken, die in seinem Klavierschaffen dominieren, hat er sich beim klavierspielenden Publikum seiner Zeit einen Namen gemacht. Viele der gefälligen Klavierwerke entstanden auch um der Einnahmen willen, die Raff bis zu seiner ersten und einzigen gut dotierten Anstellung, der als Direktor des Hoch’schen Konserva­ toriums, für seine Familie und sich benötigte. – Die drei Klavierso­ naten haben jeweils einen völlig eigenen Werkcharakter. Mit ihnen zeigte sich Raff als seriöser „Musiker von strengerer Schulung“. Unverkennbar liegt allen drei Werken die Absicht zugrunde, Subs­ tantielles zur traditionsreichen Gattung der Sonate beizutragen. Vermutlich hat Raff neben den drei gedruckten Sonaten noch eine weitere Klaviersonate komponiert. Im Brief an den Verleger ­Friedrich Kistner vom 7. März 1845 schreibt er: „Um nun meines Theils Ihre Ansichten über Honorare u. Compositionen zu prüfen, habe [ich] Ihnen beiligendes op. 21 zu senden beschlossen. | Es ist dieses die 2. Sonate meiner Composition, (die erste in es moll op. 14. ­köm­t bei H. B. &. H. heraus) und ich schmeichle mir, daß Sie derselben Ihren Beÿfall nicht versagen werden.“15 Die fragliche Sonate wurde allerdings von Kistner nicht angenommen, wie aus Raffs Brief vom 5. April 1845 an den Verleger hervorgeht: „Obschon ich gerne gese­ hen hätte, wen Sie meine Sonate für Ihren Verlag über­nomen und selbe herausgegeben hätten, so kan ich Ihnen andrerseits nicht verargen, wen Sie Compositionen, die sich für Sie besser rentiren, lieber ankaufen.“16 Der Verbleib der Sonate ist ungeklärt. Als op. 21 erschien im August 1846 bei Pietro Mechetti in Wien Loreley. Dichtung ohne Worte für das Pianoforte. In vielen seiner frühen Klavierwerke und auch häufig in seinen späteren wählte Raff französische Titel. Auch bei den beiden Sona­ ten op. 14 ist dies der Fall. Bei Opera mit Charakterstücken verweist die französische Formulierung auf das Ambiente des kultivierten polyglotten Salons, bei Werken wie den Sonaten auf ein gebildetes Publikum und auf die Sphäre der Virtuosenmusik. Raffs Klaviersonaten stellen erhebliche pianistische Anforderun­ gen. Der Klaviersatz in den drei Werken zeigt eine große satztechni­ sche Vielfalt, die bei allen Schwierigkeiten doch durchweg dankbare Aufgaben bietet. Die mittlere (op. 168) und die späte Sonate (op. 14, zweite Fassung) hat Raff mit Metronomangaben versehen. Für die Darbietung aller drei Werke dürfte der Hinweis gelten, den Raff der Metronomangabe des ersten Satzes der letzten Sonate als Anmer­ kung hinzugefügt hat: „Die Metronombezeichnung gibt nur einen

beiläufigen Maßstab für den Vortrag. Es muss der Spieler das Werk in sich aufnehmen und frei reproduzieren, wenn die Wirkung da sein soll.“

Sonate avec Fugue pour le Piano es-moll op. 14, erste Fassung (1844) Als Raff im Winter 1843/44 seine erste Klaviersonate schrieb, war er als Komponist noch gänzlich unbekannt. Um sich in der musi­kalischen Öffentlichkeit einzuführen, beließ er es jedoch nicht bei dem gefälligen und virtuosen Repertoire, das in seinem frühen Klavierschaffen dominiert. Die Sonate op. 14 lässt die Absicht er­ kennen, sich frühzeitig als seriöser Komponist auszuweisen, der auch der traditionsreichen, anspruchsvollen Gattung der Sonate gewachsen ist. Die Entstehung der Sonate fällt in die Zeit, in der Raff sich von seiner ungeliebten Position als Primarschullehrer in Rapperswil zu lösen suchte, um gegen den Widerstand von Eltern und Verwandten eine ungesicherte Laufbahn als Musiker einzuschlagen. Raff wagte den Schritt in die bis zum folgenden Jahr mit bitterer Armut verbun­ dene Freiheit im August 1844. Im Brief vom 5. Oktober 1844 bot Raff dem Verlag Schott’s Söhne in Mainz einige neuere Werke an. Dabei erwähnte er, dass ­Breitkopf & Härtel durch positive Besprechungen seiner bereits dort verlegten Klavierwerke op. 2 bis 6 bewogen wurden, „nicht nur die Ihnen seiner Zeit angebotenen œuvres 7–9. sondern auch op. 10–14. zu bedeuten­ dem Honorar zu übernehmen.“17 Die Sonate erschien im August 1845 bei Breitkopf & Härtel unter dem Titel SONATE AVEC FUGUE | Pour le Piano | composées | par | Joachim Raff. | op. 14. Die Gesamtkonzeption des viersätzigen Werks ist ungewöhnlich. Den bei weitem größten Umfang hat mit 435 Takten das Finale; der Kopfsatz dagegen umfasst nur 120 Takte. Raff hat ihn ­Prélude benannt. Die für einen in Sonatenhauptsatzform geschriebenen er­ öffnenden Satz unübliche Bezeichnung verweist darauf, dass die Dramaturgie des Werks auf das Finale mit seiner abschließenden kompositorisch ambitionierten Fuge zielt. Ungewöhnlich ist auch die Grundtonart des Werks, es-moll. Von Raffs großen Vorgängern hat niemand diese Tonart für eine So­ nate gewählt. Verknüpft mit ihr ist das Bedeutungsfeld Düsternis, Verzweiflung, Tod. Christian Friedrich Daniel Schubart schreibt in seinen Ideen zu einer Ästhetik der Tonkunst über die Tonart es-moll: „Empfindungen der Bangigkeit des aller tiefsten Seelendrangs; der hinbrütenden Verzweiflung; der schwärzesten Schwermuth, der düstersten Seelenverfassung. Jede Angst, jedes Zagen des schaudern­ den Herzens, athmet aus dem gräßlichen Es moll. Wenn Gespenster sprechen könnten; so sprächen sie ungefähr aus diesem Tone.“18 Ein Bezug zu Raffs schwieriger Lebenssituation und seinem Befin­ den im Entstehungsjahr liegt nahe. Die knappe eintaktige Themenphrase, auf welcher der Kopfsatz basiert, zielt auf den Gestus des Seufzens, emphatisch vorbereitet durch eine Doppelschlagwendung in Achteln, die ihrerseits häufig durch Doppelschlagverzierungen intensiviert wird. Dieses Thema beherrscht den Satz wie eine nicht enden wollende, immer wieder aufbrechende Kette von Klagen. Der ruhig strömende Seitensatz (erstmals T. 35ff.) bringt jeweils eine Lösung der verbissenen Span­ nung, die jedoch stets nur episodisch bleibt. Der Satz endet nach einem verzweifelten Aufbäumen (con furia) verhalten in düsterer Bassregion. Die beiden Mittelsätze bieten zwei charakteristische Aufhel­ lungen der es-moll-Sphäre: Auf ein kapriziöses Scherzo in Es-dur mit einem schubertisch anmutenden Trio in As-dur (T. 49ff.) folgt („nach einer kaum spürbaren Pause“, wie Raff mit italienisch for­ mulierter Anweisung verlangt) eine in der gleichen Tonart anheben­


VI de und schließende Romanza, die manchen der Lieder ohne Worte des von Raff verehrten Felix Mendelssohn Bartholdy nahesteht. Der weitere Verlauf bezieht Satztechniken ein, die sich häufig in Klavierwerken Liszts finden: Oktavläufe, weitgespannte Begleitfigu­ ren und Melodien in Tenorlage. Der Mittelteil des Satzes wendet sich (wie auch schon die Durchführung des Kopfsatzes und spä­ ter ein Abschnitt des Finales) in enharmonischer Umdeutung von Ces-dur nach H-dur und erreicht damit die diatonisch weiteste Distanz zur Grundtonart es-moll. Zu dieser kehrt das Finale zu­ rück. Seine Anlage ist zweiteilig: der abschließenden Fuge geht ein weitläufiger Teil mit der Abschnittsfolge A – B – A’ – C voraus. In den A-Partien wird das Hauptthema mit wechselnden virtuosen Satztechniken ausgesponnen. Zwischendurch klingt in verspielter Abwandlung das den Kopfsatz beherrschende Doppelschlagmo­ tiv an (T. 19–26, 141–148). Abschnitt B (T. 67–116) bringt einen neuen, lebhaften Gedanken in staccatissimo-Impulsen. Teil A’ rundet den bisherigen Verlauf zu einer dreiteiligen Form ab. Überraschend setzt danach ein neuer, gesanglicher Teil C (T. 171, dolce sognando) ein. Er hebt zart an und weitet im Folgenden den ariosen Gesang breit aus, wobei die schwelgerische Terzen- und Sextenseligkeit in eine salonmusikhafte Larmoyanz abdriftet. Umso größer ist die neuerliche Überraschung durch den Einsatz der abschließenden großen Fuge, die das Hauptthema der A-Teile in dreistimmigem Satz polyphon ausführt. Durch den Rückgriff auf das Thema ergibt sich für das gesamte Finale die Formanlage A – B – A’ – C – A’’, wobei die auf Johann Sebastian Bach verweisende Diktion des fugierten Teils stilistisch denkbar weit von den voran­ gehenden Abschnitten entfernt ist. In der Fuge zeigt sich Raff als gewandter Kontrapunktiker. Ab T. 320 fugiert er die Umkehrung des Hauptthemas und im Schlussteil bringt er eine zweimalige Engfüh­ rung des Themas. Der Satz endet mit einer rasanten Steigerung und einer synkopischen, in heftigem fortissimo abwärts geführten Akkordfolge. Diese wiederholt den katastrophischen Schluss des Kopfsatzes und bekräftigt endgültig den tragischen Grundcharakter der Tonart es-moll. Die Sonate op. 14 zeigt Raffs früh ausgebildetes Können im Um­ gang mit stilistisch weit auseinanderliegenden musikalischen Idio­ men und diversen Satztechniken. Die Ambition könnte nicht größer sein: Mit der Schlussfuge knüpft Raff eine Verbindung zum Gipfel­ werk der Sonatenkomposition, Beethovens Sonate B-dur op. 106, der „Hammerklaviersonate“.

Fantasie-Sonate d-moll op. 168 Kürzer und ganz anders angelegt als die frühe Sonate op. 14 ist die Fantasie-Sonate op. 168. Sie wurde im Herbst 1871 in Wiesba­ den komponiert und erschien im April 1872 im Verlag Carl Friedrich ­Wilhelm Siegel in Leipzig. Raff stand zur Entstehungszeit im Zenit seines Ruhms. „Tage voll reichen und frohen Geschehens reihten sich aneinander.“19 1871 ist auch das Jahr der deutschen Reichsgründung nach dem Deutsch-Französischen Krieg. Raff hatte zwar die deutschen Siege begeistert begrüßt, mochte aber nach Kriegsende nicht in den all­ gemeinen frankreichfeindlichen Jubel einstimmen. „Der deutsche Idealist alten Schlages, der in Raff steckte, fühlte sich abgestoßen von dem wüsten Schwindel der Gründerzeit, wie von der lärmen­ den Volksbegeisterung Derer, die es mit einmal zeitgemäß fanden, Patrioten zu sein – weil Deutschland reich und stark geworden war.“20 Die Widmung der Sonate an Camille Saint-Saëns, einem der damals prominentesten Komponisten Frankreichs, darf als ein Zeichen der Abwendung vom deutschen Jubelpatriotismus und des Respekts vor der Kultur des geschmähten „Erbfeindes“ verstanden werden. (Saint-Saëns hatte 1871 zusammen mit einigen anderen

französischen Komponisten die Société Nationale de Musique gegründet, um insbesondere die neuere Instrumentalmusik franzö­ sischer Komponisten zu fördern.) Näheres über eine persönliche Verbindung zwischen Raff und Saint-Saëns ist nicht bekannt. SaintSaëns stand Liszt und seinem Kreis nahe, möglicherweise hatte sich dadurch ein Kontakt ergeben. Verbindungen zwischen Fantasie und Sonate finden sich vor Raff in einer ganzen Reihe von Werken, etwa in Beethovens beiden Sonaten op. 27 (quasi una fantasia), Schuberts Wanderer-Fantasie D 760 und in Schumanns C-dur-Fantasie op. 17. Die Verbindung von improvisatorisch geprägter Fantasie mit der Architektonik der Sonate ermöglicht vielerlei Konzeptionen. Raff verwirklicht das Fantasie-Prinzip, indem er drei ineinander übergehende Sätze thema­tisch verklammert. Eine variative Gestaltungsweise durch­ zieht so das gesamte Werk. Nur einige wenige der satzübergreifenden Bezüge seien ge­ nannt.21 Die verhaltene, expressiv harmonisierte, Klage- mit Frage­ gestus verbindende Phrase T. 4 bis 6, die auf die monumental und lapidar im unisono anhebenden Eröffnungstakte der Einleitung antwortet, nimmt das in T. 32ff. erklingende Hauptthema vor­ weg; die besagte Eröffnungsphrase ihrerseits wird zum lyrischen Thema des Mittelsatzes umgeformt (T. 186ff.). Das Hauptthe­ ma des Schlusssatzes (T. 276ff.) wiederum greift auf das aus der Einleitung bezogene Hauptthema des Kopfsatzes zurück. Die Ent­ wicklung des Finales mündet in eine triumphale Umformung des seraphisch anmutenden Themas des Mittelsatzes, monumental mit Oktavläufen begleitet, welche die aufwärtsführende Tonfolge der Hauptthemen von Kopfsatz und Finale ausweiten. In den thematischen Bezügen zeigt sich die Gesamtdramaturgie des Werks. Der pathetische Gegensatz zwischen der machtvoll-­ bedrohlichen Eröffnungswendung und der antwortenden Klage bil­ det den konflikthaften Kern, aus dem sich das weitere Geschehen entwickelt. Der dunkel getönten Leidenschaftlichkeit des fantasie­ artig von Arpeggien umspielten Hauptthemas tritt ein lichtes, lyri­ sches Seitenthema gegenüber (T. 84ff.), bevor sich zum Ende des Satzes das Hauptthema durchsetzt und katastrophische Züge an­ nimmt: Die getragenen Viertel verkürzen sich zu Achteln (Reprisen­ beginn T. 138) und steigern sich zu einem leidenschaftlich gehäm­ merten Motiv, das an den Kopfsatz von Beethovens 5. Symphonie (T. 173ff.) gemahnt. Der Mittelsatz entfaltet die Eröffnungsphrase der Einleitung zu einer hell anhebenden zarten Gegenwelt, die nach der vorangehenden Heftigkeit erlösend wirkt. Das Finale bringt zwar wie angedeutet das zarte Thema des Mittelsatzes zu machtvoller Größe, doch schlägt in der Schlussstretta (T. 422ff.) das erreichte D-dur noch einmal in die pathetische Grundtonart d-moll um. Hier geraten die Konturen des zuvor glorios präsentierten Themas in den Strudel des Gewoges, bevor ein energischer Dur-Schluss das Werk beendet. Auch in der Fantasie-Sonate sind diverse Einflüsse stilistischer Vorbilder zu erkennen. Das Wechselspiel der Unisono-Phrase und der klagenden Antwort zu Beginn des Werkes erinnert an den Beginn der Fantasie c-moll KV 457 von Mozart, die Antwortphra­ se selbst an Motive im Kopfsatz von Beethovens Klaviersonate Es-dur op. 31 Nr. 3 (T. 35–42); Begleitfiguren und Triolenfiguratio­ nen im Seitenthema des Finales (T. 305ff.) klingen unverkennbar nach Chopin, die ausschweifenden Arpeggien (T. 125ff.) und die mit alternierenden Händen gehämmerten Figuren (T. 169ff.) nach Liszt. Bemerkenswert sind ferner die in den Variationen des langsamen Satzes vorhandenen Adaptionen aus den Variationen der Arietta in Beethovens letzter Klaviersonate c-moll op. 111. Das gilt besonders für die triolische erste (T. 202ff.) und die durch vibrierende Bassfigu­ rationen verschattete vierte Variation (T. 254ff.).


VII Nicht anders als in der frühen und in der späten Sonate op. 14 sind die pianistischen Anforderungen in Raffs Fantasie-Sonate durch­ weg hoch. Eine interpretatorische Aufgabe liegt im Austarieren von Freiheit und Gebundenheit: Nicht nur der Beginn des Werkes, für den Raff als Vortragsbezeichnung a capriccio („launenhaft“) vorschreibt, sondern etwa auch die mit Passagen ausgestatteten Partien bedür­ fen einer improvisatorisch wirkenden Spielweise, damit das Fanta­ sie-Prinzip des Werkes zur Geltung kommt. Gleichzeitig sollte die architektonische Klarheit von Raffs Schreibweise erhalten bleiben.

Grande Sonate es-moll op. 14, zweite Fassung (1881) In seinen letzten Lebensjahren hatte Raff den Wunsch, einige seiner früheren Klavierwerke und so auch die Sonate op. 14 zu bearbeiten, „weil sie seinem gewachsenen Anspruch an sich selbst nicht mehr genügten.“22 Der Verlag Breitkopf & Härtel zeigte sich interessiert an einer Neuedition der betreffenden Opera, rechnete freilich zunächst mit einer Revision, welche die jeweilige Grundgestalt bewahren würde. In diesem Sinne schrieb der Verleger am 3. September 1875 an Raff: „Gewiß stehen bei Ihnen diese Veränderungen schon fest, und Sie haben dieselben schon in Ihr Handexemplar eingetragen oder können dies leicht thun, und so erlauben wir uns zunächst Sie um gefällige Angabe derjenigen Ihrer bei uns erschienenen Werke (einfach nach der Opuszahl) zu ersuchen auf welche sich jene Ver­ änderungen beziehen. Wir würden Ihnen dann sofort Exemplare derselben zu gef Eintragung zusenden.“23 Raff beließ es jedoch nicht bei einer Überarbeitung, vielmehr komponierte er die betreffenden Werke völlig neu. Er war mit deren ursprünglichen Gestalt nicht mehr zufrieden, wollte aber andererseits die Opusnummern bewahren. So erschienen die Opera 2, 4, 5, 6, 10, 12 sowie die Sonate op. 14 nach und nach in jeweils neuer Gestalt. Der Sonate wandte er sich als letztem der Frühwerke zu. Anstoß dazu gab der Verlag Breitkopf & Härtel am 12. Mai 1881: „Da der Vorrath Ihrer Sonate m. Fuge Op. 14 erschöpft ist, bitten wir Sie ergebenst, zunächst dieses Werk, wenn Sie es für erforderlich er­ achten, im Sinne Ihrer Opera 2, 3, 4 u 12 durchzusehen und uns die Vorlage für den Stich einzusenden. | Für den Fall daß Ihnen ein Exemplar davon nicht gleich zur Hand ist, erlauben wir uns, Ihnen ein solches heute unter Kreuzband zu übersenden. | In hoher Ach­ tung | ergeben | Breitkopf & Härtel“24. Raff komponierte die neue Version der Sonate im Oktober und November 1881. Nach der Kor­ rektur des ersten Fahnenabzugs hatte er eine weitere Druckfahne gewünscht, konnte diese aber nicht mehr prüfen. Am 23. Juni 1882, einen Tag vor seinem Tod, schrieb der Verleger an den Komponis­ ten: „Ihr werthes Schreiben nebst Sendung op. 11 Ms. gelangte richtig in unsere Hände. Besten Dank dafür. [...] Indem wir Ihnen beilaufend unter Kreuzband den gewünschten 2ten Abzug ihrer So­ nate übersenden, begrüßen wir Sie, | hochachtungsvoll ergeben | Breitkopf & Härtel.“25 Das neue Werk erschien im August 1882 unter dem Titel Grande Sonate pour le piano. Nouvelle Édition, entièrement transformée par l’Auteur. Die Anlage der neuen Sonate unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht deutlich von der des Frühwerks. Der Kopfsatz, in der Früh­ fassung als Prélude bezeichnet, hat nun mehr Gewicht; er ist erheb­ lich umfangreicher und weitläufiger ausgeführt. Besonders die Re­ prise (T. 162ff.) mit der Wiederkehr des Hauptthemas in massivem Klaviersatz und die in virtuoser Lisztscher Manier gestaltete große Steigerung (T. 308ff.) nach Eintritt der Coda (T. 283) zeigen Raffs Streben nach Monumentalität in dem neuen Werk. Im Unterschied zum knapp gehaltenen furiosen Schluss des ersten Satzes der frü­ hen Fassung lässt er den neuen Kopfsatz elegisch und verhalten ausklingen: Nach einer Reminiszenz an das Hauptthema (T. 318ff.) und einer Erinnerung an Fragmente des Seitenthemas (T. 328ff.),

verzaubert durch den Glanz eines Trillers in hoher Lage, verliert sich der Satz in einer ruhig ins Bassregister gleitenden Triolenfigur. An die Stelle des kecken Scherzos in Es-dur in der frühen Sonate tritt in der Spätfassung ein sehr rascher Satz in es-moll im 6/8-Takt – mehrfach vom 3/4-Metrum überlagert, wodurch eine reizvolle Schwebe entsteht – mit spukhaft wirbelnden Eckteilen, in denen Schroffheit und Grazilität alternieren. Der Dur-Mittelteil kontrastiert mit strömendem sonorem Gesang. Die Coda führt den Satz verhal­ ten in es-moll zu Ende. In den Takten 136 bis 143 ergibt sich eine gewisse Ähnlichkeit mit Gustav Mahlers von Todesangst erfülltem Wunderhorn-Lied Das irdische Leben, das ebenfalls in es-moll steht. Wiederum erheblich weitläufiger als die As-dur-Romanza der Frühfassung hat Raff das H-dur-Larghetto der späten Version aus­ geführt. Während er dort den Gesang mit opernhaftem Pathos ausgestattet hatte, verbindet er hier gesangliche Melodik mit der gemessen und gravitätisch wirkenden Bewegung einer Sarabande. Ein verhalten in tiefem Register anhebender Mittelteil (T. ­86–142) in h-moll – nach Beethoven die „schwarze Tonart“ – wächst allmäh­ lich ins Grandiose und verarbeitet Motive der Rahmenteile. Am Ende wendet sich auch die h-moll-Phrase des Mittelteils nach H-dur und die lichten Schlussklänge eröffnen eine helle Perspektive. Ihr gibt das Finale in Es-dur breiten Raum. Alle Themen des um­ fangreichen Satzes stehen in Dur. Das kraft- und schwungvolle Hauptthema (T. 5ff.) und das unbeschwert singende Seitenthema (T. 33ff.) begründen einen durchweg heiteren, gelösten Abschluss. Auch der mit einem weiteren hoch gestimmten Thema aufwar­ tende fugierte Mittelteil (T. 149–231), in dem Raff noch einmal seine Liebe zu kontrapunktischer Schreibweise entfaltet, trägt zum Schwung des Satzes bei. Eine mit einem weiteren Thema (T. 376ff.) anhebende enthusiastische Coda beschließt das Werk in starkem Gegensatz zum tragisch-düsteren Ende der frühen Sonate op. 14. Die vorliegende Ausgabe folgt den Erstdrucken der drei Sonaten. Über Prinzipien der Edition und editorische Einzelentscheidungen informieren die Editorischen Anmerkungen. Herrn Severin Kolb, dem Leiter des Archivs der Joachim-Raff-Gesellschaft in Lachen, danke ich für wertvolle Informationen und die Bereitstellung von Materialien zu den Sonaten. Ferner danke ich Herrn Dr. Roland Schmidt-Hensel, dem stellv. Leiter des Musikarchivs und des Mendelssohn-Archivs der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, für Informationen zu Briefen von Raff. Berlin, Juli 2018

Ulrich Mahlert

1 Felix Mendelssohn Bartholdy: Sämtliche Briefe, Band 9: September 1842 bis Dezember 1843, hg. u. kommentiert von Stefan Münnich, ­Lucian Schiwietz und Uta Wald unter Mitarbeit von Ingrid Jach, Kassel etc. 2015, S. 419. 2 Albert Schäfer: Chronologisch-systematisches Verzeichnis der Werke Joachim Raff’s mit Einschluß der verloren gegangenen, unveröffentlichten und nachgelassenen Kompositionen des Meisters. Unter genauer Angabe der Beschaffenheit, der Umarbeitungen und Übertragungen bearbeitet, sowie mit historischen Anmerkungen versehen, Wiesbaden 1888. 3 Zit. nach: Helene Raff: Joachim Raff. Ein Lebensbild, Regensburg 1925, S. 198. 4 Ebd., S. 225f. 5 Ebd., S. 255. 6 Ebd., S. 227. 7 Otis B. Boise: An American Composer visits Liszt, in: The Musical Quarterly 43 (1957), Nr. 3, S. 324f., hier zit. nach: Markus Römer: Joachim Raff (1822–1882), Wiesbaden 1982, S. 56 (Übersetzung von Markus Römer). 8 Die Wagnerfrage. Kritisch beleuchtet von Joachim Raff, Braunschweig 1854.


VIII 9 Handschriftlicher Brief, Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt a. M., Raff Briefe A 013. Das Zitat findet sich mit etlichen Übertragungsfehlern auch in: Markus Römer, a.a.O., S. 59. 10 Franz Liszt und Joachim Raff im Spiegel ihrer Briefe. Mitgeteilt von ­Helene Raff, in: Die Musik, Jg. 1 (1901), Quartal 1, Heft 2, S. 116. Ebenfalls in: Helene Raff: Joachim Raff, a.a.O., S. 51. 11 Helene Raff, a.a.O., S. 206. 12 Brief an Joachim Raff, Wien, 6. August 1846, in: Franz Liszt und Joachim Raff im Spiegel ihrer Briefe, a.a.O., S. 113. 13 Robert Schumann: Neue Sonaten für das Pianoforte (1841), in: Ders.: ­Gesammelte Schriften über Musik und Musiker, Reprint der Ausgabe Leipzig 1854, mit einem Nachwort von Gerd Nauhaus und einem Regis­ ter von Ingeborg Singer, Wiesbaden 1985, Bd. 4, S. 17. 14 Hermann Kretzschmar: Die Klaviermusik seit R. Schumann (1882), in: Ders.: Gesammelte Aufsätze über Musik, Bd. I, Leipzig 1910, S. 93. 15 Ungedruckter handschriftl. Brief, Goethe- und Schiller-Archiv, Signatur GSA 59/106. 16 Ebd.

17 Ungedruckter handschriftl. Brief, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußi­ scher Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv, 55 Nachl. 100, Br.-Nr. 49487 (vorl. Signatur). 18 Christian Friedrich Daniel Schubart: Ideen zu einer Ästhetik der Tonkunst, Wien 1806, Reprint (mit Vorbemerkungen und Register von Fritz u. Margit Kaiser) Hildesheim 2013, S. 378. 19 Helene Raff, a.a.O., S. 194. 2 0 Ebd., S. 188. 2 1 Hingewiesen sei auf die eingehende Studie von Matthias Wiegandt: Mehr Fantasie oder mehr Sonate? Historische und analytische Überlegungen zu Joachim Raffs op. 168, in: Joachim Raff: Fantasie-Sonate für Klavier d-Moll, op. 168, hg. von Volker Tosta, Stuttgart 1996, S. III–VI. 2 2 Helene Raff, a.a.O., S. 250. 2 3 Original des Briefes in der Bayerischen Staatsbibliothek, Raffiana VIII, Mappe „Breitkopf & Härtel“. 24 Ebd. 2 5 Ebd.


IX

Preface Many works by Joachim Raff (1822–1882) were largely forgotten soon after his death, including his three piano sonatas presented here. Only in recent decades, in conjunction with a changed per­ spective on 19th-century music, did a new interest in Joachim Raff and his work arise. For some time now firm judgments have been and are being questioned, qualified, and corrected. Perhaps it was precisely the enormous scope of Raff’s creativity that was one of the reasons why his works were not paid so much attention, because a differentiated engagement with so many compositions is time-consuming. The disregard of abundance went along with generalized, stereotypically repeated negative judgments, obscur­ ing the view or even preventing dealing with Raff’s music at all. Thus, an unfortunate cycle of ignorance emerged which we hope that the present edition can help overcome. Raff’s piano sonatas deserve special interest. They are among his most ambitious piano works and offer a considerable stylistic range. In addition, they come from the three main phases of his work. Almost four decades elapsed between the two versions (1844 and 1881) of the Sonata op. 14. The second version is a complete redesign of the first, both versions having in common only the opus number and the basic key of E flat minor. The Sonata op. 168 dates back to 1871 when Raff was at the height of his creativity. The works’ chronological span enables us to understand Raff’s development as a composer.

Biography As the son of a native Württemberg teacher and a Swiss innkeep­ er’s daughter, Joachim Raff was born on 7 May 1822 in Lachen near Zurich. He grew up in modest circumstances in both ­Switzerland and Württemberg. Largely self-taught on piano, organ and violin, he acquired knowledge in musical composition and soon de­veloped a passion for composing. Parents and relatives insisted that he choose a solid vocation, and soon after having successfully at­ tended a Jesuit college in Schwyz, the nineteen-year-old became a teacher at a primary school in Rapperswil. However, the necessity to compose was so intense that overcoming his family’s opposi­ tion, he left his educational activity to become a musician. One of his compositional role models was Felix Mendelssohn ­Bartholdy. Raff’s admiration for him and his works had persuaded him to send Mendelssohn some of his early compositions (the piano works opp. 2 to 6) on 11 November 1843 with a request for a critical judg­ ment. It turned out to be very favorable, for on 20 November 1843 Mendelssohn recommended to the Breitkopf and Härtel publishing house the publication of the works Raff sent him: “I have received the attached letter and enclosed compositions and am bound to present both and ask you if you need some of the things and so could fulfill the desire of the composer and that of myself? If placed on the title of the things was a fairly famous name, I am convinced you would do a good business with it, for no one would notice from the contents that some of these pieces were not by Liszt, Döhler or a similar virtuoso. Everything is quite elegant, flawless, and written in the most modern way; but now no­ body knows the name of the composer and of course the situation of the matter is different.”1 The publishing house agreed and in May 1844 published Raff’s opera 2 to 6. Numerous piano works emerged also in the following years and later stages of life. Beginning in 1849, Raff gradually exploited further scorings and genres: He composed chamber music, songs, choral works, operas and other stage works, as well as concertos for various instruments and orchestra. In 1864, he published the

first of his altogether eleven symphonies, earning him special fame. Raff’s catalogue of works2 is overflowing: it comprises 216 works with opus numbers, 25 unpublished and posthumous composi­ tions, as well as 26 works that have gone missing. 117 of the print­ ed opera are works for piano solo, 54 are for four-handed piano, 7 for two pianos, 23 opus numbers are piano arrangements of works by other composers. Despite the enormous compositional productivity from the out­ set, it was a long time before Raff earned enough from his works to consolidate his life circumstances. At a concert in Basel in 1845, he became acquainted with Franz Liszt, who then found him a position in a Cologne music store. In 1848, Raff moved to Stuttgart where he lived miserably by giving piano lessons. From there he fled in debt to Hamburg to earn a living at the Schuberth publishing house. Raff continued to stay in touch with Franz Liszt and received a lot of support from him. Liszt had settled in Weimar in 1848, working as court kapellmeister and devoting himself to composition. After several efforts, Liszt managed to get Raff to come to Weimar as an assistant, where he worked for his mentor from 1850 to 1856, orchestrating and copying Liszt’s works, among other things. The relationship was ambivalent, however: Liszt appreciated Raff’s mu­ sical ability, his cleverness and his education, but he felt occasional­ ly rebuffed by his uncompromising perversity. In 1856, Raff moved from Weimar to Wiesbaden, where he lived until 1877, starting a family with his wife, actress Doris Genast, who worked at the local theater. Giving music lessons again in addition to his compositional work, Raff found the strongest resonance for his work in this phase of his life, becoming, in fact, one of the most famous contemporary composers of the 1870s. His great works were the center of public musical life; his poetic piano pieces were highly valued in concert halls, salons, and drawing rooms. Raff’s fame spread all the way to the United States. Conductor and composer Leopold Damrosch wrote to Raff from New York in May 1876: “We are teeming here with Raff. Your symphonic and chamber-music works are as well known as any of Beethoven’s.”3 At the peak of his reputation in 1877, Raff took the first and only im­portant position of his life: he became founding director of the Dr. Hoch Conservatory in Frankfurt/Main, which after thorough preparation commenced operation in 1878 as an educational institution. Raff’s compositional production was reduced by his activity as teacher of composition. Apparent at the same time was a fading of his fame as public taste changed. When Raff died on 24 June 1882 at age sixty, his music was no longer of the same interest as formerly.

Personality, Style His student Fritz Bassermann succinctly characterized Raff’s per­ sonality, as shown in his lessons: “From his great knowledge, not only in music, but in literature, ancient languages, mathematics, and so on, his lessons were extremely stimulating and productive. He was able to teach three or four hours in a row, getting carried away; his great musical memory provided him with constant material for examples from the works of composers of all ages and nations. Everything flowed to him as if by itself; of course, he explained it more by means of his sharp mind than with his heart.”4 Extensive knowledge of music literature and the guidance of the “intellect” also play an important role in Raff’s creativity. Although his works revealed a great wealth of expression, his composition was highly intellectual. His daughter Helene Raff, a painter, writer, and suffragette, emphasized in her noteworthy writing about her father’s aesthetic attitude: “Clarity was what Raff demanded above all in art;


X the rationalistic trait in his nature rejected the chaotic, emotional, wherever it was encountered. He also demanded objectivity; he did not care for the more individualistic, subjectively directed natures.”5 Related to the rationality of the composition that Raff practiced was likely also his love for the contrapuntal arts. Raff’s disciples believed that many of their master’s works “were less character­ ized by flourishing imagination than by extraordinary mathematicalcontrapuntal problems and combinations. […] ‘it’s nice to be able to do something like that’,”6 Raff was quoted as saying. Raff himself described his rational way of working to the Ameri­ can composer Otis B. Boise (1844–1912), as follows: “Before be­ ginning consecutive writing, I note my first, auxiliary, and second themes [...] Having prepared my material, I do not get up from my writing table until the sketch of a complete movement has been fin­ ished. Uninterrupted work can produce an immeasurably smoother musical work than will result when the treads of thought are repeat­ edly dropped. The contour of a piece once established, my filling and coloring may occupy weeks.”7 (This time determination relates to or­ chestral works; Raff certainly composed piano music more quickly.) Raff’s close relationship with Franz Liszt, especially in the years when the New German School was forming, often led the public and music historiography to consider Raff as a party member culti­ vating this music direction around Liszt and Wagner. Raff, however, took a completely critical attitude towards Wagner, as his volumi­ nous book Die Wagnerfrage [The Wagner Question]8, published in 1854, demonstrates. Raff definitely did not share the neo-German orientation to musical “progress” by surmounting traditional forms. On 25 December 1856 he wrote to Joseph Hellmesberger, director of the Conservatory in Vienna: “If some of my colleagues and com­ rades insist on a total revolution, I agree, in fact, with them on the general demand for progress, but believing that progress is good, striving for it should only be in a historical and natural way, for I ground my individual content within the existing forms, and change these only where change is inevitably demanded by my ideas and their course. This procedure seems to me justified by our great role models, namely by the greatest masters of the Viennese School. I therefore hope that benevolent fellow artists of your local circles will not place me in a category with those colleagues who believe they are doing art a service (?) by wantonly squandering, where possible in one day, its wealth of beautiful forms assembled over the centuries.”9 Everywhere in the music literature about Raff, there is a state­ ment to the effect that he was a “prolific writer,” that is, that he had taken the quantity of his works more seriously than their quality. Franz Liszt already criticized the quantity of Raff’s continuous pro­ duction and pointed to the danger of its threatening his work. On 26 October 1846 he wrote to Raff: “Neither in terms of your pecu­ niary circumstances nor in terms of their musical significance can I entirely endorse your writing and your publishing much too much. The publishers’ interest you intend thereby to exploit will soon turn completely indifferent. In any case, you waste your talent and your name – yes, even put the stamp of commercial and artistic useless­ ness on your works from the outset, be they good or bad.”10 Liszt’s assessment was to prove true. With the sweeping derogation as prolific writer was often combined a premature negative judgment of Raff without precise knowledge of his works. He himself was not unaffected by stereotypical criticism and presented his point of view years later. His daughter Helene Raff wrote: “The accusation struck him deeply, embittered him. He relied on the example of the old great masters, their amazing productivity. […] ‘The gentlemen should be able to show me a composition of mine that has been worked out in a slipshod manner!’ […] He did not

expect to be criticized for the fact that he seldom really struggled with the material; he suspected the painstaking producers of feebly flowing invention, and the waiting upon mood he considered bluntly a lack in self-discipline. In most cases, he only needed to develop what had been outlined in his mind for some time.”11 In his criticism of Raff’s proliferating production, Franz Liszt by no means misjudged the composer’s compositional qualities. Thus, of some of Raff’s early piano works he attested in 1846, “Talent, ideas, formal skill, and a comprehensive knowledge of what has been written for piano in the past 16 years.”12 In fact, Raff worked into his piano music many influences of works by great predecessors: to be mentioned are especially Beethoven, Schubert, Mendelssohn Bartholdy, Weber, Schumann, Chopin and Liszt, as well as famous piano virtuosos such as Theodor Döhler, Friedrich Kalkbrenner and Ignaz Moscheles. Raff himself was an accomplished pianist, but had, however, not come to the point of virtuosity in his autodidactic studies. He was also prevented from virtuoso playing by an acci­ dental curvature of the right-hand ­little finger. However, in his piano works, he unfolds a pronounced sense of effective pianistic diction. His piano-writing has an evocative quality, the variety of composi­ tional techniques gives performers many attractive tasks. A certain eclecticism can be observed if now and then different idioms of other composers are brought together more or less abruptly. How­ ever, Raff is more than an epigone. Many of his piano compositions offer a wealth of original ideas, poetic moods and characters. In addition, there is a great technical compositional skill, often taking shape in contrapuntal styles.

The Piano Sonatas Piano sonatas were not very popular with the public at the time of Raff’s work. In 1841, three years before the composition of Raff’s first Sonata op. 14, Robert Schumann noted in a review that the contemporary sonata “had to struggle with three strong enemies – the public, the publishers and the composer himself. The public hardly buys, the publisher hardly prints, and the composers are kept from writing what is old-fashioned by all sorts of reasons, perhaps also internal ones.”13 This trend continued in Germany in the further course of the 19th century: despite some outstanding works partic­ ularly by Schumann, Brahms, and Liszt, the piano sonata remained an obsolete genre in comparison to character pieces, variations, dances and paraphrases. Hermann Kretzschmar confirmed in 1882, that is, in the year after the creation of Raff’s third sonata (the second version of op. 14), not only the small quantity, but also the poor quality of the sona­ tas for piano published since Robert Schumann: “Also in the new piano sonata field, we come across poor and dull enough attain­ ments. In particular, it is the prize sonatas of the last three decades that cause severe disappointment. On the whole, however, so few sonatas are written relative to production in the smaller forms of piano pieces that three to four winners already determine the genre’s physiognomy. And of such winners we can enumerate quite a few. Only musicians of more rigorous training venture to compose the sonata, a training that either replaces or forms part of the talent. The half to whole amateurs forming the majority of today’s piano composers, generally avoid the sonata. At the most, they attempt a small suite.”14 Raff also composed piano suites, with a total of seven works in this genre. Using them and the many catchy works dominating his piano composition, he made a name for himself with the piano-play­ ing public of his time. Many of the pleasing piano works also came about for the purpose of creating income, needed by Raff for him­ self and his family before he got his first and only well-paid job as


XI director of the Hoch Conservatory. Each of the three piano sonatas has its own unique character. Raff proved in them to be a serious “musician of rigorous training.” Unmistakably, all three works are based on his intention to contribute something substantial to the traditional sonata genre. Supposedly, Raff composed another piano sonata in addition to the three printed sonatas. In a letter of 7 March 1845 to the pub­ lisher Friedrich Kistner, he writes: “For my part now, in order to test your views on honoraria and compositions, I decided to send you, enclosed, op. 21. / This is my 2nd sonata composed (the first in E flat minor will be published by B. & H.), and I flatter myself that you will not deny it your approval.”15 Kistner did not accept the sonata in question, however, as we can gather from Raff’s letter to the publisher of 5 April 1845: “Although I would like to have seen you take on my sonata for your publishing house and publish it, I cannot be offended if, on the other hand, you prefer to buy compositions that will be more profitable to you.”16 The sonata’s whereabouts is not known. It was the Loreley. Dichtung ohne Worte für das Pianoforte that appeared as op. 21 in August 1846 from Pietro Mechetti in Vienna. In many of his early piano works and frequently also in his later ones Raff chose French titles. This is even the case for the two so­ natas op. 14. For opera with character pieces, the French wording alludes to the ambience of the cultivated polyglot salon, for works such as the sonatas, to an educated audience and to the sphere of virtuoso music. Raff’s piano sonatas are pianistically very demanding. The piano composing in the three works shows a great compositional variety, offering rewarding assignments despite all difficulties. The middle sonata (op. 168) and the late one (op. 14, second version) were given metronome markings by Raff. Indicated for the performance of all three works is the comment that Raff added to the metro­ nome markings for the first movement of the last sonata: “The metronome marking gives only an incidental measure for performance. The player must assimilate the work and freely repro­ duce it for it to have its effect there.”

Sonate avec Fugue pour le Piano in E flat minor op. 14, First version (1844) When Raff wrote his first piano sonata in the winter of 1843/44, he was completely unknown as a composer. He did not want to intro­ duce himself to the musical public, however, by way of the pleas­ ing and virtuosic repertoire dominating his early piano works. The Sonata op. 14 indicates his intention to be identified as a serious composer early on, who also copes with the traditional, demanding sonata genre. The sonata’s genesis dates back to the time when Raff sought to distance himself from his tedious position as a primary school teacher in Rapperswil in order to pursue an insecure career as a mu­ sician in opposition to his parents’ and relatives’ wishes. By August 1844, Raff dared to take the step into the freedom associated with dire poverty. In his letter of 5 October 1844, offering several new works to the Schott’s Söhne publishing house in Mainz, Raff mentioned that Breitkopf & Härtel, motivated by positive reviews of his piano works opp. 2 to 6 already published there, were ready “to take on not only the œuvres 7–9 offered you at that time, but also opp. 10–14, for a significant honorarium.”17 The sonata appeared in print in August 1845 from Breitkopf & Härtel under the title SONATE AVEC FUGUE | Pour le Piano | composées | par | Joachim Raff. | op. 14. The overall concept of the four-movement work is unusual, with the final movement of 435 measures being by far the longest,

whereas the opening movement has only 120 measures. Raff called it Prélude, an uncommon term for an opening movement written in sonata form, which reveals that the work’s dramaturgy is directed towards the finale with its compositionally ambitious closing fugue. The work’s fundamental key of E flat minor is also exceptional. None of Raff’s great predecessors chose this key for a sonata, link­ ing with it the semantic field of gloom, despair, and death. Christian Friedrich Daniel Schubart writes about the key of E flat minor in his Ideen zu einer Ästhetik der Tonkunst: “Feelings of anxiety of the most profound psychological drives; the brooding despair; the blackest melancholy, the dreariest state of the soul. Every fear, every appre­ hension of the quivering heart breathes out the ghastly E flat minor. If phantoms could speak; that is about the tone in which they would speak.”18 This is a reference suggesting Raff’s difficult life situation and his state of health in the genesis year. The brief one-measure theme phrase, on which the first move­ ment is based, aims at the sighing gesture, emphatically prepared by a turn in eighth notes, which is, for its part, often intensified by embellishing turns. This theme dominates the movement like a never-ending, ever-recurring chain of laments. The calmly flowing secondary theme (first time, mm. 35ff.) resolves the acrimoni­ ous tension, which, though, always remains only episodic. After a desperate revolt (con furia), the movement ends restrained in the gloomy bass region. The two middle movements offer two characteristic brighten­ ings of the E-flat minor sphere: Following (“after a barely percep­ tible pause,” as Raff called for with Italian wording) a capricious scherzo in E flat major with a charming Schubertian trio in A flat major (mm. 49ff.) is a Romanza in the same elevating and closing key, suggesting some of the Lieder ohne Worte by Raff’s venerat­ ed Felix Mendelssohn Bartholdy. The further course incorporates compositional techniques frequently found in Liszt’s piano works: octave runs, wide-ranging accompaniment figures and melodies in the tenor range. The middle part of the movement turns (as well as also the first-movement’s development and a section of the fina­ le) in enharmonic reinterpretation from C flat major to B major and thus reaches the diatonic distance furthest from the basic key of E flat minor. The construction of the finale, returning to this key, is in two parts: the closing fugue is preceded by a section in A – B – A’ – C form. In the A section, the main theme is spun out with alternat­ ing virtuosic compositional techniques. Heard now and again is the playfully modified turn dominating the first movement (mm. 19–26, 141–148). Section B (mm. 67–116) brings a vivid new idea in staccatissimo impulses. Section A’ rounds out the previous course into a three-part form. Surprisingly, a new, vocal-like section C (m. 171, dolce sognando) starts up, tenderly lifting and unfolding the arioso song in the following, with the voluptuous thirds and blissful sixths drifting into a salon-like sentimentality. All the greater is the renewed surprise at the entrance of the great closing fugue, executing the A-section’s main theme in a three-part polyphonic movement. By resorting to the subject, the entire finale results in the A – B – A’ – C – A’’ form, referring in the fugal part to Johann Sebastian Bach’s diction, stylistically far from the preced­ ing sections. In the fugue, Raff shows himself to be a clever con­ trapuntist. From measure 320, he fugues the inversion of the main subject and in the final part, he presents a stretto of the theme twice. The movement ends with a fast-paced climax and syncopated, vehemently ascending chordal progressions, fortissimo. It repeats the catastrophic conclusion of the opening movement and ultimate­ ly confirms the tragic basic character of the E-flat minor key. The sonata op. 14 shows Raff’s early mastery in handling musi­ cal idioms that are stylistically far apart and technically diverse in


XII composition. The ambition could not be greater: With the closing fugue Raff bridges the gap to the pinnacle of sonata composition, Beethoven’s “Hammerklavier” Sonata in B flat major op. 106.

Fantasie-Sonate in D minor op. 168 The Fantasie-Sonate op. 168 is shorter and entirely different from the early sonata op. 14. It was composed in the fall of 1871 in Wies­ baden and published in April 1872 by the Carl Friedrich Wilhelm Siegel publishing house in Leipzig. Raff was at the zenith of his fame at the time of its creation. “Days full of rich and happy events followed one after the other.”19 1871 is also the year the German Reich was founded after the Franco-Prussian War. Although Raff had indeed enthusiastically greeted the German victories, he did not want to get involved in the general post-war Francophobic jubilation. “The old-time German idealist in Raff felt repelled by the wild dizziness of the W ­ ilhelminian period, as well as by the noisy national enthusiasm of those who at one time thought themselves patriots – because Germany had become rich and strong.”20 The sonata dedicated to Camille SaintSaëns, one of the then most prominent composers in France, may be understood as a sign of the retreat from the German jubilant patriotism and the respect for the culture of the maligned “heredi­ tary enemy.” (In 1871, together with several other French compos­ ers, Saint-Saëns had founded the Société Nationale de Musique to promote, in particular, the recent instrumental music of French composers.) Details of a personal connection between Raff and Saint-Saëns are not known. But since Saint-Saëns was close to Liszt and his circle, there may possibly have been some contact. Before Raff, connections between fantasy and sonata can be found in a whole series of works, such as in Beethoven’s two sona­ tas op. 27 (quasi una fantasia), Schubert’s Wanderer-Fantasie D 760, and in Schumann’s C major Fantasie op. 17. The combination of improvisational fantasy with the sonata’s architectonics allows for concepts of many kinds. Raff realizes the fantasy principle by the­ matically interlocking three consecutive movements. A variational design style permeates the entire work. Only a few of the compositionally overlapping relations can be mentioned.21 The restrained, expressively harmonized phrase combining the air of lament with query, mm. 4 to 6, answering the monumental and lapidary unison opening bars of the introduction, anticipates this in the main theme heard in mm. 32ff.; the said opening phrase in turn is transformed into the lyrical theme of the middle movement (mm. 186ff.). The closing movement’s main theme (mm. 276ff.) goes back in turn to the main theme of the opening movement, related to the introduction. The finale’s devel­ opment culminates in a triumphant reshaping of the seemingly seraphic theme of the middle movement, accompanied monumen­ tally by octave runs, that extend the ascending tonal sequence of the main themes of the first movement and finale. The thematic references reveal the work’s overall dramaturgy. The pathetic contrast between the powerfully threatening opening phrase and the answering lament forms the conflicting core from which further events develop. The dark-hued passion of the main theme, played around, fantasy-like, by arpeggios, contrasts with a light, lyrical secondary theme (mm. 84ff.), before the main theme prevails at the end of the movement and assumes catastrophic traits: the sustained quarter notes are shortened to eighth notes (start of the recapitulation, m. 138) and climax to a passionate­ ly-hammered motif reminiscent of the opening movement of Beethoven’s 5th symphony (mm. 173ff.). The middle movement unfolds the opening phrase of the introduction to a brightly rising delicate counter-world, having a redeeming effect after the preced­

ing violence. Although the finale brings, as already indicated, the delicate theme of the middle movement to powerful grandeur, the closing stretta (mm. 422ff.) reaching D major once again switch­ es back into the pathetic basic key of D minor. Here, the contours of the previously gloriously presented theme fall into the surging maelstrom before the work finishes in an energetic D major. Various influences from stylistic predecessors can also be recog­ nized in the Fantasie-Sonate. The interplay of the unison phrase and the plaintive response at the start of the work recalls the beginning of Mozart’s Fantasie in C minor KV 457; the answering phrase itself recalls the motifs in the first movement of Beethoven’s piano sona­ ta in E flat major op. 31, no. 3 (mm. 35–42); accompaniment figures and triplets in the finale’s secondary theme (mm. 305ff.) unmis­ takably sound like Chopin; the extravagant arpeggios (mm. 125ff.) and the figures hammered with alternating hands (mm. 169ff.) are reminiscent of Liszt. Noteworthy are also the adaptations of the variations of the Arietta in Beethoven’s last piano sonata in C minor op. 111, present in the variations of the slow movement. This is especially true of the first variation in triplet notation (mm. 202ff.) and of the fourth variation (mm. 254ff.) shaded by vibrating bass figurations. Not unlike the early and late sonata op. 14, the pianistic de­ mands in Raff’s Fantasie-Sonate are consistently high. An interpre­ tational task lies in balancing freedom and bondage: not only at the beginning of the work where Raff prescribes a capriccio (“launenhaft [whimsically]”), but also, for instance, passages with sections requiring an improvisational performing style, validating the work’s fantasia principle. The architectonic clarity of Raff’s writing style ought concurrently to be preserved.

Grande Sonate in E flat minor op. 14, Second version (1881) In his last years, Raff wished to edit some of his earlier piano works, including also the sonata op. 14, “because they no longer satisfied his mature claims on himself.”22 The publishing house Breitkopf & Härtel showed interest in a new edition of the opera concerned, initially expecting a revision that would preserve the respective basic shape. With this in mind, the publisher wrote to Raff on 3 Septem­ ber 1875: “Surely you are already certain about these changes, and you will already have entered them in your personal copy or could easily do so, and so initially we shall kindly ask you to indicate to us (simply by opus number) which of the works published by us are to be referred to for those alterations. We would then send exemplars of them to you immediately to enter the alterations.”23 Raff, however, did not leave it at just a revision, but rather completely re-composed the works in question. He was no longer satisfied with their original form, but, on the other hand, he wanted to preserve the opus num­ bers. Thus, the opera 2, 4, 5, 6, 10, 12, as well as the sonata op. 14, gradually appeared in a new form. He turned to the sonata as the last of the early works. The impe­ tus was given by Breitkopf & Härtel on 12 May 1881: “As the stock of your sonata with fugue op. 14 is exhausted, we sincerely beg you, initially to review this work, if you consider it essential in the light of your opera 2, 3, 4 and 12, and submit the model to us for engraving. | In case you do not have an exemplar right at hand, we are taking the liberty of sending such today as printed matter. | [valediction] | Breitkopf & Härtel.”24 Raff composed the new version of the sona­ ta in October and November 1881. After the first galley proofs, he had wanted another galley proof, but could no longer proofread this. On 23 June 1882, the day before his death, the publisher wrote to the composer: “Your valued letter, in addition to the dispatch of the op. 11 manuscript duly arrived in our hands. Best thanks for it [...]


XIII While we are sending you the desired 2nd proof as printed matter, we send our greetings, | [valediction] | Breitkopf & Härtel.”25 The new work appeared in August 1882 under the title Grande Sonate pour le piano. Nouvelle Édition, entièrement transformée par l’Auteur. The structure of the new sonata is clearly distinct in several respects from the early work. The first movement, headed Prélude in the early version, now has more weight; it is considerably more extensive and more amply realized. In particular, the recapitulation (mm. 162ff.) with the return of the main theme in the massive piano movement and the great increase in Lisztian-style virtuosity (mm. 308ff.) after the coda’s entrance (m. 283) show Raff’s quest for monumentality in the new work. In contrast to the tightly-kept furioso close of the early version’s first-movement, he lets the new first movement finish elegiacally and with restraint: After a rem­ iniscence of the main theme (mm. 318ff.) and a recollection of fragments of the secondary theme (mm. 328ff.), enchanting by the glitter of a high-positioned trill, the movement loses itself in a quietly gliding triplet figure in the bass register. In place of the cocky scherzo in E flat major in the early sona­ ta, in the late version there is a very fast movement in E flat minor, 6/8-time – repeatedly overlaid by 3/4-time, creating a delightful hov­ ering – with ghostly whirling corner elements alternating rugged­ ness and grace. The middle section in major contrasts with flowing sonorous song. The coda leads the movement into E flat minor at the end. In measures 136 to 143 there is a certain resemblance to Gustav Mahler’s mortal-fear-filled Wunderhorn Lied, Das irdische Leben, likewise in E flat minor. Again, Raff executed the B major Larghetto of the late version considerably more expansively than the A-flat major Romanza of the early version. Whereas there, he had furnished the song with operatic pathos, here he combines vocal melody with the meas­ ured and grave movement of a sarabande. An uplifting low-register middle section (mm. 86–142) in b minor – the “black key,” accord­ ing to Beethoven – gradually grows into grandiosity and uses motifs of the framing sections. In the end, the B minor middle sec­ tion also turns to B major, and the light closing sounds open a bright perspective. The finale in E flat major gives broad space to this bright perspective. All themes of the extensive movement are in major. The powerful and energetic main theme (mm. 5ff.) and the carefree singing secondary theme (mm. 33ff.) establish a consistently se­ rene, relaxed conclusion. The fugal middle section (mm. 149–231), in which Raff unfolds his love of contrapuntal style with another highly tempered subject, contributes to the movement’s momen­ tum. An enthusiastic coda bringing up another theme (mm. 376ff.) concludes the work in stark contrast to the tragically gloomy end of the early sonata op. 14. The present edition follows the first editions of the three sonatas. The Editorial Notes give information about the guidelines of the edition and individual editorial decisions. My warm thanks go to Severin Kolb, Director of the Archive of the Joachim-Raff-Gesell­ schaft in Lachen, for invaluable information and for the provision of ma­terials for the sonatas. Furthermore, I thank Dr. Roland SchmidtHensel, Deputy Director of the Mendelssohn-Archiv of the Staats­ bibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, for information on letters by Raff. Berlin, July 2018

Ulrich Mahlert

1 Felix Mendelssohn Bartholdy: Sämtliche Briefe, volume 9: September 1842 to December 1843, ed. and annotated by Stefan Münnich, Lucian Schiwietz and Uta Wald with the collaboration of Ingrid Jach, Kassel etc., 2015, p. 419. 2 Albert Schäfer: Chronologisch-systematisches Verzeichnis der Werke Joachim Raff’s mit Einschluß der verloren gegangenen, unveröffentlichten und nachgelassenen Kompositionen des Meisters. Unter genauer Angabe der Beschaffenheit, der Umarbeitungen und Übertragungen bearbeitet, sowie mit historischen Anmerkungen versehen, Wiesbaden, 1888. 3 Quoted from: Helene Raff: Joachim Raff. Ein Lebensbild, Regensburg, 1925, p. 198. 4 Ibid., pp. 225f. 5 Ibid., p. 255. 6 Ibid., p. 227. 7 Otis B. Boise: An American Composer visits Liszt, in: The Musical Quarterly 43 (1957), no. 3, pp. 324f. 8 Die Wagnerfrage. Kritisch beleuchtet von Joachim Raff, Braunschweig, 1854. 9 Manuscript letter, Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt a. M., Raff Briefe A 013. The quotation can also be found, with a number of tran­ scription errors, in: Markus Römer, loc. cit., p. 59. 10 Franz Liszt und Joachim Raff im Spiegel ihrer Briefe. Mitgeteilt von ­Helene Raff, in: Die Musik, vol. 1 (1901), quarter 1, issue 2, p. 116. Likewise in: Helene Raff: Joachim Raff, loc. cit., p. 51. 11 Helene Raff, loc. cit., p. 206. 12 Letter to Joachim Raff, Vienna, 6 August 1846, in: Franz Liszt und ­Joachim Raff im Spiegel ihrer Briefe, loc. cit., p. 113. 13 Robert Schumann: Neue Sonaten für das Pianoforte (1841), in: id.: Gesam­melte Schriften über Musik und Musiker, reprint, Leipzig, 1854, with an afterword by Gerd Nauhaus and an index by Ingeborg Singer, Wiesbaden, 1985, vol. 4, p. 17. 14 Hermann Kretzschmar: Die Klaviermusik seit R. Schumann (1882), in: id.: Gesammelte Aufsätze über Musik, vol. I, Leipzig, 1910, p. 93. 15 Unprinted manuscript letter, Goethe- und Schiller-Archiv, shelfmark GSA 59/106. 16 Ibid. 17 Unprinted manuscript letter, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv, 55 Nachl. 100, letter no. 49487 (temporary shelfmark). 18 Christian Friedrich Daniel Schubart: Ideen zu einer Ästhetik der Tonkunst, Vienna, 1806, reprint (with preliminary remarks and index by Fritz and Margit Kaiser) Hildesheim, 2013, p. 378. 19 Helene Raff, loc. cit., p. 194. 2 0 Ibid., p. 188. 2 1 Indicated should be the detailed study by Matthias Wiegandt: Mehr Fantasie oder mehr Sonate? Historische und analytische Überlegungen zu Joachim Raffs op. 168, in: Joachim Raff: Fantasie-Sonate für Klavier d-Moll, op. 168, ed. by Volker Tosta, Stuttgart, 1996, pp. III–VI. 2 2 Helene Raff, loc., cit., p. 250. 2 3 Original of the letter in the Bayerische Staatsbibliothek, Raffiana VIII, Mappe “Breitkopf & Härtel.” 24 Ibid. 2 5 Ibid.





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