Im Jahre 2012 konnte der Thomanerchor sein 800-jähriges Bestehen feiern. Das Jubiläum war Anlass für ein Leipziger Symposium zum institutionellen und musikalischen Wandel chorischer Traditionen im 18. und 19. Jahrhundert. Die in diesem Band versammelten Beiträge dieses Symposiums stellen aus unterschiedlichen Perspektiven aufführungspraktische Aspekte wie das verfügbare Instrumentarium oder das Mutationsalter der Sänger vor und behandeln institutionelle Fragen wie das Präfektendirigat, die autonome Selbsterziehung und die Repertoirewahl der ThomasAlumnen.
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Geistliche Musik und Chortradition im 18. und 19. Jahrhundert Institutionen, Klangideale und Repertoires im Umbruch
N
eben der Orgelmusik galt im 18. und 19. Jahrhundert der Chorgesang als die wichtigste kirchenmusikalische Ausdrucksform. Dass für die Neuaneignung Bachs gerade Chorgesang und Chormusik eine bedeutende Rolle spielten, scheint konsequent. Die Napoleonische Ära veränderte jedoch mit ihren politischen und gesellschaftlichen Umbrüchen die Musikpflege und bedeutete nicht zuletzt durch das postaufklärerische Neuverständnis von Gottesdienst, Kirchenmusik und schulischer Bildung für manche altehrwürdige Musikeinrichtung das Ende. Die Leipziger Thomasschule mit ihrem musikalischen Alumnat widerstand jedoch diesen unruhigen Zeitläuften. In einem langwierigen Umgestaltungsprozess verzahnte sie sich mit dem Gewandhaus, das Mitte des 18. Jahrhunderts aus einer bürgerlichen Sozietät hervorgegangenen war.
Geistliche Musik und Chortradition im 18. und 19. Jahrhundert Institutionen, Klangideale und Repertoires im Umbruch
Breitkopf & Härtel