BV 337 – Sommerfeld, Instrumentalunterricht in der Grundschule

Page 1

Breitkopf
Jörg Sommerfeld Erfolgreich lehren und gestalten
& Härtel Instrumentalunterricht in der Grundschule

Sommerfeld • Instrumentalunterricht in der Grundschule

BV 377

Jörg Sommerfeld

Wieland Ziegenrücker

Instrumentalunterricht in der Grundschule

Erfolgreich lehren und gestalten

ABC Musik · Allgemeine Musiklehre 446 Lehr- und Lernsätze

neufassung 2009

Breitkopf & Härte L

BREITKOPF & HÄRTEL

Wiesbaden · Leipzig · Paris

Wies BA den · Leip Z ig · pA ris

Alle Abbildungen und Notenbeispiele stammen, wenn nicht anders angegeben, vom Autor.

Der Abdruck folgender Abbildungen und Notenbeispiele erfolgt mit freundlicher Genehmigung der angegebenen Rechteinhaber:

Seite 40: Beate Ganter (Foto: JS) Seite 79: Achim Nöhles (Foto: JS) Abb. 9–11, Seiten 92, 101, 102: Armin-Maiwald-Schule, Monheim am Rhein, Rafaela Langnickel (Fotos: JS) Abb. 18, Seite 196: © VG Bild-Kunst, Bonn 2013 © bpk | CNAC-MNAM | Bertrand Prévost Seiten 205–208: © Sibelius-Software Abb. 19, Seite 236: © Verband deutscher Musikschulen, Bonn NB 7 und 9, Seiten 215, 220: Musikschule der Stadt Monheim am Rhein

BV 337 ISBN 978-3-7651-0337-7 © 2014 by Breitkopf & Härtel, Wiesbaden Alle Rechte vorbehalten

Umschlag und Layout: Marion Schröder, Wiesbaden Umschlagfoto: Jörg Sommerfeld Satz und Druck: Hubert & Co, Göttingen Printed in Germany www.breitkopf.de

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Die Parabel vom Wurfzitherlehrer: Systemkenntnis erwerben . . . . . . . . . . . . . 8

Das Buch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

Perspektive des Praktikers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

1 Ausgangspunkte

1.1 JeKi(s), MoMo und Co. 16 Start mit einer Musikalischen Grundausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Instrumentalunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Weitere Schuljahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Drei Programme im Vergleich 22 Klare Zieldefinitionen für das neue System fehlen noch 25

1.2 Klassenmusizieren: Eine Alternative zu JeKi? 27

1.3 Die Diskussion über den Gruppenunterricht mit neuen Vorzeichen 32 Gruppenprozesse in Gang setzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

2 Eine veränderte Schülerwelt

2.1 Grundschüler als Instrumentalschüler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

Exkurs: Interview mit der Instrumentalschülerin Charlotte . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Der Begriff der Begabung 42 Begegnung mit Armut 44 Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

2.2 Üben und Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

Exkurs: Impulse und Vorbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

3 Didaktischer Rahmen

3.1 Schulsystem und Musikschulsystem 55 3.2 Begriffsbestimmungen: Die Instrumentalpädagogik im Bildungssystem 58 3.3 Beschreibung von Unterricht 70 3.4 Instrumentalunterricht und Elementare Musikpraxis 73 3.5 Das System Grundschule 76

Exkurs: Interview mit dem Grundschulleiter Achim Nöhles 79

4 Lehrerrolle und Methodik

4.1 Auftritt in der Grundschule: Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

Exkurs: Tabus in der Grundschule 88

4.2 Ritualisierung, Rhythmisierung und Timing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

4.3 Inszenierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

4.4 Raumwirkung und Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

4.5 Wer hat hier Disziplinprobleme? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

Rückmeldungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

Prinzip Vollbeschäftigung 110 Regeln und Sanktionen 111

Exkurs: Die Aufsichtspflicht 113

4.6 Ein verändertes Berufsbild für Instrumentallehrkräfte 115 Arbeitsplätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 Kritik an den Grundschulprojekten aus Lehrersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Gute Rahmenbedingungen gestalten und Unterstützung einfordern . . . . 125

4.7 Die eigene Motivation erhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

4.8 Spezielle Musikinstrumente 130

Exkurs: Was kostet eigentlich ein Grundschulprogramm? 134

5 Unterrichtsinhalte und Konzepte

5.1 Gibt es in der Grundschule veränderte Unterrichtshalte für Instrumentalunterricht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

5.2 Besondere Anforderungen an die Instrumentalpädagogik in der Grundschule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 Binnendifferenzierung 146 Handlungsorientierter Unterricht 149 Reale Musik ins Zentrum des Unterrichts rücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152

Exkurs: Montessoripädagogik und Instrumentalunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

5.3 Instrumentaldidaktik für die Grundschule konkretisieren . . . . . . . . . . . . . . 155 Schwerpunktverschiebung innerhalb der Lernfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 Wege zur Erweiterung eigener didaktischer Kompetenzen 161

5.4 Ästhetische Positionsbestimmung: Kriterien für die Auswahl von Spielstücken 165 Repertoire und Liederkanon: Lernziele der Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169

Exkurs: Einige Stichpunkte zum Urheberrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Konzept der Musizierweisen: Lehrziele der Lehrkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . 172

5.5 Noten lesen lernen: Rhythmus zuerst! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175

5.6 Leitbild und Konzeption: Grundlagen für Instrumentalunterricht und Unterrichtsmaterialien in der Grundschule 178

Zur Binnendifferenzierung 178

Zur Handlungsorientierung 180

Unterrichtskonzeption „Die Gruppe ist ein Ensemble“ 182 Unterrichtskonzeption „Elementare Musikpraxis“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194

Unterrichtskonzeption „Individuelle Förderung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197

Unterrichtskonzeption „Klassenunterricht“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199

Fazit 200

5.7 Noten selbst herstellen 200 Notensatz am Computer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203

5.8 Ensembles in der Grundschule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 Konzeptionen für Ensembles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212

Gleicher Tonraum für alle: Gummibärchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218

Jahrgangs- und instrumentengenaue Tonräume: Soul City Blues 219 Schlussfolgerungen 221

5.9 Umfassende Kenntnis der geeigneten Literatur: Musikschulbibliothek 222 Angemessenes Unterrichtsmaterial ist Mangelware . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 Übersicht über gängige Unterrichtsmaterialien, die in der Grundschule verwendet werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226

6 Fazit und Ausblick

6.1 Was ist guter Instrumentalunterricht in der Grundschule? 234

6.2 Ein Blick in die Zukunft 237 Spin-Offs für die Instrumentalausbildung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 Instrumentalpädagogik und Schulmusik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 Musikschuldidaktik neu denken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242

Danksagung 244

Anhang

Spezielle Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Literatur und Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245

Verwendete und empfehlenswerte Webadressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256

Zur männlichen und weiblichen Berufsbezeichnung: In diesem Buch wird überwiegend die geschlechtsneutrale Bezeichnung Lehrkraft verwendet. Dieses etwas bürokratisch klingende Wort wird an manchen Stellen durch Lehrer oder Lehrerin ersetzt. Die männliche Bezeichnung wird vermutlich überwiegen, ich habe das nicht gezählt. In jedem Fall ist dies keine Wertung, sondern soll vor allem ein flüssiges Lesen ermöglichen.

Einleitung

Die Parabel vom Wurfzitherlehrer: Systemkenntnis erwerben!

Frank Pfeiffer ist ein „Durchschnittsmusikerzieher“ mit dem Fach „Wurfzither“1, der in den 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts seine Berufstätigkeit aufnahm. Er hat als Schüler einen Einzelunterricht genossen, hat dort positive Erfahrungen gemacht und einen hohen Leistungsstand auf seinem Instrument erreicht. Dieser Tradition entsprechend, begegnet er dem Einzelunterricht als Unterrichtsform auch als Berufsanfänger. Beteiligt sind zwei Personen (Schüler und Lehrer), ab und zu kommt auch noch die Mutter des Schülers hinzu. Zwischen diesen Personen gibt es nun drei Wege der direkten Interaktion (Schüler – Lehrer, Lehrer – Mutter, Mutter – Schüler). Das ist für Pfeiffer übersichtlich und gut zu steuern.

Im Zuge der Diskussionen über das Unterrichten in Gruppen zu Beginn der 1990er-Jahre bittet der Musikschulleiter nun auch unsere Lehrkraft, zwei oder drei Kinder gleichzeitig zu unterrichten. Nun muss er schon mit sieben Personen im Unterrichtsprozess umgehen: drei Schülern, drei Müttern (oder Vätern, natürlich) und sich selbst. Das ergibt 21 Wege, auf denen im Zusammenhang mit dem Unter richt kommuniziert werden kann. Pfeiffer kniet sich in seine neue Aufgabe hinein und erwirbt mit der Zeit entsprechende Kompetenzen. Insbesondere nutzt er die Möglichkeit, über Elterngespräche kurz vor oder nach dem Unterricht auf das Üben der Kinder zuhause Einfluss zu nehmen. Auch bei auftretenden Disziplinproblemen spricht er mit dem jeweils Betroffenen direkt.

Nun geschieht es, dass der inzwischen sehr erfahrene und motivierte Pfeiffer zu Beginn des neuen Jahrtausends in einem Projekt der Musikschule eingesetzt wird, in dem das Fach Wurfzither in einer Grundschule unterrichtet werden soll. Die Klassenlehrerin, die Musiklehrerin und die Schulleitung der Grundschule sind sehr an dem Projekt interessiert und wollen es unterstützen, ebenso die Leitung der Musikschule.

Durch Pfeiffers Ausstrahlung und die Anziehungskraft echter Wurfzithern auf die Kinder (in der Grundschule kannte man bisher nur die Arbeit mit den Sopranblockzithern) melden sich sechs Kinder für den Unterricht an. Dieser findet direkt im Anschluss an den normalen Schulunterricht statt. Weil der Durchschnittsmusikerzieher Pfeiffer keines der Kinder ablehnen möchte, versucht er, seine Gewohnheiten an die neue Situation anzupassen und alle gleichzeitig zu unterrichten. Keine leichte Aufgabe: Immerhin sind jetzt insgesamt sieben Personen direkt am Unterrichts1 Unser imaginärer Lehrer spielt ein imaginäres Instrument.

8 Einleitung

geschehen beteiligt. Außerdem betreten neben der schon erwähnten Klassenlehrerin, dem Grundschul- und dem Musikschulleiter sowie den Eltern, die zuhause auf ihre Kinder einwirken, noch andere Protagonisten die Szene: Der Vorsitzende des Fördervereins, der sich für die Anschaffungskosten geeigneter Schülerinstrumente interessiert, und der Hausmeister samt Reinigungskraft, die sich darüber ärgern, dass sie den Reinigungsplan umstellen müssen. Pfeiffer schwirrt der Kopf: Wie soll er den Kontakt zu den nun zwanzig am Unterrichtsgeschehen beteiligten Personen managen?2 Flink ermittelt er mit einer kleinen Zeichnung3, dass es 190 Möglichkeiten gibt, in denen an irgendeiner Stelle zwei Personen im Zusammenhang mit dem Instrumentalunterricht auch ohne ihn ein Gespräch führen, eine Bemerkung machen, eine hilfreiche Handlung unterlassen können (Raumreservierung), wenn etwa die Kinder sich Rat bei ihrer Klassenlehrerin holen, der Hausmeister mit der Grundschulleitung redet und diese wiederum mit dem Leiter der Musikschule.

Abbildung 1: Die Entwicklung des Unterrichts unseres Wurfzitherlehrers bringt immer mehr Kommunikationsmöglichkeiten mit sich. S = Schüler, L = Lehrer, E = Elternteil, KL = Klassenlehrerin, MSL = Musikschulleitung, FöV = Fördervereinsvorsitzender, RK = Reinigungskraft, HM = Hausmeister, GSL = Grundschulleitung, EZ = Erzieherin der Ganztagsschule.

Pfeiffer möchte sich dieser Situation nicht einfach so ausliefern. Ihm wird klar, dass der Wurfzitherunterricht in einer gewissen Öffentlichkeit stattfindet und er sich anpassen muss. Also nimmt er ein Blatt Papier und schreibt auf, was ihm dafür sinnvoll erscheint, und versucht diese Dinge umzusetzen: Er nimmt regelmäßig mit der Klassenleitung und der Schulleitung Kontakt auf, grüßt den Hausmeister mit

2 Lehrkraft, sechs Kinder, sechs Eltern, sechs Personen in der Grundschule und der Musikschulleiter Einige Personen, wie der Hausmeister, haben seltener mit dem Wurfzitherunterricht zu tun, in unserem Modell ist es aber auch nur ein Elternteil, das sich um den Wurfzitherunter richt des Kindes kümmert.

3 Siehe Abbildung 1.

Die Parabel vom Wurfzitherlehrer: Systemkenntnis erwerben! 9

Namen4 und nutzt Schülervorspiele zum Austausch mit den Eltern der Kinder Bei aufkommenden Schwierigkeiten und nach Hinweisen der Klassenlehrerin, dass sich etwa ein Kind im Wurfzitherunterricht nicht wohlfühlt, ist Pfeiffer nicht eingeschnappt, sondern sucht im hektischen Grundschulalltag eine Möglichkeit, ein gemeinsames Gespräch mit Kind und Klassenleitung zu führen, über dessen Ergebnisse und Verlauf er dann auch die Eltern in einem Telefonat in Kenntnis setzt.

Ach ja: Wegen der hohen Nachfrage und des großen Erfolgs des Projekts soll es zu einem Standard in den Grundschulen werden, sodass nun jeweils drei Kollegen aus der Musikschule dort in einem Team arbeiten sollen, die sich regelmäßig fortbilden lassen, an Supervisionen teilnehmen und sich mit Teams der Nachbargrundschulen austauschen. Spätestens jetzt muss Pfeiffer nach eigenem Ermessen ent scheiden, wann er sinnvollerweise Kontakt mit Eltern, Klassenleitung, Hausmeister usw. aufnimmt. Vor einer Kontaktaufnahme reflektiert er kurz den Kenntnisstand des Gesprächspartners, seine Aufgaben und Interessen sowie seine Sicht auf das Wurfzitherprojekt, um Missverständnisse zu vermeiden. Aus dieser Parabel können nun zwei gegensätzliche Schlüsse gezogen werden:

1. Die Steuerung des Unterrichts Wurfzither in der Grundschule ist so komplex, dass sie von einer einzelnen Lehrkraft nicht zu leisten ist. Weder ihre Ausbildung noch ihre Bezahlung entsprechen den gestellten Anforderungen.

2. Der Umgang mit komplexen Systemen wie dem beschriebenen ist für die meisten Berufsgruppen normal. Auch der Hausmeister unseres Modells kommt gut im Alltag damit zurecht, denn er kennt das System im Detail. Für die jetzt entstehenden neuen Unterrichtsformen innerhalb des Doppelsystems Grundschule/ Musikschule müssen jedoch eigene Vorgehensweisen entwickelt werden. Die Verantwortlichen5 müssen auf allen Ebenen den Rahmen für eine Professionalisierung des Instrumentalunterrichts in Grundschulen schaffen. Dazu gehört auch eine Angleichung der Bezahlung und des Status (Festanstellungen!).

Die zweite Schlussfolgerung war der Anstoß dafür, dieses Buch zu schreiben. Jeder, der ein solches Programm beginnt, erkennt schnell, dass für den Unterricht Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen, die über die Unterrichtssituation vor Ort hinausgehen. Aus Sicht der Lehrkräfte ist dabei zweierlei wichtig: Sie müssen erkannte Notwendigkeiten bei den Organisatoren anmelden und deren Umsetzung einfordern und sie müssen sich selbst professionalisieren, also ihr eigenes Berufsbild erweitern und sich Fähigkeiten durch Fortbildung, mit sich selbst und mit Kollegen reflektierte Erfahrungen und ein Literaturstudium aneignen. Das alles ist in den meisten Berufen absolut üblich, bei Musikschullehrkräften ist allerdings eine gewisse Einseitigkeit der Entwicklungsinteressen bemerkbar: Den eigenen Unter

4 Diese Gewohnheit kann bei Problemen sehr hilfreich sein!

5 Ministerien, Hochschulen, Musikschulverband, Akademien, Musikschulleitungen, Lehrkräfte, …

Einleitung

10

richt direkt betreffende methodische Fortbildungen werden gerne belegt, die für die Grundschularbeit erforderliche Systemkompetenz schiebt man jedoch auf andere Personengruppen (Musikschulleitung, Grundschulleitung usw.).6

These7: Ohne eine Basiskompetenz der Instrumentallehrkräfte im System Grundschule sind Probleme im dortigen Instrumentalunterricht vorprogrammiert.

Das Aneignen der nötigen Fähigkeiten und theoretischen Grundlagen ist dabei gar nicht so schwierig. Es gibt eine große Anzahl von Büchern über die Grundschular beit.8 Gesprächsführung und Kommunikation kann man z. B. in Supervisionen professionalisieren. Die erhellendsten Einblicke gibt jedoch immer noch eine Hospitation: In den Klassen der Grundschule, bei erfahrenen Instrumentalkollegen in der Grundschule und in Gruppen für Musikalische Früherziehung (MFE) und für die Musikalische Grundausbildung (MGA) sind viele Zusammenhänge leicht erkennbar, die auch im Instrumentalunterricht an der Grundschule eine Rolle spielen. Eine motivierte Lehrkraft, die sich im Prozess der Einarbeitung in das neue Aufgabengebiet neben einem guten Grundlagenwissen durch solche Maßnahmen auch ein Gefühl für die Grundschularbeit verschafft, hat es aus meiner Erfahrung im Alltag wesentlich leichter Am Ende der Einführung von strukturierten und flächendeckenden Kooperationen zwischen Musikschulen und Grundschulen könnte ein verändertes, facettenreicheres Berufsbild entstehen, das dann allerdings auch zu einer besseren Bezahlung und vor allem zu mehr festangestellten Lehrkräften führt. Wenn sich solche Modelle als Standard durchsetzen, ist aber auch klar: Der Orchestermusiker, der in der Grundschule ein bisschen nebenbei unterrichten will, wird hier ziemlich sicher scheitern.

6 Als Beleg für diese Annahme reicht ein Blick in die Angebote der verschiedenen Fortbildungsakademien, die zum ganz überwiegenden Teil methodische Fortbildungen anbieten. Übergreifende Themen wie Didaktik, Entwicklungspsychologie, Gruppendynamik und Management sind deutlich weniger repräsentiert.

7 Kernaussagen dieses Buches werden immer wieder als Thesen herausgestellt. Die Begründung für die Thesen ist jeweils im Text davor oder danach zu finden. Obwohl dies hier keine wissenschaftliche Arbeit ist, wird damit in einem kleinen Rahmen der wissenschaftliche Grundsatz der Verifizier- bzw Falsifizierbarkeit erfüllt, indem eindeutig belegbare oder widerlegbare Aussagen formuliert werden.

8 Im Literaturverzeichnis auf S. 246ff. sind dazu einige Beispiele, jeweils mit einem kurzen Kommentar, aufgeführt.

Die Parabel vom Wurfzitherlehrer: Systemkenntnis erwerben!

11

Das Buch

Der Schwerpunkt dieses Buches liegt auf den in Grundschulen am meisten verbreiteten Gruppenunterrichtskonzeptionen ähnlich „Jedem Kind ein Instrument“ (JeKi)9 und dem „Monheimer Modell – Musikschule für alle!“ (MoMo), denn gerade durch den flächendeckenden Ansatz, eine Instrumentalausbildung eben für alle Kinder erreichbar zu machen, entstehen neuartige Rahmenbedingungen. Daneben beschäftigen sich einzelne Kapitel auch mit den sich entwickelnden Ansätzen zum Klassenmusizieren10 in Grundschulen, für die viele der Überlegungen ebenfalls Gültigkeit haben. Der Ansatz einer Instrumentalausbildung in der Grundschule ist dabei noch immer in der Anfangsphase. Auf allen Ebenen werden immer wieder neue Strukturen geschaffen, Akzente gesetzt, Ziele formuliert und wieder verworfen, und es wird Lobbyarbeit betrieben. An vielen Stellen beschleicht den Beobachter das Gefühl, dass Aussagen über Chancen, Risiken, Potentiale und Probleme in diesem Bereich von Menschen getroffen werden, die selbst allenfalls einen kleinen Einblick in die Materie haben. Das betrifft Musikschulleiter, die selbst nicht JeKi unterrichten und die Probleme kleinreden, genauso wie Lehrkräfte, die eine einzelne Gruppe in der Grundschule unterrichtet haben und von dieser Erfahrung auf das Ganze schließen. Wobei zu bedenken ist: Den einen Ansatz, das eine System gibt es nicht. JeKi im Ruhrgebiet ist deutlich anders als JeKi in Hamburg11, das Monheimer Modell setzt wieder andere Akzente Die kommunale Struktur der Mitgliedsschulen im Ver band deutscher Musikschulen (VdM) in Verbindung mit der Schulpolitik der Bundesländer lässt beliebig viele Kombinationen von Rahmenbedingungen zu. 12 Jede Grundschule wiederum hat eine eigene Betriebskultur und ein eigenes Einzugsgebiet. Selbst zwischen Schulklassen des gleichen Jahrgangs lassen sich signifikante Unterschiede in der Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit der Kinder und in der Zusammensetzung der Klasse mit unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen und sozialen Schichten beobachten. Eine Aussage darüber zu treffen, was ein Modell wie JeKi wirklich bedeutet, erfordert einen Überblick über das gesamte Geschehen und die vielfältigen Rahmenbedingungen.

Im Zusammenhang mit der Einführung dieser Programme kommen manche Instrumentallehrkräfte nun in den Grundschulen erstmals mit einem Unterricht in

9 JeKi steht hier nicht nur für das Programm im Ruhrgebiet, s. Arbeitsdefinition, S. 17.

10 Siehe S. 27.

11 Zur Abgrenzung der einzelnen Ansätze wird im Folgenden der Abkürzung jeweils der Ort angehängt, wenn genau dieses gemeint ist. Beispiele: Jeki-Ruhr, JeKi-Hamburg (Schulbehörde).

12 Noch komplizierter wird es, wenn man bedenkt, dass auch private Musikschulen teilweise in den Programmen mitwirken.

Einleitung

12

größeren Instrumentalgruppen in nennenswertem Umfang in Kontakt, ihre bisherige Berufspraxis hingegen hatte oft deutlich andere Schwerpunkte. Der Ruf nach zielgerichteter Fortbildung ist daher laut, genauso wie der Leidensdruck unvorbereiteter Instrumentallehrkräfte groß sein kann. Dabei leuchtet vielen der Sinn des neuen Ansatzes unmittelbar ein, sie halten sich aber selbst nicht für die geeignete Person, diesen umzusetzen. Die Arbeit in Grundschulen erfordert von Instrumentallehrkräften eine hohe positive Motivation und aktive Mitarbeit, ohne die alle Modelle zum Scheitern verurteilt sind.

Perspektive des Praktikers

Das Wissen über die Zusammenhänge der Instrumentalpädagogik in der Grundschule ist derzeit lediglich lückenhaft dokumentiert. Es formt sich zwar langsam ein Bild, aber an vielen Stellen fehlen noch verbindende Elemente. Mit den Programmen der verschiedenen Bundesländer werden immer wieder erstaunliche Unter richtsergebnisse erzielt, wie ich selbst in Konzerten beobachten konnte. Wie sich diese im Unterricht erreichen lassen, welche Rahmenbedingungen zu guten Ergebnissen führen und wie überhaupt ein guter Unterricht in der Grundschule aussehen kann, ist der Gegenstand dieses Buches. Der Text ist aus der Praxis entstanden, ihm liegen Erfahrungen aus meiner Arbeit als Instrumentallehrer und Ensembleleiter in Grundschule und Musikschule, Erfahrungen mit dem Kooperationsmanagement mit Grundschulen, dem Management einer Musikschule und der Arbeit in übergeordneten Gremien zugrunde, außerdem meine Eindrücke als Vater und langjähriger Elternvertreter in einer Grundschule. Aufgrund solch unterschiedlicher Perspektiven glaube ich inzwischen einen Eindruck davon gewonnen zu haben, was ein instrumentales Grundschulprogramm sein kann und was dieses etwa für die beteiligten Kinder, Lehrkräfte, Eltern, Schulleitungen, Musikschulleitungen und Hochschulen bedeutet. Ich versuche, diesen derzeit noch etwas mosaikhaften Überblick an die Leser weiterzugeben.

Dass Musik, das Begreifen ihrer Strukturen und Dimensionen und das Musizieren selbst einen Wert an sich darstellen, braucht dabei in einem Buch für Musikerzieher nicht betont zu werden. Insgesamt gesehen, kommt dem Aspekt der Medienerziehung in einer Informationsgesellschaft eine zentrale Rolle zu. Die mediale Omnipräsenz von Musik im Alltag aller Menschen muss zu einer fundierten Musikausbildung führen, damit die Menschen mit Musik kompetent umgehen lernen und sie nicht nur zur Beeinflussung des Befindens benutzen oder als Emotionsträger in Filmen wahrnehmen. Wer außer uns Musikern selbst wäre dafür besser geeignet, den Kindern das zu vermitteln? Dieses Buch will die entsprechende Motivation för dern und helfen, Problemfelder bewusst zu machen, für die noch Lösungen zu ent wickeln sind. Es will aber auch bereits vorhandene Lösungsstrategien aufzeigen, für den Unterricht praktikable Tipps und Kniffe vermitteln und einen Überblick über

Das Buch 13

das große Thema der Instrumentalausbildung an Grundschulen geben. Dabei strebt es einen Perspektivwechsel an: Eine Unterrichtsplanung vor Ort kann aus den ver schiedensten Gründen misslingen, denn wir alle erschließen uns Neuland. Allerdings sollte sich dann eine professionelle Reflektion anschließen, sodass der Musikpädagoge beim nächsten Mal souveräner sein kann.

Aufbau

Das Buch beginnt mit einem Abschnitt, der den neuen Rahmen für eine Instrumentalpädagogik beschreibt („Ausgangspunkte“, S. 16). Bereits hier werden nicht nur übergeordnete Aspekte wie ein Vergleich bekannter Programme aufgegriffen, sondern wo immer möglich wurden Hinweise und Erfahrungen eingearbeitet, die sich im Unterricht anwenden lassen. Die weiteren Themen sind entsprechend dem didaktischen Dreieck13 angeordnet. Ein erster Abschnitt widmet sich der Schülerper Abbildung 2: Aufbau des vorliegenden Buches; einige Exkurse kommen ergänzend hinzu. 13 Genaueres zum didaktischen Dreieck s. S. 70ff.

Einleitung

14

spektive („Eine veränderte Schülerwelt“, S. 38). Diese unterscheidet sich trotz einiger Überschneidungen grundsätzlich von der in einer traditionellen Musikschule. Danach beleuchte ich die mit der Instrumentalpädagogik in den Grundschulen zusammenhängenden didaktischen Themen, denn auch hier gibt es neben vielen Ähnlichkeiten zu der bisherigen Arbeit einiges an Neuem zu bedenken, wenn man sich als Instrumentalpädagoge in der Grundschule bewegt („Didaktischer Rahmen“, S. 55). Das betrifft vor allen Dingen einen Vergleich mit den Grundlagen der allgemeinen Schulpädagogik. Nachdem diese Aspekte geklärt wurden, fasst ein weiterer Abschnitt die für die Arbeit in der Grundschule notwendigen neuen Lehrerperspektiven (einschließlich methodischer Aspekte) zusammen („Lehrerrolle und Methodik“, S. 83). Der letzte große Abschnitt befasst sich mit den Unterrichtsinhalten einer Instrumentalpädagogik in der Grundschule, bietet Gliederungen dafür an, skizziert didaktische Konzepte und beschreibt Unterrichtsmaterialien („Unterrichtsinhalte und Konzepte“, S. 142). Ein Fazit und ein Ausblick schließen das Buch ab (S. 234). An verschiedenen Stellen ermöglichen kleine Exkurse einen Blick auf spezielle Themen.

Wichtiger Hinweis:

Um auch Querlesern den Einstieg zu ermöglichen, werden manche Aspekte mehr fach erwähnt. Auf diese Weise sind die Kapitel und Abschnitte in der Regel auch ohne das Lesen des ganzen Buches verständlich.

Das Buch 15

Ausgangspunkte

1.1 JeKi(s), MoMo und Co.

Spätestens mit der Übertragung des Bochumer Programms „Jedem Kind ein Instrument“ (JeKi) auf das ganze Ruhrgebiet im Jahr 200714 rückte die Musikschularbeit in der Grundschule mit einem Paukenschlag in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit. Lange Jahre waren viele Modelle in den verschiedensten Schulen in ganz Deutschland – sozusagen im Stillen – erprobt worden, wurden Kooperationen im Rahmen der aufkommenden Ganztagsschulen, im Vormittagsbereich, verpflichtende und freiwillige Angebote, mit Kosten für die Eltern und/oder durch Fremdmit tel gefördert. Und auf einmal stieß man auf ganzseitige Artikel über die Instrumentalausbildung in den Wochenzeitschriften „Die Zeit“ und „Der Spiegel“ sowie auf entsprechende Beiträge in vielen anderen Medien.

Diese Berichte waren jedoch von verhältnismäßig naiven Vorstellungen über die Realität des Unterrichts, dessen Ziele und dessen Wirkungen geprägt. Die verkürzte Darstellung der Ergebnisse einer Studie von Hans Günther Bastian im Jahr 2000 führte zu Sätzen wie „Musik macht intelligent“ und „Musik macht sozial kompetent“, die bis heute durch die Medien geistern.15 So erfreulich das für die öffentliche Wahrnehmung von Musikerziehung auch ist, hat es doch mit den Zielen der beteiligten Pädagogen wenig zu tun. Sie möchten die Kinder zum Musizieren bewegen, und zwar auf einem Niveau, das die bisher in der traditionellen Musikschularbeit und im Privatunterricht erreichten Ziele auf die Grundschule überträgt. Unabhängig von JeKi entstand zeitgleich in der Kleinstadt Monheim am Rhein das Modell MoMo, das ähnliche Ziele verfolgt, jedoch andere Lösungswege geht. Das Modell, an dessen Entwicklung ich selbst beteiligt war, ging von Beginn an von der Prämisse aus, allen Kindern der Stadt die kostenlose Teilnahme an einem Musikschulangebot mindestens für das 1. Schuljahr zu ermöglichen.16 Der weitere Unterricht sollte zumindest kostengünstig sein, weswegen z. B die nötigen Leihinstrumente den Familien kostenlos zur Verfügung gestellt wurden.

Neben MoMo und JeKi gibt es noch weitere „Musikalisierungsprogramme“17, beispielsweise ein Klassenmusizieren in der Grundschule und Programme zur Förde-

14 Im Rahmen der Aktivitäten zur Kulturhauptstadt 2010.

15 Eine allgemeinverständliche Zusammenfassung der Ergebnisse findet sich in Bastian 2001.

16 In JeKi-Bochum und im ersten Jahr von JeKi-Ruhr war das 1. Schuljahr noch kostenpflichtig, was automatisch dazu führte, dass nicht 100% eines Schülerjahrgangs erreicht wurden.

17 Der Begriff Musikalisierung ist unscharf und auch umstritten, daher die Anführungszeichen.

1
16 1 Ausgangspunkte

rung des Singens.18 Den größten Anteil an der Entwicklung stellen allerdings die Konzepte, die von einer Kombination aus Musikalischer Grundausbildung und Instrumentalpädagogik ausgehen. Das sind neben dem großen JeKi im Ruhrgebiet inzwischen noch weitere JeKis in Hessen, Hamburg, Sachsen und anderen Teilen der Republik. Dabei muss man jedoch beachten, dass der Begriff JeKi von den Gestaltern der einzelnen Spielarten im Detail oder auch in grundlegenden Teilen jeweils anders verstanden wird.19 JeKi ist aufgrund der Entwicklung im Ruhrgebiet ganz allgemein ein Synonym für eine flächendeckende, also alle Kinder erreichende Instrumentalausbildung in der Grundschule geworden.

Arbeitsdefinition: Mit der Abkürzung JeKi sind im weiteren Sinne alle Pro gramme für eine Instrumentalausbildung von Kindern in Grundschulen gemeint, die • flächendeckend gedacht sind, sich daher an alle Kinder einer Kommune oder zumindest alle Kinder einer Schule richten,

• eine langfristige, auf mehrere Jahre angelegte Instrumentalausbildung beinhalten mit der Möglichkeit, aus vielen verschiedenen Instrumenten auszuwählen, • den Instrumentalunterricht von dafür qualifiziertem Personal erteilen lassen, • den Schwerpunkt auf einem instrumentalen Gruppenunterricht haben,

• kostenlosen Unterricht zumindest für den Einstieg anbieten.

Alle diese Programme brauchen ein professionelles Kooperationsmanagement, denn viel mehr als im traditionellen Musikschulbetrieb kommt es bei ihnen zu Wechselwirkungen zwischen pädagogischen und organisatorischen Aspekten. Bei so vielen am Unterrichtsprozess beteiligten Personen20 sind Konflikte und Missver ständnisse zu erwarten, die es durch geschicktes Management zu bewältigen gilt. Daneben braucht es für das Gelingen eine positive Identifikation der Lehrkräfte, zumindest mit den grundsätzlichen Zielen. Erforderlich ist auch die Weiterentwicklung und Professionalisierung einer von den pädagogischen Wissenschaften begleiteten Instrumentaldidaktik. Diese laufen dem rasanten Entwicklungstempo der Programme aber notwendigerweise hinterher.

Ein wesentliches Merkmal aller Programme ist der Ortsbezug: Die Kinder kommen nicht mehr in die Musikschule, sondern die Instrumentalpädagogik kommt in die Grundschule. Alle Kinder werden in jahrgangsgleiche Gruppen eingeteilt, denn

18 Etwa das Konzept „JEKISS“ aus Münster, s. www.muenster.de/stadt/musikschule/jekiss.html

19 Dies mag auch daran liegen, dass bereits bestehende Kooperationsmodelle im Nachhinein mit dem Etikett „JeKi“ versehen wurden, um sie politisch verhandelbar zu machen.

20 Beschrieben in der Parabel vom Wurfzitherlehrer auf S. 8.

1.1 JeKi(s), MoMo und Co. 17

die Programme beginnen alle im gleichen Schuljahr (mit dem Instrumentalunter richt häufig im 2.). Es entstehen bestimmte Rahmenbedingungen für den Unter richt, die in der Musikschule von der Lehrkraft weitgehend beeinflussbar waren, nun aber vom neuen Umfeld gesetzt werden.

Ein Ziel von Organisatoren und Pädagogen sollte bei den Planungen immer sein, so viel Bewährtes aus der Musikschularbeit wie möglich in das jeweilige Programm mit aufzunehmen, denn schließlich gibt es schon genug Problemfelder, zu deren Bewältigung neue Strukturen entwickelt werden müssen. Außerdem kommen nicht nur Kinder in sozialen Brennpunkten in den Genuss dieser neuen Musikschularbeit, sondern auch die aus bürgerlich geprägten Stadtvierteln. Kinder, die ohne JeKi nie zu einem Instrument gekommen wären, werden gemeinsam mit Kindern unterrichtet, die sowieso in der Musikschule angemeldet worden wären. JeKi und MoMo etwa kommen vielen Familien entgegen, die den Instrumentalunterricht in der Grundschule auch aus organisatorischen Gründen sehr schätzen, denn es entfällt zum Beispiel die Koordination eines weiteren Kindertermins für die Familie.

Leseprobe

Start mit einer Musikalischen Grundausbildung

Die meisten Programme starten nicht direkt mit einem Instrumentalunterricht, sondern schalten ihm eine Phase der allgemeinen Musikerziehung und eine Instrumenteninformation vor. Diese Phase mit einer Einführung in musikalische Parameter, Hörerziehung, Notenschrift und einer Instrumentenkunde orientiert sich in der Regel an Konzepten der Musikalischen Grundausbildung (MGA). Wesentliche Unter schiede zwischen den Programmen bestehen bei der Sicht auf die Lehrpersonen. Zwei Beispiele: 1. In JeKi-Ruhr unterrichtet im ersten Jahr jeweils eine für die MGA qualifizierte Lehrkraft gemeinsam mit einer Grundschullehrkraft im sogenannten Tandem21 eine ganze Klasse. Der Vorteil: Die Grundschullehrkraft schafft Kontinuität für die Kinder, sie kennt die Abläufe und Gepflogenheiten des Schulalltags. Die Nachteile: Es fehlen entsprechend qualifizierte Musikschullehrkräfte für das Fach Elementare Musikpädagogik/Musikpraxis (EMP) auf dem Arbeitsmarkt.22 Das Teamteaching mit Grundschullehrkräften, die häufig keine Musikqualifikation haben, muss geplant und erlernt werden, damit die Aufgabenverteilung zwischen den Beteiligten durchdacht und ausgewogen ist. Die EMP-Lehrkräfte fühlen sich schnell „verheizt“, denn sie haben nun im Vergleich zu den identisch

21 Der Begriff Tandem wurde in der Grundschulliteratur bisher als die Zusammenarbeit von zwei Schülern verstanden, er wurde durch JeKi für das Teamteaching umgewidmet.

22 Zum Begriff EMP s. S. 73ff.

18 1 Ausgangspunkte
Sample
page

bezahlten Instrumentallehrkräften überproportional viel vorbereitungsintensiven Klassenunterricht zu erteilen.

2. Im Monheimer Modell vermitteln im ersten Jahr alle Lehrkräfte, auch die Instrumentalpädagogen, eine MGA. Um das zu ermöglichen, wurden sie nicht nur fort gebildet, sondern gleichzeitig wurde auch verständliches Unterrichtsmaterial konzipiert und publiziert, das jede einzelne Stunde des 1. Schuljahres detailliert beschreibt.23 Die Klassen werden in zwei Hälften geteilt, die Musikschullehr kräfte unterrichten alleine. Der Schwerpunkt liegt auf einem breit angelegten Instrumentenkarussell, bei dem vor allem die Instrumentalpädagogen ihre Stär ken ausspielen können.24 Der Vorteil liegt in dem großen Motivationseffekt, wenn etwa alle Kinder einer Gruppe gemeinsam ein – wie sie alle ihnen begegnenden Stücke nennen – „Lied“ auf der Geige zu spielen lernen. Ende des Schuljahres gibt es ein Abschlusskonzert für die Eltern, bei dem die Kinder dieses Jahr gangs mit den Instrumenten auftreten. Danach startet das Anmeldeverfahren für den freiwilligen Instrumentalunterricht im 2. Schuljahr, wobei die Kinder in Monheim sich dann für ein Instrument entscheiden und die Musikschule dafür sorgt, dass dieser Unterricht stattfinden kann. Auf ein System mit Mehrfachwünschen der Kinder wird verzichtet. Da die meisten Kollegen den Unterricht auf ihrem Instrument in den Klassen 2–4 am gleichen Ort fortsetzen, können sie an das in der Schnupperphase Erarbeitete anknüpfen und so den seinerzeit erzielten Motivationseffekt nutzen. Durch die Kontinuität wird zudem vermieden, dass eine Lehrkraft von Schule zu Schule wechselt und dann möglicherweise Leerlaufzeiten hat. Wenn alle Kinder einer Schule in allen Jahrgängen an demselben Wochentag von mehr oder weniger demselben Personal unterrichtet werden, ist der Stundenplan jeder Lehrkraft kompakter Der Nachteil dieses Ansatzes ist, dass die Instrumentalpädagogen sich für einen Teilbereich der EMP fortbilden müssen, den sie bisher möglicherweise bewusst gemieden haben. Außerdem ist diese Organisationsform für die Gestalter der lokalen Zusammenarbeit zunächst aufwändiger, denn in jeder Schule muss ein Team von Musikschullehrkräften unterschiedlicher Ausrichtung an einem bestimmten Wochentag vor Ort sein.

Leseprobe

page

23 Vergleiche Zarius, Thomanek, Sommerfeld et al. 2007.

24 In der klassischen MGA dominiert das Orff-Instrumentarium, in Monheim kommen neben einigen Orff-Instrumenten in jeder Grundschule zum Einsatz: 15 Geigen, 1 Cello, 15 Gitarren, Mandolinen, 15 Signalhörner, 15 Schlauchtrompeten mit Mundstück, 1 Klarinette, 1 Querflöte, 15 Blockflöten, 1 Saxophon, 1 Posaune, 15 Trommeln (brasilianische Timbas), 1 Drumset, 15 Melodikas, 1 Keyboard, 1 Klavier (ist in den Grundschulen vorhanden). Anschaffungskosten je Grundschule etwa 6000 €.

1.1 JeKi(s), MoMo und Co. 19

Sample

Instrumentalunterricht

Im 2. oder 3. Schuljahr beginnt in den Programmen in der Regel der Instrumentalunterricht. Nach der durchlaufenen MGA im ersten Jahr sind die Kinder nun auch von ihrer Körpergröße her in der Lage, aus einer großen Anzahl verschiedener Instrumente zu wählen. Unterschiede bei der Konzeption des Instrumentalunterrichts ergeben sich in den folgenden Punkten:

• in der Breite des Angebots an Instrumenten und Unterrichtsformen Welche Instrumente und Unterrichtsformen werden den Kindern angeboten? Eine Auswahl oder eben wirklich alle? Können die Kinder sich in dem Programm zum Beispiel auch für einen Einzelunterricht Klavier anmelden? Wird dieser dann in der Grundschule oder in anderen Räumen angeboten? Wie gestaltet sich der Unterricht im Anschluss an das Grundschulprogramm?

• in der Organisation des Wahlverfahrens Wie ist das Wahlverfahren organisiert? Treffen die Kinder eine Entscheidung, oder gibt es einen Erst-, Zweit- und Drittwunsch?

• in den Voraussetzungen, unter denen der Instrumentalunterricht besucht wird Ist der Instrumentalunterricht freiwillig oder verpflichtend? Besteht eine Wahlpflicht?

• bei den finanziellen Vorgaben Müssen die Eltern einen Beitrag zahlen? Entstehen zusätzliche Kosten für die Leihinstrumente? Gibt es Ermäßigungen zum Beispiel für Geringverdiener?

• in der Organisation der Zusammenarbeit zwischen Musik- und Grundschule Wie ist die Vernetzung mit der Musikschularbeit geregelt? Unterrichten dieselben Personen in der Musikschule und in der Grundschule, oder werden speziell für die Grundschulen zusätzliche (Honorar?-)Kräfte bestellt?

• in der Qualifikation der personellen Besetzung Unterrichten die Fachlehrer für die einzelnen Instrumente auch gemischte Gruppen, etwa Geige und Cello gemeinsam?

• in der Programmdauer Umfasst das Programm die ganze Grundschulzeit oder nur einen Teil, zum Beispiel das 1. und 2. Schuljahr?

Leseprobe Sample page

Die meisten Programme sind auf die Dauer von vier Schuljahren angelegt. Es gibt auch einzelne Konzepte, die nach zwei Jahren enden und dann einen weiterführenden Unterricht nur in der Musikschule zulassen.25 Dies führt allerdings dazu, dass die Kinder jeweils nach dem 1. und nach dem 2. Schuljahr einen Lehrerwechsel hinnehmen müssen. Damit wären dann bereits zwei Schnittstellen zu organisieren, an denen klar sein muss, mit welchen Fähigkeiten die Schülerinnen in den Unterricht

25 Siehe z. B. die JeKi-Variante unter www.musikschulen-hessen.de

20 1
Ausgangspunkte

der jeweils nächsten Stufe eintreten. Bei einem zweijährigen Angebot wäre das Grundschulmodell eher eine Art Schnupperkurs, der dann nur für die engagierten Familien eine Fortsetzung im „echten“ Musikschulunterricht fände. Dieser Ansatz nutzt die Potentiale einer Zusammenarbeit von Grund- und Musikschule nicht aus. Die meisten Varianten der JeKi-Idee gehen daher von einer vier Jahre dauernden Grundschulausbildung auf dem Instrument aus. In diesen Modellen setzt dann oft im 3. Schuljahr das Ensemblespiel als Bestandteil der Ausbildung ein.

Weitere Schuljahre

Leseprobe

Was kommt nach der instrumentalpädagogischen Ausbildung in der Grundschule? Dies ist den Schülern und deren Familien eine eminent wichtige Frage, auf die sowohl strukturelle als auch didaktische Antworten gefunden werden müssen. In Bundesländern mit einer 6-jährigen Grundschulzeit kann das Programm theoretisch auf diese Zeit ausgeweitet werden. Dort, wo nach dem 4. Schuljahr der Schulwechsel ansteht, endet auch die Förderung der Kinder. Die Instrumente müssen zurückgegeben werden, und für die Kinder, die weitermachen wollen, muss an dieser Schnittstelle ein Anschlussunterricht organisiert sein. Im günstigsten Fall können die Kinder nahtlos in den Regelbetrieb der örtlichen Musikschule wechseln. Das ist vor allem dann leicht möglich, wenn diese Projektpartner der Grundschule ist und so die Kinder möglicherweise noch nicht einmal die Lehrkraft wechseln müssen. Aller dings bleibt es auf jeden Fall ein Systemwechsel, wenn die Kinder der weiterführenden Schulen ihren Unterricht nun nicht mehr dort, sondern nur noch in der Musikschule erhalten können. Dieser Systemwechsel führt gegebenenfalls dazu, dass eine erhebliche Anzahl von Kindern sich ganz von der Instrumentalausbildung abwendet. Gerade der Übergang zur weiterführenden Schule, die nun oft nicht mehr ortsnah wie vorher die Grundschule ist und die schon allein durch ihre Größe ganz neue Herausforderungen für die Kinder bereithält, ist für viele Familien eine besondere Situation. Es könnte sein, dass Kinder daher ihr Instrumentalfach in der Musikschule nicht weiter belegen, um Überlastungen zu vermeiden.

Bestehen in einer weiterführenden Schule eigene instrumentalpädagogische Programme, ist die Instrumentalausbildung der Kinder für breite Schichten wesent lich einfacher zu erreichen. Allerdings gibt es noch keine klaren Konzepte, wie ein Übergang mit der nötigen Flexibilität didaktisch zu bewältigen ist. Viele weiterführende Schulen bündeln Kinder mit bestimmten Interessen und Fähigkeiten inzwischen in sogenannten Profilklassen. Das können zum Beispiel bilinguale Klassen sein oder eben Musikklassen. Zur Anwendung kommt dann oft ein Programm für das Klassenmusizieren.26 Dabei passt dieses nicht ohne Weiteres zu einer JeKi-Vorbil26 Siehe S. 27.

1.1 JeKi(s), MoMo und Co. 21
Sample
page

dung: Im Klassenmusizieren ist es in der Regel so, dass alle Kinder eines der für das Konzept notwendigen Instrumente als Anfänger neu zu spielen lernen. Kinder mit instrumentalen Vorkenntnissen werden aufgenommen, müssen sich dann etwa in der Bläser- oder Streicherklasse für ein anderes Instrument entscheiden, als sie es in der Grundschule gelernt haben. Insofern sind die bisherigen und inzwischen weit verbreiteten Modelle des Klassenmusizierens für die weiterführenden Schulen kein wirklich guter Anschluss an eine Instrumentalausbildung in der Grundschule. Als Alternative zur Musikklasse bleibt ihnen dann nur noch, in eine reguläre Klasse zu gehen und den Unterricht mit dem bisherigen Instrument aus der Grundschulzeit an einer anderen Stelle (Musikschule oder Privatunterricht) außerhalb der weiter führenden Schule zu nehmen.

Wenn ein Gymnasium, eine Real-, Haupt- oder Gesamtschule nun alle musikinteressierten Grundschulkinder einschließlich der JeKi-Kinder in einer Klasse konzent riert, aber gleichzeitig den nicht aus einem Grundschulprogramm kommenden Kindern die Möglichkeit bieten will, mit dem 5. Schuljahr erstmalig eine musikalische Ausbildung zu beginnen, braucht es didaktische Konzepte mit sehr hoher Binnendifferenzierung, ergänzt um eine kluge Planung von Schulensembles und Instrumentalunterricht. Es ist denkbar, dass das funktioniert, da in den weiterführenden Schulen viel häufiger ausgebildete Schulmusiker tätig sind, die ein solches Programm kompetent steuern und begleiten können, als das in Grundschulen der Fall sein dürfte. Im Sinne der Kinder wäre es in jedem Fall, wenn sie ihre instrumentalen Kenntnisse auch in der neuen Schule weiter anwenden und ausbauen könnten.

Drei Programme im Vergleich

Damit die große Bandbreite der möglichen Rahmenbedingungen eines instrumentalen Grundschulprogramms beleuchtet werden kann, sind in der folgenden Tabelle die Merkmale dreier bekannter Beispiele zusammengestellt.

Leseprobe Sample page

Die Tabelle verdichtet die vielfältigen Merkmale auf einige Kernpunkte. Bei einer ausführlichen Betrachtung zeigen sich noch einige weitere Besonderheiten. So gibt es in Hamburg zwei JeKi-Programme, eines von der Schulbehörde und ein weiteres von der dortigen Hochschule für Musik und Theater 27 Beide Programme bewegen sich aufeinander zu. In Monheim am Rhein bekommen die Kinder durch das Programm eine zusätzliche Unterrichtsstunde der Musikschule, sie erhalten also parallel die gesamte Stundentafel der jeweiligen Jahrgangsstufe plus MoMo. In JeKi-Ruhr gibt es durch die mehr als 50 einzelnen Musikschulen, die den Unterricht in den ver schiedenen Städten erteilen, durchaus individuelle Varianten des Programms.

27 Informationen zu diesem kleineren Hamburger JeKi-Programm sind zu finden unter www.jekihamburg.de

22 1
Ausgangspunkte

JeKi-Ruhr

Lehrpersonal Teamteaching Grundschullehrkraft und Musikschullehr kraft im 1. Schuljahr; in den folgenden Schuljahren nur Musikschulpersonal.

1. Schuljahr

Monheimer Modell – Musikschule für alle! (MoMo)

Ausschließlich Musikschulpersonal (EMP- und Instrumentallehrkräfte)

JeKi-Hamburg (Schulbehörde)

Überwiegend Grundschulpersonal; auch Instrumental- und EMP-Lehrkräfte wer den von den Grundschulen eingestellt.

MGA in Halbklassen, Schwerpunkt Instrumentenkarussell (rotierende Fachlehrer).

Schulmusikunterricht

Leseprobe

2. Schuljahr

MGA mit Schwer punkt Instrumenteninformation (Lehr kraft Musikschule und Grundschule unterrichten eine ganze Klasse gemeinsam, „Tandem“).

Freiwilliger instrumentaler Gruppenunterricht in den Grundschulen.

Freiwilliger Instru mentalunterricht, in der Regel in Gruppen in der eigenen Grundschule, aber auch Einzelunterricht möglich.

Intensivierter Schulmusikunterricht in Halbklassen, Schwer punkt Instrumentenkarussell (rotierende Fachlehrer). In einigen Grundschulen alternativ Teamtea ching ähnlich JeKiRuhr im 1. Schuljahr.

3. und 4. Schuljahr

Zusätzliches Grundschulensemble.

Zusätzliches Grundschulensemble. Verpflichtender instrumentaler Gruppenunterricht in den Grundschulen.

Keine parallele Musikschulstruktur in Monheim am Rhein, flächendeckender Ansatz: MoMo ist das einzige Instrumentalangebot für Kinder im Grundschulalter.

Alle Kinder der teilnehmenden Schulen müssen ein Instru ment bis zum Ende der Grundschulzeit erlernen. Der reguläre Schulmusikunterricht wird parallel beibehalten.

Tabelle 1: Die drei Beispiele für instrumentale Gruppenunterrichtsprogramme zeigen, wie unter schiedlich die Rahmenbedingungen gestaltet sein können (Stand 2013).

1.1 JeKi(s), MoMo und Co. 23

Steuerung durch die Stiftung „Jedem Kind ein Instrument“
Besonderheiten
Sample
page

JeKi-Ruhr MoMo JeKi-Hamburg Unterrichtsmaterial

Unterrichtsmaterial wurde in Zusammenarbeit mit einem Verlag entwickelt, siehe S. 230ff.

Material für das 1. Schuljahr und für das Grundschulorchester publiziert.

Publikationen von Grundlagentexten über das Internet, bisher kein spezielles Material.

Ensembleangebot

Instrumentalfächer

Ab dem 3. Schuljahr. Ab dem 3. Schuljahr. Kein regelmäßiges Ensembleangebot, einzelne Projekte.

Mindestkanon von 16 durch die Stiftung festgelegten Instrumenten; weitere Instrumente möglich.

Alle Instrumentalfächer der Musikschule, die im Grundschulalter unterrichtet werden.

Viele Instrumente, eigene Auswahl durch jede Grundschule.

Wahlverfahren

Leseprobe

In der Regel Mehr fachwunsch, Einteilung nach organisatorischen Möglichkeiten.

Freie Wahl des Instruments und der Unterrichtsform.

Kosten für die Familien

1. Schuljahr kostenlos, ab dem 2. Schuljahr monatlich 20 €, keine Miete für die Instrumente, ab dem 3. Schuljahr monatlich 35 €. Befreiungsmöglichkeiten, Geschwister ermäßigung.

1. Schuljahr kostenlos, ab dem 2. Schuljahr kostet instrumentaler Gruppenunterricht monatlich 26 €, keine Miete für Instrumente, zusätzliches Ensemble kostenlos. Ermäßigungsmöglichkeiten bis 80%.

Schüler

Dreifachwunsch, Wahlpflicht. Einteilung nach organisatorischen Möglichkeiten.

Alle vier Schuljahre kostenlos, keine Miete für Instrumente.

Programm endet, Weiterführung muss von den Familien organisiert werden. Verbindung mit Angeboten weiter führender Schulen wird hergestellt.

Weiterführung nach der Grundschule Abhängig von lokaler Musikschule, unter schiedlich geregelt.
sind in der Musikschule angemeldet, Anspruch auf Weiterführung auch nach der Grundschule.
24 1 Ausgangspunkte
Sample
page

Klare Zieldefinitionen für das neue System fehlen noch

Die Systeme der Instrumentalausbildung in der Grundschule sind noch nicht zu Ende entwickelt. Zwar gab und gibt es zahlreiche Partnerschaften zwischen Musikschulen und Grundschulen28, jedoch sind diese Kooperationen sehr unterschiedlich aufgebaut. Programmstrukturen können primär didaktischen Überlegungen folgen oder stark von Pragmatismen geprägt sein wie etwa der Verfügbarkeit bestimmter Lehrkräfte Dennoch ist eine Entwicklung der öffentlichen Meinung dahingehend zu erkennen, dass eine praktische Musikausübung ein Bildungsbestandteil für alle Kinder sein sollte und daher in die Allgemeinbildende Schule gehört. Noch vor wenigen Jahren hätte kaum jemand daran geglaubt, dass es so schnell zu einem Paradigmenwechsel in der Musikerziehung kommen könnte. Dabei lag das Thema in der Luft. Ich selbst hatte dazu im Jahr 2000 ein mögliches Konzept im Rahmen meiner Abschlussarbeit des Musikschulleiterlehrgangs des VdM als Utopie formuliert, und mindestens die Modelle in Bochum und Monheim am Rhein sind in etwa zeitgleich und unabhängig voneinander entstanden. Der Sinn einer kontinuierlichen, von der Zusammenarbeit aller daran beteiligten Einrichtungen getragenen lebendigen Musikausbildung leuchtet unmittelbar ein – selbst Politiker sind fasziniert von der Idee. Das ist das Ergebnis vieler Jahre, in denen Verbände, Wissenschaftler und Praktiker vor Ort immer wieder daran erinnert und eingefordert haben, dass die Musikschularbeit vom Rand ins Zentrum der Gesellschaft rücken muss. 29

Leseprobe

Die bestehenden Kooperationsmodelle zwischen Musik- und Grundschule sind erfolgreich, es gibt aber auch an einigen Stellen Sand im Getriebe. Was neben der Neuorganisation instrumentaldidaktischer Ziele und dem Synchronisieren der Systeme Musikschule und Grundschule sowie den weiterführenden Schulen noch aussteht, ist eine klare Aussage über die gewünschten Ziele. Hier einige Beispiele für noch offene Fragen:

• Wann ist ein JeKi erfolgreich? Noch vor wenigen Jahren nahmen bundesweit etwa 8–10% der Kinder an einer qualifizierten Instrumentalausbildung teil.30 Wenn es nun durch JeKi 30% oder 50% eines Jahrgangs sind, ist das schon ein Erfolg oder zu wenig? • Was muss ein JeKi-System für die Schüler leisten, damit man es erfolgreich nennen kann?

28 Die meisten Programme sind Kooperationen dieser beiden Einrichtungen. Allerdings gibt es auch JeKi-Hamburg, in dem wie dargestellt instrumentalpädagogische Inhalte ohne direkte Kooperation mit einer Musikschule realisiert werden.

29 Eine Forderung, die der Wissenschaftler Joachim Kreutzkam in den von ihm seinerzeit geleiteten Musikschulleiterfortbildungen des VdM immer wieder formuliert hatte.

30 Zahlen hierzu finden sich beim Statistischen Bundesamt (Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2008). Es werden jedoch nur Schüler von VdM-Musikschulen erfasst. Wie viel Unterricht von Privatmusikerziehern geleistet wird, kann nur geschätzt werden.

1.1 JeKi(s), MoMo und Co.

25
Sample page

• Muss in eine Bewertung auch die Veränderung der musikalischen Umwelt der Kinder durch die schulische Instrumentalausbildung mit einbezogen werden, das Entstehen einer veränderten Kinderkultur außerhalb des Unterrichts?

• Wie steht es um die traditionelle Musikschularbeit? Leidet diese oder wird sie durch JeKi gestärkt? An welchen Kriterien machen wir die Bewertung fest?

• Wie steht es um die Schulmusik in den Grundschulen? Wird sie durch die Musikschulen gestärkt oder ausgehöhlt?

• Welche Ziele muss ein durchschnittlicher Instrumentalschüler in einer bestimmten Zeit erreichen, wenn der Unterricht erfolgreich genannt werden soll? Bekommen wir demnächst eine PISA-Studie für den Mandolinenunterricht?31

• An welcher Stelle im Prozess können bestimmte Kompetenzen der Kinder vorausgesetzt werden, wenn es um die Organisation der Schnittstellen, etwa von der MGA in den Instrumentalunterricht, geht?

Leseprobe

Auf alle diese Fragen und auf noch viele weitere gibt es trotz anhaltender Diskussion noch keine abschließenden Antworten Wer diese Fragen für sich so beantwortet, dass er Kooperationsmodelle zwischen Musikschule und Grundschule als schlecht oder gar als schädlich für „richtige“ Musikschularbeit einschätzt, muss sich fragen lassen, an welchen Stellen er sich, bezogen auf die traditionelle Musikschularbeit, mit solchen Fragen auseinandersetzt. Schließlich lassen sich viele Fragen auch an das bisherige System ohne JeKi stellen. Immerhin gibt es dort seit Langem zahlreiche Instrumente eines Qualitätsmanagements wie Lehrpläne, Strukturpläne, Ver bandsarbeit, Systeme wie das „Qualitätssystem Musikschule“ (QsM) und EDuR32, ein Weiterbildungssystem und vieles mehr. An diesen Standards muss sich jedes neue System messen lassen. Auf der Unterrichtsebene darf es keine Kompromisse geben. Wir alle müssen daran arbeiten, dass das bisher erreichte Ausbildungsniveau in der Breitenarbeit und in der Spitzenförderung erhalten bleibt.

These: Die pädagogische Bandbreite in JeKi-ähnlichen Modellen ist größer als in

wie die Begabtenför-

Zusätzliche Ziele müssen beschrieben werden.

31 PISA steht für „Programme for International Student Assessment“, übersetzt „Programm zur internationalen Schülerbewertung“, s. www.oecd.org/berlin/themen/pisa-internationaleschulleistungsstudiederoecd.htm

32 QsM und EDuR sind an Musikschulen angepasste Qualitätsmanagementsysteme, die der VdM mitentwickelt hat. QsM basiert auf dem europäischen Standard der „European Foundation for Quality Management“ (EFQM). EDuR ist im Wesentlichen ein interkommunaler Kennzahlenvergleich, zusammen mit der Bertelsmann-Stiftung entwickelt, s. auch Fußnote 246, S. 235.

der bisherigen Musikschule. Bisherige Musikschulziele,
derung auf gewohntem Niveau, müssen darin enthalten sein.
26 1
Ausgangspunkte
Sample page

1.2

JeKi-Modelle dürfen keiner „Minimalmusikschule“ Vorschub leisten. Vielmehr müssen Eltern auch in dieser Form des Unterrichts davon ausgehen können, dass ihr Kind jede mögliche Förderung im Rahmen der Breiten- und Spitzenförderung erhält. Beides kann unter einem schlecht und halbherzig gemachten Kooperationsprojekt leiden. Die Spitzenförderung leidet, wenn ein Talent in der Vielzahl der Kinder nicht erkannt und gefördert wird. Die Breitenarbeit wiederum leidet, wenn Lehrkräfte dem Unterricht in der Grundschule nicht gewachsen sind und eine Vielzahl von potentiell interessierten Kindern langfristig entmutigen. Eine wichtige und aus meiner Sicht noch völlig unreflektierte Frage kommt hinzu: Was geschieht mit den Kindern, die das laufende Programm abbrechen, weil sie zum Beispiel nicht bereit sind, die notwendige Übezeit aufzubringen? Diese Gruppe kann einerseits auf problematische Weise auf die Stimmung in der jeweiligen Grundschule einwirken, denn die betroffenen Kinder könnten versuchen, weitere Instrumentalschüler mitzuziehen und zu demotivieren. Andererseits muss die Frage beantwortet werden, was JeKi für diese Schülerfraktion bedeutet hat. Möglicherweise trägt eine Diskussion über diese Frage zu einer besseren Unterrichtsqualität für alle Schüler bei.

Leseprobe

Klassenmusizieren: Eine Alternative zu JeKi?

Eine Abfrage per E-Mail unter den Musikschulen des VdM Ende 2011 zeigte, dass das Thema „Klassenmusizieren in Grundschulen“ von nicht wenigen Musikschulen für relevant gehalten wird.33 Dabei wird der Begriff sehr unterschiedlich verstanden und gebraucht. Einige Musikschulen sprechen schon von Klassenmusizieren, wenn sie mit acht Kindern einen Instrumentalkurs im Betreuungsangebot des Ganztags durchführen. Am anderen Ende der Skala stehen Klassenmusizierangebote, bei denen eine reguläre Schulklasse von Anfang an als Musikklasse im Klassenorchester Instrumente erlernt und im Optimalfall von einer Lehrkraft der Grundschule und einer Instrumentallehrkraft gemeinsam angeleitet wird und dies mehrmals pro Woche, flankiert von instrumentalem Gruppenunterricht. Auch diese Form des Unterrichts kommt in Deutschland durchaus vor, die Programme dauern dann in der Regel zwei Jahre, häufig vom 3. bis zum 4. Schuljahr. In der Schulmusik hingegen wird der Begriff Klassenmusizieren auch außerhalb aufbauender Instrumentalpädagogik verwendet. Damit kann ein Teil der Musikstunde gemeint sein, in dem die ganze Klasse gemeinsam musiziert, etwa mit einem Orff-Instrumentarium, mit Per kussionsinstrumenten oder auch elektronischen Keyboards. In diesem Fall ist das

33 Siehe Sommerfeld 2012.

1.2
Klassenmusizieren: Eine Alternative zu JeKi? 27
Sample
page

Klassenmusizieren eine Aktionsform des regulären Schulmusikunterrichts. Instrumentalpädagogisch geprägtes Klassenmusizieren hingegen findet vor allem in sogenannten Musikklassen mit erweitertem Musikunterricht statt, für die sich die Kinder meistens gezielt anmelden.34 Instrumentallehrkräfte denken beim Begriff Klassenmusizieren also meistens zuerst an bekannte Konzepte wie Bläserklassen und Streicherklassen, in denen die Kinder auch die Spielweisen einzelner Instrumente nach instrumentaldidaktischen Prinzipien erlernen.

Arbeitsdefinition: Von instrumentalpädagogischem Klassenmusizieren im Sinne dieses Buches spricht man, wenn viele Kinder gemeinsam im Klassenverband oder in einer AG-Form ein Musikinstrument erlernen. Dabei muss jedes Kind ein eigenes Instrument haben, der Unterricht von instrumentalpädagogischen Fachlehrkräften erteilt werden und Kinder und deren Eltern den subjektiven Eindruck haben, dass das Spiel eines bestimmten Musikinstruments tatsächlich erlernt wird.35

Leseprobe

Nach dieser Definition sind es also vor allem die bekannten Konzepte für Streicherund Bläserklassen, die mit dem Begriff verbunden werden sollen.36 In einem so ver standenen Klassenmusizieren kommen noch zwei inhaltliche Besonderheiten zum Tragen:

• Es wird von Beginn an auch in Form eines Klassenorchesters gemeinsam musiziert.

• Es findet eine aufbauende Instrumentalpädagogik statt, die nach dem Klassenmusizierprogramm an anderer Stelle (z. B. in der Musikschule) weitergeführt werden kann.

Von Instrumentalpädagogen wird das Klassenmusizieren nicht nur als Musikklasse durchgeführt, sondern es werden in Schulen und Musikschulen auch klassenüber greifende AGs eingerichtet, in denen die Kinder in vergleichbarer Form unterrichtet werden. Das kann zum Beispiel in den Nachmittagsangeboten von Ganztagsschulen der Fall sein. Zur Abgrenzung von Musikklassen und anderen Gruppenzusammenstellungen schlage ich die folgende Definition vor:

Arbeitsdefinition: Von instrumentalpädagogischem Klassenmusizieren im engeren Sinn spricht man, wenn eine Schulklasse als Musikklasse gemeinsam das

34 Zu den Begriffen Klassenmusizieren und Musikklasse s. die entsprechenden Artikel in Helms, Schneider, Weber 2005, S. 132f. und 171ff.

35 Zur Begriffsbestimmung von Instrumentalpädagogik s. auch S. 58.

36 Ähnliche Konzepte für andere Instrumentenfamilien gibt es ebenfalls, sie sind aber noch nicht sehr weit verbreitet. Auf S. 226ff. werden gängige Materialien vorgestellt.

28 1 Ausgangspunkte
Sample
page

Spiel von Instrumenten erlernt. Als instrumentalpädagogisches Klassenmusizieren im weiteren Sinn können auch Unterrichtsprogramme bezeichnet werden, bei denen diese Unterrichtsform mit einer klassen- oder jahrgangsübergreifenden Schülergruppe von etwa zwölf und mehr Kindern durchgeführt wird. Zusätzlicher instrumentaler Gruppenunterricht begleitet im günstigsten Fall beide Unterrichtsformen.

Die Zahl 12 ist die Gruppengröße für die MFE und MGA, die im Musikschulwesen gelegentlich auch als Klasse bezeichnet wird, damit deutlich wird, dass mehr Kinder teilnehmen als im herkömmlichen instrumentalen Gruppenunterricht. In jedem Fall ist wegen der vielfältigen Organisationsmöglichkeiten genau zu hinterfragen, wie ein Klassenmusizierprogramm konzipiert ist. Die eingangs erwähnte E-Mail-Befragung machte auch deutlich, dass neben den bekannten Organisationsformen mit Mischformen experimentiert wird, etwa mit einem Klassenmusizieren, das erst nach einigen Monaten instrumentalen Gruppenunterrichts einsetzt.

Leseprobe

Ein voll ausgebautes Klassenmusizierprogramm für Bläser, Streicher, Zupfer oder andere Fächer im engeren Sinn ist mit parallelem Gruppenunterricht nicht kostengünstiger als ein JeKi-ähnliches Modell. Vielmehr ist es wegen der sofort einsetzenden Klassenorchesterproben mit zwei gleichzeitig arbeitenden Lehrkräften durch die Anzahl der Lehrerstunden sogar teurer Klassenmusizieren ist daher in der Regel nicht unbedingt der Versuch, Personalkosten zu sparen und das Zahlenverhältnis Schüler/Lehrer zu verbessern, sondern folgt vielmehr dem didaktischen Impuls, direkt zu Beginn der Instrumentalausbildung das Orchesterspielen einzuführen. Allerdings dauern solche Klassenmusizierprogramme oft nur zwei Jahre, sodass sie im Vergleich zu einem über die gesamte Grundschulzeit laufenden JeKi dann doch wieder preiswerter zu realisieren sind.

Die beiden Herangehensweisen an einen schulischen Instrumentalunterricht werden in Tabelle 2 einander gegenübergestellt.

Die Ergebnisse der Abfrage unter den VdM-Musikschulen zeigt überraschender weise in den Grundschulen eine klare Tendenz zu Bläserklassen; Streicherklassen rangieren nur auf Platz 2, obwohl gerade die Streicherklassenpädagogik in Deutschland seit Jahrzehnten etabliert ist und Instrumente in Kindergrößen einfach zu beschaffen sind. Weitere Instrumentengruppen kamen seltener vor, Gesangsangebote wurden begrifflich eher nicht zum eigentlichen Klassenmusizieren gerechnet.

1.2 Klassenmusizieren: Eine
zu
29
Alternative
JeKi?
Sample
page

Gruppenunterrichtsprogramme (JeKi, MoMo usw.)

Klassenmusizierprogramme

Programmdauer in der Regel zwei Jahre. Vielfältige Instrumentenauswahl. Beschränkt auf eine bestimmte Instrumentenfamilie (Streicher, Bläser, Schlagwerk usw.) wegen der notwendigen Lehrkompetenz des Klassenleiters und der ähnlichen Instrumentaldidaktik innerhalb der Instrumentenfamilie.

Programmdauer bis zu vier Jahren.

Instrumentenwahl abhängig von Pro grammstruktur, entweder frei oder mit Mehrfachwunsch ähnlich Klassenmusizieren.

Leseprobe

Beginn der Instrumentalausbildung (gegebenenfalls nach einer Einführungsphase in MGA-Form) im Gruppenunterricht; Ensemble in der Regel als Zusatzangebot nach etwa einem Unterrichtsjahr; zu Beginn also nur ein Unterrichtstermin pro Woche.

Unterrichtskonzeptionen entwickeln sich gerade.

Auch ohne Schulmusiker durchführbar.

Instrumentalunterricht und Ensemble können von einzelnen Lehrkräften geleitet werden.

Instrumentenwahl muss in der Regel mit Mehrfachwunsch (z. B. 1., 2. und 3. Wunsch) abgefragt werden, damit das Klassenorchester gemäß dem Konzept besetzt werden kann. Die Anforderungen des Konzepts steuern indirekt die Instrumentenwahl.

Ensemble als Klassenorchester von Anfang an, zusätzlicher Gruppenunterricht in instrumentengleichen Gruppen häufig parallel. Im günstigsten Fall schon zu Beginn der Ausbildung mehrere Unterrichtstermine pro Woche (im Klassenorchester und in der Instrumentalgruppe).

Vorhandene Unterrichtskonzeptionen, an denen sich Fortbildungen orientieren, vieles allerdings für die Sekundarstufe (also ab Klasse 5) gedacht.

Sinnvollerweise begleitet durch Schulmusiker, dabei besteht das Problem der fehlenden Fachleute in den Grundschulen.

Üblicherweise Leitung des Klassenorchesters im festen Team Instrumentallehrkraft –Schulmusiker (Sekundarstufe), in der Grundschulpraxis allerdings Leitung auch häufig nur durch Musikschullehrkräfte.

Notwendigkeit der Binnendifferenzierung erkannt, aber noch nicht mit Konzepten konkretisiert. Binnendifferenzierung ist in kleineren Gruppen mit gleichen Instrumenten jedoch leichter von den Lehrkräften umzusetzen als in einer Klasse mit ver schiedenen Instrumenten.

Unterrichtsmaterialien bieten traditionell kaum Binnendifferenzierung, dadurch relativ langsames Fortschreiten in den Lernzielen.

30 1 Ausgangspunkte
Sample
page

Dies ist eine Leseprobe.

Nicht alle Seiten werden angezeigt. Haben wir Ihr Interesse geweckt?

your
gladly accept orders via music and
stores
through our
Bestellungen nehmen wir gern über den Musikalienund Buchhandel oder unseren Webshop entgegen. This is an excerpt. Not all pages are displayed. Have we sparked
interest? We
book
or
webshop.

JeKi, MoMo (= Monheimer Modell) und das Klassenmusizieren sind inzwischen an vielen Grundschulen etabliert. Jedoch gelten für die musikpädagogische Arbeit hier andere Spielregeln als in der Musikschule, aus der die meisten unterrichtenden Lehrkräfte stammen.

Aus dem Inhalt in Stichworten: „System Grundschule“ aus der Sicht des Instrumentalpädagogen –Begabung –Armut –Üben und Motivation –Disziplin –Unterrichtsinszenierungen –Lehrerrolle –Unterrichtsinhalte –Binnendifferenzierung –Handlungsorientierter Unterricht –Qualität

Das vorliegende Buch richtet sich vor allem an Instrumentalpädagogen, die in Grundschulen arbeiten. Es bietet aber auch allen anderen Interessierten einen guten Überblick über Probleme und Lösungen in einem für alle neuen Arbeitsfeld der musikalischen Bildung.

Jörg Sommerfeld geboren 1967. Abschluss als Diplommusiklehrer für Saxophon (Schwerpunkt Jazz) 1994. Verschiedene Weiterbildungen und Unterrichtserfahrung in den Fächern Querflöte, Klarinette, Elementare Musikpädagogik, Bläserklasse, Ensembleleitung. Seit 2001 stellvertretender Schulleiter der Musikschule der Stadt Monheim am Rhein, in der seit 1998 verschiedene Kooperationsprogramme mit Grundschulen erprobt wurden. Mitentwickler des Programms „Monheimer Modell – Musikschule für alle!“ (Preise: Inventio 2007, Kinder zum Olymp 2008), das die verschiedenen Ansätze in wissenschaftlicher Begleitung einheitlich für alle Kinder der Stadt zusammenführte. Der Autor ist zudem Mitglied im Kuratorium der Stiftung JeKi-Ruhr.

ISBN
9783765103377 BV 337 Foto: privat
978-3-7651-0337-7
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.