Schneidern fürs Leben In der Maßschneiderei von Manuela Maaß rattert keine Nähmaschine. Zu hören ist das Radio, manchmal das Fauchen der Bügelmaschine und Geräusch, wenn eine Schere feinen Stoff zerschneidet. Manuelas Hand arbeit erfolgt leise Seit 15 Jahren ist Manuela Maaß selbstständig mit ihrer Maßschneiderei in Lingenau am Bühl. Aus ihrem Schneiderstüble in einem wunderbaren alten Bauernhaus über den Dächern von Lingenau reicht der Blick
direkt in die Berge. Mein Blick heftet sich sofort auf die Kleiderbüste, auf der ein oranges Sakko hängt. Nicht ein bisschen orange, wirklich Orangenorange. Eine besondere Anfertigung, wie mir erklärt wird. Momentan noch ärmellos und verziert mit weißen Heftfäden, die die bevorstehenden Arbeitsprozesse ankündigen. Ein Blick wie auf einen Routenplaner. „Maßschneidern ist eine Kunst. Die Kunst, ein Stück Stoff zu einer Hülle, einem Körper zu formen“, erklärt die Schneidermeisterin. Erlernt hat sie diese Fertigkeit eigentlich über Umwege. Die gebürtige Großdorferin besuchte die Textilschule in Dornbirn und war danach als Näherin in
Lehrmädchen Kathrin Fink und Schneidermeisterin Manuela Maaß
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einem großen Betrieb beschäftigt. „Damals war es gar nicht so einfach, in einer Schneiderei unterzukommen“, erinnert sich Manuela Maaß. „Doch eigentlich wollte ich lieber nach Maß schneidern als nach Konfektion. Der Unterschied ist beträchtlich und man schafft damit Kleidungsstücke fürs Leben.“ Ihre Berufung verwirklichen und das Handwerk von Grund auf lernen konnte sie dann bei einem Herrenschneider in Sulzberg, einem alten Meister seines Fachs. Ganz bescheiden, mit dem Maßband um den Hals, erzählt sie vom Weltkongress der Maßschneider in Treviso in Italien, wo sie den Duft der großen Modewelt schnupperte.