Kunst+Material Ausgabe März-April 2024

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Das Magazin von boesner März/April 2024 Schutzgebühr 7, – EUR/CHF | ISSN 1868-7946
Kunst+Material
Idee, Malerei, Gestaltung, Fotografie: Ina Riepe.

Kunstfertigkeit und Wandel

Liebe Leserin, lieber Leser,

Hand aufs Herz: Haben Sie schon einmal von einem Arkanisten gehört, einem Cassonemaler oder vielleicht einem Grottierer? Wir konnten uns offen gestanden erst einmal wenig darunter vorstellen, bis Susanna Partsch für diese Ausgabe Licht ins Dunkel brachte. Sie startet ihren Beitrag kühn mit der Frage „Was ist ein Paternostermacher?“, denn ihr Thema sind die alten, auch ausgestorbenen Berufe im künstlerischen Umfeld, die zwischen Kunst und Handwerk oszillieren und unbedingt kunstfertig sind.

Im Porträt stellt diese Ausgabe einen Künstler vor, dessen Werke Rückbesinnung auf die Natur und ihre Kräfte und letztlich auf den Platz des Menschen im Kosmos fordern: Ren Rong entwickelt diese universale künstlerische Aussage stetig mit wechselnden Materialien weiter. Ob Holzskulpturen, aus Eisenplatten geschnittene Figurationen oder Frottagen solcher Skulpturen auf Leinwand: Seine Werke durchlaufen immer neue Wandlungen. Ren Rongs Ansatz ist auf die Verschmelzung kultureller Systeme gerichtet, und dafür pendelt er seit Jahren zwischen China und Deutschland. Sepp Hiekisch-Picard, der den Künstler schon lange begleitet, präsentiert ihn im großen Porträt.

Starke Farben stehen im Fokus unserer Materialthemen: Ina Riepe hat sich von der Farbe Weiß in all ihren Nuancen inspirieren lassen – derjenigen Farbe, von der im Atelier üblicherweise am meisten benötigt wird. Sie zeigt Weiß auf schwarzen Malgründen mit ausdrucksvoller Wirkung, ob im Porträt, in Interieurszenen oder ganz abstrakt. Die besondere Farbe Rot hingegen steht im Mit telpunkt unseres Hintergrundbeitrags, denn schon Wassily Kandinsky wusste: „Zinnoberrot zieht an und reizt, wie die Flamme, welche vom Menschen immer begierig angesehen wird.“

Natürlich bietet diese Frühlingsausgabe von Kunst+Material noch viele weitere Themen: Sie informiert über die wichtigen Ausstellungen dieser Monate – von den beeindruckenden Arbeiten Jeff Walls über Tony Craggs berührbare Skulpturen bis hin zu den Zeichnungen und Grafiken von Käthe Kollwitz. Und natürlich gibt es auch wieder viel Wissenswertes rund ums Material und Empfehlungen für lesenswerte Bücher.

Wir wünschen Ihnen ein farbenfrohes Frühjahr!

Dr. Sabine Burbaum-Machert

Editorial | 3
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34

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Porträt

6–17 Grenzgänger zwischen Ost und West Der Künstler Ren Rong

Thema

18–31 Was ist ein Paternostermacher? Ungewöhnliche Berufe im künstlerischen Umfeld

Inspiration

34–41 Weiß hat viele Gesichter

Persönlich

42–43 Die Essenz des Motivs Nikolaus von der Assen malt pastos in Öl

Hintergrund

44–47 „Zinnoberrot zieht an und reizt“ Von Minium, Zinnober und Cadmiumrot

Technik

48–53 Bindemittel Buttermilch

Bücher

54–63 Bücher, Buchtipps

86 Kunst+Material im Abonnement

Labor

64 Farbzauber vergangener Zeiten

Ausstellungen

66–71 Inszenierte Wirklichkeit

Jeff Wall in der Fondation Beyeler

72–75 Bitte berühren!

Tony Craggs Skulpturen zum Anfassen im Kunstpalast

76–77 Sprengkraft und Vielfalt

Käthe Kollwitz im Städel Museum

78–81 Zeitlose Schönheiten

Die Stillleben der Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden

82–85 Termine

87 Farbkasten

Im Gespräch

88 Tradition trifft Zukunft

Generationswechsel an der Spitze von H. Schmincke & Co.

94–95 Marcel fragt Ren, Cartoon, Rätsel

92–93 Kurz notiert

96 Vorschau, Impressum

Inhalt | 5
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Titel: Ren Rong, Sehnsucht, 2023, Installation, Guang Dong Art Museum, 2023, VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Ren Rong, Foto: Guang Dong Art Museum / China.
6 | Porträt | Ren Rong

Grenzgänger zwischen Ost und West

Der Künstler Ren Rong

Ren Rong hat sich seit fast vier Jahrzehnten eine renommierte Position in der internationalen Kunstwelt geschaffen. Als Künstler, Kurator, Kunstkritiker, aber auch als Organisator und Berater bei vielen deutsch-chinesischen Ausstellungsprojekten spielt er eine herausragende Rolle im kulturellen Dialog zwischen der hiesigen und der fernöstlichen Kunstszene. Im Mittelpunkt seiner Arbeit steht der von ihm geschaffene Pflanzenmensch, ein Motiv, seinem Ursprung nach in der chinesischen Kultur verwurzelt und in bewusster Auseinandersetzung mit seinen beiden Lebenswelten – China und Deutschland – entwickelt. Ren Rong pendelt zwischen Bonn und Beijing, hat an beiden Orten neben seinen eigenen Ateliers großzügige private Kunsträume eröffnet, die einen lebendigen Austausch zwischen Asien und Europa fördern. Der Verfasser hat den Künstler vor fünfundzwanzig Jahren kennengelernt und seine erste große Ausstellungstournee, die 1999 im Kunstmuseum Bochum startete und durch insgesamt

dreizehn Museen, Kunstvereine und Ausstellungsinstitutionen führte, kuratorisch betreut und Ren Rongs künstlerisches Schaffen seither immer wieder begleitet. Das Porträt versucht, diesen unglaublich dynamischen Künstler, Kurator und Ausstellungsmacher in seiner Entwicklung bis zum heutigen Tag vorzustellen und seine Position als Mittler zwischen den Kulturen Asiens und Europas zu skizzieren.

25. November 2023. Große Jubiläumsfeier im Kunstraum Villa Friede in Bonn-Mehlem. Zehn Jahre zuvor hat Ren Rong den Kunstraum Villa Friede im Süden der ehemaligen Bundeshauptstadt eröffnet, nach mehrjähriger Restaurierung und aufwendigem Umbau. Er hat das marode ehemalige Hotel, erbaut Ende des 19. Jahrhunderts, im Jahr 2007 von der Stadt Bonn erworben und zum Atelier, Wohnhaus und Forum für internationale Kunst umgebaut. Das Ausstellungsprogramm präsentiert zeitgenössi-

[1] Ren Rong vor Wandinstallation, Guang Dong Art Museum, 2023, VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Ren Rong, Foto: Guang Dong Art Museum / China

Porträt | Ren Rong | 7

sche europäische und internationale Kunst, oft in Gegenüberstellungen zweier künstlerischer Positionen, und bietet aufstrebenden Künstlern und Künstlerinnen eine Plattform. Zum Jubiläum präsentiert der Kunstraum eine besondere Ausstellung, einen Ausschnitt aus der seit seiner Gründung entstandenen Sammlung zeitgenössischer – vor allem abstrakter und konkreter – Kunst. Ren Rong, der das Kunstzentrum ganz allein mit eigenen Mitteln finanziert, will mit seiner Ausstellungs- und Sammlungstätigkeit auch andere Künstler an seinem eigenen künstlerischen Erfolg teilhaben lassen und vor allem einen Dialog zwischen den Kunstwelten Chinas und Deutschlands befördern. Viele Künstler, die mittlerweile in der Sammlung des Kunstraums Villa Friede vertreten sind, sind zur Eröffnung gekommen, ebenso Ausstellungskuratoren und Museumsdirektoren sowie Sammler, mit denen Ren Rong seit vielen Jahren eng zusammenarbeitet. Professor Dieter Ronte, ehemals Leiter des Kunst-

museums Bonn, betont in seiner Festrede die große Bedeutung, welche der Kunstraum Villa Friede mittlerweile für das Kulturleben der Bonner Region darstellt. Ronte kann auf viele Jahre intensiver Zusammenarbeit mit Ren Rong zurückblicken. 1996 reisen er und der Kunstmanager und heutige Leiter des Museums Küppersmühle in Duisburg, Walter Smerling, gemeinsam mit Ren Rong nach China, um eine große Ausstellung zeitgenössischer chinesischer Kunst vorzubereiten. Ren Rong organisiert rund zweihundert Atelierbesuche in acht chinesischen Provinzen, am Ende werden einunddreißig chinesische Künstler in einer spektakulären Präsentation mit dem Titel „China. Zeitgenössische Malerei“ im Kunstmuseum Bonn gezeigt – eine der ersten wichtigen Ausstellungen im deutschsprachigen Raum, die das riesige Potenzial aktueller Kunst aus China vorstellt. An vielen weiteren Projekten ist Ren Rong beteiligt, nicht zuletzt an der wohl größten China-Ausstellung überhaupt, dem Groß-

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[2] Kunstraum Villa Friede, Bonn-Mehlem, Foto: Beba Ilić, Hagen.

projekt „China 8“, das initiiert von Walter Smerling in acht Städten und neun Museen des Ruhrgebiets im Jahr 2015 gleichzeitig einhundertzwanzig chinesische Künstlerinnen und Künstler zeigt. Ren Rong ist als Organisator und Ansprechpartner der Museumsleiterinnen und -leiter in China dabei, aber diesmal auch als Künstler. Er stellt im Skulpturenhof des Duisburger Lehmbruck-Museums seine bislang größte Skulptureninstallation vor, neunzig überlebensgroße Eisenskulpturen aus der Gruppe der Pflanzenmenschen. Ren Rong ist unermüdlich tätig für den kulturellen Austausch zwischen China und Deutschland, sein Wirken in China für die Rezeption deutscher Kunst dort ist ebenso wie seine Rolle bei der Bekanntmachung chinesischer Kunst hier in Deutschland kaum zu überschätzen. Der Kunstraum Villa Friede in Bonn wie auch sein „Kunstraum Songzhuang“ im Außenbezirk von Beijing sind lebendige Orte und sichtbare Zeichen dieses außergewöhnlichen Dialogs.

Als Ren Rong im Jahr 1986 in die Bundesrepublik übersiedelt, hat er bereits ein vierjähriges Studium an der Kunstakademie seiner chinesischen Heimatstadt Nanjing absolviert. Die Ausbildung konzentriert sich auf die klassischen Techniken der Tuschmalerei und der Kalligrafie, im Hauptfach Ölmalerei orientiert man sich an den ästhetischen Richtlinien eines Realismus des ausgehenden 19. Jahrhunderts, der die europäischen Akademien seinerzeit geprägt hat und zum Dogma des sozialistischen Realismus erhoben wurde. Doch die kulturelle Öffnung durch die von Deng Xiaoping initiierte Reformpolitik seit dem Ende der 1970erJahre zeigt in der zeitgenössischen Kunst in China direkt gewaltige Auswirkungen. Eine Flut von Informationen über westliche Kunsttendenzen kommt ins Land, zahlreiche Künstlerzirkel entstehen, es wird um neue Ausdrucksformen und Inhalte in der Kunst gestritten. Vor allem die Pop-Art amerikanischer Prägung wirkt, insbesondere nach einer Ausstellung Robert Rauschen-

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[3] Ren Rong mit Künstlern und Kuratoren, Villa Friede, November 2023, v.l.n.r.: Götz Sambale, Nikola Dimitrov, Jürgen Paas, Otto Reitsperger, Reinhard Roy, Ren Rong, Michael Burges, Prof. Dr. Dieter Ronte, Sepp Hiekisch-Picard, Joseph Kiblitsky, Foto: Alfred Schmelzeisen.

bergs in Beijing im Jahr 1985, stark auf die junge Künstlergeneration. Ren Rongs Malerei in den 1980er-Jahren ist noch tief geprägt von der naturalistischen akademischen Tradition, sein Porträt eines Bauern Auf eigener Erde, 1985, zeigt einen von schwerer körperlicher Arbeit gezeichneten Mann, der ernst und voller Stolz den Betrachter fixiert. Die Forderung nach einer breit verständlichen, positiv gestimmten und patriotischen Kunst lässt sich an diesem Gemälde ebenso ablesen wie die handwerklich-malerische Sicherheit und Präzision in ihrer Umsetzung.

Ein Ausweichen auf Ausdrucksformen des Sur realismus, die Einbeziehung von Traum, Unbewusstem und Fantasie erscheint dem Künstler für kurze Zeit als ein möglicher Ausweg für seine Kunst. Die Begegnung mit originalen Werken von Salvador Dalí und René Magritte, die er bald nach seiner Ankunft in Deutschland im Duisburger Lehmbruck-Museum sehen kann, beeindruckt ihn stark. Ein Bild wie Andeutung des Nordens, 1986, das zerbrochene architektonische Fragmente riesiger Ausmaße in einer menschenleeren, endzeitlich gestimmten Traumlandschaft zeigt, dokumentiert die kurze Phase surrealisierender Versuche. Doch schon bald beginnt Ren Rong an dieser Art von Übernahme westlicher Malereikonzeptionen zu zweifeln und er findet für sich einen neuen Anknüpfungspunkt in der schon als Kind und in der Schule geübten Technik des Papierschnitts. Im Rückgriff auf die alte Volkskunsttradition des Scherenschnitts, der in China seit 2.000 Jahren vor allem als Hausschmuck zum Neujahrsfest angefertigt wird, findet der Künstler Ende der 1980er-Jahre zu einer persönlichen Sprache, die Tradition und Innovation, Eigenes und Fremdes – wie zum Beispiel Anstöße durch die Scherenschnitte des späten Matisse oder die reduzierten Figurationen eines Keith Haring – zu einer spannenden Synthese bringt. „Erst unter dem Druck des andersartigen Westens und auf der Suche nach einer authentischen Handschrift besann er sich seiner schöpferischen Energien und Ur-Erinnerungen, deren Basis er in der Tradition und Kultur seiner Heimat ortete. Im Formulieren mit Papier und Schere fand Ren Rong seine Authentizität. In einer Art Urgewalt schnitt er sich frei, produzierte Papierschnitte in bisher nicht bekannten Mengen und Größenordnungen“, beschreibt Dorothea Eimert 1999 diesen schöpferischen Neuanfang, Pflanzenmenschen nennt Ren Rong seine Geschöpfe. Zunächst schnitt er sie in rotem Papier und klebte sie auf schwarzen Grund. Die Farbe Rot steht für Leben, Freude und vor allem für Energie, die Farbe Schwarz für das Heilige, das Intellektuelle. Ganze Räume installierte Ren Rong fast flächendeckend mit Variationen roter Pflanzenmenschen auf schwarzem Papier oder mit roten Negativformen, geklebt auf schwarzes Papier.“

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[4] Auf eigener Erde, 1985, Öl auf Leinwand, VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Ren Rong, Foto: Beba Ilić, Hagen.

Mit der Figur des Pflanzenmenschen, eines Mischwesens aus zweigeschlechtlichen, floralen und menschlichen Formen, einer in ständiger Metamorphose begriffenen Gestalt, hat Ren Rong sich zu Beginn der 1990er-Jahre eine bildhafte Chiffre zur Reflexion seiner eigenen kulturellen Wurzeln, seiner Identität und aktuellen Existenz geschaffen. Seriell erstellt und raumgreifend platziert, dokumentieren die mal vielgeschlechtlichen, mal geschlechtslosen Figurationen, diese vielbrüstigen und vielarmigen, mit Blättern und Wurzeln versehenen Wesen, vor allem eins: einen ungebrochenen Glauben an das Leben, in dem Eros und Tod, Weibliches und Männliches, Zärtlichkeit und Aggression, Schöpfung und Destruktion ein unteilbares Ganzes formen. Ren Rong schafft sich mit seinen Pflanzenfiguren, Augenhänden, Janusgesichtern, seinen Flammen- und Spermienmotiven kraftvolle Bildmetaphern, die sowohl das Feld kollektiver wie individueller Mythen besetzen. Oftmals blutrot, in der Schmuckfarbe

chinesischer Feste, verkörpern sie Kraft und Lebensfreude, Stärke und Schutz vor Unheil, ihre geschwungenen, schlangenartigen Gliedmaßen zeugen vom ewigen Prinzip der Bewegung, der Vitalität. Die kosmischen Polaritäten der I-Ging-Philosophie und deren sich ständig neuerschaffender Dualismus, manifestieren sich auf sinnliche Weise in der Figur des Pflanzenmenschen in immer neuen Variationen, künstlerischen Ausdrucksformen und vielfältigen Materialien.

Ausgangspunkt der zahlreichen Variationen der Pflanzenfigur bleibt der Papierschnitt, der in den Kartonobjekten direkt als Collage zum Einsatz kommt. Auf den Kartons sind Verweise auf die aktuelle Lebenssituation des Künstlers zu finden, Fotos, architektonische Pläne, Landkarten, Skizzen, die tagebuchartig seine künstlerische Existenz dokumentieren. Überzogen werden Papier und Karton mit einer dünnen Wachsschicht, die den Ein-

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[5] Pflanzenmensch, 2000, Kartonobjekt, Papierschnitt, Collage, Wachs, Kunstmuseum Bochum, VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Ren Rong, Foto: Emre Abut.

druck von Haut und Lebendigkeit, aber auch Ungeschütztheit und Verletzlichkeit erweckt. In der Bochumer Ausstellung im Jahr 1999 installiert Ren Rong hunderte dieser Kartonobjekte zu zwei überwältigenden Wandinstallationen, die sich an den Museumswänden auf einer Länge von jeweils fünfundzwanzig Metern in einer schlangenartigen Bewegung als Drachenform inszenieren. Gemeinsam mit einer ebenso raumgreifenden Installation aus rotgetönten Kartonwänden, die wiederum mit zahllosen Fotos aus seinem eigenen Leben, Aufnahmen von Familienmitgliedern, Freunden, Begegnungen mit Ausstellungsmachern beklebt sind, zieht Ren Rong in der damaligen Präsentation ein optimistisches Fazit seines bisherigen Künstlerlebens: In der Konzentration auf das eigene Ich, auf die eigene Erfahrung von Welt, schafft er ein anschauliches und nachvollziehbares Bildzeichen für eine optimistische und zukunftsorientierte Welt[6] Genesis, 2023, Installation, Guang Dong Art Museum, 2023, VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Ren Rong, Foto: Guang Dong Art Museum / China.

sicht, die aus der Vergangenheit und aus der Gegenwart ihre Kraftimpulse für die Zukunft erhält und dabei immer wieder auf die Einheit von Mensch und Natur verweist.

Für das Bochumer Kunstmuseum war diese Ausstellung wegweisend, sie erschloss der bisher auf Europa konzentrierten Ausstellungs- und Sammlungspolitik neue außereuropäische Horizonte, die in weiteren Projekten zur Kunst Asiens, Afrikas und Lateinamerikas weiter erforscht werden sollten. Sie führte dank der unermüdlichen Aktivität des Künstlers zahlreiche Jugendliche, Kinder und Schulklassen ins Haus, die in wochenlanger Arbeit in Ateliers, die Ren Rong anleitete, vorbereitende und begleitende Arbeiten für die Ausstellung durchführten und sie öffneten die Institution in das städtische Umfeld, denn zahlreiche Kaufleute der Bochumer Innenstadt stellten ihre Schaufenster

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zur Verfügung, in denen die Pflanzenfiguren agieren durften und so für das Kunstprojekt Werbung machten.

Für Ren Rong ist die Bochumer Ausstellung und die darauffolgende Tournee durch weitere zwölf Ausstellungsinstitute auch ein wichtiger Punkt in seiner künstlerischen Entwicklung. Einzelne Elemente der Präsentation hat er in den Jahren zuvor bereits in Ausstellungen erprobt, doch hier schließen sich alle Elemente zu einer geschlossenen, optimistischen Gesamtaussage, zu einer künstlerischen Stellungnahme, die eine Rückbesinnung des Menschen auf die Natur und die in ihr waltenden Kräfte, auf die Gesellschaft und letztlich auf den Platz des Menschen im Kosmos fordert. In den folgenden Jahren wird Ren Rong an diesem Anspruch festhalten und seine Ausstellungen zunehmend orts- und raumbezogen gestalten und dabei nicht in der Repetition des Erreichten verhar-

ren, sondern nach einer Fortentwicklung seiner universalen künstlerischen Aussage mit immer neuen formalen Mitteln und Materialien suchen. Holzskulpturen und -reliefs, aus Eisenplatten geschnittene Figurationen, die auch zur Aufstellung im öffentlichen Raum geeignet sind, Frottagen dieser Eisenskulpturen auf Leinwand, Wandobjekte aus Draht und zahlreiche Experimente mit neuen Materialien lassen sein metaphorisches Reflexionsmodell des Pflanzenmenschen immer neue Stadien und Wandlungen durchlaufen. Die über zwei Meter hohen, aus unbehandeltem Eisen geschnittenen Skulpturen der Genesis-Folge stellt Ren Rong gern in die Natur. Sie sind auf direkte Interaktion mit dem Betrachter angelegt, der mit bereitgestellten metallenen Klöppeln aufgefordert ist, dem visuellen Überangebot an organischen und menschlichen Formen, die sich vor ihm ineinander verschlungen auftun, Töne zu entlocken, sie zur Klangskulptur zu machen.

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[7] Universum, 2016, Installation, Osthaus-Museum Hagen, VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Ren Rong, Foto: Beba Ilić, Hagen.

Ren Rong pendelt seit Jahren zwischen China und Deutschland, hat in Bonn und in der populären Künstlersiedlung Songzhuang in der Peripherie Beijings jeweils neben großzügigen Ateliers auch Schauräume musealen Charakters.

Neunzig solcher Skulpturen stellt der Künstler im Jahr 2015 in den Skulpturenhof des Duisburger Lehmbruck-Museums, wo sie im Rahmen der großen „China 8“-Ausstellung der RuhrKunstMuseen Aufsehen erregen. 2016 stehen neun Genesis-Skulpturen vor dem Osthaus-Museum in Hagen, keine zufällige Zahl, sondern in chinesischer Tradition Symbol für Harmonie und Ewigkeit. Und 2020 wiederum neun Skulpturen im Außenbereich des Ludwig-Museums in Koblenz, als weithin sichtbare Zeichen für Vitalität, Fruchtbarkeit und Glück auf die Wiese gestellt. Ren Rong verwendet für seine stelenartigen Skulpturen den Titel Genesis, welches altgriechisch die Schöpfung bezeichnet, die Entstehung und die Geburt, und lenkt in den Schöpfungsgedanken des Buches Genesis (1. Mose) auch den biblischen Blick auf die Entstehung von Himmel und Erde, der Erschaffung von Natur und den Pflanzen, den Beginn des Lebens bis hin zum Ursprung des Menschseins. Das Schöpfungsthema „Genesis“ ist in der künstlerischen Konzeption von Ren Rong zentral und schon in der Figur des Pflanzenmenschen auf poetische Weise verankert. Der Künstler sieht sich auch selbst als Schöpfer seiner Werke und deren Entstehung als Genesis, als ein Gleichnis der Schöpfung.

Ren Rong pendelt seit Jahren zwischen China und Deutschland, hat in Bonn und in der populären Künstlersiedlung Songzhuang in der Peripherie Beijings jeweils neben großzügigen Ateliers auch Schauräume musealen Charakters. Mit einem Stab von Mitarbeitern produziert er seine zum Teil großformatigen Werke,

mit denen er sowohl im westlichen Kunstmarkt präsent ist als auch im asiatischen Raum. Auch nach dem Erhalt der deutschen Staatsbürgerschaft hat der Künstler den Kontakt zu seiner Heimat niemals abreißen lassen, vielmehr den Dialog der Kulturen zu seiner Lebensaufgabe erklärt. Über seine zahlreichen und großen Museumsausstellungen in China erfährt man am ehesten, wenn man die Bibliothek in der Villa Friede in Bonn besucht, wo viele umfangreiche Publikationen seine künstlerische Tätigkeit in China dokumentieren.

Die Ausstellungen in bedeutenden chinesischen Museen in den letzten Jahren, in Nanjing und Wuhan 2018, in Jiangsu 2019, Xi’an und Guangzhou 2023, belegen den bedeutenden Stellenwert Ren Rongs auch in der aktuellen chinesischen Kunstrezeption. Seine Ausstellungen sind stark auf die jeweiligen Orte und deren architektonische Gegebenheiten hin konzipiert. Auffällig ist die Tendenz zu raumgreifenden Installationen und ein zunehmender Einsatz von Licht- und Schattenwirkungen, die dramaturgische Funktionen erhalten. Drei großräumige Arbeiten zeigt Ren Rong im vergangenen Jahr im 1997 gegründeten Guangdong Museum of Art in Guangzhou, der südchinesischen 16-Millionen-Metropole, die nicht nur ein bedeutender Handels- und Industriestandort ist, sondern als Ausrichter der Guangzhou-Triennale für moderne und zeitgenössische Kunst von internationaler Bedeutung ist. Landschaft ist der Titel einer Installation, die Eisenskulpturen zeigt, die den Genesis-Stelen ähneln, allerdings mit offenen Umrissen statt rechteckiger, auf die

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[8]
Landschaft, 2023, Installation, Guang Dong Art Museum, 2023, VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Ren Rong, Foto: Guang Dong Art Museum / China

Eisenplatten verweisender Grundformen. Die Skulpturen erhalten dadurch einen expressiveren Ausdruck, die Lesbarkeit als Pflanzenmensch erscheint zurückgenommen. Auf dem Boden sind Kieselsteine verteilt, die Lichtsituation ist gedämpft, überraschende Schattenbildungen an den Wänden stellen sich ein –eine fast theatralische Inszenierung. In der Installation Pyramide, 2023, kommen Schaufelmasken zum Einsatz: Aus industriell gefertigten Schaufeln, im Herstellungsprozess Ready-Mades verwandt, sind gesichtsartige Masken grob herausgeschnitten, eine Vielfalt von Gesichtern, doch anonym, entindividualisiert. Im

Jahr 2020 hat Ren Rong diese Schaufelmasken erstmals in einer Ausstellung in der Villa Friede gezeigt, in der er trotz CoronaRestriktionen gemeinsam mit dem befreundeten Künstler Fang Lijun neue Werke präsentiert. 500 Schaufelmasken sind zu einer Pagoden-Architektur zusammengestellt – eine Arbeit, die Assoziationen zu archäologischen Grabungen nahelegt, die aber auch von einer nicht ausdeutbaren geheimnisvollen Aura geprägt ist. In Guangzhou werden die Schaufeln zu einer Pyramide zusammengestellt, ein Verweis auf universale Formen und Symbole der großen Weltreligionen liegt nahe. Auch das christliche

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Kreuzsymbol taucht wiederholt in Ren Rongs jüngsten installativen Werken auf, als gestalterische Form und gleichzeitig als spirituelles Zeichen. Die Installation Sehnsucht, 2023, lebt von einer dramatischen Lichtregie. Die Schaufelmasken sind hier zu Bootskörpern zusammengefügt, die von einer Unzahl aneinandergebundener Schuhe wie von Wasser umgeben sind. Ein sehr assoziationsreiches Werk, das für viele Deutungen offen ist. „Es geht um Sehnsucht, Einsamkeit, aber auch Würde und Zukunft“, bemerkt Ren Rong. Aus einer bestimmten Perspektive scheinen die Boote auf einen Fluchtpunkt in der Ferne, in einer ungewissen oder verheißungsvollen Zukunft, zuzusteuern, doch auch die Idee der überall auf der Welt stattfindenden Katastrophen und des Elends von Flucht und Vertreibung bleibt angesichts der Installation Sehnsucht unterschwellig präsent.

Ren Rong befragt seit vier Jahrzehnten in seinen Werken seine west-östliche Identität, allerdings nicht rückwärtsgewandt, auf den Erhalt des Überkommenen gerichtet, sondern offen für die Erfahrung des Neuen, Fremden, das ihm die Synthese von Ost und West bereithält. Sein Ansatz ist synkretistisch, auf die Verschmelzung kultureller Systeme gerichtet, seine Werke bieten sinnliche Erfahrungsmodelle für eine universalistische Weltsicht. Er bringt sich mit seinen unverwechselbaren Werken in den zeitgenössischen Kunstdiskurs ein, er versucht, durch den Dialog der Kulturen zwischen Ost und West zu vermitteln, und er tut das mit Nachdruck, Ernsthaftigkeit und mit einem unermüdlichen Engagement.

Sepp Hiekisch-Picard

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[9] Sehnsucht, 2023, Installation, Guang Dong Art Museum, 2023, VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Ren Rong, Foto: Guang Dong Art
/ China
Museum

Biografie

1960 Geboren in Nanjing | China

1982–86 Studium an der Kunstakademie Nanjing | China

1986 Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland

1987–92 Lehrauftrag am Seminar für Orientalische Sprachen an der Universität Bonn für chinesische Tuschmalerei und Kalligrafie

1989–90 Studium der freien Malerei an der Kunstakademie Münster bei Prof. Udo Scheel

1990 Deutsche Staatsangehörigkeit

1990–92 Studium der freien Malerei an der Kunstakademie Düsseldorf

1992 Meisterschüler von Prof. Fritz Schwegler.

1993 Jahresstipendium des Kultusministeriums des Landes Schleswig-Holstein

1994 Weilburger Förderpreis für Bildende Kunst

1995 Bau eines Ateliers und Gründung des „Kunstraums Songzhuang“ nahe Beijing | China

1996 Organisation „China – Malerei der Gegenwart“ im Auftrag des Kunstmuseums Bonn

2001 Gastprofessor an der Hochschule für Gestaltung in Hamburg

2003 Preis der internationalen Kunstbiennale Beijing | China

2013 Gründung „Kunstraum Villa Friede“ in Bonn

Ausstellungen (Auswahl)

2023 Eternal Generation, Guangdong Art Museum, Guangdong, China

2023

2023

2020

Teilnahme an der Chengdu Biennale Time Gravity, Chengdu, China

Looking West at Chang 'an, Cui Zhenkuan Art Museum, Xi 'an, China 2021

Ren Rong & Zhang Xiaogang, Osthaus Museum, Hagen

Ren Rong & Fang Lijun, Ludwig Museum, Koblenz

2020 The Mountain, Kunstverein Ulm

2019 Rivers and Mountains, Suzhou Hanshan Art Museum, Jiangsu, China

2019 Ren Rong & Günther Uecker, Kunstraum Villa Friede, Bonn

2018 Zandvoort Museum, Zandvoort, Niederlande

2018 Virtual Reality, Hubei Art Museum, Wuhan, China

2018

Four Seasons, Jinling Art Museum, Nanjing, China

2017 Museum of Lu Xun Academy of Fine Arts, Shenyang, China

2016 Retrospektive, Osthaus Museum, Hagen

2009 Mannheimer Kunstverein, Mannheim

2008 Gustav-Lübcke Museum, Hamm

2005 Ren Rong & Andreas von Weizsäcker, Haus der Kunst der Stadt Brünn, Tschechische Republik

2002 Hong Kong Art Center, Hong Kong

2001 Kunsthalle Erfurt, Erfurt

2001 Von der Heydt-Museum, Wuppertal

2000

2000

2000

2000

2000

1999

Kunstmuseum Bochum, Bochum

Leopold-Hoesch-Museum, Düren

Kunsthaus Dresden, Dresden

Heidelberger Kunstverein, Heidelberg

Taipei Fine Arts Museum, Taipei, Taiwan

Kunstmuseum Bochum, Bochum

1999 Städtisches Kunstmuseum Spendhaus, Reutlingen

1999 Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Cismar

1997 Stadtmuseum Siegburg

1996 Landesmuseum Oldenburg

1995 Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg

1995 Stadtgalerie im Sophienhof, Kiel

1991 Städtische Galerie, Oberhausen

1987 Galerie 46, Mülheim an der Ruhr

1986 Gulou Galerie, Nanjing, China

Werke in öffentlichen Sammlungen

Hexiangning Art Museum, Shenzhen (China) | Hong Kong Museum of Art (China) | Juming Museum, Taipei (Taiwan) | Hong-Gah Museum,Taipei (Taiwan) | Today Art Museum, Beijing (China) | Nanjing Art Museum, Nanjing (China) | Kunsthalle Dominikanerkirche, Osnabrück | Stadtmuseum Siegburg | Stadt Schwäbisch Gmünd | Museum moderner Kunst – Stiftung Wörlen, Passau | Dithmarscher Landesmuseum, Meldorf | Museum Kunst Palast, Düsseldorf | Kunstmuseum Bochum | Stadtmuseum Weilburg | Märkisches Museum, Witten | Leopold-HoeschMuseum, Düren | Universitätsmuseum für Bildende Kunst, Marburg. Kontakt

Kunstraum Villa Friede

Mainzer Straße 141-143, 53179 Bonn

Tel. +49-(0)228-24045044

info@kunstraum-villafriede.de

Porträt | Ren Rong | 17
18 | Thema | Kunstfertige Berufe
[1] Albrecht Dürer, Drahtziehmühle nahe Nürnberg (Hallerwiesen an der Pegnitz), 1494, Aquarell, 29 x 42,6 cm, Berlin, Kupferstichkabinett, Foto: Wikimedia Commons.

Was ist ein

Paternostermacher?

Ungewöhnliche Berufe im künstlerischen Umfeld

Künstlerische Berufe sind schnell aufgezählt – zumindest, wenn man die Moderne außer Acht lässt. Da gibt es Malerei, Bildhauerei, Architektur, Zeichnung, Grafik, vielleicht noch Goldschmieden und andere Fertigkeiten, die sich im Grenzbereich zwischen Kunst und Handwerk bewegen. Schaut man jedoch in einschlägige Lexika, kommen noch ganz andere Bezeichnungen hinzu, von denen man vielleicht noch nie gehört hat und von denen man sich nur schwerlich vorstellen kann, was sie bedeuten: z.B. den Arkanisten, den Bombardenbauer, den Büchsenschäfter, den Flindermacher, den Grottierer, den Kachelbäcker, den Kannengießer, den Nielleur, den Paternostermacher, den Quodlibetmaler, den Zeugdrucker … und noch viele mehr. Alles männliche Bezeichnungen, weil Frauen zwar häufiger in den jeweiligen Werkstätten mitarbeiteten, aber nur selten selbst den Beruf erlernen konnten.

Thema | Kunstfertige Berufe | 19
„Man spitzt die dehnbare Stange etwas zu, steckt die Spitze durch das Ziehloch und zieht mit Gewalt an der Spitze, dass die Stange [...] einem Drahte ähnlicher werde, welches wegen Enge des Loches nicht anders geschehen kann.“

Basedow, Elementarwerk

[2]

Ein Begriff ist bekannt, wird aber nicht mit Kunst in Verbindung gebracht, sondern eher mit Intrigen. Das ist der des Drahtziehers. Mit der allseits bekannten Bedeutung ist er vom Marionettenspiel abgeleitet. So wie dort die Puppen an Drähten hängen, die von Spieler*innen bewegt werden, so wirken Drahtzieher*innen im Hintergrund und lassen andere für sich agieren.

Doch das ist natürlich kein künstlerischer Beruf. Es gibt allerdings tatsächlich den Beruf des Drahtziehens, der auch bis heute ausgeübt wird. Der Name hat sich zwar geändert, heute wird man zur Fachkraft für Metalltechnik ausgebildet, welches sehr viel mehr umfasst, doch das Drahtziehen gehört auch immer noch dazu.

Drahtzieher gab es wahrscheinlich schon in der Spätantike. Im frühen Mittelalter gehörte das Drahtziehen zu einem wichtigen Zweig der verarbeitenden Metallberufe. Aus dem durch ein Zieheisen immer dünner werdenden Draht wurden die unterschiedlichsten Gegenstände gefertigt wie Nägel, Ketten, Siebe, aber auch Schmuck, wenn es sich um Gold- oder Silberdraht handelte. Zuerst nur durch menschliche Kraft gezogen, entstanden im 14. Jahrhundert Drahtmühlen, bei denen zum Ziehen Wasserkraft eingesetzt wurde. Albrecht Dürer (1471–1528) hat solch eine Drahtmühle dargestellt [1]. Nürnberg war damals eines der Zentren der Drahtzieher und dort erfand auch der Nürnber-

20 | Thema | Kunstfertige Berufe
Die Hausbücher der Nürnberger Zwölfbrüderstiftungen, Amb. 317.2 o Folio 40 verso, Dyetrich Schockentzieher († vor 1432), Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg, Nürnberg.

ger Künstler Rudolph (?–?) um 1369 die mechanische Ziehbank, mit der er viel Geld verdiente. Das Geheimnis der Erfindung verriet später sein Sohn. Die Wut des Vaters darüber war so groß, dass der Sohn aus Nürnberg fliehen musste. [2]

Der Humanist Helius Eobanus Hessus (1488–1540) schrieb 1532, als er in Nürnberg lebte, ein langes Poem über diese Stadt (Urbs Noriberga illustrata carmine heroico), in dem er ausführlich auf die Kunst des Drahtziehens einging und eine der Nürnberger Drahtmühlen als herrliche Erfindung lobte. In den Hausbüchern

der Nürnberger Zwölfbrüderstiftungen sind 25 Nürnberger Drahtzieher mit Porträts aufgelistet und den verschiedenen Arten des Drahtziehens.1 Schon allein dadurch wird deutlich, wie angesehen dieser Beruf war, der auch von Künstlern ausgeführt wurde. Wie so eine Drahtzieher-Werkstatt aussah [3], sieht man auf einem der Kupferstiche, die 1774 das Elementarwerk von Johann Bernhard Basedow (1724–1790) illustrierten. Daniel Chodowiecki (1726–1801) hatte die Vorlagen gezeichnet.2 Zwei der Drahtzieher arbeiten an der Ziehmaschine. Ein dritter steht am Tisch im Hintergrund, auf dem sich verschiedene Werkzeuge

Thema | Kunstfertige Berufe | 21
[3] Johann Bernhard Basedow / Daniel Chodowiecki, Elementarwerk, Leipzig/Dessau 1774, Tafel 56 c, Drahtzieherwerkstatt, Foto: The History Collection / Alamy Stock Foto.
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[4] Anonym, Flinderhaube aus Nürnberg, um 1640/80, Netz: Metall, Seide, Draht, umwoben; Flinder: Kupferlegierung, ausgestanzt; Oberstoff (Wulst): Leinen, Leinwandbindung; Polsterung: Baumwolle, Watte; Spitze: Seide, Maschinenspitze, 33 x 43 x 20 cm, ca. 1055 Gramm, München, Bayerisches Nationalmuseum.

befinden, darunter ein Zieheisen mit Löchern. Und links steht noch eine Plättmühle.

Solcher Metalldraht war das Ausgangsmaterial des Flindermachers, der auch Flinderschlager genannt wurde. Auf die Spur kommt man ihm, wenn man weiß, dass Flinder das in Süddeutschland gebräuchliche Wort für Flitter war, worunter man sich schon eher etwas vorstellen kann. Heute ist eher das Wort Pailletten gebräuchlich, die ursprünglich französische Bezeichnung. Flindern wurden aus Kupfer- oder Messing-Ösen (die aus Draht gefertigt worden waren) geschlagen. Die kleinen Plättchen wurden dann häufig vergoldet, um daraus beispielsweise die Flinderhauben [4] zu fertigen, die vor allem im 16. und 17. Jahrhundert in adligen Kreisen verbreitet waren. Patrizierinnen trugen sie zu festlichen Anlässen, vor allem zu Hochzeiten und kurz danach. Daher rührt auch der Begriff der „Flitterwochen“.

Die Hauben bestanden aus einem Seidengeflecht, das in der Makramee-Technik geknüpft und mit Draht verstärkt war. Da hinein wurden die Flinder gehängt. Die innen ausgepolsterten Hauben

wurden mit einem im Nacken gebundenen Seidenband versehen. Sie waren schon aufgrund ihres Gewichts von ungefähr einem Kilogramm ziemlich unbequem zu tragen. Doch die Flinder wurden auch anderweitig eingesetzt, beispielsweise als Verzierungen von Kronen und von Reliquienbehältern.

Der Flindermacher übte meistens gleichzeitig den Beruf des Rechenpfennigmachers aus. Der Rechenpfennig war ein RechenHilfsmittel, vergleichbar dem Abakus. Die dafür verwendeten geprägten Metallscheiben erinnern an Münzen. Sie wurden, ebenso wie die Flinder, im deutschsprachigen Raum vor allem in Nürnberg hergestellt, beispielsweise von der Familie Lauffer. Wolf Lauffer I. (†1601), der eine Rechenpfennigmacher-Dynastie begründete, stellte einen Rechenpfennig her, auf dem der Rechenmeister am Rechentisch dargestellt ist [5]

Außergewöhnliche Namen finden sich aber natürlich nicht nur bei den Berufen, die sich dem Metall widmen. Es gibt sie auch in anderen Sparten. So gehört der Beruf des Grottierers in den Bereich der Bildhauerei, denn er ist nicht von den Begriffen

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[5] Wolf Lauffer I., Nürnberger Rechenpfennig mit Rechenmeister am Rechentisch, 2. Hälfte 16. Jahrhundert, Messing, Durchmesser 29,6 mm, Foto: Ursa Kosi, Staatliche Münzsammlung München, 2020.

grottenfalsch oder grottenhässlich abgeleitet, die beide ihren Ursprung wohl im Wort Kröte besitzen und deshalb eigentlich mit einem K geschrieben werden sollten. Der Grottierer hingegen hat mit dem Bau von künstlichen Grotten zu tun, wie sie von Italien ausgehend seit der Renaissance im Schlossbau zu finden sind. Die Faszination für natürliche Höhlen (italienisch la grotta) war schon in der Antike gegeben und führte zum Glauben, sie seien von Nymphen und anderen mythologischen Wesen bevölkert. In der Renaissance erlebte die Höhle als Sehnsuchtsort ein Revival. Doch nun reichte es nicht mehr, natürli-

che Höhlen zu finden und zu besuchen. Was lag also näher, als künstliche Höhlen in die Gartenanlagen der Schlösser zu integrieren?

In Florenz besaßen die Medici mit dem Palazzo Pitti ein eindrucksvolles Schloss auf der südlichen Seite des Arno. Daran schließt sich bis heute der so genannte Boboli-Garten an, eine große Anlage mit Wasserspielen, Skulpturengruppen, Gartentempeln und vielem mehr. Dort befinden sich auch zwei Grotten, von denen die eine, die Grotta grande, von Bernardo Buontalenti

[6]
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[6] Bernardo Buontalenti, Große Grotte im Boboli-Garten, 1583–1593, Florenz, Palazzo Pitti, Boboli-Garten, Foto: Wikimedia Commons.

(1536–1608) entworfen wurde [6]. Im ersten der drei Räume treten erst allmählich zwischen den (künstlichen) Stalaktiten und aus den (künstlichen) Felsen Hirten und Tiere hervor, die ebenso wenig vollendet scheinen wie die Sklaven von Michelangelo (1475–1564), die sich dort befinden (heute durch Kopien ersetzt) und die eigentlich das nie vollendete Julius-Grab in Rom schmücken sollten. Die Dekoration mit Stalaktiten und den tierischen und menschlichen Wesen wurden von einem nicht näher bekannten Piero di Tommaso Muti ausgeführt. Er übte den Beruf des Grottierers aus und damit den des auf die Modellierung von

für Grotten typische Wände spezialisierten Künstlers. In den zwei weiteren Räumen der Grotte befinden sich Skulpturen: Paris und Helena, 1587 von Vincenzo de Rossi (1525–1587) geschaffen und eine Venus von Giambologna (1529–1608) von etwa 1570. Die Wände sind zwar nicht so ausgeprägt gestaltet wie im ersten Raum, ihr Grotten-Charakter ist aber nicht zu übersehen.

Die Namen der Grottierer sind nur selten bekannt. Meist kennt man die Architekten, weiß damit aber nicht, wie viel freie Hand den Grottierern bei der Gestaltung der Wände gelassen wurde

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[7] [8]
[7] [8] Friedrich Sustris, Grottenhof der Münchner Residenz, 1581–1588, Fotos: Wikimedia Commons.

Kostbare Materialien wie seltene Muscheln, edle Steine, Bergkristalle, Tropfsteine aus echten Höhlen, Glas und vor allem Korallen wurden in der Grotte verbaut.

oder wie sehr sie sich an Vorgaben zu halten hatten. Sie mussten jedenfalls eine große Kenntnis verschiedener Materialien haben. Für den Grottenhof der Münchner Residenz etwa hatte der Bauherr, Herzog Wilhelm V. von Bayern (1548–1626), nachdem er sich von Großherzog Francesco I. de' Medici (1541–1587) hatte beraten lassen, kostbare Materialien kommen lassen, die in der Grotte verbaut werden sollten: seltene Muscheln, edle Steine, Bergkristalle, Tropfsteine aus echten Höhlen, Glas und vor allem Korallen. Sie alle wollten beim Einbau unterschiedlich behandelt werden.

Durch Umbauten, aber auch durch die Zerstörungen im 2. Weltkrieg, ist von der ehemaligen Pracht kaum noch etwas übriggeblieben. Doch kann man den früheren Eindruck immer noch erahnen [7][8], zumal die Begleiter des bronzenen Merkur im Mittelteil der Grotte noch etwas von ihrer Farbigkeit behalten haben. Dieser Merkur stammt zwar nicht von Giambologna, sondern von Carlo di Cesare del Palagio (1538–1598), doch hat eine von Giambolognas den fliegenden Merkur darstellenden Figuren Pate gestanden. Und so kann eine Parallele zwischen der Grotte im Boboli-Garten in Florenz mit der Venus von Giambologna und

derjenigen in der Münchner Residenz mit dem Merkur hergestellt werden. In München kennt man die Namen der ausführenden Grottierer nicht. Später, bei anderen Schlössern, finden sich deren Namen wie der von Joachim Ludwig Heydert (1716–1794), eigentlich ein Gartenkünstler, der in Schloss Sanssouci in Potsdam auch als Grottierer arbeitete.

Die Grottierer mussten sich nicht nur mit den Besonderheiten der unterschiedlichen kostbaren Materialien auskennen, sie brauchten natürlich auch Modelliermassen, also beispielsweise Gips oder Ton. Beide Materialien können auf ganz unterschiedliche Weise verarbeitet werden. Der Ton, auf dem jetzt der Fokus liegt, ist die Basis für verschiedene Handwerksberufe, die natürlich alle unter dem Oberbegriff Keramiker*in zusammengefasst werden können. Doch das ist nicht präzise genug. So gibt es beispielsweise die Kachelbäcker, zünftige Handwerker, die für die Herstellung von Ofenkacheln zuständig waren. Deshalb hatten sie auch oft zwei Berufe: den des Ofensetzers und den des Kachelbäckers. Sie waren aber keine Kannenbäcker, die Gefäße aus Ton modellierten, die zur Aufbewahrung von Grundnahrungs-

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[9] Eglofs (Argenbühl)
, Museum: Ofenkacheln, Foto: Wikimedia Commons.

mitteln ebenso dienten wie Krüge, in denen sich Flüssigkeiten befanden. Diese mussten sehr viel höher gebrannt werden und brauchten eine harte Glasur, damit sie dicht blieben. Das hatte zur Folge, dass sie Öfen mit einer höheren Temperatur betrieben, durch die die Brandgefahr größer war. Deshalb und weil sie durch den hohen Brennstoffverbrauch die Preise für Brennholz in die Höhe trieben, verbot die Stadt Köln auf Betreiben der Kachelbäcker den Kannenbäckern Mitte des 16. Jahrhunderts, ihr Handwerk weiterhin auszuüben. In Köln wurden dann zwar noch Kacheln für Öfen, aber keine Krüge mehr hergestellt. Die Kannenbäcker

suchten sich andere Orte, wo sie geduldet wurden, wie etwa den Westerwald, zumal sich ihre Produkte in eigentlich jedem Haushalt fanden. Doch auch Kachelbäcker gab es natürlich nicht nur in Köln. Die unterschiedlichsten Ofenkacheln präsentiert das Museum im schwäbischen Argenbühl-Eglofs in einem separaten Raum [9].

Im Bereich der Keramik und des Porzellans gibt es noch zahlreiche andere Berufe, bei denen nicht gleich deutlich wird, um was genau es sich handelt. Die Arkanisten hüteten sorgfältig ihre

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Geheimnisse der Porzellanherstellung. In der Dekoration wurde unterschieden zwischen Blau- und Buntmalern: Die ersteren malen unter der Glasur, und zwar ausschließlich mit der Farbe Blau, die anderen auf der Glasur, vor dem letzten, dem dritten Brand, mit verschiedenen Farben. Doch gibt es auch bei den Tafelmalern, also denjenigen, die Bilder malen, Differenzierungen nicht nur, was das Sujet betrifft, so wie Historienmaler, Stilllebenmaler, Tiermaler … die Reihe ließe sich noch beliebig fortsetzen, sondern zum Beispiel auch die Cassonemaler. Cassone ist das italienische Wort für Truhe. In diesem Fall ist speziell die

Hochzeitstruhe gemeint, die vor allem in Florenz, später dann auch an anderen Orten bemalt oder mit Reliefs verziert wurde. Für diese Malereien waren häufig spezielle Cassonemaler zuständig wie Giovanni di Ser Giovanni Guidi, genannt Lo Scheggia (1406–1486), der Bruder des berühmten Malers Masaccio (1401–1428) und nach seiner Lehre ab 1426 auch dessen Gehilfe. Zwei Jahre später starb Masaccio und Giovanni spezialisierte sich auf Bau und Ausschmückung von Truhen und anderen Gegenständen im häuslichen Bereich. Damals erhielt er wohl auch den Beinamen Lo Scheggia, was so viel wie Holzsplitter bedeutet.

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[10] Giovanni di Ser Giovanni Guidi (?), Cassone Adimari, 1440/50, Holz, 88,5, x 303 cm, Florenz, Galleria dell'Accademia, Foto: Vidimages / Alamy Stock Foto.

Lange Zeit als Cassonemaler kaum beachtet, werden ihm heute etliche Werke zugeschrieben, darunter auch die Malerei auf der Cassone Adimari [10]

Auf dem Bild ist eine Stadt zu sehen, die nicht nur durch das Baptisterium, also den oktogonalen Bau mit schwarzweißer Marmorverkleidung, unschwer als Florenz zu erkennen ist, sondern auch durch andere Gebäude. Im Vordergrund tanzen fünf Paare unter einem Baldachin, begleitet von Musikern links im Bild und anderen Personen, teils Gästen der Hochzeit, teils kleiner darge-

stellten Bediensteten. Bei einem der fünf Paare dürfte es sich um das Hochzeitspaar handeln. Der Bräutigam stammte vermutlich aus dem Hause Adimari, einer Florentiner Patrizierfamilie. Doch auf welche Hochzeit sich das Bild bezieht, ist nicht gesichert, die Malereien dürften um 1440/50 entstanden sein. Auf den Truhen wurden häufig Szenen aus der Literatur dargestellt. Das Decamerone von Giovanni Boccaccio (1313–1375) mit seinen Liebesgeschichten bot sich zum Beispiel an. Hier jedoch findet eine Hochzeit statt und damit bietet sich auch die Chance, die damals als elegant geltenden Kleider zu bewundern, die zu einem solch fest-

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lichen Anlass getragen wurden. Es zeigt sich aber auch, dass die Anzahl der geladenen Gäste überschaubarer war als heutzutage in den meisten Fällen.

Einem ganz anderen Metier geht der Paternostermacher nach. Das ist nun keineswegs einer, der diese altmodischen Aufzüge herstellt, die, ohne anzuhalten nach oben und unten fahren. Und diese heißen auch nicht so, weil die Benutzer*innen jedesmal ein Vaterunser (Paternoster) beten, sondern weil die Kabinen bei einem Paternoster ebenso an einer Kette aufgehängt sind wie

die Perlen eines Rosenkranzes. Der Rosenkranz hingegen heißt so, weil mit seiner Hilfe die Katholiken das Rosenkranzgebet sprechen, das aus zehn Ave-Maria und einem Vaterunser besteht. Der Rosenkranz wurde früher auch Paternosterschnur genannt und diejenigen, die sie fertigten, waren die Paternostermacher. Viele von ihnen wurden auch als Bernsteindreher bezeichnet, weil eine Menge Rosenkränze aus Bernsteinperlen bestanden. Sie konnten aber auch aus anderen Materialien gefertigt werden wie Elfenbein, Koralle oder Silber. Preiswerter waren diejenigen aus Knochen, Horn oder Holz. Paternostermacher-Zünfte ent-

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[11] Johann Bernhard Basedow / Daniel Chodowiecki, Elementarwerk, Leipzig/Dessau 1774, Tafel 21 c, Buchdruckerei, Foto: The History Collection / Alamy Stock Foto.

Zu den aussterbenden Berufen gehört auch der des Schriftsetzers und ab etwa 1900 auch der Schriftsetzerin, den es bis in die späten Jahre des 20. Jahrhunderts gab und der heute noch von einigen wenigen Menschen ausgeführt wird.

standen ab dem 14. Jahrhundert vor allem in Norddeutschland. Wie es in der Werkstatt eines solchen Handwerkers zuging, ist durch die Hausbücher der Nürnberger Zwölfbrüderstiftung überliefert, in der drei Paternostermacher aufgelistet sind, jeweils begleitet von einem Bild, das den Meister in seiner Werkstatt zeigt.3 Viele der Paternostermacher beschränkten sich nicht nur auf die Herstellung von Rosenkränzen, sondern führten auch andere Arbeiten aus. Gerade aus Bernstein wurden viele andere Gegenstände hergestellt. Denjenigen, die sich ausschließlich auf Rosenkränze spezialisiert hatten, drohte mit der Reformation das Aus, denn die Nachfrage ging rapide zurück, zumal in Norddeutschland, wo sich der Protestantismus stärker ausbereitete als im Süden.

Paternostermacher und Cassonemaler gehören der Vergangenheit an. Drahtzieher gibt es immer noch, wenn auch unter einem weniger sprechenden Namen. Neue Berufe entstehen immer wieder. An den Universitäten, aber auch in den Lehrberufen, gibt es heute Fachrichtungen, von denen bereits diejenigen, die die Vierzig überschritten haben, noch nie etwas gehört haben. Ebenso sterben andere Berufe aus wie viele der eben genannten. Zu ihnen gehört auch der des Schriftsetzers [11] und ab etwa 1900 auch der Schriftsetzerin, den es bis in die späten Jahre des 20. Jahrhunderts gab und der heute noch von einigen wenigen Menschen ausgeführt wird. Sie sind vor allem an der künstlerischen Seite dieses Berufs interessiert, die das Handwerk in vielen Bereichen begleitet.#

1 https://www.nuernberger-hausbuecher.de/ index.php?do=query&mo=4&rs=1&os=0& vo=279&tt=prs-jobnorm&tm=Drahtzieher.

2 J. B. Basedows Elementarwerk mit den Kupfertafeln Chodowieckis u.a., Kritische Bearbeitung in drei Bänden, herausgegeben von Theodor Fritzsch. Dritter Band. Ernst Wiegand, Verlagsbuchhandlung Leipzig 1909.

3 https://hausbuecher.nuernberg.de/index.php ?do=query&mo=4&rs=1&tt=prs-jobnorm&tm =Paternostermacher.

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Weiß

hat viele Gesichter

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In Weiß gehaltene Porträts auf schwarzer

Leinwand, inspiriert von Holbein und Memling, wirken nahezu entrückt und jeglicher Natürlichkeit beraubt.

Weiß ist nicht gleich Weiß – zumindest in den Assoziationen, die mit der Farbe verbunden sind. Weiß hat mehr als zwei Gesichter: Man denkt an Kühle und Eleganz, an Schönheit oder einen Neubeginn; es begeistert Puristen mit Reinheit und Schlichtheit. Gleichzeitig ist Weiß in vielen Kulturen der Welt eine Trauerfarbe, und oftmals steht es für eine ungemütlich steril-klinische Atmosphäre. Für Wassily Kandinsky (1866–1944) galt Weiß gar als „ein großes Schweigen, welches für uns absolut ist. Es ist ein Schweigen, welches nicht tot ist, sondern voll Möglichkeiten. Das Weiß klingt wie Schweigen, welches plötzlich verstanden werden kann.“

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Ein Raum mit Mobiliar nur in Weiß, teils auf schwarzem Grund und ohne Schatten, scheint eher verfremdet als real.

Trotz aller unterschiedlicher Ansätze bleibt Weiß immer in gewissem Sinne ein unbeschriebenes Blatt. Da ist zum Beispiel die Kreide, die nicht nur verborgene Talente hat: Sie ist in vielen Grundierungen enthalten, und wer das Uffington White Horse in den südenglischen Berkshire-Downs kennt, sieht die Umrisse des stilisierten Pferdes kreideweiß über die grüne Hügelflanke galoppieren. Entstanden ist es in der späten Bronzezeit mittels ausgehobener Gräben, die mit Kreide aufgeschüttet wurden (und seither in jeder Generation mindestens einmal neu gefüllt werden). Die besondere Materialität und Farbe von Kreide bzw. Kalk spielt in den Klippen von Dover eine ebenso bedeutende Rolle wie malerisch festgehalten im Kreidefelsen auf Rügen von Caspar David Friedrich.

Natürlich gibt es weit mehr als das Weiß der Kreide, etwa das spröde Zinkweiß, das gelbliche Weiß des Elfenbeins, das OffWhite naturbelassener Schafwolle, das Bleiweiß des Bleikarbonats sowie andere Weißtöne von Silber bis Beige. Eins aber hat Weiß immer an sich: etwas Abstraktes, exklusiv und mitunter beunruhigend.

Bis in das 19. Jahrhundert hinein war Bleiweiß das einzige verfügbare Weißpigment, und schon Plinius der Ältere beschrieb in seiner „Naturkunde“ seine Herstellung. Später kam es in Pulverform, in Barren, Hütchen oder Brocken in den Handel. Durch seine hohe Deckkraft und Lichtbeständigkeit, aber auch durch den günstigen Preis war es lange das Weißpigment der Wahl (und

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Die Deckkraft hoch pigmentierter Acrylfarben macht vor Weiß nicht halt: Es steht auch auf schwarzem Grund perfekt.

wurde auch gern in der Kosmetik eingesetzt). Doch mit steigendem Bewusstsein für die giftige und durchweg stark gesundheitsschädliche Wirkung begann die Suche nach anderen Weißpigmenten. Im 18. Jahrhundert wurde Bleiweiß von Zinkweiß und später Titanweiß ergänzt und allmählich ersetzt. Zinkweiß war vergleichsweise teuer in der Herstellung, bis 1834 Winsor & Newton Zinkweiß als Aquarellfarbe China-Weiß in den Handel brachten. Erstmals 1821 hergestellt, ist schließlich Titanweiß mit seinem Hauptbestandteil Titanoxid bis heute das gebräuchlichste Weiß. Bleiweiß bzw. Kremserweiß darf in Deutschland nur zur Erhaltung und Wiederherstellung von denkmalgeschützten Kunstwerken eingesetzt werden.

Durch seine Reflexionskraft wird Weiß mit Helligkeit und Licht assoziiert. In der Kunst dient es darüber hinaus zum Aufhellen von Farben, zur Höhung und Modellierung von Körpern. Im Normalfall ist Malerei ohne Weiß nahezu unmöglich: Im Vergleich zu anderen Farben braucht jeder Maler in der Regel ein Vielfaches an Weiß. Weiß gilt als die bevorzugte Farbe von Klassizismus und Moderne und hier insbesondere des Jugendstils. Eher selten kommt es in der Malerei als reines Weiß daher – ein Schuss Gelb, etwas Blau, ein wenig Grau oder Umbra mischen gern ein bisschen mit. Doch: „Weiß als die wahre, wirkliche Idee der Unendlichkeit und folglich befreit vom Farbhintergrund des Himmels“, schrieb Kasimir Malewitsch (1874–1935), „Schwebt hinaus! Der weiße, freie Abgrund, die Unendlichkeit, liegt vor uns …“

Malerei, Realisation und Fotografie: Ina Riepe

Text: Sabine Burbaum-Machert

Nero

Die Nero-Variante des Keilrahmenklassikers ist mit schwarz grundiertem Baumwoll-Maltuch (330 g/m²) bespannt und eröffnet viele neue Gestaltungsvarianten.

In 11 Formaten und als Rollenware verfügbar.

Acryl

Basis-Acrylfarbe mit breitem Farbspektrum, homogener Konsistenz und optimalen Verarbeitungs-eigenschaften. Ideal für große Flächen.

38 Farbtöne in 750 ml-Flaschen und 14 Farbtöne im 2-Liter-Eimer

High Flow

Die hochpigmentierte Profi-Acrylfarbe mit besonders flüssiger Konsistenz eignet sich für Airbrush, Feder- und Tuschezeichnungen, nachfüllbare Marker und vieles mehr.

Erhältlich in 39 Farbtönen. Naturschwämmchen

Mit den naturgewachsenen, feinoder grobporigen Schwämmen lassen sich beim Farbauftrag individuelle Strukturen erzeugen.

Pinsel 2129

Universalpinsel mit feinsten, goldfarbenenSynthetikfasern und kurzem, transparent lackiertem Stiel. In 6 Größen erhältlich.

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Nikolaus von der Assen, geboren 1955 in Steinfeld (Oldenburg), lebt und arbeitet in Steinfeld und Chateauneuf de Grasse (Frankreich), www.atelier.vonderassen.de, Foto: Roland Schmidt.

Die Essenz des Motivs

Nikolaus von der Assen malt pastos in Öl

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Eine Kuratorin beschrieb meinen heutigen Malstil als „pastosen Neoimpressionismus“. Das trifft es vielleicht ganz gut. Denn Bezüge zum Impressionismus sind ebenso erkennbar wie auch das etwas andere, das „Neue“ in den Bildern. Und das liegt auch an dem pastosen Farbauftrag, durch den die Werke eine enorme Tiefe und Haptik besitzen. Schicht um Schicht wird die Farbe aufgetragen, mit dem Pinsel, dem Spachtel, den bloßen Händen bzw. Fingern, manchmal direkt aus der Tube auf die Leinwand. Das ursprüngliche Motiv wird dann zur Nebensache. Es geht nicht mehr um dessen exakte Abbildung, sondern um die Essenz des Motivs: Das kann die natürliche, ewige Schönheit einer Blume sein oder die Kraft, Dynamik und Vollkommenheit der Natur. Beim Betrachten der Arbeiten entdeckt man zwei Ebenen: Nahe vor dem Bild sieht man regelrechte Farbschlachten und eine Vielzahl an Farben, an denen man sich kaum sattsehen kann. Von Weitem betrachtet erkennt man das gegenständliche Motiv, das mitunter auch schon abstrakte Züge trägt. Die Dynamik des Malprozesses macht es fast unmöglich, diesen letztlich zu kontrollieren. Und das ist gut so – man muss loslassen können. Dann fließen Farben ineinander und ergeben Mischungen, die wir bei einem gewollten Mischen auf der Palette nie erreichen würden. „Es malt einfach“– so einfach, so schön. Der Zufall ist unabdingbar, damit das Bild gelingt. Ich spüre das beim Malen ganz genau. Ich male mit Ölfarben, weil nur sie diesen königlichen Glanz entwickeln und lange „offenbleiben“, d.h. nicht schnell antrocknen. Meine Lieblinge sind die „boesner Öl Studio“, in Tuben (200 ml) bzw. in in 2,5-Liter-Eimern (Titanweiß). Von jeder Farbe habe ich immer mindestens 3–5 Stück, weil mein Materialverbrauch recht hoch ist. Die boesner Öl Studio ist für mich ideal, weil sie eine wunderbare geschmeidige, buttrige Konsistenz hat und ein unschlagbares Preis-/Leistungsverhältnis. Bei Leinwänden muss es boesner Premium sein: gutes Leinen auf stabilem Holz, rückseitig mehrfach „ gekreuzt“. Nur diese Art von Keilrahmen verzieht sich bei dem besonders dicken Farbauftrag nicht und „erträgt“ problemlos das Gewicht der Farbmassen.#

Links: Sommerfreude, 2024, Öl pastos auf Leinwand, 97 x 162 cm. Oben: Detailausschnitt aus der Werkreihe floralia.

Fotos Werkabbildungen: Dietmar Stiller.

Foto rechts: Nikolaus von der Assen.

Persönlich | 43

„Zinnoberrot zieht an und reizt“

Rot ist eine Signalfarbe. Sportler*innen, die rote Trikots tragen, haben größere Chancen, zu gewinnen – sagt man. Das tiefdunkle Rot der Purpurschnecke war die den römischen Kaisern vorbehaltene Farbe für ihr Gewand. Das wurde auf Christus übertragen, dessen Gewand dann später, um 1500, nicht mehr purpurn sein musste, sondern rot leuchten konnte wie beispielsweise in der damaligen venezianischen Malerei.1 Maria, die Muttergottes, trägt traditionell einen blauen Mantel, darunter ein rotes Kleid. Noch heute erkennen wir Kardinäle an ihren roten Mänteln und Hüten.

Doch wenn nicht das kostbare Purpur zur Verwendung kam, wie wurde dann die rote Farbe hergestellt? Zum Beispiel in der mittelalterlichen Buchmalerei, die auch Miniaturmalerei genannt wird. Allgemein geht man davon aus, dass mit dem Wort „Miniatur“ kleine Bilder gemeint sind, abgeleitet vom lateinischen „minimum“. Doch das ist ein weit verbreiteter Irrtum. Damit ist vielmehr der rote Farbstoff gemeint, der aus dem „Minium“ genannten Mineral stammt. Daraus

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[1] Artemisia Gentileschi, Maria mit Kind und Rosenkranz, um 1651(?), Kupfer, 58 x 50 cm, signiert am linken Rand: ARTEMITIA GENTILESCHI, El Escorial, Casita del Principe, Foto: Logic Images / Alamy Stock Foto.

wurde die rote Tinte hergestellt, mit der in den Büchern die Initialen geschrieben wurden, die Großbuchstaben, die am Anfang eines Kapitels stehen, das damit hervorgehoben wurde. Diese Initialen wurden häufig mit Ornamenten ausgeschmückt, dann kamen figürliche Darstellungen hinzu. Abgesehen von den besonders kostbaren Büchern mit ganzseitigen Miniaturen, bei denen der Hintergrund häufig aus Blattgold besteht und die Schrift an manchen Stellen aus Purpur, gibt es viele Manuskripte, bei denen die Kapitelanfänge lediglich mit roter Tinte hervorgehoben sind. Ein Beispiel aus dem 12. Jahrhundert ist die Handschrift, die die Nonne Guda schrieb und mit Initialen versah, die meisten von ihnen mit rein ornamentalen Verzierungen, wenige jedoch mit figürlichen Darstellungen. Eine davon in einer Initiale D zeigt sie selbst, umgeben von einer Ranke mit einer Inschrift, die sie als Schreiberin und Malerin nennt [2]. Wie man sieht, sind noch weitere Worte mit der roten Tinte geschrieben. An anderer Stelle, beim Osterfest, findet sich eine Initiale mit einem Hasen, darunter ist mit roten Linien ein geflügeltes Wesen gezeichnet, das als Drachen interpretiert werden kann [3]. Der Hase galt damals auch als Symboltier für die Auferstehung, woraus unser heutiger Osterhase entstanden ist.

Zurück zum Mineral Minium, das in der Natur nicht übermäßig häufig vorkommt, das man aber auch schon damals künstlich

[2]

herstellen konnte, indem man Bleiweiß stark erhitzte. Dass Bleiweiß giftig ist, war bereits in der Antike bekannt, dennoch fand es in der Malerei lange Verwendung und wurde eben auch benutzt, um Minium herzustellen. Parallel dazu verwendete man aber auch schon seit der Antike Zinnober, ein Mineral, das aus einem Gemisch aus Quecksilbersulfit und Schwefel besteht und im Gegensatz zu Minium nicht giftig ist. Der Farbton ist in etwa gleich. Johann Wolfgang von Goethe bezeichnete ihn in seiner Farbenlehre als Gelbrot, eine Farbe, an der sich „energische, gesunde, rohe Menschen“ besonders erfreuen. „… wenn Kinder, sich selbst überlassen, zu illuminieren anfangen, so werden sie Zinnober und Mennige nicht schonen.“2

Minium wurde hauptsächlich in der Buchmalerei verwendet, vor allem also als Tinte, seltener in der Tafelmalerei. Da zog man Zinnober vor. Zinnober findet sich deshalb in den meisten Bildern, in denen Rot eine Rolle spielt, ob nun eine maßgebliche oder am Rande. So dürfte das Gewand des kreuztragenden Christus aus Venedig ebenso mit Zinnober gemalt worden sein wie die Rosenkranzmadonna [1] von Artemisia Gentileschi (1593–um 1654). Ebenso wie bei dem Christus dominiert das Rot des Kleides der Muttergottes und überstrahlt das Blau ihres Mantels, auf dem das Jesuskind liegt, das mit dem goldenen Rosenkranz spielt. Daneben liegen auf einem kaum sichtbaren Tisch ein paar rote

Hintergrund | Rot | 45
[2] [3]
Guda-Homiliar, Mittelrhein, 12. Jh., Frankfurt, Universitätsbibliothek,
[3]
, 12. Jh., Frankfurt, Universitätsbibliothek,
23
Ms. Barth. 42, fol. 110 v.
Guda-Homiliar, Mittelrhein
Ms. Barth. 42, fol.
v.
„Zinnoberrot klingt wie die Tuba und kann in Parallele gezogen werden mit starken Trommelschlägen.“
Wassily Kandinsky
[4]

Rosen. Die kleine Tafel ist auf Kupfer gemalt, einem Bildträger, der die Farben noch intensiver zum Leuchten bringt als Holz.

Anders als Minium hat Zinnober einem bestimmten Rot den Namen gegeben. Darüber hinaus finden wir das Wort auch in verschiedenen Zusammenhängen. So schickte Franz Marc (1880–1916) am 19. April eine Postkarte [4] an Wassily Kandinsky (1866–1944), auf der ein blaues und ein zinnoberrotes Pferd in einer hügeligen Landschaft zu sehen sind, darüber ein schwarzer Himmel. In diesen schwarzen Himmel hat Marc in Zinnoberrot seine Nachricht an Kandinsky gemalt, die mit „Zinnobergruß“ endet.

Zinnober wurde auch namengebend für eine Bewegung der Hannoveraner Künstler*innen, an der Kurt Schwitters (1887–1948) maßgeblich beteiligt war. In ihren Erinnerungen an Kurt Schwitters beschreibt die Künstlerin Käte Steinitz (1889–1975) das Zinnoberfest, das am 7. Januar 1928 gefeiert wurde. Kurt Schwitters hatte dafür den Zinnoberschlager gedichtet, der von Walter Gieseking (1895–1956) vertont wurde und in dem es immer wieder heißt: „immer rin in den Zinnober, immer knüppeldicke rin.“ In zinnoberrot dekorierten Sälen wurde gefeiert und getanzt. Käte Steinitz trug zu einem roten Plisseerock eine zinnoberrote Baskenmütze. So jedenfalls erinnerte sie sich später.

Doch auch das Zinnoberrot ist inzwischen Vergangenheit, denn es wurde abgelöst durch das Cadmiumrot, das seit 1910 künstlich und damit auch einfacher hergestellt werden kann. Cadmium wird allerdings auch in verschiedenen Gelbtönen angeboten. So bezieht sich der Titel Kadmium des Gemäldes von Emil Schumacher (1912–1999) in der Hamburger Kunsthalle auf die Dominanz des Gelb.3

Da die restauratorischen Befunde von Gemälden erst in jüngster Zeit publik gemacht werden und die Künstler*innen selbst auch nur selten darüber Auskunft geben, ist bei vielen Bildern nicht bekannt, um welche Pigmente es sich handelt. Bei Barnett Newman (1905–1970) weiß man, dass er in seinen roten Bildern Cadmium verwendete

46 | Hintergrund | Rot
Franz Marc, Zinnobergruß, Postkarte vom 19.4.1913, Aquarell, Gouache, Bleistift, 14 x 9 cm, © Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Gabriele Münter Stiftung 1957, Foto: Lenbachhaus.

und er malte viele große rote Bilder wie die verschiedenen Versionen von Who is afraid of red, yellow and blue, auf die Menschen je nach ihrer Gemütsverfassung sehr unterschiedlich reagieren können. Das Rot löst bei den einen Glücksgefühle aus, bei anderen jedoch Angst, die in einigen Fällen so weit ging, dass die Bilder attackiert wurden, einmal mit einem Messer, einmal mit einer der Plastikstangen der Absperrung.4

Nicht immer und überall hat Cadmiumrot diese Wirkung, weil es auch ganz anders verwendet wird wie beispielsweise in dem Bild Doll boy von David Hockney (*1937). Auch hier ist bekannt, dass er in diesem Gemälde Cadmiumrot verwendet hat.5 Den Unterschied zwischen Minium, Zinnober und Cadmium können wir mit bloßem Auge nicht erkennen, dafür brauchen wir entweder die Angaben der Künstler*innen oder die Expertisen der Restauror*innen. Die meisten Menschen empfinden diese Farbe als positiv. Das hat nicht nur Goethe festgestellt, sondern auch Kandinsky: „Zinnoberrot zieht an und reizt, wie die Flamme, welche vom Menschen immer begierig angesehen wird.“6

1 Venezianisch, Kreuztragender Christus, um 1515, Holz, 63 × 46,3 cm, Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie. https://www.khm.at/objektdb/detail/2041/.

2 Johann Wolfgang von Goethe: Schriften zur Farbenlehre, in: Sämtliche Werke in 18 Bänden, Band 16, München 1977, S. 209 (Abschnitt 775).

3 https://online-sammlung.hamburger-kunsthalle.de/de/objekt/HK-5040/kadmium?term=&start =880&context=default&position=897.

4 Abbildungen der vier verschiedenen Gemälde finden sich hier: https://en.wikipedia.org/wiki/ Who%27s_Afraid_of_Red,_Yellow_and_Blue.

5 https://online-sammlung.hamburger-kunsthalle.de/de/objekt/HK-5215/doll-boy?term=&filter% 5Bhighlight%5D%5B0%5D=something%20new% 20something%20old%20something%20desired&context=default&position=15.

6 Wassily Kandinsky: Über das Geistige in der Kunst, München 1912 (hier zit. nach Bern 101973, S. 60).

True Red

... und 35 andere intensive Farbtöne gehören zum Sortiment von boesner Öl Studio. Die hochwertige Studienölfarbe enthält ausgesuchte Pigmente bester Qualität, wird aufwendig im klassischen Verfahren produziert und überzeugt mit einem günstigen Preis.

Bindemittel Buttermilch

Farben im Handumdrehen: Mit Buttermilch angemischte Pigmente bieten die Möglichkeit, auf Basis eines haushaltsüblichen Produkts preiswert, schnell und einfach Farben herzustellen. Ideal für die farbige Fassung von Bilderrahmen aus Holz!

48 | Technik

Der Herstellungsprozess von Farben auf Buttermilchbasis ist simpel: In einem geeigneten Gefäß (sauberes Schraubglas, Joghurtbecher o.Ä.) werden wenige Esslöffel Buttermilch mit etwas Pigmentpulver vermischt. Manche Pigmente (z.B. Ultramarin) sollten vorher mit wenigen Tropfen Ochsengalle benetzt werden, um sich besser aufzulösen.

Die Farbe wird großzügig mit einem weichen Pinsel auf den idealerweise weiß grundierten alten oder neuen Holzrahmen aufge-

tragen (Rohholz sollte unbedingt grundiert werden). Für besondere Effekte kann – wenn gewünscht und nach gründlicher Durchtrocknung der jeweils vorherigen Schicht – auch eine zweite und dritte Farbe aufgetragen werden. Im Anschluss werden die Farbschichten mit feinster Stahlwolle in Faserrichtung vorsichtig abund durchgerieben. Da die Farbe noch nicht fixiert und somit vergleichsweise empfindlich ist, sollte nur mit leichtem Druck gearbeitet werden. Übrigens: Bei Verwendung giftfreier Pigmente können Farbreste problemlos im Hausmüll entsorgt werden.

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Buttermilchfarben werden mit einem Pflegewachs fixiert, das etwa eine Stunde einwirken sollte.

Durch die anschließende Politur bekommt die Farbe einen seidenmatten Glanz.

Zur abschließenden Fixierung wird Pflegewachs mit einem weichen, fusselfreien Tuch auf den Rahmen aufgetragen. Das Wachs sollte etwa eine Stunde einwirken und aushärten, bevor es mit einem sauberen, weichen Lappen vorsichtig poliert wird. Dabei wird die Farbe fixiert und es entsteht ein seidenmatter Glanz.

Wer etwas mehr Zeit (und Mühe) investieren möchte, kann eine Variante dieser Farbe herstellen, die eine sehr dauerhafte, lackartige Farbschicht bildet. Hierzu wird der ButtermilchPigment-Mischung etwas Leimlösung beigefügt. Beim Mischungsverhältnis ist etwas Fingerspitzengefühl nötig: Auf einen Esslöffel Buttermilch kommt etwa ein Teelöffel Leimlösung.

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Ob einfarbig oder mit Farbeffekten in Schichten: Buttermilchfarben lassen sich schnell und einfach zur farbigen Fassung von Bilderrahmen herstellen.

Feinste Künstlerpigmente Künstlerpigmente höchster Lichtechtheit für die Herstellung von Ölfarbe, Acrylfarbe, Gouache, Aquarellfarbe und Eitempera.

250 g, 72 Farbtöne

Ochsengalle

Gereinigte Ochsengalle kann als natürliches Netzmittel zum Entfetten von Untergründen bei Gouache- oder Aquarellmalerei und als Verlaufmittel für alle Wasserfarben genutzt werden.

In 60 ml, 200 ml und 1000 ml. Stahlwolle

Der wachsfixierte Rahmen mit einfacher Buttermilchfarbe kann durchaus von Zeit zu Zeit mit einem nebelfeuchten Tuch abgewischt werden. Die mit Leimlösung erweiterte Buttermilchfarbe ist um einige Grade härter und haltbarer und kann auch für kleine Möbelstücke eingesetzt werden.#

Malerei, Realisation und Fotografie: Ina Riepe

Text: Sabine Burbaum-Machert

Köndringer Pflegewachs

Sortenreine Stahlwollebänder für die Oberflächenbearbeitung auf Holz, Glas, Stein und Metall, Lack und Kunststoff.

Erhältlich von sehr fein (Nr. 000) bis grob (Nr. 4).

Das bei Restauratoren beliebte Wachs für die Pflege und den Schutz von Holz ist auch für NaturholzBilderrahmen geeignet. 200 ml

Schattenfuge LI 1035-35

Dezenter Schattenfugenrahmen aus massivem, unbehandeltem Lindenholz mit einer innere Leistentiefe von 25 mm, z.B. geeignet für einfache, bespannte Keilrahmen oder Malplatten mit Aufdopplungsleisten.

In 14 Formaten und als Leiste verfügbar.

Technik | 53

Die Geschichte der Kunst

Neu erzählt von Charlotte Mullins

Bisher wurde Kunstgeschichte vor allem aus eurozentristischer Perspektive und am Beispiel vorwiegend männlicher Protagonisten vermittelt. Es ist höchste Zeit für eine aktuelle und globale Neubetrachtung, die die Entwicklungen in anderen Kulturräumen und die Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte im Hinblick auf die Rolle von Künstlerinnen berücksichtigt. Ein jüngst bei C.H. Beck erschienenes Buch hat sich genau das vorgenommen.

Die englische Kunsthistorikerin Charlotte Mullins erzählt in ihrer im November 2023 erschienenen Publikation eine neue, umfassende „Geschichte der Kunst“. Sie nimmt uns mit auf eine faszinierende Zeitreise, die bei den ersten Bildzeugnissen in der Frühsteinzeit beginnt und bei jüngsten Phänomenen wie NFTs aufhört. Man erfährt, dass Abstraktion keine Erfindung des Westens ist, sondern erstmals in Peru erscheint. Neben den klassischen Meisterwerken werden gleichrangig auch die Nok-Terrakotten Nigerias, mexikanische Wandmalereien und die feministische Kunst der Guerilla Girls vorgestellt – vor unseren Augen entsteht so, heiter-leicht geschildert, ein weltumspannendes Panorama, das viel Platz für bisher Vernachlässigtes einräumt.

„Die Geschichte der Kunst“ – anders als im Englischen hat der C.H.Beck Verlag für die deutsche Übersetzung von Charlotte Mullins Buch (engl. Original: „A Little History of Art“) einen Titel gewählt, der sicher nicht zufällig gleichlautend ist zu dem Klassiker von Ernst Gombrich (engl. Original: „The Story of Art“). Ein starkes Statement, dass den Anspruch erhebt, mit dem Klassiker in Konkurrenz zu treten oder vielleicht sogar ihn abzulösen.

Gombrichs Kunstgeschichte verdankt ihre seit mehr als 70 Jahren anhaltende Beliebtheit dem einzigartigen Gespür des Autors für die Psychologie der bildenden Künste. Er stellt kulturgeschichtliche Zusammenhänge und künstlerische Probleme klar und er-

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Abbildungen aus dem Innenteil von Charlotte Mullins „Die Geschichte der Kunst“, © C.H. Beck 2024.

zählerisch fesselnd dar. So wird die Geschichte der Kunst im Rahmen des klassischen Kanons als ein ständiger Wechsel künstlerischer Absichten erkennbar und jedes einzelne Kunstwerk als eingebunden in einen Traditionszusammenhang betrachtet.

In 70 Jahren haben sich neue Erkenntnisse ergeben, haben sich Standpunkte verändert. „Jede Generation, jede Zeit hat den Anspruch oder das Recht auf eine eigene Kunstgeschichte und Charlotte Mullins hat das genau gemacht“, so Thorsten Jantschek im Deutschlandfunk Kultur. „Man erfährt den schönen, großen Bogen der Kunstgeschichte, weil Charlotte Mullins die literarischen Mittel dazu hat.“

Charlotte Mullins erzählt Kunstgeschichte nicht im Sinne einer europäischen Fortschrittsgeschichte, stellt Jantschek fest. Vielmehr trägt sie Entwicklungen, Kunstwerke und Kunstschaffende aus aller Welt zusammen und stellt sie nebeneinander. Parallelität vor Kausalität, könnte man sagen, ohne jedoch die kausalen Zusammenhänge zu vernachlässigen. Mullins versteht es, Entwicklungen und Verwicklungen, Einflüsse einzelner Werke, Künstler und natürlich Künstlerinnen auf andere zu fassen und zu beschreiben.

Neben der außereuropäischen Kunst und postkolonialen Diskursen interessiert die Autorin der Blick auf die Rolle der Frauen in der Kunst. Sie erweitert den bestehenden Kunstkanon gleichberechtigt, integriert Künstlerinnen wie Lynda Benglis, Lavinia Fontana, Artemisia Gentileschi, Hilma af Klimt, Käthe Kollwitz oder Elisabetta Sirani und positioniert sie ganz selbstverständlich neben ihre männlichen Zeitgenossen in der bildenden Kunst. Eine feministische Dekonstruktion der Kunstgeschichte, die nicht spaltet, sondern gleichberechtigt nebeneinanderstellt und Zusammenhänge herstellt.

Charlotte Mullins erzählt „Die Geschichte der Kunst“ anders als bisher. In ihrem reich bebilderten Buch definiert sie unprätentiös und unterhaltsam den Kanon der Kunstgeschichte neu und bringt ihn auf den Stand der Zeit. Um die aufgrund des begrenzten Umfangs sicherlich noch bestehenden Lücken zukünftig zu füllen, ist ihre Neudefinition eine gut recherchierte Grundlage. „Unkompliziert zu lesen und nicht nur etwas zum Nachholen, sondern gutes Basiswissen für jüngere Generationen, die sich ihre Meinung über Kunst gerade erst bilden,“ beurteilt Silke Hohmann in monopol

Die Autorin

Charlotte Mullins ist freie Kunstkritikerin für verschiedene Magazine sowie für die BBC. Sie lebt in London.#

Die Geschichte der Kunst

Charlotte Mullins, 464 S., m. 173 farb. Fotos und Illustr., geb. m. SU, dt., C.H.Beck Verlag 2023, ISBN 9783406806223, EUR 38,00 (D), EUR 39,10 (A), CHF 49,90 (CH)

erscheint im April 2024

Die Geschichte der Kunst E.H.Gombrich, 688 S., 413 farb. Abb., 17,9 x 25,2 cm, geb., dt., Phaidon Verlag 2024, ISBN 9781838668389, EUR 59,95 (D), EUR 59,95 (A)

Bücher | 55

„Ich bin kein moderner Künstler“

Ein intimer Blick auf Leben und Werk des Malers Arno Rink – und ein Zeitzeugnis

„Jede Epoche hat ihre Haltung, ihren Blick und ihr Lächeln, und es ist die Aufgabe des Malers, diese Besonderheiten aufzuspüren, die ‚ein Ganzes von vollkommener Lebensfülle bilden’.“

Arno Rink

Was wäre die Leipziger Schule ohne Arno Rink (1940–2017)? Seine Werke zeichnen ihn als herausragenden Vertreter der zweiten Generation der Leipziger Schule aus, als Lehrer war er entscheidender Wegbereiter für die Neue Leipziger Schule.

Trotz seiner Bedeutung für die Malerei in der DDR und die gesamtdeutsche Nachwendekunst hat der zurückhaltende Arno Rink nicht von dem internationalen Erfolg der Neuen Leipziger Schule profitieren können. Er wurde kaum wahrgenommen oder gewürdigt. Auch sein Meisterschüler Neo Rauch stellte anlässlich einer gemeinsamen Ausstellung 2017 fest, dass für Rink die Wende zehn Jahre zu spät gekommen und er zu Unrecht unterbewertet worden sei.

In den Augen von Dr. Jörg-Uwe Neumann, Leiter der Rostocker Kunsthalle, war Arno Rink „(...) einfach zu alt, er passte nicht richtig rein, er hat sich nicht verbogen, er hat ja seine DDR-Vergangenheit nicht verleugnet, deshalb wurde seine Kunst mit spitzen Fingern angefasst, das war falsch, denn es ist eine unglaublich tolle sinnliche Malerei. (...) Für mich ist er ein ganz besonderer Maler, der eine eigene Bildsprache entwickelt hat.” (Deutschlandradio kultur 2017)

Arno Rinks figurative Malerei ist von großer handwerklicher Präzision und einer akribischen Technik gekennzeichnet. Scharfe Konturen, ein aufregendes Farbkonzept und waghalsige Kompositionen ohne Angst vor Pathos zeichnen seinen Stil aus. Kopierte Rink zunächst Vorbilder aus der figürlichen Moderne, vor allem Beckmann und Dix, aber auch Walter Womacka, entwickelte er in der Folge räumliche Figurencol-

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Arno Rink im Atelier der HGB Leipzig, um 1981, © VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Arno Rink, Foto: privat.

lagen, die klassische und kunsthistorische Themen und Haltungen präsentieren. Später bricht Rinks Verehrung für die Malerei Salvador Dalís durch, und die Betonung des Erotischen wird in seinen Bildern allgegenwärtig. Mit seinen oft künstlich aufgehellten Farben erschafft Rink unterkühlte Oberflächen, die nur wenig preisgeben.

In den Achtzigerjahren werden seine Arbeiten expressionistischer, offen, zugänglich, ausdrucksstark – bis er in den späten 1990erJahren wieder zum surrealistisch-verrätselten Stil zurückkehrt.

Rinks persönliches Schicksal und die zeitgeschichtlichen Ereignisse haben ihre Spuren auch in seinem Werk hinterlassen. Darüber geben die zahlreichen Skizzen- und Tagebücher Auskunft, die der Maler hinterlassen hat. Sie wurden im Januar beim Hirmer Verlag veröffentlicht und vermitteln einen tieferen und persönlicheren Einblick auf das künstlerische Schaffen Arno Rinks, als es bisher möglich war.

Hinter Haltung, Stolz und Würde verbarg sich ein hochsensibler Künstler, der persönliche Erfahrungen unverzüglich in seinen Bildern verarbeitet und thematisiert hat. Begleitet von Texten seiner Frau Christine, Weggefährt*innen und Schüler*innen wie

Arno Rink

Ich bin kein moderner Künstler

Tagebücher, Skizzenbücher, Notizen, Briefe 1960–2017

Mit Beiträgen von A. Harnisch, Rosa Loy, Neo Rauch, C. Rink, Michael Triegel, 400 S., 100 farb. Abb., 17 × 24 cm, geb., Halbleinen, dt., Hirmer Verlag 2024, ISBN 9783777442587 , EUR 34,90 (D), EUR 35,90 (A)

Neo Rauch, Rosa Loy und Michael Triegel erzählt Rink darin zugleich ein Stück Zeitgeschichte. In den hier versammelten Auszügen und Notizen erleben wir den Maler in all seiner Zerrissenheit, Verwundbarkeit und mit seiner unzerstörbaren künstlerischen Kraft. Unmittelbar anschaulich wird sein Schaffen durch eingestreute Skizzen, Fotos und Gemälde.

Der Künstler

Arno Rink (1940–2017) studierte von 1962 bis 1967 Malerei an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig (HGB) – zunächst bei Werner Tübke, Hans Mayer-Foreyt und Harry Blum, später vor allem bei Bernhard Heisig. 1972 wurde er als Assistent an die die Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig (HGB) berufen – der Beginn einer 35 Jahre währenden Lehrtätigkeit. 1979 erhielt Rink eine Professur und wurde schließlich 1987 zum Rektor ernannt. In den auch kulturpolitisch entscheidenden Jahren vor und nach der deutschen Wende hat Arno Rink als Rektor und Prorektor die Ausrichtung der Hochschule maßgeblich geprägt. Zu seinen Schülern zählen unter anderem Tim Eitel, Neo Rauch, Christoph Ruckhäberle, David Schnell und Michael Triegel.#

Innenseiten aus dem Buch Arno Rink. Ich bin kein moderner Künstler, Hirmer Verlag 2024, © VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Arno Rink.

Bücher | 57

Collage

Mit Schere, Klebstoff und Fantasie unverwechselbare Kunstwerke schaffen

Collage

Der Weg zum eigenen Stil

Bev Speight, 144 S., zahlr. farb. Abb., 19 x 24,7 cm, kart., dt., boesner holding + innovations 2024, ISBN 9783928003476, EUR 19,95 (D), EUR 20,60 (A)

Die Collage ist eine Kunstform, die aus Vorhandenem etwas Neues entstehen lässt. Sammeln, Experimentieren, Kombinieren und Zweckentfremden bilden die Basis für den kreativen Prozess des Collagierens, der mit einfachen alltäglichen Materialien umgesetzt werden kann.

Von fantastischen Werken mit Architekturelementen über verfremdete Menschen-Collagen bis hin zu interessanten Kompositionen mit gemischten Werkstoffen bietet dieses Buch 50 originelle Ansätze und Anleitungen, aus denen Inspirationen für unzählige individuelle Kreationen erwachsen.

Die vorgestellten Techniken und Materialien

u regen die Fantasie an u vermitteln Grundtechniken u zeigen Werke in 2D und 3D u experimentieren mit Materialien u zeigen den Weg zum eigenen Collage-Stil

Die Autorin

Bev Speight ist Künstlerin, Illustratorin und Designerin. Sie ist als Dozentin an der Middlesex University tätig. Zuvor war sie Kreativdirektorin bei einem großen Buchverlag und hat für renommierte Auftraggeber gearbeitet, darunter die BBC, Lonely Planet und Berlitz.#

58 | Bücher
Abbildung aus dem Innenteil des Buches, © boesner holding + innovations / Laurence King Verlag / Bev Speight 2024.

Zauber der Stille

Florian Illies’ eindrucksvolle Collage über Leben und Werk von Caspar David Friedrich

Caspar David Friedrichs Landschaften sind der Inbegriff romantischer Malerei, nicht zuletzt wegen ihrer stimmungsvollen Himmelsdarstellungen. Seit Jahrhunderten wecken sie in den Menschen leidenschaftliche Gefühle: Goethe macht ihre Melancholie so rasend, dass er sie auf der Tischkante zerschlagen will, Walt Disney hingegen ist so angetan von ihnen, dass er sein „Bambi” nur durch Friedrich'sche Landschaften laufen lässt.

Das und viele weitere Geschichten erfahren Leserinnen und Leser in „Zauber der Stille“. Darin nimmt Florian Illies sie mit auf eine wilde Zeitreise zu dem Mann, der für die Deutschen die Sehnsucht erfand. Die Gemälde von Caspar David Friedrich werden von Hitler so verehrt wie von Rainer Maria Rilke, von Stalin so gehasst wie von der 68er-Generation, von der Mafia so heiß begehrt wie von Leni Riefenstahl.

Mit Florian Illies kann man Vergangenheit als Gegenwart erleben. In seinen Büchern verbindet er gründlich recherchierte und meist erstaunliche Fakten mit fiktionalen dokumentarischen Gedanken, die seine Protagonisten lebendig wirken lassen. In „Zauber der Stille“ breitet er erstmals die abenteuerlichen Geschichten Caspar David Friedrichs vor seiner Leserschaft aus, der Maler wird zu einem Menschen aus Fleisch und Blut.

Doch Illies erzählt auch die erstaunliche Geschichte der Bilder Friedrichs. Was kaum bekannt ist: Zahllose seiner Gemälde sind verbrannt, andere, wie der „Kreidefelsen auf Rügen“, tauchen hundert Jahre nach Friedrichs Tod aus dem Nebel der Geschichte auf. Illies sortiert seine Erkenntnisse über den Romantiker nach vier Kapiteln, die mit den Elementen Feuer, Wasser, Erde und Luft überschrieben sind. Er erzählt, was es damit auf sich hat und wie Friedrichs Bilder am russischen Zarenhof landen, zwischen den Winterreifen in einer Autowerkstatt der Mafia und in der Küche einer hessischen Sozialwohnung.

Diese groß angelegte Reise durch die Zeiten ist der ideale Begleiter zu den Ausstellungen, die dem Maler Caspar David Friedrich aus Anlass seines 250. Geburtstags im Jubiläumsjahr 2024 gewidmet sind.

Der Autor

Florian Illies (*1971) studierte Kunstgeschichte in Bonn und Oxford. Er war Feuilletonchef der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, leitete das Auktionshaus Grisebach und ist jetzt Mitherausgeber der „ZEIT“. Sein Kunst-Podcast „Augen zu“ (gemeinsam mit Giovanni di Lorenzo) gehört zu den meistgehörten Podcasts deutscher Sprache.#

Zauber der Stille

Caspar David Friedrichs Reise durch die Zeiten

Florian Illies, 256 S.,geb., dt., S. Fischer 2023, ISBN 9783103972528, EUR 25,00 (D), EUR 25,70 (A)

Bücher | 59

Die graue Stadt

Torben Kuhlmann, 64 S., durchg. farb. Illustr., 28 x 21,5 cm, geb., dt., NordSüd Verlag 2023, ab 8 Jahren, ISBN 9783314106521, EUR 20,00 (D), EUR 20,60 (A), CHF 25,90 (CH)

Grau hat viele Farben

Torben Kuhlmanns Plädoyer für Buntheit und Vielfalt

Seit dem Erfolg seiner Mäuseabenteuer steht Torben Kuhlmann für große Bilderbuchkunst. Mit „Die graue Stadt“ schwingt er sich zu neuen Höhenflügen auf und setzt ein Zeichen für Buntheit und Vielfalt.

Die Geschichte: Robin zieht mit ihren Eltern in die Stadt. Dort ist alles grau – Häuserfassaden, Menschen, selbst Blumen. Robin macht sich auf die Suche nach Farbe und kommt einem Komplott auf die Spur: Hinter all dem Grau steckt die gesichtslose Grau GmbH & Co. KG. Dank ihrer Kombinationsgabe und einigen Verbündeten gelangt Robin in die Schaltzentrale des Konzerns und stellt alle Farbregler auf bunt. Grau bleibt am Ende nur ihr Kater.

„Die graue Stadt“ von Torben Kuhlmann, © 2023 NordSüd Verlag AG, Zürich / Schweiz.

Wir haben Torben Kuhlmann gefragt, wie er auf die Idee zu dem Buch gekommen ist.

Torben Kuhlmann: „Die Idee zu ‚Die graue Stadt‘ habe ich schon viele Jahre im Hinterkopf. Wie bei vielen meiner Bücher lässt sich eine direkte Linie bis zu meiner Kindheit ziehen. Ich erinnere mich an Autofahrten, bei denen ich erstmals Hamburg sah. Allerdings nur von der Autobahn aus. Rund um die A7 zeigt sich die Hansestadt als geradezu endlose Industrielandschaft mit Schornsteinen, Kränen und Bürogebäuden. Diese Erinnerung beeinflusste Jahre später viele meiner Illustrationen – und nun sogar ein ganzes Bilderbuch. Die Geschichte selbst machte auch einige Metamorphosen durch. Erste Ansätze hatten einen stärkeren Umweltaspekt und waren in der Nähe meiner ‚Maulwurfstadt‘ positioniert. Mit der Zeit wanderte der Fokus zur Farbe Grau. Wir alle kennen Bilder von grauen bedrückenden Städten, vor allem in den Wintermonaten. Was aber wäre, wenn es Kräfte gäbe, die das graue Erscheinungsbild bewusst herbeiführen? Hat sich das Grau vielleicht alle anderen Farben einverleibt? Mit diesen Fragen ging es an die Arbeit.“

Wie viel Grau steckt in unserer Welt?

Torben Kuhlmann: „Großstädte sind auch in der Realität oft grau: Wohnblöcke aus Beton, brutalistische Behördengebäude und achtspurige Straßen. Die graue Stadt aber überbietet alles, was man in der realen Welt finden kann. Das Grau der grauen Stadt ist mehr. Es ist auch eine Geisteshaltung. Für die Verantwortlichen repräsentiert es Uniformität. Diese Form von Grau mag man auch in unserer Welt an vielen Stellen erkennen. Immer dann, wenn Buntes, Andersartiges oder Ungewöhnliches in ein gleichförmiges Kostüm gesteckt werden sollen. Mehr möchte ich aber gar nicht verraten. Beim Lesen der Geschichte und beim Betrachten der Bilder ist jede und jeder dazu eingeladen, sich eigene Gedanken zu machen und selbst zu interpretieren, für was das Grau stehen kann.“

Torben Kuhlmann erzählt eine ganz und gar nicht triste Geschichte über die Farbe Grau, der ein Mädchen mit gelbem Regenmantel bewusst eine Farbe entgegensetzt, während sie in einem spannenden Abenteuer herauszufinden versucht, was es mit Taubengrau, Mausgrau, Aschgrau und Zementgrau auf sich hat – wie immer mit zarten Farbabstufungen und liebevollen Details wunderschön illustriert.

Der Illustrator

Torben Kuhlmann lebt und arbeitet als freiberuflicher Kinderbuchautor und Illustrator in Hamburg. Dort studierte er Illustration und Kommunikationsdesign an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg. Das Studium schloss er 2012 mit seinem ersten Mäuseabenteuer „Lindbergh“ ab. Das Buch erschien bald darauf im NordSüd Verlag und wurde in kürzester Zeit zum internationalen Bestseller. Es folgten die Bände „Armstrong“, „Edison“ und zuletzt „Einstein“. Die Mäuseabenteuer sind mittlerweile in über 30 Sprachen übersetzt. Seit dem Erfolg der Reihe steht Torben Kuhlmann für große Bilderbuchkunst.#

Bücher | 61

Kreative Jobs für kreative Köpfe

Andreas Modzelewski, 464 S., 14,8 x 21 cm, geb., dt., Edition Michael Fischer 2023, ISBN 9783745915433, EUR 45,00 (D), EUR 46,30 (A)

Einer für alle: der einzigartige Studienführer für alle kreativen Studiengänge und Hochschulen. Ob Architektur, Innendesign, Mode, Grafik, Kunst oder Gaming – dieser Guide bietet einen Einblick in alle kreativen Fächer und zeigt mögliche Berufsfelder kompakt auf.

Vom Wert der Kunst

Michael Findlay, 280 S., farb. Illustr.,17 x 24 cm, Hardcover, dt, Prestel 2022, ISBN 9783791389080, EUR 26,00 (D), EUR 26,80 (A), CHF 35,50 (CH)

Der renommierte Kunstkenner

Michael Findlay gibt Einblick in das, was Menschen dazu bewegt, scheinbar irrational hohe Summen für Kunst zu bezahlen. Welche Rolle spielen die Kunstwerke im Leben der Sammler? Aufschlussreiche Psychogramme und ein spannendes Leseerlebnis für alle, die sich für Kunst und Sammeln interessieren.

Die gute Mappe

Franziska Walther, 240 S., durchg. farb. illustr., 19,1 x 25,3 cm, brosch., dt., dpunkt 2021, ISBN 9783864907937, EUR 34,90 (D), EUR 35,90 (A)

Die Autorin zeigt, wie sich Unternehmer*innen nachhaltig aufstellen, um finanzielle Freiheit und Selbstbestimmung zu erlangen und kreatives Potenzial auszuschöpfen. Ihr Handbuch zur Portfoliogestaltung, analog und digital, enthält zahlreiche, Anleitungen und Beispiele.

Mein Kreativ-Business

Dunja Supp, 160 S., durchg. farb. illustr. u. fotograf., 17 x 24 cm, geb., dt., Haupt Verlag 2022, ISBN 9783258602431, EUR 28,00 (D), EUR 28,80 (A), CHF 32,00 (CH)

Dunja Supp gibt Anregungen aus der Praxis, wie man vor und nach der Gründung sein Label über Social Media, Workshops oder Markenbildung sichtbar macht, ohne aggressive Verkaufstechniken anwenden zu müssen. Darüber hinaus findet man Checklisten zu den Themen Organisation, Selbstmanagement oder Weiterbildung.

Wie überlebe ich als Künstler*in?

Ina Roß, 240 S., 90 s/w-Abb., 14,8 x 22,5 cm, kart., dt., transcript Verlag 2022, ISBN 9783837659931, EUR 24,00 (D), EUR 24,00 (A)

Wie können Künstler*innen ihre Kreativität einsetzen, um für sich selbst zu werben? In aktualisierter und stark erweiterter Neuausgabe bietet Ina Roß konkrete Hilfe bei den vielgestaltigen Herausforderungen wie Marketing, Finanzierung und Selbstorganisation.

Kreative Identität und Selbsterkenntnis

Roberta Bergmann, ca. 192 S., 17 x 24 cm, geb., dt., Verlag Hermann Schmidt 2024, ISBN 9783874399722, EUR 35,00 (D), EUR 36,00 (A), CHF 45,00 (CH)

Dieses Buch führt zu Selbsterkenntnis und Selbstwirksamkeit. Es unterstützt mit Denkanstößen, Übungen und Praxistipps auf dem Weg zu einem befriedigenden und belastbaren kreativen Lebenskonzept. Denn wer sich seiner kreativen Identität bewusst ist und sie mit Leben erfüllt, wird im Kreativalltag gelassener, glücklicher und nicht zuletzt auch erfolgreicher.

Von Kunst leben

Andrea Jacobi, 304 S., 1 SWAbbildung, 14,8 x 22,5 cm, kart., dt., transcript 2023, ISBN 9783837652796, EUR 27,00 (D), EUR 27,00 (A)

Die Kunsthistorikerin, Galeristin und Art Consulterin Andrea Jacobi vermittelt Grundkenntnisse über den Kunstmarkt, zeigt anhand konkreter Beispiele die vielfältigen Spielarten des Marketing auf und bietet dabei zahlreiche individuelle Möglichkeiten für die erfolgreiche Vermarktung eigener Arbeiten.

Art Assignments

Nora Ryser, Réka Szücs, 128 S., durchg. farb. ill., 17 x 24 cm, kart., dt., Haupt Verlag 2023, ISBN 9783258602646, EUR 28,00 (D), EUR 28,80 (A), CHF 30,00 (CH)

In der Kunstgeschichtsschreibung gibt es viele blinde Flecken, besonders was das Werk und die Positionen von Künstlerinnen angeht. Um einige dieser Leerstellen zu füllen, haben die Autorinnen 18 Kunstprojekte entwickelt, welche im Unterricht, in Workshops oder Art Nights durchgeführt werden können.

62 | Buchtipps

Street Art is Female

Alessandra Mattanza, 240 S., 300 farb. Abb., 23,5 x 30,5 cm, geb., dt., Prestel 2022, ISBN 9783791388946, EUR 36,00 (D), EUR 37,10 (A), CHF 47,90 (CH)

Die weibliche Street-Art-Szene im Überblick! In 24 Porträts, die auf Interviews der Journalistin Alesssandra Mattanza basieren, erzählen Künstlerinnen aus ihrem Leben und von ihrer Arbeit.

New Street Artists

Alessandra Mattanza, 240 S., 203 Abb., 23,5 x 30,5 cm, geb., dt., Prestel 2023, ISBN 9783791389912, EUR 36,00 (D), EUR 37,10 (A), CHF 47,50 (CH)

Dieses Buch stellt beeindruckende Arbeiten von 24 Künstler*innen aus aller Welt vor, die sich mit ihren fantasievollen und technisch brillanten Arbeiten an die Spitze des Genres gesetzt und das Zeug dazu haben, die neuen Stars der Szene zu werden.

Dekoratives aus Gips, Keramik und Beton

Klaus-P. Lührs, 144 S., durchg. Abb., 17,5 x 24 cm, Hardcover, dt., frechverlag 2022, ISBN 9783772446085, EUR 22,00 (D), EUR 22,70 (A), CHF 30,50 (CH)

Dieses Buch zeigt, wie Sie dekorative Modelle und Gebrauchsgegenstände erschaffen können: reliefartig gestaltete Betonfliesen oder dünnwandige Blattteller ... – mit Silikon abgeformt und aus Beton nachgegossen.

Einfach mal(en)

Gouache

Jessica Smith, 114 S., durchg. farb. illustr., 18,9 x 24,6 cm, Paperback, dt., Laurence King Verlag 2022, ISBN 9783962443092, EUR 18,00 (D), EUR 18,00 (A), CHF 24,90 (CH)

Die Eigenschaften von Gouache entdecken, Komposition verstehen und die Fähigkeit Farben zu mischen entwickeln: In 20 Schritt-für-Schritt-Projekten für Drucke oder Karten erfahren Anfänger*innen und Fortgeschrittene, wie durch Schichtenlegen, -mischen und -malen lebendige Bilder entstehen.

Aufladung – Entladung.

Spachteltechnik – eine Einadung in die Kunstwelten der Gabriele Musebrink.

Gabriele Musebrink, 120 S., zahlr. farb. Abb., 21 x 24,5 cm, geb., dt., Neuauflage, ars momentum Kunst verlag 2024, ISBN 9783938193587, EUR 26,90 (D), EUR 27,60 (A), CHF 33,60 (CH)

Die Künstlerin Gabriele Musebrink präsentiert ihr besonderes Medium. Das Buch informiert über Grundsätzliches zum Thema Spachtelmassen, gibt einen historischen Abriss und praktische Anleitung. Vom Untergrund über den Einsatz von Pigmenten und Bindern bis hin zum Umgang mit verschiedenen Werkzeugen erfahren Sie alles Wissenswerte zum Thema.

Kunst steckt voller Wissenschaft

Mary Auld, Sue Downing, 80 S., durchg. farb. ill., 21,6 x 28,4 cm, HC, dt., Laurence King 2023, ISBN 9783962443412, EUR 18,00 (D), EUR 18,00 (A), CHF 24,90 (CH)

Kunst und Wissenschaft gingen schon immer Hand in Hand. Beide verlangen viel Kreativität und Neugier, beide fordern uns dazu auf, die fantastische Welt um uns herum zu erforschen. Dieses Buch ermuntert seine Leser *innen, einige der wichtigsten Entdeckungen der Kunstgeschichte selbst zum Leben zu erwecken! Pro Kapitel werden auf einer Doppelseite erst ein wissenschaftliches Phänomen, seine Umsetzung in der Kunst und der/die Künstler*in vorgestellt, auf der nächsten Doppelseite folgen dann klare Schritt-für-Schritt-Anleitungen für eigene Projekte. Eine faszinierende Reise durch Kunstund Wissenschaftsgeschichte!

Buchtipps | 63

Farbzauber vergangener Zeiten

64 | Labor
Idee, Gestaltung, Fotografie: Ina Riepe

Kohlepigmente, Tintenfischsekret und Eisenoxid sind wesentliche Bestandteile traditioneller Tuscherezepturen. Auch wenn sich im Laufe der Zeit manche Inhaltsstoffe und Herstellungsverfahren verändert haben: Bei der Arbeit mit Antiktusche von Rohrer und Klingner zeigt sich auch heute noch die ganze Schönheit klassischer, gebrochener Farbtöne.

Labor | 65

Inszenierte Wirklichkeit

Jeff Wall in der Fondation Beyeler

Er lotet die Grenzen zwischen Fakt und Fiktion, Zufall und Konstruktion minutiös aus und hat maßgeblich zur Etablierung der Fotografie als eigenständige Kunstform beigetragen: Der kanadische Künstler Jeff Wall (*1946) gehört heute zu ihren wichtigsten Vertreter*innen. Seit Mitte der 1970er-Jahre erforscht er dabei Wege, die künstlerischen Möglichkeiten der Fotografie beständig zu erweitern. Nun präsentiert die Fondation Beyeler seine Arbeiten in einer umfangreichen Einzelausstellung, die Walls erste Werkschau in der Schweiz seit fast zwei Jahrzehnten ist. Mit über

fünfzig Werken aus fünfzig Jahren zeigt die Schau das gesamte Spektrum des bahnbrechenden Œuvres des Künstlers – von seinen ikonischen Großbilddiapositiven in Leuchtkästen bis hin zu den großformatigen Schwarz-Weiß-Fotografien und Inkjet-Farbdrucken. Zudem richtet die Ausstellung ein besonderes Augenmerk auf Arbeiten aus den letzten zwei Jahrzehnten, darunter auch Fotografien, die erstmals überhaupt öffentlich zu sehen sind. Die Ausstellung ist in enger Zusammenarbeit mit dem Künstler entstanden.

[1] A Sudden Gust of Wind (after Hokusai) [Ein plötzlicher Windstoß (nach Hokusai)], 1993, Großbilddia in Leuchtkasten, 229 x 377 cm, Glenstone Museum, Potomac, Maryland, © Jeff Wall.

Wall bezeichnet seine Arbeiten als „Cinematografie“, da er im Film ein Vorbild für kreative Freiheit und Erfindungskraft sieht, die in der vorherrschenden, als „dokumentarisch“ definierten Fotografie in den Hintergrund getreten ist. Viele seiner Fotografien sind konstruierte Bilder, die eine umfangreiche Planung und Vorbereitung, die Zusammenarbeit mit Darsteller*innen und eine Postproduktion erfordern. Jeff Wall komponiert Bilder, die von der Vorstellung abweichen, dass Fotografie in erster Linie eine getreue Abbildung der Realität ist.

Wall wurde 1946 in Vancouver, Kanada, geboren, wo er auch heute noch lebt und arbeitet. In den 1960er-Jahren – in der Blütezeit der Konzeptkunst – begann er, sich mit Fotografie zu beschäftigen. Ab Mitte der 1970er-Jahre zeigte er in Leuchtkästen inszenierte Großbilddias. Mit diesem Format, das bis dahin eher mit Werbung als mit Fotokunst in Verbindung gebracht wurde, führte er eine neue Präsentationsform in die Kunst ein. Seit Mitte der 1990er-Jahre hat Wall sein künstlerisches Ausdrucks-

spektrum mehrfach erweitert, zunächst um großformatige Schwarz-Weiß-Fotografien und in jüngerer Zeit auch um Farbdrucke. Sein Schaffen war in zahlreichen Einzelausstellungen weltweit zu sehen, unter anderem 2005 in der Tate Modern, London, 2007 im Museum of Modern Art, New York, 2014 im Stedelijk Museum, Amsterdam, und 2021 im Glenstone Museum, Potomac.

Seine Bilder bewegen sich zwischen dokumentarischer Aufzeichnung, filmischer Komposition und freier poetischer Erfindung. Sie konfrontieren die Ausstellungsbesuchenden mit einer Vielzahl von Motiven und Themen, mit Schönem und Hässlichem, Mehrsinnigem und Verstörendem. Wall ist der Ansicht, dass die Fotografie in ihrer Themenwahl und Umsetzung so frei sein sollte wie alle anderen Kunstformen – so poetisch wie die Poesie, so literarisch wie die Literatur, so malerisch wie die Malerei, so theatralisch wie das Theater – all dies, ohne die spezifischen Eigenheiten des fotografischen Mediums preiszugeben.

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[2] Milk (Milch), 1984, Großbilddia in Leuchtkasten, 187 x 229 cm, Sammlung FRAC Champagne-Ardenne, Reims, © Jeff Wall.

Den Auftakt der Ausstellung in der Fondation Beyeler bildet im Foyer das Aufeinandertreffen zweier ikonischer Werke aus dem Jahr 1999. Morning Cleaning, Mies van der Rohe Foundation, Barcelona zeigt die frühmorgendlichen Reinigungsarbeiten, die im berühmten Pavillon vor Eintreffen der Besucher und Besucherinnen durchgeführt werden. Eine Reinigungskraft ist gerade dabei, die großen Fenster an der Gartenseite des Pavillons zu putzen, ein Moment, der normalerweise den Blicken der Besuchenden verborgen bleibt. A Donkey in Blackpool gewährt einen Blick in einen einfachen Stall, in dem ein Esel in einer Phase des Ausruhens zu sehen ist. Im Dialog der beiden Bilder treffen höchst unterschiedliche soziale und kulturelle Welten aufeinander, wobei die Aufmerksamkeit gleichzeitig auf ihre Gemeinsamkeiten gelenkt wird – Mensch und Tier stehen beide in einer tiefen Beziehung zu den Räumen, in denen sie sich aufhalten. Die Ausstellung ist so konzipiert, dass sich eine Abfolge derartiger Gegenüberstellungen entfaltet, die Resonanzen zwischen Themen, Techniken und Genres erzeugen.

Der erste Raum der Ausstellung zeigt eine Reihe von Diapositiven in Leuchtkästen, in denen Landschaften im Vordergrund stehen. Die zwischen 1987 und 2005 entstandenen Stadtansichten eröffnen einen weiten Blick auf urbane und vorstädtische Gegenden in Vancouver. Jeff Wall erachtet die Stadtlandschaften als einen wichtigen Aspekt seiner Arbeit, sie ermöglichen ihm die Erkundung des Wesens der Stadt, ihres Verhältnisses zu den sie umgebenden nichtstädtischen oder vorstädtischen Gebieten und ihres Charakters als Schauplatz des unendlichen Geflechts von Ereignissen, die das gesellschaftliche Leben ausmachen.

Die darauffolgenden Säle versammeln Szenen, die in den verschiedensten Innen- und Außenräumen, an öffentlichen und privaten Orten entstanden sind. Die Bilder umfassen Darstellungen von Männer- und Frauengruppen, von armen und wohlhabenden, von jungen und alten Menschen. Darunter sind Bilder, die mit großem Aufwand geschaffen wurden, und andere, die keine sichtbare Herausforderung in der Umsetzung zu erkennen

[3] Morning Cleaning, Mies van der Rohe Foundation, Barcelona (Morgendliche Reinigung, Fundació Mies van der Rohe, Barcelona), 1999, Großbilddia in Leuchtkasten, 187 x 351 cm, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf. Erworben 2000 mit Unterstützung des Ernst von Siemens-Kunstfonds, © Jeff Wall

68 | Ausstellung | Jeff Wall

geben. Es finden sich Fotografien in Farbe und in Schwarz-Weiß, große und kleine, real und unwirklich anmutende, die den unterschiedlichsten Stimmungen, Gemütszuständen und Beziehungen Anschaulichkeit verleihen.

Viele der bekanntesten Arbeiten des Künstlers sind zu sehen, darunter auch After „Invisible Man“ by Ralph Ellison, the Prologue (1999–2000), die Rekonstruktion einer Szene aus Ellisons Roman von 1952, die den jungen Helden des Buches bei der Arbeit an der Erzählung der Geschichte in seinem geheimen Kellerversteck zeigt, das mit genau 1369 Glühbirnen beleuchtet ist. A Sudden

Gust of Wind (after Hokusai) aus dem Jahr 1993, das zu Walls großformatigsten Werken zählt, erweist sich als zeitgenössische Adaption eines Drucks aus Katsushika Hokusais Holzschnittserie 36 Ansichten des Berges Fuji (um 1830–1832). Beide Bilder haben ihren Ursprung in Werken anderer Künstler; Wall nimmt sich die Freiheit, seine Themen dort zu finden, wo ihn seine Fantasie hinführt, was von Alltagsszenen über Kunstgeschichte, Literatur und Theater bis hin zum Film reicht. A Sudden Gust of Wind (after Hokusai) ist eine der ersten Arbeiten des Künstlers, in denen er digitale Techniken einsetzte, die es ermöglichen, eine Reihe einzelner Negative zu einem einzigen finalen Bild zusammenzufügen.

[4]

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After „Invisible Man“ by Ralph Ellison, The Prologue (nach „Der unsichtbare Mann“ von Ralph Ellison, Der Prolog), 1999–2000, Großbilddia in Leuchtkasten, 174 x 250,5 cm, Emanuel Hoffmann-Stiftung, Depositum in der Öffentlichen Kunstsammlung Basel, © Jeff Wall.
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[5] Parent Child (Elternteil Kind), 2018, Inkjet-Print, 224 x 254 cm, Courtesy of White Cube, © Jeff Wall.

Die meisten von Walls neueren Werken sind in der Ausstellung zu sehen, sie sind meist so arrangiert, dass sie in einen Kontrast zu älteren Bildern treten. Fallen rider (2022), das Bild einer Frau, die gerade von ihrem Pferd abgeworfen wurde, hängt gegenüber von War game (2007), auf dem drei Jungen, die offenbar während eines Kampfspiels gefangen genommen wurden, in einem improvisierten Gefängnis flach auf dem Boden liegen, während ein anderes Kind sie bewacht. In Parent child (2019) hat sich ein kleines Mädchen ebenfalls auf dem Boden ausgestreckt, hier nun auf einem Gehweg im sanften Schatten eines Baumes, betrachtet von einem Mann, der wahrscheinlich ihr Vater ist. Wie Filmstills scheinen Walls Bilder einen Augenblick in einem Geschehen festzuhalten, das Davor und das Danach bleiben verborgen. An der angrenzenden Wand hängt Maquette for a monument to the contemplation of the possibility of mending a hole in a sock (2023), das eine in Gedanken versunkene ältere Frau zeigt. Sie hält in der Hand eine Nähnadel und blickt auf ein Loch in der abgenutzten Ferse einer lila Socke. Die Flickerin erscheint unwirklich, wie eine Erscheinung, die die Fähigkeit und den Willen der Menschen hinterfragt, das, was abgenutzt, überbeansprucht oder beschädigt worden ist, wieder instand zu setzen.

Die Ausstellung wurde kuratiert von Martin Schwander, Curator at Large, Fondation Beyeler, unter Mitarbeit von Charlotte Sarrazin, Associate Curator. Der Ausstellungskatalog, der von Uwe Koch in engem Austausch mit dem Künstler gestaltet wurde, erscheint auf Deutsch und Englisch im Hatje Cantz Verlag, Berlin. Auf 240 Seiten finden sich dort neben Abbildungen der Werke ein Gespräch zwischen Jeff Wall und Martin Schwander, ein ausführlicher Text, in dem der Künstler selbst die Auswahl und Hängung der Werke in den elf Sälen erörtert, sowie Beiträge von Martin Schwander und Ralph Ubl.#

Die Werke Jeff Walls bewegen sich zwischen dokumentarischer Aufzeichnung, filmischer Komposition und freier poetischer Erfindung.

Katalog

Jeff Wall

Martin Schwander für die Fondation Beyeler, Riehen/Basel (hrsg.), Texte von Martin Schwander, Ralph Ubl, gestaltet von Uwe Koch, Pappband, dt., 248 S. mit 95 Abb., 310 x 250 mm, Hatje Cantz, ISBN 9783775756297

Ausstellung

Bis 21. April 2024

Jeff Wall

Fondation Beyeler

Baselstrasse 101, 4125 Riehen/Basel

Tel. +(0)41-61-6459700

www.fondationbeyeler.ch

Ausstellung | Jeff Wall | 71

Bitte berühren!

Tony Craggs Skulpturen zum Anfassen im Kunstpalast

„Alle Materialien haben eine Wirkung auf uns – egal welche Form oder Figur daraus gearbeitet wurde. Eine emotionale, aber auch eine gewisse intellektuelle Wirkung.“

Eine unangefochtene Regel im Museumsbetrieb lautet: „Bitte die Kunstwerke nicht berühren!“. Aus konservatorischen Gründen ist es tabu, ausgestellte Objekte mit bloßen Händen anzufassen. Nicht so in der Ausstellung „Tony Cragg. Please touch!“, die der Kunstpalast gemeinsam mit dem englischen Bildhauer entwickelt hat und die bis zum 26. Mai in Düsseldorf zu sehen ist. Es ist die erste umfangreiche Präsentation in einem Museum, die die Besuchenden explizit dazu einlädt, sämtliche Skulpturen zu ertasten. Linien dürfen mit den Händen nachgezeichnet und Konturen erspürt werden. Die sinnlichen Reize von Craggs Arbeiten rücken so ins Zentrum der Ausstellung: Neben den plastischen und stoff[1] Companions, 2023, Fiberglas, 318 cm x 274 cm x 363 cm, © VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Tony Cragg, Foto: Michael Richter.

lichen Eigenschaften treten die bewegten Formen in den Vordergrund der Wahrnehmung und ermöglichen eine intensive körperliche Begegnung mit den Werken – ein „Erfassen“ im doppelten Wortsinn.

Die Kälte von Stein trifft auf die Wärme von Holz, die Glätte von Glas auf die Härte von Stahl: Ein zentrales Anliegen von Tony Cragg (*1949) ist die Erforschung der materiellen Welt. Welche Gefühle und Bedeutungen durch den Einsatz verschiedener Werkstoffe hervorgebracht werden, interessiert den Bildhauer schon lange. Seine Skulpturen zeichnen sich durch eine enorme Form-

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und Materialvielfalt aus, die in der etwa 60 Werke umfassenden Schau des Düsseldorfer Kunstpalastes sichtbar und ausnahmsweise auch spürbar wird.

,,Es gibt kaum jemanden, der die Skulpturen von Tony Cragg nicht berühren möchte. Dass dies in einem Museum normalerweise nicht möglich ist, hat gute Gründe: Es ist unsere Aufgabe, Kunstwerke für zukünftige Generationen zu bewahren. Berührung aber hinterlässt Spuren und Schäden durch Abrieb oder chemische Reaktionen. Die in ‚Please touch!‘ gezeigten Skulpturen stammen direkt vom Künstler und werden im Anschluss an die Ausstellung

durch Tony Cragg überarbeitet. Nur dank seines außergewöhnlichen Einsatzes ist diese besondere Form der Präsentation möglich“, erläutert Felix Krämer, Generaldirektor am Kunstpalast und gemeinsam mit Tony Cragg Kurator der Schau. „Ich freue mich sehr, unseren Besucherinnen und Besuchern dieses außergewöhnliche Erlebnis anbieten zu können. Die Wahrnehmung durch Berührung ist für uns Menschen zentral.“

Dies lässt sich immer wieder an Skulpturen im öffentlichen Raum beobachten: Die golden glänzenden Stellen an patinierten Bronzen sind Spuren wiederkehrenden Anfassens. Dass die Idee von

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Migrant, 2015, Bronze, 220 cm x 150 cm x 147 cm, © VG Bild-Kunst,
[2] [2]
Bonn 2024 / Tony Cragg, Foto: Charles Duprat.
[1]

„Please touch!“ kein neuer Gedanke ist, zeigt sich bei den englischen Künstler*innen Barbara Hepworth (1903–1975) und Henry Moore (1898–1986), die davon überzeugt waren, dass man nur durch Berührung ein wirkliches Verständnis von Skulpturen erreichen könne. Tatsächlich war es wohl in der 1950 im Kunstpalast gezeigten Henry-Moore-Ausstellung schon einmal erlaubt, einige der präsentierten Skulpturen zu berühren, wie Zeitzeugen berichten.

Der seit 1977 in Wuppertal lebende Tony Cragg gehört zu den international bekanntesten Bildhauern seiner Generation. Seine raumgreifenden Skulpturen haben einen hohen Wiedererkennungswert. Die sinnlich geformten Plastiken laden die Betrachtenden ein, Standpunkt und Blickwinkel zu variieren. Auch den Wunsch und Impuls der Rezipienten seiner Kunst, diese zu berühren, kennt Tony Cragg sehr gut. „Es ist ein Experiment, auf das wir uns hier einlassen“, so Cragg. Mitgedacht sei die haptische Erfahrung seiner Skulpturen im Entwicklungsprozess jedoch nicht. Hier stehe die visuelle Wirkung im Vordergrund. „Ich selbst habe die Arbeiten natürlich in den Händen, weil ich sie erschaffe, weil ich das Material, von dem ich ausgehe, verändere und bearbeite. Ist eine Arbeit fertig, verspüre ich selbst nicht mehr das Bedürfnis, sie anzufassen“, erklärt der Künstler.

Tony Cragg arbeitete nach dem Schulabschluss zunächst als Labortechniker in der biochemischen Forschung. 1969 wurde er am Gloucestershire College of Art and Design in Cheltenham und später an der Wimbledon School of Art in London aufgenommen. 1973 schrieb er sich am Royal College of Art in London ein, wo er sich auf die Bildhauerei konzentrierte. Seine erste

Professur nahm Cragg 1976 an der École des Beaux-Arts in Metz an. Im darauffolgenden Jahr zog er nach Wuppertal, wo er bis heute lebt und 2008 den Skulpturenpark Waldfrieden gründete. Von 1978 bis 20216 lehrte Cragg an der Kunstakademie Düsseldorf, mehrere Jahre als deren Rektor. Cragg hat in wichtigen Museen der Welt ausgestellt. Seine Werke befinden sich unter anderem im Museum of Modern Art, New York, in der Tate Collection in London und im Centre Pompidou in Paris.

„Please touch“ bietet auch einen Blick über die Schulter des Bildhauers: In einem der Ausstellungsräume findet sich das nach-

[3] Incident (Stance), 2021, Cortenstahl, 230 cm x 76 cm x 73 cm, © VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Tony Cragg, Foto: Michael Richter.

[4] Outspan, 2008, Bronze, 190 cm x 200 cm x 124 cm, © VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Tony Cragg, Foto: Charles Duprat.

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[3]

gebaute Atelier Tony Craggs – der Ort, an dem sein künstlerischer Prozess und seine Arbeitsweise nachvollziehbar werden. Hier arbeitet er gleichzeitig an mehreren Werken in verschiedenen Entwicklungsstadien und testet die Grenzen und Möglichkeiten von Techniken und Materialien.

Als zusätzliches Angebot ist in der Kunstpalast-App ein Audioguide zur Ausstellung verfügbar. Er enthält ein akustisches Leitsystem und Beschreibungen der Werke für blinde und sehbeeinträchtigte Personen. Es sind jedoch alle Besuchenden eingeladen, die Ausstellung hiermit zu erleben.#

Ausstellung

Bis 26. Mai 2024

Tony Cragg. Please touch!

Kunstpalast

Ehrenhof 4–5, 40479 Düsseldorf

Tel. +49-(0)211-56642100

www.kunstpalast.de

#tonycraggkunstpalast

Ausstellung | Tony Cragg | 75
[4]

Sprengkraft und Vielfalt

Sie gehört zu den international bekanntesten Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts und ist doch eine Ausnahmeerscheinung: Käthe Kollwitz (1867–1945) wählte Druckgrafik und Zeichnung zu ihren wesentlichen Medien und fand darin zu einer eigenständigen Bildsprache von großer Unmittelbarkeit. Aus neuer Perspektive verhandelte sie in ihrer Kunst existenziell menschliche Fragen und wurde darum in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg für viele Haltungen und Themen politisch vereinnahmt. Vom 20. März bis zum 9. Juni 2024 widmet das Städel Museum in Frankfurt Käthe Kollwitz eine umfassende Ausstellung, die die Künstlerin in ihrer Vielfalt, ihrer Sprengkraft und ihrer Modernität vorstellt.

Käthe Kollwitz erlebte zwei Weltkriege, wurde Zeugin von Not, Armut, Hunger und Leid und erlebte selbst große persönliche Verluste. Im Laufe ihres Lebens wurde sie zu einer überzeugten Pazifistin; sie erhob deutlich ihre Stimme und übersetzte das Gesehene und Erlebte in Radierungen, Zeichnungen, Lithografien, Holzschnitte und Plastiken in ihrer ganz eigenen Sprache.

Geboren in Königsberg, erhielt Käthe Kollwitz früh künstlerischen Unterricht. Nach ihrer Heirat 1891 siedelt sie mit ihrem Mann Karl Kollwitz nach Berlin über. 1892 und 1896 werden ihre Söhne geboren. Mit ihrem Zyklus „Ein Weberaufstand“ gelingt ihr 1898 auf der Großen Berliner

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[1] Selbstbildnis mit aufgestütztem Kopf, 1889/91, Feder und Pinsel in Sepia auf Bütten, 200 x 160 mm, Käthe Kollwitz Museum Köln, Foto: Käthe Kollwitz Museum Köln.

Kunstausstellung der Durchbruch. Max Liebermann, in jungen Jahren schon erklärtes Vorbild der jungen Künstlerin, wird zu einem ihrer wichtigsten Förderer. 1901 wird sie Mitglied der Berliner Secession und besucht zum ersten Mal Paris. 1907 bekommt Käthe Kollwitz den VillaRomana-Preis, verbunden mit einem Arbeitsund Studienaufenthalt in Florenz. Zurück in Berlin beginnt sie, plastisch zu arbeiten und mietet bald ein Bildhauer-Atelier in Berlin-Tiergarten. Zu ihrem 60. Geburtstag 1927 steht sie auf dem Höhepunkt ihres Ruhms – eine von der Sammlerin Louise Diel aus diesem Anlass konzipierte Wanderausstellung wird ab 1925 in New York, dann in der Schweiz und 1927 an verschiedenen Stationen in Deutschland gezeigt. Bis 1932 leitet Käthe Kollwitz die Meisterateliers für Grafik an der Preußischen Akademie der Künste in Berlin und erhält 1929 den Orden Pour Le Mérite für Wissenschaften und Künste. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme muss die Künstlerin miterleben, wie ihre Arbeiten im Rahmen der Aktion „Entartete Kunst“ 1937 aus Museen beschlagnahmt und öffentliche Ausstellungsprojekte im Keim erstickt werden. Ende November 1943 wird ihre Berliner Wohnung bei Luftangriffen zerstört. 1944 folgt Käthe Kollwitz einer Einladung des Prinzen Ernst Heinrich von Sachsen nach Moritzburg bei Dresden. Dort stirbt sie wenige Tage vor Kriegsende am 22. April 1945.

Das Städel Museum besitzt eine umfangreiche Kollwitz-Sammlung, die nahezu alle in Auflage er schienenen Grafiken, aber auch von Hand überarbeitete Abzüge und Zeichnungen vereint. Aus diesem bemerkenswerten Bestand und mit Leihgaben aus den führenden Museen und Kollwitz-Sammlungen präsentiert das Städel Museum mehr als 110 Arbeiten auf Papier, Plastiken und frühe Gemälde der Künstlerin. Überraschende, unkonventionelle Werke wie Selbstbildnis mit aufgestütztem Kopf (1889/91, Käthe Kollwitz Museum Köln), für Kollwitz ungewöhnlich malerische Werke wie Weiblicher Rückenakt auf grünem Tuch (1903, Kupferstichkabinett, Berlin) und Pariser Kellerlokal (1904, Sprengel Museum Hannover) sowie ausgewählte Skulpturen wie Turm der Mütter (1937/38, Museum Folkwang, Essen) werden mit weiteren herausragenden Leihgaben zusammengeführt.

Die Ausstellung im Städel Museum macht Kollwitz’ Schaffen in seiner Vielfalt und eindrücklichen Qualität anhand verschiedener Kapitel erfahrbar. Im Mittelpunkt stehen ihre Entscheidungen für das Medium Grafik und für ungewohnte, ebenso existenzielle wie aktuelle Themen. Anhand einzelner Werkgruppen wird ihre einprägsame Bildsprache untersucht, ihre dramaturgisch zugespitzten Kompositionen und die in ausdrucksstarken Choreografien gruppierten Körper. Es geht um Kollwitz’ Experimente in Farbe und Form, um den prozessualen Charakter ihres Werkes, aber auch um das Spannungsverhältnis von Politik und Ästhetik. Nicht zuletzt gibt die Ausstellung einen Überblick über die deutsch-deutschen Lesarten der Künstlerin nach 1945, eine ganz besondere Rezeptionsgeschichte, die in Einzelfällen bis heute nachwirkt.#

Katalog

Kollwitz

Regine Freyberger (Hrsg.), mit Texten von Linda Baumgartner, Regina Freyberger, Gudrin Fritsch, Alexandra von dem Knesebeck, Katharina Koselleck, Andreas Schalhorn, Iris Schmeisser, Freirückenbroschur, dt., 296 S. m. 292 Abb., 28 x 23 cm, Hatje Cantz, ISBN 9783775755832

Ausstellung

20. März bis 9. Juni 2024

Kollwitz

Städelsches Kunstinstitut und Städtische Galerie

Schaumainkai 63, 60596 Frankfurt am Main Tel. +49-80)69-605098-200 www.staedelmuseum.de

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Zeitlose Schönheiten

Die Stillleben der Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden

78 | Ausstellung | Stillleben
[1] Adriaen van Utrecht, Großes Stillleben mit Hund und Katze, 1647, Öl auf Leinwand; 184 x 227 cm, © Gemäldegalerie Alte Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Elke Estel / Hans-Peter Klut.

Farbenfrohe Blumen, prunkvolle Gefäße, kostbare Sammelobjekte – die Künstlerinnen und Künstler des 17. Jahrhunderts vermochten es, mit äußerster Präzision und Hingabe die fragile Schönheit der sie umgebenden Welt in all ihrer Pracht und überbordenden Üppigkeit bildlich festzuhalten. Kurz zuvor, bereits Ende des 16. Jahrhunderts, bildete sich das Stillleben als eigene Kunstgattung heraus und erfreute sich wachsender Beliebtheit. Die Gemäldegalerie Alte Meister der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden widmet diesem Genre mit „Zeitlose Schönheit. Eine Geschichte des Stilllebens“ eine umfassende Sonderausstellung mit Werken aus dem eigenen Bestand, die die Entwicklung des Stilllebens sowie seine Bedeutung beleuchtet. Einige der Gemälde sind eigens für diese Präsentation restauriert worden und nach langer Zeit wieder für die Öffentlichkeit zugänglich.

Die Ausstellung lädt ein, die Welt des Stilllebens und seine geheimnisvolle Bildsprache zu erkunden: Was genau macht ein Stillleben aus? Welche Bedeutung und Funktion hatten und haben solche Darstellungen? Welche Allegorien und Symbole verbergen sich in diesen Motiven?

Stillleben waren Glanzstücke dekorativer Raumausstattungen und ein Spiel mit dem Auge (frz. „Trompe-l‘œil“), bei dem die optische Wirkung des Motivs im Mittelpunkt stand. Über 90 Gemälde aus dem eigenen Bestand, unter anderem von Frans Snijders, Jan Davidsz. de Heem, Adriaen van Utrecht oder Rachel Ruysch, erzählen Geschichten übers Bewundern, Forschen, Sammeln – und Vergehen. Zugleich zeugen sie von Weltbildern, naturwissenschaftlicher Neugier, wirtschaftlichen Interessen und kolonialer Ausbeutung. Die reiche Sammlung an Stillleben in der Gemäldegalerie Alte Meister mit dem Schwerpunkt auf dem 17. Jahrhundert eignet sich hervorragend, um diese Zusammenhänge nachzuzeichnen. Das Publikum wird in die Anfänge der Gattung eingeführt und entdeckt seine Elemente auch in der Porträt- oder Genremalerei. Besonders in der christlichen Kunst spielte die symbolische Bedeutung einzelner Pflanzen- und Tiermotive eine wichtige Rolle. Weitere Bereiche geben einen Überblick über die breite Fächerung der Gattung: Prunkstillleben,

Die Ausstellung in Dresden lädt dazu ein, die Welt des Stilllebens und seine geheimnisvolle Bildsprache in Ruhe zu erkunden.

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[2]
Wallerant Vaillant, Ein Brett mit Briefen, Federmesser und Schreibfeder hinter roten Bändern, 1658, Öl auf Papier, auf Leinwand aufgezogen, 51,5 x 40,5 cm, © Gemäldegalerie Alte Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Elke Estel / Hans-Peter Klut. [3] Pieter Claesz, Stillleben mit hohem goldenen Pokal, 1624, Öl auf Eichenholz, 65 x 55,5 cm, © Gemäldegalerie Alte Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Elke Estel / Hans-Peter Klut.

Jagdstillleben, Waldbodenstillleben, Blumenund Früchtestücke, Vanitas-Bilder.

Ergänzt wird die Schau mit Leihgaben aus der Skulpturensammlung, dem Kupferstich-Kabinett, dem Grünen Gewölbe, der Porzellansammlung, dem Kunstgewerbemuseum und dem Mathematisch-Physikalischen Salon der SKD sowie der Sächsischen Landesbibliothek – Staatsund Universitätsbibliothek (SLUB). Die Ausstellung wird im Winckelmann-Forum gezeigt und ist in zehn Kapitel gegliedert. Ein Glossar gibt Einblick in die versteckten Botschaften der Gemälde. In einer Medienstation werden die auf ausgewählten Stillleben dargestellten Tier- und Pflanzenarten bestimmt und tiefere Bedeutungsebenen erläutert. Zusätzliche Informationen bietet ein kostenfreier Audioguide.

Im reichhaltigen Begleitprogramm werden die Stillleben aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. So können die Besucher*innen unter anderem mit einem Insekten- oder Vogelkundler, einem Botaniker und einem Historiker über die Bilder ins Gespräch kommen. In Kooperation mit den Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen Dresden und Görlitz findet am 20. und 21. April 2024 ein Aktionswochenende statt, welches den Insekten und Bodenlebewesen gewidmet ist. Zahlreiche Mitmachangebote und Workshops wie Blumensteck- und Malkurse sowie vielfältige Veranstaltungen für Familien und Kinder ergänzen die Schau. #

Katalog

Stillleben

Zeitlose Schönheit

Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Konstanze Krüger (Hrsg.), Hardcover, dt., 160 S. m. 100 Abb., 258 x 206 mm, Hatje Cantz, ISBN 9783775751131

Die Künstlerinnen und Künstler des 17. Jahrhunderts hielten mit Präzision und Hingabe die fragile Schönheit der sie umgebenden Welt in all ihrer Pracht bildlich fest.

Ausstellung

Bis 1. September 2024

Zeitlose Schönheit

Eine Geschichte des Stilllebens

Gemäldegalerie Alte Meister

Zwinger

Theaterplatz 1, 01067 Dresden

Tel. +49-(0)351-49142000

Ausstellung | Stillleben | 81

Naama Tsabar, Inversion #1, 2019, Holz, Saiten, Polyurethan- und Latexfarbe, Banjo-Stimmgeräte, Kontaktmikrofone, 168 x 89 x 13 cm, © Shulamit Nazarian

22. März bis 22. September 2024

Naama Tsabar

Hamburger Bahnhof –Nationalgalerie der Gegenwart www.smb.museum

Anna Oppermann, Eine Retroperspektive, Ausstellungsansicht, 2023, Foto: Simon Vogel, © Kunstund Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH

Bis 1. April 2024

Anna Oppermann. Eine Retroperspektive.

Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland www.bundeskunsthalle.de

Deutschland Berlin

Gemäldegalerie

Matthäikirchplatz, 10785 Berlin

Tel. +49-(0)30-266424242

www.smb.museum

Bis 28. April 2024: Lee Ufan meets Rembrandt. Bis 28. April 2024: Auftakt. Von Odessa nach Berlin. Europäische Malerei des 16. bis 19. Jahrhunderts. 18. April bis 28. Juli 2024: Die Schenkung Leidner. Norditalienische Malerei des 17. Jahrhunderts.

Hamburger Bahnhof –Nationalgalerie der Gegenwart

Invalidenstraße 50–51, 10557 Berlin

Tel. +49-(0)30-266424242

www.smb.museum

Bis 7. April 2024: Nadia Kaabi-Linke. Seeing without Light. Bis 28. April 2024: Lee Ufan. 22. März bis 22. September 2024: Naama Tsabar. 25. April bis 6. Oktober 2024: Alexandra Pirici.

Neue Nationalgalerie

Potsdamer Straße 50, 10785 Berlin

Tel. +49-(0)30-266424242

www.smb.museum

Bis 21. April 2024: Lucy Raven. Bis 28. April 2024: Josephine Baker. Icon in Motion. Bis 28. September 2025: Zerreißprobe. Kunst zwischen Politik und Gesellschaft 1945–2000. Bis 2026: Gerhard Richter. 100 Werke für Berlin.

Bonn

Kunstmuseum Bonn

Friedrich-Ebert-Allee 2, 53113 Bonn

Tel. +49-(0)228-776260

www.kunstmuseum-bonn.de

Bis 10. März 2024: Günter Fruhtrunk. Retrospektive 1952–1982. Bis 16. Juni 2024: Bonner Kunstpreis. Louisa Clement. Bis 31. Dezember 2024: Raum für phantasievolle Aktionen. Bis 31. März 2025: Aufbruch in die Moderne. 14. März bis 25. August 2024: Dorothea von Stetten-Kunstpreis 2024. Junge Kunst aus Öserreich. 25. April bis 22. September 2024: Katharina Grosse. Studio Paintings 1988–2023.

Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland

Museumsmeile Bonn

Friedrich-Ebert-Allee 4, 53113 Bonn

Tel. +49-(0)228-9171-0 www.bundeskunsthalle.de

Bis 17. März 2024: Immanuel Kant und die offenen Fragen. Bis 1. April 2024: Anna Oppermann. Eine Retroperspektive. 8. März bis 1. September 2024: Kengo Kuma. Onomatopoeia Architecture. 22. März bis 28. Juli 2024: „Bilder im Kopf, Körper imRaum“ –Franz Erhard Walther. 1. Mai bis 27. Oktober 2024: Interactions 2024.

Bremen

Neues Museum Weserburg Bremen

Teerhof 20, 28199 Bremen

Tel. +49-(0)421-598390

www.weserburg.de

Bis 31. März 2024: Kay Rosen. Now and then. Bis 2. Juni 2024: Von De Stijl bis Boekie Woekie. Künstlerpublikationen aus den Niederlanden.

Duisburg

Stiftung Wilhelm Lehmbruck Museum

Friedrich-Wilhelm-Straße 40, 47049 Duisburg

Tel. +49-(0)203-2832630

www.lehmbruckmuseum.de

23. März bis 12. Mai 2024: Art Family. Vor Ort 2024. Eine Ausstellung Duisburger Künst ler. 23. März bis 12. Mai 2024: Der Expressionismus. Aufbruch und Neubeginn. 16. Mai bis 25. August 2024: Sculpture 21st: Shirin Neshat.

Düsseldorf

Kunstsammlung

Nordrhein-Westfalen K 20

Grabbeplatz 5, 40213 Düsseldorf

Tel. +49-(0)211-8381130

www.kunstsammlung.de

Bis 16. Juni 2024: Die Sammlung. Befragen und Weiterdenken. 16. März bis 11. August 2024: Hilma af Klint und Wassily Kandinsky. Träume von der Zukunft.

82 | Termine

Kunstsammlung

Nordrhein-Westfalen K 21

Ständehausstraße 1, 40217 Düsseldorf www.kunstsammlung.de

Tel. +49-(0)211-8381204

23. März bis 8. September 2024: Mike Kelley. Ghost and Spirit. 13. April bis 4. August 2024: Forthcoming. Spekulationen im urbanen Raum.

Kunstpalast

Ehrenhof 4–5, 40479 Düsseldorf

Tel. +49-(0)211-8996260 www.kunstpalast.de

Bis 20. Mai 2024: Size Matters. Größe in der Fotografie. Bis 26. Mai 2024: Tony Cragg. Please touch! 27. April bis 26. Mai 2024: Die Kleine 2024.

Frankfurt

Schirn Kunsthalle Frankfurt

Römerberg, 60311 Frankfurt

Tel. +49-(0)69-299882-0 www.schirn.de

Bis 26. Mai 2024: The Culture. Hip-Hop und zeitgenössische Kunst im 21. Jahrhundert. Bis 12. Mai 2024: Melike Kara. 21. März bis 9. Juni 2024: Cosima von Bonin.

Städel Museum

Schaumainkai 63, 60596 Frankfurt

Tel. +49-(0)69-6050980 www.staedelmuseum.de

Bis 14. April 2024: Miron Schmückle. Flesh for Fantasy. Bis 12. Mai 2024: Honoré Daumier. Die Sammlung Hellwig. 20. März bis 9. Juni 2024: Kollwitz. 3. Mai bis 1. Dezember 2024: Muntean/Rosenblum. Mirror of Thoughts.

Hamburg

Hamburger Kunsthalle

Glockengießerwall, 20095 Hamburg

Tel. +49-(0)40-428131-200 www.hamburger-kunsthalle.de

Bis 10. März 2024: Figur und Landschaft. Werke des 19. Jahrhunderts aus zwei Hamburger Privatsammlungen. Bis 1. April 2024: Caspar David Friedrich. Kunst für eine neue Zeit. 12. April bis 27. Oktober 2024: The Ephe-

meral Lake. Eine digitale Installation von Jakob Kudsk Steensen. 17. Mai bis 11. August 2024: Kathleen Ryan.

Hannover

Sprengel Museum Hannover

Kurt-Schwitters-Platz, 30169 Hannover

Tel. +49-(0)511-168-43875 www.sprengel-museum.de

Bis 26. Mai 2024: Raphaël Denis. La loi normale des erreurs (Das normale Gesetz der Fehler). Bis 16. Juni 2024: Pablo Picasso | Max Beckmann. Mensch – Mythos – Welt. 16. März bis 28. Juli 2024: Günter Haese. Zum 100. Geburtstag. 16. März bis 23. Juni 2024: Jean Leppien. Die Schenkung. 10. April bis 28. Juli 2024: Nordlichter: Dietrich Helms, Arnold Leissler, Siegfried Neuenhausen, Kai Sudeck. 10. April bis 28. Juli 2024: Peter Tuma. Aufkommende Unruhe.

Köln

Museum Ludwig

Heinrich-Böll-Platz, 50667 Kön

Tel. +49-(0)221-221-26165 www.museenkoeln.de

Bis 10. März 2024: 1000 … miles to the edge – Schenkung Kasper König. Bis 17. März 2024: Pablo Picasso Suite 156 mit Kubra Khademi. Bis 7. April 2024: Wolfgang-Hahn-Preis 2023. Francis Alÿs. 9. März bis 13. Oktober 2024: Hier und jetzt im Museum Ludwig. Und gestern und morgen. 23. März bis 11. August 2024: Roni Horn. 27. April bis 10. November 2024: Chargesheimer.

Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud

Obenmarspforten (am Kölner Rathaus) 50667 Köln, Tel. +49-(0)221-221-21119 www.wallraf.museum

Bis 21. April 2024: Sammlerträume. Sternstunden niederländischer Barockkunst. Bis 27. Oktober 2024: Sensation des Sehens. Die Sammlung Werner Nekes: Vol. 2 Impressionismus. 15. März bis 28. Juli 2024: Paris 1863–1874: Revolution in der Kunst. 22. März bis 30. Juni 2024: Willkommen im Wallraf – Teil I.

Zéh Palito, It was all a dream, 2022, Acryl auf Leinwand, 170 × 175 cm, Courtesy the artist, Simões de Assis and Luce Gallery, © Zéh Palito.

Bis 26. Mai 2024

The Culture. Hip-Hop und zeitgenössische Kunst im 21. Jahrhundert.

Schirn Kunsthalle Frankfurt www.schirn.de

Installationsansicht der Ausstellung

Caspar David Friedrich. Kunst für eine neue Zeit, mit den Werken Arctic Archipelago, 2021 (links), und Not Planet Earth, 2021 (rechts), von Susan Schuppli, © Susan Schuppli, Foto: © Hamburger Kunsthalle, Fred Dott

Bis 1. April 2024

Caspar David Friedrich. Kunst für eine neue Zeit.

Hamburger Kunsthalle www.hamburger-kunsthalle.de

Termine | 83

Joel Sternfeld, The Space Shuttle Columbia lands at Kelly Lackland Air Force Base, San Antonio, Texas, aus der Serie: American Prospects, März 1979, Pigment Print, Albertina, Wien – Schenkung Joel Sternfeld, © Joel Sternfeld

Bis 28. April 2024

Joel Sternfeld. American Prospects.

Albertina

www.albertina.at

Kiki Kogelnik, Superserpent, 1974, Öl und Acryl auf Leinwand, 195 x 150 cm, Museum Ortner, Wien, © Kiki Kogelnik Foundation, All rights reserved

22. März bis 14. Juli 2024

Kiki Kogelnik. Retrospektive.

Kunsthaus Zürich www.kunsthaus.ch

München

Haus der Kunst

Prinzregentenstraße 1, 80538 München

Tel. +49-(0)89-21127-113

www.hausderkunst.de

Bis 10. März 2024: In anderen Räumen. Environments von Künstlerinnen 1956–1976. Bis 28. April 2024: Wang Shui. Toleranzfenster. Bis 27. Oktober 2024: Martino Gamper. Sitzung. Bis 15. Dezember 2024: Luisa Baldhuber. Afterglow. 9. März bis 14. April 2024: Pan Daijing. Mute. 5. April bis 22. September 2024: Liliane Ljin. Arise Alive.

Alte Pinakothek

Barer Straße 27, 80333 München

Tel. +49-(0)89-23805-216

www.pinakothek.de

Bis 2. Juni 2024: Aktmodell und Tugendheldin. Der Selbstmord der Lucretia bei Albrecht Dürer und Lucas Cranach d.Ä. Bis 31. Dezember 2024: Von Goya bis Manet. Meisterwerke der Neuen Pinakothek in der Alten Pinakothek.

Pinakothek der Moderne

Barer Straße 40, 80333 München

Tel. +49-(0)89-23805-360 www.pinakothek.de

Bis 17. März 2024: Glitch. Die Kunst der Störung. Bis 31. Dezember 2024: Mix & Match. Die Sammlung neu entdecken. Bis 5. Mai 2024: Flatz. Something wrong with physical sculpture.

Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München

Luisenstraße 33, 80333 München

Tel. +49 (0)89-23396933 www.lenbachhaus.de

Bis 10. März 2024: Turner. Three Horizons. (Kunstbau). Bis 7. April 2024: Günter Fruhtrunk. Die Pariser Jahre (1954–1967). Ab 12. März 2024: Der Blaue Reiter. Eine neue Sprache. 13. April bis 8. September 2024: Cao Fei. Meta-Mentary.

Stuttgart

Staatsgalerie Stuttgart

Konrad-Adenauer-Straße 30–32, 70173 Stuttgart, Tel. +49-(0)711-47040-0 www.staatsgalerie.de

Bis 1. April 2024: Modigliani. Moderne Blicke. 23. März bis 23. Juni 2024: Dokumentarfotografie Förderpreise 14 der Wüstenrot Stiftung. 5. April bis 16. Juni 2024: Florian Slotawa. Stuttgart sichten.

Weil am Rhein

Vitra Design Museum

Charles-Eames-Str. 1, 79576 Weil am Rhein Tel. +49-(0)7621-7023200

www.design-museum.de

Bis 21. April 2024: Tane Garden House. Bis 5. Mai 2024: Colour Rush! Eine Installation von Sabine Marcelis. 23. März bis 1. September 2024: Transform! Design und die Zukunft der Energie.

Österreich

Wien

Albertina

Albertinaplatz 1, A–1010 Wien

Tel. +43-(0)1-534830

www.albertina.at

Bis 1. April 2024: Katharina Grosse. Warum Drei Töne Kein Dreieck Bilden. Bis 28. April 2024: Joel Sternfeld. American Prospects. Bis 5. Mai 2024: 20 Jahre Sammlung Verbund, Wien. 8. März bis 14. Juli 2024: Roy Lichtenstein. Zum 100. Geburtstag. 1. Mai bis 15. September 2024: Eva Beresin. Thick Air.

Albertina Modern

Karlsplatz 5, 1010 Wien

Tel. +43-(0)1-534830

www.albertina.at

Bis 17. März 2024: Herbert Boeckl – Oskar Kokoschka. Eine Rivalität. Bis 18. August 2024: The Beauty of Diversity.

84 | Termine

Schweiz Basel

Kunsthalle Basel

Steinenberg 7, 4051 Basel

Tel +41-(0)61-2069900

www.kunsthallebasel.ch

Bis 28. April 2024: Tobias Spichtig. Everything No One Ever Wanted. Bis 20. Mai 2024: Klára Hosnedlová. Bis 11. August 2024: Nolan Oswald Dennis. A recurse 4 [3] worlds.

Kunstmuseum Basel

St. Alban-Graben 16, 4010 Basel

Tel. +41-(0)61-2066262

www.kunstmuseumbasel.ch

Bis 7. April 2024: Carrie Mae Weems. The Evidence of Things Not Seen. Bis 14. April 2024: Einmalig. Monotypie und Abklatsch.

Bis 14. April 2024: Bernard Buffet. Existenzialist und Populärkünstler. Bis 30. Juni 2024: Geniale Frauen. Künstlerinnen und ihre Weggefährten. Bis 18. August 2024: Dan Flavin. Widmungen aus Licht. 16. März bis 21. Juli 2024: Made in Japan. Farbholzschnitte von Hiroshige, Kunisada und Hokusai.

Basel/Riehen

Fondation Beyeler

Baselstrasse 101, 4125 Riehen/Basel

Tel. +41-(0)61-6459700

www.fondationbeyeler.ch

Bis 21. April 2024: Jeff Wall. Bis 21. April 2024: Honey, I rearranged the collection.

Zürich

Kunsthaus Zürich

Heimplatz 1, 8001 Zürich

Tel. +41-(0)44-2538484

www.kunsthaus.ch

Bis 12. Mai 2024: Barbara Visser. Alreadymade. 8. März bis 30. Juni 2024: Apropos Hodler. Aktuelle Blicke auf eine Ikone. 22. März bis 14. Juli 2024: Kiki Kogelnik. Retrospektive.

Die Angaben beruhen auf den Informationen der Aussteller. Änderungen nach Redaktionsschluss vorbehalten.

– Feinste wasservermalbare Künstler-Ölfarbe

– 48 Farbtöne + 5 Hilfsmittel – Vegan – Umweltfreundlich – Geruchsarm – Allergikerfreundlich

www.schmincke.de

Kunst+Material auch im Abonnement!

Kunst+Material erscheint zweimonatlich in einer Auflage von 30.000 Exemplaren und bietet Einblicke in Ateliers und Arbeitsweisen von porträtierten Künstler*innen, stellt interessante Inhalte im Sonderthema vor, präsentiert aktuelle Ausstellungen und gibt neben News aus der Kunstwelt viele spannende Buchempfehlungen an die Hand. Neu und exklusiv gibt es inspirierende Bildstrecken zu Materialien und künstlerischen Techniken. Hintergrundstories aus der Feder von Expert*innen informieren über die unterschiedlichsten Materialien und ihre Geschichte, und auch Künstlerinnen und Künstler selbst kommen zu Wort und stellen ihr Lieblingsmaterial vor.#

Bestellungen

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Gewerkenstraße 2, D-58456 Witten oder abo@kunst-und-material.de

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[ ] Ja, ich bestelle das Probe-Abonnement und beziehe die nächsten drei Ausgaben von Kunst+Material zum einmaligen Kennenlern-Preis von 14,50 EUR bzw. 14,50 CHF (Schweiz). Danach bekomme ich Kunst+Material bequem nach Hause – zum Jahresbezugspreis von 49,50 EUR/CHF für sechs Ausgaben. Dazu brauche ich nichts weiter zu veranlassen. Wenn ich Kunst+Material nicht weiterlesen möchte, kündige ich das Probe-Abo schriftlich bis spätestens eine Woche nach Erhalt des 2. Heftes. Dieses Angebot gilt in Deutschland und der Schweiz.

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86 | Abonnement
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Biete

Via Artis Rom – deutsche Kunsthistoriker/innen bieten Kunstführungen durch das antike Rom – vom Kapitol zum Kolosseum, Sankt Peter + der Vati kan, Museumsbesuche, Abendspaziergang über Roms Plätze, Tagesexkursionen nach Tivoli, Ostia, Pompeji oder Florenz. Oder wollten Sie nur shoppen + gut essen? Was immer Sie suchen, wir führen Sie hin! kunst.spaziergang.rom@gmail.com.

www.online-kunstkurse.de

Berlin-Moabit: Aquarellkurs Nass-innass-Technik am Beispiel abstrakt, Landschaft und Stillleben. Samstag, 9. März und 24. März 2024, Samstag, 7. April und 27. April 2024. Im Atelier der Künstlerin, Alt-Moabit 53, 10555 Berlin, Intensivkurs von 12.00 bis 17.30 Uhr, je EUR 65. Tel. E. Eichinger: +49(0)30-3449394, www.eichinger-evelyn.de, eichingerevelyn.berlin@ gmail.com.

Künstler aus Düsseldorf bietet Ausstellungsmöglichkeiten an. Da das aktuelle Ausstellungsjahr bereits zu großen Teilen vergeben ist, wird um Bewerbungen für die verbleibenden Monate Juli, Oktober und Dezember 2024 gebeten. Für nähergehende Informationen besuchen Sie mich auf www.tomschrage.de unter dem Reiter „Kunstfenster Gerresheim“.

Auf Usedom (Fr. 28.06–Di., 02.07.24) und Hiddensee (Mi. 25.–So. 29.09.24) zeichnen und Aquarelle malen. Die erfahrene Kunstpädagogin Frauke Borchers, Lübeck, begleitet individuell Anfänger*innen und Fortgeschrittene. Anmeldeschluss zwei Monate vorher. Tel. +49-(0)451-93098547.

„Dornröschenschlaf“. Meine Malerwerkstatt ist nun Vergangenheit – was übrigbleibt, ist meine Geschichte. Meine Originale sind gerettet und gut deponiert. Meine Website und das Kunst-Bilder-Buch bleiben aktuell: EIKUME.

Produzentengalerie in München Maxvorstadt bietet Ausstellungsmöglichkeiten noch für 2024. Nähere Informationen finden Sie unter www.werkstatt-galerie-münchen.de.

Workshop in Wien 19.05.–24.05.2024 (4–6 Teilnehmer). Mit Skizzenbuch, Aquarellblock und Kamera Wien entdecken. Wir erkunden interessante Wiener Bezirke mit dem Skizzenbuch. Holen uns kreatives Feedback bei Ausstellungen in einigen wichtigen Museen (z. B. Albertina, Museum Ludwig). Wir machen einen Tagesausflug in die Biedermeierstadt Baden bei Wien und entdecken dort schöne Motive. Gegen Nachmittag wandern wir durch die Weinberge zu dem Winzerort Soß und genießen bei einem Heurigen typische Speisen. Wir treffen uns täglich um 10.00 Uhr, besprechen unser Tagesprogramm und gehen dann 5 Stunden zusammen auf Entdeckung. Die Kursgebühr für den 6-tägigen Workshop beträgt EUR 490 p.P. Weitere Informationen und An mel dung auf www.malkurse. hamburg.

Ausschreibung Klaus-Panzner-Preis 2024. Die Stadt Bad Camberg (Jury) schreibt diesen Preis wie folgt aus: Studierende der Kunst (Malerei, Zeichnung, Druckgrafik) der Semester 3 bis 5 sind aufgerufen, sich für diesen Preis zu bewerben. Verbunden mit einer Ausstellung eigener Arbeiten in der Amthof-Galerie Bad Camberg im Dezember 2024 wird ein Preisgeld von EUR 4000 ausgelobt. Der Preisträger sollte zur Ausstellung eine DIN A4Arbeit in Anlehnung an Arbeiten von Klaus Panzner fertigen. Informationen auf www.klauspanzner.de oder unter K. J. Herrmann, Tel. +49-(0)178-2636768. Bewerbungsunterlagen als pdf: Vita, Skizzen, Zeichnungen, Fotografien bis Juli 2024. plus-designe-media@arcor.de.

Sommer-Akademie im Kloster Malgarten: „Aus dem Vollen schöpfen“ im Mal-Atelier oder in der Stein- und Holzbildhauerei. Drei Ateliers mit je eigener qualifizierter Leitung, Übernachtung im historischen Ambiente: Termin I Himmelfahrt: Mi 8.–So 12. Mai 2024; Termin II: So 28. Juli–So 4. August 2024, www.atelier-hestia.de oder Tel. +40(0)5468-939232.

Rembrandt 350 Jahre Jubiläums-Ausgabe vom Taschen-Verlag. 1. Buch: Sämtliche Gemälde, 2. Buch: Sämtliche Zeichnungen und Radierungen. Beide Bücher neuwertig. Statt EUR 150 EUR 75 je Buch. Tel. +49-(0)231-574668.

Produzentengalerie in Düsseldorf bietet Ausstellungsmöglichkeiten an. Da alle Termine für 2024 bereits vergeben sind, bitten wir um Bewerbungen für das Ausstellungsjahr 2025. Für nähergehende Informationen besuchen Sie uns unter www.galerieartroom.de.

Skizzieren, zeichnen, aquarellieren – deutschlandweite Workshops, Online-Kurse, Mal- und Zeichenreisen im In- und Ausland, zum Beispiel Chiemgau/Kloster Seeon, Hamburg, Portugal, Tegernsee, Prag, Wien, Föhr, Prerow, Venedig, Karwendelregion/Mittenwald, Mallorca …www.chrisa.de, @illuchrisa Infos: urbansketching@ chrisa.de.

Malen wie im alten Pompeji. Katrin Seifert zeigt, wie mit Fresco secco farbenfrohe Leinwandbilder mit antiker Anmutung geschaffen werden: 01./02.06., 02./03.11.24, 10.00–18.00 Uhr – max. 2 Personen. Infos: www.kimages.de/my-calendar.

Werkverzeichnis von Monika Knaack, 1994 bis heute, ganz neu, zu finden unter: https://wvz-mokna.de/, k@mokna.de.

Suche

Atelierräume bundesweit gesucht. Suche für künstlerische Workshops (Skizzieren, Zeichnen, Aquarellieren) geeignete Räume zur ein- oder mehrtägigen Miete. urbansketching @chrisa.de

Malerei-Vermarktung: Kunstversierter und IT-kompetenter Vermarkter für meine moderne Malerei – abstrakt/ konkret, eigenständiger Stil, Öl auf Zeichenkarton – gegen 50%ige Beteiligung gesucht von ehem. erfolgreichem Industrial Designer, Münster. Kontakt: Tel. +49-(0)251-8714422, Anrufbeantworter.

Suche Kunstverein. Künstler (Akademie), Lothar Wendt, Schleiermacherstraße 39, 10961 Berlin.

Landschaftsmaler sucht Ausstellungmöglichkeiten in Düsseldorf. Außerdem Lagermöglichkeiten für Ölbilder in 120 x 80 cm und kleiner (Gemeinschaftsraum, Atelier, trockene Garage, Dachboden etc., mit eigenem Schlüssel). fotoshow1@gmx.de.

In eigener Sache

Liebe Leserinnen, liebe Leser, seit vielen Jahren schreiben Sie uns – mit Angeboten für Unterricht, Workshops, Material-Verkäufe und oder wenn Sie Atelierräume, Tipps oder Gleichgesinnte in der näheren Umgebung suchen. Es gab in diesen Jahren Einsendung aus ganz Europa und von vielen interessanten Kunstschaffenden: Wir waren immer wieder aufs Neue erstaunt, wieviel Kreativität und Fantasie sich in Ihren Zuschriften offenbarte (mit Bilderbriefen, gestalteten Postkarten oder zugesandten Objekten – darunter auch manche amüsante Anekdote).

Doch spätestens seit der CoronaPandemie hat sich die Nachfrage verändert. Daher verabschiedet sich unser Farbkasten an dieser Stelle mit einem herzlichen „Dankeschön“ an all diejenigen, die ihn genutzt, bestückt und gern gelesen haben – es hat uns immer viel Freude gemacht, von Ihnen zu hören!

Ihr Team von Kunst+Material

Farbkasten | 87

Tradition trifft Zukunft

Generationswechsel an der Spitze von H. Schmincke & Co.

Seit über 140 Jahren ist es das erklärte leidenschaftliche Ziel von H. Schmincke & Co., die Welt ein wenig bunter zu machen – mit feinsten Künstlerfarben aus Erkrather Produktion. Neben Öl- und Aquarellfarben werden hier auch Acryl- und Pastellfarben für die traditionelle Malerei hergestellt. Das Familienunternehmen, 1881 gegründet und heute in über 65 Ländern vertreten, wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet und auch mehrfach zur „Marke des Jahrhunderts“ ernannt.

Die Firmengeschichte beginnt 1881, als die Farbenchemiker Josef Horadam und Hermann Schmincke in Florenz auf die traditionellen Harz-Ölfarben-Rezepturen des Kunstprofessors Cesare Mussini stießen. Diese einzigartigen Farben aus der Tradition der alten Meister unterschieden sich stark von den Ölfarben jener Zeit, die ohne Harzanteil hergestellt wurden. Auf Grundlage dieser Rezepturen gründeten die beiden 1881 das Unternehmen unter dem Namen H. Schmincke & Co. und nannten das erste Pro-

dukt „Mussini“. Jahre später, 1892, entwickelte Josef Horadam die nach ihm benannten, flüssig vergossenen Aquarellfarben und erhielt europaweite Patente dafür. Bis heute stellen die Mussini Künstler-Harz-Ölfarben und die Horadam Künstler-Aquarellfarben die weltweit bekanntesten Schmincke-Sorten dar.

Wenig später wurde die Palette der Harz-Ölfarben um kleinere, spezielle Sortimente für Kunstprofessoren ergänzt. Um einem noch breiteren Publikum die Schmincke-Qualität zugänglich zu machen, wurde bald auch ein „genormtes“ Sortiment entwickelt: die feinste Künstler-Ölfarbe NORMA Professional – preisgünstiger, aber von gleicher Qualität.

Unter der zweiten Inhaber-Generation mit Dr. Julius Hesse fanden die feinsten weichen Pastellfarben und ein umfangreiches Gouache-Programm ihren Weg in die Hände von Künstlern, Grafikern und Retuscheuren. Nach einer kriegsbedingten Zwangspause

[1] Made in Germany: Am Firmensitz in Erkrath produziert Schmincke Künstlerfarben und vermarktet sie von hier aus in der ganzen Welt.

[2] Von links nach rechts: Uwe Petrow, Nils Knappe, Markus Baumgart.

88 | Im Gespräch
[1] [2]

nahm die dritte Generation mit Konsul Ernst O. Hesse die zuerst in den USA entwickelten Künstler-Acrylfarben in das SchminckeProgramm auf. Eine neue Ära der Kreativität brach an.

Mit dem 100-jährigen Jubiläum im Jahr 1981 expandierte Schmincke mit dem Geschäftsführer Peter Hesse in die ganze Welt. MUSSINI, NORMA Professional, HORADAM Aquarell und Pastell – alle Sorten fanden schnell weltweite Anhänger. Mit der neu entwickelten Akademie-Linie wurden außerdem hochqualitative Farben zu einem günstigeren Preis ergänzt, die noch breitere Anwendergruppen mit Farben bedienen konnten.

Nach Peter Hesse wurde mit Nils Knappe im November 1996 erstmals ein familienfremder Geschäftsführer eingesetzt. Er hat die Strukturen des Unternehmens auf die Herausforderungen des neuen Jahrhunderts ausgerichtet und dabei vor allem die Fokussierung auf die Kernkompetenzen des Unternehmens in den Vordergrund gestellt. Nils Knappe wird 2024 die Geschäftsführung gemeinsam mit Markus Baumgart (aktuell Leiter Vertrieb/Marketing) führen, bevor er nach 28 Jahren als Geschäftsführer in den Ruhestand tritt.

Markus Baumgart wird schließlich ab 2025 die alleinige Geschäftsführung übernehmen. Er arbeitet seit 2001 bei Schmincke und ist seit vielen Jahren als Prokurist, gemeinsam mit Uwe Petrow (kaufmännischer Leiter/Prokurist), Mitglied der drei Personen umfassenden Geschäftsleitung neben Nils Knappe. Zusammen haben sie die nachhaltige Entwicklung des Unternehmens H. Schmincke & Co. durch konsequente Investitionen in modernste und ressourcenschonende Produktionsprozesse, durch Internationalisierung und Diversifizierung der Vertriebswege sowie durch Entwicklung innovativer Produkte auf ein neues Niveau gehoben.

Schmincke sorgt damit für einen reibungslosen Übergang und für langfristige Kontinuität in der zukünftigen Ausrichtung des Unternehmens. Dabei steht auch weiterhin die Konzentration auf die Kernkompetenzen, verbunden mit einer nachhaltigen und effizienten Produktion „Made in Germany“, im Vordergrund. Diese erfolgreiche Entwicklung fortzusetzen und die Unabhängigkeit des Unternehmens, die gelebten Werte und die Arbeitsplätze langfristig zu sichern, ist das zentrale Anliegen der Gesellschafter von H. Schmincke & Co. Aus diesem Grund wurde entschieden, dass die maßgeblichen Anteile an der Firma H. Schmincke & Co. in Zukunft dauerhaft in diesem Sinne von einer Stiftung getragen werden.

Aus Anlass dieser Veränderungen in der Struktur und an der Spitze des Unternehmens hat Kunst+Material mit Nils Knappe gesprochen.

[3] Die vorgemischten Farben werden im Reibsaal – je nach Rezeptur und Farbart – mehrfach sorgsam angerieben.

[4] Die Herstellung der Schmincke Soft-Pastelle ist auch heute noch mit viel Handarbeit verbunden.

[5] Hochkonzentrierte, maximal ergiebige Aquarellfarbe durch 4-fach Flüssigverfüllung, verbunden mit mehrwöchigen Trocknungsphasen.

Im Gespräch | 89
[3] [4] [5]

Kunst+Material: Herr Knappe, nach 28 Jahren an der Spitze des Unternehmens geben Sie den Stab nun weiter. Wenn Sie auf Ihre Tätigkeit zurückblicken, haben Sie die Strukturen des Unternehmens auf die Herausforderungen des neuen Jahrhunderts ausgerichtet und den Fokus auf die Kernkompetenzen gelenkt. Welches sind für Sie persönlich die besonderen Meilensteine an der Spitze des Unternehmens Schmincke, und welche Erinnerungen bleiben im Gedächtnis?

Nils Knappe: Zu Beginn meiner Tätigkeit waren zahlreiche Umstrukturierung im Unternehmen notwendig. Eine wesentliche strategische Entscheidung war die Konzentration auf das originäre Programm des Unternehmens, d.h. ausschließlich hochwertige Farben. Das damals noch vorhandene Handelsprogramm, z.B. Keilrahmen, Staffeleien etc. mit nennenswerten Umsätzen, wurde beendet. Diese Entscheidung war damals nicht unumstritten. Relativ zügig haben wir auch die Digitalisierung vorangetrieben, beginnend mit einem neuen ERP-System (Enterprise-Resource-Planning) und dem Ausbau der Internetpräsenz. Und ganz besonders wichtig für die erfolgreiche Entwicklung der letzten Jahre war unsere kontinuierliche Investitionspolitik in die Produktion und die Dienstleistungen des Unternehmens. Qualität setzte sich für uns immer aus Produkt und Dienstleistung zusammen.

K+M: Künstlerfarbenherstellung schlägt heute eine Brücke zwischen Fingerspitzengefühl in der Manufaktur und computergesteuerter Hightech-Verarbeitung. Worauf gründen die hohen Standards, die Schmincke in Entwicklung und Qualität garantiert?

NK: Es war und ist immer die Prämisse unseres Handelns gewesen, die beste Qualität für Produkt und Dienstleistung zu erreichen. Unser Motto ist: Hightech wo möglich und Handmade wo nötig, um die beste Qualität zu erreichen. Unsere Soft-Pastelle werden wie vor 100 Jahren manufakturähnlich hergestellt, da sonst die überragende Qualität leiden würde. Wollten wir hier Maschinen einsetzen, wäre das mit einem Qualitätsverlust verbunden, was wir grundsätzlich ausschließen. In anderen Bereichen setzen wir neueste Techniken ein, teilweise Maschinen, die für unsere Zwecke entwickelt wurden. Bei der Qualität gehen wir keine Kompromisse ein.

K+M: Stichwort Nachhaltigkeit – Schmincke ist bestrebt, den ökologischen Fußabdruck möglichst zu minimeren. Dazu liegt in den Prozessen das besondere Augenmerk selbst auf kleinsten Details – ob in der Rohstoff-Auswahl, der Verarbeitung und der umweltgerechten Entsorgung bis hin zu Energiefragen. Was macht für Sie die besondere Nachhaltigkeit der Schmincke-Produkte aus?

[6] Das Rohstofflager beherbergt unter anderem über 300 Pigmente.
[6]
Nils Knappe, scheidender Geschäftsführer von H. Schmincke & Co.

NK: Es ist für uns eine ständige Verpflichtung und Herausforderung zugleich, in allen Stufen der Wertschöpfungskette den geringstmöglichen ökologischen Fußabdruck zu hinterlassen. Bereits seit vielen Jahren betreiben wir eine Solaranlage auf unserem Firmendach, die ca. 70 % unserer Energiekosten deckt. Wir bereiten gerade den Bau eines Logistikzentrums auf einem 10.000 m² großen Nachbargrundstück vor, das wir Ende 2021 erwerben konnten. Es wird dabei ein Energiekonzept eingebunden, das uns auf diesem Grundstück autark von externen fossilen Energien macht. Wir können zukünftig sogar überschüssige Energie auf das bestehende Firmengelände leiten und planen so, bis 2028 100 % CO2neutral zu werden und auf fossile Energien gänzlich verzichten zu können.

K+M: Die erfolgreiche Entwicklung fortzusetzen und die gelebten Werte, die hohe Qualität und natürlich auch die Arbeitsplätze weiter zu sichern, ist das zentrale Anliegen. Dazu geht Schmincke mit der Gründung einer Stiftung einen weiteren Schritt.

NK: Wir sind ein Familienunternehmen in 4. Generation, in der es keine Nachkommen gibt. Die Gesellschafter kommen mit der Gründung einer Stiftung ihrer unternehmerischen Verantwortung für

das Unternehmen und die Mitarbeiter nach. Die Unabhängigkeit des Unternehmens auch in Zukunft zu sichern und dabei auch die Arbeitsplätze unserer Mitarbeiter, war und ist ein zentrales Anliegen der Inhaber des Unternehmens. Eine Stiftung wird zukünftig die Gesellschafteranteile halten und dafür sorgen, dass diese Werte fortgeführt werden. Das operative Geschäft erhält so größtmögliche Unabhängigkeit, um alles, was erwirtschaftet wird, weiterhin für die langfristige Entwicklung des Unternehmens reinvestieren zu können.

K+M: Was möchten Sie Ihren Nachfolgern mit auf den Weg geben, und welches sind Ihre persönlichen Wünsche für Schmincke in der Zukunft?

NK: Mein Nachfolger, Markus Baumgart, ist seit 23 Jahren im Unternehmen, wie auch unser kaufmännischer Leiter Uwe Petrow. Der Erfolg des Unternehmens ist vor allem auch ein Erfolg des Teams. Sie mögen sich die Offenheit und Neugier für Neues bewahren auf der Basis unseres Gründerwahlspruches „Meliora Cogito – Ich trachte nach dem Besseren“.

K+M: Herr Knappe, herzlichen Dank für dieses Interview und alle Gute für die Zukunft!#

„Wir glauben daran, dass gute Farben die Welt schöner und friedlicher machen können, und wir sind stolz darauf, unseren Beitrag dazu zu leisten. Unser Eulensiegel trägt den Gründer-Wahlspruch ,Meliora Cogito – Ich trachte nach dem Besseren‘, und dieses Motto begleitet uns bei jedem Schritt unserer Reise, um unsere Künstlerfarben herzustellen.“

[7] Qualitätskontrolle: Vom Labor aus wird die gesamte Produktion begleitet.

[8] Nach der Produktion werden die Farben abgefüllt, etikettiert und in die Welt geschickt.

Im Gespräch | 91
[7] [8]

Das perfekte Werkzeug

Es beginnt mit dem typischen Klackern, wenn die Kugel im Inneren die Bestandteile der Farbe mischt. Dann fließt das geruchlose Medium auf Wasserbasis gleichmäßig auf den Malgrund, die Spitze sorgt für einen flüssigen Strich und das Ergebnis ist ein perfekt deckender, intensiver Farbauftrag auf fast allen Oberflächen … Kein Wunder, dass Posca-Marker nicht nur in der Streetart-Szene, sondern längst auch in vielen anderen Bereichen der Kunst unverzichtbar sind.#

Jägerin von Anderswo

Ein Dokumentarfilm über Helen Britton

Ein blau glänzender Vogel aus dunklem Silber, aus einer Metallwolke fallende Steintropfen oder eine Geisterbahn, die mit einem geheimnisvollen Schatz beladen ist – die Werke der renommierten australischen Künstlerin Helen Britton scheinen einer vergessenen Schatzkammer zu entstammen. Und doch ist die Kunst der in München ansässigen Künstlerin sehr modern: avantgardistischer Schmuck, Skulpturen und Zeichnungen, die auf der ganzen Welt bewundert und gesammelt werden. Geschichten im Material und dessen Bearbeitung zu finden, Fernweh und Sehnsucht, überbordende Lust am Fabulieren, an Farben und Humor charakterisieren ihre Arbeiten.

Bei ihren Expeditionen findet Helen Britton verlassene Werkstätten und alte Manufakturen, an denen die Zeit ihre Spuren hinterlassen hat. In ihrem poetischen Dokumentarfilm „Hunter from Elsewhere – Eine Reise mit Helen Britton“ begleitet Regisseurin Elena Alvarez Lutz sie bei der Rückkehr zu den Werften und Industriestätten ihrer australischen Kindheit und bei ihren Streifzügen, die sie vom australischen Outback bis zu den traditionellen Steinschleifern in Idar-Oberstein und den Glasbläsern im thüringischen Lauscha führen. Dort trifft Helen Britton auf die letzten Träger einer verloren gehenden Handwerkskunst, auf Menschen, die gegen den Lauf der Zeit versuchen, dieses Wissen zu bewahren und weiterzugeben. Sie sammelt Relikte, Ausschuss und Abfall dieser handwerklichen Verfahren, um sie in ihrem verwunschenen Münchner Atelier in etwas Neues zu verwandeln, das die Fundorte und ihre Geschichte verdichtet in die Gegenwart trägt. So entstehen zeitlose Kunstwerke, die Menschen auch in weiter Ferne von diesen Quellen berühren. „Hunter from Elsewhere“ lässt auch diese Menschen, Sammler*innen, Galerist*innen und befreundete Künstler*innen zu Wort kommen.#

Hunter from Elsewhere – Eine Reise mit Helen Britton

Ab 7. März 2024 im Kino

92 | Kurz notiert
Fotoshooting mit Helen Britton, Foto: © W-FILM.

Die Wahl der Papierfarbe hat einen erheblichen Einfluss auf die endgültige Wirkung einer Zeichnung. Der Grundton des Zeichenpapiers ist mitbestimmend für die Lebendigkeit und Intensität des Farbauftrags und verleiht dem Werk Tiefe und Dimension. Auf schwarzem

Zeichenpapier wirken dunkle Farben lebendiger und gewinnen mehr Leuchtkraft, Schwarz-Weiß-Kontraste werden hervorgehoben. Für außergewöhnliche Farbtiefe werden bei der Herstellung tiefschwarzer Zeichenpapiere lichtechte Pigmente verwendet. Bei einer höheren Grammatur lässt es sich auch für die Gestaltung von Passepartouts oder für individuelle Präsentationsmappen verwenden.#

Holzschnitte und Ölbilder

H.D. Gölzenleuchter in Hattingen

Anlässlich des 80. Geburtstags des Bochumer Künstlers H.D. Gölzenleuchter zeigt das Stadtmuseum Hattingen vom 19. April bis zum 9. Juni 2024 Holzschnitte und einige Ölbilder des Künstlers. Seine Holzschnitte aus verschiedenen Schaffensphasen bilden den Mittelpunkt der Ausstellung. Einige Druckstöcke zu den Arbeiten sind als skulpturale Objekte in den Raum gestellt. Dazu sind allerneueste Werke zu sehen, die in den letzten Tagen vor der Ausstellung entstanden sind. Dr. Gerhard Ribbrock (Mülheim),Kunsthistoriker und langjähriger Begleiter von Gölzenleuchters Arbeit, wird die Einführung in die Ausstellung geben. Gölzenleuchter gestaltet, so Sepp Hiekisch in der Zeitschrift „Graphische Kunst“ (2/2020) „erzählerische, figurative Szenen, die assoziativ Handlungen und Atmosphärisches festhalten: Begegnungen von Menschen, Bewegung, Kommunikation, menschliches Miteinander, Liebe sind seine Themen. Die kleinformatigen Szenen stellt Gölzenleuchter zu vielgestaltigen Tableaus zusammen, die Geschichten erzählen, Handlungen verdichten und manchmal wie Reflexionen und Variationen über ein Thema erscheinen. Die klaren, oftmals anklagend vorgebrachten politischen Themen seiner Grafiken der 1970er- und 1980er-Jahre haben sich in diesen neueren Werken zu einer intimeren Sicht auf die Welt gewandelt, ohne dabei an Eindringlichkeit zu verlieren.“#

Stadtmuseum Hattingen, Marktplatz 1–3, 45527 Hattingen-Blankenstein Öffnungszeiten: Mi–Fr 15.00–18.00 Uhr, Sa+So 11.00–18.00 Uhr

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www.boesner.com

33 x in Deutschland und 1 x Versandservice

3 x in Österreich

4 x in der Schweiz

5 x in Frankreich

Der kurze Weg zur Kunst
Kurz notiert | 93

Marcel fragt Ren

Valentin Louis Georges Eugène Marcel Proust, (1871–1922), französischer Schriftsteller, Kritiker und Intellektueller

Ren Rong (*1960), Künstler aus Nanjing / China

Streng genommen fragt hier gar nicht Marcel Proust selbst – vielmehr hat der berühmte Schriftsteller, dessen Werk „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ als einer der größten Romane der Weltliteratur gilt, dem berühmt gewordenen Fragebogen seinen Namen gegeben. Proust hat einen solchen Fragebogen wohl mindestens zweimal selbst beantwortet – um die Wende zum 20. Jahrhundert galt das Ausfüllen als beliebtes Gesellschaftsspiel in gehobenen Kreisen. Der erste Bogen, ausgefüllt vom heranwachsenden Proust während eines Festes, wurde posthum 1924 veröffentlicht. Den zweiten Fragebogen betitelte Proust mit „Marcel Proust par lui-même“ („Marcel Proust über sich selbst“). Die ursprünglich 33 Fragen wurden für Kunst+Material auf 29 reduziert – und bieten spannende und nachdenkliche Einblicke in die Gedankenund Gefühlswelt unserer Befragten.

Wo möchten Sie leben? Überall. Was ist für sie das vollkommene irdische Glück? Ich bin glücklich, wenn ich Kunst schaffe. Welche Fehler entschuldigen Sie am ehesten? Fehler zu akzeptieren, fällt mir schwer. Was ist für Sie das größte Unglück? Es gibt für mich kein Unglück. Ihre Lieblingsgestalt in der Geschichte?

Mao Tse Tung. Ihr Lieblingsmaler? Caspar David Friedrich. Und Paul Cézanne. Ihr Lieblingskomponist? Ludwig van Beethoven. Welche Eigenschaften schätzen Sie bei einem Menschen am meisten? Fleiß und Beharrlichkeit. Ihre Lieblingstugend? Wille und Mut. Ihre Lieblingsbeschäftigung? Kunst schaffen, Ausstellungen machen, Menschen kennenlernen. Wer oder was hätten Sie gern sein mögen? Vielleicht Musiker.

Ihr Hauptcharakterzug? Leidenschaft und Power. Was schätzen Sie bei Ihren Freunden am meisten? Zuverlässigkeit und Vertrauen. Ihr Traum vom Glück? Museumsausstellungen überall auf der Welt und eigene Museen bauen. Ihre Lieblingsfarbe? Rot und Schwarz. Ihre Lieblingsblume? Lotus. Ihr Lieblingsvogel? Adler. Ihre Helden der Wirklichkeit? Napoleon. Ihre Lieblingsnamen? Ren Rong. Was verabscheuen Sie am meisten? Nur reden und nichts tun. Welche natürliche Gabe möchten Sie besitzen? Die vielen Sprachen unserer Welt zu beherrschen. Wie möchten Sie gern sterben? Ganz ruhig, im Bett, im Schlaf. Ihre gegenwärtige Geistesverfassung? Fantastisch, nur etwas müde. Ihr Motto? Immer weiter schaffen.

„Farbe ist die Klaviatur, die Augen sind die Harmonien, die Seele ist das Piano mit vielen Saiten. Der Künstler ist die Hand, die spielt, die eine oder andere Taste berührt, um Schwingungen in der Seele zu verursachen.“
94 | Im Gespräch

Wer’s weiß, gewinnt!

griech. Maler der Antike

österreichischer Maler (Egon)

deutscher Künstler (Joseph)

niederl. Maler (Hieronymus)

Tropfen verteilen, verstreuen Schul-, Künstlerbedarf

dt. Kunsthistoriker (Erich)

ausdrucksvoll

niederl. Grafiker (Maurits Cornelis)

Gemälde

1. Preis boesner-Einkaufsgutschein im Wert von 250 Euro

2. Preis boesner-Einkaufsgutschein im Wert von 50 Euro

3. Preis Ein Buch Collage – Der Weg zum eigenen Stil , siehe S. 58

So nehmen Sie teil: Bitte senden Sie das Lösungswort per E-Mail an: raetsel.zeitung@boesner.com oder per Postkarte an: boesner holding GmbH holding + innovations, Gewerkenstr. 2, 58456 Witten. Einsendeschluss ist der 30. April 2024.

Mitarbeiter von boesner sind von der Teilnahme ausgeschlossen. Bei mehreren richtigen Einsendungen entscheidet das Los, der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Keine Barauszahlung möglich. Die Lösung finden Sie in der nächsten Ausgabe.

Das Lösungswort des Preisrätsels aus Kunst+Material Januar/Februar 2024 ist: DRUCKEREI

Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt.

Im Gespräch | 95 3 7 2 5 4 8 9 1 6
u. Fotograf (Man) Töpfermaterial Kunst im öffentl. Raum
amerik. Maler
(engl.)
von Monet
R K W R M O N A L I S A O Q E R I B A L T A D U P R E H T H E I P O L L O C K E P I G O N A L M O L A U I N A T U R A L I S M U S N D M
(1878)
1 5 6 7 8 9 3 2 4
© Freimut Woessner

Herausgeber

boesner GmbH holding + innovations Gewerkenstr. 2, 58456 Witten Tel. +49-(0)2302-97311-10 Fax +49-(0)2302-97311-48 info@boesner.com

V.i.S.d.P.: Jörg Vester

Redaktion

Dr. Sabine Burbaum-Machert redaktion@kunst-und-material.de

Satz und Grafische Gestaltung

Birgit Boesner, Hattingen mail@bboes.de

Anzeigen

Dr. Sabine Burbaum-Machert anzeigen@kunst-und-material.de Anzeigenpreisliste Nr. 15 vom 01.01.2024

Herstellung

Vogel Druck und Medienservice GmbH, Höchberg

Erscheinungsweise

zweimonatlich

© 2024 bei der boesner GmbH holding + innovations. Alle Rechte vorbehalten. Reproduktionen jeglicher Art, Aufnahmen in OnlineDienste und die Vervielfältigung auf Datenträgern wie CD-Rom, DVD-Rom etc. bedürfen der schriftlichen Genehmigung des Herausgebers. Unverlangte Manuskripte, Fotos und Dateien usw. sind nicht honorarfähig. Sie werden nicht zurückgesandt und für sie wird keine Haftung übernommen. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Eine Veröffentlichung von Daten, insbesondere Terminen, erfolgt trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr. Redaktionsund Anzeigenschluss ist immer der 15. des jeweiligen Vormonats.

Seiten U2, 1, 3, 47, 87, 92 links, 93 oben, U4: Ina Riepe. Seiten 4–5: (6) Ren Rong vor Wandinstallation, 2021, VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Ren Rong, Foto: Beba Ilić; (18) Anonym, Flinderhaube aus Nürnberg, München, Bayerisches Nationalmuseum; (34) Ina Riepe; (64) Ina Riepe; (78) Ausstellungsansicht „Zeitlose Schönheit. Eine Geschichte des Stilllebens“, © Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Oliver Killig; (88) Foto: H. Schmincke GmbH & Co. KG, Erkrath. Seiten 88–91 Fotos: H. Schmincke GmbH & Co. KG, Erkrath. Seite 94 unten: Foto: Beba Ilić

Verlag und Redaktion danken den Rechteinhabern für die Reproduktionsgenehmigungen. Nicht nachgewiesene Abbildungen entstammen dem Archiv des Verlags. Konnten trotz sorgfältigster Recherche Inhaber von Rechten nicht ermittelt werden, wird freundlich um Meldung gebeten.

ISSN 1868-7946

Die nächste Kunst+Material erscheint im Mai 2024

Porträt

Klaus Schneider

Selten befasst sich ein bildender Künstler so intensiv mit Sprache und visualisiert sie gleichzeitig so dezent wie Klaus Schneider: Tatsächlich findet kein einziger, klassischer Buchstabe in sein Werk. Auch Gegenständlichkeit sucht man vergebens. Stattdessen verwendet der 1951 bei Büdingen geborene Maler das Mittel der Blindenschrift und die Struktur des japanischen Haiku, um seiner Faszination für Sprache ebenso wie seiner tief verwurzelten Skepsis gegenüber dem Wort Ausdruck zu verleihen. Seit etwa 14 Jahren schafft er auf der Grundlage meist selbstgeschriebener Gedichte abstrakte Zeichnungen, Bilder und Objekte. Sie machen einen wichtigen Teil seines Œuvres aus, das sich zwischen konkreter Kunst und visueller Poesie bewegt. Wie Schneider die Silbenkonvention des Haiku nicht nur in Form, Farbe und Brailleschrift, sondern auch in Klang und Raum transferiert, beschreibt Julia Behrens. Sie hat den Künstler in seinem Frankfurter Atelier besucht.

Thema

Wundersame Wesen – Schmetterlinge in der Kunst

Schmetterlinge sind Frühlingsboten, aber auch wundersame Wesen, die eine lange Entwicklung durchlaufen müssen, um zu farbenfrohen Faltern zu werden. Aufgrund dieser Metamorphose symbolisieren Schmetterlinge seit der Antike Unsterblichkeit, im Christentum dann die Auferstehung. Psyche ist das altgriechische Wort für Seele und für Schmetterling, im Bild wird die Seele deshalb seit der Antike als Schmetterling dargestellt. Auf welch vielfältige Weise die Schmetterlinge in Kunstwerken erscheinen können, stellt Susanna Partsch in ihrem kommenden Sonderthema vor.

Weitere Themen: Hintergrund | Persönlich | Bücher | Ausstellungen | Im Gespräch

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Klaus Schneider Foto: Marion Kaltenschnee.
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