BMZeit 03/2015

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AUSGABE 3/2015 NACHRICHTEN AUS DEM BUNDESMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFTLICHE ZUSAMMENARBEIT UND ENTWICKLUNG

GEMEINSAM. Unser Weg in eine bessere Zukunft.

… MACHEN. SO GEHT ZUKUNFT SIEBEN SCHRITTE NACH VORN

Editorial von Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller

NACHHALTIG. Die sieben wichtigsten Schwerpunkte der deutschen Entwicklungspolitik

INSPIRIEREND. Berichte und Erlebnisse aus den Partnerländern. Von Menschen, die dort leben und arbeiten

ZUKUNFTSWEISEND. Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel über die Ziele der Bundesregierung und der G7-Staaten


BMZeit · Ausgabe 3/2015

DER GEMEINSAME WEG IN EINE BESSERE ZUKUNFT LIEBE LESERINNEN, ­LIEBE LESER, es ist die Zeit der großen Beschleunigung. Alles wächst rasant: Weltbevölkerung und Lebenserwartung, Städte, CO-2-Emissionen und Wohlstand, der ökologische Fußabdruck und die Kilowattstunden der erneuerbaren Energien. Die Menschheit ist an einem Scheideweg. Noch immer muss eine

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Auf den kommenden wichtigen internationalen Konferenzen – dem G7-Gipfel in Deutschland, dem Finanzierungsgipfel der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen in Äthiopien, dem G20-Gipfel in der Türkei, der VN-Generalversammlung in den USA und dem Kli-

GLEICHBERECHTIGUNG

magipfel in Frankreich – werden entscheidende Weichen

DIE SITUATION: Autoritäre Machtstrukturen sind oft dafür

für unsere Zukunft gestellt. In dieser Ausgabe der BMZeit

verantwortlich, dass Frauen und Mädchen, Kinder und Jugend-

betrachten wir die Herausforderungen und wie wir damit

liche nicht ausreichend in ihrer Entwicklung und Entfaltung

umgehen können.

gestärkt werden. In vielen Ländern unserer Welt – und keines-

Milliarde Menschen die absolute Armut überwinden können. Sie

wegs nur in den ärmeren Regionen – sind die Diskriminierung

alle haben ein Recht auf ein Leben in Würde. Gleichzeitig wis-

von Frauen und von bestimmten Bevölkerungsgruppen, wie

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sen wir, dass wir schon heute drei Planeten bräuchten, wenn alle Menschen auf der Welt unseren Lebensstil beanspruchen würden. Und Jahr für Jahr kommen weitere 80 Millionen Menschen hinzu.

GUTES LEBEN

alle – geschweige denn für Wohlstand für alle? Wie kann verhindert werden, dass die einen auf Kosten der anderen leben? Das sind die Überlebensfragen der Menschheit. Unser bisheriges Wachstums-

DAS LEITMOTIV: Alles politische und persönliche Handeln

modell werden wir hinterfragen und nachhaltig weiterentwickeln

muss sich an dem großen gesellschaftlichen Ziel orientie-

müssen. Wir müssen aktiv umsteuern – Regierungen, die Privat-

ren, ein gutes Leben für alle Menschen und für die zukünf-

wirtschaft, jede und jeder Einzelne von uns. Wir brauchen ein kom-

tigen Generationen möglich zu machen und nachhaltig zu

plett neues Denken, das uns in eine gute Zukunft führen kann: eine

sichern. Überall auf der Welt, besonders aber in den Ent-

Art Weltzukunftsvertrag.

wicklungsländern. Zugang zu Bildung, Gesundheitsfürsorge

schaft im September bei den Vereinten Nationen in New York vereinbaren will, können den Paradigmenwechsel bringen. Noch nie haben Regierungen der Welt so intensiv über den Zusammenhang von Entwicklung und Nachhaltigkeit gesprochen. Noch nie hat sich die Weltgemeinschaft so ehrgeizige Ziele gesetzt. Und noch nie universelle Ziele, die für alle gelten – für Entwicklungsländer wie für

und Arbeit sind Grundvoraussetzungen für ein gutes Leben. UNSERE VERANTWORTUNG: Aber auch wir Bürgerinnen und Bürger in Deutschland müssen unser persönliches Verantwortungsbewusstsein schärfen und unser Umwelt- und Konsumverhalten überprüfen. Dies gilt ebenfalls für die wachsenden Ober- und Mittelschichten in den Schwellenländern. → Bericht auf Seite 3

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Schwellen- und Industrieländer. Jeder kann beitragen, Armut und Hunger weltweit zu beenden und zugleich Entwicklung innerhalb der ökologischen Leitplanken unseres Planeten zu ermöglichen. Wir werden – als Gastgeber des

mehr globaler Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit gehen. 2015 muss das Jahr der Lösungen sein! Wir müssen die Globalisierung gerecht gestalten – ökologisch und sozial fair! Viele Länder etwa besitzen riesige Bodenschätze, und trotzdem leben die Menschen in bitterer Armut. Das ist nicht fair: Der Rohstoffreichtum muss bei den Menschen ankommen. Aber auch wir tragen Verantwortung. Wir müssen faire Preise zahlen und wissen wollen, wie etwas produziert und angebaut wird. Wir müssen die globale soziale Frage der Gegenwart angehen, den Menschen und der Umwelt zu ihrem Recht verhelfen. Deshalb gehen wir mit dem Textilbündnis in Deutschland voran. Und wir wollen, dass soziale und ökologische Standards weltweit durchgesetzt werden und direkt vor Ort zu besseren Bedingungen für die Menschen beitragen.

KRISENBEWÄLTIGUNG: Die Ebola-Krise hat eindrucksvoll und überdeutlich vor Augen geführt, wie wichtig es ist,

lungsländern. Lösungen entwickeln aber nicht nur die Regierungen, sondern auch zahlreiche Nichtregierungsorganisationen und engagierte Bürgerinnen und Bürger weltweit. Einige von ihnen wollen wir auf den folgenden Seiten vorstellen. Sie alle helfen mit – im Großen wie im Kleinen – die Geschicke der Menschheit auf einen neuen Pfad zu lenken.

Dr. Gerd Müller, MdB Bundesminister für wirtschaftliche ­Zusammenarbeit und Entwicklung Berlin und Bonn, im Juni 2015

DIE VERHÄLTNISSE: Die von der Weltbank definierte Grenze zu absoluter Armut ist mit 1,25 US-Dollar pro Tag errechnet, ein Einkommen, das ein würdiges Leben kaum möglich macht. Ziel deutscher Entwicklungspolitik ist es deshalb, extreme Armut bis zum Jahr 2030 zu beseitigen. EINEWELT OHNE HUNGER: Mit der Initiative „EINEWELT ohne Hunger“ setzt sich das BMZ dafür ein, dass an Hunger und Mangelernährung leidende Menschen Zugang zu ausreichender, bezahlbarer und gesunder Ernährung ­erhalten. → Bericht auf Seite 7

6 KLIMA UND NATUR

die Zusammenhänge von Gesundheitsdiensten und sozia-

natürliche Lebensgrundlagen und der Rückgang der Bio-

len Sicherungssystemen zu erkennen und die betroffenen

diversität bedrohen uns alle. Eine intakte Natur ist aber die

Länder und Regionen wirkungsvoll und langfristig zu un-

Grundvoraussetzung für ausreichende und gute Ernäh-

terstützen.

rung und für eine lebenswerte Zukunft der nachwachsen-

PRIORITÄTEN: Die Bekämpfung von Infektionskrankhei-

den Generationen.

ten, die Ausrottung von Polio, die Bekämpfung von Aids,

NOTWENDIGE BESCHLÜSSE: Auf der Klimakonferenz der

Tuberkulose, Malaria und von vernachlässigten Tropen-

Vereinten Nationen im Dezember in Paris wird die interna-

krankheiten sind wie die Senkung von Mütter- und Kin-

tionale Staatengemeinschaft entscheidende Entschlüsse

dersterblichkeit Schwerpunkte der deutschen Entwick-

fassen müssen. → Bericht auf Seite 8

lungszusammenarbeit. → Bericht auf Seite 4

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Länder beim Aufbau einer modernen Infrastruktur. Wir helfen, die

sicherung der vom Klimawandel bedrohten Menschen in Entwick-

ARMUT UND HUNGER

DIE HERAUSFORDERUNG: Klimawandel, schwindende

tieren weltweit in klimafreundliche Entwicklung. Wir unterstützen

Kapital zu mobilisieren. Wir leisten einen konkreten Beitrag zur Ab-

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über die akute Hilfe hinaus zur Vermeidung von Epidemien

Lösungen gibt es unendlich viele. Viele unterstützen wir. Wir inves-

bessere Welt zum guten Geschäftsmodell zu machen und privates

nehmen zu können. → Bericht auf Seite 6

GESUNDHEIT

G7-Gipfels in Elmau – mit dafür sorgen, dass gerade auch wir als industrialisierte Nationen weitere konkrete Schritte auf dem Weg zu

DAS ZIEL: Ein wichtiger Meilenstein in der Überwindung von Armut ist deshalb die Gleichberechtigung, das Recht eigene Entscheidungen treffen und sein Leben in die Hand

Woher sollen die Ressourcen kommen für ein würdiges Leben für

Die neuen, nachhaltigen Entwicklungsziele, die die Weltgemein-

Menschen mit Behinderungen, leider an der Tagesordnung.

MENSCHENRECHTE

PARTNERSCHAFTEN KEINE ALLEINGÄNGE: Nicht nur die internationale Staa-

DIE AUSGANGSLAGE: Jede Frau und jeder Mann, jedes

tengemeinschaft, die G7 und die G20 müssen verlässliche

Kind, jeder junge Mensch und jeder ältere haben das glei-

Partnerschaften eingehen, um die Entwicklung unserer

che Recht auf ein Leben in Würde und Wohlergehen. Die

Erde nachhaltig zu lenken. Auch Wirtschaft und Politik,

Achtung der Menschenrechte ist eine Grundbedingung für

Gesellschaften und Generationen, Kulturen und Religionen

jegliche Entwicklung.

müssen zusammenhalten.

DIE VORAUSSETZUNGEN: Gute Regierungsführung und

DIE ZIVILGESELLSCHAFT: Eine besondere Rolle spielt da-

funktionierende rechtsstaatliche Institutionen sind eine

bei die Zivilgesellschaft. NROs übernehmen nicht nur eine

wichtige Voraussetzung dafür, dass Menschen ihre Rechte

entscheidende Rolle bei der Durchführung von Entwick-

einfordern und verwirklichen können. Auch auf der Flucht.

lungszusammenarbeit und Nothilfe vor Ort. Sie sind auch

Diskriminierung und Verletzung von Menschenrechten

der Motor, um die Bürgerinnen und Bürger zu verantwort-

sind die Feinde des Friedens. → Bericht auf Seite 5

lichem Handeln anzuregen. → Bericht auf Seite 10


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EIN GUTES LEBEN FÜR ALLE MENSCHEN

DIE ZUKÜNFTIGE MODEUNTERNEHMERIN Die junge Äthiopierin Aisha liebt es, sich schön zu kleiden. Erst wollte sie Näherin werden, aber jetzt will sie Mode studieren, um einmal als Unternehmerin viele Arbeitsplätze schaffen zu können. Am Sonntag geht sie gern ins Internetcafé und schaut sich die Webseiten der internationalen Modedesigner an. Ihr Vorbild aber ist ihr Onkel, der mit Stoffen handelt und der schon einmal in Rom und Paris war.

ZIELSTREBIG ­WOHLSTAND SCHAFFEN Judith Rakers, Tagesschau-Sprecherin und Talkshowmoderatorin, engagiert sich seit zwölf Jahren als Patin bei World Vision: „Ein Drittel der Bevölkerung Afrikas sind Jugendliche. Sie alle brauchen eine Chance auf ein besseres Leben. der viele junge Leute ihre Zukunft planen. Dabei denken sie nicht nur an sich, sondern immer auch an ihre Familie.“

„Wir sind sehr dankbar, dass es uns so gut geht.“ Aisha Ali, Schülerin

Aisha ist 17 Jahre alt. Sie hat ein Ziel: Unternehmerin will sie werden, Modeunternehmerin. Sie hat sich an der Technischen Fachhochschule in Bahir Dar beworben. Dort wurde mit Hilfe des BMZ ein Studiengang Modedesign und -produktion aufgebaut. Die Textil- und Bekleidungsbranche gehört zu den aufstrebenden Wirtschaftszweigen in dem ostafrikanischen Land und Äthiopien selbst zu den Ländern mit den höchsten Zuwachsraten auf dem Kontinent. Eine Tante von Aisha, eine Witwe mit 13 Kindern, ist bei der großen Hungerkatastrophe 1981 ums Leben gekommen. Das ist bis heute ein Trauma für die ganze Verwandtschaft. Aishas Eltern strebten früh nach einem guten Leben. Die Alis verfügen über einen bescheidenen Wohlstand. Der Vater ist Automechaniker, die Mutter Buchhalterin. In ihrer Dreizimmerwohnung gibt es einen Fernseher und viele Arrangements aus Plastikblumen. Alle vier Kinder gehen auf weiterführende Schulen, sprechen Englisch und haben ein Mobiltelefon. www.worldvision.de

Fotos: Marc Schmidheiny/maac.ch; Thomas Imo/photothek.net; Das Erste/tagesschau.de

Mich beeindruckt die Entschlossenheit, mit


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DRINGEND: DIE STÄRKUNG DER GESUNDHEITSSYSTEME

LERNEN AUS DER EBOLA-KRISE Dr. Klemens Ochel, Tropenarzt am Missionsärztlichen Institut in Würzburg, war für Misereor in Liberia, um die lokalen Partner beim Kampf gegen Ebola zu unterstützen. Hier seine Analyse: Warum konnte so ein gravierender Ausbruch von Ebola in Westafrika passieren? Einen Grund kann ich sicher aus meiner Perspektive benennen: Die Gesundheitsdienste in den betroffenen Ländern waren zu schwach und schlecht aufgestellt, um eine solch gefährliche Epidemie rechtzeitig zu erkennen und diese einzudämmen. Sie sind es immer noch! 30% der Bevölkerung haben erst gar keinen Zugang zu Gesundheitsdiensten! Wenn es uns egal ist, dass ein Krankenhaus ohne angemessen qualifiziertes Personal arbeitet, dann dürfen wir uns über Ausbrüche wie Ebola nicht wundern. Wenn die Epidemie vorbei ist, muss die Weltgemeinschaft die Gesundheitsdienste weiter aufbauen. Sonst ist der Job nur halb getan und der Rückfall vorprogrammiert. PS: In einem Interview mit dem Straubinger Tagblatt berichtet Dr. Ochel wenige Wochen später: „Die internationale

ARBEITEN UNTER EXTREMEN BEDINGUNGEN

Hilfe kommt an, der Staat ist zunehmend besser organisiert in Bezug auf Richtlinien und auch bei der Verteilung der Materialien zum Infektionsschutz. Das macht den Leuten in Liberia Mut und Hoffnung.“ Außer Akuthilfe beim Ausbruch von Ebola hat die Bundesregierung den betroffenen Ländern Westafrikas auch umfangreiche Unterstützung beim Wiederaufbau nach Überwindung der Krise zugesagt. Noch sei Ebola nicht überwunden, sagt der Ebola-Sonderbeauftragte der Bundesregierung, Walter Lindner. Aber es sei nun endlich Licht am Ende des Tunnels, die Zahl der Neuinfektionen in der Region tatsächlich auf Null zu bekommen. www.misereor.de

Mitten in Westpoint, einem Slum der liberianischen Haupstadt Monrovia, liegt auf einer Halbinsel die Klinik „Star of the Sea“, die der Staat vor einigen Jahren der katholischen Kirche überlassen hat. Seit dem Ausbruch von Ebola arbeiten die medizinischen Helferinnen und Helfer unter extremen Arbeitsbedingungen, mangels Ausrüstung und Ausbildung zunächst nach dem Prinzip „kein Körperkontakt“. Ihre Patienten sind Menschen, die geprägt sind vom täglichen Kampf ums Überleben. Ebola hat sie alle noch enger zusammen geschweißt.


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GEGEN DIE SORGEN: SPORT UND SPIEL Im jordanischen Flüchtlingslager Al-Baqaa leben seit 1968 Flüchtlinge aus Palästina. Jordanien hat zudem auch 600.000 Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen. Um Rassismus und Diskriminierung entgegenzuwirken, haben Oxfam und der Al-Baqaa Jugendclub ein Fußballturnier für syrische und palästinensische Flüchtlingskinder und die Jugend des Gastgeberlandes organisiert. www.oxfam.de

KRISEN, KRIEGE, FLUCHT UND MENSCHENRECHTE Rita Süssmuth, Präsidentin des Kuratoriums von Care International Deutschland, über die

nicht, dass ihr 8-jähriger Bruder so schwer arbeiten muss. Fatma, Mutter von zwei Kindern, deren

Flüchtlingsproblematik: „Hier ist die Weltge-

Mann vermisst ist, sagt nur: Ich will keine Angst

meinschaft gefragt. Es kann nicht geduldet

mehr haben. Mattahi, dessen drei Enkeltöchter

werden, dass die Menschenrechte der Flücht-

von Bomben getötet wurden, träumt, dass er

linge mit Füssen getreten werden. Die Flücht-

sie aufwachsen sieht. Abdulwahad, 13, der zwölf

linge in unsere Gesellschaft zu integrieren, ist Aufgabe und Pflicht von Demokratien.“

Stunden am Tag arbeitet, will wieder zur Schule gehen.

56 Millionen Menschen sind zur Zeit auf der Flucht, Opfer

Mehr als die Hälfte der Kooperationsländer der deutschen

von Krisen und Kriegen, von Terror und Gewalt. Oft leben

Entwicklungszusammenarbeit sind von Konflikten, Gewalt

sie in rechtsfreiem Raum. Besonders Kinder und Frauen

und Fragilität betroffen. Weltweit leben neun von zehn

sind die Leidtragenden. Hoffnungen auf ein besseres Leben

Flüchtlingen in einem Entwicklungsland. Vor diesem Hin-

werden im Keim erstickt, der Traum von einer friedlichen

tergrund hat das BMZ die Sonderinitiative „Fluchtursachen

Zukunft wird von den Unbillen des Alltags in den Schatten

bekämpfen – Flüchtlinge reintegrieren“ ins Leben gerufen.

gestellt.

Mit der Sonderinitiative will das Ministerium dazu beitragen, dass Konflikte erst gar nicht entstehen, eskalieren und

Ihre Wünsche sind bescheiden, wie Care in einer Umfrage

Menschen zur Flucht zwingen. Gleichzeitig will es helfen,

erfuhr: Die schwangere Sahab möchte nur eins, dass ihr Kind

die negativen Auswirkungen von Flüchtlingsbewegungen

nicht auf der Flucht geboren wird. Sihad und Najoob sagen,

für alle Beteiligten abzumildern.

dass es ein Wunder ist, dass sie bisher nicht von ihren fünf Kindern getrennt worden sind. Die 10-jährige Maraa will

www.care.de

Fotos: Klemens Ochel, Missionsärztliches Institut/misereor.de (2), © Muhammad Hamed/Reuters; rita-suessmuth.de

AUF DER FLUCHT DEN ALLTAG BEWÄLTIGEN


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IMMER MEHR FRAUEN FORDERN IHRE RECHTE Chimery ist 14, geht in Lagos zur Schule und hilft nachmittags ihrer Mutter in deren Gemischtwarenladen. Ihr Vater wollte nicht, dass sie auf eine weiterführende Schule geht, nach der Scheidung hat er die Söhne zu sich genommen, an dem Mädchen hatte er kein Interesse. Heute sind sie und ihre Mutter erfolgreicher als alle männlichen Mitglieder der Familie.


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ZUKUNFTSFAKTOR GLEICHBERECHTIGUNG

FORTSCHRITT BRAUCHT FRAUEN „Es macht mich geradezu wütend, wie sehr Frauen und Mädchen im Alltag diskriminiert werden“, sagt Shary Reeves, TV-Moderatorin (Wissen macht Ah!), Schauspielerin, Autorin und ehemalige Bundesliga-Fußballerin mit Familienwurzeln in Kenia und Tansania. Sie engagiert sich u.a. für die Kindernothilfe und erlebt es in ihrer eigenen Verwandtschaft auf dem afrikani­ schen Kontinent: „Chancengleichheit, ­Selbstbestimmung? Fremdworte. Aber es gibt zum Glück auch Ausnahmen.“ Joan Okeke ist 34, geschieden und betreibt einen Gemischtwarenkiosk an einer der Marktstraßen der nigerianischen Hauptstadt Lagos. Sie verkauft Haushaltswaren, Stoffe, Kosmetik, Süßigkeiten und Lotterielose. Seit Chimere, ihre 14-jährige Tochter, eine exzellente Schülerin, sie unterstützt, gehen die Geschäfte richtig gut. Chimi hat von ihrem in London lebendem Onkel ein iPad geschenkt bekommen und ist total fit im Internet. Nach der Schule überprüft sie Preise, Qualität und Lieferzeiten der Waren, und führt ihrer Mutter sogar die Buchhaltung.

Dr. Nkosazana Clarice Dlamini-Zuma 2015 eine Offensive gestartet und die Stärkung von Frauen auf Mädchen in den Fokus gerückt. Gleichberechtigung, Selbstbestimmung und Chancengleichheit sollen in der patriarchalen Machtstruktur des Kontinents durchgesetzt werden. Keine leichte Aufgabe. Körperliche und seelische Gewalt, schädliche Traditionen wie die Verstümmelung der weiblichen Genitalien und die Zwangsverheiratung sind an der Tagesordnung. Frauen sind die ärmsten Menschen der Welt. Weil ihnen der Zugang zum Fortschritt verwehrt wird. Obwohl es Frauen und Mädchen sind, die rund die Hälfte der gesamten landwirtschaftlichen Arbeit in Entwicklungsländern leisten, wird ihnen in der Regel der Landbesitz verwehrt, der Zugang zu Saatgut und Düngemitteln, zu Krediten und moderner Technologie massiv erschwert. Frauen in Entwicklungsländern investieren rund 90 Prozent ihres Einkommens in ihre Familien, Männer behalten in der Regel 60 bis 70 Prozent für ihre eigenen Bedürfnisse. Frauen sind vor allem eines: benachteiligt. In Bildung und Beruf, in der Gesundheitsversorgung, in der Gesetzgebung, in der Gesellschaft. Zwei Drittel der 796 Millionen Analphabeten auf der Welt sind Frauen. Das Risiko einer Frau in Sierra Leone bei der Geburt eines Kindes zu sterben ist 157 Mal größer ist als bei uns. Mangelernährung und Schwerstarbeit schwächen besonders Frauen in der Schwangerschaft. Hätten Frauen die gleichen Chancen wie Männer, gäbe es schon lange keine Armut mehr! (Die Zahlen sind dem ONE-Bericht „Armut ist sexistisch“ entnommen. www.one.org) www.kindernothilfe.de

Fotos: Uche Uwadinachi, winner eLearning Africa Photo Competition/elearning-africa.com; Wissen macht Ah!/wdr.de

Die Afrikanische Union hat unter ihrer Vorsitzenden


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EINE WELT OHNE HUNGER UND ARMUT IST MÖGLICH

ARMUT BEKÄMPFEN, ERNÄHRUNG SICHERN „Neue Zahlen belegen, dass es kaum Fortschritte in der weltweiten Hungerbekämpfung gab“, sagt Bärbel Dieckmann, Präsidentin der Welthungerhilfe. „Wenn es uns nicht gelingt, den Trend zu durchbrechen, rückt unser gemeinsames Ziel - eine Welt ohne Hunger - in weite Ferne. Zukünftig müssen vor allem die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern stärker im Fokus stehen, denn sie produzieren rund drei Viertel aller Nahrung in Entwicklungsländern. Dazu gehört auch, dass die Landrechte gestärkt und mehr Einkommensmöglichkeiten auf dem Land generiert werden müssen. Von den G7-Staaten erwarten wir, dass sie sich verpflichten, die staatlichen Mittel zur Hungerbekämpfung kontinuierlich bis 2030 zu steigern und die bäuerliche Landwirtschaft in den armen Regionen politisch und finanziell fördern.“ Laut dem neuesten Bericht der Ernährungs- und Landwirt-

DAS WISSEN UM GESUNDE ERNÄHRUNG

schaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zur Lage der Welternährung hungern weltweit immer noch 795 Millionen Menschen, davon 750 Millionen in Entwicklungsländern. Zusätzlich sind rund zwei Milliarden Menschen chronisch mangelernährt. Kein Menschenrecht wird so häufig verletzt wie das Recht auf Nahrung. Das ist einer der größten Skandale unserer Zeit. Die Hauptursache von Hunger und Mangelernährung ist Armut. Bei Naturkatastrophen, Epidemien und bei politi-

Wer den Hunger wirklich bekämpfen will, muss nicht nur für ausreichende, sondern auch für ausgewogene Ernährung sorgen. Chronischer Vitaminund Mineralstoffmangel führt zu Mangelernährung, „versteckter“ Hunger genannt, der Kleinkinder in ihrer Entwicklung unumkehrbar schädigt. Die Schulung von Frauen wie sie sich und ihre Familien ausgewogen ernähren und Obst- und Gemüsegärten anlegen können, ist deshalb besonders wichtig.

schen Krisen und Konflikten verschärft sich die Situation. Die BMZ-Sonderinitiative „EINEWELT ohne Hunger“ stellt die Unterstützung von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in den Mittelpunkt und widmet sich den Herausforderungen in sechs Aktionsfeldern: 1. Ernährungssicherung. 2. Vermeidung von Hungersnöten und Stärkung der Widerstandsfähigkeit. 3. Innovation im Agrar- und Ernährungssektor. 4. Ressourcen und Bodenrehabilitierung. 6. Sicherer und fairer Zugang zu Ressourcen und Land. Das Ziel: 2030 wird kein Mensch mehr an Hunger und Armut sterben, kann aber nur erreicht werden, wenn Regierungen und Zivilgesellschaft an einem Strang ziehen. www.welthungerhilfe.de www.fao.org

Fotos: welthungerhilfe.de

Strukturwandel im ländlichen Raum. 5. Schutz natürlicher


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DIE AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS

BEDROHUNG VON DÜRRE UND ÜBERFLUTUNGEN

SCHÖPFUNG BEWAHREN, NATUR RESPEKTIEREN, KLIMA SCHÜTZEN Die biologische Vielfalt unserer Erde, Biodiversität ge-

Seit Jahren unterstützen Deutschland und die anderen

nannt, ist die Grundlage unseres Lebens. Ihr Erhalt spielt

Länder der G7 den Erhalt der biologischen Vielfalt mit er-

eine zentrale Rolle beim Klimaschutz. Denn intakte

heblichen finanziellen Mitteln. Gemeinsam zählen sie zu

Ökosysteme können das Klima stabilisieren, den Kli-

den größten Geldgebern für den Schutz der biologischen

mawandel bremsen oder zumindest die Folgen des Kli-

Vielfalt und realisieren zusammen mit den Partnerländern

mawandels abmildern, zum Beispiel vor Sturmfluten

vielfältige Programme.

schützen und einem ansteigenden Meeresspiegel, Dürren, Missernten und Hunger vorbeugen.

Individuelles Engagement fordert der u.a. in Berlin lebende isländisch-dänische Künstler Olafur Eli-

Intakte Ökosysteme erhalten den Wasserkreis-

asson, der sich in seinen Werken auch mit Natur-

lauf, stellen sauberes Trinkwasser bereit, sorgen

phänomenen und dem Klimawandel beschäftigt

für fruchtbare Böden und bilden die Nahrungsgrundlage für unzählige Menschen.

und sich gegen Energie-Armut engagiert. „Unser Wissen über den Zusammenhang von Natur, Umwelt, Klima und Energie ist mittlerweile so detailliert,

Mit dem Klimawandel gewinnt die Anpassungsfähig-

dass uns bewusst ist: Wir müssen unser Verhalten ändern.

keit von Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen mehr und

Es gibt keine Entschuldigung, länger zu warten.“ Sein persön-

mehr an Bedeutung. Nur wenn sie extremen Wetterbedin-

licher Beitrag ist die Entwicklung der Solarlaterne Little Sun,

gungen wie Trockenheit und Hitze sowie neuen Schädlin-

einer alternativen Lichtquelle für die besonders von Ener-

gen oder Krankheiten widerstehen können, wird die Wel-

gie-Armut betroffene ländliche Bevölkerung. Mehr als 1,4

ternährung künftig sicherzustellen sein. Je mehr Vielfalt an

Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu elektrischer

Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen existiert, je größer

Energie und sind deshalb auf die Verwendung klimaschädli-

ist die Wahrscheinlichkeit, dass dies gelingt.

cher Energiequellen wie Holz angewiesen. www.littlesun.com

Fotos: welthungerhilfe.de; olafureliasson.net

Nomadenfrauen an einer ausgetrockneten Wasserquelle im Norden Kenias. Die Wasserknappheit in vielen Teilen Afrikas ist eine direkte Auswirkung des Klimawandels. Globale Klimaveränderungen rufen aber nicht nur Dürren, sondern auch Überflutungen hervor. Anbauflächen, Ernten und damit elementare Lebensgrundlagen werden immer wieder neu gefährdet, mühsam erarbeitete Entwicklungsfortschritte werden zerstört.


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GLOBALE PARTNERSCHAFTEN HALTEN DIE WELT ZUSAMMEN

DIE SÜDPERSPEKTIVE IM BLICK „Wir sind der festen Überzeugung, dass ein Weg nachhaltiger Entwicklung der Mitwirkung der gesamten Gesellschaft bedarf. Jeder Einzelne ist gefordert. Ein höheres Maß von Solidarität für die Armen in den Entwicklungsländern ist notwendig“, sagt Dr. Bernd Bornhorst, Vorsitzender von VENRO, der Dachorganisation von 124 deutschen Nichtregierungsorganisationen, über die Bedeutung von partnerschaftlicher Entwicklungszusammenarbeit.

AUSBILDUNG, KOMPETENZ UND TEAMGEIST Die Welt ist einen Mausklick entfernt – und so setzt besonders die junge Generation in den Partnerländern auf globale Vernetzung. 
Das BMZ fördert Ausbildungsmöglichkeiten, Praktika und den Austausch mit Universitäten, Unternehmen und Verbänden. Deutschland verfügt mit der dualen Ausbildung über ein weltweit nachgefragtes Modell beruflicher Bildung, das der Jugend in den Partnerländern notwendige Perspektiven eröffnet. Kompetenzen wie Teamgeist und soziale Verantwortung werden auch im BMZ-Programm „Sport für Entwicklung“ gefördert.

„Es ist unsere Aufgabe, darauf zu achten, dass die Stimmen der direkt von Armut und Ungerechtigkeit betroffenen Menschen Gehör finden. Auch im Hinblick auf die wichti-

Klimawandel, Finanz-, Gesundheits- und Nahrungsmittelkrisen – globale Probleme erfordern globale Lösungen. Die Transformation zu einer nachhaltigen Weltgesellschaft kann nur transnational gelingen. Eine unserer wichtigsten Aufgaben ist daher die Zusammenarbeit mit unseren Partnern im Süden. VENRO und seine Mitgliedsorganisationen vertreten die Interessen der Entwicklungsländer und armer Bevölkerungsgruppen und bringen die Südperspektive in den politischen Prozess ein. Gemeinsam mit unseren Partnern im Süden setzen wir uns dafür ein, die Welt von morgen gerechter zu gestalten.“ www.venro.org

Fotos: Meklit Mersha/thenewafrica.info; misereor.de

gen Gipfeltreffen des Jahres.


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WIE ­ARBEITET

ZUKUNFT PLANEN

das BMZ mit ­seinen ­Partnern? ``WICHTIGE TERMINE 2015 Die Grundlage der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit sind offizielle Vereinbarungen zwischen Deutschland und seinen Kooperationsländern. Sie werden bei Regierungsverhandlungen getroffen, die in der Regel im Abstand von etwa zwei Jahren stattfinden. Bei diesen Verhandlungen werden gemeinsam Strategien für die Zukunft entwickelt, und es wird der Umfang der finanziellen und technischen Zusammenarbeit abgestimmt. Die Ergebnisse der Verhandlungen werden in völkerrechtlich bindenden Verträgen festgeschrieben. Die vertraglich abgesprochene Zusammenarbeit zwischen den Regierungen ist die eine Säule der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Die zweite Säule sind die Aktivitäten,

07./08.06.2015

G7-GIPFEL IN ELMAU. Höhepunkt der deutschen G7-Präsidentschaft ist das Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrienationen auf Schloss Elmau in Bayern. Neben der Wirtschafts-, Außen- und Sicherheitspolitik verstehen sich die G7/G8 traditionell auch in der Entwicklungspolitik als Impulsgeber. Sie stoßen Initiativen an und rücken globale Herausforderungen in den Blick der Öffentlichkeit. Im Rahmen des sogenannten „Sherpa-Prozesses“ hat das Bundeskanzleramt die Schwerpunkte des Gipfels in Absprache mit den Fachressorts gesetzt. Das BMZ arbeitet in enger Kooperation mit anderen Ministerien an der Ausgestaltung der entwicklungspolitischen Schwerpunkte. Dazu gehören die Themen menschenwürdige Arbeit, Klimaschutz, Gesundheitssysteme, Frauen, Ernährung, Rohstoffe, Partnerschaften, Zivilgesellschaft. www.bmz.de/g7

die von nichtstaatlichen Organisationen initiiert und in den Kooperationsländern umgesetzt werden – zum Beispiel von den Kirchen, von politischen Stiftungen und von einer sehr großen Zahl anderer Nichtregierungsorganisationen. Auch diese Form der deutschen Entwicklungszusammenarbeit wird vom Staat finanziell unterstützt. Die Verantwortung für die Durchführung der Projekte tragen die nichtstaatlichen Trägerorganisationen. Sie behalten trotz der staatlichen Zuschüsse ihre volle Eigenständigkeit. Die beidseitige – bilaterale – Form der Kooperation mit Entwicklungsländern ist unmittelbar und für jeden sicht-

ZUKUNFTSTOUR. Der vor über einem Jahr begonnene, breite Dialogprozess der Zukunftscharta wird 2015 und 2016 fortgeführt. In allen Bundesländern werden sich Veranstaltungen mit der Umsetzung der Charta-Schwerpunkte befassen und zum Mitmachen und Nachdenken anregen. Jugendliche werden dabei eine wichtige Rolle spielen. Zudem wird das BMZ die Themen der Zukunftscharta in der eigenen Arbeit aufgreifen und andere einladen, an der Umsetzung mitzuwirken. www.zukunftstour.de

13.–16.07.2015

VN-FINANZIERUNGSKONFERENZ IN ADDIS ABEBA. Bei der Konferenz der Vereinten Nationen (VN) wird die Entwicklungsfinanzierung für die Umsetzung der Post-2015-Agenda entworfen. Hierbei soll sich die gemeinsame Verantwortung aller Staaten der Weltgemeinschaft widerspiegeln. Wichtige Ziele sind ein nachhaltiges Finanzierungskonzept sowie die Stärkung der Eigenverantwortung von Entwicklungs- und Schwellenländern.

25.–28.09.2015

POST-2015 AGENDA IN NEW YORK. Auf der Generalversammlung der Vereinten Nationen unter Vorsitz von Generalsekretär Ban Ki Moon wird die Post 2015-Agenda für nachhaltige Entwicklung beschlossen. In Nachfolge der ausgelaufenen Millenniumsziele werden erstmals Ziele für Entwicklung und Umwelt in einem weltweit geltenden Katalog zusammen gefasst. Eine Arbeitsgruppe der VN hat im Vorfeld 17 Ziele definiert – von der Armutsbekämpfung bis zum Umbau von Volkswirtschaften. www.bmz.de/post-2015

bar. Sie wird in der Öffentlichkeit stärker wahrgenommen als das deutsche Engagement innerhalb der Europäischen Union, in den Vereinten Nationen oder in anderen internationalen Institutionen. Die bilaterale Zusammenarbeit ist darum im In- und Ausland das „Gesicht“ der deutschen Entwicklungspolitik. Die direkte Zusammenarbeit bietet Deutschland die Chance, andere Länder von deutschen Fähigkeiten profitieren zu lassen und dabei selbst zu lernen. Diese Kooperation ist aber nicht nur eine Angelegenheit des Staates, jeder kann sich daran beteiligen: durch Spenden an die NROs, durch die Mitarbeit in entwicklungspolitischen Initiativen und Or-

``AKTIONSPLAN TEXTILBÜNDNIS

ganisationen, durch die Unterstützung des fairen Handels

Zwei Jahre nach dem verheerenden Unglück in der Textilfa-

am entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“

brik von Rana Plaza haben das BMZ, die Textilwirtschaft,

oder über die Arbeit als Entwicklungshelfer.

und sogar direkt vor Ort, zum Beispiel durch die Teilnahme

Gewerkschaften und Zivilgesellschaft den bestehenden

In Dhaka, der Haupstadt von Bangladesch, nehmen junge Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter an BMZ-Trainingsprogrammen teil.

Aktionsplan des Textilbündnisses präzisiert. Dies sei „der

Wenn also die Bundesrepublik einem Entwicklungsland

Anfang eines Weges“, sagte Minister Müller, Initiator der

einen günstigen Kredit vermittelt, wenn deutsche Experten

Multi-Stakeholder-Initiative. „Wir setzen in Deutschland ein

die Regierung eines Staates bei der Bekämpfung der Ar-

wichtiges Zeichen für eine nachhaltige Textilproduktion. Das

mut beraten oder wenn eine private deutsche Organisation

Textilbündnis kann zu einem echten Markenzeichen auf dem

eine afrikanische Kleinbauerngenossenschaft fördert, sind

Weg zu sozialen und ökologischen Standards in der Textil-

das alles Wege der direkten Entwicklungszusammenarbeit

industrie werden.“ Das Textilbündnis hat das Ziel, die Le-

Deutschlands und seiner Partner.

bens-, Arbeits- und Umweltbedingungen der Arbeiterinnen

Bundesminister Müller informiert sich in einer chinesischen Textilfabrik in der Provinz Zhejiang über Fortschritte bei den Arbeitsbedingungen.

und Arbeiter in den verschiedenen Fertigungsstufen und

Die Bündelung entwicklungspolitischer Aktivitäten von

Produktionsländern zu verbessern. Inzwischen wächst das

Einzelpersonen, Vereinen, Nichtregierungsorganisationen,

Textilbündnis beständig. Derzeit sind es bereits mehr als 70

Unternehmen und Kommunen obliegt der von der Bundes-

Unternehmen und Organisationen. Der Gesamtverband der

regierung 2012 gegründeten Organisation Engagement Glo-

deutschen Textil- und Modeindustrie, der Handelsverband

bal/Service für Entwicklungsinitiativen. Ihre Aufgabe ist es,

Deutschland (HDE) sowie der Außenhandelsvereinigung des

zivilgesellschaftliches und kommunales Engagement in der

Deutschen Einzelhandels (AVE) haben ihren Mitgliedern kon-

Entwicklungszusammenarbeit und der entwicklungspoliti-

kret den Bündnisbeitritt empfohlen. „Nur im Schulterschluss

schen Bildungsarbeit zu fördern.

aller Akteure kann das Bündnis in den Produktionsländern etwas bewegen“, betonte HDE-Präsident Josef Sanktjohanser.

www.bmz.de www.weltwaerts.de

Fotos: schloss-elmau.de; Michael Gottschlak/photothek.net; au.int; unmultimedia.org; Thomas Imo/photothek.net (2)

06.2015–06.2016


BMZeit · Ausgabe 3/2015

AN MORGEN DENKEN. GEMEINSAM HANDELN „Das G7-Treffen in Elmau ist weit mehr als akute Krisendiplomatie. Die G7 müssen vor­ausschauend handeln und Verantwortung für die Zukunft übernehmen“, sagte B ­ undeskanzlerin Dr. ­Angela Merkel am 21. Mai 2015 in ihrer Regierungs­ erklärung zum G7-Gipfel. Hier einige Auszüge: „Wir wollen dazu beitragen, zum G7-Gipfel Frauen zu stärken. Wenn weltweit mehr Frauen aktiv am Wirtschaftsleben teilhaben, nutzt das allen. Hier gibt es Defizite in den Industrieländern genauso wie in den Entwicklungsländern. Das reduziert Armut und Ungleichheit, das fördert Innovation und Wachstum, und das nützt dem gesellschaftlichen Zusammenhalt. Eine wichtige Voraussetzung hierfür ist, dass mehr Mädchen und Frauen eine berufliche Qualifizierung bekommen. Das gilt nicht nur, aber insbesondere in den Entwicklungsländern.“ [...] „Wir wollen den weltweiten Handel stärken. Damit schaffen wir Impulse für die Erholung der Weltwirtschaft, für nachhaltiges Wachstum und für Beschäftigung.“ [...] „Eine Stärkung des Freihandels erfordert auch eine bessere Umsetzung sozialer und ökologischer Standards, insbesondere in internationalen Lieferketten. Das furchtbare Unglück in der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch vor zwei Jahren hat uns dies auf schreckliche Art vor Augen geführt. Ich setze mich dafür ein, dass die Opfer und ihre Familien endlich vollständig entschädigt werden.“ [...] „Ich halte es für ein Unding, dass das noch nicht erfolgt ist.“ [...] „Unser Ziel sind menschenwürdige Arbeitsbedingungen weltweit. Deshalb machen wir uns für eine bessere Prävention stark, also für die Stärkung von Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz.“ [...] „Wir wollen gemeinsam handeln. Das bedeutet für mich auch, gemeinsam mit der Zivilgesellschaft zu handeln.“ [...] „Zum Beispiel waren Teilnehmer des Jugendgipfels bei mir zu Gast, die mehrere Tage hier in Deutschland verbracht haben: 54 Jugendliche aus 19 Ländern, die uns ihre Vorstellungen für eine Welt der Zukunft deutlich gemacht haben.“ [...] „In einer sich immer schneller verändernden globalisierten

DER TRAUM VON DER SELBSTSTÄNDIGKEIT

Welt können wir unsere Werte nur behaupten und unsere Interessen nur wirksam vertreten, erfolgreich nur dann

Marie Alice Uwinema macht eine Ausbildung zur Kfz-Mechanikerin an der vom BMZ geförderten Berufsschule in Kabgayi in Rwanda. Gemeinsam mit anderen Frauen will sie sich mit einer eigenen Werkstatt selbstständig machen. In ihrer Regierungserklärung sagte die Bundeskanzlerin: „Wir wollen es Frauen leichter machen, den Weg in die unternehmerische Selbstständigkeit zu gehen. Der Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten [...] und zu Netzwerken ist hierfür besonders wichtig.“

HERAUSGEBER Bundesministerium für wirtschaftliche ­Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) Referat Öffentlichkeitsarbeit, digitale ­Kommunikation und Besucherdienst

auch gemeinsame Antworten über Länder und Kontinente hinweg entwickeln.“ → Der vollständige Text der Regierungserklärung vom 21. Mai 2015 auf www.bundeskanzlerin.de

KONZEPTION UND REDAKTION Beate Wedekind, Berlin und Addis Abeba GESTALTUNG Atelier Hauer+Dörfler, Berlin DRUCK besscom AG, Berlin Gedruckt auf PEFZ-zertifiziertem Papier

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Titelbild: Marc Schmidheiny www.maac.ch

Fotos: Thomas Imo/photothek.net; Dominik Butzmann/dbutzmann.de

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sein, wenn wir für die gemeinsamen Herausforderungen


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