BMZeit 02/2015

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AUSGABE 2/2015 N ACHRICHTEN AUS DEM BUNDESMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFTLICHE ­ZUSAMMENARBEIT UND ENTWICKLUNG

VERANTWORTUNG TRAGEN:

… FAIR SEIN. UND FAIR HANDELN WIR TRAGEN VERANTWORTUNG​

Ein Appell von ­Entwicklungs­minister Gerd Müller

GEMEINSAM HANDELN: Das Bündnis für nachhaltige Textilien

GERECHT BEZAHLEN: Über die Schwerstarbeit der Näherinnen

MIT GUTEM BEISPIEL VORANGEHEN: Fair produzieren

SICH ENGAGIEREN: Interview mit Maria Furtwängler

WELTWEIT TÄTIG: So arbeitet das Ministerium


BMZeit · Ausgabe 2/2015

VERANTWORTUNG TRAGEN LIEBE LESERINNEN, LIEBE LESER,

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Vor knapp zwei Jahren kamen in Bangladesch in einer In fast jedem Kleidungsstück, das wir am

Textilfabrik mehr als 1.100 Menschen auf grausame Weise

Leib tragen, steckt die Arbeitskraft unzähliger

ums Leben. Dieses Unglück war mit der Auslöser für das

Menschen aus anderen Teilen der Welt. Und da-

Bundesministerium für wirtschaftliche ­Zusammenarbeit

mit zugleich ungezählte Geschichten über die Arbeit

und Entwicklung (BMZ), das Bündnis für nachhaltige

auf dem Baumwollfeld, in der Spinnerei, beim Färben, in der

­Textilien (kurz: Textilbündnis) ins Leben zu rufen. Ziel ist

Textilfabrik, auf den Containerschiffen und in den Lastwa-

es, die Kraft und Expertise seiner Mitglieder zu bündeln,

gen beim Transport über Tausende von Kilometern hinweg.

um soziale, ökologische und ökonomische Verbesserun-

Ich will es klar sagen: Die Produktion von Kleidung bedeutet für viele Menschen in ärmeren Ländern die Chance,

hier, welche Schwerpunkte das Textilbündnis setzt.

ihr ­Leben aufs Spiel setzen, während die Pro-

der Tagesordnung. Unzureichende Sicherheit im Umgang BUNDESMINISTER MÜLLER informiert sich persönlich in einer Textilfabrik in China über die Arbeitsbedingungen der Arbeiterinnen.

desch, bei dem 2013 mehr als 1.100 Menschen ums Leben kamen, hat uns auf tragische Weise vor Augen geführt, wie

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Einsatz giftiger Chemikalien, Löhne, die kaum zum Überleben reichen, mangelnder Gesundheitsschutz und fehlende soziale Sicherung.

NACH­HALTIGE ­ENTWICKLUN­G

Jeder von uns muss sich selbst fragen, ob er Kleidung tragen will, bei deren Herstellung Menschenrechte mit Füßen

DIE SITUATION: In der Textilindustrie arbeiten weltweit

getreten und Menschen ausgebeutet oder vergiftet werden.

60 Millionen Menschen, meist Frauen. Der Wirtschaftszweig

Wir brauchen überall auf der Welt verbindliche soziale und

und einzelne Verarbeitungsschritte sind international stark

ökologische Mindeststandards, um menschenwürdige Ar-

arbeitsteilig organisiert, die Lieferketten sind eng verflochten.

beit zu ermöglichen. Dafür setze ich mich mit aller Kraft ein!

In Ländern wie Bangladesch zum Beispiel machen Textilien

Das Ziel, vom Baumwollfeld bis zum Bügel Mindeststandards umzusetzen, ist sehr ambitioniert. Wir können nicht auf einen Schlag sämtliche Produktionsschritte nachhaltiger gestalten. Aber es ist wichtig, diesen Faden aufzunehmen und weiter zu spinnen. Deshalb habe ich im Oktober 2014 unter anderem mit Vertreterinnen und Vertretern der Textil- und Bekleidungsindustrie und des Handels, der Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen das Bündnis für nachhaltige Textilien auf den Weg gebracht. Zusammen werden wir Verbesserungen in der Textil- und Bekleidungsbranche erreichen.

desicherheit gefährden Gesundheit und Leben der Arbeiterinnen und Arbeiter. Die Bildung von Gewerkschaften wird

DIE ZIELE: Ziel des Textilbündnisses ist, soziale, ökologische und ökonomische Verbesserungen entlang der gesamten textilen Wertschöpfungskette zu erreichen. Konkret: Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit, Orientierung der Arbeitszei-

katastrophal die Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie teilweise sind: unsichere Gebäude, fehlender Brandschutz,

mit Chemikalien sowie Mangel an Brandschutz und Gebäu-

häufig behindert.

duzenten immer höhere Gewinne einfahren. Der Einsturz des Fabrikgebäudes Rana Plaza in Bangla-

DIE SITUATION: Lange Arbeitszeiten ohne Bezahlung von Überstunden und niedrige Löhne sind in den Fabriken an

für diese Entwicklung darf aber nicht sein, ­einen Hungerlohn ihre Gesundheit oder gar

­UMWELTSTANDARDS

gen entlang der Textillieferkette zu erreichen. Lesen Sie

sich wirtschaftlich zu entwickeln. Der Preis dass dafür Arbeiterinnen und ­Arbeiter gegen

SOZIAL- UND

und Bekleidung bis zu 80 Prozent der Exporte aus.

ten an nationalen Gesetzen bzw. internationalen Standards, angemessene Entlohnung, Umweltmanagement, Schulung im Umgang mit chemischen Stoffen, Bereitstellung von Schutzbekleidung. Die Beschäftigten müssen das Recht haben, sich Gewerkschaften anzuschließen. Bestechung und Korruption müssen wirkungsvoll bekämpft werden. WUSSTEN SIE, DASS viele Beschäftigte in Textilfabriken in Bangladesch trotz zehn Stunden Arbeitszeit pro Tag monatlich umgerechnet nur ca. 70 Euro verdienen? Lokale Gewerkschaften fordern einen Mindestlohn von 80 Euro im Monat. Erst dieser würde annähernd zum Leben ausreichen.

DIE ZIELE: Die Globalisierung eröffnet große Chancen für Entwicklungs- und Schwellenländer. Da die einzelnen Produktionsprozesse international verteilt sind, können an vielen Orten neue Arbeitsplätze geschaffen werden, meist für Frauen. Zum Teil wird dort aber unter extrem schlechten Bedingungen produziert. Dabei könnten gezielte Maßnahmen die Arbeits- und Lebensbedingungen vor Ort erheblich verbessern. Menschenwürdige Arbeit unterstützt die nachhaltige Entwicklung und fördert den Wohlstand sowie den sozialen Zusammenhalt und politische Stabilität.

An unserem Ende der Lieferkette – im Fachgeschäft oder im Supermarkt – wird diese Verantwortung greifbar. Nur

WUSSTEN SIE, DASS in Deutschland heute 120.000 Beschäf­

wenn es Ihnen nicht egal ist, wie Ihre Kleidung hergestellt

tigte in 1.200 überwiegend kleinen und mittelständischen

wird, können wir gemeinsam Verbesserungen erreichen.

­Unternehmen im Textilsektor tätig sind?

VERBOT VON KINDERARBEIT. Dieses Mädchen hat in Rana Plaza gearbeitet und bei dem U ­ nglück ein Bein verloren.

Wir wollen Sie bei Ihrer Kaufentscheidung unterstützen und sorgen für Transparenz. Ab sofort können Sie sich auf dem neuen Verbraucherportal der Bundesregierung unter­ www.siegelklarheit.de über Umwelt- und Sozialstandards aus dem Textilbereich informieren. Gleich im Laden kann man die Siegel mit der App „Siegelklarheit“ auch einscannen und so die Bewertung vor Ort abrufen. Machen Sie bitte mit! Wir alle tragen Verantwortung. Mit freundlichen Grüßen

Dr. Gerd Müller, MdB Bundesminister für wirtschaftliche ­Zusammenarbeit und Entwicklung Berlin und Bonn, im März 2015

VERBESSERUNG DER ARBEITSBEDINGUNGEN für die Arbeiterinnen und Arbeiter in den Textilfabriken muss oberste Priorität haben. 2


AM START – DAS BÜNDNIS FÜR ­NACHHALTIGE TEXTILIEN Menschenwürdige Arbeitsbedingungen vom Baumwollfeld bis zum Bügel So sind zum Beispiel der Umgang mit Chemikalien, die Durchsetzung von existenzsichernden Löhnen und mangelnde Transparenz zentrale Herausforderungen und Hürden. WUSSTEN SIE, DASS der Energieverbrauch und damit einhergehende CO2-Emissionen besonders hoch beim Spinnen der Baumwolle und den jeweils vorbereitenden Schritten sind? Lebenszyklusstudien kommen zu dem Ergebnis, dass die Phase des Spinnens mehr als 50 Prozent der Umweltauswirkungen bei Baumwollprodukten ausmacht, wobei der Energieverbrauch besonders ausschlaggebend ist. EINHALTEN DER ARBEITSZEITEN kann nur funktionieren, wenn die Arbeiterinnen und Arbeiter wissen, wie sie die Uhr lesen können.

FASHION WEEK BERLIN: Im Green Showroom und auf der Ethical Fashion Show zeigen deutsche und internationale Designer ­nachhaltig hergestellte Mode.

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VERBINDLICHKEIT

TEXTILSEKTOR

SCHAFFEN

ALS ­VORBILD tilen Produkte aus verschiedenen Ländern. Das Streben nach

­werden im Textilbündnis gemeinsam von den Mitgliedern

mehr Transparenz und höheren Nachhaltigkeitsstandards in

­definiert und mit konkreten Zeitzielen versehen, um so eine

der Bekleidungsindustrie soll den Partnerländern aber kei-

kontinuierliche Verbesserung sicher zu stellen. DIE ZIELE: Die Standards beschreiben konkrete Ziele für jede Stufe in der Lieferkette. Die Bündnispartner verpflich-

SCHULUNG IN UMWELTBEWUSSTSEIN ist nötig. Unrat und Chemieabfall dürfen nicht in die ­Flüsse ­entsorgt werden.

nicht auf der Grundlage niedriger Standards ausgefochten

benen Zeitziele umzusetzen. Einige Beispiele: die Festlegung

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auf eine bestimmte Menge von nachhaltig produzierter Baumwolle, die Durchführung von Weiterbildungsmaßnahmen und die Einführung von Überprüfungs- und Verbesserungssystemen an den Produktionsstätten. Schrittweises

INTERNATIONALER

WUSSTEN SIE, DASS gerade in kleineren Produktionsbe-

SCHULTERSCHLUSS

abläufe der Abbau von Überstunden oder die Reduzierung von Ressourcen- und Materialeinsatz erreicht werden kann?

wird. Es werden die modernsten und effizientesten Betriebe sein, die sich im globalen Wettbewerb durchsetzen. WUSSTEN SIE, DASS China mit einem Marktanteil von 37 Prozent (159,6 Milliarden US$, Stand 2012) mit deutlichem

der Bündnispartner transparent zu dokumentieren.

trieben schon durch eine einfache Optimierung der Arbeits-

DIE ZIELE: Das Textilbündnis wird positiv darauf einwirken, dass der Wettbewerb unter den Produktionsländern

ten sich, diese Standards schrittweise entlang der vorgege-

Vorgehen ermöglicht es, die Maßnahmen und Fortschritte

neswegs den Zugang zu unseren Märkten erschweren.

Abstand der weltweit führende Exporteur von Bekleidung ist?

DIE SITUATION: Zunächst richtet sich das Textilbündnis an in Deutschland besonders aktive Unternehmen, an Vertreter von deutschen Gewerkschaften und der Zivilgesellschaft sowie an internationale Nachhaltigkeitsinitiativen.

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DIE ZIELE: Schnellstmöglich sollen aber auch andere Schlüsselakteure, wie multinationale Unternehmen, lokale Zulieferer, Gewerkschaften und die Regierungen der Produzentenländer, eingebunden werden. Um das Textilbündnis

PRIORITÄTEN SETZEN

und seine Ziele international zu verankern, werden Part-

EINHALTUNG VON SOZIALSTANDARDS ist Unterrichtsprogramm am Bangladesh Institute of Management in der Hauptstadt Dhaka.

nerschaften innerhalb der EU, mit den G7-Staaten und mit internationalen Organisationen aufgebaut. WUSSTEN SIE, DASS schon sechs Hersteller aus

DIE SITUATION: Aufgrund der komplexen, internationa-

Bangla­ ­ desch die Partnerschaftsvereinbarung im Textil-

len Lieferketten stellt derzeit die lückenlose und flächen-

bündnis unterzeichnet haben? Es handelt sich um große

deckende Überwachung sämtlicher Produktionsprozesse

Firmen mit einem Gesamtjahresumsatz von 865 Millionen

Rund 60 Organisationen und Unternehmen sind der Ini­

für Industrie- und Handelsunternehmen nach wie vor eine

Euro und rund 36.400 Beschäftigten. Durch deren weit ver-

ti­ative bisher beigetreten. Weiterführende I­nformationen

große Herausforderung dar.

zweigten Beziehungen zu Zulieferern und aufgrund ihrer

zum Textilbündnis, zum Aktionsplan und die a­ ktuelle Liste

Bedeutung in der Branche wirken diese Unternehmen als

der Mitgliedsunternehmen finden Sie auf der Website des

DIE ZIELE: Im Textilbündnis werden verschiedene vordring­

Vorreiter und haben Vorbildcharakter auch für kleinere

Bündnisses für nachhaltige Textilien.

liche Handlungsfelder festgelegt – so genannte „Hot­spots“.

­Unternehmen.

Mehr auf: www.textilbuendnis.com 3

Fotos: BMZ. Thomas Imo (2)/photothek.de. Florian Oellers (4)/www.florianoellers.de. Timor Emek/Getty Images für www.ethicalfashionshow.com

DIE SITUATION: Deutsche Unternehmen beziehen ihre tex-

DIE SITUATION: Die Standards und ihre Umsetzung


WIR BITTEN UM RESPEKT FÜR UNS UND UNSERE ARBEIT Die Näherinnen von Bangladesch schuften für die ­Zukunft ­ihrer Kinder

EIN HARTES LEBEN VOLLER HOFFNUNG UND ­SOLIDARITÄT Immer mehr Näherinnen versammeln sich nach der Arbeit in einem der von der Gewerkschaftsführerin Nazma Akter gegründeten Frauen-Cafés in ­Dhaka. Hier tauschen sie sich über ihre Probleme und über ihre Bedürfnisse, Wünsche und Hoffnungen aus. Hier werden sie über ihre Rechte aufgeklärt, zum Beispiel die Bezahlung von Überstunden und die Lohnfortzahlung während des Mutterschutzes. Besonders beliebt ist ein Spiel, das Nazma erfunden hat, eine Art Quiz, bei dem das Wissen über Arbeitsbedingungen abgefragt wird. Nazma hat selbst mit elf Jahren als Näherin in einer Textilfabrik angefangen. Heute ist sie 40 und seit mehr als 20 Jahren in ihrer Gewerkschaft aktiv. Mit ihrer Energie überzeugt sie nicht nur die Frauen, sondern auch viele Betriebsleiter und Unternehmer.


PARMIN, NAZMA UND ESTHER BERICHTEN Parmin M., die Näherin aus Bangladesch, Esther Perbandt,

lastet, ist enorm, und der Feinstaub, dem sie in der Produk-

die junge Berliner Modedesignerin, und Nazma Akter,

tion ausgesetzt sind, ist unerträglich. Nicht einen Tag würde

die einflussreiche Gewerkschaftsführerin, haben sich in

ich das aushalten. Parmin hat mir ihr Zuhause gezeigt, eine

­Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch, ­getroffen. Esther

zehn Quadratmeter große Wellblech-Hütte in einem Slum

den Arbeitsbedingungen und den Lebensumständen der Näherinnen in den ­Textilfabriken des

von Dhaka, die sie sich mit zwei anderen Näherinnen teilt. Ich war sehr beeindruckt von der Einfachheit und der Würde, mit der die drei Frauen dort zu-

Landes zu machen.

sammen leben.

PARMIN: Ich bin 27 Jahre alt. Vor sieben Jah-

NAZMA: Ich bin nicht grundsätzlich gegen die

ren bin ich allein aus meinem Heimatdorf nach Dhaka gekommen, weil ich Geld verdienen musste, damit meine Töchter Pia und Kia zur Schule gehen können. Seitdem arbeite ich hier als Näherin in einer großen Textil­fabrik. Ohne meine Familie fühle ich mich sehr einsam. Meine Töchter und meine Familie kann

Arbeit in den Fabriken. Es ist für die oft sehr armen Frauen durchaus eine Stärkung ihrer sozialen Position, dass sie überhaupt ein eigenes Einkommen haben. Allerdings kämpfe ich entschieden gegen die ausbeuterischen und lebensgefährlichen Arbeitsbedingungen in den Fabriken. Und ich fordere Respekt gegen-

ich nur zweimal im Jahr sehen. Für mehr Besu-

über den Arbeiterinnen. Wir kämpfen gemein-

che reicht mein Verdienst nicht. Ich bekomme

sam dafür, dass sie und ihre Familien eine bessere

bei zehn Stunden täglicher Arbeit 70 Euro im

Zukunft haben. Alle Beteiligten müssen an einem

­Monat ausgezahlt. Davon schicke ich das meiste

Strang ziehen. Wir müssen die Probleme dort lö-

nach Hause – für das Schulgeld meiner Töchter. Sie sollen einmal Ärztin oder Lehrerin werden. Vor allem

sen wo sie entstehen, nämlich hier in Bangladesch. Ein zweites Rana Plaza darf es nicht geben.

sollen sie ein besseres Leben haben als ich. Dafür ist mir keine Arbeit zu viel. Aber ich möchte, dass wir Frauen gerecht

ESTHER: Als ich Nazma traf, hat sie mich sofort zutiefst

bezahlt werden.

beeindruckt. Mit welchem Elan sie ihre schwierige Aufgabe angeht, diese Hoffnung, die sie ausstrahlt, die überträgt

ESTHER: Vor Parmin und ihren Kolleginnen habe ich größ-

sich sofort auf die Frauen, für die sie sich einsetzt und die

te Hochachtung. Ich habe in der Textilfabrik ein Experiment

sie ihre Schwestern nennt. Das Strahlen in ihren Augen und

gemacht und wie sie T-Shirts im Akkord genäht. Zehn Stun-

ihre ganze positive Art haben auch mir, der Besucherin aus

den lang immer dieselbe Naht. Eigentlich nähe ich sehr gut,

Deutschland, viel Kraft gegeben.

dachte ich ... Aber der Vorarbeiter hat mir die schlechteste Note gegeben, eine 7. Der Druck, der auf den Arbeiterinnen 5

Informationen und Video auf: www.bmz.de/textil

Fotos: Florian Oellers (3)/www.florianoellers.de

war dorthin gereist, um sich persönlich ein Bild von


BMZeit · Ausgabe 2/2015

HERAUSFORDERUNGEN MEISTERN – WIR MACHEN MIT Im Textilbündnis werden Erfahrung und Knowhow gebündelt

``HESSNATUR. EINE KLARE VISION DAS UNTERNEHMEN: Lebensstil und Lebensfreude lassen sich bestens mit der Verantwortung für Mensch und Natur vereinbaren. In diesem Sinne sorgt Deutschlands größtes ­Naturmodelabel seit über 35 Jahren für Mode, die auf dem Weg vom Baumwollfeld bis in den Laden rundum ökologisch und fair hergestellt wird. Mehr auf: www.hessnatur.com

``SWITCHER. MADE WITH RESPECT

unablässig für eine Verbesserung der Lebens- und Arbeits-

DAS BESONDERE: hessnatur fördert Jung- und Nach-

bedingungen der Arbeiterinnen und Arbeiter ein. Soziales

wuchsdesigner, die nachhaltige Mode entwerfen und unter-

DAS UNTERNEHMEN: Gegründet wurde die Bekleidungs-

Engagement und Verantwortungsbewusstsein wurde zur

stützt mit der Partnerplattform New Creatives den Sprung

marke Switcher 1981 von Robin Cornelius, einem leiden-

Unternehmenskultur.

von der Kreatividee zum Markterfolg.

schaftlichen Schweizer Unternehmer. Schon 1992 – nach dem 1. Klimagipfel in Rio – erkannte er die oftmals zerstö-

DAS BESONDERE: Auf www.respect-code.org kann jeder die

rerischen Auswirkungen der industriellen Textilproduktion

­Lieferkette von den Rohstoffen über die Produktion bis zum

auf Mensch und Natur. Seitdem setzt sich das Unternehmen

fertigen Produkt verfolgen. Mehr auf: www.switcher.com

`` FEMNET. DIE ­WÜRDE DER FRAUEN DIE ORGANISATION: FEMNET ist ein bundesweiter gemeinnütziger Frauenrechtsverein. Der Verein setzt sich für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte von Frauen weltweit ein. FEMNET widmet seine Arbeit vor ­allem Frauen in der globalen Bekleidungsindustrie im Rahmen der Kampagne für Saubere Kleidung und unterstützt mit einem Solidaritätsfonds Frauen im Süden, die für ihre Rechte kämpfen. Der Verein betreibt Bildungs- und Aufklärungsarbeit, so auch an deutschen Mode-Hochschulen, um die zukünftigen Einkäuferinnen großer Modeunternehmen frühzeitig für Sozial- und Umweltstandards zu sensibilisieren. Mehr auf: www.femnet-ev.de DAS BESONDERE: FEMNET hat eine umfassende Studie über Sumangali, Zwangsarbeit in indischen Spinnereien herausgebracht, zeigt in einer Wanderausstellung aber auch Fotos von Gewerkschafterinnen, Frauen die sich aus ihrer Opferrolle befreit haben.

BÜNDNIS FÜR NACHHALTIGE TEXTILIEN – DIE MITGLIEDER In alphabetischer Reihenfolge

``INKOTA. FÜR GERECHTIGKEIT DIE ORGANISATION: Hunger besiegen, Armut bekämpfen, Globalisierung gerecht gestalten – seit über 40 Jahren setzen sich bei INKOTA engagierte Menschen für weltweite Gerechtigkeit ein. Sie fordern unter anderem, dass Unternehmen, die von der Fertigung in den weltweiten Zulieferbetrieben der Textilbranche profitieren, für die sozialen Missstände Verantwortung übernehmen müssen. Mehr auf: www.inkota.de DAS BESONDERE: Die INKOTA-Partner aus dem globalen Süden sind häufig Impulsgeber für die entwicklungspolitische Bildungs- und Kampagnenarbeit von INKOTA in Deutschland.

Christliche Initiative Romero

FEMNET e.V.

Common Works Modeproduktion GmbH

Garment Industries Transparency Initiative (GITI)

Cotton Council International

Global Standard gemeinnützige GmbH (GOTS)

DBL Group

gotsutsumu GmbH

Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG)

Hans Natur e.K.

Aid by Trade Foundation

Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB), Bundesvorstand

Hess Natur-Textilien GmbH

Better Cotton Initiative (BCI)

Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI)

Hochschule für Wirtschaft und Recht (Global Labor

BIEHLER Sportswear

Dialog Textil-Bekleidung

­University e.V.)

Bischöfliches Hilfswerk MISEREOR e. V.

Die Verbraucherinitiative e.V.

HUMANA Kleidersammlung GmbH

Bremer Baumwollbörse

EcoPlanet Bamboo Group

IG Metall

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit

elkline GmbH

INKOTA-netzwerk e.V.

und Entwicklung (BMZ)

Fashion Revolution Germany e.V.

interloom

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`` ELKLINE. DRAUSSEN WIE DIE ELCHE

denschauen vorführen. Die vielen Menschen, die hinter der

DAS UNTERNEHMEN: Die Hamburger Outdoor-Fashion

fertigen, kennen wir nicht. Mode ist für uns ein anonymes

Marke elkline fühlt sich dem Prinzip der Ganzheitlichkeit

Produkt, das appetitlich angerichtet in den Regalen der Kauf-

verpflichtet. Mit der nachhaltigen Herstellung von qualita-

häuser und Online-Stores darauf wartet, gekauft zu werden.

Mode stehen, die unsere Mode mit ihren eigenen Händen

Bei Lebensmitteln fragen wir nach ihrer Herkunft und sind

CO2-Fußabdruck, der zwangsläufig hinterlassen wird, so

zufrieden, wenn wir wissen, auf welcher Wiese die Kuh, de-

klein wie möglich gehalten werden.

ren Fleisch wir essen, ihr Gras gefressen hat. Unsere Kaufentscheidungen für Mode hingegen treffen wir zum größ-

DAS BESONDERE: Familien und Sportgruppen können sich

ten Teil blind. Bestenfalls wissen wir über die Auszeichnung

mit Selfies und Berichten von ihren Outdoor-Abenteuern auf

„Made in“ etwas über das Land, in dem die Mode haupt-

dem elkline-Blog austauschen. Mehr auf: www.elkline.de

sächlich gefertigt wurde. Aber hinter „Made in China“ kann eine faire Produktion stehen – ebenso wie eine menschliche

``DIE MACHT DER VERBRAUCHER Die Mode ist wunderbar! Sie ist ein sinnliches Kulturprodukt, das unbegrenzte Ausdrucksmöglichkeiten verleiht, Zugehörigkeiten kommuniziert und Individualität unterstreicht. Kein Wunder, dass sie ein so beliebtes Konsumgut ist. Aber die Mode ist auch brutal. Ihre Produktion ist der Schauplatz für Katastrophen wie Rana Plaza, der Textilfabrik in Bangladesch, bei deren Einsturz im Jahr 2013 über tausend Menschen ums Leben kamen. Um den ­Konsumenten das schöne Produkt Mode zu bescheren, f­ühren Textilarbeiterinnen und Textilarbeiter ein Leben unter menschenunwürdigen ­Bedingungen. Ihr Lohn reicht oft nicht, um ihre Existenz zu sichern. Ihr Elend aber spielt in unserer Wahrnehmung kaum eine R ­ olle. ­Medial kennen wir nur die schöne Seite der Mode:

BMZeit

QUIZ

`` WIEVIELE MENSCHEN ARBEITEN WELTWEIT

Wir kennen die kreativen Designer, wir sehen die makellosen Models, die die Kollektionen auf den internationalen Mo-

Katastrophe. Von einem mündigen Modekonsum sind wir Lichtjahre entfernt. Zum Glück gibt es immer mehr Menschen, die diesen Zustand ändern. Viele Modedesigner und Unternehmen lassen ihre Mode unter ökologisch und sozial fairen Bedingungen anfertigen und verzichten teils sogar auf den Einsatz tierischer Materialien. Aber nicht nur die Unternehmen müssen sich engagieren, der Verbraucher – wir – sind gefragt. Um das sinnliche Vergnügen zu genießen, das die Mode bietet, müssen wir sie mit gutem Gewissen kaufen können. Und das gelingt nur, wenn wir es als unsere Pflicht begreifen, uns zu informieren. Dann können wir etwas bewegen. Konsum kann die Welt verändern. Die ganze Macht liegt bei uns Verbrauchern. Alex Bohn ist Modejournalistin (Die Zeit, Süddeutsche Zeitung, ­Vanity Fair, etc.). Sie ist Gründerin der Plattform Fair-a-porter, auf der sie ausgewählte Mode aus transparenter Produktion kuratiert und so den Verbrauchern ermöglicht, sich zu informieren, damit sie Ihren Einfluss als Konsument verantwortungsvoll geltend machen können. Mehr auf: www.fairaporter.com

IN TEXTILFABRIKEN?

A 1,2 Millionen

B 130 Millionen

C 60 Millionen

Wenn Sie die Frage richtig beantworten, können Sie einen der Rucksäcke Tecographic 23 von Bündnismitglied VAUDE gewinnen (www.vaude.com). Unter den richtigen Einsendungen werden 10 Rucksäcke verlost. Mitarbei­ eren ­Angehörige terinnen und Mitarbeiter des BMZ und d dürfen nicht teilnehmen. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

`` SIEGELKLARHEIT: NACHHALTIG EINKAUFEN, SIEGEL VERSTEHEN DIE AUFGABE: Die Zahl der Umwelt- und Sozialsiegel wächst rasant. Aber welche Siegel sind e­ igentlich glaubwürdig? S ­ iegelklarheit.de, ein neues Portal der Bundesregierung, sorgt für mehr Klarheit und Wahrheit. Die unterschiedlichen Siegel werden bewertet und miteinander verglichen. Die App ist eine wichtige Hilfe für den nachhaltigen Einkauf und kann gleich im Laden eingesetzt werden. DAS BESONDERE: Die Verbraucherinnen und Verbrau-

Bitte senden Sie Ihre Antwort bis zum 31.03.2015

cher können sich schnell und unkompliziert auf ihrem

per Email an: bmzeit@bmz.bund.de

Smartphone darüber informieren, ob sie tatsächlich ein fair

Oder schicken Sie eine Postkarte an:

­produziertes Kleidungsstück kaufen. Mehr über die App auf:

BMZ Referat L5/BMZeit, Stresemannstr. 94, 10963 Berlin

www.siegelklarheit.de

Internationaler Verband der Naturtextilwirtschaft e.V. (IVN)

Oxfam Deutschland e.V.

Trigema

Kampagne für Saubere Kleidung

POLOLO OHG

Umweltbundesamt

Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd)

Product DNA SA (Respect Code)

UTT Technische Textilien GmbH & Co

Lillika Eden Muthig & Schmidt GbR

Schweikardt Moden GmbH

VAUDE Sport GmbH & Co. KG

loud + proud GmbH

Seidentraum

Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

Maas Naturwaren GmbH

Stiftung Warentest

vista textil GmbH

Manufaktur Sant

SÜDWIND e.V. – Institut für Ökonomie und Ökumene

Zwergengrün – Nadja Lüders und Gabriela Wahl GbR

MaxTex

Switcher Textil Vertriebs GmbH

MDC Sportswear GmbH

TEXAID Deutschland GmbH

Monagoo GmbH

Trans Fair e.V.

MUVEO GmbH

Transparency International Deutschland e.V.

NKD Deutschland GmbH

Triaz Group GmbH

www.textilbuendnis.com 7

Fotos: Switcher. Hessnatur. femnet/Marieke van der Velden (4). Inkota. Elkline/Elkshots (2). Vaude. Kristin Loschert/www.kristinloschert.com. GIZ/LGMi Berlin

tiv hochwertigen, langlebigen und modernen Wegbegleitern für alle Lebenslagen und für die ganze Familie, soll der


DU TRÄGST ­ VERANTWORTUNG Ein Gespräch mit der Schauspielerin, Ärztin und ­Aktivistin Maria Furtwängler Dr. Maria Furtwängler ist Mutter von zwei erwachsenen

Augen führt, wird sich das Konsumverhalten entscheidend

Kindern. Seit vielen Jahren engagiert sie sich für die Ver-

ändern. Was Lebensmittel angeht, so verzichte ich weitest-

besserung der Lebensumstände von Frauen und Mäd-

gehend auf Fleisch, seit ich mich für meinen letzten Tatort

chen. Beate Wedekind hat sich mit ihr über ihr soziales

intensiv über die Bedingungen in der Tierzucht informiert

Engagement unterhalten.

habe. Das heißt, ich kaufe soweit wie möglich lokal produzierte Bio-Lebensmittel.

BMZeit: EineWelt – unsere Verantwortung. Welche Bedeutung hat dieser Satz für Sie? Maria Furtwängler: Wie wir heutzutage leben, global vernetzt und gut informiert, wissen wir über die Lebensum-

BMZeit: Wie setzen Sie als erfolgreiche Schauspielerin Ihren Bekanntheitsgrad ein, um auf Missstände aufmerksam zu machen?

stände der Menschen überall auf der Welt so gut Bescheid,

Maria Furtwängler: Ich habe die einmalige Möglichkeit,

dass sie uns nahe sind wie Nachbarn. Dabei ist die Vielzahl

dass ich bei der Entwicklung von Stoffen und Drehbüchern

der Probleme überwältigend, in gewisser Weise auch läh-

für Filme, in denen ich spiele, Einfluss nehmen darf. Dabei

mend. Von der Erderwärmung bis zur Bedrohung durch

achte ich darauf, dass der Kern der Story gesellschaftlich

Radikalisierung, von der Müttersterblichkeit in den ärmsten

­relevant ist. Wir haben zum Beispiel in dem Tatort „Weg-

Ländern, bis zu den verheerenden Arbeitsbedingungen für

werfmädchen“ Zwangsprostitution in Deutschland the-

Frauen in den Textilfabriken. So viel Wichtiges müsste getan

matisiert. Das Thema fand in allen Medien eine ­enorme

werden. Man weiß gar nicht, wie und wo man anfangen soll.

Präsenz; von Talksendungen bis zu Schwerpunktseiten in

Meiner Meinung nach kann der Einzelne am besten etwas

vielen Zeitungen. Es ist ein großes Privileg als „Promi“ so

tun, wenn man sich auf ein Thema fokussiert. Was mich

eine Möglichkeit zu haben. In Summe haben wir auf

persönlich sehr bewegt ist die fehlende Gleichbe-

­diese Art viele Millionen Menschen erreicht und

rechtigung für und die Verachtung von Frau-

für das ­Thema sensibilisieren können.

en. Das gilt für Entwicklungsländer genauso wie für unsere westliche Welt.

GEMEINSAM MIT IHRER TOCHTER Elisabeth hat Maria Furtwängler auf den ­Philippinen ein Heim für junge ­Frauen und Mädchen gegründet, die Opfer von Zwangsprosti­tution wurden.

Ich engagiere mich deshalb aktiv für die Stärkung von Frauen und Mädchen. Zum Beispiel habe ich auf Initiative meiner Tochter, die damals 18 war, gemeinsam mit den German Doctors

BMZeit: Sie setzen in letzter Zeit auch

auf den Philippinen das MalisaHome, ein

Akzente auf der politischen Bühne. Wie

Heim für junge Mädchen gegründet, deren Lebensweg von viel Leid gezeichnet war. Sie wurden entweder verschleppt oder von der eigenen Familie – zum Teil unwissentlich – in die Prostitution verkauft und haben meist keine Chance aus eigener Kraft da wieder rauszukommen. Das Selbstwertgefühl dieser Mädchen, die bei uns ein geschütztes Zuhause und eine Ausbildung erhalten, ist vollkommen zerstört. Sie werden behandelt wie Dreck und so fühlen sie sich auch. Es ist sehr berührend zu erleben, wie sich die Mädchen öffnen, wenn sie durch die Mitarbeiterinnen dort zum ersten Mal wirkliche Zuneigung erleben.

kam es dazu? Maria Furtwängler: Letztes Jahr rief mich Melinda Gates an und fragte mich, ob ich ONE-Botschafterin für Kindergesundheit werden möchte, um insbesondere die Impfkampagne von Gavi zu unterstützen. Das habe ich als Ärztin und als Mutter sehr gern getan und bin mir dabei auch bewusst geworden, wie wichtig es ist zu versuchen, auf das politische Leben und auf politische Entscheidungen einzuwirken. Im Zusammenhang mit dem anstehenden G7 Gipfel, für den die Bundeskanzlerin die Präsidentschaft übernommen hat, werde ich mich weiter für die Stärkung von Mädchen und Frauen einsetzen. Was wir erreichen

BMZeit: Und was bedeutet Engagement für Ihren persön-

können, zeigen nicht zuletzt die starken Frauen in der ­

lichen Alltag?

­Bundesregierung.

Maria Furtwängler: Ich versuche, eine verantwortungsvol-

Investition in die Gleichberechtigung und den Respekt

le Verbraucherin zu sein und bemühe mich, vor allem fair

gegenüber Frauen ist eine Investition in die Zukunft. Es

hergestellte Produkte zu kaufen. Bei Lebensmitteln aber

kann nicht angehen, dass weltweit immer noch zwei Drit-

auch bei Kleidung. Hier achte ich vor allem darauf, wo sie

tel a­ ller Analphabeten Frauen und Mädchen sind, dass die

hergestellt wird. Aber ich gebe zu, dass mir erst durch das

­Müttersterblichkeit im Wochenbett in der Subsahara 100

Unglück von Rana Plaza vor zwei Jahren das volle Ausmaß

Mal so hoch ist wie bei uns! Wir dürfen nicht hinnehmen,

der katastrophalen Arbeitsbedingungen, unter denen be-

dass Männer in Entwicklungsländern durchschnittlich ge-

sonders die Frauen in den Textilfabriken zu leiden haben,

rade Mal 30 bis 40 Prozent ihres Lohnes zuhause abgeben,

klar geworden ist. Ich finde aber, dass generell viel zu wenig

während Frauen 90 Prozent ihres Lohnes in die Familie in-

ersichtlich ist, welche Produkte tatsächlich nachhaltig pro-

vestieren.

duziert werden. Der Verbraucher ist weitgehend überfordert. Es gibt einen großen Informationsbedarf und insofern finde ich die Initiative des Ministeriums, das Bündnis für nachhaltige Textilien, extrem wichtig. Wir als Konsumenten brauchen viel mehr Informationen über die Arbeitsprozesse, die ungerechte Bezahlung, die Diskriminierung, die Gefahren, denen die Menschen in den Fabriken ausge-

Die Stärkung von Frauen und Mädchen darf allerdings nicht reine Frauensache sein. Natürlich sind auch die Männer und die Jungen gefragt: Wir alle müssen uns solidarisieren. Nur dann können wir wirkliche gesellschaftliche Veränderungen bewirken. Ob in Bangladesch, auf den Philippinen, auf dem afrikanischen Kontinent – und bei uns zu Hause.

setzt sind. Erst wenn sich jeder diese Konsequenzen klar vor 8


Sich für Frauen einzusetzen ist eine gute ­Tradition in der Familie von Maria Furtwängler. Ihre Urgroß­ mutter Katharina von Oheimb war eine der 36 Frauen im 1. Reichstag der Weimarer Republik. Sich gegen die 430 Männer zu behaupten und Kurt Tucholsky zu veranlassen, ein Gedicht „An die Gräfin Oheimb“ zu richten – zeigt, dass sie wohl eine sehr durchsetzungsstarke Feministin gewesen sein muss. Schon Anfang der 1920er Jahre gab sie Bildungs­ kurse für Frauen.

Fotos: Markus Tedeskino/www.tedeskino.de. Privat

FRAUEN STÄRKEN


BMZeit · Ausgabe 2/2015

FÜR ALLE MENSCHEN – DAS BMZ ERGREIFT DIE INITIATIVE Diskutieren, verhandeln, gemeinsam Lösungen finden ``GAVI-KONFERENZ: ERSTER HÖHEPUNKT DER DEUTSCHEN G7-PRÄSIDENTSCHAFT

ABSTIMMUNGSGESPRÄCHE: die norwegische Premierministerin Erna Solberg, Bill Gates und Jakaya Kikwete, Präsident von Tansania

DIE BUNDESKANZLERIN SPRICHT bei der Wiederauffüllungs-Konferenz der Impfallianz Gavi am 27. Januar 2015 im Berliner Congress Centrum.

Die vom BMZ mitveranstaltete Konferenz der globalen Impfallianz Gavi fand Ende Januar als Auftaktveranstaltung der deutschen G7-Präsidentschaft unter der Schirmherrschaft der Bundeskanzlerin in Berlin statt. Minister

Um Kindern Zugang zu lebensrettenden Gesundheitsdiens-

Müller zeigte sich mit dem Ergebnis äußerst zufrieden:

ten zu ermöglichen, ist ein Impfprogramm oft der erste

„Mit den zugesagten 7,539 Milliarden Dollar können von

Schritt. Die Impfallianz Gavi unterstützt darum Länder, die

2016 bis 2020 weitere 300 Millionen Kinder in den ärms-

die Versorgung der Kinder mit wichtigen Grundimpfungen

ten Ländern der Welt geimpft werden. Mit dem deutschen

verbessern wollen.

BUNDESKANZLERIN MERKEL mit Dagfinn HØybråten, dem Vor­ sitzenden des Gavi-Aufsichtsrates, und Gavi-CEO Dr. Seth Berkley sowie Minister Müller auf dem Weg zur Konferenz

Beitrag von 600 Millionen Euro wollen wir darüber hinaus dern unterstützen.“ ­Bereits am Vortag der Konferenz hatten 300 Expertinnen und Experten über die Frage diskutiert, wie die Gesundheitssysteme auch in den ärmsten Ländern eine ­ medizinische Basisversorgung sicherstellen können. Mehr auf: www.gavi.org

``DIE KLIMAREISE Waldschutz, Klimaanpassung und erneuerbare Energien – das waren die Themen, zu denen Minister Müller verschiedene Projekte und Finanzierungen bei der UN-Klimakonferenz in der peruanischen Hauptstadt Lima auf den Weg gebracht hat. Bei der Gründungsveranstaltung eines globalen Netzwerks zur Anpassung an den Klimawandel sagte er: „Der Klimawandel ist eine Überlebensfrage der Menschheit. Es ist eine gewaltige Kraftanstrengung, uns global auf das Zwei-Grad-Ziel zu verständigen. Wenn wir jetzt scheitern, wird eine menschenwürdige Anpassung an den Klimawandel kaum noch möglich sein. Vielerorts verlieren die Menschen schon jetzt ihre Lebensgrundlage. Viele Millionen Menschen verlassen ihre Heimat nicht zuletzt wegen des Klimawandels – etliche Millionen werden dazu kommen.“ Der Minister startete ein Programm zur Nutzung von Geothermie in Lateinamerika und sagte mehr Mittel für ein Waldschutzprogramm zu.

PROGRAMME ZUR RETTUNG DES REGENWALDES standen auf der Agenda der UN-Klimakonferenz in Lima, an der die ­Delegation aus Deutschland teilnahm. 10

Fotos: Thomas Trutschel (1), Michael Gottschalk (3), Thomas Imo (1), Ute Grabowsky (1)/photothek.de.

auch grundlegende Gesundheitsstrukturen in diesen Län-


WAS MACHT eigentlich Yiannis ­Neophytou in Hanoi/­ Vietnam

``WEITERE INTERESSANTE TERMINE

Yiannis Neophytou (Foto) arbeitet als Referent für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Hanoi, einer Metropole mit fast 6,5 Millionen Einwohnern. Hier sein Bericht:

2015/2016

DIE ZUKUNFTSCHARTA GEHT AUF DEUTSCHLAND-TOUR. Nachdem Minister Müller die Zukunftscharta im ­November der Bundeskanzlerin in Anwesenheit von mehr als 3.000 Besuchern – darunter viele Kinder und Jugendliche – vorgestellt hat, wird der Dialog mit den B ­ ürgerinnen und Bürgern nun vor Ort fortgesetzt. In allen Bundesländern wird das BMZ ganzjährig Veranstaltungen anbieten, die sich mit der U ­ msetzung der acht Charta-Schwerpunkte befassen und zum Nachdenken und Mitmachen einladen. Was kann jede und jeder Einzelne zur ­Bekämpfung von extremer Armut beitragen? Welche Allianzen und Partnerschaften brauchen wir, um für faire Arbeitsbedingungen weltweit ­einzutreten? Mehr auf: www.zukunftscharta.de

Als ich 2012 als Referent des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung nach Hanoi kam, war der Umbruch unserer Entwicklungszusammenarbeit mit Vietnam bereits in vollem Gange. Zusammen mit meiner Partnerin, die ebenfalls Referentin des BMZ hier ist, galt es, unsere Zusammenarbeit auf die zwei zukünftigen Herausforderungen des Landes neu auszurichten: zum einen die Nachhaltigkeit des Wachstums für zukünftige Mangel an Fachkräften in allen Wirtschaftsbereichen durch ein praxisorientierteres Ausbildungsangebot zu begegnen. Für beides wird Deutschland in Vietnam als der ideale Part-

10./11.03.

GUTE ARBEIT WELTWEIT DURCH NACHHALTIGE LIEFERKETTEN FÖRDERN. Thema der Konferenz des BMZ und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) im Rahmen der deutschen G7-Präsidentschaft im März in Berlin: Wie können Politik, Verbraucher, Unternehmen und Zivilgesellschaft gemeinsam durchsetzen, dass international anerkannte Sozial- und Umweltstandards in der gesamten Lieferkette eingehalten werden.

24./25.03.

EINEWELT OHNE ­HUNGER – UNSERE VERANTWORTUNG. Mit der Sonder­initiative EINEWELT ohne Hunger nimmt sich das BMZ einer der größten Herausforderungen weltweit an: dem Kampf gegen Hunger und Mangelernährung. Internationale und nationale Expertinnen und Experten diskutieren, wie das Ziel EINEWELT ohne Hunger bis 2030 Wirklichkeit werden kann. Die Veranstaltung in Berlin ist Teil des Zukunfts­chartaprozesses.

16./17.04.

FRAUEN UND ­MÄDCHEN STÄRKEN. Der Par­lamen­tarische Beirat für Bevölkerung und Entwicklung, die Stiftung Weltbevölkerung und das European Forum for Population and Development laden 140 Parlamentarierinnen und Parlamentarier aus G7-, G20-­Staaten und Entwicklungsländern zu einer inter­nationalen Konferenz ­ins BMZ in Berlin ein. Das Ab­schlussdokument von „­Empowering women and girls“ soll in den G7-Prozess einfließen. Mehr auf: www.weltbevoelkerung.de

ner angesehen. Meine bisherigen Projektreisen haben gezeigt, dass Vietnam ein Land mit zwei Gesichtern ist. Einerseits gibt es hohe Wachstumsraten – gerade in den Wirtschaftszentren Hanoi und Ho Chi Minh Stadt. Andererseits ist eine fortbestehende Armut auf dem Land und immer mehr auch in den Vorstädten zu beobachten. Der Spagat zwischen dem Anspruch, in fünf Jahren Industrieland sein zu wollen und dem harten Lebensalltag vieler Menschen entlang der Armutsgrenze ist allerorten sichtbar. Hanoi ist nach Addis Abeba und New York mein dritter Aus-

``DAS BMZ, EIN OFFENES HAUS

landsposten. Im Ministerium in Deutschland arbeitete ich

Wussten Sie schon, dass sich der Anteil der Menschen, die in

golei und China. Es war daher nur eine Frage der Zeit, wann

extremer Armut leben, im Vergleich zum Jahr 1990 halbiert

ich mich auf den Weg nach Asien machen werde.

unter anderem mit den Partnerländern Indonesien, Mon-

hat, trotzdem aber heutzutage noch immer ca. 1,3 Milliar-

BMZ BERLIN, IM FOYER: Die Fotoinstallation in der Eingangshalle zeigt einen primären Regenwald, eine Aufnahme von Christian Ziegler.

den Menschen in extremer Armut leben? Wollen Sie diese

Die Entwicklungszusammenarbeit mit Vietnam ist in der

und andere Fragen mit dem Team des BMZ diskutieren?

Tat ein großer „Tanker“. Ein großes und breit gefächertes

Dann kommen Sie uns besuchen. Das BMZ bietet Gruppen

Portfolio, zahlreiche Delegationsbesuche und viele zum

von 15 bis 50 Personen in Bonn und Berlin die Möglichkeit,

Teil neue Partner insbesondere in der deutschen und viet-

praxisnahe Einblicke in die entwicklungspolitische Arbeit

namesischen Wirtschaft machen Hanoi zu einem ebenso

zu bekommen. Was wir tun, wer sich daran beteiligt und wie

arbeitsintensiven wie interessanten Posten.

auch Sie sich engagieren können, darüber informieren wir Sie gern. Wir berichten Ihnen aus dem entwicklungspoliti-

Hanoi – das ist eine Metropole, die ihren asiatischen Cha-

schen Arbeitsalltag in Deutschland und in unseren Partner-

rakter bisher weitgehend bewahren konnte. Die Stadt mit

ländern in Afrika, Asien, Lateinamerika und Südosteuropa.

ihrem morbiden Charme ist eingebettet in zahlreiche Seen,

Haben Sie Interesse? Dann senden Sie uns bitte eine E-Mail

grüne Oasen und verfügt noch über viele Alleen mit post-

an Besucherdienst@bmz.bund.de.

kolonialer Architektur. Klimatisch ist das Leben allerdings

Der erste Dienstsitz des BMZ in Bonn ist übrigens im ehemaligen Bundeskanzleramt direkt am Rhein untergebracht. Der zweite Dienstsitz des BMZ in Berlin-Kreuzberg ­befindet sich im Europahaus, einem Bau der Neuen Sachlichkeit, BMZ BERLIN, IM FILMSAAL: Hier werden die Besucher mit Vor­ trägen, Filmen und Fotostrecken über die Arbeit vor Ort informiert.

fertig gestellt 1931. Mehr über unseren Besucherdienst ­ ­erfahren Sie auf der Website www.bmz.de 11

eine echte Herausforderung, denn feuchtkühle Winter und extrem heiße Sommer mit kurzen milden Intermezzos ­ zeichnen das Wetter hier besonders aus. Die Luftverschmutzung liegt zumeist viermal über dem zulässigen Grenzwert. Das Reisen in die Nachbarländer ist natürlich ein Muss und zeigt immer wieder auch die Einmaligkeit von Vietnam.

Fotos: Paul Hahn (2)/www.paulhahn.de. Andrea Künzig/www.andreakuenzig.de. Tobias Wille/www.tobiaswille.com, www.neo-studio.de. Privat

Generationen zu gewährleisten, zum anderen dem akuten


UN

G

Fotos: shutterstock/Huang Zheng. Florian Oellers

DU VE TRÄ RA G NT ST WO RT

IMPRESSUM HERAUSGEBER Bundesministerium für wirtschaftliche ­Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) Referat Öffentlichkeitsarbeit, digitale ­Kommunikation und Besucherdienst

KONZEPTION UND REDAKTION Beate Wedekind, Berlin und Addis Abeba GESTALTUNG Atelier Hauer+Dörfler/Besscom AG, Berlin DRUCK Bonifatius GmbH, Paderborn Gedruckt auf PEFZ-zertifiziertem Papier

STANDORTE DER BMZ-DIENSTSITZE

WEITERFÜHRENDE LINKS

BMZ BONN Dahlmannstraße 4 · 53113 Bonn Tel.: +49(30)228 99 535-0 · Fax: +49(30)228 99 535-3500

www.bmz.de www.textilbuendnis.com www.siegelklarheit.de www.zukunftscharta.de

BMZ BERLIN Europahaus · Stresemannstraße 94 · 10963 Berlin Tel.: +49(30)30 18 535-0 · Fax: +49(30)30 18 535-2501 E-Mail: poststelle@bmz.bund.de

Titelbild: Florian Oellers­ www.florianoellers.de


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