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REPORT / SKYRACE LICHTENSTEIN TEXT: CLEMENS NIEDENTHAL FOTOS: NIEDENTHAL, REPKE, GUSE

FAMILIENANGELEGENHEITEN LICHTENSTEIN. NEIN, NICHT LIECHTENSTEIN. LICHTENSTEIN! DIE ALB STATT DEN ALPEN. DAS TRAIL MAGAZIN HATTE ZUR DREITÄGIGEN SAISONERÖFFNUNG SAMT ABSCHLIESSENDEN SKYRACE GELADEN – UND WURDE REICH BESCHENKT: RUND 200 LEUTE HATTEN SICH AUF DEN WEG GEMACHT, UM GEMEINSAM ZU CAMPEN, ZU GRILLEN, ZU RENNEN. LEUTE, ACH WAS: FREUNDE

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REPORT / SKYRACE LICHTENSTEIN

Ein Festival für Trail-Runner, Tage der guten Laune und 2016 auch mit einem echten TrailMarathon: Lichtenstein-Skyrace!

Wenn zwei Teenager auf ihren Mountainbikes eine einsame Läuferin auf schmalen Pfaden verfolgen, dann ist das ... der besorgte Bergwacht-Nachwuchs, der sicher gehen möchte, dass auch die langsamste Starterin des Lichtenstein Skyrace wohlbehalten am Sportgelände in Unterhausen ankommt. Zumal das Sportgelände von Unterhausen ziemlich hoch über Unterhausen liegt. Was schon einmal ganz gut beschreibt, was an diesen drei Tagen um Christi Himmelfahrt tatsächlich unbeschreiblich war: eine Landschaft, wie gemacht für den Trail. Die Schwäbische Alb also, in der der Chefredakteur dieses Heftes ja ehedem aufgewachsen ist. Was unter anderem den Vorteil hat, dass seine Eltern noch immer dort leben. Womit wir wieder bei den Jungs von der Bergwacht wären. Und bei den Damen und Herren aus dem Sportverein, dem von den besagten Eltern. Bei der Feuerwehr, dem Roten Kreuz und der Frauenrunde, die so viele, tollem Kuchen gebacken hat. Kurz: Bei jenen, die ein Ehrenamt begleiten, während andere ihren Hobbies frönen. Laufen zum Beispiel. Hinunter nach Unterhausen, dann hinten wieder hoch zum Schloss Lichtenstein. Singletrails, wurzelig, felsig, mal sanft geschwungen, mal zackig und steil. Höhenmeter. Hochgefühle. Zwei Tage lang als (nicht immer ganz so) lockere Community Runs und am Samstag dann als Skyrace, 23 Kilometer und rund 1000 Höhenmeter. Deshalb die Feuerwehr, die Bergwacht, das Rote Kreuz. Es ist erstaunlich, was auf die Beine gestellt werden kann, wenn eine Gemeinschaft anpackt. Hat aber auch allen Spaß gemacht. Sagt doch der Mann in der gelben Warnweste, der da immer wieder den Bundesstraßenverkehr zum erliegen bringt, um die ähnlich farbenfrohen Trailmenschen passieren zu lassen: „Endlich mal was los hier.“ Lauter ganz normale Leute Es wird wieder was los sein. In Lichtenstein im nächsten Jahr. Vermutlich mit noch mehr Leuten, ach was: Freunden. Wahrscheinlich mit einem längeren Rennen, einem „richtigen“ Marathon, also einem mit Höhenmetern, mit Downhills, mit Felsen und Wurzeln unter den Füßen. Was in diesem Jahr los war, dass ist am treffendsten als fa42 / 43 TRAIL MAGAZIN

miliär beschreiben. In einer Szene, die mindestens in ihren sozialen Netzwerken allzu gerne vieles „awesome“ und „crazy“ findet, war an diesen Tagen vieles angenehm normal. Nur eben nicht so reihenhausrasenmäh- oder fernsehgucknormal, sondern landschaftsrennend- und draußenseinnormal. Im Zelt schlafen oder im Kombikofferraum und abends mit den anderen von der Zugspitze oder dem Mont Blanc erzählen. Oder vom Weserbergland und dem Westerwald. Passend, auch, dass sich die Podiumsgespräche – auf der Saisoneröffnung des Trailmagazins wurde auch geredet, nicht nur gerannt –nie zu Heldengeschichten emporschrauben wollten. Ein Erlebnis, wie entspannt und beinahe demütig Andrea und Uli Calmbach – gerade hat die beiden Ultraläufer und Hochalpinisten mal eben so den jeweils höchsten Gipfel aller sieben Alpenländer genommen, und zwar binnen sieben Tagen – von ihrem Sport erzählen. Und auch vom Älterwerden, davon sich neue Ziele zu setzen anstatt den alten hinterherzurennen. Wenngleich Uli Calmbach, Jahrgang 1962, das mit dem „Hinterherlaufen“ noch beeindruckend rasant gelingt. Die Rolle des jungen, leistungsorientierten Läufers gab derweil Marcus Baur, einer der beiden Baur-Brüder. Aber auch er wollte die Freiheit auf den Trails nicht gegen eine Vereins- und Verbandsmeierei mit Vorstandsvorsitzenden, Ranglisten und Kadergedanken tauschen. Trail Running , und das war eine Erkenntnis dieser gemeinsamen Tage, ist eben doch mehr Skatebord als Leichtathletik, mehr DIY als e.V. – kurz nichts, was Hierarchien, Verbandstrukturen und irgendwelche Zwangsabgaben für Laufveranstaltungen braucht. Warum wir jetzt noch nicht von uns gesprochen haben? Von tausend Metern Markierband, die in die Landschaft gehängt und auch wieder abgehängt wurden? Vom Erkunden der Strecken, von den Sitzungen beim Bürgermeister und beim Landratsamt? Also von der ganzen Arbeit, den die Freude auch immer wieder macht? Weil uns so viel zurückgegeben wurde, an diesen drei Tagen. Zu allererst eben das Gefühl, mehr auf die Beine gestellt zu haben, als nur eine „Veranstaltung“. Danke dafür. Das Skyrace übrigens hat dann mit Luigi „Gege“ de Franceschi quasi der Lokalfavorit gewonnen. Noch eine schöne Geschichte.



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