Gips wird bereits seit Jahrhunderten als Wandputz oder Stuckgips eingesetzt und ist somit Teil unserer kulturellen Identität.
Gips Gipsbasierte Baustoffe wurden bereits in der Antike als Mörtel für Mauerwerk verwendet; im Mittelalter dienten sie häufig als Bindemittel für Estrich. Später wurde vor allem die freie Formbarkeit des Materials Gips durch Gießen, Schnitzen oder schichtweisen Aufbau geschätzt. Im Barock ließen kühne freie Verzierungen aus Gipsstuck die Grenze zwischen schweren massiven Bauteilen und immateriell-schwebenden Konstruktionen verschwimmen. Im Innenausbau wird Gips in den unterschiedlichsten Formen verwendet: In Pulverform wird er zusammen mit Zusatzstoffen und Wasser zu Anhydridestrich. Zusammen mit Wasser ist Gips in Form von Stuck oder Putz frei formbar, oder er wird industriell zu Platten und Bauelementen verarbeitet, die „trocken“ eingebaut werden können.
Gipskreislauf
Rohstoff Gipsstein Ca [SO4] · 2H2O
Beim Abbinden/Erhärten kristallisiert der Gipsbrei mit dem Anmachwasser unter Abgabe von Wärmeenergie Ca [SO4] · 2H2O + n - 1½H2O
Beim Brennen wird Wasser entzogen Ca [SO4] · ½H2O + 1½H2O Es entsteht Stuckgips (Kalziumsulfat-Halbhydrat) Ca [SO4] · ½H2O
Beim Anmischen wird Wasser wieder zugefügt Ca [SO4] · ½H2O + nH2O
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Rohstoff und Baustoff Die freie plastische Formbarkeit von Gips beruht auf seiner chemischen Zusammensetzung. Naturgips wird in Form von Gipsstein, einer Verbindung von Calciumsulfat und Wasser, abgebaut bzw. als Anhydrit, wenn große Hitze und Druck gegeben waren. Sein Vorkommen ist relativ häufig. Je nach geologischen Rahmenbedingungen wird das Gestein im Tagebau oder unter Tage abgebaut. Mehr als die Hälfte des verarbeiteten Reinwerkstoffs Gips wird heute in Rauchgasentschwefelungsanlagen, als sogenannter REA-Gips, gewonnen. Sowohl aus der Natur als auch industriell gewonnener Gips zeichnet sich durch vollständige Recycelbarkeit und Freiheit von Schadstoffen aus. Um den Rohstoff Gipsstein zu einem Baustoff weiterzuverarbeiten, muss er zerkleinert und das Wasser durch Brennen entzogen werden. Mit der Temperatur beim Brennvorgang lassen sich Festigkeit und Abbindezeit beeinflussen, um Gipse mit spezifischen Eigenschaften für verschiedene Anwendungen herzustellen, beispielsweise Stuckgips, Putzgips oder Gips für Plattenmaterialien. Der Baustoff Gips wird mit Wasser „angemacht“ und erhärtet an der Luft unter Abgabe von Wärmeenergie wieder zu Gipsstein, wobei das überschüssige Anmachwasser verdunstet. Beim Abbindevorgang kristallisiert Gips ohne Schwinden in der gewünschten Form aus. Dieser Prozess ist ein beliebig oft umkehrbarer Kreislauf, sodass auch aus Gipsbauabfällen Gips zurückgewonnen werden kann. Dieser wird von spezialisierten Recyclingunternehmen zu einem neuen Gipsrohstoff aufbereitet. Innenausbaumaterial Dank seiner dauerhaften Fähigkeit zur Wasseraufnahme und -abgabe wirkt sich der Baustoff Gips positiv auf das Raumklima aus. Das Material nimmt Feuchtigkeit aus der Luft in seinen Poren auf und gibt sie wieder ab. Allerdings ist Gips nicht für Räume mit dauernder Feuchtigkeitseinwirkung geeignet, da eine ständige Wassereinwirkung das Material löst. Der Baustoff hat eine gute Festigkeit und geringe Wärmeleitfähigkeit. Aufgrund der chemischen Eigenschaften von Gips sind alle Platten nicht brennbar – das Kristallwasser im Gips wird durch die Erwärmung im Brandfall freigesetzt und schützt vor einem zu schnellen und großen Anstieg der Temperaturen an der Plattenrückseite. Die hohe Anzahl an Makroporen in den Platten wirkt regulierend auf das Raumklima, indem Wasserdampf schnell absorbiert und wieder abgegeben wird.