Anschließend wird das exemplarisch ausgewählte Studierendenprojekt von Doris Scheicher und Kay Sallier vergleichend untersucht (siehe Seite 42-49). Dieser abschließende Vergleich soll Aufschluss über die eingangs gestellte Frage nach der Gemeinsamkeit der strukturalistischen Tätigkeit und der Tätigkeit der Studierenden im Entwurfsstudio geben.
»Was ist der Strukturalismus?« »Was ist der Strukturalismus?« Mit dieser Frage eröffnet der französische Denker Roland Barthes seinen kurzen Aufsatz »Die strukturalistische Tätigkeit«. Als der Essay 1963 erscheint, ist der Strukturalismus als wissenschaftliches Modell bereits weit verbreitet. Seine vielseitige Anwendung bedeutet jedoch keineswegs, dass unter den Autoren Einigkeit über die Begriffe Struktur und Strukturalismus herrschte, geschweige denn darüber, was sie ausmacht. Die inflationäre Verwendung der Begriffe während der 1960er-Jahre führte vielmehr dazu, dass sie zu Modewörtern wurden – eine Entwicklung, die Barthes nicht kritiklos hinnahm. In der Einleitung seines Textes bemerkt er, dass es sich beim Vokabular des Strukturalismus um »heute allgemein gebräuchliche Wörter [handelt], von denen man alles verlangt und alles erhält, was man nur will, insbesondere die Kaschierung des alten deterministischen Schemas von Ursache und Wirkung«. Nach dieser Kritik und dem Hinweis auf den Ursprung des Strukturalismus in der Linguistik unternimmt er den Versuch einer Erklärung. Dabei legt er den »Nutznießern« des Strukturalismus nahe, ihn nicht »a priori auf das wissenschaftliche Denken zu beschränken«, sondern ihn »auf einem anderen Niveau als dem der reflektierenden Sprache so umfassend wie möglich zu beschreiben (wo nicht zu definieren)«. Wo dieses Niveau liegt, geht jedoch nicht eindeutig hervor. Mit dem Vorschlag, den Strukturalismus am besten gar nicht erst endgültig zu definieren, deutet Barthes darauf hin, dass sich dessen Grenzen durchaus verschieben lassen, dass es sich um einen nicht gerade leicht zu fassenden Gegenstand handelt. Um ihm etwas näher zu kommen, lohnt es sich, Barthes’ Rat zu folgen und zu den Begriffspaaren wie »Signifikant-Signifikat« und »SynchronieDiachronie« zurückzukehren, genauer: zur Sprachwissenschaft des Schweizers Ferdinand de Saussure, die als theoretischer Ursprung zahlreicher strukturalistischer Werke des 20. Jahrhunderts gilt. Freilich: Ferdinand de Saussure als Urheber des Strukturalismus zu bezeichnen, ist ebenfalls umstritten. Dafür sind zwei wesentliche Gründe zu nennen. Erstens misst Saussure dem Wort »Struktur« in seiner Arbeit keine besondere Bedeutung bei – er spricht stattdessen