Natur, Germany, 2017

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Das Auge des Tigers Auf Sumatra kämpfen Artenschützer, Wissenschaftler und Freiwillige für die letzten Tiger. Papier und Daten sind dabei ihre mächtigsten Waffen, um den Lebensraum und damit diese Großkatze zu bewahren. Wir waren im Dschungel TEXT: PETER LAUFMANN

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reundlich lächelt Mamsur, der Imam der kleinen Hügel, flach und träge dahinströmende Flüsse und Gemeinde in Tanjung Belit, und erzählt: „Es war dichter Regenwald bestimmen die Landschaft. Sie ist morgens, so vor zwei Wochen. Ich ging hinaus in den schwer zu erreichen und noch schwerer zu erschlieWald, um nach meinen Kautschukbäumen zu sehen. ßen. Ein Glück für die Natur – und den Tiger. Hier im Naturschutzgebiet arbeiten der Man muss immer mal wieder gucken, WWF Indonesien und die Umweltorgadass der Saft auch gut in die halben nisation Biosphere Expeditions daran, Kokosnussschalen läuft. Es war schon dass es genau so bleibt. Informationen warm und ich wollte bald wieder zurück sind hierbei der Schlüssel, um Argumenim Dorf sein. Da sah ich ihn. Einen Tiger. te zum Handeln zu haben. Die NaturMan konnte ihn zwischen den Bäumen schützer bekommen ein Werkzeug in die kaum erkennen, auch wenn er nur ein Hand, um die Wildnis zu paar Meter entfernt war.“ verteidigen. Doch ForMamsur lächelt noch imschung braucht Zeit, ist mer. „Der Tiger ist gut. aufwendig und damit Denn er frisst die Wildteuer. Zeit, die fehlt, um schweine. Und die schaden die Gefahren für dieses unseren KautschukpflanMamsur, Imam in Tanjung Belit Paradies abzuwehren. zungen.“ Hatten Sie Angst? Da kommen Freiwillige Mamsur schaut auf seine Knie. „Angst hatte ich auch, ja. Ein wenig. Aber ich ins Spiel. „Sie helfen bei der Aufnahme von Daten und leisten einen finanziellen Beitrag, um die bin stolz, dass es hier bei uns Tiger gibt.“ Mamsurs Moschee, seine Kautschukbäume und wissenschaftliche Infrastruktur am Laufen zu halsein Dorf Tanjung Belit liegen mitten im Rimbang- ten“, erklärt Ida Vincent, Biologin und ExpeditionsBaling-Nationalpark auf der Insel Sumatra. Steile leiterin. „Zudem sind sie Botschafter für das Engagement der Artenschützer und die Gefahren für die Natur. Das ist Gold wert.“ Ida koordiniert die Arbeit und Abläufe vor Ort und zeigt den Laien, welche Grundregeln bei der Aufnahme von Daten und beim Arbeiten im Regenwald zu beachten sind.

Selbst im Schutzgebiet lodern Feuer. Skrupellose Geschäftemacher versuchen so, Tatsachen zu schaffen und Gebiete abzuzwacken

Unterm Strich haben beide Seiten gewonnen: Die Forschung und der Schutz sind auf den Weg gebracht und die Freiwilligen nehmen Eindrücke mit, die ihnen keine Pauschalreise bieten kann. „Dabei ist allen klar, dass es sehr unwahrscheinlich ist, tatsächlich einen Tiger zu Gesicht zu kriegen“, sagt Bob, einer der Freiwilligen. Der Amerikaner ist schon mehrere Male als Laie mit auf wissenschaftlichen Expeditionen gewesen. „Natürlich hofft jeder insgeheim, dass man doch einen sieht.“ Aber die Katzen sind zu scheu und der Dschungel zu unwegsam. Die Basis für die Expedition, das Camp, ist weit entfernt von Luxus. Einfach, funktional, sauber trifft es am besten. Dafür liegt es zwischen riesigen Bäumen am Fluss. Regenwald hautnah. Nachts spielt ein

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Fotos: Peter Laufmann, Ida Vincent / Biosphere Expeditions, Edwin Giesbers / WWF

»Ich hatte Angst, aber bin stolz, dass es bei uns Tiger gibt«


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