Biorama Nº. 18
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Biosphere Expeditions
interview
Thomas Weber
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Biosphere Expeditions
Der Tiger als Zugpferd Er wollte forschen wie Grzimek und Humboldt, deshalb hat Matthias Hammer Biologie studiert. Heute organisiert er gemeinnützige Artenschutzexpeditionen und schickt dabei Laien gemeinsam mit Wissenschaftern ins Feld. Seine »Biosphere Expeditions« ermöglichen wissenschaftliche Arbeit in Weltgegenden, in denen für Forschung Geld und Arbeitskräfte fehlen. biorama: Wenn man in Oxford und Cambridge gerade sein Biologiestudium abschließt: Wie kommt einem da die Idee, Laien und Wissenschafter gemeinsam auf Expeditionen zu schicken? matthias hammer: Das war eine typische Unterder-Dusche-Idee. Ich hatte erkannt, dass die meisten Biologen doch nicht im Dschungel forschen. Ich hatte eine Identitätskrise und haderte, ob ich jetzt wirklich eine akademische Laufbahn einschlagen will. Ich stand also in Cambridge unter der Dusche, fragte mich, ob ich mit meinem Studium nicht sieben Jahre in den Sand gesetzt hatte, da meinte meine Freundin im Vorbeigehen: Warum lässt du dich nicht dafür bezahlen, Leute auf Expeditionen mitzunehmen? Auf einmal war alles an seinen Platz gefallen: Mein Biologiestudium, die Ausbildung beim Militär, mein Wissen um Menschenführung, meine Leidenschaft für den Naturschutz, mein Unabhängigkeitsbedürfnis. Alles passte perfekt. Ich hatte ja bereits Studentenexpeditionen organisiert. Was ist denn das für ein Typus Mensch, der bereit ist dafür zu bezahlen, dass er im Urlaub gemeinsam mit Wissenschaftern forschen darf? Der Markt für Freiwilligenarbeit oder Volunteering unterteilt sich in zwei Segmente: Da gibt es den Studenten, der monatelang möglichst billig an einen anderen Ort gelangen möchte, im Zelt schläft und es auch gerne
ein bisschen rustikaler hat – das ist genau nicht unser Fall. Unser Segment ist jenes, das die Engländer mit »cash rich / time poor« beschreiben. Also: hohe Bildung, genügend verfügbares Einkommen, Interesse an einer nachhaltigen Lebensweise, aber eben nicht viel Zeit. Unsere Expeditionsteilnehmer sind fast durchwegs über 30, stehen mit beiden Beinen im Berufsleben und möchten etwas Sinnvolles in ihrem Urlaub tun. Und sie kommen aus der ganzen Welt. Biosphere Expeditions ist zwar eine gemeinnützige Organisation, diese muss sich aber doch am Markt orientieren: Wissenschaftliche Projekte müssen für genügend Menschen attraktiv sein. Gibt es Projekte, die der Biologe Dr. Matthias Hammer gerne durchgeführt hätte, die der Geschäftsmann Matthias Hammer aber ablehnen musste? Klar: Entscheidend ist oft einfach der Sicherheits aspekt. Es hätte ein interessantes Schimpansenforschungsprojekt im Kongo gegeben. Aber du kannst derzeit einfach keine Menschen in den Kongo schicken. Wobei ich schon sage: Ich möchte nie so eine Organisation betreiben, die sich aus lauter Angst dann gar nix mehr traut. Das wird in Amerika gerade übertrieben. Ich schreibe garantiert nicht auf unsere Tassen drauf: Da ist ein heißes Getränk drin. Wir sind kein Kindergarten. Es geht um Eigenverantwortung.