Tauchen, Germany, March 2019

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REISE

OMAN REEF-CHECK-SAFARI

UNTER WISSENSCHAFTLERN E

Oben und rechts: Die Taucher erfassen die Daten entlang einer 100 Meter langen Markierungslinie, die zuvor im Riff verspannt wurde.

ALLE FOTOS: S. MITTMERHAM

Links: Einfacher geht es nicht – von der Expeditionsbasis aus geht es mit einem Schritt vorwärts ins Studiengebiet. Unten: Drei Wimpelfische umschwimmen einen Hartkorallenblock.

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In Oman führen Wissenschaftler zusammen mit Tauchern regelmäßig ReefCheck-Touren durch, um den Zustand der Riffe zu dokumentieren. Sam Mittmerham hat dabei tatkräftig mit angepackt.

s gibt viele Tauchplätze, die unter Wasser atemberaubend sind. So auch vor der Musandam-Halbinsel in Oman: Spektakulär stürzen die Berge senkrecht ins Meer. Die Szenerie erinnert an die norwegischen Fjorde, aber hier es ist heiß und keine Wolke trübt den stahlblauen Himmel. Unsere weiße Dhow durchpflügt das Wasser. Die Berge um uns herum sind hellbraun, karg, unwirtlich und wirken lebensfeindlich. Vögel fliegen hoch oben im Blau, dazwischen nur strahlender Sonnenschein und flimmernde Hitze. Kaum jemand verirrt sich hierher, und eine Woche lang sehen wir keine anderen Taucher. Rudeltauchen: Fehlanzeige. Und während es oben so karg ist, zeigt sich uns unten ein Regenwald der Meere. Korallengärten, so weit das Auge reicht. Bepelzte Schlote, korallige Steile Kalkfelswände formen die Fjorde in Musandam. Geweihe und Gehirne, Langusten, Papagei- und Falterfische, Zackenbarsche und Schnapper. Es ist diese berühmt-berüchtigte Meerenge zwischen andere Welt, die Taucher suchen. Und hier dem Iran und Oman, die den Persischen ist sie fast unberührt, auf alle Fälle aber Golf vom Golf von Oman trennt. exklusiv. Jeder Tauchgang fühlt sich an wie Unsere kleine Gruppe Bürgerwisseneine Entdeckertour. Und so ist es tatsächschaftler springt ins Wasser. Bürgerwissenlich, denn wir erschließen und benennen schaftler? „Citizen scientists auf Englisch“, Tauchplätze, die vorher unbekannt und erklärt unsere Wissenschaftlerin an Bord, unbenannt waren. Dr. Rita Barcessat. „Laien, die wertvolle Daten sammeln. Zwölf Augenpaare, anstatt FÜR DIE WISSENSCHAFT UNTERWEGS nur meines. Zwölf Helfer, die in einer Woche Wir: Das sind zehn Sporttaucher aus ein Gebiet abdecken, für das ich alleine MoDeutschland, Italien, Schottland, Austranate bräuchte. Wenn überhaupt, denn die lien, den USA und der Schweiz. Dazu ein Teilnehmer finanzieren auch durch ihren Expeditionsleiter, ein Wissenschaftler, Expeditionsbeitrag das ganze Projekt erst.“ ein Dhow-Safariboot und die abgelegene Ist das eine dieser „Jeder gewinnt“-SituatiMusandam-Halbinsel an der Norspitze onen? Noch bin ich skeptisch. Dr. Barcessat der arabischen Halbinsel. Wie ein Finger lacht: „Das geht vielen anfangs so. In ein, zeigt sie in die Straße von Hormuz, diese zwei Tagen legt sich das.“

Einen Schritt vorwärts vom Heck der Dhow und man ist mitten im Forschungsgebiet. Das Ehepaar aus den USA legt ein 100-Meter-Maßband entlang des Riffes aus. Die Linie der Wissenschaft, an der sich der Rest der Mannschaft für die nächsten 90 Minuten orientiert, verliert sich im Blaugrün. Hinter dieser Vorhut die deutsch-australischen „Fisch-Buchhalter“. Langsam, ganz langsam tauchen sie das Maßband ab und notieren Papageifische, Zackenbarsche und Schnapper.

ARBEITSTEILUNG Sieben Fischfamilien gilt es zu unterscheiden, deren Vorkommen Rückschlüsse auf Überfischung und Wasserqualität zulässt. Die Einteilung ist tatsächlich grob genug, sodass auch Laien wie ich damit zurechtkommen. Dann die Taucherinnen aus Italien und Schottland. Sie kümmern sich um die Wirbellosen. Kopfüber wird das Riff abgetaucht und in jede Ritze geschaut und werden Seeigel, Langusten und Seesternschnecken akirbisch notiert. Es gibt relativ wenig Langusten. Schlecht, denn ihre Abwesenheit ist ein Fingerzeig für Überfischung. Selbst hier hinterlässt der Mensch Spuren seiner Anwesenheit. Zu guter Letzt dann die „Boden-Leute“. In 50-Zentimeter-Schritten wird die Bodenbeschaffenheit erfasst: Sand, Stein, Hartkoralle, Weichkoralle und Geröll. Manchmal ist es auch grüner Bewuchs: Algen, die ein Übermaß an Nährstoffen anzeigen. Aus allem ergibt sich dann ein Bild über den Gesamtzustand der Riffe und deren Gesundheit. Seit neun Jahren läuft das schon so – jedes Jahr findet eine Expedition statt. Die Ergeb-

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