BIOMIN Journal - Ausgabe 21

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Was stimmt nicht mit meiner Herde?

Endotoxine

Eine praktische Checkliste zur Diagnose von Rinderkrankheiten.

Endotoxine oder Lipopolysaccharide (LPS) bestehen aus einer Fettkomponente (Lipid) und aus einem oder mehreren Mehrfach­zuckern (Polysaccharide). Sie sind strukturelle Bestandteile der Zellwand von gramnegativen Bakterien, wie E. coli und Salmonella. Endotoxine werden beim Absterben oder bei schnellem Wachstum von Bakterien freigesetzt. Ihre Konzentration steigt immer dann an, wenn bestimmte Bedingungen zu vermehrtem Zelltod der Bakterien führen. Häufige Ursachen dafür sind Stresssituationen, wie zum Beispiel die Gabe von antibiotischen Zusätzen (vermehrter Bakterientod) und die subakute Pansenazidose (SARA). Endotoxine können starke Entzündungsreaktionen auslösen, die können sie zu Fieber führen. Lipopolysaccharide binden an Schlüsselrezeptoren vieler Zelltypen, insbesondere aber an Monozyten, dendritische Zellen, Makrophagen und B-Zellen und regen die Sekretion proinflammatorischer Zytokine, sowie Stickoxid und Eicosanoiden an. Interessanterweise reagieren Rinder bei einer Endotoxinverabreichung nicht immer mit Fieber. Das ausbleibende Fieber bedeutet aber nicht, dass keine Endotoxine ausgeschüttet werden und dass diese keine negativen Auswirkungen hätten. Schaden für das Vieh Die Wirkung von Endotoxinen bei Rindern steht in engem Zusammenhang mit Pansenazidose und subakuter Pansenazidose (SARA). SARA ist eine häufige Erkrankung von Mastrindern und laktierendem Milchvieh, die einen hohen Anteil von energiereichem Kraftfutter in der Ration erhalten. Die Vorgänge bei SARA führen im Organismus nicht nur zum Absterben gramnegativer Bakterien, sondern können auch die Durchgängigkeit der Pansenwand herabsetzen. Diese Kombination kann dazu führen, dass Bakterien die Pansenwand passieren und vermehrt Endotoxine resorbiert werden. Attacke auf die Leber Der wahrscheinlich stärkste Effekt der Endotoxine besteht in den Auswirkungen auf die Leber. Die Leber ist jenes Organ, das primär für die Neutralisierung von Toxinen verschiedensten Ursprungs (Pflanzengifte, Mykotoxine, Endotoxine) zuständig ist. Die KupferZellen des Lebergewebes sind spezialisierte Makrophagen, die für die Elimination von Endotoxinen verantwortlich sind. Sie sind auch maßgeblich an der Entstehung der Entzündungsrekation beteiligt. Die Leber ist ein extrem aktives Organ mit zahlreichen Funktionen. Neben der Entgiftung und den Aufgaben der Immunabwehr ist die Leber auch wichtig für die Produktion bzw. Umwandlung und erneute Bereitstellung von Nährstoffen wie Proteinen, Kohlenhydraten und Fetten. Eine gestörte Leberfunktion führt zu reduzierter Verfügbarkeit der Nährstoffe und verringerter Produktion.

Peripartaler Zeitraum Die Kühe befinden sich in einer negativen Energiebilanz mit einem beträchtlichen Bedarf an Glukose, die größtenteils in der Leber produziert wird, sowie Fetten, die über das von der Leber sezernierte very low-density lipoprotein (VLDL) zur Verteilung an die Körpergewebe bereitgestellt werden. Kurz vor dem Abkalben ist oft eine erhöhte Fettakkumulation in der Leber zu beobachten. Dieser Zustand kann zum FettleberSyndrom führen, das mit Leberfunktionsstörungen einschließlich verringerter Glukoseproduktion und nachfolgender Ketose einhergeht. Man hat auch festgestellt, dass Lebern mit erhöhtem

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Tabelle 1. Negative Auswirkungen von Endotoxinen auf Kühe. Verringerte Pansenmotilität im Zusammenhang mit: • Verminderter Faserverdauung • Niedrigerem pH-Wert im Pansen • Erhöhtem Risiko für Labmagenverlagerung Vermehrtes Auftreten von Mastitis, Metritis Allgemeine Immunsuppression Leberfunktionsstörungen im Zusammenhang mit: • Reduzierter Nährstoffverfügbarkeit • Verringerter Milchproduktion Erhöhte Atemfrequenz Quelle: BIOMIN

Tabelle 2. Tipps zur Bekämpfung von Endotoxinen. Verhindern des Absinkens des pH-Wertes im Pansen durch: • Sorgfältige Auswahl der Futterinhaltsstoffe und Rationsgestaltung • Potenzieller Einsatz von Puffersubstanzen Abrupte Umstellung von faserstoffhaltigem Futter auf Kraftfutter vermeiden Verwendung von Futterzusätzen zur Bindung von Endotoxinen und zur Unterstützung der Leberfunktion und des Immunsystems Quelle: BIOMIN

Fettgehalt die Endotoxine weniger effizient aus dem Blut entgiften, sodass es zu höheren Endotoxinkonzentrationen in anderen Körpergeweben kommt. Prävention und mildernde Maßnahmen Produzenten können die Risiken einer Endotoxikose durch entsprechende Managementmaßnahmen und geeignete Futterzusätze reduzieren. Die Endotoxinkonzentration steigt mit gesenktem pH-Wert im Pansen. Durch Aufrechterhaltung eines stabilen pH-Wertes im Pansen mithilfe von Futterzusätzen und dem potenziellen Einsatz von Puffersubstanzen sollte sich dieser Risikofaktor entschärfen lassen. Zusätzlich hat sich gezeigt, dass das Problem mit Lipopolysacchariden besonders massiv auftritt, wenn eine abrupte Umstellung des Futters von faserstoffreichen Rationen auf Kraftfutter erfolgt. Außerdem können bestimmte Produkte, die für die Adsorption von Aflatoxinen und Mutterkornalkaloiden entwickelt wurden, auch Endotoxine binden. Allerdings besitzen nicht alle Produkte eine Affinität für Lipopolysaccharide, sodass man darauf achten sollte, nur jene Produkte zu wählen, die diesbezüglich getestet wurden und nachweislich Endotoxine adsorbieren. Bei gutem Management und einer adäquaten Zusammensetzung der Ration können Ihre Kühe auch kritische Phasen bei guter Gesundheit überstehen.

Um weitere Informationen zu erhalten, besuchen Sie bitte www.mycotoxins.info HAFTUNGSAUSSCHLUSS: Diese Tabelle enthält allgemeine Empfehlungen zu Themen, die Rinder häufi g betreffen und die unter Umständen mit einer Mykotoxinkontamination des Futters in Zusammenhang stehen. Erkrankungen und Probleme von Rindern umfassen die in der Tabelle angegebenen Krankheiten, sind aber nicht auf diese beschränkt. BIOMIN übernimmt keinerlei Verantwortung oder Haftung für Umstände, die sich aus der Verwendung dieser Tabelle oder ihres Inhalts ergeben. Vor der Umsetzung einer der in dieser Tabelle angegebenen Empfehlungen ist tierärztlicher Rat einzuholen.

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