Bioboom 61

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GESPRÄCH

›Meine Filme ergreifen Partei.‹ ? Sie haben 1986 die Dokumentation ›Spaltprozesse‹ über die Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf veröffentlicht. Seitdem sind Sie als kritischer Filmemacher dem Genre Dokumentation treu geblieben. Wie sind Sie auf diesen Weg geraten und warum sind Sie ihn so konsequent weitergegangen? < Was politische und gesellschaftliche Interessen angeht bin ich geprägt von der Aufbruchsstimmung der 68er-Generation. In den 1970er Jahren arbeitete ich im Stadtentwicklungsreferat in München. Wir haben dort Studien erstellt, über Themen wie die Vertreibung alteingesessener Bewohner aus bestimmten Stadtteilen. Und wenn sie fertig waren, dann sind diese Studien in der Schublade verschwunden. Einfach weg. Ich dachte, das kann es nicht sein, ich wollte, dass meine Arbeit etwas bewegt. An der Filmhochschule konnte ich mich ausprobieren und habe dann mit Freunden zusammen DenkMal-Film gegründet. ? Wie finden Sie Ihre Themen und wie finden Sie konkret die Menschen, Orte und Motive, die in Ihren Filmen auftauchen?

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Foto: © Denkmal Film Verhaag GmbH

BERTRAM VERHAAG DOKUMENTIERT DEN WIDERSTAND UNTER ANDEREM GEGEN ATOMKRAFT UND GENTECHNIK. UND ER ZEIGT HAUTNAH MENSCHEN UND GESCHICHTEN, DIE MUT MACHEN.

< Grundsätzlich ist es mir wichtig, dass wir die Themen für unsere Filme unabhängig festlegen und dass wir die Zügel bei der Produktion selber in der Hand haben. Ich habe immer Filme über Themen gemacht, die mich persönlich bewegt haben: Den Widerstand gegen Atomenergie, Gentechnik, Rassismus und für eine gute, nachhaltige Landwirtschaft. Wenn Sie sich damit beschäftigen, dann begegnen Ihnen Menschen, die eine bestimmte Faszination ausstrahlen, die Charisma haben – die stehen dann im Mittelpunkt unserer Filme. ? Sie verzichten in Ihren Filmen weitestgehend auf Kommentare… < …ja, wir lassen die Menschen und die Bilder er-

zählen, aus der Situation heraus. Diese Art des Filmemachens ist zeitaufwändig, aber es lohnt sich. ? Aber auch ohne Kommentar: Mit Ihren Filmen beziehen Sie klar Position, egal, ob gegen etwas, wie zum Beispiel in ›Leben außer Kontrolle‹ gegen Gentechnik, oder für nachhaltige Landwirtschaft wie zum Beispiel in ›Der Bauer, der das Gras wachsen hört‹. < Natürlich. Meine Filme ergreifen Partei. Sie sind subjektiv, ich zeige meine Position und nicht ›die Wahrheit‹.

›Wir lassen die Menschen und die Bilder erzählen.‹

Gespräch


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