Canetti, Veza. Die gelbe Straße (November 2015)

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9. November 2015

Veza Canetti Die gelbe Straße. Roman (Entstehungszeit ca. 1932/33)

Die Autorin Autorin Veza

Canetti

wurde

als

Venetiana

Taubner-Calderon,

Tochter

einer

sephardischen Mutter und eines ungarisch-jüdischen Vaters in Wien geboren. Nach

dem

Ersten

Weltkrieg

war

die

hoch

begabte,

aber

durch

eine

Körperbehinderung (ihr fehlte von Geburt an der linke Unterarm) beeinträchtigte Literaturkennerin zunächst als Englischlehrerin tätig. 1924 begegnete sie Elias Canetti, den sie 1934 heiratete. Sie gehörte zum engeren Kreis um Karl Kraus, stand aber gleichzeitig dem Austromarxismus nahe. Angeblich animierte Elias Canetti sie zum Schreiben, tat später aber nichts für die Veröffentlichung ihres Werks. In der Wiener ArbeiterZeitung erschien im November 1933 ihre Erzählung Der Kanal in drei Fortsetzungen. Veza Canetti publizierte im Malik-Verlag und in Exilzeitschriften unter den Pseudonymen Veronika Knecht, Martha Murner, Martina Murner und Veza Magd. Ihre eigenen Romane fanden zu ihren Lebzeiten keinen Verleger; einige Manuskripte hat sie zerstört. Der erhaltene Roman Die Schildkröten ist autobiographisch geprägt und verarbeitet ihre Flucht nach England. Über Jahrzehnte hinweg war sie die literarische Ratgeberin ihres Mannes, dessen Werke sie im Exil lektorierte. Das Verhältnis Vezas zu ihrem erst nach ihrem Tod berühmt gewordenen Mann gilt als ein schwieriges, eventuell wegen seiner häufigen und intensiven Beziehungen zu anderen Frauen.

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Veza Canetti starb 1963 im Exil in London, wo sie und ihr Mann seit 1938 lebten. Gerüchte, denen zufolge sie Selbstmord begangen hat, beruhen nicht auf Tatsachen. Sie wollte nach 1945 auf keinen Fall nach Wien zurück, denn dort würden die Nazis „bald alle jüdische Pässe haben“, so urteilte sie über ihre Landsleute. Erzählungen und Stücke

Werke -

Neuausgaben im Carl Hanser, München • Die gelbe Straße. Roman, 1990. • Der Oger. Ein Stück, 1991. • Geduld bringt Rosen, 1992. • Die Schildkröten. Roman, 1999. • Der Fund. Erzählungen und Stücke, 2001.

-

Mit Elias Canetti: Briefe an Georges. Hanser, München, 2006

Quelle: Wikipedia

Zum Roman Roman Der Roman wurde erst 1990 publiziert. Bis dahin hatte man kaum zur Kenntnis genommen, dass die Frau von Elias Canetti selber Schriftstellerin war. Die Wiener "Arbeiter-Zeitung" veröffentlichte 1932/33 zwei Erzählungen, die später in den Roman eingebunden wurden. Er besteht aus fünf fast unabhängigen, aber doch durch bestimmte wiederkehrende Personen verbundenen Geschichten. Er montiert Porträts und Episoden um Personen mittlerer bis niedriger sozialer Herkunft, die alle in Wien, in der Gelben Straße wohnen. Vorbild war die Ferdinandstraße in der östlich der Donau gelegenen Leopoldstadt, die Veza Canetti gut kannte. Es war ein Handels- und Gewerbeviertel, in dem sich viele Juden und Lederhändler niedergelassen hatten. Zu den Figuren des Romans gehören die verkrüppelte Frieda Runkel, Besitzerin eines Seifenladens und des gegenüberliegenden Tabakladens (die Trafik); der pedantische Pilatus Vlk aus Iglau (Mähren); der seine Frau misshandelnde Herr Iger und seine allzu gefügige Frau Maja; die aufrichtige Andrea Sandoval, die ihre Familie als Kaffeehauspianistin über Wasser hält, und ihre schöne Tochter Diana, eine Bildhauerin; das Mädchen Hedi mit seinem großen Hund Grimm, der die Banknoten, mit denen das Kind arglos spielt, vor den gierigen Nachbarn bewacht, und der kriminelle Bankier Schleier.

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Seiner Frau sei es stets um "wirkliche", selbst erlebte Dinge gegangen, und doch wirken ihre Figuren, "als wären sie erfunden", hat Elias Canetti bemerkt. Tatsächlich

hat

man

einerseits

den

Eindruck

von

einer

detailgetreuen

realistischen Schilderung der Umgebung und Charakterisierung der Personen, andererseits schafft die Erzählerin durch einen sarkastischen oder spöttischen Ton Distanz. Veza Canetti wird deshalb häufig in die Nähe der Neuen Sachlichkeit gerückt. Erläuterung: Der für die Hátvany so komisch zu ihrem Namen passende charakteristische Ausruf „hát“ bedeutet im Ungarischen „also“, „denn“, aber auch Buckel.

Worüber wir sprechen könnten •

Welche Geschichten haben euch am meisten beeindruckt ? Warum?

Sympathische und unsympathische Figuren.

Frauen mit Macht und entmachtete Frauen

das Österreichische in der Sprache, z. B. S. 146, und sonstige sprachliche Merkmale

Die

Wie werden die Geschichten miteinander verbunden?

Die „Rahmenhandlung“

die Straße als Abbild einer Gesellschaft

Anzeichen eine sozialen Krise

Sozialkritische Elemente Farbe

"Gelb"

wird

generell

assoziiert

mit

der

Sonne,

den

ersten

Frühlingsblumen, mit Freude und Aufbruch, aber auch mit Eifersucht, Neid, Misslaunigkeit und Misanthropie. Suchen Sie Beispiele. Welche Assoziationen weckt die Farbe Gelb noch?

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“Lectures paral·les •

Karl Kraus: Sittlichkeit und Kriminalität (1908). Online http://www.textlog.de/kraus-sittlichkeit.html oder http://gutenberg.spiegel.de/buch/-4689/1

Elias Canetti: Der Ohrenzeuge. Fünfzig Charaktere. (Fischer Verlag)

John Steinbeck: Cannery Row (Straße der Ölsaardinen), 1945.

Upton Sinclair: The Jungle (1906) (dt. Der Dschungel 1906, Neuübersetzung 1974)

Viel Spaß beim Lesen! Claudia Kalász

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