LIFE BETWEEN WALLS

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eikeiten   li  

er Ablass erhöht sich zum ersten des Monats um zehen Gul-

I) Ablass muss jeder Bürger vollbringen, der dieses Land bewohnt. Auch

den für alle Bürger. Beiwohner ohne eigenes Gut zahlen fünf Gulden.

Zöglinge müssen diesen Zahlungen nachkommen. Im Alter werde

Die Erhöhung kommt der Ausweitung des Kanalsystems und der

keine Unterscheidung gemacht.

Bereynigung der Brunnen vor den Stadtmauern zugute. II) Die allgemeinen Unterhaltungsabgaben, die seit letztem Monat Die bisherigen Foltern und Hinrichtungen durch bezahlte Henker

für jeden Haushalt eingeführt wurden, sind unumgänglich, selbst bei

werden abgeschafft, da die Löhne seit des Dilemmas mit Henker Mel-

Nichtwahrnehmung einer etwaigen Unterhaltung. Nicht gezahlte

chior nicht mehr getragen werden können. Es muss ein Schichtsystem

Beiträge werden mit französischen Daumenschrauben geahndet.

gefunden werden. Geplant ist die Einteilung in vier Schichten zu je

Fernere Zuwiderhandlungen mit dem Pilzpendel.

sechseinhalb Stunden. Die halbe Stunde soll der Ablösung dienen. Es wird geordert, dass sich Bürger und Beiwohner bis Ende des Monats zur

III) Eine Trauerfeier für Pastor Michel wird es auch nach dem dritten

Schichteinteilung melden. Zweimal im Monat muss jeder männliche

Antrag nicht geben. Analwirtschaften sind keine bloßen Kavaliers-

Bewohner älter als zwölf Jahre zum Einsatz bereit sein. Wer sich vor

delikte. Ehrungen dieser Größenordnung werden nur edlen Bürgern

diesem Einsatz drücken möchte, hat auch die Möglichkeit, im nächsten

zugesichert.

Monat aktiv bei der Brunnenreinigung mitzuarbeiten. Meldung bitte ebenfalls im Rathaus.

IV) Der Wagen von Mutter Courage wird mit Bürgergeldern wieder in Stand gesetzt. Junge Weiber sollen sich bis zur nächsten Sonntags-

Zu den Ordnungspunkten, die in der letzten Bürgerversammlung vorgebracht wurden, sei Folgendes vermerkt:

predigt für den Hauswasch-Spendenaufruf melden. V) Malerei mit Vanitas-Motiven ist von nun an verboten. Handwerker, die beim Ausgraben alter Schädel, Abbrennen wertvoller Kerzen oder Umstoßen der Krüge beobachtet werden, erwarten den Wasserstuhl.


Der neuartige und obdrein flächendeckende Pilzbefall unserer

IX) Die Pilzflut unzähliger neuer Arten gibt Anlass für variantenreichste

Felder und Gemäuer hat in den letzten Wochen schauerliche Ausmaße

Versuchsanordnungen. Nach bedauerlichen Fehlgeburten linderte eine

angenommen. Große Vorsicht sei geboten, ob der vielen unbekannten

geringe Zugabe des Mutterkornes im Kindsbette die peinlich Qualen

Wuchsformen, deren Auswirkungen auf Leyb und Seel längst nicht

eines engen Geburtskanales. Das Weibe entschlummer in ein köstlich

untersuchet wurden.

Traum, während der Spross unbeschwert ins Leben gleite.

VI) Jeder Bürger und Beiwohner habe die Pflicht, weiß-gelbe Flechten im Inneren oder Äußeren der Gebäude zu melden. Letzten Monat ist der älteste und reichste Fachwerkbau eingestürzt. Ob Ursachen natürlicher Geschehnisse oder der Mond als Schuldiger beklagt werden kann, ist noch unklar. Das trockene Holz zerfiel in rotbraune, würfelige Stückchen gepaart mit einem gelbbraunen, welligen Fruchtkörper. Der Zerfall hinterlässt eine bedauerliche Lücke im Bilde unserer Stadt. VII) Ein Hinweis vom Leybarzte des Täufers: Wenn die Geschlechtsfäule lange Fäden ziehe, so ist sie womöglich vom Furchenschwamm befallen. Zur Abhilfe erweichen heiße Schwefelbäder dies eigenartig Gewächs, so dass es in Krusten hernach vom Hoden und Afterballen abfalle. Das nekröse Geweb darunter salbe man mit Arnika und Kamille, um alsbald des Beyschlafs erneut bemächtigt zu werden. VIII) Auch Erfreuliches gibt es zu berichten: Fürst Cunradt lädt zum alljährlichen Lebensfeste ein: Für ihn serviert wird abermals die Knolle des Lackporlings, die euphorisierende Wirkungen im Gliede zeigt und auf den Haushalt des Bluthes regulierend wirke.




Chronik des Lndlich Grafschafters 

würden Gemächern abgespielet.

nunher ein Appell ausgerichtet:

ie dem höfischen Schreyberling zugetragen wurd, haben sich

in der Nacht auf den siebenten Märzen eigenartige Spuke in Euer hochDes Nachtens tat es den Berichten uns‘rer Majestät daselbst mehrere dumpfe Töne aus dem Nichts, gefolget von etwas Hellem, das sich einer nachträglich Beschreibung entziehe. Einen unbestimmten

s betrübet unser Volke zutiefst, einen ehrbaren Anführer in

Lebensgefahr zu wägen müssen. An die klügsten Männer des Landes sei

indet Euch alsbald in der wissenschaftlich Stub des Nathurhauses

ein und nehmet klinisch Geschirr mit, sei es ein schnittig Messer um ins

Momente lang war alles pelzig. Flauschig Überzug fand sich darob an

Innere der Krankheit zu dringen, sei es ein Augenglas, um die feinsten

allem, was in Bodennähe weilte. Selbst der Königlichkeit Füßen wurd

Strukturen dieser Seuch zu schauen, oder ein Pinzettchen zur Extrahie-

befallen. Nachfolgend Untersuchungen zeigten ein eigenartig Geflecht,

rung der wurmartig Fäden.

weich und rissfest in biologischer Nathur. Anfängliche Versuche, Hochwürden Füße mit herkömmlichen Schabern des dunkel Gewächses zu entledigen, schienen fruchtbar. Doch wenig Stunden darauf bildeten

och nicht nur den erlesensten Herren gelte dieser Aufruf! Auch

das einfache Volk müsse nun nicht zierlich sein und beherzet sich dem

Strukturen der feinsten Härchen sich zurück und erfassten zuvorderst

Gräuel stellen. Wer den pilzartigen Wuchs in eigen Gemächern finde,

Schienenbein, dann gesamth Unterleyb unser durchlaucht Oberhaupth.

der habe die Pflicht, einer Untersuchung mit anschließender Ausrot-

Begleitende Schmerzen wurd attestiert von höllentlich Qualen, dass es

tung jener bedrohlich Ausgeburt des Teufels beizuwohnen.

bald still um Majestäten Augen ward.

n Zeiten als solch ist es nun an einem jeden, sich mit vereintem

Muthe aufzuwehren. Lasset uns zu Brüdern im Kampfe werden gegen dies tödlich Geflecht. Burg Arnolfingen, Anno 1044 A. D.



esthaseoiren 

ollte man dem Zwangseinsatz als Henker entgehen, musste man

in den Brunnen hinab. Die schlickigen Wände abwaschen. Ein furchtbares Gefühl, als es auf einmal in diesen finsteren Tunnel ging und das Himmelsloch oben stets kleiner und kleiner ward. Die längsten Seile wurden geholt, um mich bis zum Wasser zu lassen. Irgendetwas fühlte sich plötzlich krümelig an. Furchtbar schwer ward auch das Atmen. Keine Luft da unten, oben ging wohl das Feuer aus, das für die Luftzirkulation zuständig war. Wieso aber dieses Kribbeln... Kleine

algige Kugeln? Hier unten? Das Grundwasser sollte rein sein! Die zwohundert Meter Brunnengrabung müssen sich gelohnt haben. Nicht auszudenken, wenn das Wasser nun gekippt sei. Dann könne das ganze Dorf umziehen... Mein Großvater setzte oben vor Jahrzehnten den ersten Spatenstich. Und nun strampelte ich hier unten mit dem Gefühl, dass diese Fadenkugeln in mich hinein wollen. Überall drückte es auf der Haut. Vielleicht hätte man das Geflecht oben am Burggraben ernster nehmen müssen. Aber der Marschall hatte ja nur gelacht über die weißlich grünen Flechten. Die kämen nur vom Tau hier oben. Im Granit des Felsens taten sich derzeit kleine Kammern auf. Man blickte nur mit langen, dünnen Spiegeln hinein. Da sah man erst nicht viel, aber dann wurde das Sonnenlicht auch in die kleinen Risse im Stein geführt, worauf es auf einmal doch allen ganz bange ward. Und einer musste hinuntersteigen, um nach dem Rechten zu sehen.


Natürlich war es dann doch ich! An den stinkenden Steinen

In den dunklen Winkeln des Heymes blitzten einem verworrene

hinab, wo immer so viel weicher Belag bei abging. Viel zu schnell ließen

Augenpaare nach, überall griffen knöcherne Hände nach meinen

sie mich hinunter mit Fäusten voll Klär. Ich zog am Seil, schwindlig

krummen Krücken, welche ich kaum noch packen konnte.

im Kopfe. Das Zeichen für den Abbruch. Ich konnte nicht mehr, also

Da sollte ich gesunden! Seit ich aus dem Brunnen gebor-

dreimal kurz. Beim dritten Male kein Widerstand? Dann ein Zischen

gen wurd, gliche mein Zustand den Auffälligkeiten der Leidenden am

und kurz nichts. Plötzlich peitschte mir das Seil ins Gesicht. Es ward

Antoniusfeuer, so meinten die Herren. Als Gefahrenquell dürfe ich

nun alles weicher und dumpfer. Man musste auch plötzlich nicht mehr

nicht mehr das Pesthaus verlassen, doch hatte ich ohnhin keine Füß

atmen. Und dann nur noch die kleinen Kügelchen, diesmal jedoch nicht

mehr, die mich hätten hinaustragen können. An den Knöcheln hielten

mehr außerhalb des Körpers.

feste Stricke mein Blut in den Stümpfen, alles ganz blau und pochend.

Als ich erwachte, hatte man mich in ein Pesthaus getan. Das baumdicke, schimmelige Gemäuer platzte vor Siechthum und

Und überdies brannten nun die Hände ganz scheußlich und zeigten hie und da das blendend Weiß der Knochen.

Weheklagen. Weiber, die ihre gangränösen Embryos auf die kalten

Bei meiner Einlieferung hatte man mir in Rachen und After

Fliesen pressten, zwischen faulem Zahn und von Syphilis puckernden

geschaut. Es sei Ungeheuerliches dort drinnen gewesen, vom Erschei-

Gesichtern. wDie schwarze Seuche floss hier den Leuten aus allerlei

nungsbilde den teuflischen Auswachsungen des Mutterkornes ähnlich.

Öffnungen, alsbald freudig begrüßt durch kleines Getier und Krabbel-

Nun jucket‘s mich im Bauche und ich kratze und kratze seit Tagen über

zeug, das in ebenjenen feuchten Spalten verschwand. Schauderhafte

das wunde Fleisch. Mit dem scharfkantig Knochen aus dem Zeygefinger

Töne erfüllten die Zellen und Gänge. Ob vor Kummer geklagt wurd,

öffnete ich heut versehentlich ein Bläschen unter der Brust. Und es kam

oder im fiebrigen Wahne gelacht, war bald nicht mehr zu trennen. Die

ein furchtbar Fadengeflechte mir entgegen, von säuerlichem Gestank.

klein und groß Toylette verrichtete man in einer eigen Kammer, in der gleichwohl dutzend Leut im Drecke schliefen, zu schwach, den Raum je wieder zu verlassen. Ältere Männer trieben mit den Erschöpften und Verkrüppelten den Beyschlaf, ohne diese dabei sichtlich zu erwecken.

Da wusste ich, dies sei der letzte Tag im Hause.


er nteran des rotes 

chwarze Wesen bevölkern unser fein Getreide, ohne Rücksicht auf

Mägde, man fand Euch neue Nahrung für Eure Lieben. Nun habet keine

des Schöpfers Seele. Die schwarze Plag ruinierte tausend des Lebens. Ganze

Angst, seied ehrfürchtig, doch erfindungsfreudig, probieret verführerische

Dörfer wurden ausgelöscht. Der Tod der Verfluchten ebenso unausweich-

Küchenrezepte. Bloß Vorsicht bei der Wahl der Früchte, die ihr serviert.

lich, dennoch müheselig und langwierig. Für die Überlebenden jedoch

Schauet euch folgend Bilder gut an. Präget sie in Euer Köpfchen ein und

Fluch und Segen zugleich: Tausende Leichen zum Unterbringen und ganze

pflücket nichts Unbekanntes im tiefen Wald. Nur wenn die Säue Euch direkt

Bäume, die im Feuer zergingen. Der Glaube der Angehörigen, dies abartig

hinführen, habet ihr eine edle Speis gefunden.

Geschehnis sei Gottes Wirken, ward auf eine harte Prob gestellt, bis sich die

Im Rathaus gibt es dutzend Kochanleitungen mit dieser eigenartig Ent-

Vorteile weniger zu füllender Mäuler allmählich zu zeigen begann. Mehr

deckung, die all unser Leben retten vermag.

Platz in jenen verengten Stadtzentren für die Überlebenden. Neuer Lebens-

Neben Pilzen konnten die Intelligenten zudem weitere Nahrungsmittel

raum ward dank des Mutterkorns frei, Städte konnten neu besiedelt werden,

ausfindig machen. Nicht zu unterschätzen sei ferner das Bier, welches

Wasser für alle. Aber gleichwohl schwere Hungersnot allerorts. Kein Brot,

bisher den Klöstern vorbehalten war. Drastische Situationen erfordern

kein Reis, keine Nahrung.

drastische Handlungen. So beschloss der Franziskanerorden, allen Männern

Ersatz sollte gefunden werden. Glücklicherweise wurden einige

und Kindern das Bier frei zugänglich zu machen, da der ehrenwert Hopfen

der hellsten Köpfe weder vom bösen Korn, noch schwarzen Tod hinfort

nicht von der schwarzen Plag befallen wurd.

genommen. Tag- und wochenlang suchten und prüften sie all nur erdenk-

Für zweien Gulden das Fass können jene nun das köstlich Gold genießen.

lich Lebensmittel. Dies kostete ebenfalls viele Leben, doch dafür kann nun

Äußerst nahrhaft und sättigend ist das Bier die wunderbar Antwort auf

die Bevölkerung getrost essen, was versucht und für gut befunden ward.

knurrende Mägen und macht die Menschen zudem lustiger im tristen All-

Einen neuen Freund haben die Scharfsinnigen in Pilzfrüchten gefunden.

tag. Dem weiblich Geschlechte ist das Kloster und somit der Bierkonsum

Im dunklen Dickicht auf hellem Moos wachsen Kuppeln auf dünnen Stilen

vorenthalten. Für die Weiber musste aber auch eine Möglichkeit gefunden

- die meisten tödlich - viele aber essbar und äußerst schmackhaft, wenn

werden, sie des Lebens zu erhalten, und selbst solch Großtat gelang den

richtig angerichtet. Große Massen weniger Arten können angebaut werden

edlen Herren:

und schnell wachsend sind sie zudem.

Ein Getränk mit Bodenfrüchten helfe ihnen, den Tag mit seinen mannig-


faltig Aufgaben als Weibe durchzustehen: Fünf Minuten ziehend, hat der Tee eine feine, doch herbe Note und ist ebenfalls sättigend. Wenn gekocht, bleibt das Getränk keimfrei und ist noch empfehlenswerter, als das hiesig ansässige Wasser. Herzlich Dank sei an dieser Stelle für des anmutig Ersatzes an die feinsten Meister ihres Faches entrichtet. Im Gedenken an zahlreich Leben, die für die Findung andersartiger Nahrung gelassen werden mussten. Möget ihr all in Gottes Garten ein seelig Frieden. finden.



as ilendel erde ei folend issetaten einesett a) Geschlechtlich Verkehr mit schimmelkranken Dirnen b) Ernstliche Verunreynigungen des Grundwassers c) Veräppelung ADHS-beeinträchtigt Nachwuchses unten rechts: Pilzbrand nach 2. Behandlung mit dem Pendel


es enkers ehelied 

ure Vorschläge für das Maß und die Art der Folterungen sind äußerst vielfältig.

Der König bedankt sich für die Ideen und ist stolz auf sein Volk. Da die Schwelle der Grausamkeiten oft aber überschritten werde, möchten wir an dieser Stelle zu Mitleid und Tugendhaftigkeit aufrufen.

Gedenket denen, welche vom rechten Weg abkommen und lasset uns für diese singen:

Henkers Wehelied (es werd begleitet von Laute, Trumscheit und Dorftrommel) Wer riechet nun den pilz‘gen Duft Und kriechet zum Schafott Der wisse dass sein Leben nun Sanft wandre in die Gruft Doch möcht ich nicht an Seiner sein Es wär mir gar ein Graus Die kühnsten Foltern dachten sich Die Dorfbewohner aus In den Brunnen, auf das Rad Gehangen zwischen Wölf Die Beine ab und Schellen dran Zuletzt ins Feuerbad


Den Dorn ins Aug, geblendet schon

Die Zwingen zu, die Schrauben dicht

Vor Lastern ist er blind

Es knacket hell Gebein

Die Schrei sind ach so schauerlich

Was sind das nur für Würmer dort

Wie einst als kleines Kind

Es müsset Finger sein!

Ich tu ihm weh, es würget mich

Nun wird es stad, das Auge trüb

Die Därme strecken sich

Der Körper ist ganz leer

Die Winde kämpft, ich dreh stets fort

Das Üble konnt entweichen wohl

Bis därmelos er ist

Ist‘s nun ein besser Mensch?

Doch muss dies sein, ist‘s Gottes Will

Ich wünscht, ich möcht kein Henker sein

Dem ich hier Folge leist?

Mit Messer, Schere, Beil

Gar sonderbar die Qual, die Pein

Tu Martern meinen Nachbarn an

Zitternd lischt der Geist

Und kümmerlich Unheil

Und nun, gib Acht, das Pendel naht

Drum folge stets der Tugend Kind

Es schwingt so schnell der Pilz

Und denke immer dran

Die Sporen streifen jetzt den Bauch! Und reißet raus die Milz

Den Pilz zu meiden, gilt es hier Die Hölle käm geschwind


Fruchtf채ule verursachte Hungersleyden von 1045 A. D.



Lasst uns Hybride werden! A

ls eine Symbiose aus Mensch, Tier und Pflanze sind diese neuartigen

wollen, müssen wir in der Vergangenheit den Gencode dieser Lebewesen

Hybride intelligenter, leistungsstärker und anpassungsfähiger als alle ande-

verändern und Pilzrezeptoren einschleusen.

ren Lebewesen.

Doch wo bleiben wir in diesem Szenario? Wir sind weder Mensch, noch

dass es auch in unserem Jahr 3004 keine Zeitmaschinen gibt. Aber den

Tier, noch Pflanze, und die Evolution scheint uns hinterhältig übergangen

Wenigsten von uns scheint klar zu sein, einem Myzel anzugehören, welches

zu haben! Doch dürfen wir die Hoffnung auf die nächsthöhere Entwick-

derart alt und lang ist, dass es bis ins Jahr 989 nach Christus zurückreicht.

lungsstufe nicht aufgeben. Um auch jetzt noch Anteil an dieser Hybridi-

Wenn wir uns nun also konzentriert Strategien überlegen, wie wir mit die-

sierung zu haben, müssen wir sämtliche anderen Organismen für eine

sem alten Wurzelgeflecht die mittelalterliche Flora und Fauna modifizieren

Fusion mit Pilzzellen vorbereiten. Und wenn wir heute davon profitieren

können, müsste meiner Theorie zufolge über 2000 Jahre später – sprich

Nein, ich bin nicht von Sinnen. Mir ist durchaus bewusst,

jetzt – eine Hybridisierung zwischen Mensch, Pflanze, Tier und Pilz durchführbar sein! Dass es sich bei meinen Plänen nicht um verworrene Fantasien handelt, soll Folgendes belegen: Zusammen mit einem ausgewählten Geflecht führe ich seit einiger Zeit intensive Versuche durch, die allesamt äußerst fruchtbar scheinen! So lassen wir gerade im Jahr 930 nach Christus unser Myzel in die Kadaver kleinerer Nage- und Säugetiere wachsen, welche in großer Zahl auf Waldböden zu finden sind. Im Inneren dieser Geschöpfe reifen dadurch kleine Fruchtkörper,


die von den Insekten aufgenommen werden. Vom Körper dieser kleinen

unseres breit angelegten Plans sollte es doch außerdem möglich sein,

Krabbler ist es dann nicht mehr weit zum Verdauungstrakt eines Vogels.

unsere Fruchtkörper selbst derart schmackhaft wachsen zu lassen, dass sie

Dessen Ausscheidungen wiederum landen auf Wiesen und Feldern, auf

als genießbares Nahrungsmittel für den Menschen in Frage kommen. Dies

denen Wiederkäuer weiden. So gelangen unsere Sporen in die Mägen der

wäre natürlich der direkteste, weil konzentrierteste Zugang.

Rinder, welche als regelmäßige Nahrungsquelle der Menschen dienen.

Für ein Unterfangen dieser Größenordnung sind nun alle Pilze unserer Art

Ihr seht, es bedarf also eines geringen Aufwands, um diesen Kreislauf

gefragt!

zu infiltrieren und um letztendlich in den Großteil der für uns relevanten

Daher mein Appell an einen jeden: Benutzt die alten Wurzelenden! Greift

Biomasse einzudringen.

in den Alltag des dunklen Mittelalters ein, damit wir auch im dritten Jahrtausend noch von den Auswirkungen einer besseren Vergangenheit profitieren

Leider stellte sich heraus, dass die Gensequenz des Menschen gegen

und bei der Verbindung aller Lebewesen partizipieren können.

äußere Eingriffe extrem geschützt ist. Hier müssen demnach andere Mecha-

Auf der kommenden Doppelseite berichte ich eingehend über meine ersten

nismen ans Ziel führen.

Experimente, Erkenntnisse und Vermutungen.

Momentan bemühen wir uns, Stützbalken und Kalkwände der menschlichen Unterkünfte zu besiedeln. Die feuchtwarme Atmosphäre, die in den Schlafstätten während der humanen Brunftzeit unser Zellwachstum ungemein begünstigt, macht eine konstante Besporung ihrer Lungen möglich. Wenn wir diese simple Praxis über Jahrhunderte aufrecht erhalten können, dürften wir meinen Prognosen zufolge die gewünschten Erbgutsmutationen im menschlichen Organismus hervorrufen. Zusätzlich war es bisher möglich, mich am Herstellungsprozess vergorener Getränke zu beteiligen. Eine allseitige Durchdringung der humanen Lebenswelt klappt aber erst dann, wenn es uns mit vereinten Kräften gelänge, auch feste Nahrungsmittel zu bevölkern. Mir schwebt zum Beispiel ein Befall ihrer Getreidefelder vor, um ins Brot zu gelangen. Als letzte Instanz


Am Anfang ein Faden

Plötzlich wird gegraben, Netzwerke werden zerrissen, meine Fruchtkörper von knöchernen Händen abgepflückt. Der Mensch entwickelte sich schneller

M

als befürchtet. Ich duldete ihn lange, tat ich ihn zu Beginn als biologisches

gehören unzählige Andere. Ganz viele, die ihre Härchen ausstrecken und

Noch vor vielen Jahren begannen wir seine Verwandtschaft mit den Pflan-

diese an fremden Wurzeln entlang wachsen lassen. Die sich lautlos im

zen anzuzweifeln. Dann aber wurden scheinbar routinierte Verhaltensmuster

Dunkel unterhalten. Ganz viele, die alle das Gleiche wollen, und sie alle

bemerkt, die sich mehr ins Tierreich einordnen ließen und die Pflanzen-

bin ich. Die Gemeinschaft stärkt mich. Ein Geflecht, dessen Größe man

theorie ausschlossen. Trotz des Mutterkorns, welches dafür sorgte, dass

nicht bestimmen kann, aber ich fühle mich gigantisch groß. Überall bin

der Verzehr unserer überirdischen Früchte stark zunahm, haben wir immer

ich! Auf mein ausgefeiltes System, bis in den letzten Winkel des Erdreichs

noch keine Lösung gefunden, in die humane Psyche einzugreifen... Sehr

vorzudringen, bin ich stolz.

merkwürdig. Die bisherigen Mechanismen, mit denen ich mir sonst fremdes

ehr sein als man selbst. Das ist ein Konzept, das aufgeht. Zu mir

Habe ich an einem Ende Hunger, sauge ich manchmal am anderen Ende Nährstoffe. Gibt die Erde nichts her, werden Bäume angezapft

Nischenprodukt ab. Nun aber zwingt er mich, anstrengende Strategien zu entwickeln, damit ich mich mit ihm verbinden kann.

Bewusstsein einverleibe, funktionieren wohl beim Menschen nicht. Ich muss in Zukunft noch trickreicher vorgehen.

und ich dringe in Maulwürfe ein. Dann schicke ich lange, zarte Fäden

Ich meine, eine starke Abhängigkeit von Wasser erkannt zu haben.

durch After und Augen in Lungen und Mägen ganzer Biberfamilien. Neue

Überall, wo mir der Mensch zu nahe kommt, da gräbt er sich auch zum

Organismen haben immer ihren eigenen Geschmack. Waren diese vielen

Wasser vor. Selbst in den Gebieten, in denen das Grundwasser durch

Drüsen anfangs noch bitter, so habe ich sie mittlerweile zu schätzen gelernt.

massive Quarz- und Feldspatschichten geschützt ist, hackt er und hackt er,

Die Welt ist mein Freund geworden. Denn wo ich sie berühre und mit hellen

bis Röhren da sind. Handelt es sich um plumpe Verbindungen, um die

Flechten überziehe, da wird alles zu mir. Alles bin ich. Alles arbeitet zu-

Individuen an der Oberfläche zu versorgen?

sammen, um mich irgendwann großflächig sprießen zu lassen. Und wenn

Ich quetsche mich durch Haarrisse im Granit und sende seit einigen Wochen

es nichts mehr gibt, was nicht ich ist, werde ich ganz ruhig und friedlich.

die elegantesten Fäden aus, um ebenfalls ans Grundwasser zu kommen.

Dann bin ich frei vom Kampf. Alles Externe verschwindet, denn ich bin alles

Nicht um zu trinken. Ich überlege, ob meine Sporen über die menschliche

Externe. Das Äußere kehrt sich nach innen zu mir hinein und es ist schön.

Wasseraufnahme leichter in dessen innere Biomasse vordringen können.

Aber irgendwann kommt immer der Tag an dem mein Ich wieder ein Du

Diese Organismen scheinen dezentral organisiert zu sein. Eine äußerliche

bekommt, und dann sind da viele Andere, die noch nicht zu mir gehören.

Besiedelung von Füßen und Dekolleté brachte minimale Verhaltensabwei-


chungen. Ich spürte, dass sie nicht zu einem Teil meiner Selbst wurden.

doch möglich sein, diese Kreaturen bis zur Übernahme reizlos zu lassen!

Es muss also über das Innere erfolgen. Vielleicht gibt es im Menschen eine

In letzter Zeit habe ich feststellen müssen, dass Ableger meines Myzels

Art Nervennetzwerk, welches im Falle einer Übernahme den Verlust des

von den Menschen für eigenartige Praktiken missbraucht werden. Es wirkt

eigenen Willens mit sich zöge und auf mich übertrüge?

beinahe so, als sei ich eine Art Strafe für unrechtes Verhalten. Meine Frucht-

Vielleicht sollte ich es überall sprießen lassen im Körper. Ich muss wohl sein Fleisch von innen heraus mit weißen Fäden zersetzen, bis der

körper, die schwingend über nackte Bäuche kreisen, hinterlassen mit ihren Sporen klaffendes Fleisch und glitzernde Blasen.

Flaum aus den Hautporen bricht und die Oberfläche überzieht. Und

Wieso aber geht eine Spezies innerhalb ihrer Selbst schädlich mit

dann sauge ich seine Nährstoffe aus dem Darm, um mein Wachstum zu

den Mitgliedern um? Es wirkt unintuitiv, die eigene Biostruktur zu verletzen,

beschleunigen. Wo es feucht und matschig ist im Körper, da will ich hinein-

anstelle sich zusammenzuschließen und andere Organismen entwicklungs-

wachsen und wuchern. Die Speiseröhre entlang, immer weiter nach oben.

fördernd zu übernehmen.

Da wo es enger wird, bin ich auf dem richtigen Weg. Es schmeckt salzig,

Ich werde zu folgender Behauptung gedrängt: Die Spezies Mensch

weil der Mensch etwas Salziges gegessen hat. Das muss der Kopf sein?

hat selbst-destruktive Tendenzen, die einer positiven Ausbreitung entgegen-

Nun kann es nicht mehr allzu weit sein. Ich spüre, dass sich hinter dieser

wirken. Umso wichtiger nun, in ihren mentalen Apparat einzusteigen. Es

Knochenplatte das Ziel befinden muss. Doch dort einzudringen, scheint

gilt jetzt, mit allen Mitteln einzudringen und zu lernen. Es wäre ja zum Vor-

hoffnungslos. Zu gut ist hier das Wichtigste im Körper geschützt. Aber es

teil aller. Wer zu mir wird, lebt in einem wohltemperierten, ausgeklügelten

muss zumindest versucht werden. Eventuell kann ich ihn durch Lähmung der

System und muss irgendwann auch nicht mehr reflektieren. Denn es gibt

Füße zu Fall bringen, sodass ein Loch in der Knochenhülle im Kopf entsteht.

dann niemanden mehr, der von außen reflektieren könnte. Denn alles

Der Mensch muss endlich auf die Hybridisierung vorbereitet werden.

Äußere wird zu einem einzigen Inneren.

Ich starte den letzten Versuch. Langsam gebe ich die Hoffnung

Doch bis es soweit ist, muss ich eine zügigere, flächendeckende Be-

jedoch auf, in die menschliche Genstruktur einzugreifen. Es ist etwas an

siedelung sicherstellen. Für die Verbreitung ist die Mobilität des Menschen

ihnen, das zutiefst unpassend für meine Sporen ist. Woher kommt diese

im Prinzip auch nicht zu unterschätzen. Wenn von ihnen genug meine

natürliche Fähigkeit, sich einer Einverleibung zu entziehen? Es muss ihr Ver-

Sporensequenz in den Genen tragen, würden meine Pilzfrüchte irgendwann

mögen sein, aus dem Leben zu scheiden, sobald ich ihrem innersten Kern

alles durchdringen, was lebt. Und dann ist die Verbindung von Mensch,

nahe komme. Kaum nehme ich Kontakt auf, lassen sie ihre Haut reagieren.

Pflanze, Tier und Pilz endlich vollkommen. Das Erreichen dieses letzten

Soll das feuerrote Aufglühen der Pusteln und Ekzeme zur Abschreckung

Zustands kann nicht mehr fern sein...

dienen? Versuchen sie durch Atemnot meine Fäden zu ersticken? Es muss

Vielleicht geht der Weg tatsächlich über das Wasser?




Aus den Memoiren eines Pilzpioniers, 656 A. D. J

ahrzehnte sieht und spürt man mich nicht. Aber unterirdisch ist die Hölle

gibt es kaum Worte. Im Umkreis von vielen Hektaren wächst es, bricht

los. Ein Netz spannt sich, es wird verknüpft und verzweigt, angezapft und

es, sprießt es. Da wo kein Platz ist, wird Platz geschaffen. Knollen ver-

abgezapft. Ein gigantisches Geflecht bereitet sich vor. Ruhig, planvoll und

drängen Kacheln, platzen aus Baumwurzeln, wachsen durch schlafende

ohne Zeitdruck. Irgendwann kommt schon der Moment. Und wenn er da

Füchse hindurch. Trifft das Myzel auf fremde Organismen, werden sie ein-

ist, hat sich die Geduld hunderter Generationen ausgezahlt. Wenn der eine

verleibt. Da, wo Leben enden müsste, geht es vielmehr in eine neue Phase

Moment dann da ist, weiß plötzlich das ganze Netzwerk Bescheid: Jetzt ist

über. Der Fuchs gehört nun auch dazu. Er verzweigt sich, schickt Fäden

die obere Seite der Erdschicht dran! Es gilt, Mobilität zu erlernen, nachdem

durch die Luft, lässt Sporen auf Schwäne nieder. Überall hauchzarte Linien,

man sich bisher schon immer zwischen schwerer Erdkruste aufhielt.

die sich silbern glitzernd auf die Grashalme legen.

Ein Botenstoff schießt schließlich durch die Fäden, der nach „Jetzt aber“ und

Und was für ein Gefühl, wenn man das Zentrum eines Tieres betritt. Einer

„Endlich“ schmeckt. Der nach „Kein Zurück“ riecht.

Parade gleich, blitzen die bioelektrischen Impulse durch die Zellen. Anfäng-

Die letzte Ader wurde erreicht. Das gesamte Myzel ist binnen

lich sicher panisch und voller Angst um das kleine Leben, erkennen sie aber

Minuten erfüllt mit dieser einen Information. Mit der Gewiss-

alle ganz schnell: Ich bin der Freund! Ich komme, um zu verbessern! Und

heit, es geht nach oben. Und was sich dann abspielt, dafür

zusammen mit mir kann die Reise weitergehen. Wie Missionare schweben


wir von Gehirn zu Gehirn und beklopfen die Synapsen. Ist es nicht befriedigend, dort hineinzuwachsen, wo alles ganz unberührt und hell ist? Brücken aus Sporen und Zellen zu bauen? Und wenn diese neuen Verbindungen auf einmal Informationen an dich schicken, die zuerst fremd sind, aber dann immer mehr zu deinen eigenen werden, ist das nicht wahnsinnig? Neue Sinne erwachen. Plötzlich kann man sehen, weil der Fuchs sehen kann. Hören, weil die Eule all die kleinen Mäuse hört. Es lohnt sich also zu warten, bis man mit diesem Rundumschlag beginnen kann. Nur wer auf ein ausreichend kräftiges Netzwerk setzt, wird fremde Organismen erfolgreich übernehmen.


Mondkalender

Positive Bedingungen für parasitäres Vorgehen

Liebe Leser, wie immer findet ihr hier an dieser Stelle unseren Mondkalender, der Euch für die nächste Woche alle Tips gibt, die ihr für die erfolgreiche Mittelaltermodifikation benötigt.

Aphrodisierende Wirkung

Du planst den Befall einer Hyazynthe im Burggraben? Kein Problem – Mars und Saturn sind auf Deiner Seite und auch der Vollmond am 12. hilft bei der Erfüllung. Solltest Du dir aber für diese Zeit eine Symbiose mit Wasser vorgenommen haben, raten wir Dir davon ab. Wasser reagiert sehr negativ auf die Strahlung der Venus, die besonders in der ersten Mondphase stark ist. Warte lieber auf die kühleren Monate – hier wird die gewünschte

Idealer Tag zum Vermehren

Verbindung garantiert gelingen. Immerhin hat die Venusstrahlung aber auch den ein oder anderen Vorteil: Der Boden wird fruchtiger und nährreicher – ideal zur Vermehrung der seltenen Myzelwurmstränge. Auch die Besiedelung der Nervenfasern von Geflügel (besonders Fasan, weniger Möwe), sowie Wechselblütern wird begünstigt. Dem Mutterkorn wird empfohlen, diese seltene Chance zu nutzen. Durch den ungewöhnlich feuchten Sommer und einer lange

Heute besonders starke Ableger

währenden Transit-Tiefstellung des Uranus kann der schwarze Sporn zu bemerkenswerter Länge gedeihen.

Begünstigte Wassersinfiltrierung

Gute symbiotische Bedingungen



Vorgangsprotokoll M

ein Hauptfaden bricht endlich durch wichtigen Granitkanal auf der

Suche nach Wasser. Er nistet sich zur Orientierung in Lufteinschluss ein. -- Nebenfaden I & II verzweigen sich fast orthogonal und setzen

zu sein. Nebenfaden IX wurde extrem verstärkt und kann nun als durchgehende Verlängerung des Hauptfadens verstanden werden. VII, X, XI sind nun vollständig abgestorben.

die Sondierung fort [...] Nebenfaden I stößt auf Feldspat mit Sauerstoffeinschlüssen -- Weitere Verzweigung in III & IV folgen. Kurz darauf V, VI VII,VIII, IX, X XI & XIII, von Faden III ausgehend

Nebenfaden XLIV ist auf widerstandslosen Bereich gestoßen. Eine weitere Verzweigung in etwa zwei Dutzend Subfäden pro Ast wird eingeleitet, um repräsentative Einschätzung der neuen Umgebung liefern zu können. Bin

Faden IX fühlt sich feucht an. Ich schicke gezielt Nährstoffe in die Spitze von

ich bereits am Ziel?

IX, um den Faden zu kräftigen. Gleichzeitig ziehe ich zur Energiekonser-

Das Subfaden-Netzwerk orientiert sich entgegen der Schwerkraft. Es

vierung VII, X, XI zurück. Diese Fäden scheinen in eine Sackgasse geraten

trifft endlich auf gigantisches Wasservorkommen. Die starke Bewegung suggeriert: Grundwasser Desweiteren legen Spurenelemente von Zink, Messing und Pappel nahe, dass ein menschlicher Schöpfeimer nahe sein muss. [...] Subfaden MMXIII ist es gelungen, sich im Eimer einzunisten. Nun wird die volle Konzentration in die Sporenproduktion vor Ort gelegt. Werden diesmal die Samenkapseln fein genug sein, um den Menschen unbeschadet zu entern und eine Vermehrung erst im Gehirn sicherzustellen?



Gespräch zwischen dem grünen Knollenblätterpilz (K) & Steinpilz (S) K: Du, ne Ahnung was das bringen soll? Also die Verbindung mit den Menschen?

Minuten ein Nervenstoff, der mich vom Faulenzen abhält. Versteh halt das Problem nicht... Klar, wir waren jetzt 3000 nicht bei der Hybridisierung dabei, aber tot sind wir ja auch nicht. Ist doch viel cooler, allein

S: Nee, voll überflüssig. Macht halt.

zu sein. Ich brauch jetzt nicht zwingend `nen Menschenkopf oder `ne steife Spermaspritze. Das Mutterkorn hat‘s halt richtig gemacht. Einfach

K: Was sollen wir machen? Achso, Macht.. Ich find‘s so blöd. Wie viel

vernichten, was ihm in den Weg kommt.

Arbeit das auch ist und für was? Das bleibt unklar. Wir könnten jetzt halt alle friedlich leben, müssen aber Risiko spielen.

S: Das ist schon ein bisschen kurzsichtig. Musst ja an alle denken. Nicht alle sind so stark und werden überleben. Geh mal ins Memorial und

S: Naja du musst ja nicht... wird keiner gezwungen.

schau wie viele ausgerottet wurden. Alle jammern immer über die Wale und Haifische. Wir sind die wirklichen Opfer. Wer weiß,ob wir im

K: Noch nicht! Ist auch nur `ne Frage der Zeit. Heute Morgen, als ich

Jahr 4000 immer noch überleben und essen. Vielleicht gibt‘s dann au-

mich durch den Kopf eines Fasans bohrte, kam schon der gelbe

ßer Hybriden gar nichts mehr. Die müssen ja schließlich auch was essen.

Botenstoff und wollte wissen, was dassoll. Wem die tierische Über-

Haben ja jetzt schon Stress mit der Vegannummer. Eigentlich können

nahme noch was bringt? Diese Transmitter kriegen halt auch alles mit.

die nur noch uns Pilze essen, wenn diese Halbpflanzen keine Kannibalen sein wollen. Irgendwann weiß ja keiner mehr, aus wieviel, geschwei-

S: Echt? Aber was wollen sie denn machen, wenn du nicht am Plan mitarbeitest? K: Weiß auch nicht, vielleicht nichts, aber nerven tut‘s trotzdem. Aller paar

ge denn aus welchem Tier/Pflanze er besteht. Außerdem würde ich ganz gern laufen können. K: Hä? Tuste doch. Kannst doch sauschnell laufen, indem du deine Sporen aussendest. Das ist ja das, was ich meine! Lieber verbreiten, ohne Rück-


sicht auf Verluste, statt zu versuchen, mit den Menschen `ne Verbindung

K: Nee, will auch nicht, aber du wart mal - eine meiner Eichen braucht

einzugehen. Manchmal komm ich sogar in die Menschen rein, aber das

grad ein paar Nährstoffe. Die hat sich vorhin schon gemeldet. Bin gleich

reicht dem Hauptmyzel ja auch nicht. Ich guck schon, dass die Men-

wieder zurück! Wir treffen uns ja eh gleich wieder vor 2000 Jahren...

schen mich essen. Dann kommen sie unter die Erde und wenn es dann ganz still ist, kann ich weiterkriechen. Aber die Botenstoffe sagen eben, dass das nix bringe. Die müssen ja lebend bleiben, um unsere Sporen von Generation zu Generation zu tragen. Das versuch ich schon, seit dem der Appell vor ein paar Jahre rausgekommen ist. Aber bisher hab ich‘s noch nicht hinbekommen. Die sterben halt immer. Weißt du noch als Voltaire geschrieben hat: „Dieses Pilzgericht hat das Schicksal Europas verändert.“ S: Ich weiß auch nicht wirklich... bei mir passiert das eher automatisch. Die essen immer recht viel von mir. Aber halt nur außen. Manchmal ist noch‘n bisschen Wurzel dran und dann komm ich rein. Das heißt, du warst noch nie für eine längere Wachstumsperiode in `nem Lebenden oder wie?


Impressum: Copyright 2014 Bianca Kennedy & Felix Kraus Auflage: 1000

LIFE BETWEEN WALLS Weder Tier noch Pflanze, ist der Pilz eine Klasse für sich. Doch leider wurde er im Jahr 3000 von der vorteilhaften Symbiose zwischen Mensch, Pflanze und Tier übergangen. Da sein Myzel aber bis ins Jahr 989 nach Christus zurückreicht, ist sein Plan nun, die mittelalterliche Genstruktur der Menschen zu modifizieren, um ebenfalls Anschluss an diese erstrebenswerte Entwicklung zu erhalten. Der Film L I F E BETWEEN WALLS und das dazugehörige Heft porträtieren die Konflikte zwischen parasitärer Pilzintelligenz und einer Bevölkerung, die als Spielball zukünftiger Myzele recht hilflos wirkt.

Unterstützt durch: Marianne-Ingenwerth Stiftung & 3Doodler


FELIX KRAUS

BIANCA KENNEDY

*1986

in München

*1989

in Leipzig

seit 2007

Studium an der AdBK München

seit 2011

Studium an der AdBK München

seit 2012

Stipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes

seit 2013

Stipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes

2014

Praktizierte Substanz – Kunstarkaden München

2014

Praktizierte Substanz – Kunstarkaden München

2013

50 Jahre Jubiläum – Galerie Thomas München

DVD-Compilation Your skin makes me cry – Goethe Institut

Beyond the Pale – Galerie 52, Essen

Beyond the Pale – Galerie 52, Essen

Stadtmuseum München EROS III, Domagk Ateliers

2012

cx Symposium „Fragile Identitäten“ 2013

Dokumentar- und Videofest Kassel

L I F E 3.0 – AdBK München

L I F E 3.0 – AdBK München

Einzelausstellung „Sex through Death“ – Akademiegalerie

DVD-Compilation Looking at the big sky – Goethe Institut

Freshfields Bruckhaus Deringer München Aaber Award München

Themenwettbewerb Galerie Stephan Stumpf, München 2012

Kunst-Stoffe – Freshfields Bruckhaus Deringer München

Kunsthalle Schweinfurt

INSIDE | OUTSIDE – Nürnberg, Kooperation mit der

2010

1. Platz auf dem Bundesfestival Video Ludwigsburg

Prinzhornsammlung Heidelberg

2002-2014

Verschiedene Kurzfilme auf Festivals in Amsterdam, Berlin,

2011

ARTE-Wettbewerb für Animationsfilm

Kontakt:

www.biancakennedy.com / info@biancakennedy.com

London und München Kontakt:

www.felixkraus.com / info@felixkraus.com



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