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Schulung zum
Alkoholpräventionsworkshop „Tom & Lisa“
Zum ersten Mal bietet die Fachstelle für Suchtprävention Berlin eine Multiplikator*innenschulung zum Alkoholpräventionsworkshop „Tom und Lisa“ an. „Tom und Lisa“ ist ein zweiteiliger interaktiver Alkoholpräventionsworkshop für die Klassenstufen 7 und 8 aller Schulformen.
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In vier Stunden werden folgende Inhalte auf spielerische Art gelernt:
¢ Informationsvermittlung zu Risiken und Gefahren im Umgang mit Alkohol und zum Jugendschutzgesetz
¢ Förderung der Risikokompetenz
¢ Korrektur von Mythen zum Alkoholkonsum
¢ Einüben richtigen Handelns in Notsituationen
¢ Stärkung von Nicht-Konsumentinnen und Nicht-Konsumenten
¢ Anregung des familiären Austausches
¢ Kennenlernen des Hilfesystems
Ziel der zweitägigen Schulung ist es, Sie zu Moderator*innen für den Alkoholpräventionsworkshop auszubilden, so dass Sie dieses Format eigenständig durchführen können.
Weitere Infos finden Sie auf der Website der Villa Schöpflin und auf www.kompetent-gesund.de/ projekte/halt. Die Schulung wird in Abstimmung mit HaLT proaktiv Berlin angeboten.
Schulungstermin für Multiplikator*innen:
Termine: 27. & 28. April 2023
Uhrzeit: 9:30- 16:00 Uhr
Ort: Fachstelle für Suchtprävention Berlin Anmeldung per E-Mail an: anmeldung@berlin-suchtpraevention.de
Landesprogramm Berlin Qualmfrei

Ist Rauchen / Dampfen unter jungen Menschen wieder „in“?
Unterwegs in den Straßen von Berlin, vor Spätkäufen, im vergangenen Sommer in zahlreichen Parks oder vor Cafés sieht man wieder deutlich mehr junge Menschen rauchen oder dampfen als vor ein paar Jahren. Ist das eine subjektive Wahrnehmung oder zeichnet sich hier eine gesellschaftliche Entwicklung ab? Was bringt junge Menschen dazu, wieder mehr zu Rauch-/Dampf-Produkten zu greifen? Und was kann die Tabakprävention und -kontrolle hier tun?
Die neusten Daten der DEBRA-Studie bestätigen die oben beschriebenen Beobachtungen: Die Zahl der rauchenden Jugendlichen ist erstmals wieder gestiegen – die Zahlen aus Dezember 2022 zeigen einen Anstieg der rauchenden Jugendlichen zwischen 14-17 Jahren von 8,7% im Vorjahr auf 15,9% in 2022. Beim Konsum von Einweg-E-Zigaretten werden für die Altersgruppe der 14-24-Jährigen erstmals eine hohe Konsumquote von 34,1% angegeben.
Befragt man Jugendliche in Berlin, wird insbesondere die Attraktivität des Dampfens als Grund für den Konsum genannt. So sei Dampfen cooler als Rauchen, Vapen doch total normal und erlaubt, auch wenn man noch nicht 18 Jahre alt ist oder man könne an Vapes einfach zwischendurch mal ziehen, ohne gleich eine ganze Zigarette rauchen zu müssen.
Einweg-E-Zigaretten sind im Trend
Diese und mehr Gründe zeigen, dass gerade Einweg-E-Zigaretten bei jungen Menschen stark im Trend sind. Wir haben darüber im letzten Themenheft berichtet. Auch wenn diese Produkte auch nikotinfrei zu kaufen sind, so achten Jugendliche oft nicht darauf, ob Nikotin in den Produkten enthalten ist. Viele dampfen mit Nikotin. Wenn Nikotin enthalten ist, dann ist ein hohes Abhängigkeitspotential gegeben. Da der Dampf nicht im Hals kratzt und es nicht als unangenehm empfunden wird, nehmen es viele Jugendliche auch nicht als riskant, sondern als absolut harmlos wahr. Und selbst wenn sie ohne Nikotin vapen, so wird damit ein Verhalten eingeübt, das Vapen und ggf. später auch Rauchen als Alltagskomponente integriert. Studien legen nah, dass ein solches gelerntes Verhalten die Schwelle senkt, zu einem späteren Zeitpunkt auch Vapes mit Nikotin oder Tabakprodukte zu probieren und ggf. dann auch weiterhin zu konsumieren.

In den vergangenen Monaten wird zunehmend über Nikotinbeutel berichtet. Auch diese sind bei Jugendlichen Thema, in den aktuell vorliegenden Studien ist der Anteil der konsumierenden jungen Menschen aktuell sehr gering.
Entlastung finden – ein zentrales Motiv
Jugendliche erfahren, nicht alleine vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie, aktuell große Belastungen. Die Pandemie wirkt nach und darüber hinaus beschreiben Jugendliche einen hohen Druck, sei es seitens der Schule, der Eltern oder der gesellschaftlichen Erwartungen im Gesamten. Sie suchen nach Entlastungen. Rauchen/Dampfen wird von vielen als entspannend beschrieben, die jungen Menschen nutzen dies als Möglichkeit, mal eine Pause zu machen.
Kinder und Jugendliche brauchen unseren Schutz
Auch hier gilt: Kinder und Jugendliche brauchen verantwortungsvolle Ältere und Erwachsene, die einen klaren Rahmen im Sinne des Jugendschutzes vorgeben. Jede Einweg-E-Zigarette, die an Kinder und Jugendliche ausgegeben wird, geht durch die Hände von Erwachsenen. Hier müssen alle Verantwortung übernehmen: Eltern, Schule, Sportvereine, Supermärkte oder Spätkäufe oder erwachsene junge Menschen, die Kontakt zu Jüngeren haben. Es braucht eine Kultur des Hinschauens und der Verantwortung! Und Erwachsene sollten sich immer wieder vergegenwärtigen, dass sie Vorbild sind und ihr Verhalten dahingehend überprüfen.
Hinsichtlich einer wirkungsvollen Verhältnisprävention gilt nach wie vor: Deutschland muss dringend aufholen und die Maßnahmen, die nicht zuletzt das Strategiepapier „Tabakfreies Deutschland 2040“ auf Grundlage der ratifizierten FCTC empfiehlt, umsetzen. Bei Jugendlichen wirken vor allem eine deutliche Preiserhöhung und ein absolutes Werbeverbot. In Kombination mit einer umfassenden Verhaltensprävention mit Präventionsmaßnahmen in Schule, Jugendarbeit und an anderen Orten, an denen sich junge Menschen aufhalten, kann die Wirksamkeit deutlich verstärkt werden. Eine Auseinandersetzung mit den Risiken des Rauchens/Dampfens ist nötig, damit Jugendliche eine kritische Haltung entwickeln können.
Cannabispr Vention
Cannabis – ein Thema für die ganze Familie?!
Der gesellschaftliche Umgang mit Cannabiskonsum gerät nicht zuletzt durch die Debatte um eine geplante Regulierung vermehrt ins Zentrum von Fachdiskussionen und Alltagsgesprächen. Die Fachstelle für Suchprävention Berlin widmet sich der Prävention riskanten Cannabiskonsums und verschreibt sich dem Ziel, Jugendliche und junge Erwachsene in ihren Lebens- und Risikokompetenzen zu stärken, sie davor zu schützen, Schaden zu nehmen und ihnen ein unabhängiges Leben mit Zukunftsperspektiven zu ermöglichen.
Handlungsfeld Familie und Erziehung
Cannabisprävention wirkt in verschiedenen Handlungsfeldern, dabei sind Familien- und Erziehungssysteme als zentrale Sozialisationsinstanzen ein bedeutsames Feld für die Prävention. Junge Menschen sind komplexe Individuen, deren Verhalten maßgeblich von der jeweiligen Umwelt beeinflusst wird. Es geht darum, Familien und andere Systeme der Alltagswelt von jungen Menschen dabei zu unterstützten, Lebens- und Gesundheitskompetenzen zu erlangen. Kernkompetenzen, die es im Rahmen dieser elterlicher Bildungsarbeit zu adressieren gilt, lassen sich in Wissen, Handlungsempfehlungen, Selbsterfahrung und Austausch sowie dem Aufbau von Netzwerken unterteilen.1
Seminare für Eltern und Sorgeberechtigte
Das Eltern-Seminar „Cannabis“ ist ein dreistündiges Impuls-Seminar mit dem Ziel, Eltern zu stärken und zu sensibilisieren, die Risiken für riskantes Konsumverhalten von Jugendlichen zu mindern. Substanzbezogen werden Informationen und Einstellungen vermittelt, die dazu beitragen, ein suchtpräventives Alltagsleben im System Familie und darüber hinaus zu etablieren. Die jahrelange Erfahrung zeigt, dass Sorgeberechtigte sehr an praktischen Anregungen aus dem Alltagsleben interessiert sind, die sie dabei unterstützen, ihr Kind vor substanzgebundenen Suchtgefahren zu schützen.
Wissen, Handlung, Austausch – Bausteine der elterlichen Cannabisprävention:
Wissensvermittlung
Im Cannabis-Seminar wird Wert daraufgelegt, einerseits den Konsum von Cannabis zu entmystifizieren und gleichzeitig wird darauf geachtet, diesen nicht zu normalisieren. Denn auch wenn 9,3% der Jugendlichen schon einmal Cannabis konsumiert haben (Lebenszeitprävalenz), so haben ca. 9 von 10 Jugendlichen bisher keinen Kontakt zur Substanz aufgewiesen.2 Das Angebot zielt darauf ab, Nicht-Konsumierende zu stärken und den Konsumeinstieg zu verzögern. Ein zentrales Anliegen des Seminars bleibt dennoch, Eltern und Sorgeberechtigten zu vermitteln, dass Jugendliche und junge Erwachsene durchaus sinnhafte Beweggründe für den Gebrauch von Cannabis haben können und nicht immer lediglich aus Unwissen oder Langeweile konsumieren. Deshalb werden neben den Wirkungsweisen, Risiken, Gesetzesgrundlagen und möglichen psycho-sozialen Folgen von Cannabis auch Konsummotive thematisiert und eingeordnet. Eltern sollen ein substanzbezogenes Grundwissen erhalten, welches bedeutsam für die Entwicklung einer eigenen Haltung mit konsistenten Handlungen ist. Dazu gehören ebenso die grundlegenden Informationen und Kontaktmöglichkeiten innerhalb des Hilfesystems.
Handlungsempfehlungen
Handlungsempfehlungen für Eltern und Sorgeberechtigte in Bezug auf möglichen Substanzgebrauch ihrer Kinder bilden den zweiten Baustein des Seminars. Dabei geht es in erster Linie darum, über substanz- und konsumbezogene Risiken aufzuklären, ohne dabei die Tatsache etwaigen Konsums zu dramatisieren oder zu verharmlosen. Es ist wichtig für Jugendliche, dass Sorgeberechtigte ihnen sachlich Informationen zu Risiken und Folgen des Cannabiskonsums vermitteln, damit sie diese Grundlage in ihre Konsumentscheidung mit einbeziehen können. Evidenzbasiert werden mögliche Folgen wie Beeinträchtigung der kognitiven Leistungsfähigkeit oder die verzögerte Entwicklung sozial-emotionaler Kompetenzen in der Adoleszenz angesprochen. Risikofaktoren für das Entstehen von Abhängigkeitserkrankungen werden im Seminar nicht als quasilogische Konsequenz von Konsum, sondern als komplexes Bedingungsgefüge von Umwelteinflüssen, innerpersonellen Dispositionen sowie den biochemischen Effekten psychoaktiven Substanzen erklärt.3
Wenn Cannabis jetzt legal ist, dann werden doch bald alle kiffen.

Damit Eltern im Seminar gestärkt werden, thematisiert das Cannabisseminar wichtige Eckpunkte eines gesundheitsfördernden Rollenverständnisses der Eltern und Sorgeberechtigten. Eine authentische Haltung einzunehmen und diese gegenüber Kindern vorzuleben ist ein wichtiges Merkmal von Suchtprävention im Familienkontext. Im Seminar gehört dazu der Austausch über eine Elternrolle, die die Interessen der Kinder lebensweltnah berücksichtigt und gleichzeitig altersadäquate Regeln und Grenzen setzt. Ein positiv erlebtes Familienklima zeichnet sich u.a. durch Kommunikation, Vertrauen, Liebe sowie Kooperation und Regeln aus. Diese Merkmale beugen riskantem jugendlichen Drogengebrauch vor.4
Austausch
Der sich anschließende von der Präventionsfachkraft moderierte Austausch hat zum Ziel, Eltern in der Auseinandersetzung zu möglichem Cannabiskonsum ihrer Kinder zu stärken. Durch die Erfahrung, mit den Herausforderungen des Alltags nicht alleine zu sein, können neue Ideen und Perspektiven entstehen. Das birgt das Potential, weniger schambehaftet und mystifiziert über Cannabiskonsum zu sprechen und in eine tiefere Auseinandersetzung einzusteigen.
Wie soll ich damit umgehen, wenn ich glaube, dass mein Kind Cannabis konsumiert?
Abschluss
Das Seminar „Cannabis“ ist ein fester Bestandteil des Portfolios der Fachstelle für Suchtprävention Berlin. Es bietet die Möglichkeit, sich niedrigschwellig und unkompliziert einer ersten Auseinandersetzung zur Substanz sowie den Risiken und Herausforderungen zu widmen. Das Elternseminar ist dabei nur ein Baustein eines umfassenden Präventionsportfolios (Schulprojekte, Multiplikator*innenschulungen, Fachveröffentlichungen, Ratgeber-Broschüren, Elternberatungen etc.). Da jedoch nicht davon ausgegangen werden kann, dass alle Sorgeberechtigten Kapazitäten für regelmäßige Trainings oder Kurse zur Verfügung haben, dient das Seminar als kompakte Übersichtsmaßnahme für Eltern. Seit April 2020 findet das Seminar auch in einer OnlineVariante statt.
Interesse geweckt?
Nähere Infos zum Elternseminar Cannabis finden Sie auf der Webseite der Fachstelle unter: www.tinyurl.com/2p953zmw
Termine: 27. April, 16. November, 14. September 2023
Uhrzeit: jeweils von 16.00 – 19.00 Uhr
Anmeldung per E-Mail an: anmeldung@berlin-suchtpraevention.de
JANIS SCHNEIDER
Fachstelle für Suchtprävention Berlin
Lesen Sie mehr zu diesem Thema auch in Kürze in der Fachzeitschrift „Kinder- und Jugendschutz in Wissenschaft und Praxis“ (Jahrgang 68, Hrsg. von der Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz e.V.)

Nutzen Sie unsere Infomaterialien zum Thema:
Für Erziehende: www.tinyurl.com/bddr3nmv

Für Fachkräfte aus Jugendhilfe und Schule: www.tinyurl.com/34c23paz
4 und Sorgeberechtigten finden Sie in Fachstelle für Suchtprävention Berlin gGmbH (2022): Kinder und Jugendliche vor riskantem Umgang mit Alkohol, Cannabis oder Handy schützen. Ein Ratgeber für Eltern. 5. Auflage.
COA-Aktionswoche: 12. – 18. Februar 2023