Behörden Spiegel April 2021

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Informationstechnologie

Behörden Spiegel / April 2021

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Frühjahrssitzung

Brennglas Corona-Krise

IT-Planungsrat tagte zum 34. Mal

Versäumte Digitalisierung des öffentlichen Sektors

(BS/pet) Unter Vorsitz der Freien und Hansestadt Hamburg hat der IT-Planungsrat diese Woche zum 34. Mal getagt. Im Mittelpunkt der Sitzung standen neben der Nutzung von Mitteln aus dem Konjunkturpaket der Bundesregierung auch der länderübergreifende Einsatz von Online-Verwaltungsdiensten sowie die Modernisierung der Registerlandschaft in Deutschland.

(BS/Katja Herzog) Die Corona-Pandemie stellt unsere Gesellschaft vor ungewohnte Herausforderungen und verdeutlicht nicht nur den digitalen Rückstand des öffentlichen Sektors, sondern auch aller Lebensund Arbeitsbereiche. Breitband, Wege in die Cloud und allgegenwärtige WLANs sind nur unzureichend ausgebaut. Weder die Internetzugänge zu Hause noch die Kapazitäten in den Schlagadern der Weitverkehrsnetze reichen aus, um die heute so wichtigen Anwendungen wie Videokonferenzen oder Kollaborationssoftware zuverlässig nutzen zu können. Das vielbeschworene Allheilmittel 5G ist mehr Hoffnung denn Realität, eine flächendeckende UMTS-Infrastruktur mit hoher Bandbreite noch ausstehend. Doch woran mangelt es konkret und vor allem: Mit welchen Maßnahmen lässt sich die digitale Transformation in der öffentlichen Verwaltung, im Bildungssektor sowie im Gesundheitswesen trotz dieser Hindernisse beschleunigen?

Um den Mittelabfluss aus dem Konjunkturpaket der Bundesregierung zu beschleunigen, hat der IT-Planungsrat jetzt die Maßnahmen konkretisiert, die für eine Finanzierung infrage kommen. Unterstützt werden sollen dabei insbesondere solche Vorhaben, die der unmittelbaren Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) dienen. Neben der Digitalisierung von Verwaltungsleistungen explizit mit eingeschlossen sind Digitalisierungslabore zur Vorbereitung hochfrequentierter Services wie etwa des Wohngeldes, der Baugenehmigung oder BAföG. Darüber hinaus sollen weitere Mittel für die Entwicklung neuer bzw. die Weiterentwicklung schon bestehender Infrastrukturkomponenten bereitgestellt werden.

RegMog: “Die Weichen sind gestellt” Nachdem Bundestag und Bundesrat dem Gesetz zur Registermodernisierung (RegMog) ihre Zustimmung erteilt haben, war die Realisierung des Vorhabens zentrale “Bürger-ID” ein weiteres Thema der Sitzung. Um die Umsetzung zeitnah aufnehmen zu können, wurde dabei ein Projekt mit dem Auftrag eingerichtet, bis zur nächsten Tagung einen Vorschlag zu erarbeiten, wie die Ausführung des Gesetzes auf den verschiedenen staatlichen Ebenen und ressortübergreifend sichergestellt werden könne. “Die Weichen sind gestellt, um mit der

für Geschwindigkeit sorgen soll. Mehr rechtliche Klarheit bei Fragen der Nachnutzung soll künftig der unter Federführung der Föderalen IT-Kooperation (FITKO) entstandene “FIT-Store” bieten. Dafür hat der IT-Planungsrat jetzt die standardisierten Vertragsbedingungen – Allgemeine Geschäftsbedingungen und Vertragsmuster – für eine Nachnutzung von Software as a Service (SaaS) verabschiedet.

FIT-Store als wichtiger Baustein für OZG-Umsetzung Nach Übernahme des Vorsitzes zum Jahreswechsel leitete der Chef der Hamburger Senatskanzlei, Staatsrat Jan Pörksen, die erste Sitzung des ITPlanungsrates im Jahr 2021. Foto: BS/Senatskanzlei Hamburg, Daniel Reinhardt

Digitalisierung der Verwaltung in Deutschland entscheidende Schritte voranzukommen”, erklärt dazu der Vorsitzende des IT-Planungsrates und Chef der Hamburger Senatskanzlei, Staatsrat Jan Pörksen. Man habe den rechtlichen Rahmen, die finanziellen Mittel sowie den politischen Durchsetzungswillen bei allen Beteiligten, um zügig zur Umsetzung zu kommen. Nun gelte es, die damit verbundenen Potenziale zu heben.

Mehr Rechtssicherheit bei EfA Weitere Bestimmungen des ITPlanungsrates treffen das Prinzip “Einer für alle” (EfA), das im Rahmen der OZG-Umsetzung

Der FIT-Store sei ein wichtiger Baustein für eine zügige und nicht zuletzt auch kostengünstige OZG-Umsetzung, kommentiert Dr. Annette Schmidt, Präsidentin der FITKO. “Mit den heutigen Beschlüssen wurde eine erste wichtige Grundlage für die rechtssichere Gestaltung von EfA-Kooperationen geschaffen”, betont Schmidt. Beschlossen wurde darüber hinaus die “Strategie zur Stärkung der digitalen Souveränität für die IT der deutschen Verwaltung”. Mit der Koordination der im Strategiepapier aufgeführten Maßnahmen betraut wurde die Arbeitsgruppe “Cloud Computing und Digitale Souveränität”.

Weitere Informationen zu den ITPLR-Beschlüssen Die Beschlüsse der vergangenen Sitzung stehen auf der Website des IT-Planungsrates (www.itplanungsrat.de) zum Download bereit.

Erst die IT-Infrastruktur

MELDUNG

NRW beschließt E-Government-Check für neue Gesetze (BS/gg) Die NRW-Landesregierung hat eine Digitalisierungsprüfung für neue Gesetze beschlossen. Mit dem sog. EGovernment-Check soll künftig bei jedem Gesetzesvorhaben geprüft werden, inwiefern es digital umsetzbar ist. Verankert ist der E-Government-Check in der Gemeinsamen Geschäftsordnung (GGO) für die Ministerien des Landes. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesverwaltung, die Gesetzesentwürfe erarbeiten,

Immer häufiger sind Termine für Bürgerdienste in der öffentlichen Verwaltung ausgebucht, stellenweise für mehrere Monate. Das verdeutlicht vor allem ein personelles und organisatorisches Defizit sowie auch ungenügende Fortschritte bei der digitalen Abwicklung von Verwaltungsangelegenheiten. Dabei bleibt nur noch wenig Zeit: Bis Ende 2022 verpflichten sich Bund, Länder und Kommunen, zentrale Verwaltungsleistungen über entsprechende Portale auch digital anzubieten. Die Marschroute, die durch das E-GovernmentGesetz vorgegeben und durch das Onlinezugangsgesetz (OZG) in einem Umsetzungskatalog inhaltlich wie zeitlich beschritten werden soll, scheitert aktuell jedoch am Prüfstein Corona-Krise. Das aus gutem Grund: Im letzten Jahr mussten zahlreiche Beamte und Angestellte des Öffentlichen Dienstes in den Remote-Betrieb schalten. Mangelte es bereits an der digitalen wie auch personellen Ausstattung im Gemeindeamt vor Ort, so scheiterte die effektive Bearbeitung von Anträgen häufig allein an der Möglichkeit, von zu Hause aus auf die notwendigen Anwendungen zuzugreifen. Zumal die dafür notwendige Durchgängigkeit der Verwaltungsverfahren häufig nicht gegeben war.

sollen künftig direkt zu Beginn eines Gesetzgebungsprozesses prüfen, inwieweit der Inhalt eines Gesetzes digital umsetzbar ist. Beispielsweise ist zu klären, ob bei einem Anliegen noch ein persönliches Erscheinen in der Behörde erforderlich ist oder ob man sich mit der elektronischen Identität (e-ID) ausweisen kann. Kann eine Antragstellung online erfolgen? Können verschiedene Stellen digital beteiligt werden? Inwieweit wirkt sich der Gesetzesinhalt auf bereits bestehende

digitale Angebote und auf weitere Prozesse aus? Bestehen Bezüge zu digitalem Fachrecht? Mit dem E-Government-Check soll verhindert werden, dass Digitalisierungsaspekte erst nachträglich und durch aufwendige Korrekturen berücksichtigt werden. Bislang wird bei neuen Gesetzesvorlagen bereits untersucht, wie sie sich u. a. auf den Haushalt, auf Aspekte der Nachhaltigkeit oder finanziell auf Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger auswirken.

Die versäumte Digitalisierung des öffentlichen Sektors lässt sich Post-Corona nur aufholen, wenn es gelingt, die dafür notwendige technische Ausstattung und IT-Architektur bereitzustellen – sowohl vor Ort in den Behörden, öffentlichen Krankenhäusern und Bildungseinrichtungen als auch mobil einsetzbar für den Fernzugang ihrer Mitarbeiter/-innen. Der OZG-Umsetzungskatalog stellt die Anwendererfahrung, also die Akzeptanz der digitalen Verwaltungsleistungen von Bürger(inne)n, ins Zentrum.

Der Erfolg digitaler Anwendungen und der zugehörigen Transformationsprozesse der Ressorts wird sich an der Zufriedenheit der Bürger/-innen mit diesen messen lassen müssen: Anwender erwarten schlanke und intuitive Softwarelösungen und digitale Angebote für eine latenzfreie und effiziente Nutzererfahrung. Voraussetzung für eine reibungslose Digitalisierung

setzt, die digitale Transformation voranzutreiben. Auf diese Weise können sich öffentliche Einrichtungen auf ihre Aufgabenbereiche wie beispielsweise die Antragsabwicklung fokussieren und gleichzeitig sicher sein, dass die dafür notwendige ITInfrastruktur den unterschiedlichsten IT-Betriebskonzepten entspricht. Klar ist auch: Die Digitalisierung des öffentlichen Sektors ist ein LangfristVorhaben, das auch unter dem Gesichtspunkt Katja Herzog ist Sales Director Public Sector Germany bei der ArbeitsplatzAruba, einem Unternehmen attraktivität geseder Hewlett Packard Enter­ hen werden muss. prise Die Personallücke Foto: BS/HPE im öffentlichen Dienst kann nur geschlossen werden, wenn sich von öffentlichen Einrichtungen die Kommunen als attraktiver ist jedoch zuallererst eine stabile Arbeitgeber zeitgemäß aufstelund effektive Netzabdeckung. len: Der Mitarbeiter im ÖffentIhre Umsetzung steht und fällt lichen Dienst von morgen ist dabei mit einer zuverlässigen zwangsläufig ein Digital Native Netzwerkinfrastruktur und, da- und erwartet von seinem Arbeitmit verbunden, einem nahtlosen geber eine entsprechend digitale und leistungsstarken WLAN- Arbeitsplatzumgebung. Empfang in allen öffentlichen Fazit Einrichtungen und zu Hause. Um die Chancen und PotenDigitale Versäumnisse ziale einer effizienten digitalen ­nachholen Verwaltung für Mitarbeitende Dieses IT-Fundament muss und Bürger/-innen zu reali­ für eine langfristige und nach- sieren, muss zuerst einmal haltige Digitalisierung richtig die IT-Infrastruktur stehen. gelegt werden. Die Einrichtung Poli­tische Digitalisierungskaeiner schnellen, interoperati- taloge können nicht einlösen, ven, datenschutzkonformen und was die Technik nicht hält: vor allem sicheren Infrastruktur Die Kommunen sind hier in lässt den Wunsch nach einem der Pflicht, die Netzwerkausverlässlichen Partner entste- stattung über alle öffentlichen hen, der nicht nur die initiale Behörden wie beispielsweise Einrichtung schnell abschließt, Verwaltung, ­Bildung und Gesondern über die gesamte Dauer sundheit hinweg zu gewährleisdes Netzbetriebs zuverlässig zur ten, was weit über die AusstatSeite steht. Aruba, ein Unter- tung ihrer Mitarbeiter/-innen nehmen der Hewlett Packard mit End­g eräten hinausgeht. Enterprise, versteht sich hier Wenn Bund und Länder an eials kooperativer Partner, der nem Strang ziehen, werden in den öffentlichen Sektor mit einer Zukunft keine Engpässe und leistungsstarken und sicheren Wartezeiten von Monaten mehr Netzwerklösung in die Lage ver- entstehen.


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