Behörden Spiegel November 2020

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Sicherheit & Verteidigung Behörden Spiegel

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Berlin und Bonn / November 2020

Wer gewinnt das Tauziehen?

KNAPP Indischer Ozean im Fokus

Studien zu Rassismus und Extremismus umstritten

(BS/Bennet Klawon) Immer neue Chats mit rechtsextremem und rassistischem Inhalt erschüttern die Bundesrepublik. Der Lagebericht “Rechtsextremisten in Sicherheitsbehörden”, der (BS/por) “Das neue “Mare Nosvom Bundesinnenministerium (BMI) veröffentlicht wurde, brachte nicht den erhofften Befreiungsschlag. Immer noch steht die Frage nach strukturellen Problemen in den Behörden im trum” der Welt ist der Indische Raum. Die nächste Runde im Umgang mit Extremismus und Rassimus in den Behörden hat mit der angekündigten Studie begonnen. Ozean”, so Vizeadmiral Andreas Nach langem Ringen in der Bundesregierung soll nun doch eine Untersuchung durchgeführt werden. Dabei sollen zwei Studien Klarheit schaffen. Mit einer gesamtgesellschaftlichen Studie soll der Alltagsrassismus in Wirtschaft, öffentlichen Institutionen und der Zivilgesellschaft untersucht werden, Eine zweite Studie nimmt sich des Polizeialltags an. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) betonte bei der Vorstellung der Pläne: “Es wird keine Studie geben, die sich mit Unterstellungen und Vorwürfen gegen die Polizei richtet.” Dem schloss sich auch die Bundestagsabgeordnete Kirsten Lühmann (SPD) während einer Diskussionsveranstaltung auf dem Digitalen Staat Online (Die Diskussionsrunde findet sich in der Mediathek unter www. digitaler-staat.online/mediathek) an. “Eine Studie mit dem Thema oder der Fragestellung “Gibt es rassistische Strukturen in der Polizei?” ist eine Vorverurteilung, wenn die Fragestellung schon die Antwort impliziert. Strukturen in der Polizei, die Rassismus fördern, gibt es nicht. Das heißt jedoch nicht, dass es nicht auch Menschen gibt, die Fehler machen”, stellte Lühmann Klar. Eine Fokussierung sei bei einer solchen Untersuchung fehl am Platz. Welche inhaltliche Ausgestaltung die beiden Studien schlussendlich haben werden, müsse jedoch noch ausdiskutiert werden, deshalb stünden ein Titel und eine Strukturierung noch nicht fest, so die Innenpolitikerin. Es sei jedoch noch ein weiter Weg zu einer solchen Untersuchung. Lühmann fügte aber hinzu, dass die Durchführung der Studie nur in Zusammenarbeit mit den Polizeigewerkschaften geschehen könne, sonst scheitere die Studie. Und von diesen kam nach der Ankündigung der Studien ein

beim Verfassungsschutz für Polizeianwärter machte sich auch der sächsische Landespolizeipräsident, Horst Kretzschmar, stark. Man kämpfe dafür schon seit Jahren. Kritik kommt aus der Opposition. Die Bundestagsabgeordnete der Fraktion Bündnis90/ Die Grünen, Dr. Irene Mihalic, bezeichnet den Kompromiss als “herbe Enttäuschung”. “Mit einer Studie, die aus politischen Gründen relevante Fragen ausklammert, ist niemandem geholfen”, kritisierte Mihalic. Eine Untersuchung des Polizeialltags sei sicherlich lohnend, jedoch könne sie keine Antworten dazu geben, ob bei den Behörden vor Ort stets keine Toleranz für Extremismus und Rassismus gelte. Das Tauziehen um die Studie zu Extremismus und Rassismus in den Sicherheitsbehörden geht mit der Ankündigung in eine neue Runde. Foto: BS/falco, pixabay.com

geteiltes Echo. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßte den Kompromiss, auf den sich die Koalitionspartner geeinigt haben. Der stellvertretene GdPBundesvorsitzende Jörg Radek sagte, dass “unser Vorschlag als Gewerkschaft im politischen Berlin aufgegriffen” worden sei. Eine Untersuchung des Polizeialltags ermögliche es, die Ursachen für extremistisches Handeln zu ermitteln. Radek erwartet jedoch auch, dass die GdP an der Studie beteiligt wird. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) bezeichnete die erzielte Einigung als einen “faulen Kompromiss”. Zudem gebe es kein “strukturelles Problem im Zusammenhang mit Rassismus” in der Polizei. Der Vorsitzende der DPolG Bundespolizeigewerkschaft, Heiko Teggatz, betonte aber: “Jeder einzelne Fall von Rassismus in unserer Organisation ist einer zu viel! Das Bundesdisziplinargesetz bietet

jedoch alle Möglichkeiten, solche Polizeibediensteten umgehend aus dem Dienst zu entfernen.”

“Begründeter Verdacht durch Chats” Es sei für viele Menschen beruhigend, dass es eine solche Studie gebe. Dennoch seien Vertreter der migrantischen Community noch zurückhaltend, da der Inhalt der Untersuchung noch nicht feststehe, so Souad Lamroubal von der Behörden Spiegel-Stiftung. Sie widerspricht aber Lühmann und versteht nicht, warum man von einer Vorverurteilung durch eine Rassismusstudie spreche. Es gebe schließlich auch einen begründeten Verdacht durch die aufgedeckten Chats. In anderen Fällen würden jedoch kleine bzw. vermeintliche Verdachtsmomente ausreichen, um Untersuchungen durchzuführen. “Dass sich die Polizei gegen diese Untersuchung wehrt, finde ich übertrieben, weil so ein Ungleichgewicht innerhalb

der Gesellschaft entsteht und die Spaltung vorangetrieben wird”, sagte Lamroubal. “Wir müssen deutlicher hinschauen. Wir müssen mehr auf Einstellungstest setzen, um rechtsextremistische Tendenzen schon frühzeitig zu erkennen. Ebenso muss der Lehrinhalt bei der Ausbildung von Polizisten verbessert werden”, fordert Lamroubal. Genauer hinsehen will auch Jörg Müller, Abteilungsleiter Verfassungsschutz im Innenministerium Brandenburg. Müller sagte auf der Nachrichtendienst-Konferenz des Behörden Spiegel (weiteres zur Konferenz findet sich auf Seite 45), dass man keinesfalls eine Vorverurteilung von Staatsbediensteten wolle, jedoch könne sich ein Verfassungstreuecheck im Beamtenrecht als sinnvoll erweisen. Durch einen solchen Check ließen sich wesentlich schneller Erkenntnisse als durch eine wissenschaftliche Studie gewinnen. Für eine Regelabfrage

Die Deutung hat längst begonnen Die Erwartungen an beide Studien sind nach allen Vorkommnissen groß. Wie aber schlussendlich eine oder mehrere Studien zu Extremismus und Rassismus in den Sicherheitsbehörden und in der Gesellschaft aussehen könnten, wird sich aufgrund der vielfältigen Akteure aus Polizei, Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, die ein Wort mitreden wollen und werden, und der zweiten Welle des Coronavirus wahrscheinlich erst in einigen Monaten zeigen. Ebenso werden die Studienmacher sich auf die Kritik von mehreren Seiten einstellen müssen. Noch bevor der Name oder gar die inhaltliche Fragestellung der Studien bekannt oder diskutiert werden, sind die Sorgen auf allen Seiten groß. Noch bevor Ergebnisse feststehen, scheinen für Vertreter aus Politik, Polizei und Gesellschaft, die Studie(n) entweder zu einseitig oder zu schwammig zu sein. Noch bevor die Studie(n) fertig sind, hat die Deutung schon längst begonnen.

Krause, Inspekteur der Deutschen Marine, gegenüber dem Behörden Spiegel. Die wachsende Bedeutung dieses Meeres als Transitstrecke für den Welthandel haben bereits die “Leitlinien zum Indo-Pazifik” der Bundesregierung vom August hervorgehoben. Dies sehen auch andere Akteure so: Die USA und Indien haben Ende Oktober ein “Basic Exchange and Cooperation Agreement” (BECA) im Verteidigungsbereich vereinbart. Für November ist das Seemanöver “Malabar” geplant, an dem neben den USA und Indien auch Australien und Japan teilnehmen sollen. Diese vier Staaten, deren gemeinsames Ziel die Eindämmung der Macht Chinas ist, bilden das sog. “Quad”, das von Beobachtern schon als künftige “asiatische NATO” gehandelt wird.

Covid-19-Test in unter 20 Minuten (BS/df) Die Bundeswehr erhält 256 PCR-Diagnose-Systeme nebst Zubehör und Ausbildung, die eine Diagnose von Covid-19 in unter 20 Minuten erlauben. “Die PCR-Systeme und die Testkits für die SARS-CoV-2 Dia­gnostik werden im Oktober und November ausgeliefert”, meldete der Sanitätsdienst der Bundeswehr. Bei den Systemen handelt es sich um VitaPCR des Herstellers Credo Diagnostics, die in Deutschland durch A. Menarini Diagnostics vertrieben werden. “Der mit dem VitaPCR-Instrument durchgeführte VitaPCR-SARS-CoV-2-Assay ist ein molekularer In-vitroSchnelltest unter Verwendung einer RT-PCR-Technologie”, so die Beschreibung des Herstellers. Zunächst werden die Einsatzkontingente in Afghanistan und Mali mit den neuen Systemen ausgestattet.

POLIZEITAGE 2020/21 4. Dezember 2020 | Online Digitaler Polizeitag Bundespolizei Weitere Informationen und Programm unter: www.digitaler-staat.online/programm

15. Dezember 2020 | Düsseldorf Polizeitag Düsseldorf Gewalt gegen Polizeivollzugsbeamte Weitere Informationen und Programm unter: https://www.polizeitage.de/

Eine Veranstaltung des

23. Februar 2021 | Kiel Polizeitag Kiel Polizei der Zukunft - rechtlich, technisch, digital und taktisch gut vorbereitet – bürgernah, wertgeschätzt und mitarbeiterorientiert Weitere Informationen und Programm unter: https://www.polizeitage.de/

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