DDV - Deutscher Dialogmarketing Verband Branchentrends 2020 Edition 05

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05 Branchentrends im Dialogmarketing Wissen und Know-How zur digitalen Transformation


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Liebe Leserin, lieber Leser, die „Branchentrends im Dialogmarketing“ sind

Der neue Sammelband führt wieder sehr plakativ

zu einer festen Publikationsreihe unseres

vor Augen, dass die Beziehung von Unternehmen

Verbandes geworden, die Ihnen wertvolle Einblicke

zu den Kundinnen und Kunden sehr dynamisch ist

in aktuelle Projekte, neueste Erkenntnisse,

und einem ständigen Wandel unterliegt. Unter-

Trends oder Fallstudien unserer Mitglieder und

nehmen werden immer wieder mit neuen Heraus-

Branchenexperten gibt.

forderungen konfrontiert und die Instrumente des Dialogmarketings können an vielen Stellen

Der nun vorliegende fünfte Sammelband enthält

zur Bewältigung der aktuellen Herausforderungen

erneut alle Beiträge eines Jahres und beschäftigt

beitragen.

sich mit relevanten und zukunftsträchtigen Themen für Marketingfachleute. Von den neuesten

Als Verband der Data Driven Economy setzen wir

Trends Chinas und was deutsche Dialogmarketer

uns gemeinsam mit unseren Mitgliedern dafür

daraus lernen können, über Möglichkeiten,

ein, dass Dialogmarketing heute und in Zukunft in

Kunden im Rahmen der Customer Centricity viel

seiner Vielfalt weiter Anwendung finden kann. Wir

stärker in die Organisation zu integrieren, bis

sehen im Data Driven Marketing den Schlüssel

hin zu Handlungsanweisungen, wie Unternehmen

zum Aufbau einer individuellen, nachhaltigen

mit Dialogmarketing ihren Erfolg signifikant

Kundenbeziehung, von der beide Seiten profitieren.

steigern können. Außerdem erfahren Leserinnen

Denn je besser Unternehmen die Bedürfnisse und

und Leser, wie der Posthumanismus die Kunden

Wünsche ihrer Kundinnen und Kunden kennen,

beziehung von morgen prägen wird, wie mithilfe

desto eher können sie sie bedienen, begeistern

von Smart Data und neuen innovativen Abo­

und binden – im Zeitalter der Digitalisierung

modellen der Vertrieb optimiert werden kann und

ein entscheidender Wettbewerbsvorteil in um-

dass ein flexibles Workforce Management in

kämpften Märkten.

Contact Centern einen positiven Einfluss auf den Kundenservice hat.

Lassen Sie sich vom fünften Sammelband unserer Branchentrends im Dialogmarketing inspirieren – wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen. Herzlichst

Patrick Tapp

Martin Nitsche

Präsidenten des Deutschen Dialogmarketing Verbandes

DDV | 3


Der Deutsche Dialogmarketing Verband ist

Gemeinsam mit unseren Mitgliedern wollen wir

einer der größten nationalen Zusammenschlüsse

substanzielle Mehrwerte durch individuelle

von Dialogmarketing-Unternehmen innerhalb

Beziehungen zwischen Menschen, Marken und

der EU und gehört zu den Spitzenverbänden der

Unternehmen in einer vernetzten Welt schaffen.

Kommunikationswirtschaft in Deutschland. Schwerpunkte des Verbandsengagements Als die treibende Kraft der Data Driven Economy

sind politische Arbeit, Informationsaustausch,

repräsentiert der DDV Unternehmen, die Daten

Qualitätssicherung und Nachwuchsförderung.

generieren oder für den professionellen daten­ basierten und kundenzentrierten Dialog nutzen. Weitere Informationen finden Sie unter: www.ddv.de

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Inhalt

6

38

Mit Vollgas in die Zukunft!

Workforce Management in modernen

DDV DialogTour 2020 –

Contact Centern – Kundenservice vereinfachen

Was deutsche Dialogmarketer

und kanalisieren

von China lernen können

Andreas Marx

Dr. Markus Gräßler

Calabrio GmbH

gkk DialogGroup GmbH 44 14

Das Ende des Bauchgefühls –

Customer Centricity?

Die Zukunft des Vertriebs

Gelobt, aber nicht gelebt!

Dennis Berressen

Anne M. Schüller

B2B Smart Data GmbH

Management Consulting 50 22

Dialog Excellence

Abo-Modelle der Zukunft

In acht Schritten zum Dialogmarketing-Erfolg

Was der Vertrieb von Netflix & Co. lernen kann

Prof. Dr. Andreas Mann

Isabel Thormann

Universität Kassel

DataM-Services Ges. für Adressmanagement

Fachbereich Wirtschaftswissenschaften

Direktmarketing und Vertriebsconsulting mbH 56 28

Impressum

Posthumanes CRM – die Entwicklung der Kundenbeziehung Martin Nitsche Deutscher Dialogmarketing Verband e.V.

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Branchentrends im Dialogmarketing Mit Vollgas in die Zukunft! DDV DialogTour 2020 – Was deutsche Dialogmarketer von China lernen können Autor: Dr. Markus Gräßler


Brachentrends | Mit Vollgas in die Zukunft!

Mit Vollgas in die Zukunft! DDV DialogTour 2020 – Was deutsche Dialogmarketer von China lernen können Mitte Januar hat sich eine Gruppe von DDV-Mitgliedern auf eine inspirierende Reise nach China gemacht. In der Greater Bay Area, zu der die Megastädte Shenzhen, Guangzhou und Hongkong zählen, trafen die Dialogmarketer zahlreiche Unternehmen und Start-ups und besuchten eine Reihe von Flagshipstores und digitalen Hotspots, um den neuesten Trends im Data Driven Marketing Asiens auf die Spur zu kommen. Im Fokus standen die Themen Digitales Marketing, Martech und Adtech, AI, IoT & Hardware sowie New Retail – und Shenzhens enorme Geschwindigkeit in der Konstruktion und Fertigung.

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Wenige Wochen später scheint alles anders: „Voll-

Wachstumstempo der chinesischen Wirtschaft in die-

bremsung auf der Seidenstraße“ – titelt die Presse. Ein

sem und im kommenden Jahr bereits deutlich unter

Virus, aufgeschnappt auf einem lokalen Tiermarkt in

dem Niveau des vergangenen Jahres liegen. Nach

Wuhan, ist innerhalb kürzester Zeit zur Bedrohung für

An­s icht von Analysten haben derartige „Naturka­

China und die gesamte Weltwirtschaft geworden. Der

tastrophen“ auf den Wachstumstrend entwickelter

Ausbruch des Corona-Virus und die notwendigen

Wirtschaften gewöhnlich aber keine gravierenden

Maßnahmen zur Eindämmung kommen für die Zen­

Auswirkungen. Auch der Ausbruch von SARS in der

tralregierung Chinas und die Konjunktur zur Unzeit.

chinesischen Provinz Guangdong zwischen November

Wegen des Handelskonflikts mit den USA und einer

2002 und Mitte 2003 hatte die Wirtschaft nur kurz aus­

allgemeinen Abkühlung der Weltwirtschaft dürfte das

gebremst, bevor es zu einer deutlichen Erholung kam.


Deshalb lohnt gerade jetzt der Blick nach China

2. Digitale Plattformen bestimmen das Leben

Denn wir haben es hier mit einem Systemwettbewerber

Für jedes Kundenbedürfnis entwickeln die Chinesen

zu tun, der uns Europäern nicht nur gewachsen ist,

gleich eine eigene Plattform. Für die Kids und Teen-

sondern der uns in vielen Bereichen längst überholt

ager gibt es den kostenlosen Instant-Messaging-

hat. Um zukünftig noch mithalten zu können, benöti-

Dienst QQ. Die Mittelschicht auf dem Land bedient

gen wir eine tragfähige Strategie Europa 2030, die klar

sich spezialisierter E-Commerce-Plattformen für

aufzeigt, wo wir in zehn Jahren stehen wollen. Wir

Gruppen­käufe wie Pinduoduo oder der Video-Sharing-

brauchen mehr Kundenorientierung, Wille zum Erfolg

Website Bilibilli, auf denen es viel Unterhaltung, weni-

und Spaß am Ausprobieren!

ger Kommunikation, dafür umso mehr billige Produkte gibt. WeChat ist die „Do-everything-App“ für die urba-­

Was wir Deutschen von den Chinesen kopieren sollten – acht Take-aways

ne Mittelschicht. Dieses Ökosystem muss man als Marke­ter kennen. Das ist die Zukunft! Das neueste Tencent-Produkt: Millionen von vernetzter Karaoke-

Shenzhen ist auch bekannt als „Chinas Silicon Valley“

Boxen in ganz China. Sobald jemand ein Lied singt,

und hat sich von einem kleinen Fischerdorf in eine

zeigt ihm der Monitor alle anderen Menschen an, die

Metropole mit 15 Millionen Einwohnern gewandelt.

zur gleichen Zeit dasselbe Lied singen, und vernetzt

Die meisten der jungen Bewohner kommen aus ganz

sie miteinander. So findet man in China Freunde und

China, um in Shenzhen im Technologiebereich zu ar-

kann im besten Fall die spätere Hochzeit mit WeChat

beiten. Die aufstrebende Stadt ist nicht nur die Hei-

organisieren.

mat von Branchenführern wie Tencent, Huawei, DJI, sondern auch Brutstätte einer äußerst lebendigen

Tencent-Produkt: Karaoke Box

Start-up-Szene: Hier entstehen pro Tag rund 1000 neue Start-ups in den Bereichen KI, IoT und Hardware.

1. Schneller, besser, innovativer „That‘s the Shenzhen Speed“ oder „done is better than perfect“ sind Redewendungen, die wir in fast jedem Meeting gehört haben. Die Schnelligkeit bezieht sich im Wesentlichen auf die Berücksichtigung von Kunden­ bedürfnissen. Chinesen wollen den Kunden zufrieden stellen und kein perfektes Produkt bauen. Deshalb werden Produkte und Services ausgerollt, sobald sie einen Kundenmehrwert liefern. Optimiert wird dann am Kunden. Bei JU&KE Design, einer Branding Agentur, wurde uns ein Beispiel eines Kunden gezeigt, der innerhalb von drei Jahren fünf Rebrandings durchgeführt hat, um am Markt zu bestehen.

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Brachentrends | Mit Vollgas in die Zukunft!

3. Keiner versteht Kunden so gut wie die Chinesen Alibaba hat mit „Hipo“ ein neues Retailkonzept am Start, das On- und Offline-Shopping perfekt kombiniert. Schon heute können die Chinesen alles im Internet bestellen, die Lieferung erfolgt innerhalb von nur 30 Minuten. Manche lassen sich sogar mehrfach am Tag beliefern, schließlich kostet diese Dienstleistung nichts extra. Gleichzeitig lieben die Chinesen aber auch das Einkaufen auf den Märkten und die dortige Vielfalt an Produkten. Alibaba trägt dem Rechnung und hat 13 Ladengeschäfte mit frischem Obst, Gemüse, Fisch und Fleisch eröffnet. Die Kunden können dort das Essen kaufen und mitnehmen, oder sie bestellen von zu Hause aus und bekommen die Lieferung aus diesem Geschäft. Während unseres Besuchs liefen Bestellungen werden in Versandtaschen direkt an die E-Scooter-Flotte übergeben

rund 20 „Picker“ herum, die Online-Bestellungen im Laden zusammensuchten, die Waren in Taschen packten und an ein Transportsystem hängten. Die Taschen wurden dann zu den Lieferanten auf E-Scootern gebracht, die dann umgehend losfuhren! Bezahlen kann der Kunde nur über die Plattform oder an einer Kasse in bar. Kreditkarten werden nicht akzeptiert.

Kunden-Selfservice an der Kasse – dank Kameras kommt es nicht zu Diebstählen

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4. Künstliche Intelligenz sogar in der Kreation

5. Influencer Marketing 4.0

Mobvista, eine Plattform für mobiles Marketing und

„Digital Marketing ist Social Media Marketing“ oder

Nutzeranalyse, hat uns gezeigt, dass monatlich von

„Social in China is the future“. Einer der interessantesten

mehr als 2,3 Milliarden Endgeräten und rund 87.000

Termine hatten wir bei der Social-Media-Marketing-

Angeboten rund 26 Milliarden kumulierte Impressions

Agentur Viral Access. Auch in China tobt der Kampf

und über 780 Millionen Clicks am Tag in Realtime ausge­

um die Aufmerksamkeit der Consumer. Dabei kommt

wertet werden. Bei Kuaizi, einer KI-basierten Content-

dem Konsumenten eine neue Rolle zu: Er wird zum

Marketing-Plattform, die die Art der Werbeaus­spielung

Key Opinion Leader (KOL) oder sogar zum Key Opinion

für Vermarkter in China revolutioniert, wird KI zur Opti-

Consumer (KOC). Man könnte auch sagen: Influencer

mierung von Content und Gestaltung genutzt. Hier

Marketing 4.0. Für jede Marke werden die aktivsten

werden Banner, Coupons, Videos so in ihre einzelnen

Meinungsmacher und Konsumenten bestimmt.

Bild- und Textelemente zerlegt, dass für ein Banner

WeChat nennen sie hier „They Do Everything Group“.

zum Beispiel 86 Versionen produziert werden können,

Dort ist alles in Gruppen organisiert und mit dem All-

die auf der Plattform für verschiedenste Zielgruppen

tagsleben der User verbunden.

live gehen und in Realtime anhand der User optimiert werden. Das bringt angeblich bis zu 20 Prozent besse-

Anhand von über 200 Kriterien werden die für eine

re Ergebnisse bei der Cost per Action (CPA) und 30

Marke wichtigsten WeChat-Gruppen und einzelnen

Prozent mehr Leads.

KOL/KOC identifiziert. Das sind je nachdem mal 8.000 und mal 80.000! Rund ein Prozent der chinesischen Bevölkerung sind KOC oder KOL. Das ist ein Riesen­ potenzial. Diese werden von Viral Access kontaktiert und gezielt zu Influencern entwickelt. Zum Service der Agentur gehört die Bereitstellung von getestetem Content sowie eine permanente Betreuung und Coaching für die KOL/KOC. Die Betreuer nennen sich „Directors“, stehen im dauerhaften Kontakt mit den KOL/KOC und „dirigieren“ deren Markenkommunikation im Sinne der Kunden.

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Brachentrends | Mit Vollgas in die Zukunft!

6. Chinesen bauen die Stadt der Zukunft Die Stadt der Zukunft kann man sich in Shenzhen anschauen. Sie wird dort aktuell gebaut. Gewerbe und Privatwohnungen sind bestens integriert. Öffentlicher Nahverkehr keine 500 Meter, Schulen und Kindergärten nicht mehr als ein Kilometer entfernt und Einkaufsmöglichkeiten keine 200 Meter weit weg. Die Stadt ist grün, alles wird co2-frei gekühlt und mit umweltfreundlichem Strom produziert. Unsere Reisegruppe war sich einig: Solch eine zukunftsfähige Stadtplanung kennen wir aus Europa nicht. Vor sieben Jahren gab es 70 Prozent der Wolkenkratzer hier noch nicht.

Stadt der Zukunft

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7. Von der „copy nation to innovation nation“

8. China im Blick behalten

Bei nahezu allen Meetings war ein gewisser Stolz und

Die Entwicklung seit meiner ersten Reise nach China

auch der Anspruch zu erkennen: „Wir wollen Welt-

im Jahr 2017 im Vergleich zu 2020 ist atembe­raubend.

marktführer sein.“ Das Headquarter und das Expe­

Der Markt ändert sich konstant. Damals war Mobil

rience Center von Tencent setzt Standards für die

das große Ding. Das ist heute längst Standard. Heute

Zukunft. Zum Start der Besuchertour steht man quasi

sind KI und KOL/KOC die innovativen Themen. Die drei

auf der Oberfläche des Mondes, betrachtet die Erde

großen Internetgiganten Chinas werden zwar immer

von dort und kann sich die aktuellen, monatlichen,

noch mit „BAT“ abgekürzt. Nur heute heißt es nicht

aktiven Userzahlen anschauen: 1,151 Milliarden

mehr Baidu, Alibaba und Tencent. Es bedeutet jetzt:

Menschen. Die Chinesen haben Shenzhen und die Bay

Bytedance, Alibaba und Tencent. Baidu hatte kein

Area innerhalb von nur 40 Jahren Öffnungspolitik

digitales Ökosystem, somit keine Daten und auch

nicht nur zur Fabrik der Welt, sondern auch zum Sillicon

keine AI Plattform. Deshalb sind sie heute nur noch

Valley von China gemacht. Das alles folgt einer Stra-­

ein Tool und raus aus der Liga der Top-Internetunter-

te­gie, die konsequent verfolgt wird. Ihre Umsetzungs-

nehmen. Eben Shenzhen-Speed! Airbus und Amazon

stärke ist beeindruckend.

bauen hier ihre Research & Development Center in Asien auf. Tencent und Alibaba sind sowieso schon hier.

Experience Center von Tencent

Start-up-Village der Sonderwirtschaftszone von Quanhai in Shenzen

Autor: Dr. Markus Gräßler ist seit Juni 2015 Sprecher der Geschäfts-

Dr. Markus Gräßler

führung der gkk dialog in Frankfurt am Main. Der promovierte

Managing Director

Betriebswirtschaftler kümmert sich um die strategische

gkk DialogGroup GmbH

Ausrichtung und die Digitalisierung der Fullservice-Agentur

Hanauer Landstraße 154

und gilt als Experte für crossmediale Kommunikation

60314 Frankfurt

und Markenführung. Nach Stationen im Ausland startete

Telefon: +49 (0)69 7544-75

Dr. Markus Gräßler seine Karriere als Management Consultant

markus.graessler@gkk.de

bei einer Unternehmensberatung. 2003 stieg er bei gkk

www.gkk.de

dialog ein und leitete den Bereich Kundenberatung und New Business. Wegen seiner wissenschaftlich fundierten und fachlichen Expertise ist er ein gefragter Redner auf (Fach-) Konferenzen & Veranstaltungen. 2020 wurde Dr. Markus Gräßler in den Senat der Wirtschaft Deutschland berufen. DDV 02.2020 | 13


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Branchentrends im Dialogmarketing Customer Centricity? Gelobt, aber nicht gelebt! Autorin: Anne M. Schüller


Brachentrends | Customer Centricity

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Customer Centricity?

Gelobt, aber nicht gelebt! Der Kunde ist der wichtigste Mensch im Unternehmen. Kauft er, wird es leben, kauft er nicht, ist es tot. Doch fast überall fehlt er im Organigramm. Um wahrhaft kundenorientiert handeln zu können, müssen SiloStrukturen abgebaut werden. Touchpoint Manager und das Orbit-Modell zeigen den Weg.­ Während herkömmliche Manager vor allem an die

tiert, wer wem vorgesetzt und wer wem untergeben

Konkurrenz, ihre Quartalsziele und die Kosten denken,

ist. Der Chef thront ganz oben, darunter, in Kästchen

hat die Elite der Jungunternehmer längst verstanden,

eingesperrt, seine brave Gefolgsmannschaft. Die

dass sich alles, wirklich alles um die Gunst der Kunden

Führungs­riege kreist rein um sich selbst. Sie konzent-

dreht. Dort wird permanent nach Kundenproblemen

riert sich auf Macht und nicht auf den Markt. Gearbei-

und einer passenden Lösung dafür gesucht. Sämtli-

tet wird in Formationen, die man gerne „Silos“ nennt.

che Produkte, Prozesse und Technologien werden

Dabei weiß oft die rechte Hand nicht, was die linke tut,

strikt um die Kundenbedürfnisse herum orchestriert.

und alles braucht ewig. Im digitalen Sturm haben SiloFormationen – wie die Monokulturen in unseren Wäl-

Damit alles Hundertprozent passt, werden Lösungen

dern bei einem Orkan – nicht den Hauch einer Chance.

iterativ und im ständigen Austausch mit den anvi­ sierten Kunden gemeinsam entwickelt. Tradierte Unternehmen hingegen hecheln dem, was Interessen-

Silo-Formationen: aus Kundensicht chancenlos

ten und Konsumenten wünschen und wollen, meist

Die eigentlichen Probleme, die Kunden bekommen,

nur hinterher. Und sie fallen immer weiter zurück.

passieren meist crossfunktional: Kommunikations-

Denn sie bleiben organisationalen Strukturen verhaftet,

und Abstimmungsprobleme im Gerangel zwischen

die aus dem tiefsten letzten Jahrhundert stammen.

Zuständigkeiten, Bereichsegoismen und Effizienz. Doch aus Kundensicht müssen Prozesse interdiszi­

Was Kundenzentrierung wirklich bedeutet

plinär funktionieren und sich reibungslos miteinander verzahnen. Jeder im Unternehmen muss sich um das

Längst ist Kundenzentrierung die Herausforderung

Wohl der Kunden kümmern. Ein vernetzter Kunde ver-

Nummer eins. Heute erreichen Unternehmen eine

trägt keine unvernetzte Unternehmensorganisation.

Vorrangstellung nicht länger durch das, was sie tun,

Vielmehr verlangt er, analog seiner Customer Journey,

sondern darüber, wie der Kunde dies wahrnimmt –

eine hochflexible, auf seine Interessen abgestimmte

und was er Dritten dazu erzählt. Doch in klassischen

und miteinander verzahnte crossfunktionale Zusam-

Organisationsmodellen, versinnbildlicht durch ein

menarbeit. „Alle für den Kunden“, lautet also das

Organigramm, kommen die Kunden nicht einmal vor.

Credo. Aber ist das nicht völlig normal? Nein, ganz

Selbst bei Firmen, die sich Kundenorientierung groß

und gar nicht.

auf die Fahne schreiben, fehlen die Kunden im Schaubild der Organisation. Wie will man da von Customer Centricity reden? Sie wird zwar gelobt, aber nicht gelebt. Denn was vermittelt ein übliches Organigramm? Im Wesentlichen wird hierarchisch dokumen­ DDV 03.2020 | 17


Brachentrends | Customer Centricity

Silo 1

Silo 2

Silo 3

Silo 4

Silo 5

Silo 6

Die Digitalisierung verläuft quer durch das Unternehmen

Die Agilisierung verläuft quer durch das Unternehmen

Die Customer Journey verläuft quer durch das Unternehmen

Silo 7

© Anne M. Schüller

Erst der Kunde, dann die interne Effizienz Die meisten Unternehmen agieren selbstbezogen und

Alles, was nicht dem direkten Kundenwohl dient,

effizienzgetrieben. Tunlichst sollen sich die Kunden in

muss konsequent abgebaut werden. Wirklich kunden­

die von den Anbietern vorgedachten Abläufe fügen,

orientiert ist am Ende nur der, der sämtliche mögliche

umständliche Formalien akzeptieren und im Takt ihrer

Ärgernisse vom Kunden zum Anbieter verschiebt, so-

altersschwachen Software ticken. Heißt: Die Klientel

dass nur noch positive Erlebnisse übrigbleiben. Und

soll ackern, damit man selbst nicht so viel Arbeit hat.

das ist mehr als ein feiner Unterschied. Denn jede ein-

Manche Unternehmen sind richtig gut darin, Vorgehens­

zelne kundenrelevante Unannehmlichkeit ist ein Ein-

weisen mühsam zu machen, einem die Zeit zu stehlen

fallstor für Disruptoren. Also gilt: Erst der Kunde, dann

und schlechte Gefühle zu verbreiten. Niemand glaube

die interne Effizienz. Eine kundenzentrierte Organisa-

doch bitte im Ernst, dass die Leute sowas noch lange

tionsstruktur wird also gebraucht.

erdulden! Längst liegt die Macht bei den Konsumenten. Mit ihren Aktionen, bei denen sie sich zu virtuel-

Doch in Silo-Formationen bekommt jede Abteilung

len Schwärmen verbinden, können sie ruckzuck über

ihre eigenen meist starren Ziele, Budgets und Jahres-

Leben und Tod eines Anbieters entscheiden.

vorgaben, die nicht aufeinander abgestimmt sind oder sogar miteinander konkurrieren. Punktlandungen auf die Planzahlen werden bonifiziert, was nicht nur Tricksereien, sondern auch das Verfolgen von Eigeninteressen zur Folge hat. So stehen Abteilungen, wie der Name auch sagt, für Trennung, Abschottung und Isolation. Sie unterhalten ausufernde ReportingStrukturen und produzieren Vorschriftenberge. Dies sind Selbsterhaltungsmechanismen, sie dienen zudem der Bedeutungserhöhung. Und all das wird letztlich vom Kunden bezahlt.

18 | DDV 03.2020


Crossfunktional um Kundenprojekte herum

Der Brückenbauer und Kundenadvokat

Silo-Formationen sind mit der Flexibilität und dem zu-

Solange Silo-Strukturen bestehen, braucht es einen

nehmenden Tempo, das die Märkte und Kunden heute

Vertreter der Kundeninteressen, der entlang der Cus-

verlangen, nicht mehr kompatibel. Wirklich Neues

tomer Journey die jeweils involvierten Bereiche und

entsteht an Schnittstellen, in Randbezirken und dort,

Prozessketten miteinander verknüpft. Er ist das Binde­

wo flexible Einsatztruppen vernetzt, bereichsüber­

glied zwischen drinnen und draußen. Als Koordinator

greifend und selbstorganisiert agieren – aber niemals

bringt er die Kundenerlebnisse an den einzelnen

in Silos. Deshalb müssen nicht nur Hierarchien verflacht,

Touchpoints zu einem perfekten Zusammenspiel.

sondern auch bestehende Silos abgebaut werden.

Mancherorts spricht man dabei vom Customer Ex­ perience Manager, vom Customer Journey Manager

„Quer“ wird in Zukunft zu einem maßgeblichen Stich-

oder vom Customer Centricity Manager.

wort in der organisationalen Struktur. Innovationen entstehen interdisziplinär. Prozesse werden cross-

Ich nenne dieses Bindeglied, diesen Brückenbauer,

funktional optimiert. Auch die Digitalisierung läuft

diesen Kundenadvokaten im Unternehmen den Cus-

quer durch das gesamte Unternehmen, sie betrifft

tomer Touchpoint Manager. Er ist der Reisebegleiter

alles und jeden. Mit der Agilisierung ist es das gleiche.

und kümmert sich darum, dass an den einzelnen Halte­

Sie muss jeden Winkel im Unternehmen erfassen.

punkten alles wie aus einem Guss funktioniert. Er

Eine Kundenreise verläuft sowieso immer quer durch

nimmt immer die Kundensicht ein, und das wird so

die Unternehmenslandschaft über mehrere Abteilungs­

akzeptiert, auch wenn es schon mal unbequem ist.

grenzen hinweg.

Seine wichtigsten Fragen:

So organisieren sich fortschrittliche Unternehmen inter­

• Wie sieht das aus Kundensicht aus?

disziplinär um Kundenprojekte herum: der Entwickler,

• Was würden die Kunden dazu sagen?

der Designer, die Produktion, das Marketing, der Ver-

• Haben wir die Kunden dazu befragt?

trieb, der Kundendienst, die Logistik und wer sonst noch wichtig ist, agieren als Team autonom an ge-

Kernaufgabe des Customer Touchpoint Managers ist

meinsamen Aufgabenstellungen, damit das Ganze

es, an den externen Touchpoints des Unternehmens,

wie aus einem Guss funktioniert.

also den Berührungspunkten zwischen Produkten, Services, Lösungen, Marken, Mitarbeitern, Plattformen und Kunden, eine hundertprozentige Kundenfokussierung zu erreichen. Seine Rolle ist crossfunktional. Sie hat sowohl strategische als auch operative Komponenten. Sein Ziel ist die Transformation des gesamten Unternehmens hin zu einer vernetzten, kundenzentrierten Organisation.

DDV 03.2020 | 19


Brachentrends | Customer Centricity

Kundenzentriert mit dem Orbit-Modell Um das ganze Unternehmen fit für die Zukunft zu

• Der Purpose: Im Zentrum der Organisation steht

machen, haben wir das Orbit-Modell entwickelt. Im

ein kraftvoller Purpose – der Daseinssinn eines

Rahmen von neun Aktionsfeldern propagiert es den

Unter­nehmens. Er ist ökonomisch, ökologisch und

Übergang von einer herkömmlich-pyramidalen zu

sozial von Bedeutung und zugleich attraktiv für die

einer zirkulären, sich ständig weiterentwickelnden

Kunden und alle Mitarbeiter. Wie der Kern einer

dynamischen Organisation. Das neue daran zeigt sich

Frucht sichert dieser Purpose das Überleben am

wie folgt:

Markt. • Die Stellung der Kunden: Die vielbeschworene Kundenzentrierung wird in diesem Modell sofort

Das Orbit-Modell

sichtbar. Die Kunden scharen sich um den Purpose,

Organisationsmodell der Zukunft

weil dieser für sie anziehend und unterstützens-

© Anne M. Schüller, Alex T. Steffen

wert ist. Alle Mitarbeitenden kreisen um die Kunden – auf Augenhöhe und in dynamischer Interaktion. • Die Stellung der Mitarbeiter: Sie stehen nicht länger unten in einer Topdown-Hierarchie, sondern agieren gleichrangig im Kreis mit den Führungskräften und Partnern des Unternehmens auf das Kundenwohl hin. Operative Entscheidungen treffen die Mitarbeiter dezentral, crossfunktional und zumeist selbstorganisiert. • Die Stellung der Führungskräfte: Die Führungskräfte sind nicht von den Kunden separiert. So wird Kundenähe in Orbit-Organisationen nicht nur sichtbar gemacht, sondern auch tatsächlich gelebt. Die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern und Partnern des Unternehmens funktioniert gleichbe­

B1 Kundenfokussierte Brückenbauer B2 Mitarbeiterfokussierte Brückenbauer

rechtigt und Hand in Hand.

B3 Empfehler/Influencer als Brückenbauer

• Die Bedeutung der Partner: Längst bringen die Schwächen, die sich bei herkömmlichen Organisationen in Bezug auf den transformativen Wandel zeigen, immer mehr Unternehmen dazu, an Innova-

Kontakt:

tionszentren anzudocken, eigene Innovation Labs

Anne M. Schüller

aufzubauen, digitale Einheiten auszugründen und/

Management Consulting

oder mit passenden Startups zu kooperieren.

Harthauser Straße 54 81545 München

Office: +49 (0) 89 6423208 Mobil: +49 (0) 172 8319612 info@anneschueller.de www.anneschueller.de

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Solche strategischen Alliierten sind die neuen Innovationshelfer und Wachstumstreiber.


Das Buch zum Thema • Die Brückenbauer: Wenn sich in der Außenwelt

Anne M. Schüller, Alex T. Steffen

alles vernetzt, muss das auch drinnen im Unter-

Die Orbit-Organisation

nehmen passieren. Hierzu werden Brückenbauer

In 9 Schritten zum Unternehmensmodell

gebraucht, die interdisziplinäre Verbindungen

für die digitale Zukunft

schaffen und das „Sowohl-als-auch“ moderieren. Sie schließen die Kluft zwischen drinnen und draußen, zwischen oben und unten, zwischen Mensch und Denkmaschine. Zudem werden externe Fürsprecher und Influencer benötigt, die dafür sorgen, dass neue Kunden kommen und kaufen. • Die Stellung der Geschäftsleitung: Die Geschäftsleitung symbolisiert nicht länger die Spitze, sondern das Fundament einer Firma und sorgt für die notwendige Stabilität. Sie ist verantwortlich für die Transformationsstrategie und setzt sich vehement für sie ein. Zudem agiert sie als Bindeglied mit der Öffentlichkeit. Und sie ist Brückenbauer in Richtung Zukunft. • Die eingebaute Dynamik: Kreise sind ein typisches Merkmal sich dezentralisierender Organisationen. Doch auch Kreise brauchen Dynamik, indem sie

Gabal Verlag 2019, 312 Seiten, 34,90 Euro

sich miteinander verbinden. So entsteht ein System,

ISBN: 978-3869368993

in dem Aspekte der Erneuerung von jedem an jeder

Finalist beim International Book Award 2019

Stelle jederzeit initiiert werden können. In einem dynamischen System erneuert sich eine Organi­ sation aus sich heraus permanent selbst. In „Die Orbit-Organisation – In 9 Schritten zum Unternehmensmodell für die digitale Zukunft“ steht detailliert, wie die Umsetzung gelingt. Und das

Die Autorin:

Ergebnis: Ein Unternehmen, das für die digitale

Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker,

Zukunft hervorragend aufgestellt ist: zugleich

mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Business-

hochrentierlich – und zutiefst human.

coach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Zu diesen Themen hält sie Impulsvorträge auf Veranstaltungen und Fachkongressen. 2015 wurde sie für ihr Lebenswerk in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Vom Business-Netzwerk LinkedIn wurde sie zur Top-Voice 2017/2018 und vom Business-Netzwerk Xing zum Spitzenwriter 2018 gekürt. Ihr Touchpoint Institut bildet zertifizierte Touchpoint Manager sowie zertifizierte Orbit-Organisationsentwickler aus. www.anneschueller.de

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22 | DDV 04.2020


Branchentrends im Dialogmarketing Abo-Modelle der Zukunft Was der Vertrieb von Netflix & Co. lernen kann Autorin: Isabel Thormann


Brachentrends | Customer Centricity

Abo-Modelle der Zukunft

Wie die digitalen Abo-Modelle der Medien aussehen können – und was der Vertrieb von Netflix & Co. lernen kann Digitalisierung und Plattform-Ökonomie, veränderte Ansprüche jüngerer Generationen. Das alles führt dazu, dass klassische Vertriebsformen vor einem tiefgreifenden Wandel stehen. Abo-Modelle erleben dabei momentan eine überraschende Renaissance – für dauerhaften Erfolg müssen sie sich aber auf neue Kundenbedürfnisse einstellen. Abo-Modelle auf dem Vormarsch Im März 2020 war es soweit: Disney macht seinen

Beim Konsum von Produkten oder Dienstleistungen

Streamingdienst Disney+ in Deutschland verfügbar.

sind Verbrauchern zwei Dinge besonders wichtig: Flexibilität und Unkompliziertheit. Was heißt das für

Das Geschäftsmodell? Abobasiert. Nicht nur beim

die Branche - und was kann hier der Vertrieb als Best-

Film- und Serienkonsum setzen immer mehr Ver­

Practice mitnehmen?

braucher auf Abo-Modelle. Auch Modelle mit AboBoxen im Koch-, Beauty-, und Fashionbereich zeigen,

Zunächst einige Zahlen zum Hintergrund: Eine welt-

dass die Beliebtheit des Prinzips steigt und steigt.

weit durchgeführte Studie von Zuora, einem SaaS-

Subscription Economy ist der neue Trendbegriff.

Anbieter für Subscription-Management, verdeutlicht den Aufstieg von Abo-Modellen insgesamt: Ganze 71 Prozent der befragten Erwachsenen aus 12 Ländern nutzen schon heute Dienste im Abonnement. Vor fünf Jahren waren es dagegen nur 53 Prozent.

24 | DDV 04.2020


Junge Generationen haben mehr Ansprüche Auch die aktuelle Trendumfrage des BDZV, des Bundes­

Dabei waren Abo-Modelle gerade bei jüngeren Gene-

­verband Deutscher Zeitungsverleger, gemeinsam mit

rationen lange kein Thema – bis Netflix, Spotify und

der Unternehmensberatung Schickler, kommt zu ähn-

Co. kamen. Diese Anbieter haben es geschafft, die

lichen Ergebnissen. Sie prognostizieren, dass Paid

Vorteile von Abo-Modellen klar herauszustellen:

Content Abonnements im Jahr 2020 um 11-14 Prozent

simple Preispakete mit monatlichen Kündigungs-

wachsen werden.

fristen.

Während bei Print-Abos mit einem Umsatzrückgang von circa vier Prozent gerechnet wird, steht die Schaffung digitaler Abo-Modelle künftig im Mittelpunkt.

Zuora-Studie: Aufstieg von Abo-Modellen*

53 %

71 % Die Customer Journey verläuft quer durch das Unternehmen

2015 2015

2019

71 % Customer Journey verläuft quer durch das Unternehmen

2019

Die Möglichkeit, das eigene Abonnement bei Bedarf einfach anzupassen, ist ebenfalls sehr wichtig. Pakete für Singles, die Familie oder ganze Gruppen – Indivi-

2019

dualisierbarkeit ist der Schlüssel.

* Anteil befragte Erwachsenen aus 12 Ländern

Denn gerade junge Erwachsene wie Millennials äußern ihre Bedürfnisse und nehmen vorgefertigte Produkte nicht mehr so leichtfertig hin wie die Generationen vor ihnen. Bequem und zeitsparend muss es sein.

DDV 04.2020 | 25


Brachentrends | Customer Centricity

Neue Ansätze im Vertrieb sind notwendig Was für Serien und Musik gilt, lässt sich auch auf an-

Zu den neuen Vertriebswegen zählen zum Beispiel

dere Bereiche übertragen – vorausgesetzt, Unter­

Kombi-Angebote. Dabei ist individuell auswählbar,

nehmen führen vorher eine genaue Zielgruppen- und

was LeserInnen am liebsten kombinieren möchten:

Kundenanalyse durch. Auch in der Verlagsbranche tut

Printausgabe, ePaper oder Optionen, die Member-

sich aktuell viel, die Fachpresse unterliegt dem digi­talen

ship-Angebote mit Zugängen zum Onlinebereich oder

Wandel ebenfalls.

bestimmten Studien, Whitepapers etc. umfassen.

Besonders für den Vertrieb ist diese Entwicklung sehr

Zusammenhängend mit derartigen Angeboten wird

interessant. Denn fachliche Beiträge sind für die Ziel-

die Integration von Webshops immer beliebter. Dort

gruppe spannend und relevant wie eh und je. Aller-

finden Leser nicht nur alte Printausgaben, sondern

dings ändert sich deren Vermittlung grundlegend. Es

auch relevante Produkte. Für größere Verlagshäuser

müssen neue Wege des Vertriebs gefunden werden.

kann das Angebot einer App, die all das zentral ver-

Denn egal, wie gut die Inhalte sind: Fehlt es an kreativer

eint, durchaus von Nutzen sein, um ihren Lesern ein

Ausspielung in moderner Form, kommen sie nur bei

verbessertes Angebot zu bieten.

einem begrenzten Teil der Zielgruppe an.

26 | DDV 04.2020


Verlage müssen über reinen Content hinausdenken Doch Verlage können noch mehr tun, als sich den

Die neuen Möglichkeiten zeigen: Individuelle Content-

digitalen Lifestyle eines großen Teils ihrer Zielgruppe

Formate, vertrieben als Abo-Modell, haben das Poten-

zunutze zu machen. Auch was die jungen Generatio-

zial eine breite Zielgruppe zu erreichen. Bedingt durch

nen bewegt, neu entstandene Trends und Entwicklun-

Digitalisierung und Plattform-Ökonomie stehen

gen können genutzt werden, um zu zeigen: Wir teilen

traditionelle Vertriebsformen vor großen Heraus­

eure Werte und Anschauungen.

forde­rungen.

Mit der Fridays-for-Future-Bewegung ist das Thema

Das bedeutet jedoch längst nicht das Aus für Unter-

Nachhaltigkeit endgültig aus seinem Schattendasein

nehmen. Denn ihre Produkte und Dienstleistungen

getreten und bewegt weitaus mehr Menschen, als nur

ändern sich nicht wirklich. Stattdessen ist es an der

streikende Schüler und Schülerinnen. Verlage können

Zeit, verstärkt auf die sich ändernden Bedürfnisse der

daran anknüpfen, indem sie ihren Plastikverbrauch

Kunden einzugehen.

überdenken und Magazine nicht mehr länger in Plastik­hüllen versenden.

Die aktuelle Corona-Krise wertet Abo-Modelle ebenfalls auf – und das aus zwei Gründen: Zum einen

Denn das wird besonders bei der jüngeren Zielgruppe

steigt das Bedürfnis nach Unterhaltung und Ablenkung;

gar nicht gern gesehen. Aber auch beim digitalen Ver-

zum anderen sind valide, aktuelle und relevante Fach-

trieb stellt sich die Frage, was Unternehmen zum Aus-

informationen wichtiger denn je im B2B-Bereich. Auch

gleich für ihr klimaschädliches Handeln tun können.

wenn hier das Geschäft vielerorts aus Unsicherheit

Wer pro unterzeichnetem Abonnement einen Baum

ruht, wird es nach der Überwindung der Krise wieder

pflanzt, zeigt, dass Corporate Social Responsibility

an Fahrt gewinnen. Diejenigen, die einen Wissens­

seinen Weg auch bis in den Verlagsvertrieb finden

vorsprung haben, werden sicherlich eine gute Aus-

kann.

gangsposition haben. Das bietet auch für Fachverlage Chancen, gerade in dieser Zeit weiter Kontakt zum

Dies sieht man auch im Bereich der Consumer Goods:

Kunden zu halten und auf die veränderte Lage flexibel

Der Schokoladenhersteller Ritter Sport soll aktuell an

zu reagieren. Denkbar ist beispielsweise, die Zeit-

einer Markenpositionierung arbeiten, bei der auch das

schriften statt in den Unternehmenssitz privat nach

Thema Nachhaltigkeit eine Rolle spielen soll, so das

Hause zu senden – ohne Mehrkosten. Kunden werden

Werbefach-Medium W&V.

dieses Entgegenkommen schätzen.

Die Autorin:

Kontakt:

Isabel Thormann ist Data Business Managerin bei

Isabel Thormann

DataM Services, einem führenden Anbieter für plattform-

DataM-Services Ges. für

übergreifendes Adressdatenmanagement, Direktmarketing,

Adressmanagement

Office: +49 (0)931 4170-410

Leadgenerierung und Vertriebsconsulting.

Direktmarketing und

ithormann@

Vertriebsconsulting mbH

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Franz-Horn-Str. 2

www.datam-services.de

97082 Würzburg

www.datam-services.de

www.datam-services.de

DDV 04.2020 | 27


28 | DDV 06.2020


Branchentrends im Dialogmarketing Posthumanes CRM – die Entwicklung der Kundenbeziehung Autor: Martin Nitsche


Posthumanes CRM –

die Entwicklung der Kundenbeziehung Wird die Zukunft der menschlichen Evolution von einer künstlichen Intelligenz gesteuert? Wer dachte, dass sich diese Frage vermutlich nur Anhänger des Science-Fiction-Genres stellen und der Stoff höchstens für einen neuen Hollywood-Kassenschlager eignet, der irrt. Tatsächlich ist dies die Theorie eines bestimmten Zweiges der Philosophie – des Posthumanismus. Dieser vertritt die Annahme, dass Menschen durch Maschinen ergänzt oder sogar ersetzt werden. Diese Entwicklung hat längst begonnen und bringt weitreichende Konsequenzen für die Beziehung von Unternehmen mit ihren Kunden mit sich.

Der „Posthumanismus“ – eine Überwindung des gegenwärtigen menschlichen Stadiums Die posthumanistische Theorie beschäftigt sich mit

In Anlehnung an das posthumanistische Denkmodell

der Überwindung des gegenwärtigen menschlichen

gibt es im Grunde zwei mögliche Ausprägungen, wie

Stadiums. Sie besagt, dass die biologische Mensch-

sich der Mensch bzw. die Menschheit als Ganzes ent-

heit den Gipfel ihrer Evolution bereits erreicht hat und

wickelt: Entweder wird der Mensch durch Technik er-

die nächste Entwicklung von intelligentem Leben in

gänzt und seine Fähigkeiten dadurch erweitert oder

den Händen der künstlichen, computergestützten In-

verbessert oder Roboter bzw. künstliche Intelligenz –

telligenz liegt, die in vielen Bereichen dem Menschen-

also auch nicht haptische, künstliche Technologien –

überlegen sein könnte. Dieses Bild erinnert an den

werden den Menschen ersetzen. Wir müssen also

von Friedrich Nietzsche Ende des 19. Jahrhunderts

unterscheiden zwischen Menschen, technologisch

geprägten Begriff des „Übermenschen“ und ist ein

verbesserten Menschen – nennen wir sie Cyborgs –

mindestens genauso radikaler Denkansatz, der auch

und Robotern.

ein Stück weit mit Ängsten behaftet ist. Die verschiedenen Ausprägungen des Menschen im posthumanistischen Denkmodell

Mensch

Cyborg

C = 0 M = 100 Y = 100 K = 0

C = 0 M = 80 Y = 75 K = 0

R = 226 G = 0 B = 26

R = 232 G = 82 B = 81

C = 78 M = 15 Y = 31 K = 22

C = 84 M = 46 Y = 41 K = 66

R = 0 G = 133 B = 144

R = 7 G = 55 B = 64

C = 0 M= 0 Y = 0 K = 100 R = 26 G = 23 B = 27

30 | DDV 06.2020

Roboter C = 0 M= 0 Y = 75 K = 0

R = 100 G = 101 B = 103

C = 0 M C == 300 YM== 100 40 KY == 100 0 K = 0 R = 248 GR =195 = 226 BG ==1560 B = 26

C = 0 M = 80 Y = 75 K = 0

C = 0 C = 0 M = 100 M = 30 Y = 100 Y = 40 K = 0 K = 0

C = 0 M = 80 Y = 75 K = 0

R = 232 G = 82 B = 81

R = 226 R = 248 G = 0 G =195 B = 26 B = 156

R = 232 G = 82 B = 81

C = 78 C = 0 M = 15 M = 50 Y = 31 Y = 100 K = 22 K = 0

C = 84 C = 0 M = 46 M = 525 Y = 41 Y = 100 K = 66 K = 0

R = 0 R = 242 G = 133 G = 148 B = 144 B = 0

R = 7 R = 253 G = 55 G = 196 B = 64 B = 0

C = 0 C = 28 M= 0 M = 24 Y = 0 Y = 24 K = 100 K = 8

C = 0 C = 10 M= 0 M= 7 Y = 75 Y = 9 K = 0 K = 0

R = 26 R = 184 G = 23 G = 179 B = 27 B = 175

R = 100 R = 184 G = 101 G = 179 B = 103 B = 175

C = 0 M C == 50 78 YM==100 15 KY == 31 0 K = 22 R = 242 GR ==1480 BG == 133 0 B = 144

C = 0 MC ==525 84 YM==100 46 KY == 41 0 K = 66 R = 253 GR ==1967 BG == 55 0 B = 64

C = 28 M C == 240 YM== 240 KY == 80 K = 100 R = 184 GR ==179 26 BG ==175 23 B = 27

C = 10 MC == 70 YM== 90 KY == 75 0 K = 0 R = 184 GR ==179 100 BG ==175 101 B = 103


Brachentrends | Posthumanes CRM

Die Auswirkungen des Posthumanismus auf die Kundenbeziehung Zunächst einmal gibt es rein formal die direkte Be­

Systeme, das Internet, Bonussysteme, Kundenkarten,

ziehung von Mensch zu Mensch – der Kauf im Tante

Clubs oder Kassensysteme: All diese Dinge sind heu-

Emma Laden in der Zeit vor Beginn der Digitalisierung

te vorhanden und werden völlig selbstverständlich im

ist hierfür ein gutes Beispiel.

Berufsalltag eingesetzt. Das heißt im Umkehrschluss, auch wenn wir es selbst gar nicht so empfinden, dass

Der Kunde wurde damals im direkten Gespräch beraten

die reine Mensch-Mensch-Beziehung gar nicht mehr

und hat seine Waren gegen Bargeld – am besten pas-

existiert. Sie ist ausgestorben, wenn man es so

send – gekauft. Heutzutage arbeitet praktisch niemand

nennen möchte. Unternehmen sind vielmehr Cyborgs,

mehr ohne technische Hilfsmittel. Oder kennen Sie

denn die Mitarbeiter eines Unternehmens arbeiten

alle Ihre Kunden, deren Bestellhistorie, Umsatzvolumen,

alle mit technischen Hilfsmitteln, auch und insbeson-

Zahlartpräferenzen usw. auswendig? Höchstwahr-

dere im Kundenservice.

scheinlich nicht. PCs, Excel-Listen, CRMDie Beziehung von Mensch zu Mensch ist praktisch ausgestorben

en

storb ausge

Mensch

C = 0 M = 100 Y = 100 K = 0

C = 0 M = 80 Y = 75 K = 0

C = 0 M = 30 Y = 40 K = 0

R = 226 G = 0 B = 26

R = 232 G = 82 B = 81

R = 248 G =195 B = 156

C = 78 M = 15 Y = 31 K = 22

C = 84 M = 46 Y = 41 K = 66

C = 0 M = 50 Y = 100 K = 0

C = 0 M = 525 Y = 100 K = 0

R = 0 G = 133 B = 144

R = 7 G = 55 B = 64

R = 242 G = 148 B = 0

R = 253 G = 196 B = 0

C = 0 M= 0 Y = 0 K = 100

C = 0 M= 0 Y = 75 K = 0

C = 28 M = 24 Y = 24 K = 8

C = 10 M= 7 Y = 9 K = 0

R = 26 G = 23 B = 27

R = 100 G = 101 B = 103

R = 184 G = 179 B = 175

R = 184 G = 179 B = 175

Mensch

DDV 06.2020 | 31


Brachentrends | Posthumanes CRM

AI-Assistant to human Agents ist eine Kundenservice Software von Zhuiyi Technology

AI for Customer Engagement AI Assistant to human agents: Improve service efficiency and boost Smart bot -human transition logic Flexible and customized bot-human transition logic based on e motion and sensitivity detection, rejection model and business logics.

mprove service efficiency and boost Skill -based routing Assign customers to the right agents to provide targets service.

Top transcript recommendation

n

d

Bot Education

Understand customers’ real intent and recommend the best pitch for human agents.

Service process navigation List the step-by-step task flow for complex business scenarios and provide real-time guidance for agents.

Efficient Bot training Agents 'interaction with bots can train the bot to yield better service.

Real-time pitch recommendation identify business scenario

Extract data from CRM to provide background for the conversation

Real-time process navigation

Bot Education

Ein gutes Beispiel dafür ist der „AI-Assistant to human

wahrscheinlichsten geeignet ist. Dieser Agent wird

Agents“ für den Einsatz in Kundenservice- und Call-

dann wiederum mit „Recommendation Engines“, also

centern vom Softwareanbieter Zhuiyi Technology

mit möglichen Antworten, die zu diesem Thema pas-

Real-time pitch der DDV– ein Unternehmen, das die Teilnehmer recommendation

sen, unterstützt. Gleichzeitig wird der Bot dadurch

DialogTour nach Asien Anfang dieses Jahres live kennenlernen konnten. Das Spannende ist: Bevor ein identify business scenarioKunde eines Unternehmens, das diese Technologie

Extract data from CRM to provide wieder trainiert. Auf ganz unterschiedlichen Ebenen background for the conversation wird hier der Mensch schon in seiner Arbeit unterstützt, sozusagen ein „enhanced human being“.

einsetzt, in das Callcenter gelangt, landet er zunächst bei einem Bot. In einer ersten AI-Stufe erkennt dieser

Real-time process Bot völlig selbständig, ob er die Anfrage des Kunden navigation

auch auf der Kundenseite bzw. auf der Verbraucher-

eigenständig bearbeiten kann oder ob er damit über-

seite. Denn jeder Verbraucher ist ein Cyborg – also

fordert ist. Und wenn er überfordert ist, erkennt er das

Sie und ich. Glauben Sie nicht? Dann denken Sie nur

und übergibt die Kundenanfrage an einen menschli-

mal an Ihr Smartphone, das Sie gerade neben sich lie-

chen Agenten. So können Bots mittlerweile eigen-

gen haben. Jeder von uns nutzt Handys oder andere

ständig Kunden auf Basis einer Paketnummer die

mobile Endgeräte, um mithilfe von Google Maps den

Information geben, in welchem Status sich die be-

nächst gelegenen Parkplatz oder das nächste Mee-

stellte Ware derzeit befindet. Doch es geht noch weiter.

ting zu finden, um einzukaufen und Preise zu ver­

In einer zweiten AI-Stufe routet der Bot im Fall seiner

gleichen oder um Kontakt zu anderen Menschen und

Überforderung nicht an irgendeinen Agenten. Statt-

Unternehmen aufzunehmen. Demzufolge ist auch die

dessen weiß er, welche Fähigkeiten die Agents be­

Mensch-Cyborg-Beziehung bereits längst Geschichte.

sitzen und routet dann den Kunden an denjenigen Agenten, der für diese spezifische Fragestellung am

32 | DDV 06.2020

Das ist aber nicht nur auf der Firmenseite so, sondern


Die Beziehung zwischen zwei Cyborgs ist die heutige Normalität

e heutig

C = 0 M = 100 Y = 100 K = 0

C = 0 M = 80 Y = 75 K = 0

C = 0 M = 30 Y = 40 K = 0

R = 226 G = 0 B = 26

R = 232 G = 82 B = 81

R = 248 G =195 B = 156

lität

Norma C = 78 M = 15 Y = 31 K = 22

Cyborg

C = 84 M = 46 Y = 41 K = 66

C = 0 M = 50 Y = 100 K = 0

C = 0 M = 525 Y = 100 K = 0

R = 0 G = 133 B = 144

R = 7 G = 55 B = 64

R = 242 G = 148 B = 0

R = 253 G = 196 B = 0

C = 0 M= 0 Y = 0 K = 100

C = 0 M= 0 Y = 75 K = 0

C = 28 M = 24 Y = 24 K = 8

C = 10 M= 7 Y = 9 K = 0

R = 26 G = 23 B = 27

R = 100 G = 101 B = 103

R = 184 G = 179 B = 175

R = 184 G = 179 B = 175

Cyborg

Die heutige Normalität in der Kundenbeziehung sind,

Und auch hier ist noch nicht das Ende der Fahnen-

wenn man es mal realistisch betrachtet, zwei Cyborgs,

stange erreicht. Um noch einmal das Beispiel des

die unterstützt durch Künstliche Intelligenz oder an-

Unternehmens von vorhin aufzugreifen. Zhuiyi

dere Technik miteinander interagieren. Das ist uns

Technology positioniert sich nicht als AI-Software-

mittlerweile in Fleisch und Blut übergegangen. Des-

An­bieter, sondern als ein Anbieter von „digital Work-

halb denken wir darüber gar nicht mehr nach. Aller-

forces“. Insgesamt hat das Unternehmen 50 Job­

dings ist das noch nicht das Ende, ganz im Gegenteil:

­profile definiert, deren Aufgaben es mithilfe seiner

Wir befinden uns aktuell in einer Entwicklung, die

Software erledigen kann. Von „Campus Butler“ über

deutlich weiter geht. Unternehmen der Zukunft könn-

den „Report Analyst“, den „HR-Assistant“ bis zum „Di-

ten sich vom Cyborg zum reinen Roboter entwickeln.

gital Sales Representative“.

Die Fundamente dazu sind heute bereits gelegt. Wer bei Amazon etwas bestellt, tut dies in einem System und nicht bei einem Menschen. Im Notfall kann man dort zwar anrufen und bekommt dann menschliche Unterstützung. Der Standardfall ist jedoch bereits, dass ich etwas online bestelle und der Bestellprozess vollautomatisch initiiert wird – also eigentlich schon eine Cyborg-Roboter-Beziehung. Technologisch unterstützte Menschen interagieren mehr und mehr mit Robotern

e heutig

C = 0 M = 100 Y = 100 K = 0

C = 0 M = 80 Y = 75 K = 0

C = 0 M = 30 Y = 40 K = 0

C = 0 M = 100 Y = 100 K = 0

C = 0 M = 80 Y = 75 K = 0

R = 226 G = 0 B = 26

R = 232 G = 82 B = 81

R = 248 G =195 B = 156

R = 226 G = 0 B = 26

R = 232 G = 82 B = 81

lität

Norma

Cyborg

C = 78 M = 15 Y = 31 K = 22

C = 84 M = 46 Y = 41 K = 66

C = 0 M = 50 Y = 100 K = 0

C = 0 M = 525 Y = 100 K = 0

C = 78 M = 15 Y = 31 K = 22

C = 84 M = 46 Y = 41 K = 66

R = 0 G = 133 B = 144

R = 7 G = 55 B = 64

R = 242 G = 148 B = 0

R = 253 G = 196 B = 0

R = 0 G = 133 B = 144

R = 7 G = 55 B = 64

C = 0 M= 0 Y = 0 K = 100

C = 0 M= 0 Y = 75 K = 0

C = 28 M = 24 Y = 24 K = 8

C = 10 M= 7 Y = 9 K = 0

C = 0 M= 0 Y = 0 K = 100

C = 0 M= 0 Y = 75 K = 0

R = 26 G = 23 B = 27

R = 100 G = 101 B = 103

R = 184 G = 179 B = 175

R = 184 G = 179 B = 175

R = 26 G = 23 B = 27

R = 100 G = 101 B = 103

Roboter

DDV 06.2020 | 33


Brachentrends | Posthumanes CRM

Das asiatische Unternehmen verkauft also keine Soft-

Amazon wächst enorm und das, ohne eine emotionale

ware, sondern es verkauft digitale Arbeitskräfte. Wer

Beziehung zu seinen Kunden aufzubauen. Tolle Service,

Callcenter Agenten benötigt, bekommt diese von Zhi-

hohe Produktvielfalt, ordentliches Preisniveau, schnelle

uyi Technology, aber eben virtuell – Roboter, die Auf-

Lieferung. Also vielleicht klappt es doch auch mit der

gaben übernehmen. Im vergangenen Jahr hat das

Ratio? Untersuchungen zeigen jedoch ganz klar: Kun-

Unternehmen dadurch Arbeitskosten in Höhe von 185

den, die eine höhere Emotion für ein Unter­nehmen ha-

Millionen US-Dollar in die Wirtschaft fließen lassen –

ben, sind nicht nur kurzfristig begeisterter, sondern

oder anders ausgedrückt: 185 Millionen US-Dollar

kaufen mehr, empfehlen die Firma besser weiter,

wurden an menschlichen Arbeitskräften eingespart.

haben mehr Vertrauen und werden Fehler – also Ent­

Das heißt, wir bewegen uns auf eine Welt zu, in der

täuschungen – eher tolerieren. Die Wahrscheinlich-

Künstliche Intelligenz tatsächlich zunehmend Jobs

keit, dass solche emotional gebundenen Kunden

übernimmt. Das ist kein Zukunftsszenario aus 2045,

auch neue Produkte und Services ausprobieren, ist

das passiert jetzt gerade!

ebenfalls deutlich höher. Diese Emotionen in der Kundenbeziehung sind also wichtig für Unternehmen. Sie führen zu mehr Umsatz und Gewinn, um es simpel

Emotionale Kunden sind wichtiger als nur

auszudrücken. Eine Untersuchung im Harvard Busi-

zufriedene Kunden

ness Review hat gezeigt, dass selbst ein hochzufrie-

„People do choose their brands in the same way they

dener Kunde nur halb so wertvoll wie ein emotional

choose their friends”. Dieses Zitat stammt von Stephen

begeisterter Kunde ist. Das wird für den B2B-Bereich

King, aus dem Jahr 1973 wohlgemerkt. „The brand,

im Kern genauso gelten wie für den B2C-Sektor.

your friend“ sozusagen. Und das in einer Welt, wo die

Unternehmen kommen um eine emotionale Kunden-

andere Seite ein Roboter ist. Merkwürdig, oder? Aber

beziehung also nicht herum, wenn sie alle Wachstum-

genau solche Emotionen versuchen Unternehmen mit

spotenziale heben wollen.

ihre Kunden aufzubauen. Doch wie geht das? Wie können Unternehmen eine Beziehung aufbauen, die

Der Wert einer Beziehung aus Sicht eines Kunden ist

so starke Emotionen auslöst, obwohl wir eigentlich

die Summe seiner positiven Erfahrungen abzüglich

heute schon in einem Entwicklungsstadium irgendwo

der Summe seiner negativen Erfahrungen (Seman-

zwischen Cyborg zu Cyborg oder Cyborg zu Roboter

tische Erinnerungen) ergänzt um den emotionalen

unterwegs sind? Und vor allem: Was versprechen sich

Nutzen (Episodische Erinnerungen) abzüglich der

Unternehmen denn von dieser Emotionalität? Man

monetären Kosten.

könnte ja auch komplett auf Emotionen verzichten. Der Wert einer Beziehung aus Sicht des Kunden

Der Wert einer Beziehung aus Sicht des Kunden

34 | DDV 06.2020

=∑

Positive

- n· ∑

Erfahrungen

Negative Erfahrungen

+

Emotionaler Nutzen

Semantische

Episodische

Erinnerungen

Erinnerungen

-

Kosten


Beispiele für positive Erfahrungen können sein, dass

Wir sind auch in der „Perception of Intelligence“, also

eine Bestellung pünktlich geliefert oder eine Be-

dem Hören, Sehen und Fühlen schon sehr weit. Das

schwerde schnell und zur Zufriedenheit des Kunden

können Roboter heute schon sehr gut. Man denke nur

bearbeitet wurde. Negative Erfahrungen werden je-

an Bilderkennungsverfahren oder an Sprachassisten-

doch höher gewichtet als positive Erfahrungen. So

ten. Die „Cognitive Intelligence“, also die Anwendung

funktioniert die menschliche Psyche. Wenn uns was

von Sprache und Wissen und dem Schlussfolgern

Schlechtes widerfährt, dann ist das immer präsenter

durch Künstliche Intelligenz, wird aktuell entwickelt

als die vielen guten Sachen, die vorher passiert sind.

und ist auch teilweise schon in Anwendung. So wer-

Der emotionale Nutzen ergänzt diese Erinnerungen.

den heute schon viele Zeitungsartikel nicht mehr von

Spannend dabei ist, dass der emotionale Nutzen typi-

Menschen geschrieben. Die deutsche Fußballliga er-

scherweise nicht aus den semantischen Erinnerun-

zeugt jedes Wochenende dreißig- bis vierzigtausend

gen entsteht, also aus den harten Fakten, die ein

Zeitungsartikel durch einen Computer. Die Berichter-

Kunde erinnert, sondern aus den episodischen Erin-

stattung über die gesamten Ligen unterhalb der Regi-

nerungen, aus den Geschichten. Das können die Ge-

onalliga wird automatisch durch eine KI erzeugt, das

schichten aus der Werbung sein, das können aber

schreibt kein Mensch mehr. Im Bereich der „Creative

genauso Geschichten über ein Unternehmen sein, die

und Emotional Intelligence“ – das, was wir eigentlich

man selbst erlebt hat oder die einem andere erzählt

bräuchten – sind wir zurzeit allerdings noch nicht.

haben. Das ist der Grund, warum Storytelling für Un-

Roboter können Emotionen – zumindest heute –

ternehmen im CRM so relevant ist. Das Problem ist

noch nicht erzeugen. „Humans think second and feel

nur: Wie soll ein Roboter eine episodische Erinnerung

first. Roboters do not feel at all.“ Perspektivisch wer-

erzeugen? Wie soll er eine Geschichte, ein Gefühl,

den wir in den kommenden Jahrzehnten dort vermut-

eine solche Emotion übermitteln?

lich aber einmal ankommen. Aktuell ist für uns noch nicht vorstellbar, wie ein Computer eine solche Ge-

Braucht es Emotionen in einer Welt von Robotern?

schichte, eine so menschliche Emotion, erzeugen kann.

Wenn man die verschiedenen Entwicklungsstufen Künstlicher Intelligenz einmal genauer betrachtet, dann fällt auf, dass einiges davon bereits existiert und im Alltag auch angekommen ist, so zum Beispiel im Bereich des Berechnens und des Speicherns von Daten auf Basis von KI, der „Computational Intelligence“. Die verschiedenen Stufen künstlicher Intelligenz

Creative & EmotionaleIntelligence

Wo bleibt die Emotion?

Cognitive Intelligence (Sprache, Wissen, Folgern)

Das wird entwickelt

Perception of Intelligence (Sehen, Hören, Fühlen)

Das gibt es

Computional Intelligence (Speichern, Berechnungen)

DDV 06.2020 | 35


Ist die Beziehung zwischen zwei Robotern die Realität von morgen?

C = 0 M = 100 Y = 100 K = 0

C = 0 M = 80 Y = 75 K = 0

C = 0 M = 30 Y = 40 K = 0

R = 226 G = 0 B = 26

R = 232 G = 82 B = 81

R = 248 G =195 B = 156

C = 78 M = 15 Y = 31 K = 22

C = 84 M = 46 Y = 41 K = 66

heutig

C = 0 M = 525 Y = 100 K = 0

R = 0 G = 133 B = 144

R = 7 G = 55 B = 64

R = 242 G = 148 B = 0

R = 253 G = 196 B = 0

C = 0 M= 0 Y = 0 K = 100

C = 0 M= 0 Y = 75 K = 0

C = 28 M = 24 Y = 24 K = 8

C = 10 M= 7 Y = 9 K = 0

C = 0 M= 0 Y = 0 K = 100

R = 26 G = 23 B = 27

R = 100 G = 101 B = 103

R = 184 G = 179 B = 175

R = 184 G = 179 B = 175

R = 26 G = 23 B = 27

C = 0 M = 50 Y = 100 K = 0

C = 0 M = 100 Y = 100 K = 0

Roboter

Das hat Auswirkungen auf die Realität von morgen.

36 | DDV 06.2020

R = 226 G = 0 B = 26

ät

alit e Norm

C = 78 M = 15 Y = 31 K = 22

Roboter

Emotionen aus. Sie sind aus der technischen Perspek­

Wenn nicht mehr der Mensch oder Cyborg mit Ro­

tive unnötig. Da werden lediglich Nullen und Einsen hin

botern interagiert, sondern wenn ich zum Beispiel einen

und her übertragen. So ähnlich wie Transaktionen und

Sprachassistenten wie Alexa in Verbindung mit einem

die Ausspielung von Online-Werbung heute schon

anderen Gerät nutze, um Dinge des täglichen Lebens

funktionieren. Innerhalb von Millisekunden wird ent-

zu erledigen. Das können ganz simple Dinge sein: „Ich

schieden, welches Banner ich sehe. Da gibt es auch

brauche Batterien“. Alexa überträgt den Sprachbefehl

keine Emotion. Zwischen zwei Robotern – machen

an ein System oder Gerät, das die Batterien besorgt.

wir uns nichts vor – braucht es keine Emotionen. Aber

Diese Roboter-Roboter-Beziehung kommt völlig ohne

Unternehmen wollen und brauchen diese Emotionen!

R = 0 G = 133 B = 144


Emotionen wird es auch weiterhin zwischen den Menschen hinter den Robotern geben

ichtig!

er noch w

sind imm motionen

E

Mensch

Roboter

C = 0 M = 100 Y = 100 K = 0

C = 0 M = 80 Y = 75 K = 0

R = 226 G = 0 B = 26

R = 232 G = 82 B = 81

C = 0 M = 50 Y = 100 K = 0

C = 78 C = 0 M = 15 M = 525 Y = 31 Y = 100 K = 22 K = 0

C = 84 M = 46 Y = 41 K = 66

R = 7 G = 55 B = 64

R = 242 G = 148 B = 0

R = 0 R = 253 G = 133 G = 196 B = 144 B = 0

R = 7 G = 55 B = 64

C = 0 M= 0 Y = 0 K = 100

C = 0 M= 0 Y = 75 K = 0

C = 28 M = 24 Y = 24 K = 8

C = 0 C = 10 M= 0 M= 7 Y = 0 Y = 9 K = 100 K = 0

C = 0 M= 0 Y = 75 K = 0

R = 26 G = 23 B = 27

R = 100 G = 101 B = 103

R = 184 G = 179 B = 175

R = 26 R = 184 G = 23 G = 179 B = 27 B = 175

R = 100 G = 101 B = 103

C = 0 M = 100 Y = 100 K = 0

C = 0 M = 80 Y = 75 K = 0

C = 0 M = 30 Y = 40 K = 0

R = 226 G = 0 B = 26

R = 232 G = 82 B = 81

R = 248 G =195 B = 156

C = 78 M = 15 Y = 31 K = 22

C = 84 M = 46 Y = 41 K = 66

R = 0 G = 133 B = 144

Roboter

C = 0 M = 100 Y = 100 K = 0 R = 226 G = 0 B = 26

C = 78 M = 15 Y = 31 K = 22 R = 0 G = 133 B = 144

C = 0 M= 0 Y = 0 K = 100 R = 26 G = 23 B = 27

C = 0 M = 30 Y = 40 K = 0

C = 0 M = 80 Y = 75 K = 0

C = 0 M = 30 Y = 40 K = 0

R = 232 G = 82 B = 81

R = 248 G =195 B = 156

C = 0 M = 50 Y = 100 K = 0

C = 0 C = 84 M = 525 M = 46 Y = 100 Y = 41 K = 0 K = 66

C = 0 M = 50 Y = 100 K = 0

C = 0 M = 525 Y = 100 K = 0

R = 242 G = 148 B = 0

R = 253 R = 7 G = 196 G = 55 B = 0 B = 64

R = 242 G = 148 B = 0

R = 253 G = 196 B = 0

C = 28 M = 24 Y = 24 K = 8

C = 10 C = 0 M= 7 M= 0 Y = 9 Y = 75 K = 0 K = 0

C = 28 M = 24 Y = 24 K = 8

C = 10 M= 7 Y = 9 K = 0

R = 184 G = 179 B = 175

R = 184 R = 100 G = 179 G = 101 B = 175 B = 103

R = 184 G = 179 B = 175

R = 184 G = 179 B = 175

R = 248 G =195 B = 156

Mensch

Innerhalb einer solchen Roboter-Roboter-Beziehung

schen den beiden Robotern stattfinden. Aber er wird

steht hinter dem einen Roboter ein Unternehmen, das

hoffentlich – und daran glaube ich fest – bei all den

seinem Roboter vermutlich einen Rahmen und eine

technologischen Fortschritten auch auf lange Sicht

Zielrichtung gibt. Hinter dem anderen Roboter steht

noch zwischen den Menschen stattfinden, die hinter

ein Mensch, nämlich der Kunde, der den Auftrag er-

den jeweiligen Robotern stehen. Vom Unternehmen

teilt. Und dieser Mensch wird weiterhin Präferenzen

hin zum Kunden. Diese Emotionen sollten Unter­

haben, bestimmte Produkte und Marken anderen be-

nehmen bei all der Technik, die sie bereits einsetzen

vorzugen: „Ich brauche Batterien von Varta“. Das

und künftig einsetzen werden, nicht vergessen. In

heißt, der eigentliche emotionale Teil wird nicht zwi-

diesem Sinne: Erzeugen Sie Emotionen!

Kontakt: Der Autor Martin Nitsche ist Gründer und Geschäftsführer

Martin Nitsche

der Solveta GmbH und Präsident des Deutschen Dialog­

Präsident des

marketing Verbands DDV. Er gilt als einer der führenden

Deutschen Dialogmarketing

CRM- und Marketing-Experten Deutschlands. Nach einem

Verbandes e.V

Studium der Wirtschaftsinformatik begann er seine Be-

Hahnstraße 70

Tel. +49 69 401 276-560

rufslaufbahn in der Beratung und arbeitete später bei der

60528 Frankfurt

m.nitsche@ddv.de

Deutschen Bank, in der Grey und der BBDO Gruppe bevor

.

www.ddv.de

er Leiter Marketing Privat- und Geschäftskunden in der Commerzbank wurde.

DDV 06.2020 | 37


38 | DDV 10.2020


Branchentrends im Dialogmarketing Workforce Management in modernen Contact Centern Kundenservice vereinfachen und kanalisieren Autor: Andreas Marx


Der Bedarf für Workforce Management in modernen Contact Centern –

den Kundenservice vereinfachen und kanalisieren COVID-19 hat in den vergangenen Monaten von den Contact Centern viel Geduld und Flexibilität abge­ fordert. Zuvor haben Organisationen es befürwortet, die persönliche Zusammenarbeit zu bevorzugen, und Arbeiten außerhalb des Standorts nur bei absoluter Notwendigkeit zuzulassen. Nun steht die Heraus­for­ derung bevor, eine hybridere Struktur zu ermöglichen. Für manche Agent*innen mag es ausreichend sein, von extern her zu arbeiten, aber andere benötigen auch die Rückkehr in festere Arbeitsstrukturen. Als Arbeitgeber ist es Ihre Aufgabe, mit jedem in gutem Kontakt zu stehen – egal von wo aus diese arbeiten. Workforce Management (WFM) Systeme unterstützen

Calabrio legt Wert darauf, dass unsere Kunden eine

solche Lösungen. Geben Sie den Agent*innen maxi-

moderne Arbeitsumgebung im Contact Center reali-

male Selbstorganisationsmöglichkeiten an die Hand,

sieren können. Im Folgenden beschreiben wir unseren

um beispielsweise deren Schichten zu organisieren,

Ansatz von Workforce Management, welcher es Ihnen

während Sie auch die Zufriedenheit des Mitarbeitenden

ermöglicht, eine agile und hybride Arbeitsform aufzu-

messen können und sich deren Bedarf anpassen

bauen.

können. 40 | DDV 10.2020


Brachentrends | Workforce Management

Perspektivenwechsel in der Arbeitszeitplanung Von einem anderen Ort aus zu arbeiten, eröffnet zwar

Unsere Calabrio WFM Suite erlaubt es jedem Ein­

den jeweiligen Teammitgliedern mehr Flexibilität, doch

zelnen, sich stärker selbst zu organisieren. Folgende

es bringt auch neue Herausforderungen mit sich. Es

Beispiele beschreiben, wie die Arbeitsorganisation

kann ziemlich undurchsichtig werden, wer wann von

praktisch umgesetzt wird:

wo aus arbeitet. Deswegen ist es notwendig, dass die Agent*innen ihren eigenen Arbeitseinsatz selbst

• Aufgrund der wegfallenden Pendelzeit kann

planen können. Darüber hinaus sollten sie geschult

eine grundsätzlich höhere Arbeitszeit

werden, wie sich die Kundenerwartungen derzeit

angeboten werden.

stetig verändern.

• Für Kinderbetreuung, Ermöglichung von Bring- und Holzeiten oder anderen dringenden Situationen werden die Arbeitszeiten reduziert

Vergleich Arbeitsplätze in einem Contact Center vor und nach der Pandemie:

oder verändert. • Selbstorganisation von Agent*innen in ihren Tageszeitplänen mit der Möglichkeit, Essens- und Pausenzeiten anzupassen.

73%

Jedes dieser Beispiele bezieht sich auf die Arbeit­ nehmerschaft. Manager und Angestellte sind aus­ reichend damit ausgelastet, ihr Leben in Zeiten einer Pandemie zu organisieren. Indem Sie es ermöglichen, dass die Arbeitszeitplanung mittels dem Calabrio

73% Erwarten, dass die Arbeitsplätze In einem

WFM System automatisiert werden kann, können Sie

Kontakt Center im Vergleich zu vor der

die grundsätzliche Flexibilität der Arbeitszeitplanung

Pandemie sehr anders aussehen werden.

aufrecht erhalten und sich auch auf noch weitere unvorhersehbare Ereignisse vorbereiten.

Wie die Mitarbeiter engagiert bleiben

63%

Es gibt reichlich Arbeitsgruppen, Initiativen und Handlungsempfehlungen, welche sich mit der Thematik des Engagements innerhalb von hybriden Teams beschäftigen. Die eigentliche Herausforderung ist letzt-

63% Glauben, dass die Lage dauerhaft bestehen bleibt.

endlich, wie wir die Effektivität solcher Programme messen. Das Qualitätsmanagement wird in einer hybriden Arbeitsorganisation sogar noch wichtiger. Dafür benötigen Sie die richtige Datengrundlage, um die Leistung eines Agenten überhaupt beurteilen zu können.

DDV 10.2020 | 41


Brachentrends | Workforce Management

Die Calabrio WFM bietet mehrere Wege der Um­

Wenn die rückblickenden Analysen der vergangenen

setzung, wie Mitarbeiterengagement gemessen und

Monate Änderungsbedarf aufzeigen, ergreifen Sie

gefördert werden kann:

doch die Chance, um geschickt die Belegschaftsplanung anzupassen. Die oben genannten Beispiele, ge-

• Responsives, direktes Feedback bietet rasche Kurskorrektur und Anpassungen • Gamification Tools, welche gesunden Wettbewerb

paart mit automatisierender Technologie, verhelfen Ihnen zu einer belastbaren Messung von Mitarbeiterengagement.

fördern, die in das System eingebunden sind. • Dashboards, welche die Personalplanungen

Künstliche Intelligenz, selbstlernende Systeme und

vorhersagen: Unter- oder Überbesetzung innerhalb

andere intelligente Automationen können Agent*innen

des Arbeitstages.

in ihren Arbeitsaufgaben ergänzen und ihnen zu opti-

• Belastbare Analysen, ohne dass zusätzlich eine teure Inhouse-Lösung benötigt wird.

miertem Einsatz verhelfen. Keineswegs kann Technologie die Customer Experience ersetzen, sondern zu einer intuitiveren und passgenaueren persönlichen Dienstleistung verhelfen. Contact Center benötigen keine aufgesetzten Produkte, sondern integrierte Automation und intelligente Tools, um sich mittels Smart Technology nahtlos in die Arbeitsplanungs­ prozesse einzufügen.

Mitarbeiterengagement und Kosten-Optimierung

7 von 10 Contact Center Manager glauben, dass das verbessertes Mitarbeiterengagement zur Kosten-Optimierung führt.

42 | DDV 10.2020

Calabrio revolutioniert die Art und Weise wie Enterprise

Mitarbeiter Interaktion zu ermöglichen, im Büro als auch

Unternehmen im Home-Office mit Ihren Kunden inter-

im Home-Office. Dies verbessert die Qualtiät des Kunden­

agieren. Mithilfe von Calabrio ONE®, einer hollistischen

services spürbar und dauerhaft. Calabrio ONE ist einfach in

Software Suite die unter anderem Anrufaufnahmen, Quality

der Nutzung und weltweit verfügbar, was der Betriebsführung

Management, Workforce Management, Voice Analytics und

dabei hilft Aktivitäten und Resourcen schnell und effizient

Advanced Reporting beinhaltet, wird es spielend möglich

an die Nachfrage des modernen, von zu Hause ausarbeiten­

sämliche Aufnahmen, Kundeninteraktionen sowie zu­

den Multi-Channel Kunden anzupassen. Die Calabrio

sätzliche relevante Datensätze zu verarbeiten und somit

Plattform ist nicht nur zertifiziert und sicher, sondern auch

eine einheitliche Perspektive auf jede einzelne Kunden-

modular in der Public, Private und Hybrid Cloud verfügbar.


Rasche Anpassung an Kundenbedürfnisse Unser aktueller Bericht zur Lage der Contact Center

Wiederum andere Branchen stehen besser da als je

zeigt, dass die Kundenerwartungen anders aussehen

zuvor. Doch ganz gleich, von welcher dieser beiden

und somit bedient werden, wenn die Pandemie ab-

Voraussetzungen Sie ausgehen, besteht eine über-

flauen wird. Die Kunden erwarten dann weiterhin

wältigende Notwendigkeit für agile, flexible und

mehr innerhalb der Interaktion mit dem Contact

skalier­b are Arbeitslösungen. Und diese sollten in

Center. Dies beinhaltet Kommunikationsangebote auf

kurzer Zeit und nicht in Monaten umsetzbar sein.

mehreren Kanälen und größere emotionale Empathie. Unsere Calabrio WFM ist dafür geschaffen, damit Sie in Ihrer Organisation dafür gerüstet sind, mit den kommenden Herausforderungen gekonnt umzu­

90%

gehen. Bitte finden Sie hier einige Beispiele, wie Sie die WFM Suite von Anfang an richtig nutzen können: • Multiple Modelle für die Nutzung: On-premise, Cloud oder Hybrid. Die Skalierbarkeit ist in jeder

90% der Contact-Manager erwarten eine höhere Nachfrage nach Contact-Center-AnalyticsErkenntnissen aus jeder Abteilung.

Ausprägung des Programms enthalten. • Remote-fokussierte Anwendungen, welche Erkenntnisse aus virtuellen Meetings einspielen. • Partnerschaften mit führenden Cloud Providern, welche innerhalb von wenigen Tagen virtuelle Contact Center schaffen können.

72%

Die Kundenerwartungen verändern sich. Stellen Sie also sicher, dass Ihr Contact Center diesen neuen Erwartungen begegnen wird. Indem Sie hybride Arbeitsmodelle ausbauen und dabei ein Workforce

72% mehr Reports von Kontakt-Center-Analytics werden aus der Führungsebene verlangt.

Management Programm wie Calabrio WFM nutzen, können Sie flink und flexibel auf neue Herausfor­ derungen reagieren.

Diese Infrastruktur aufzubauen, um all diesen Er­war­ tungen zu entsprechen, ist kein Kinderspiel. Manche

Für mehr Informationen zur Calabrio WFM Suite be­

Unternehmen wurden in der Phase der Pandemie in

suchen Sie bitte unsere Webseite:

einen großen Organisationswandel gezwungen.

www.calabrio.com/de

Kontakt: Andreas Marx ist Sales Engineer D-A-CH bei Calabrio/

Andreas Marx

Teleopti GmbH. Dort ist er für den Presales-Bereich in

Sales Engineer D-A-CH

Zentraleuropa verantwortlich. Mit über 20 Jahren Erfahrung

Calabrio GmbH

im Bereich Consulting und Professional Services wirkte

Bismarckstraße 142

er in der Durchführung nationaler und internationaler

47057 Duisburg

.

Tel. +49 152 0497 8233

Implementierungs- und Consulting-Projekten mit – davon

andreas.marx@calabrio.com

15 Jahre im Bereich Workforce Optimization.

www.calabrio.com/de

DDV 10.2020 | 43


44 | DDV 11.2020


Branchentrends im Dialogmarketing Das Ende des Bauchgefühls – Die Zukunft des Vertriebs Autor: Dennis Berressen


Das Ende des Bauchgefühls –

Die Zukunft des Vertriebs Weg vom Bauchgefühl, hin zu einer datenbasierten Prognose: Was wäre, wenn Sie bereits im Voraus wüssten, bei welchen potenziellen Kunden es sich lohnt, Zeit und Geld zu investieren? Sie würden Streuverluste vermeiden, indem Sie gezielt umsatzstarke Neukunden ansprechen, Zeit und Recherche­ aufwand einsparen und Ihre Vertriebseffizienz steigern. Wie Smart Data bestimmt, wen Ihr Vertrieb als Nächsten anruft, erfahren Sie im folgenden Beitrag.

Erhöhung der Abschlussquoten durch Smart Data

In den letzten Jahren ist die Auswertung von Daten zu einer echten Aufgabe geworden. Aufgrund der wach-

Der Vertrieb steht immer wieder vor der Heraus­-

senden Digitalisierung und Vernetzung stehen immer

­for­derung, potentielle Kunden zu identifizieren, anzu-

mehr Daten zur Verfügung. Das Konzept von Smart

sprechen und diese zu gewinnen. In der Vergangen-

Data ebnet den Weg von einmaligen Datenanalysen

heit wurde das Kundenverhalten aus dem Bauch

zu ständig verfügbaren Informationen.

heraus interpretiert. Heute nehmen Daten diesen Platz

46 | DDV 11.2020

ein. Denn Daten enthalten das Wissen darüber, was

Mit Hilfe von Technologien wie AI können große

Kunden wirklich wollen, was sie glücklich oder un-

Datenmengen (Big Data) in intelligente Daten (Smart

glücklich macht. Allerdings nur, wenn Big Data zu

Data) umgewandelt und für den Vertrieb verwendet

Smart Data wird.

werden.


Brachentrends | Zukunft des Vertriebs

Smart Data erkennt Zusammenhänge, an die der Mensch nicht mal denken würde Die Digitalisierung bietet neue Möglichkeiten und

In einer Zeit des Hyperwettbewerbs ist die Digitali­

Chancen für die Vertriebsstrategie von Unternehmen.

sierung des Vertriebs also kein Thema mehr, an dem

Händler können sich beispielsweise noch genauer an

Unternehmen vorbeischauen können. Erfolgreiche

ihre Zielgruppe anpassen und optimal auf potenzielle

Unternehmen leben heute in einer Unternehmens­

und bestehende Kunden vorbereitet sein. Zu diesem

kultur, die sich ganz nach den Bedürfnissen und

Zweck müssen sie jedoch die Vertriebsorganisation

Wünschen der Kunden entwickelt. Der Zweck des ge-

und Arbeitsweise entsprechend ändern und den fest-

samten Unternehmens und alle Prozesse basieren

gelegten Weg verlassen.

auf der Sichtweise des Kunden, und die Erwartungen und Wünsche des Kunden werden zu Leitprinzipien.

Wenn wir das Gesamtbild betrachten, sind die ersten

Der digitale Vertrieb ist entscheidend für die erfolgrei-

Smart-Data-Projekte die ersten Schritte eines umfas-

che Umsetzung einer kundenorientierten Unterneh-

senden digitalen Transformationsprozesses, den die

mensstrategie.

meisten etablierten Unternehmen in den meisten Branchen noch durchlaufen müssen. Bisher waren

Die folgenden drei Voraussetzungen sind hier wichtig:

analytische Kompetenzen ein Wettbewerbsvorteil.

Die Wunschkunden müssen im weiten Web gefunden

Mit der stetigen Weiterentwicklung der Digitalisierung

werden, die Daten müssen richtig analysiert werden,

wird die Fähigkeit, smart mit Daten umgehen zu

und die Kundengewinnung sollte so funktionieren,

können, zu einem Hygienefaktor.

dass der potenzielle Kunde zunächst auf Sie kommt. Trotz der Herausforderungen, denen sich die Ver-

Vertrieb 4.0 – Das Zeitalter der Digitalisierung Das digitale Zeitalter zeichnet sich vor allem durch

triebswelt gegenübersieht, bieten technologische Verbesserungen der Prozesse immer noch enorme Chancen wie die Implikation von Big Data.

die zunehmende Transparenz von Händlern und ihren Produkten aus, beispielsweise durch Empfehlungen oder Kritik über Social-Media-Plattformen, Kunden­

Was ist Big Data?

bewertungen, Produkttests und Produktbeschreibun-

„Die meisten Unternehmen haben schon Big Data

gen. So teilen Kunden unterschiedliche Informationen

aber wissen es bloß noch nicht.“ kommentiert

über Produkte und Unternehmen über verschiedene

Meinert Jacobsen, Gründer von Marancon und B2B

Kanäle. Einzelhändler können wiederum Daten zu

Smart Data GmbH.

Verbrauchern abrufen und analysieren und so neue Möglichkeiten und Verkaufschancen schaffen.

In den letzten zwei Jahren wurden ungefähr 90 Prozent der weltweiten Daten generiert. Dieses exponen-

Demnach bemühen sich wiederum Unternehmen, Ihre

tielle Datenwachstum – auch als Big Data bezeichnet

bestehenden und potentiellen Kunden möglichst

– hat die Geschäftswelt erschüttert. Der B2B-Vertrieb

aktuell und ausführlich über Ihr Leistungsportfolio,

ist da keine Ausnahme, denn Big Data verändert die

Neuigkeiten und das Unternehmen selbst zu infor­

Aufgaben eines jeden Vertriebsleiters.

mieren. Denn der Internetauftritt ist die Visitenkarte

„Big Data“ ist ein Synonym für große Datenmengen.

und das Schaufenster eines Unternehmens.

Daten können unstrukturiert und verteilt sein und weisen auf eine vielfältige Anhäufung verschiedener Datenquellen hin. Man kann sich Big Data als eine Art von Rohstoff vorstellen, der verarbeitet werden muss damit er zu Smart Data verfeinert werden und sein wirtschaftliches Potenzial ausschöpfen kann. DDV 11.2020 | 47


Brachentrends | Zukunft des Vertriebs

Von Big Data zu Smart Data Weitaus wichtiger als die reine Masse an Daten ist deren intelligente und spezifische Analyse und Auswertung. Ziel ist es, Daten in Informationen und Informationen in Wissen umzuwandeln. Nur so können alle davon profitieren. Smart Data = Big Data + Nutzen + Semantik + Datenqualität + Sicherheit + Datenschutz = nutzbringende, hochwertige und abgesicherte Daten

Der Zweck von Smart Data besteht darin, seine Vertriebsmitarbeiter durch datenbasierte Erkenntnisse effizienter arbeiten zu lassen. Diese Erkenntnisse umfassen in der Regel die Suchen nach Kunden mit Potenzial im Cross- und Up-Selling sowie Lead-Scoring und Account-Priorisierung.

Ein Anwendungsbeispiel für Smart Data im Vertrieb Zunächst stellen wir uns die Frage, welche Ziel­ gruppe für die Kundengewinnung die richtige ist. Auf welche Unternehmen konzentrieren sich die Akquise-Aktivitäten? Die Antwort darauf liefern uns unsere Bestandskunden mithilfe des bekannten Prinzips der „look-a-likes“. Dieses Ähnlichkeitsprinzip sagt aus, dass die Kunden eines Unternehmens grundlegende Gemeinsamkeiten aufweisen, die sich aus dem Angebot ergeben. Das Unternehmen macht eben etwas für genau diese Kunden richtig. Nun stellt sich die Frage: Welche anderen Unternehmen ähneln diesen Bestandskunden? Und wie findet man diese?

48 | DDV 11.2020


Smart Data im Vertrieb in nur 5 Schritten 1. Extraktion von Datenbeständen aus großen Datenmengen, die für Ihr Unternehmen sinnvolle Informationen enthalten 2. Ermittlung typischer Merkmale und Schlüsselwörter der Kundenwebseiten Als Grundlage für die Analyse wird die innovative

3. Abgleich der Nicht-Kunden-Webseiten mit

Methode der Webseitenvergleiche verwendet – das sogenannte Web Scoring. Die Grundidee besteht dar-

diesen Daten 4. Identifizierung digitaler Zwillinge mithilfe

in, dass Firmen, deren Webseiteninhalt mehr dem Web­inhalt von bestehenden Kunden ähneln, über eine

eines mathematischen Modells 5. Akquise potenzieller Kunden mit hoher

größere Affinität oder Umsatzpotenzial verfügen, als

Abschlusswahrscheinlichkeit

Firmen mit stark abweichendem Webseiteninhalten (inhaltliche Zwillinge). Heutzutage informiert jedes seriöse wirtschaftlich tätige Unternehmen möglichst

Mehr Zeit für wertschöpfende Aufgaben

umfassend präzise und aktuell auf ihrer Webseite,

Smart-Data-Analysen schätzen die Bedürfnisse und

wer sie sind, was sie anbieten, für wen sie arbeiten

Kaufabsichten neuer und bestehender Kunden, indem

und vieles mehr. Diese Informationen werden anhand

ein Web Scoring durchgeführt wird. Aufgrund selbst-

von Texten, Überschriften, Schlüsselwörtern, Struk­

lernender Eigenschaften bewertet das System

turen sowie den technischen Parametern der Website

ausgewertet und verglichen. Daraus resultiert ein

Abschlusswahrscheinlichkeiten

Ähnlichkeitsscore, der in absteigender Reihenfolge

sortiert werden kann. Die Firmen mit der höchsten

die Dauer des Sales-Prozesses

Abschlusswahrscheinlichkeit für den Vertrieb werden

dem Unternehmen bereitgestellt. So lassen sich aus

die Qualität der Leads etc.

den gewonnenen Daten beispielsweise die nächsten 1.000 Kunden oder die nächsten 100 Kunden be-

Da Sales Leads basierend auf der Wahrscheinlichkeit

stimmen.

eines Geschäfts priorisiert werden, können sich Vertriebler entsprechend konzentrieren. Dies spart viel Zeit, die in die Pflege der Kundenbeziehungen investiert werden kann. Kontakt:

Dennis Berressen Geschäftsführender Gesellschafter B2B Smart Data GmbH

Tel. +49 228 299728-70

Königswinterer Str. 418

Mobil: +49 159 04120972

53227 Bonn

berressen@b2bsmartdata.de www.b2bsmartdata.de

Dennis Berressen absolvierte zunächst eine kaufmännische Ausbildung, welche er als Bundesbester abschloss. Nach dem anschließenden betriebswirtschaftlichen Studium mit Schwerpunkt Sport war er langjährig als Prokurist in einem Verein der 2. BasketballBundesliga tätig. Seit Anfang 2019 ist Herr Berressen als Geschäftsführender Gesellschafter der B2B Smart Data tätig und dort neben der Unternehmensführung und Entwicklung auch für die Betreuung ausgewählter Kundenprojekte zuständig.

DDV 11.2020 | 49


50 | DDV 11.2020


Branchentrends im Dialogmarketing Dialog Excellence In acht Schritten zum Dialogmarketing-Erfolg Autor: Prof. Dr. Andreas Mann


Dialog Excellence

In acht Schritten zum Dialogmarketing-Erfolg Dialogmarketing hat sich in der Vergangenheit in vielen Unternehmen als wichtiges Kommunikationsinstrument etabliert, es muss sich aber aufgrund der zunehmenden Vielfalt an neuen Kommuni­­ka­tionsmedien und -möglichkeiten immer häufiger gegen konkurrierende innovative Konzepte der Kundenansprache behaupten. Das Dialogmarketing kommt somit zunehmend in eine Beweislast, seine grundsätzlichen Erfolgswirkungen nachvollziehbar zu demonstrieren. Selbstverständlich lässt sich auf Kampagnenebene der Erfolg von Dialogmarketingaktivitäten nach verschiedenen Kriterien (z. B. Responsequoten, CpX-Werten und ggf. auch nach Kampagnengewinn und -rentabilität) bewerten. Allerdings bleibt es oft schwierig, den Einfluss des Dialogmarketing auf den Erfolg von Unternehmen im Markt zu beurteilen. Aus diesem Grund hat der DDV in Kooperation mit Prof. Dr. Mann und seinem Team von der Universität Kassel eine empirische Studie durchgeführt, um diesen Zusammenhang systematisch zu untersuchen. Insgesamt haben 229 Unternehmen an der Befragung, die in zwei Erhebungswellen in 2019 durchgeführt wurde, teilgenommen. 52 | DDV 11.2020


Brachentrends | Dialog Excellence

Die gute Nachricht gleich vorweg: Dialogmarketing hat einen positiven Einfluss auf den Unternehmen­s­ erfolg! Die schlechte Nachricht: Um erfolgreich zu sein, müssen jedoch einige wichtige Voraussetzungen erfüllt werden!

Personalisierung als Dreh- und Angelpunkt

Customer Insights, Kundendatenmanagement

der Dialog Excellence

und Kundenintegration als Katalysatoren

Wie die Ergebnisse der Studie zeigen, hat die Perso-

der Personalisierung

nalisierung der Kundenansprache einen ganz wesent-

Die Personalisierung der Kundenansprache erfordert

lichen Einfluss auf den Markt- und Kundenerfolg von

ein möglichst detailliertes und zutreffendes Wissen

Unternehmen: Je stärker sich die Kundenansprache

über die einzelnen Kunden, über deren Bedürfnisse

an den Bedürfnissen, Erwartungen und kommuni­

und Erwartungen bis hin zu deren Zufriedenheit, Bin-

kativen Verhaltensweisen einzelner Kunden ausrichtet,

dungs- und Abwanderungsgründen. Hierzu ist wiede-

desto größer ist der Erfolg für das Unternehmen auf

rum eine regelmäßige Informationsbeschaffung und

der vor-ökonomischen und ökonomischen Ebene. Es

-auswertung über die einzelnen Kunden aus verschie-

geht also darum, den Einsatz von Dialogmedien, die

denen internen und externen Quellen nötig, die mög-

Gestaltung von Kommunikationsbotschaften und die

lichst systematisch erfolgen sollte. Vor allem durch

Kommunikationszeitpunkte möglichst an einzelne

die Integration von Kunden in verschiedene Wertschöp-

Zielkunden anzupassen, um erfolgreich zu sein. Zu

fungsaktivitäten, wie z. B. in Produkt- und Service­

den Erfolgskriterien auf der vor-ökonomischen Ebene

entwicklungsprozesse, und das Einholen regelmäßiger

gehören z. B. Marktanteil, Wiederkauf- und Weiter-

Feedbacks von Kunden zu geplanten Marketing- und

empfehlungsrate (NPS). Beim ökonomischen Markt-

Vertriebsaktivitäten, die sich auf einzelne Geschäfts-

und Kundenerfolg kommen finanzwirtschaftliche

beziehungen beziehen, kann ein profundes Wissen

Kriterien wie Umsatz, Gewinn und Rendite zum Tragen,

über Kunden aufgebaut werden.

die ganz wesentlich von den vor-ökonomischen Erfolgsgrößen beeinflusst werden. Eine Trennung dieser beiden Erfolgsebenen ist sinnvoll, weil Kommunika­tionsmaßnahmen zumeist auf der voröko­n omischen Ebene angesiedelt sind und eine

Das Kundenorientierungs-Mindset des Top-Managements als Ausgangspunkt der Dialog Excellence

direktere Wirkungsbeziehung zwischen Kommuni­

Inwieweit Kunden in die Wertschöpfung eines An­

kations­­maßnahmen und vor-ökonomischen Größen

bieters einbezogen werden, hängt ganz wesentlich

besteht.

von der Relevanz der Kundenbindung und vor allem von der gelebten Kundenorientierung im Unternehmen ab. Je stärker beides ausgeprägt ist, desto stärker ist auch der Grad der Kundenintegration. Das zeigen zumindest die Ergebnisse der Untersuchung. Es reicht also nicht aus, nur über Kunden zu reden. Viel wichtiger ist es, sie möglichst umfassend in kundenrelevante Entscheidungsbereiche miteinzubeziehen. Eine interaktive Kommunikation ist hierfür unerlässlich! Das gilt nicht nur für Dyaden in bestehenden Geschäfts­ beziehungen, sondern auch für Kampagnen, die sich an größere Zielgruppen zur Neukundengewinnung wenden. DDV 11.2020 | 53


Brachentrends | Dialog Excellence

Abbildung 1 Dialog Excellence-Befähiger / -Treiber

5

Kunden­ orientierung (Mindset und Relevanz)

Dialog Excellence-Ergebnisse

4

Grad der Kunden­integration

2

Wissen über Kunden

3

Kunden­daten (Sammlung und Auswertung)

1

Personali­sierung

8

Kommunikationscontrolling

6

Interaktivitäts-/ Kreativitätsgrad

7

Media-Mix

54 | DDV 11.2020

nicht monetärer Markt-/ Kundenerfolg

monetärer Markt-/ Kundenerfolg


Brachentrends | Dialog Excellence

Interaktive und kreative Kommunikations­kampagnen

Kommunikationscontrolling zur effektiven und

prägen die Personalisierung

effizienten Steuerung des Medieneinsatzes

Die personalisierte Kundenansprache erfordert nicht

Die Ergebnisse der Studie belegen die große Be­

nur eine fundierte Wissensbasis über Kunden, sondern

deutung eines leistungsfähigen Kommunikations­

ebenso eine kreative und interaktive Gestaltung der

controllings, das sich auf die ex ante- und ex-post-

Ansprache, damit diese vom Kunden auch als indivi-

Kontrolle von Kommunikationswirkungen bezieht, für

duell und nützlich wahrgenommen wird. Dement­

die Planung und Durchführung von erfolgreichen Dia-

sprechend sollte der Kontakt zu den Kunden einerseits

logmarketing-Kampagnen. Aus den Test- und Kontroll­

überraschend und originell sein. Andererseits sollten

ergebnissen lassen sich wichtige Erkenntnisse für die

die Kunden auch Möglichkeiten zum Feedback und zur

Planung und Durchführung zukünftiger Kampagnen

Einflussnahme im Kommunikationsprozess erhalten,

ziehen. Sie tragen dazu bei, die Erfolgspotenziale einer

um die Relevanz der Kommunikationsinhalte hin-

kreativen und interaktiven Kundenansprache optimal

sichtlich ihrer Informationsbedürfnisse zu steuern.

auszunutzen.

Hierdurch wird der Grad der Personalisierung ganz erheblich gefördert. Eine interaktive und kreative

In Abbildung 1 ist das in der Studie empirisch nachge-

Kommunikation erfordert den Einsatz adäquater Medi-

wiesene Wirkungsgeflecht der Dialog Excellence auf-

en, die einen schnellen Wechsel der kommunikativen

geführt.

Rollen (Sender und Empfänger) im Kommuni­kations­ prozess zulassen.

Weitergehende Untersuchungsergebnisse unserer Studie zeigen, dass Unternehmen aus dem B2B-Be-

Beim Medien-Mix und -Einsatz sind typische Customer-

reich das Wirkungsgeflecht besser beherrschen als

Journeys für unterschiedliche Kaufentscheidungs­

Anbieter im B2C-Bereich, die häufig nur im indirekten

typen zu berücksichtigen. In etablierten Geschäfts-

Kontakt mit den eigentlichen Nutzern der Absatz­

be­z iehungen läuft der Kaufentscheidungsprozess

leistungen stehen.

in der Regel eher habituell ab und erfordert bei den Stammkunden daher die Nutzung weniger Touch­ points für die Entscheidungsfindung als bei Erst­ kunden, die bisher noch keine Erfahrungen mit dem Anbieter und seinen angebotenen Leistungen haben. Bei ihnen liegt zumeist ein extensiver oder zumindest limitierter Kaufentscheidungsprozess vor, bei dem regelmäßig eine Vielzahl von Touchpoints benutzt wird. Grundsätzlich kommt es beim Touchpoint-Design da-

Kontakt:

rauf an, dass kaufentscheidungsrelevante Informa­

Prof. Dr. Andreas Mann

tionen für die Kunden zur richtigen Zeit im Kauf­ent­-

Universität Kassel

scheidungsprozess zur Verfügung gestellt werden, weshalb ein systematisches Touchpoint-Mapping sinnvoll ist, das einen wichtigen Bestandteil eines professionellen Kommunikationscontrollings darstellt.

.

Fachbereich Wirtschaftswissenschaften

Tel. +49 561 804-3215

Mönchebergstraße 1

mann@wirtschaft.

34109 Kassel

uni-kassel.de www.uni-kassel.de

Prof. Dr. Andreas Mann Univ.-Prof. Dr. Andreas Mann, Jg. 1965, ist Inhaber des Lehrstuhls für Marketing und Mitbegründer des Blockchain-Center.eu am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität Kassel. Zu seinen Arbeit- und Forschungsgebieten, in denen er zahlreiche Veröffentlichungen vorweisen kann, gehören Customer Experience Management, Akzeptanz neuer (Kommunikations-) Technologien sowie Dialog- und Social Norm-Marketing.

DDV 11.2020 | 55


Impressum Herausgeber: DDV Deutscher Dialogmarketing Verband e. V. Hahnstraße 70

Koordination DDV:

60528 Frankfurt

Martina Rambach

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Stand: Februar 20 21


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