Einzelverรถffentlichung der Brandenburgischen Historischen Kommission e.V. Band XVI
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Bernd Maether (Hrsg.)
Krongut Bornstedt Eine Bau- und Nutzungsgeschichte
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Der vorliegende Band wurde gefördert durch:
Ministerium für Wirtschaft und Europaangelegenheiten (MWE)
Mittelbrandenburgische Sparkasse in Potsdam
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© be.bra wissenschaft verlag GmbH Berlin-Brandenburg, 2010 KulturBrauerei Haus 2 Schönhauser Allee 37, 10435 Berlin post@bebra-wissenschaft.de Lektorat: Matthias Zimmermann, Berlin Satz und Umschlag: typegerecht berlin, Berlin Schrift: Minion 10,5/13,3 pt Druck und Bindung: Friedrich Pustet, Regensburg ISBN 978-3-937233-55-0 www.bebra-wissenschaft.de
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Inhalt
Bernd Maether
Geschichtlicher Überblick
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Friedrich Beck
Urkundliche Erwähnungen Bornstedts und ihre Beziehungen zur Landesgeschichte
23
René Schreiter
Die »nährende Amme« der Waisenkinder – Bornstedts Verhältnis zum Potsdamer Militärwaisenhaus im 18. Jahrhundert
31
Bernd Maether
Die Amtsgebäude des Potsdamer Militärwaisenhauses 1789/91 in Bornstedt
47
Bernd Maether
»Das Königliche Kron-Fideicommis-Gut Bornstedt«
65
Bernd Maether
Der Einfluss der italienischen Villenarchitektur auf die Neubebauung des Kronguts Bornstedt
81
Werner Heegewaldt
Der Schlussstein am Krongut Bornstedt – Zur Auflösung eines heraldischen Rätsels
93
Bernd Maether
Bornstedt zur Zeit des Kronprinzenpaares
99
Clemens Alexander Wimmer
Gartenkunst in Bornstedt
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109
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Andreas Kitschke
Kirche und Friedhof zu Bornstedt
155
Bernd Maether
Vom Refugium der Kunst zum vergessenen Ort
189
Bernd Maether
Vom Krongut zum Kulturgut
197
Bernd Maether
Nachwort
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Friedrich Beck
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Originalurkunden und Dokumente ßber den Rittersitz, das Gut und das Dorf Bornstedt, [1304], 1323–1644
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Anhang Orts- und Personenregister Literaturauswahl Abbildungsnachweis Die Autoren
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Geschichtlicher Überblick Bernd Maether
Über die Frühgeschichte Bornstedts lässt sich nur wenig sagen, da aus der Bornstedter Feldmark kaum archäologische Funde bekannt sind. So soll in der ehemaligen Pirschheide ein »40 Fuß hoher kegelförmiger Hügel […] [›sowie eine‹] von einem 14 Fuß breiten Graben mit einem Erdaufwurf nach außen gesicherte«1 Burg vorhanden gewesen sein. Der Hügel ist heute nicht mehr nachweisbar. Aufgefundene Steingeräte, Waffen und ein Begräbnisplatz bezeugen aber die Existenz von festen Wohnhäusern.
Das Dorf Bornstedt entstand zwischen 1160 und 1200. Sein Name lässt sich entweder auf »Boruta« – einen Waldgeist düsterer Fichtenwildnis im slawischen Mythos – oder einfach auf die Beschaffenheit der Gegend zurückführen: Das Wort »Bos« bedeutet so viel wie sandige Landschaft mit Birken, Ahorn, Fichten und Espen. Es besteht aber durchaus auch die Möglichkeit, dass der Name aus der Grafschaft Mansfeld nach Brandenburg kam. Die Familie Bornstedt aus dem Mansfeldischen ist seit dem 12. Jahrhundert in uckermärkischen, vorpommerschen und neumärkischen Urkunden nachweisbar. In einer Ascherslebener Urkunde von 1155 ist neben der Familie v. Bornim auch ein Esius de Burmenstede zu finden, der in Magdeburg unter dem Namen Esico de Burnstide auftauchte.2 Ein Johann et Conradus de Bornstedt ist für 1283 in einer Stettiner Urkunde belegt. Die Brüder Dietrich und Heinrich genannt von Bornstedt werden in einer Prenzlauer Urkunde aus dem Jahre 1330 erwähnt.3 Vom Ortsnamen sind verschiedene Schreibweisen urkundlich belegt – wie 1404 »tu Bornstede«4, 1433 »czu Bornstete«5, 1484 »Bornstett«6, 1608 »Buernstedt«7, 1884 »Bornstedt-Mark«8 und schließlich seit 1935 »Potsdam-Bornstedt«9. Seine urkundliche Ersterwähnung fand das Straßendorf Bornstedt bei Potsdam in der Urkunde vom 27. Februar 1323, als Herzog Rudolf I. v. Sachsen-Wittenberg (um 1280–1356) dem Domkapitel zu Brandenburg das Eigentum der Insel Potsdam mit der Stadt und den umliegenden Dörfern veräußerte.10 Bei der zweiten Nennung des Ortes in einer Urkunde vom 9. August 140411 heißt es, dass die v. d. Gröben dem Rate und der GeGeschichtlicher Überblick
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Gründung des Dorfes Bornstedt
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meinde zu Potsdam ein Stück Land auf der Feldmark des Dorfes Bornstedt zur Nutzung als Lehmgrube12 verkauften. Zudem werden die Brüder Hans, Arndt und Peter von der Gröben13 als Besitzer des Dorfes genannt. Im Geheimen Staatsarchiv in Dahlem existieren darüber hinaus die Siegel dieser drei Brüder an einer Urkunde vom 7. März 1400.14
Familie v. d. Gröben in Bornstedt
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Der als erster Familienangehörige namhaft gemachte Liuderus de Grobene erscheint in einer 1155 in Magdeburg ausgestellten Urkunde Albrechts des Bären (um 1100–1170), und zwar als Liuderus de Grabene vor den Ministerialen.15 In einem Dokument von 1162 wird ein Arnoldus de Grebene ausdrücklich als »ex baronibus« bezeichnet. Die Familie v. d. Gröben verfügte im späten Mittelalter über umfangreiche Ländereien im Osthavelland. 1373 war die Insel Potsdam im Pfandbesitz Heinrichs v. d. Gröben.16 Weitere Besitzungen der Familie in Bornstedt, Geltow und Golm sind für 1375 dokumentiert. Im Landbuch Kaiser Karls IV. von 137517 sind für Bornstedt drei gutsherrschaftliche Höfe aufgeführt. Ein Hof mit elf Hufen unterstand Hans v. d. Gröben, der zweite Hof mit sechs Hufen gehörte Claus v. d. Gröben, und den dritten Hof mit zwölf Hufen hatte Henning v. Ribbeck inne. Die entsprechenden Rechte, wie Gerichtsbarkeit, Wagendienst usw., gehörten der Familie v. d. Gröben allein. Das heutige Krongut befand sich in der Dorfstraße, der späteren Ribbeckstraße18. Ihren Namen erhielt sie nach der Familie v. Ribbeck, die hier auch einen ritterschaftlichen Hof besaß. Im Landbuch lesen wir: »B o r n s t e d e hat 30 Hufen, der Pfarrer eine. Hans v. d. Groeben hat 11 zu seinem [Ritter] Hof inne, Hennig [v.] Ribbeck 12 zu seinem [Ritter] Hof; Claus v. d. Groeben 6 zu seinem [Ritter] Hof, jetzt hat er weitere geerbt. [Hufen] Zins ½ Wispel Weizen und 4 [Wispel] Hafer, keine [Land] Steuer und Bede [zahlung]. Die 12 Kossäten geben insgesamt 3 ½ Schock Hühner, 2 derselben geben 6 Schilling zur [Land] Steuer, aber keine Hühner. Claus [v. d.] Groeben hat die Ober- und Niedergerichtsbarkeit inne mit dem Wagendienst. G o l m hat 21 [Hufen], davon hat der Pfarrer eine. Claus [v. d.] Groeben hat 5 Hufen zu seinem [Ritter] Hof für den Vasallendienst. [Hufen] Zins jeweils ½ Wispel Weizen, 6 Scheffel Gerste, ½ Wispel Hafer; keine [Land] Steuer und Bede [zahlung]. Kossäten gibt es 8, sie geben insgesamt 2 ½ Talente und l Schilling und 1 ½ Schock Hühner zusammen mit dem Krug. Der Sohn des Nicolaus v. d. Groeben hat den [Hufen] Zins und die Ober- und Niedergerichtsbarkeit inne und das ganze [Gericht]. Dem Markgrafen gehört daselbst der Vasallendienst, doch [der v. d. Groeben] bezeichnet sich als frei.«19 Wenige Jahre später war nur noch die Familie v. d. Gröben in Bornstedt begütert. 1433 wurden die Vettern Klaus und Caspar v. d. Gröben mit den Bernd Maether
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Gütern Eiche, Golm, Bornstedt und weiteren Besitzungen durch den Markgrafen Johann von Brandenburg (1406–1464) belehnt, der für seinen Vater, Kurfürst Friedrich I. (1371–1440), von 1426 bis 1437 die Regentschaft in der Mark ausübte.20 Die Dörfer Bornstedt und Golm entwickelten sich zu Stammsitzen der Familie. Weitere Einzelheiten zu den Bornstedter Besitzverhältnissen gehen aus den Schoßregistern von 1450/51 und 1480/81 hervor.21 1451 erhielten die v. Bone das Dorf von Markgraf Johann als Lehen,22 wobei die v. d. Gröben noch mehrere Hufen besaßen. Also musste die Familie v. Bone zuvor schon über einige Herrschaftsanteile verfügt haben. 50 Jahre später, am 5. November 1500, wurden Baltzer und Peter v. d. Gröben von Markgraf Joachim I. (1484–1535) mit Bornstedt und anderen Orten belehnt: »Bekennen offentlich mit dyssem brive fur uns, unser erben und nachkommen, Marggraven zu Brandemburg, und sunst fur allermeniglich, des wir unsern lieben getrewen Baltzer und Peter von der Groben, gevettern, und iren menlichen leybs lehns erben zu rechtem manlehn und gesampter hanndt gnediglich gelyhen haben […] das Dorff Bornstede mit aller gerechtigkeyt und zugehorunge, ane funfftehalbe hufe […].«23 Mit Andreas v. Bone endete 1522 das Wirken der Familie v. Bone in Bornstedt und ihr Besitz ging in die Hände der Familie v. d. Gröben über. Heinrich v. d. Gröben (1557–1597) ist seit 1557 in Bornstedt nachweisbar. Er fasste 1592 ein Erbregister für Bornstedt ab. Nach diesem war nur noch ein Rittersitz mit neun freien Hufen vorhanden, mit einer Schäferei, einer Windmühle, einem See hinter dem Gutshof, zwei Weinbergen und einem stattlichen Eichenholz. Der Rittersitz war mit der Gerichtsbarkeit ausgestattet. Ausgehend davon lässt sich die Vermutung anstellen, dass das alte Gröbensche Herrenhaus an der Stelle stand, wo wir auch heute noch das überbaute Amtshaus des Kronguts vorfinden. Am 15. Mai 1598 wurden vom Markgrafen Joachim Friedrich (1546–1608) die Getreuen Melchior, Baltasar und Joachim v. d. Gröben mit der Feldmark Bornstedt belehnt. In der Lehnsurkunde heißt es: »Bekennen und thun kunt offendtlich fur uns, unsere Erben und NachkomGeschichtlicher Überblick
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Auszug aus dem Schoßregister, 1480/81.
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men, Marggraffen zue Brandenburg, auch sonst allermenniglich, das wir nach todtlichem abgang weilandt des Hochgebornen Fursten, Hern Johans Georgen, Marggraffen und Churfursten zue Brandenburgk etc., Unsers in Got ruhenden freundtlichen lieben Herrn Vaters, loblicher gedechtnus, Unsren lieben getreuen Melchiorn, Balthasarn und Joachim, gebrudern von der Groben, Heinrichs seeligen Sohnen, und ihren manlichen Leibs Lehns Erben zu rechtem Manlehen gnediglich geliehem haben […] das Dorff Bornstedt sambt der Windtmuhlen mit allen gerechtigkeiten und Zugehorungen […].«24 Während des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) zogen die Schweden mordend und plündernd durch die Mark Brandenburg. Sie raubten Vieh und zerstörten Gebäude, auch in Bornstedt. Zudem raffte die Pest von 1631 große Teile der Bevölkerung dahin.
Potsdam soll ein Paradies werden
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1661 starb Hans Heinrich v. d. Gröben, ein Enkel Heinrichs v. d. Gröben, auf Bornstedt. Er hinterließ mehrere Söhne. Um diesen ein ihrem Stand entsprechendes Leben zu ermöglichen, verkaufte seine Witwe Magdalena v. d. Gröben 1664 das Dorf mit dem Rittergut für 17.800 Taler an Kurfürst Friedrich Wilhelm I. (1620–1688).25 Unter ihm wurde das Dorf zunächst verpachtet, einschließlich Schäferei, Hütungsrecht und vergrößerter Feldmark. Die Amtmänner, die z. T. auch Pächter waren, besaßen keine Erlaubnis zur Jagd und zur Holznutzung. Diese Rechte standen allein dem Kurfürsten zu. Die Amtmänner waren dem Kurfürsten oder Pächter rechenschaftspflichtig. Sie mussten die Akten führen und die allgemeine Ordnung sichern. Die Urkunde aus dem Turmknopf der Bornstedter Kirche von 1689 besagt, dass auf dem Amt Bornstedt ein kurfürstlicher Brauer namens Mathias Moltze und ein kurfürstlicher Meier namens Bartholomeus Wese wohnten.26 Dem Amt stand der kurfürstliche Amtsschreiber Johann Wartenberg vor,27 für dessen Verwaltung war der kurfürstliche Kornschreiber Johann Heinrich Schmidt zuständig.28 Der Große Kurfürst wollte nach den Verwüstungen während des Dreißigjährigen Krieges Potsdam und das gesamte Umland zu einem Gesamtkunstwerk umgestalten. Darüber schrieb der Statthalter von Kleve und Gartenkünstler Johann Moritz v. Nassau-Siegen (1604–1679) in einem Brief an den Kurfürsten vom 20. August 1664: »Das gantze Eyland muß ein Paradies werden, weil die Edelleute, wie ich vernehme daraus seind.«29 Mit Johann Moritz, der auch Baumeister, Bildhauer und Handwerker an den Berliner Hof vermittelte, wurde der damals neu entstandene holländische Klassizismus auch in Brandenburg wirksam. Moritz’ Aktivitäten bei der Modernisierung und Erweiterung der statthalterlichen Residenz Kleve30 sowie die nach seinen Ideen und Vorstellungen realisierten Parkanlagen und barocken Gärten, die rund um die Stadt entstanden, hatten Bernd Maether
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einen bedeutenden Einfluss auf die europäische Gartengestaltung des 17. Jahrhunderts. Auf unverwechselbare Art und Weise bezog er die hügelige und waldreiche Umgebung in ein System von Alleen, Kanälen und Sichtachsen mit ein und verband so einzigartig die Gärten und Schlösser. Die Anlagen in und um Kleve wurden für den Großen Kurfürsten dann Vorbild für seine geplante Verschönerung der Insel Potsdam. Diesem großen Vorhaben diente auch der Erwerb der adligen Besitzungen Bornim (1657), Bornstedt (1664), Geltow und Golm (1660), Grube (1660), Eiche (1660) sowie Drewitz und Glienicke (1683). Für diesen Landkauf setzte Friedrich Wilhelm I. von Brandenburg insgesamt rund 115.000 Taler ein. Die Ämter um Potsdam wurden zur Herrschaft Potsdam zusammengefasst. Große bauliche Veränderungen fanden unter dem Großen Kurfürsten aber nicht statt, da er die Eichenwälder um Bornstedt als eine ausreichende Landschaftsgestaltung empfand. Nur die Wirtschaftsgebäude in Bornstedt wurden in einen guten Zustand versetzt. Große Sorgfalt legte er auf die Pflege der alten und den Ausbau von neuen Weinbergen, so etwa am Mühlenberg. Die Reben kamen aus Ungarn, vom Rhein sowie aus Frankreich und Italien.31 Nach der Übernahme der Regentschaft ließ König Friedrich Wilhelm I. 1715 vor dem Brandenburger Tor, neben dem Wiesengrund, eine Meierei errichten. Weiterhin entstand auf dem zu Bornstedt gehörenden Grund und Boden – dem Hopfengarten – der Friedensgarten. Mit der Anlegung der Meierei trat indes eine Benachteiligung der Bornstedter Bürger ein, da die Rechte der Bauern und des Amts damit durch den König beschnitten wurden. Im September 1727 wurde der Amtmann Heinrich Ditrich Draing (1698–1770) vor dem Direktorium des Großen Potsdamer Militärwaisenhauses vorstellig, um beim König eine Entschädigung zu erreichen. Die Direktion schrieb am 18. September an den König: »Ew. Kgl. Maj. haben wir dem nach alluntertänigst bitten sollen, dem Vorwerk aus dem Dorfe Bornsdtedt wegen vorgemalten ansehnlichen Abgangs an Wiesen und Hütung andere Gnaden angedeihen zu lassen und selbigen die Wiesen in den sogenannten langen Schwaden unter Ew, Kgl. Maj. Vorwerk Bornim beizulegen, auch allergnädigst zu verstatten, daß das Vorwerk und Dorfschaft Bornstedt sich der Hütung auf der Pirschheide in der daselbst bekannten Geschichtlicher Überblick
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Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg, der Große Kurfürst, Adriaen Hanneman, um 1646.
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Elslake gebrauchen möge, dem Magistrat aber zu Potsdam allergnädigst anbefehlen zu lassen, daß derselbe auf der Schäferei das Schmeer-Vieh abschaffe, den Schlächtern aber gleich wie allhier einen gewissen Distrikt, welchen sie überschreiten müssen, einzuräumen.«32 Der König schrieb daraufhin an den Rand: »importirt nicht 10 Thlr. die will ich Streblow bezahlen lassen. F. W.«33 Wie sich aber herausstellte, belief sich der Verlust nicht auf zehn, sondern 101 Taler. Dennoch ließ sich der König auf keine Diskussionen ein. 1737 wurde erneut ein Gesuch eingereicht, das aber gleichfalls kein Gehör fand. Die königliche Hofkammer antwortete, »daß man es bedenklich halte, die Sache jetzt gehörigen Ortes vorzutragen«34.
Großes Potsdamer Militärwaisenhaus
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Zwischen 1664 und 1734 gehörte Bornstedt zum Amt Potsdam. 1734 übergab Friedrich Wilhelm I. das Dorf mit dem Gut sowie das Dorf Grube an die am 22. Mai 1722 gegründete Stiftung des Großen Militärwaisenhauses in Potsdam.35 Deren Ziel war es, die Versorgung der dort untergebrachten Kinder von gefallenen Soldaten zu übernehmen. »Zu dem Ende befahl der König, daß das bisher zum Potsdamschen Amte gehörig gewesene Gut Bornstädt nebst Grubow und Pfauenwerder von dem Waisenhause für die darüber aufgenommen Taxe angekauft werden sollte. Damit aber den Königl. Domänen dadurch nichts entginge, so mußte das Kaufgeld als ein Aequevalent zur Bezahlung des im Fürstenthum Minden gelegenen, von dem Obersten von Kannenberg an die Mindensche Kammer verkauften Gutes Himmelreich mit aufgewandt werden. Nach der an das Waisenhaus geschehenen Uebergabe des Gutes Bornstädt wurde dasselbe durch den Amtmann Draing administriert, welcher die dem Waisenhause benöthigten Viktualien, als Fleisch, Mehl, Bier an schaffen und nach der verordneten Taxe liefern mußte.«36 Schon seit dieser Zeit wurde Bornstedt als dem Waisenhaus zugehörig betrachtet. »Nach S. Königl. Majt. in Preußen unterm 11ten May 1725 allergnädigst resolviert, das Gute Bornstaedt und Grubow […] an das Königl. Wäysen Hauß in Potsdam königlicherweise zu überlaßen, worüber ein besonderer Contract errichtet werden soll […].«37 Bei der Übergabe des Gutes Bornstedt an das Waisenhaus blieben die dazugehörigen Weinberge sowie zwei Karpfenteiche dem Amt Potsdam reserviert. Besagter Amtmann Draing hatte das Gut zu bewirtschaften und für die Waisenkinder die erforderliche Milch, Butter und die tägliche Biersuppe zur Versorgung bereitzustellen. Um in der Folge eine verbesserte Ernährung der Waisenkinder zu ermöglichen, war die Betreibung einer Mühle unabdingbar. Erst nach 1726 erhielt das Waisenhaus die erste Mühle. Eine zweite folgte 1737.38 Am 5. April 1744 übermittelte Draing einen Bericht an das Direktorium des Waisenhauses, nach dem er von Oberst v. Meyeringk, der im Auftrag des Königs handelte, den Befehl erhalten hatte, ein gegenüber Bernd Maether
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dem königlichen Küchengarten befindliches Gelände für die Anlegung eines Gartens nach einer Zahlung abzutreten. Draing war befohlen worden, am darauffolgenden Tag mit dem entsprechenden Kaufvertrag zu erscheinen. Der Amtmann äußerte gegenüber dem Direktorium des Waisenhauses und dem Generalleutnant v. Einsiedel seine Bedenken bezüglich der dort wachsenden Früchte. Der informierte König hatte für die Situation des Waisenhauses Verständnis und erteilte die Order: »Im Fall auch der Bau noch vor der Ernte angefangen und die auf dem Acker stehenden Früchte dadurch ruinieret werden sollen, so will ich dieselben noch besonders mit 150 Thlr. bezahlen und muß sodann der Administrator dieser wegen Erinnerung tun. 8. Mai 1744.«39 Friedrich II. befahl am 10. August 1744 dem Kriegs- und Domainenrat sowie Baudirektor Friedrich Wilhelm Diterichs (1702–1782)40, zwischen den beiden alten Weinbergen von Bornstedt einen neuen Weinberg anzulegen. Am 13. Januar 1745 ordnete er von Berlin aus an, auf dem oberen Plateau des Berges ein neues Lustschloss zu errichten. Die Idee für dessen Gestaltung lieferte Friedrich gleich mit und ließ den Bau von Sanssouci durch Hans Georg Wenzeslaus v. Knobelsdorff (1699–1753) ausführen. Im Laufe der Zeit nahmen die Pläne des Königs immer größere Formen an, so dass er für ihre Verwirklichung alsbald weitere Geländestücke benötigte. Der Amtmann Draing saß daher zwischen zwei Stühlen – einerseits musste er den königlichen Interessen entsprechen, anderseits wollte er die Ansprüche des Waisenhaus-Direktoriums gegenüber der Krone wahren. Der König versuchte in der Folge, einen Ausgleich zu schaffen und entschied am 3. August 1746, »daß Wir gut gefunden haben, zu Unseren neu angelegten Lustgarten zu Potsdam annoch gewisse Distrikte von der Feldmark des zum Potsdamer Waisenhause gehörigen Dorfe Bornstedt einzuziehen, zugleich aber allergnädigstermaßen, daß dadurch sowohl dem Vorwerk als der Gemeinde ein Ansehnliches ihrer Hütung abgehen werde, folglich die erfordern, denselben dagegen zu ihrer Conservation ein hinlängliches Aequivalent zu accordieren, auch demanhero wohlbedächtig und in Gnaden resolvieret, gedachtem Vorwerk und Untertanen zu Bornstedt ihrer Indemnisation die zu dem Amte Potsdam gehörige MeieGeschichtlicher Überblick
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Friedrich II., J. H. C. Franke, um 1765.
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Blick auf Gut und Kirche Bornstedt, Julius Hennicke, um 1850.
rei Pirschheide mit allen ihren Pertinentien an Acker und Wiesen und Hütungen dergestalt abzutreten und zu überlassen, dass sie solche vor die zu oben erwähntem Lustgarten neuen eingezogenen Reviers, so wie solche bereits mit einem Graben, teils mit Pfählen abgestochen sind, und welche unser Oberjägermeister Graf v. Schlieben nach ihrer Lage und Morgenzahl anzeigen wird, von nun ab erb- und eigentümlich haben, behalten und mit eben dem Recht als das Potsdamer Amt solche besaßen und genossen, ihrer besten Gelegenheit nach besitzen, gebrauchen und genießen, auch deshalb niemals unter keinerlei Pretext wieder in Anspruch genommen werden sollen, gestalt, obgleich die abgetretenen Meierei-Pertinentien dem Werte und Nutzen derer zum Lustgarten genommenen Grundstücke um ein Merkliches übersteigen, Wir, da Wir davon hinlänglich informiert worden, demnach dem Waisenhause und dessen Untertanen solches allergnädigst gönnen, und lieber selbst verlieren, als ihnen zu nahe geschehen lassen wollen.«41 Nach dem Tod von Heinrich Ditrich Draing 1770 folgte ihm sein Sohn Samuel Draing (1728–1784) als Amtmann.42 Die Verwaltung des MilitärWaisenhauses lobte die gute Arbeit der beiden und bewertete sie wie folgt: »Er hat ein ziemlich großes nahe an Potsdam angrenzendes Ackerfeld, welches durch seinen unermüdeten Fleiß und seiner öconomischen Wissenschaft sehr berühmten Amtmanns Herr Draings und dessen ihm im Amte folgenden Herrn Sohns, in einem so fruchtbaren Stand gesetzt worden, daß in fruchtbaren Jahren von ausgesaeten einen Scheffel wohl 18 Scheffel wieder gewonnen werden, welches anderer Orten und namentlich in der Mark Brandenburg etwas sehr seltenes ist.«43 14
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»Krongut Bornstedt«, Zeichnung Friedrich Wilhelm IV., 1852.
1787 übernahm der Oberamtmann Hardt den Zeitpachtvertrag, der dann 1793 auslief. Eine mögliche Verlängerung um weitere sechs Jahre wurde aufgrund vieler Unglücksfälle nicht mehr gewährt.44 Das Königliche Akzise- und Zolldepartement übernahm gegen einen jährlichen Kanon das Gut in Erbpacht, um die Streitigkeiten wegen der Akzisefreiheit der dortigen Brauerei und der deshalb entstandenen Beschwerden der Brauer aus Potsdam zu beenden.45 Schon im Jahr zuvor hatte Friedrich Wilhelm II. (1744–1797) die dem Potsdamer Militärwaisenhaus gehörenden Ämter Bornstedt und Freienwalde der Kurmärkischen Kriegs- und Domänenkammer zur Verwaltung übergeben.46 Mittels Kabinettsorder vom 6. Juli 1800 ging das Gut Bornstedt an das Kurmärkische Provinzialdepartement über und unterstand damit der Königlichen Regierung in Potsdam, die den Kanon an das Waisenhaus zu entrichten hatte.47 »Im Jahre 1802 wurde das bisherige Amt Bornstedt mit dem königl. Amte Potsdam vereinigt, und nun als ein wirkliches Domainen-Stück der Kurmärkischen Kammer unterworfen, welche dafür an das große königl. Militär-Waysenhaus in Potsdam, als Besitzer des Amtes Bornstedt, einen jährlichen Erbpachts-Canon zahlt, und das nun combinierte Amt den vorbenannten beiden königl. Beamten, den Herren Kähne, in Pacht überlassen hat. […] Die Haupt-Branche bei der Bewirtschaftung des Amtes Bornstedt ist die Brau- und Brennerei […].«48 Nach Oberamtmann August Kähne und dessen Sohn Carl Kähne49 leitete der Königliche Amtmann Carl Lucke (1794–1836) die Geschicke des Gutes Bornstedt. Geschichtlicher Überblick
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Blick auf Bornstedt von der Chaussee, F. A. Borchel, um 1860.
Das Krongut unter König Friedrich Wilhelm IV.
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1841 kaufte König Friedrich Wilhelm IV. (1795–1861) den Besitz und unterstellte ihn 1844 dem Königlichen Kronfideikommiss50: »Das hiesige Gut, welches Eigenthum des Potsdam’schen grossen Militair-Waisenhauses und Erbpachtgut der Königl. Regierung war, ist seit 1841 KronfideiCommissgut-Eigenthum Sr. Majestät des Königs Friedrich Wilhelm IV. geworden und wird durch den Amts-Administrator Carl Grosse bewirthschaftet.«51 Das schon durch Friedrich Wilhelm III. (1770–1840) laut preußischer Verordnung vom 17. Januar 1820 gegründete Kronfideikommiss trug durch die Einkommen aus extra zugewiesenen Domänen und Forsten zum Unterhalt der königlichen und prinzlichen Hofhaltung bei. Seine Einkünfte wurden zur Bestreitung der Haus- und Hofhaltung, Apanagen usw. verwendet. Der König war bestrebt, seine von der italienischen Architektur geprägten Vorstellungen zum Verschönerungsplan von Potsdam und seiner Umgebung Schritt für Schritt umzusetzen. Zusammen mit seinem Gartengestalter Peter Joseph Lenné (1789–1866) und seinen königlichen Architekten Karl Friedrich Schinkel (1781–1841) und Ludwig Persius (1803–1845) plante und realisierte er entsprechende Neu- und Umbaumaßnahmen. Das betraf auch das königliche Gut Bornstedt, das durch seine exponierte Lage, unweit von Sanssouci, den königlichen Blicken nie fern war. Bereits 1828 hatte der Kronprinz Friedrich Wilhelm (1795–1861) von Frau v. Bülow das Landgut Lindstedt nebst umliegenden Ländereien für 12.000 Taler als Privatgut gekauft. Diese Besitzung wurde mit dem Dorf Eiche, das 1841 von der Staatsdomänenverwaltung für 64.293 Taler, 27 SilBernd Maether
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Bornstädt bei Potsdam, W. Herwarth, um 1900.
bergroschen, 1 Pfennig angekauft worden war, und den Bornstedter Ländereien laut Anordnung vom 10. Februar 1844 zum Kronfideikommissgut Bornstedt-Lindstedt vereinigt und dem Kronfideikommiss überwiesen. Am 7. Oktober 1864 kaufte die Krone das Vorwerk Gallin von der Potsdamer Schlächterinnung für 16.000 Taler und 5.000 Taler Schlüsselgeld. Per Anordnung vom 27. Dezember 1864 kam auch das Vorwerk zum Kronfideikommiss und wurde wirtschaftlich mit dem Gut Bornstedt-Lindstedt vereinigt. Dieser durch weitere Ankäufe abgerundete Besitz ging entsprechend der Anordnung Wilhelms I. (1797–1888) vom 9. September 1867 an den Kronprinzen Friedrich Wilhelm zur selbständigen Verwaltung und eigenen unbeschränkten Nutzung über. Nach dessen Tod als Kaiser Friedrich III. fiel das Gut im Juli 1888 wieder an die Verwaltung der Hofkammer zurück. Nur einige Räume im Gutshaus Bornstedt blieben noch den herrschaftlichen Zwecken vorbehalten.
Das Wolffsche Telegraphenbüro veröffentlichte am 8. November 1918 eine amtliche Meldung, die mit dem Satz begann: »Der Kaiser und König hat sich entschlossen, dem Throne zu entsagen.« Nach der Abdankung von Kaiser Wilhelm II. ging das preußische Kronfideikommiss-Vermögen, zu dem auch das Bornstedter Gut gehörte, an den preußischen Staat. Seit dieser Zeit war es Bestandteil des Reichswehrfiskus, der die Interessen der Hofkammer52 wahrnahm. Der ehemalige kaiserliche Besitz wurde 1922 in der Stiftung Staatliche Schlösser und Geschichtlicher Überblick
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Bornstedt im 20. Jahrhundert
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Blick Ăźber den See auf das Krongut, 2009.
Geschichtlicher Ăœberblick
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Gärten zusammengefasst. Die Eingemeindung Bornstedts zum Stadtkreis Potsdam erfolgte 1939. Nach dem zweiten Weltkrieg verwaltete ab 1946 die Landesregierung Brandenburg die Schlösser und Gärten von Potsdam-Sanssouci. Das Gut Bornstedt spielte dabei nur unter landwirtschaftlichen Aspekten eine Rolle. Das alte Amtshaus (Herrenhaus) nutzte für mehrere Jahre die Pädagogische Hochschule Potsdam als Studentenwohnheim. Das ehemalige Gut wurde erst am 7. Mai 1952 »in das Eigentum des Volkes überführt. Als Rechtsträger soll der Rat der Landeshauptstadt Potsdam eingetragen werden. […] Das Gebäude ist ein ausgesprochenes Mietshaus und eignet sich nicht für Neubauernhöfe.«53 Der letzte Besitzer des preußischen Königshauses war Kronprinz Wilhelm von Preußen (1882–1951) gewesen. Der »VEB-Kombinat für materiell-technische Versorgung Potsdam« nutzte ab 1955 die Gebäude des Gutes als Lager und Verwaltung. Dieser Zustand ändert sich bis in die 1980er Jahre nicht. 1989 ging das Gut Bornstedt in den Besitz der Treuhand Liegenschafts-Gesellschaft mbH (TLG) über. Noch bis 1992 arbeiteten auf dem Gelände die landwirtschaftlichen Versorgungsbetriebe und die Agrar-Großhandel GmbH. Mehrere Versuche, das Gut einer Nutzung zuzuführen, scheiterten. Seit 1998 ist das ehemalige Krongut in Privatbesitz und öffnete nach Umbau und Rekonstruktion am 1. Juni 2002 seine Pforten – als Ort für Events, Kulturveranstaltungen, brandenburgisches Handwerk und Gastronomie. Nachdem im Dezember 2008 ein Besitzerwechsel erfolgt war, wurden neue, publikumswirksamere Pläne zur Gestaltung und Nutzung des Kronguts ausgearbeitet und umgesetzt.
Anmerkungen
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1 August Kopisch, Die königlichen Schlösser und Gärten zu Potsdam, Berlin 1854, S. 17. 2 Vgl. Adolph Friedrich Riedel, Codex diplomaticus Brandenburgensis (CDB), Teil I, Bd. 10, Berlin 1856, S. 72. 3 Vgl. Leopold v. Ledebur, Die adeligen und patricischen Geschlechter in und um Potsdam, in: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Potsdams (MVGP), Teil V, CLXX, Potsdam 1872, S. 65 f. 4 Ernst Fidicin, Die Territorien der Mark Brandenburg oder Geschichte der einzelnen Kreise, Städte, Rittergüter, Stiftungen und Dörfer, Berlin 1858, A XI, S. 154. 5 Ebd., S. 164. 6 Riedel, CDB, Teil I, Bd. 9, S. 431. 7 Landreiterbericht 1608, in: BLHA, Rep. 78, Nr. 83, Bl. 192. 8 Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam, Potsdam 1884, S. 51. 9 Ebd., S. 240. 10 Vgl. Riedel, CDB, Teil I, Bd. 14, S. 187. Die Urkunde ist abgedruckt, in: MVGP, Teil I, XXXIV, Potsdam 1864, S. 1 f.; vgl. auch den Beitrag von Friedrich Beck sowie Dokument 2 im Anhang. 11 Vgl. den Beitrag von Friedrich Beck in diesem Band sowie Dokument 1 im Anhang. Für diese Urkunde wird das Jahr 1304 als Ausstellungszeit angegeben, was
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auch in vielen Publikationen übernommen wurde. Eine Analyse lässt aber das Jahr 1404 realistisch erscheinen, so dass das Dokument die Zweiterwähnung von Bornstedt darstellt. Die Lehmgrube war schon 1571 erschöpft und lag am Weg nach Bornstedt, wo später nach Entwürfen von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff 1752/54 die Neptungrotte, nahe dem Eingang in den Park von Sanssouci, errichtet wurde. Die Familie v. d. Gröben war bis ins 17. Jahrhundert Rittergutsbesitzer in mehreren märkischen Dörfern. Vgl. Riedel, CDB, Teil I, Bd. 11, S. 75. Vgl. Riedel, CDB, Teil I, Bd. 10, S. 72. Vgl. Louis Schneider, War die Insel Potsdam vor dem Jahre 1373 im Besitz der Familie von der Groeben?, in: MVGP, Jg. 2, Potsdam 1866, S. 92–95. Vgl. Das Landbuch der Mark Brandenburg, 1375, hrsg. von Johannes Schultze, Veröffentlichungen der Historischen Kommission für die Provinz Brandenburg und die Reichshauptstadt Berlin, Bd. 8.2, Berlin 1940, S. 87. Die Dorfstraße trug Anfang des 20. Jahrhunderts den Namen der Kaiserin – »Victoriastraße«. 1939/1940 erfolgte die Umbenennung in Ribbeckstraße. Vgl. den Beitrag von Friedrich Beck in diesem Band sowie Dokument 3 im Anhang. Vgl. Riedel, CDB, Teil I, Bd. 10, S. 164. Vgl. BLHA, Rep. 23 A, C 3325, Bl. 52 und 143 – Schoßregister von 1450/51; BLHA, Rep. 23 A, C 3326, Bl. 30 und 68v – Schoßregister von 1480/81. Vgl. Landbuch der Mark Brandenburg und des Markgrafenthums Nieder-Lausitz in der Mitte des 19. Jahrhunderts; oder geographisch-historisch-statistische Beschreibung der Provinz Brandenburg, bearbeitet von Heinrich Berghaus, Bd. 2, Berlin 1855, S. 33. Vgl. Urkunde 5 im Anhang. Siehe dazu auch den Beitrag von Friedrich Beck. Vgl. Urkunde 6 im Anhang. Siehe dazu auch den Beitrag von Friedrich Beck. Vgl. Fidicin 1858, S. 87. Vgl. Alexander Bethge, Der Bornstedter Kirchhof, in: MVGP, Jg. 5, Potsdam 1872, S. 12 f. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Kopisch 1854, S. 10. 1614 erhielt Brandenburg Kleve, Mark und Ravensberg zur Verwaltung, wobei Kleve im 17. Jahrhundert den Status einer brandenburgischen Residenzstadt besaß. 1647 wurde Johann Moritz von Nassau-Siegen dort als Statthalter eingesetzt. Er war es auch, der den barocken Umbau der Schwanenburg initiierte und den Prinzenhof als Residenz des Statthalters errichten ließ. Vgl. Kopisch 1854, S. 44. Willi Hanke, Geschichte der Evangelischen Kirchengemeinde Potsdam-Bornstedt, Berlin 1987, S. 30. Karoline Schulze, Geschichte der Gemeinde Bornstaedt (Kreis Osthavelland), Handschriftliches Exemplar im Pfarrarchiv Bornstedt, Bornstedt 1881, S. 17 ff. Hanke 1987, S. 31. Zu dieser Thematik und dem Verhältnis Bornstedts zum Militär-Waisenhaus vgl. den Beitrag von René Schreiter. August Zarnack, Geschichte des Königlichen Potsdamschen Militärwaisenhauses, von seiner Entstehung bis auf die jetzige Zeit, hrsg. zur 100-jährigen Stiftungsfeier der Anstalt, Berlin 1824, S. 437. BLHA, Rep. 7, Amt Bornstedt, Nr. 94, Schreiben vom 11. Mai 1725. Vgl. Zarnack 1824, S. 438. Geschichtlicher Überblick
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39 Hanke 1987, S. 41; Schulze 1881, S. 30. 40 Friedrich Wilhelm Diterichs wurde im Jahre 1702 in Uelzen geboren. 1717 war er Schüler des Architekten Martin Heinrich Böhme (1676–1725). Zuerst war er mitverantwortlich für den Bau der Luisenkirche in Berlin-Charlottenburg und des Schlosses Berlin-Friedrichsfelde. Später kamen Entwürfe für den Bau des Ephraimpalais, des Prinzessinnenpalais und der Böhmischen Kirche in Berlin dazu. Er arbeitete unter Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff (1699–1753) auch in Potsdam, so u. a. am Terrassenbau des Schlosses Sanssouci. 1737 wurde Diterichs zum Baudirektor und im Jahre 1742 zum Oberbaudirektor ernannt. Später zog er sich vom Staatsdienst auf sein Gut Orpensdorf (bei Stendal) zurück. 41 Hanke 1987, S. 43; Schulze 1881, S. 44 ff. 42 Vgl. MVGP, Teil I, N. F., Teil 3, Potsdam 1883, S. 222 f. 43 Bethge 1872, S. 222 f. 44 Vgl. Zarnack 1824, S. 438. 45 Vgl. ebd. 46 Siehe dazu auch den Beitrag von René Schreiter. 47 Vgl. ebd. 48 Auszug aus der Turmknopfurkunde Nr. III der alten Bornstedter Kirche vom Jahre 1847, Denkschrift für die Nachkommen, aufgesetzt im Juli 1847. 49 Vgl. Bethge 1872, S. 14. 50 Der Name Fideikommiss entstammt dem römischen Recht. Zu den Zeiten Papinians und Modestins in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts n. Chr. gab es noch fideicommissa perpetua. Fideikommiss ist ein unveräußerliches und einer bestimmten Erbfolge unterworfenes Vermögen. Es wird durch eine private Willenserklärung des Stifters herbeigeführt. Gegenstand ist hauptsächlich Grundbesitz, aber auch Geldkapital und andere Vermögensstücke können einbezogen werden. 51 Auszug aus der Turmkopfurkunde Nr. III. 52 Nach dem Ableben des Prinzen August v. Preußen fiel das Hausfideikommiss an die Krone zurück. Die Hofkammer verwaltete die Königlichen Familiengüter. Nach der Fürstenabfindung 1918 übernahm die Hofkammer die Verwaltung der Restgüter des Königshauses. 53 BLHA, Rep. 208, Nr. 4367, Bl. 36.
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Urkundliche Erwähnungen Bornstedts und ihre Beziehungen zur Landesgeschichte Friedrich Beck
Fontane, der wohl populärste Kenner der Mark Brandenburg, hat Bornstedt einmal »das liebliche« genannt. Zweifellos stand ihm dabei das im nahen Umfeld von Sanssouci gelegene Dörfchen um die Mitte des 19. Jahrhunderts vor Augen, das von Friedrich Wilhelm IV. (1795–1861) und seinen Baumeistern mit Kirche und Gutshaus im romantisch-italianisierenden Stil verschönert worden war und sich an einem in die Park- und Landschaftsgestaltung einbezogenen See befand. Die im Folgenden ausgewählten und (im Anhang abgedruckten) urkundlichen Texte führen uns in die meist ältere und – so darf man wohl sagen – auch bescheidenere Geschichte des Dorfes zurück. Sie wurde noch gegen Ende des 14. Jahrhunderts von drei Ritterhöfen mit dem geringen Anteil von jeweils 200 bis 300 Morgen Landbesitz und von zwölf Häuslern (Kossäten genannt) bestimmt.1 Anstelle des »lieblichen« Dörfchens Fontanes dürften wir es mit einem – im Vergleich mit anderen Dörfern aus jenen Tagen – vermutlich recht armen Flecken in der Mark, der »Streusandbüchse des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation«, zu tun gehabt haben. Während die Wohnbauten der Ritterhöfe möglicherweise bereits in Fachwerk ausgeführt waren, bestanden die der Kossäten nur aus schilfgedeckten Lehm- oder Holzhütten.
Das wahrscheinlich zwischen 1160 und 1200 im Rahmen der deutschen Ostsiedlung gegründete Dorf2 lässt sich in seinen urkundlich belegbaren Anfängen bis zum Beginn des 14. Jahrhunderts zurückverfolgen. Bei der genauen Datierung gibt es allerdings Ungereimtheiten zu erkennen. Einer solchen ist die ältere Forschung im Hinblick auf die erste urkundliche Erwähnung Bornstedts aufgesessen. In Quelleneditionen und entsprechenden Darstellungen wird als ältester Terminus das Jahr 1304 genannt.3 Diese Fehldatierung haben leider – bis in die jüngste Zeit ungeprüft – Grundsatzwerke wie das »Historische Ortslexikon für Brandenburg«, das Lexikon »Historische Stätten Deutschlands, Berlin-Brandenburg« und der »Dehio« übernommen.4 Die hier im Originaltext abgedruckte Urkunde 1 (Dokument 1) weist zwar als Ausstellungsdatum eindeutig das Jahr 1304 Urkundliche Erwähnungen Bornstedts
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Die Ersterwähnung Bornstedts
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Hans, Arnd und Peter v. d. Groeben verkaufen dem Rat zu Potsdam ein Stück Land in der Feldmark Bornstedt, Potsdam 1404 (Urkunde 1).
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aus – der wissenschaftlichen Quellenkritik hält dieses Datum jedoch nicht stand.5 Sowohl Sprache als auch Schrift des Urkundentextes korrespondieren in keinem Fall mit vergleichbaren Ausfertigungen vom Anfang des 14. Jahrhunderts. Als Urkundensprache wäre hier das in dieser Epoche vorherrschende Latein – wie durch die rund zwei Jahrzehnte jüngere Urkunde 2 von 1323 (Dokument 2) belegt –, nicht aber das Niederdeutsche zu erwarten, in dem sie verfasst ist. Die Schrift der Urkunde ist nicht eine der gängigen Urkundenschriften aus dem Übergang vom 13. zum 14. Jahrhundert, sondern eindeutig eine gotische Kursivschrift des beginnenden 15. Jahrhunderts. Entscheidend für die Datierung dürfte jedoch der besitzrechtliche Stand sein, wie ihn die Urkunden von (angeblich) 1304 und 1323 belegen. Danach befand sich noch 1323 die Insel Potsdam samt Bornstedt ununterbrochen in landesherrlichem Besitz. Wie hätten dann die sich zweifellos nur im Lehnsbesitz befindenden v. d. Gröben bereits 1304 einen Grundstücksverkauf vornehmen können, wie er in Urkunde 1 überliefert ist? Erst im Jahre 1400 wurden die Brüder Hans, Arndt und Peter v. d. Gröben als Besitzer von Bornstedt genannt.6 An die Stelle der Urkunde 1 als ältestem Beleg zur Geschichte Bornstedts muss daher ein anderes Dokument treten. Es ist die bereits erwähnte Urkunde 2 aus dem Jahr 1323. Ihr lateinischer Originaltext entspricht der Zeit ihrer Datierung, so dass hier die Quellenkritik wohl keine Einwände erheben dürfte. Die Schwierigkeit bei dieser Urkunde besteht in der zeitlichen Bestimmung der Schrift, denn sie liegt nicht im Original, sondern nur in einer Abschrift aus dem 16. Jahrhundert in einem Kopialbuch des Domstifts Brandenburg vor.7 Diese Form der Überlieferung Friedrich Beck
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Herzog Rudolf I. v. Sachsen-Wittenberg verkauft dem Domstift Brandenburg die Insel Potsdam mit Bornstedt, Spandau 1323 (Urkunde 2).
muss keinen Zweifel an ihrer Echtheit aufkommen lassen, gilt sie doch für zahlreiche andere als echt belegte Urkunden. Die Begründung für den Verlust des Originals mag vielleicht darin zu suchen sein, dass der in der Urkunde enthaltene Verkauf der Insel Potsdam mit Bornstedt und weiteren Dörfern an das Domstift Brandenburg keine Rechtskraft erlangt hat. Daraus wäre abzuleiten, dass man sich im Domstift mit einer Abschrift begnügte und dass das wertvolle Pergament der Originalurkunde – wie in vergleichbaren Fällen nachweisbar – nach Rasur des alten Textes für eine neue Urkundenausfertigung Verwendung fand. Die Überlieferung der Urkunde, lediglich in Abschrift und dazu an versteckter Stelle, dürfte wohl dazu geführt haben, dass sie in der bisherigen Forschung kaum Beachtung gefunden hat und, obwohl bereits 1856 veröffentlicht, weder in Beiträgen zur Geschichte Bornstedts noch in den oben genannten Grundsatzwerken vermerkt wurde. Urkundliche Erwähnungen Bornstedts
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Askanier und Wittelsbacher
Die Tatsache, dass die Verkaufsurkunde vom 27. Februar 1323 unberücksichtigt blieb, ist eng verknüpft mit fundamentalen Entwicklungen in der brandenburgischen Landesgeschichte. Am 14. August 1319 war Woldemar (1280–1319), der letzte bedeutende Markgraf von Brandenburg aus askanischem Hause, verstorben. Bereits im Sommer des folgenden Jahres starb das Geschlecht der märkischen Askanier mit seinem nur zehnjährigen Neffen Heinrich II. aus. Um die Markgrafschaft Brandenburg – eine Schöpfung Albrechts des Bären und seiner Söhne, die diese zum größten Herrschaftsbereich im Osten des Reiches ausgebaut hatten – entbrannte nun der Streit zwischen den Erben und Nachbarfürsten. Unter ihnen nahm Herzog Rudolf I. von Sachsen-Wittenberg (1298–1356) aus askanischem Hause und Vormund des gerade verstorbenen Neffen Woldemars die Spitzenposition ein. Er nutzte seine machtvolle Stellung und hatte bereits 1320 die Mittelmark mit dem Havelland, der Zauche, dem Teltow und Barnim in seine Hand sowie deren bedeutende Städte auf seine Seite gebracht.8 Wie der Vertrag über den Verkauf der Insel Potsdam in der Urkunde belegt, schaltete und waltete er in diesen Territorien wie über Eigengut. Es gelang ihm aber nicht, die angestrebte Nachfolge in der Mark zu verwirklichen. Auf dem Reichstag in Nürnberg im April 1323 belehnte König Ludwig IV. (1282–1347) aus dem Hause Wittelsbach aufgrund der aus der Ehe seiner Stiefschwester mit Markgraf Woldemar herrührenden Erbansprüche seinen noch minderjährigen ältesten Sohn Ludwig mit der Mark. Daraufhin sah sich Herzog Rudolf gezwungen, auf seine Ansprüche gegen Zahlung einer Abfindung zu verzichten und die in Besitz genommenen Gebietsteile dem erfolgreichen Wittelsbacher Konkurrenten auszuliefern. Dazu zählte auch die Insel Potsdam mit Bornstedt, deren Verkauf an das Domstift Brandenburg damit hinfällig geworden war.
»Landbuch der Mark Brandenburg«
Erst ein halbes Jahrhundert später trat Bornstedt erneut in den Bannkreis historischen Interesses. In der Zwischenzeit hatten die Mark und ihre Bewohner unruhige Jahre erleben müssen, waren sie doch in die von der Reichspolitik bestimmten langwierigen Auseinandersetzungen zwischen den Wittelsbachern und dem in Böhmen residierenden Hause Luxemburg, seit 1346 mit Karl IV. (1316–1378) auf dem deutschen Königsthron, hineingezogen worden. Dessen strategisches Ziel war die Stärkung seiner Hausmacht und die Ausweitung seiner Machtposition von den böhmischen Erblanden elbabwärts bis zu den großen Hanse- und Hafenstädten. Von seinem Bestreben zeugt noch heute die von ihm zum Schutz seiner territorialen und wirtschaftlichen Interessen errichtete Burg Tangermünde. 1371 ging er gegen den letzten wittelsbachischen Markgrafen militärisch vor, der schließlich 1373 im Vertrag von Fürstenwalde gegen eine
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Entschädigung von einer halben Million Gulden und anderen Besitzungen zugunsten der Söhne Karls auf die Mark verzichtete. Der als kluger Ökonom und sparsamer Rechner bekannte neue Landesherr ließ als einen der ersten Regierungs- und Verwaltungserlasse eine Bestandsaufnahme der markgräflichen Besitzungen in Form eines Registers der territorialen Besitz- und Abgabenverhältnisse anfertigen. Dies erwies sich umso mehr als unumgänglich, da in der Fehdezeit keine geordnete Kanzleitätigkeit möglich gewesen und somit die Übersicht verloren gegangen war. Außerdem war seit den Zeiten der askanischen Herrschaft ehemals landesherrlicher Besitz in die Hände des Adels gelangt. Als Ergebnis der Bestandsaufnahme entstand das ohne Originaltitel in drei Handschriften überlieferte »Landbuch der Mark Brandenburg von 1375«9 – eine der wichtigsten Quellen zur brandenburgischen Landesgeschichte. Das »Landbuch« gliedert sich in zwei Hauptteile: eine Übersicht über die aus den landesherrlichen Besitzungen fließenden Einkünfte und die Dorfregister. Sie liegen nicht vollständig für die gesamte Mark vor, es fehlen die Neumark östlich der Oder, das Land Lebus, Teile der Uckermark und der Prignitz mit dem Bistum Havelberg, die nicht dem Landesherrn gehörende Herrschaft Ruppin und weitere kleine Teilgebiete. Aus dem Dorfregister sind hier als Dokument 3 die Einträge über die Dörfer Bornstedt und Golm aus dem lateinischen Originaltext in die deutsche Sprache übersetzt und abgedruckt worden.10 Zum ersten Mal authentisch belegt, tauchen im »Landbuch« im Zusammenhang mit den Dörfern Bornstedt und Golm die Namen der beiden Lehnsinhaber auf: die Familien v. d. Gröben und v. Ribbeck. Während erstere bereits seit dem Ende des 13. Jahrhunderts mit Besitz auf dem Teltow nachweisbar ist11 und nahezu drei Jahrhunderte die Gutsherrschaft von Bornstedt ausüben sollte, stiftete letztere den gegenwärtigen Namen für die Straße, an der das Krongut Bornstedt gelegen ist. Einen Einblick in die Besitzungen der Familie v. d. Gröben gibt uns die in Spandau ausgestellte, hier unter Dokument 4 abgedruckte Belehnungsurkunde Markgraf Johanns vom 4. Januar 1433.12 Ausgehend von dem Stammsitz des Geschlechts um Bornstedt, Golm und Eiche und den Einkünften aus diesen Dörfern lassen sich zugleich gewisse Expansionsbestrebungen erkennen, die mit Buchholz bei Treuenbrietzen auf den Teltow und mit Biesdorf in Richtung auf Berlin gehen. Erklärtes Ziel der Familie war der Ausbau und die weitere Festigung der feudalen Grundherrschaft, vorwiegend im Havelland, Teltow und Barnim. Diese Bestrebungen werden in der Urkunde vom 5. November 1500 (Dokument 5) deutlich erkennbar.13 Zu den Bornstedter und Golmer Besitzungen traten damals als weitere Belehnungen die mit Verbitz und Wustermark im Havelland, Giesensdorf auf dem Teltow, Wegendorf und Weißensee im Barnim hinzu – letztere sämtlich im Umfeld der kurfürstlichen Residenzstädte Berlin und Cölln gelegen. Urkundliche Erwähnungen Bornstedts
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Ausbau und Festigung der Gröbenschen Besitzungen in den genannten Landschaften werden durch die Urkunde vom 15. Mai 1598 (Dokument 6) verdeutlicht.14 Sie enthält erneut die Belehnungen mit den in den Vorgängerurkunden enthaltenen Dörfern und Gütern – bis hin zur detaillierten Aufteilung der Dienste und Abgaben auf die einzelnen Bauern- und Kossätenhöfe. Dieser Stammsitz, wie ihn bereits die Urkunde vom 5. November 1500 enthielt, hatte nach knapp 100 Jahren eine weitere Abrundung durch Einkünfte und Abgaben aus den Dörfern Schmergow bei Werder im Havelland und aus den ältesten nachweisbaren Besitzungen des Geschlechts in (Potsdam-)Drewitz im Teltow erfahren.
Der Tiergarten
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Besonderes Interesse verdient in diesem Zusammenhang der Erwerb von einem Schock dreizehn Groschen Zins aus dem Dorf Schmergow durch Andreas v. d. Gröben zu Bornstedt. Er wurde damit von Kurfürst Joachim II. (1505–1571) unter dem 3. April des Jahres 1557 belehnt und zwar im Tausch gegen »etlichen Wiesewuchs bey der Lutzen gelegen, der Alter Tiergarten genanndt«. Damit dürften wir wohl einen Beleg in den Händen halten, aus dem hervorgeht, dass die Gröbenschen Expansionsbestrebungen via Berlin mit kurfürstlichen Interessen kollidierten. Das bereits 1239 urkundlich erwähnte »Lucene« war in diesem Jahr von den Markgrafen an das Benediktiner-Nonnenkloster in Spandau geschenkt worden, dem es bis zur Säkularisation 1542 gehörte. Es lag an der für die Landesherren strategisch wichtigen Verbindungsstraße zwischen Spandau und Berlin, deren Schutz u. a. ein noch im Landbuch von 1375 erwähnter befestigter Hof diente. Dem Kurfürsten konnte hier in den noch unruhigen Zeitläufen des 16. Jahrhunderts mit ihrer starken Adelsopposition an keiner anderen Macht gelegen sein. Hinzu kam noch, dass Joachim II. – bekannt als Beispiel eines Renaissancefürsten, Schuldenmachers und großen Nimrods, der mit seiner Mätresse Anna Sydow15, der »schönen Gießerin«, seiner Jagdleidenschaft in Jagdschlössern wie Letzlingen in der Altmark, Schönebeck im Barnim und nicht zuletzt in dem von ihm besonders geschätzten Grunewald frönte – sich in seinen Vergnügungen wohl nicht durch einen seiner Vasallen stören lassen wollte. Im Mittelpunkt des unscheinbaren Tauschgeschäfts stand dabei das in dieser Zeit noch von fast urwaldähnlichem Charakter geprägte Wald- und Sumpfgebiet zwischen dem kurfürstlichen Residenzschloss Cölln und dem Jagdschloss Grunewald – in der vorliegenden Urkunde als die »Lutzen« oder »Alter Tiergarten« bezeichnet –, das heutige Berlin-Charlottenburg.16 Es konnte in manchen Teilen nur auf Knüppeldämmen durchquert werden, wovon noch heute der Berliner »Kurfürstendamm« Zeugnis ablegt. Das fragliche Gelände dürfte sich noch nicht lange in Gröbenschem Besitz befunden haben, denn unter dem 8. September 1536 hatte der Kurfürst Friedrich Beck
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einen Bürger in Frankfurt/Oder mit der »Wiese bey der Lutze gelegen«17 belehnt. Anlass dafür könnte vielleicht eine Schuldverschreibung des ständig unter Geldnot leidenden Fürsten gewesen sein. Die beiden bisher ungedruckten und kaum zur Kenntnis genommenen Urkunden ermöglichen einen weiteren Einblick in die frühe Geschichte Charlottenburgs und des Tiergartens. In der Urkunde vom 9. Mai 164418 (Dokument 7), die im Wortlaut und Inhalt der vom 15. Mai 1598 nahezu gleicht, erneuerte Kurfürst Friedrich Wilhelm den v. d. Gröben die Belehnung mit ihren Besitzungen. Es sollte das letzte Mal gewesen sein. Bereits zwei Jahrzehnte danach sahen sie sich gezwungen, ihre Güter an den Kurfürsten zu verkaufen, der sie dem Amt Potsdam eingliederte.19 Die Gründe dürften einmal in den Ereignissen und Nachwirkungen des Dreißigjährigen Krieges zu suchen sein, der auch Bornstedt und den anderen Dörfern schwere Verwüstungen zugefügt und den Dienstleistungen an die Gutsherrschaft und deren Einkünften erhebliche Einbußen verursacht hatte. Hinzu kam aber auch das seit 1660 nachweisbare Bestreben des Kurfürsten, Potsdam zu einer zweiten Residenz zu machen, unter Einbeziehung umliegender, der Versorgung des Hofes dienender Dörfer und Güter. Damit war der Grundstein gelegt für die Einbeziehung Bornstedts in die spätere Potsdamer Kulturlandschaft – und seine Entwicklung zum »lieblichen«.
Urkundliche Erwähnungen Bornstedts
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Kurfürst Joachim I. und dessen Bruder, Albrecht v. Brandenburg, belehnen die Vetter Balthasar und Peter v. d. Groeben mit dem Rittersitz, Cölln 1500 (Dokument 5).
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Anmerkungen
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1 Vgl. Dokument Nr. 3. Alle im Text erwähnten Urkunden finden sich auf S. 215– 224. 2 Vgl. Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, Bd. 10, Berlin-Brandenburg, hrsg. v. Gerd Heinrich, Stuttgart 1995, 3. Aufl., S. 134 f. 3 Adolph Friedrich Riedel, Codex diplomaticus Brandenburgensis (CDB), Bd. I/11, S. 154. Das Original der Urkunde wird im Stadtarchiv Potsdam, Urkunde Nr. 1, verwahrt. Eine Fotokopie befindet sich im Brandenburgischen Landeshauptarchiv (BLHA) unter der Signatur Rep. 8, Stadt Potsdam (U 1). 4 So Historisches Ortslexikon für Brandenburg (HOL), Teil III, Havelland, bearb. v. Lieselott Enders, Weimar 1972, S. 32; Handbuch 1995, S. 134 f.; Georg Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, bearb. v. Gerhardé Vinken u. a., München und Berlin 2000, S. 873. 5 Vgl. dazu: Friedrich Beck, Potsdams älteste erhaltene Urkunde und die Erwähnung von Bornstedt, in: Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte, 55 (2004), S. 41–50. 6 Vgl. CDB Bd. I/11, S. 75. 7 Vgl. Domstiftsarchiv Brandenburg, Kopialbuch II, S. 161 f., unvollständiger Druck: CDB, Bd. I/11 S. 154 f.; Wolfgang Schößler, Regesten der Urkunden und Aufzeichnungen im Domstiftsarchiv Brandenburg, Teil I, 948–1487, Weimar 1998, Nr. 147, S. 106 f. 8 Vgl. Lorenz F. Beck, Herrschaft und Territorium der Herzöge von Sachsen-Wittenberg (1212–1422), Potsdam 2000, S. 203. 9 Die Handschriften des »Landbuchs« werden heute im Geheimen Staatsarchiv der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin verwahrt. Edition des Textes: Das Landbuch der Mark Brandenburg von 1375, hrsg. v. Johannes Schultze, Berlin 1940. 10 Vgl. ebd., S. 162 f. 11 So 1284 im Teilbesitz von Drewitz, vgl. HOL, Teil IV, Teltow, S. 54. 12 Vgl. CDB, Bd. I/11, S. 164. 13 Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Rep. 37, Güter Bornstedt und Golm, U 1. 14 Vgl. ebd., U 3. 15 Anna Sydow (†1575), Ehefrau des Nicolaus Diederich, kurfürstlicher Zeugmeister und Vorsteher der Gießhütte zu Berlin. 16 Erstmals urkundlich als Dorf »Lucene« 1239 erwähnt, 1465 »bey der Lutzen«, 1590 »Lutze«, 1743 Lützow bzw. Lützenburg oder Lietzenburg. Nach der Schenkung des Dorfes durch Kurfürst Friedrich III., den späteren König Friedrich I., an seine Ehefrau Sophie Charlotte und den Bau eines Landhauses 1695 erhielt der Ort den Namen Charlottenburg. Vgl. Handbuch 1995, Berlin-Charlottenburg, S. 42 f. 17 Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Rep. 37, Güter Bornstedt und Golm, U 2. 18 Ebd., U 4. 19 Vgl. HOL 1972, Teil III, S. 32 und S. 136.
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