In Manufaktur und Handwerk bedient sich der Arbeiter des Werkzeugs, in der Fabrik dient er der Maschine. (Karl Marx)
Der Mensch im Takt der Maschinen Der Begriff Industrialisierung beschreibt den Übergang von der handwerklichen Fertigung zur Massenfertigung mit Hilfe von Maschinen. Diese technische Revolution nahm in England ihren Anfang mit der Erfindung der wassergetriebenen Spinnmaschine (1769), der Dampfmaschine (1769) und des mechanischen Webstuhls (1784). Zum weithin sichtbaren Symbol der Industrialisierung wurde die Dampfmaschine. Um 1800 waren in England schon rund 5.000 Dampfmaschinen in Betrieb, in Preußen nicht einmal ein Dutzend. Als 1815 die von Napoleon gegen englische Waren verhängte Kontinentalsperre aufgehoben wurde, überschwemmten industriell hergestellte englische Garne und Stoffe die kontinentalen Märkte. Die Weber in Schlesien und in anderen Regionen hungerten, und ihre Familien einschließlich der Kinder arbeiteten 16 Stunden am Tag, konnten aber mit den Maschinenprodukten nicht mithalten. England schützte seinen technischen Vorsprung durch Ausfuhrbeschränkungen für Maschinen und durch Ausreiseverbote für technisches Fachpersonal. Hohe Strafen drohten bei Zuwiderhandlungen. Dennoch: Durch Industriespionage, illegale Abwerbung englischer Experten oder Schmuggel und Kopieren englischer Maschi-
nen kam das englische technische Wissen langsam nach Deutschland. Um für die preußischen Bergwerke Dampfmaschinen zum Abpumpen der Grubenwasser zu erhalten, schickte Friedrich der Große den aus Neuruppin stammenden Bergbauingenieur Carl Friedrich Bückling im Jahr 1778 nach England, um James Watts Konstruktionspläne für dessen Dampfmaschine auszuspionieren. Doch erst nach einer weiteren Spionagereise und sieben Jahren intensiver Arbeit mit wechselndem Erfolg konnte 1785 endlich die erste Dampfmaschine im König-Friedrich-Schacht bei Burgörner am Ostrand des Harzes in Betrieb gehen, ein Jahr vor dem Tod König Friedrichs. Der Nachfolger Friedrich Wilhelm II. ernannte Bückling 1791 zum Oberbergrat und zum Leiter des Maschinenwesens im königlichen Bergwerks- und Hüttendepartment. Der Stahlunternehmer Eberhard Hoesch musste sich neun Stunden in einem erkalteten Hochofen vor der englischen Polizei verstecken, als er das englische Geheimnis der Gussstahlherstellung ausspionieren wollte. Alfred Krupp reiste aus dem gleichen Grund mehrfach unter falschem Namen nach England, bis er dort unter den Stahlherstellern durch Steckbriefe bekannt war. Der Neuruppiner Architekt Karl Friedrich
Bild linke Seite: Schmied am Amboss, Antriebsmodell für Dampfmaschinen um 1900, Hersteller unbekannt (Sammlung BPM), Hintergrundfoto: Dampf-Schmiedehammer, 50 Tonnen, bei Borsig in Berlin-Tegel 1899 (Stiftung Deutsches Technik-Museum, Berlin)
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