KI Forum

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Künstliche

Intelligenz als Wachstumschance?

Gesamtwirtschaftliche Potenziale für Deutschland

Bundesverband der Deutschen Industrie e. V.

Polina Khubbeeva & Frederik Lange

2. Oktober 2025

Wachstum durch KI? Ziel & Erkenntnisse im Überblick

Ziel des Papiers

Erkenntnisse

Analyse: Wie kann KI das Wirtschaftswachstum in Deutschland stärken?

1. Relevanter, aber begrenzter Wachstumseffekt:

KI könnte das Potenzialwachstum um ca. 0,3 Prozentpunkte/Jahr steigern – kein Wachstumswunder, aber spürbarer Beitrag

2. Standortfaktoren könnten Wirkung bremsen:

Schwächen bei Infrastruktur, Fachkräften, Finanzierung und Datenzugang hemmen breite wirtschaftliche Nutzung

3. Strategische Ausrichtung nötig:

Deutschland muss industrielle Stärken gezielt nutzen, KI-Kompetenzen ausbauen und Rahmenbedingungen verbessern

Fördernde und dämpfende Effekte von KI

Wirkmechanismus Wirkung auf Produktivität

Automatisierung

→ Labour-replacing

Automatisierung

→ Labour-augmenting

Förderlich: Effizienzsteigerung durch Automatisierung einfacher Tätigkeiten

Förderlich: Unterstützung menschlicherArbeit durch

Teilautomatisierung und bessere Informationsaufbereitung

Förderlich: Neue Aufgaben und Geschäftsmodelle können langfristig

Weitere Anmerkungen

Wirkung abhängig von Reallokation der Arbeitskräfte

Task Creation

Produktivität steigern

Forschung & Innovation

Förderlich: SchnellereAnalyse, Simulation und Erkenntnisgewinn

Schwer messbar, daher oft nicht in Studien berücksichtigt

Schwer quantifizierbar, indirekte Effekte oft unterbeleuchtet

Gesellschaftlich fragwürdige

Anwendungen

Dämpfend: Können ökonomischeAktivität erzeugen, aber gesellschaftlichen Nutzen und Wohlfahrt untergraben

Baumol-Effekt

Dämpfend: Bremst Produktivitätsfortschritt durch

Nachfrageverlagerung in wenig automatisierbare Sektoren

KI in Unternehmen: Nutzung steigt, Wirkung begrenzt

• Effizienzgewinne: Erste Studien zeigen deutliche Verbesserungen, v. a. in wissensintensiven

Dienstleistungen:

• +60% Output in Kreativteams (Ju & Aral, 2025)

• +14% Produktivität im Kundenservice (Brynjolfsson et al., 2023)

• +56% Effizienz in der Softwareentwicklung (Peng et al., 2023)

• Industrie: 46,7% der Industrieunternehmen nutzen KI (ifo Institut), v. a. in Automobil, Maschinenbau, Chemie. Die Nutzung konzentriert sich häufig noch auf einzelne, meist administrative Anwendungen; eine breite Integration in die Produktion ist bislang nicht eindeutig festzustellen.

• Aber: Die meisten Unternehmen können Effizienzgewinne bislang kaum in Umsatzsteigerungen oder Kostensenkungen überführen. Laut MIT-Studie haben 95% der GenAI-Pilotprojekte keinen messbaren Einfluss auf die Gewinn- und Verlustrechnung. Hauptursachen: fehlende Integration und organisatorische Defizite.

• Fazit: Produktivitätsgewinne durch KI hängen vor allem von der erfolgreichen Einbettung in betriebliche Abläufe ab.

KI auf Branchenebene: Höchste Potenziale in wissensintensiven

Dienstleistungen

Prognostizierte sektorale Produktivitätszuwächse über 10 Jahre*

Hohe Adoption und erweiterte Funktionen Mittlere Adoption und erweiterte Funktionen Geringe Adoption

*Zuwächse unter verschiedenen Szenarien. Quelle: OECD (2025

Deutschland im Mittelfeld: KI-Wachstumsimpuls von 0,3

Prozentpunkten erscheint plausibel

Studienübersicht zu den gesamtwirtschaftlichen KI-Potenzialen

Quelle Land/Region TFP-Zuwachs p. a. (in PP)

McKinsey (2023) Global

OECD (2025) G7

0,07-0,4 (2,27 bei kombiniertem Einsatz)

0,13-0,87 (mittleres Szenario: 0,33-0,67)

Arbeitsproduktivitätszuwachs p. a. (in PP)

0,1-0,6 (3,4 bei kombiniertem Einsatz)

0,2-1,3 (mittleres Szenario: 0,51,0) IWF (2025) Europa 0,22

Acemoglu (2024) USA

OECD (2024b) USA

IW Consult (2025) Deutschland

OECD (2025) Deutschland

0,23-0,77 (mittleres Szenario: 0,57) 0,34-1,16 (mittleres Szenario: 0,86)

• Deutschland liegt bei den erwarteten Produktivitätseffekten von KI im Mittelfeld der G7-Staaten.

• Die wirtschaftliche Struktur mit starker Industrie und begrenzter Dienstleistungsintensität hemmt die unmittelbare Wirkung.

• Unter Berücksichtigung struktureller Effekte (Baumol) sowie KI-bedingter Investitionen ergibt sich ein erwartbarer gesamtwirtschaftlicher Wachstumsimpuls von rund 0,3 Prozentpunkten pro Jahr (entspricht ca. €13 Mrd. zusätzlich, bezogen auf das deutsche BIP 2024).

Begrenzter aber spürbarer Wachstumsbeitrag

Die Schätzungen für Deutschland sind vor folgendem Hintergrund bemerkenswert:

1. Arbeitsproduktivität stieg 1986-2022 im Schnitt nur um 0,9 % jährlich, mit geringem TFP-Beitrag (siehe Grafik).

2. Frühjahrsgutachten 2025 erwartet Produktionspotenzialwachstum 2025-2030 von nur 0,2-0,4% jährlich (ohne Finanzpaket und KI). Ein KI-bezogener Impuls von 0,3 Prozentpunkten entspräche (fast) einer Verdoppelung.

Trendmäßiges Wachstum der Arbeitsproduktivität (in Prozent)

Beitrag des trendmäßigen Kapitalwachstums je Erwerbstätigen

Beitrag des trendmäßigen TFP-Wachstums

In der Praxis könnten deutsche Standortfaktoren den KI-Beitrag jedoch mindern (1/2)

1. Digitale Infrastruktur

• Defizite beim Ausbau von Hochgeschwindigkeits-Glasfaser und Cloud-Infrastruktur

• Hohe Strompreise und steigender Energiebedarf bremsen Ausbau und Betrieb von Rechenzentren

• Zu große Abhängigkeiten und fehlende Lieferkettendiversität bei Hochleistungschips

2. Fachkräfte & Kompetenzen

• Offene Stellen bleiben lange unbesetzt und geringe KI-Kompetenz in der Breite

• USA und UK verfügen über größere Talentpools und ziehen internationale Spitzenkräfte an

3. Finanzierung & Gründungsdynamik

• Wagniskapitalinvestitionen in KI-Start-ups deutlich niedriger als in den USA, China oder UK

• Deutschland liegt bei KI-Neugründungen hinter anderen Industrieländern zurück

In der Praxis könnten deutsche Standortfaktoren den KI-Beitrag jedoch mindern (2/2)

4. Unternehmensstruktur & Adoptionsbedingungen

• Mittelstandsdominanz mit 99% KMU, oft zu klein für eigene KI-Entwicklung

• Kulturelle Zurückhaltung bei neuen Technologien; Nutzen oft schwer abschätzbar

5. Regulatorisches Umfeld

• Rechtsunsicherheit durch komplexe und teils widersprüchliche Vorgaben (z.B. AI Act, Datenschutz). Hemmt Investitionen und Innovationsbereitschaft, besonders bei KMU

6. Forschungstransfer & Datenzugang

• Schwacher Transfer von Forschung in marktfähige Anwendungen

• Fehlende strukturierte, interoperable Daten und Unsicherheiten beim Datenschutz

Industrielle Stärken gezielt für KI nutzen

Kompetenzen und Rahmenbedingungen ausbauen 10

• Deutschland steht im internationalen KI-Wettbewerb vor zwei Rennen:

• Entwicklung grundlegender KI-Technologien – hier besteht Rückstand gegenüber USA und China

• Anwendung bestehender KI-Modelle in Produkten und Prozessen – hier ist Deutschland wettbewerbsfähig, besonders in der Industrie

• Um KI als Wachstumstreiber zu nutzen, braucht es:

• Investitionen in souveräne KI-Infrastrukturen

• Ausbau von KI-Kompetenzen in Bildung und Unternehmen

• Innovationsfreundliche Rahmenbedingungen

• Stärkeren Forschungstransfer in industrielle Anwendungen

• Strategische Vernetzung von Mittelstand, Industrie und Start-ups

• Nur durch gezielte politische Maßnahmen kann Deutschland seine industrielle Stärke ausspielen und eine führende Rolle bei industrieller KI einnehmen.

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