Intelligenz als Wachstumschance?

Gesamtwirtschaftliche Potenziale für Deutschland
Bundesverband der Deutschen Industrie e. V.
Polina Khubbeeva & Frederik Lange

Wachstum durch KI? Ziel & Erkenntnisse im Überblick
Ziel des Papiers
Erkenntnisse
Analyse: Wie kann KI das Wirtschaftswachstum in Deutschland stärken?
1. Relevanter, aber begrenzter Wachstumseffekt:
KI könnte das Potenzialwachstum um ca. 0,3 Prozentpunkte/Jahr steigern – kein Wachstumswunder, aber spürbarer Beitrag
2. Standortfaktoren könnten Wirkung bremsen:
Schwächen bei Infrastruktur, Fachkräften, Finanzierung und Datenzugang hemmen breite wirtschaftliche Nutzung
3. Strategische Ausrichtung nötig:
Deutschland muss industrielle Stärken gezielt nutzen, KI-Kompetenzen ausbauen und Rahmenbedingungen verbessern

Fördernde und dämpfende Effekte von KI
Wirkmechanismus Wirkung auf Produktivität
Automatisierung
→ Labour-replacing
Automatisierung
→ Labour-augmenting
Förderlich: Effizienzsteigerung durch Automatisierung einfacher Tätigkeiten
Förderlich: Unterstützung menschlicherArbeit durch
Teilautomatisierung und bessere Informationsaufbereitung
Förderlich: Neue Aufgaben und Geschäftsmodelle können langfristig
Weitere Anmerkungen
Wirkung abhängig von Reallokation der Arbeitskräfte
Task Creation
Produktivität steigern
Forschung & Innovation
Förderlich: SchnellereAnalyse, Simulation und Erkenntnisgewinn
Schwer messbar, daher oft nicht in Studien berücksichtigt
Schwer quantifizierbar, indirekte Effekte oft unterbeleuchtet
Gesellschaftlich fragwürdige
Anwendungen
Dämpfend: Können ökonomischeAktivität erzeugen, aber gesellschaftlichen Nutzen und Wohlfahrt untergraben
Baumol-Effekt
Dämpfend: Bremst Produktivitätsfortschritt durch
Nachfrageverlagerung in wenig automatisierbare Sektoren

KI in Unternehmen: Nutzung steigt, Wirkung begrenzt
• Effizienzgewinne: Erste Studien zeigen deutliche Verbesserungen, v. a. in wissensintensiven
Dienstleistungen:
• +60% Output in Kreativteams (Ju & Aral, 2025)
• +14% Produktivität im Kundenservice (Brynjolfsson et al., 2023)
• +56% Effizienz in der Softwareentwicklung (Peng et al., 2023)
• Industrie: 46,7% der Industrieunternehmen nutzen KI (ifo Institut), v. a. in Automobil, Maschinenbau, Chemie. Die Nutzung konzentriert sich häufig noch auf einzelne, meist administrative Anwendungen; eine breite Integration in die Produktion ist bislang nicht eindeutig festzustellen.
• Aber: Die meisten Unternehmen können Effizienzgewinne bislang kaum in Umsatzsteigerungen oder Kostensenkungen überführen. Laut MIT-Studie haben 95% der GenAI-Pilotprojekte keinen messbaren Einfluss auf die Gewinn- und Verlustrechnung. Hauptursachen: fehlende Integration und organisatorische Defizite.
• Fazit: Produktivitätsgewinne durch KI hängen vor allem von der erfolgreichen Einbettung in betriebliche Abläufe ab.

KI auf Branchenebene: Höchste Potenziale in wissensintensiven
Dienstleistungen
Prognostizierte sektorale Produktivitätszuwächse über 10 Jahre*
Hohe Adoption und erweiterte Funktionen Mittlere Adoption und erweiterte Funktionen Geringe Adoption
*Zuwächse unter verschiedenen Szenarien. Quelle: OECD (2025

Deutschland im Mittelfeld: KI-Wachstumsimpuls von 0,3
Prozentpunkten erscheint plausibel
Studienübersicht zu den gesamtwirtschaftlichen KI-Potenzialen
Quelle Land/Region TFP-Zuwachs p. a. (in PP)
McKinsey (2023) Global
OECD (2025) G7
0,07-0,4 (2,27 bei kombiniertem Einsatz)
0,13-0,87 (mittleres Szenario: 0,33-0,67)
Arbeitsproduktivitätszuwachs p. a. (in PP)
0,1-0,6 (3,4 bei kombiniertem Einsatz)
0,2-1,3 (mittleres Szenario: 0,51,0) IWF (2025) Europa 0,22
Acemoglu (2024) USA
OECD (2024b) USA
IW Consult (2025) Deutschland
OECD (2025) Deutschland
0,23-0,77 (mittleres Szenario: 0,57) 0,34-1,16 (mittleres Szenario: 0,86)
• Deutschland liegt bei den erwarteten Produktivitätseffekten von KI im Mittelfeld der G7-Staaten.
• Die wirtschaftliche Struktur mit starker Industrie und begrenzter Dienstleistungsintensität hemmt die unmittelbare Wirkung.
• Unter Berücksichtigung struktureller Effekte (Baumol) sowie KI-bedingter Investitionen ergibt sich ein erwartbarer gesamtwirtschaftlicher Wachstumsimpuls von rund 0,3 Prozentpunkten pro Jahr (entspricht ca. €13 Mrd. zusätzlich, bezogen auf das deutsche BIP 2024).

Begrenzter aber spürbarer Wachstumsbeitrag
Die Schätzungen für Deutschland sind vor folgendem Hintergrund bemerkenswert:
1. Arbeitsproduktivität stieg 1986-2022 im Schnitt nur um 0,9 % jährlich, mit geringem TFP-Beitrag (siehe Grafik).
2. Frühjahrsgutachten 2025 erwartet Produktionspotenzialwachstum 2025-2030 von nur 0,2-0,4% jährlich (ohne Finanzpaket und KI). Ein KI-bezogener Impuls von 0,3 Prozentpunkten entspräche (fast) einer Verdoppelung.
Trendmäßiges Wachstum der Arbeitsproduktivität (in Prozent)
Beitrag des trendmäßigen Kapitalwachstums je Erwerbstätigen
Beitrag des trendmäßigen TFP-Wachstums

In der Praxis könnten deutsche Standortfaktoren den KI-Beitrag jedoch mindern (1/2)
1. Digitale Infrastruktur
• Defizite beim Ausbau von Hochgeschwindigkeits-Glasfaser und Cloud-Infrastruktur
• Hohe Strompreise und steigender Energiebedarf bremsen Ausbau und Betrieb von Rechenzentren
• Zu große Abhängigkeiten und fehlende Lieferkettendiversität bei Hochleistungschips
2. Fachkräfte & Kompetenzen
• Offene Stellen bleiben lange unbesetzt und geringe KI-Kompetenz in der Breite
• USA und UK verfügen über größere Talentpools und ziehen internationale Spitzenkräfte an
3. Finanzierung & Gründungsdynamik
• Wagniskapitalinvestitionen in KI-Start-ups deutlich niedriger als in den USA, China oder UK
• Deutschland liegt bei KI-Neugründungen hinter anderen Industrieländern zurück

In der Praxis könnten deutsche Standortfaktoren den KI-Beitrag jedoch mindern (2/2)
4. Unternehmensstruktur & Adoptionsbedingungen
• Mittelstandsdominanz mit 99% KMU, oft zu klein für eigene KI-Entwicklung
• Kulturelle Zurückhaltung bei neuen Technologien; Nutzen oft schwer abschätzbar
5. Regulatorisches Umfeld
• Rechtsunsicherheit durch komplexe und teils widersprüchliche Vorgaben (z.B. AI Act, Datenschutz). Hemmt Investitionen und Innovationsbereitschaft, besonders bei KMU
6. Forschungstransfer & Datenzugang
• Schwacher Transfer von Forschung in marktfähige Anwendungen
• Fehlende strukturierte, interoperable Daten und Unsicherheiten beim Datenschutz

Industrielle Stärken gezielt für KI nutzen
Kompetenzen und Rahmenbedingungen ausbauen 10
• Deutschland steht im internationalen KI-Wettbewerb vor zwei Rennen:
• Entwicklung grundlegender KI-Technologien – hier besteht Rückstand gegenüber USA und China
• Anwendung bestehender KI-Modelle in Produkten und Prozessen – hier ist Deutschland wettbewerbsfähig, besonders in der Industrie
• Um KI als Wachstumstreiber zu nutzen, braucht es:
• Investitionen in souveräne KI-Infrastrukturen
• Ausbau von KI-Kompetenzen in Bildung und Unternehmen
• Innovationsfreundliche Rahmenbedingungen
• Stärkeren Forschungstransfer in industrielle Anwendungen
• Strategische Vernetzung von Mittelstand, Industrie und Start-ups
• Nur durch gezielte politische Maßnahmen kann Deutschland seine industrielle Stärke ausspielen und eine führende Rolle bei industrieller KI einnehmen.

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