ETH-Rat Annual Report 2012 DE

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Gesch채ftsbericht 2012

des ETH-Rats 체ber den ETH-Bereich

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Titelbild Der naturbelassene Oberlauf der Sense im Kanton Freiburg diente dem Forschungsprojekt «Integrales Flussgebietsmanagement» als Studienobjekt zur Revitalisierung von Fliess­ gewässern in der Schweiz. Bei diesem im Jahr 2012 abgeschlossenen interdisziplinären Projekt waren die ETH Zürich, die EPFL, die WSL und die Eawag beteiligt (vgl. S. 56).


Gesch채ftsbericht 2012

des ETH-Rats 체ber den ETH-Bereich

Eidg. Forschungsanstalt f체r Wald, Schnee und Landschaft WSL


Inhalt

Überblick

Umfeld und Aufgaben

Brief des Präsidenten des ETH-Rats

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Höhepunkte MINT-Fächer auf dem Vormarsch – Forschungsschwerpunkt Energie

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Das politische Umfeld Förderung nationaler Grossprojekte – Neue Gesetze für die Hochschulen

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Das wirtschaftliche Umfeld Weltwirtschaft in der Krise – Bildung schafft Arbeit

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Inhalt

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Der Wissenschaftsbetrieb Knappe Kapazitäten in der Lehre – Spitzenleistungen in der Forschung Spezifische strategische Aufgaben Nationale Aufgaben und Kompetenzzentren Im internationalen Umfeld Personal- und Professorengeschäfte

18 19 22 24

Organisation und Governance Aufbau und Führung des ETH-Bereichs

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Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


Einblick

Durchblick

Leistungsziele und Fortschritte

Kennzahlen und Kommentare

des ETH-Bereichs 2011 Ziel 1 – Lehre Facts & Figures Online-Trends in der Lehre Arbeitsteilung zwischen Hochschulen und Forschungsanstalten

34 36 40

Ziel 2 – Forschung Facts & Figures Forschung für die Energiewende Schutz und Sicherheit von Daten Das Gehirn wird entschlüsselt Treibstoff aus Sonnenkraft Ziel 3 – Wissens- und Technologietransfer Facts & Figures Neues Leben für die Flüsse Doppelpass zwischen Wissenschaft und Wirtschaft Das Pflegebett von morgen ist intelligent

54 56 60 62

Ziel 4 – Internationale Vernetzung Facts & Figures Schweizer Erfahrungen für China

64 66

Ziel 5 – Arbeitsbedingungen, Chancengleichheit und Nachwuchsförderung Facts & Figures Chancen nutzen und Nachwuchs fördern

70 72

Ziel 6 – Engagement für den Schweizer Hochschulraum Facts & Figures Forschung im Dienste der Medizin EPFL expandiert ins Wallis

76 78 82

42 44 48 50 52

Monitoringtabelle 102 Akademisches Leistungsreporting Gefragte Fachkräfte aus dem ETH-Bereich

103

Finanzielle Kennzahlen Starker Anstieg der Zweit- und Drittmittel

110

Personelle Kennzahlen Konstanz im Personalbereich

116

Immobilienmanagement Strategiekonformer Ausbau der Immobilieninfrastruktur

122

Impressum 128

Ziel 7 – Leistungsorientierte Mittelzuteilung 84 Ziel 8 – Nationale und internationale Präsenz Facts & Figures Forschungs-Hub in Asien

86 88

Ziel 9 – Verstärkte Rolle in der Gesellschaft Facts & Figures Neue Schadorganismen bedrohen den Wald Eine Toilette für Entwicklungsländer

92 94 98

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

Inhalt

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Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte Sehr geehrte Damen und Herren National- und Ständeräte Sehr geehrte Leserinnen und Leser

Zahlen lügen nicht: Im vergangenen Jahrzehnt hat sich die ­Anzahl Studierender an den beiden ETH um 50 Prozent erhöht. Die Masterabschlüsse summierten sich im Jahr 2012 auf inzwi­ schen rund 2300, und bei den Neueintritten ins Bachelorstu­ dium verzeichneten wir ein Plus von 4,8 Prozent auf insgesamt über 13 000. Dies sind Ziffern des Erfolgs. Sie zeigen, dass die von uns angebotenen Studiengänge stark nachgefragt sind – insbesondere bei Schweizer Maturandinnen und Maturanden – und die Qualität von Lehre und Forschung an beiden ETH un­ bestritten hoch ist. Letzteres bestätigen auch internationale Rankings von Universitäten, internationale Forschungswettbe­ werbe oder auch Auszeichnungen – überall belegen die sechs Institutionen des ETH-Bereichs Spitzenplätze. Die Abgängerin­ nen und Abgänger verfügen über ausgezeichnete Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Statistiken belegen, dass die Absolventin­ nen und Absolventen der sogenannten MINT-Fächer – Mathe­ matik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik – dank ihren ausgewiesenen Kompetenzen bei Wirtschaft und Verwaltung rasch eine Stelle finden. Mit der wachsenden Zahl Studierender gelingt es uns, die in diesem Bereich gesuchten fähigen Köpfe bereitzustellen. Doch die erreichten Spitzenpositionen brauchen Pflege und Weiterentwicklung. Auch daran arbeiten wir. So konnten wir im Berichtsjahr beispielsweise das neue Nationale Zentrum für Hochleistungsrechnen der ETH Zürich in Lugano-Cornaredo ein­ weihen. Das PSI hat die Projektierung des Freie-ElektronenRöntgenlasers SwissFEL so weit vorangetrieben, dass noch 2013 der Grundstein gelegt werden kann. Und besonders hervorzu­ heben ist, dass die EU Anfang 2013 das Human Brain Project (HBP) unter Führung der EPFL als eines von zwei europäischen Flaggschiff-Projekten zur internationalen Förderung ausge­

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Brief des Präsidenten des ETH-Rats

wählt hat. Dies ist die Frucht eines jahrelangen und 2012 in­ tensiven Engagements der EPFL und des ETH-Bereichs. Zu all diesen Erfolgsmeldungen existiert freilich auch eine Kehrseite: Der starke Zustrom Studierender hat dazu geführt, dass sich das Betreuungsverhältnis von Professorinnen und Professoren zu Studierenden weiter verschlechtert hat. Dies, obwohl im Berichtsjahr 86 Professuren neu oder wieder besetzt wurden. Die Investition in die Lehre wird aus diesem Grund auch in ­Zukunft hohe Priorität geniessen. Für mich bleibt als Fazit: Der ETH-Bereich hat im Jahr 2012 weitere Fortschritte erzielt. Ein Begriff, welcher in den vergan­ genen Jahren stets auf dem Titelbild unseres Rechenschaftsbe­ richts prangte. Auch hier schreiten wir voran, nennen diesen neu, und abgestimmt auf die Corporate Governance des Bun­ des, «Geschäftsbericht 2012». Denn darum geht es – Bericht zu erstatten über unsere «Geschäfte», das heisst über die Zieler­ reichung. Bei allen, die zur erfolgreichen Umsetzung unserer Ziele beigetragen haben – die Politik, unsere Professorinnen und Professoren, unsere Mitarbeitenden und Studierenden –, bedanke ich mich ganz herzlich für ihren Einsatz.

Dr. Fritz Schiesser Präsident des ETH-Rats

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


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Brief des Pr채sidenten des ETH-Rats

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Überblick

Umfeld und Aufgaben

Höhepunkte 10 Das politische Umfeld

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Das wirtschaftliche Umfeld

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Der Wissenschaftsbetrieb

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Organisation und Governance

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Das politische wie auch das wirtschaftliche Umfeld beeinflussen den Wissenschaftsbetrieb des ETH-Bereichs in hohem Masse. Das Kapitel «Überblick» skizziert die grossen Zusammen­ hänge. Im Bild der Panoramablick über das Rolex Learning Center der EPFL auf den Genfersee (Bild: EPFL/Alain Herzog).

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Höhepunkte

MINT-Fächer auf dem Vormarsch – Forschungsschwerpunkt Energie

Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, die MINT-Disziplinen, werden von unserer Gesellschaft wie auch von der Schweizer Wirtschaft immer stärker nachgefragt. Steigende Zahlen von Studierenden an der ETH Zürich (+ 3,5 %) wie auch an der EPFL (+ 10,2 %) auf insgesamt 27 087 Imma­ trikulierte (inklusive Doktorierende) per Ende Jahr zeigen, dass die beiden Eidgenössischen Techni­ schen Hochschulen diesem Bedürfnis entsprachen. Insgesamt bedeutete dies gegenüber dem Vorjahr eine Zunahme um 5,7 %. Dabei wurden auch besondere Anstrengungen unternommen, weiter in die Qualität der Lehre zu investieren. Im Bereich Forschung lag ein Schwerpunkt auf der Energieforschung als Beitrag zur Energiestrategie 2050 des Bundesrats.

Bei den Neueintritten von Studierenden ins Bachelorstudium sticht positiv ins Auge, dass die stärksten Zuwachsraten in den Studiengängen Life Sciences (+ 21,1 %) sowie bei den Ingenieur­ wissenschaften (+ 9,2 %) zu verzeichnen waren. Insgesamt nahmen 5072 Studierende an einer der beiden ETH neu ein Ba­ chelorstudium auf; 234 oder 4,8 % mehr als im Vorjahr. Von den insgesamt 13 359 Bachelor- und 6981 Masterstudierenden sind 74 % bzw. 59 % Bildungsinländerinnen und -inländer. Von den 5836 Doktorierenden sind mehr als zwei Drittel Bildungs­ ausländerinnen und -ausländer. Die wiederum höheren Zahlen von Eintritten und Studien­ abschlüssen zeigen: Der ETH-Bereich erfüllt die Erwartung und den Anspruch von Gesellschaft und Wirtschaft, mehr Nachwuchs in den MINT-Disziplinen auszubilden. Dabei gilt es aber auch, bei der Qualität und der Attraktivität der Lehre trotz steigenden Studierendenzahlen keinerlei Kompromisse oder gar Abstriche zuzulassen. In dieser Absicht hat der ETH-Rat bereits im Früh­ jahr 2012 knapp 17 Mio. CHF im Rahmen einer leistungsorien­ tierten Mittelzuteilung nach dem Gesichtspunkt der Lehrbelas­ tung neu verteilt. Zudem erhöhte das Parlament bei der Beratung der bundesrätlichen Botschaft über die Förderung von Bildung, Forschung und Innovation in den Jahren 2013–2016 den ursprünglich für den ETH-Bereich vorgesehenen Zahlungs­ rahmen. Damit trugen die Parlamentarierinnen und Parlamen­ tarier der Tatsache Rechnung, dass die Studierendenzahl im Zeitraum 2004–2012 um rund 48 %, der Bundesbeitrag aber nur um rund 22 % angewachsen ist. Der ETH-Rat hat diesen Schritt begrüsst. Er ist sich aber auch seiner Pflicht bewusst, nach Mit­ teln und Wegen zu suchen, um weitere Finanzierungsquellen für Lehre und Forschung zu erschliessen. Einen bedeutenden Beitrag leisteten 2012 auch die vier ­Forschungsanstalten an die Lehre: Ihre Mitarbeitenden unter­ richteten in diesem Jahr während insgesamt 14 735 Stunden an einer der beiden ETH sowie an Universitäten und Fachhoch­ schulen. Zudem führten 1349 Per­sonen ihre Bachelor-, Masteroder Doktorarbeit an einer Forschungsanstalt durch.

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Überblick I Höhepunkte

Internationale Exzellenz Die beiden Eidgenössischen Technischen Hochschulen ETH Zürich und EPFL sowie die vier Forschungsanstalten PSI, WSL, Empa und Eawag bilden den ETH-Bereich. Die sechs Institutionen erbrin­ gen auf internationalem Spitzenniveau Lehre, Forschung sowie Wissens- und Technologietransfer. In der Schweiz und weltweit wollen sie dazu beitragen, die grossen gesellschaftlichen (z.B. Gesundheit), ökologischen (z.B. Klimawandel, Energiesysteme) und wirtschaftlichen (z.B. Produktivität und Innovation) Heraus­ forderungen zu meistern. Dank internationalem Erfolg ziehen die Institutionen des ETH-Bereichs die besten Köpfe an. Mit den Schweizer Universitäten und Fachhochschulen sowie mit den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen von Unternehmen verbindet den ETH-Bereich ein engmaschiges Netz von Projekten und der Austausch von Erfahrungen. So schafft der ETH-Bereich Nutzen für den Wirtschafts- und Forschungsplatz Schweiz.

Energieforschung: Hohes Niveau, grosse Herausforderungen Das Thema Energie stand auch 2012 weit oben auf der politi­ schen Agenda. In den letzten Jahren investierte der ETH-Be­ reich jährlich eigene Mittel zwischen 150 und 190 Mio. CHF in die Energieforschung. Dank diesem langjährigen Engagement und der etablierten Zusammenarbeit der Forschenden konnte der ETH-Bereich 2012 rasch und substanziell zum Aktionsplan «Koordinierte Energieforschung Schweiz – Massnahmen in den Jahren 2013–2016» des Bundes beitragen. Der Bund wollte wis­ sen, auf welchen Gebieten von einer verstärkten Forschung am ehesten konkrete Beiträge für die Energiewende zu erwarten sind. Denn die vom Bundesrat beschlossene Energiestrategie

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2050 mit dem Ausstieg aus der Kernenergie sowie die aktuellen Klimaziele der Schweiz erfordern einen grundlegenden Umbau des Schweizer Energiesystems. Eine Expertengruppe* benannte fünf Aktionsfelder sowie die Begleitung des Kernenergieaus­ stiegs als förderungswürdige Schwerpunkte. Der Bundesrat schlug darauf aufbauend sieben interuniversitär vernetzte Kompetenzzentren vor: Energieeffizienz; Netze, ihre Kompo­

nenten und Energie­systeme; Speicherung; Strombereitstellung; Ökonomie, Umwelt, Recht und Verhalten; effiziente Konzepte, Prozesse und Komponenten in der Mobilität sowie Biomasse (vgl. S. 44). * Unter der Leitung des SBFI, zu der auch Vertreter aus dem ETH-Bereich gehörten.

Höhepunkte Neue Zentren für die Forschung

Wie «grün» sind Biotreibstoffe?

Zwei strategisch wichtige Zentren für die Forschung symbolisierten 2012 Meilensteine für den ETH-Bereich. Im Beisein von Bundesrat Alain Berset und Vertretern des ETH-Bereichs wurden am 16. März das Singapore-ETH Centre for Global Environmental Sustainability in Singapur (vgl. S. 88) und am 31. August das Centro Svizzero di Calcolo Scientifico (CSCS) am neuen Standort in Lugano-Cornaredo einge­ weiht. Beide Zentren der ETH Zürich sind das Resultat mehrjähriger intensiver Planungs- und Entscheidungsprozesse und erfüllen zwei explizit genannte Ziele des Leistungsauftrags 2008–2011/12 des Bundesrats an den ETH-Bereich.

Die Empa aktualisierte im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE) und in Zusammenarbeit mit der Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon sowie dem PSI die Grundlagen für die Umwelt­ bilanz zahlreicher Biotreibstoffe inklusive ihrer Produktionsketten. Das Fazit: Nur wenige Biotreibstoffe sind in der Gesamtbilanz umweltfreundlicher als Benzin. Die im September 2012 publi­ zierte Studie zeigt, dass Biotreibstoffe aus Rodungsflächen in der Regel mehr Treibhausgase verursachen als fossile Treibstoffe. Wald und Buschland zu roden, um darauf Monokulturen zur Energie­ gewinnung anzulegen, ist zu vermeiden; dies verschlechtert die Treibhausgasbilanz erheblich und belastet die Umwelt. Als günstig erweist sich die energetische Nutzung land- und forstwirtschaftli­ cher Reststoffe wie Stroh, Grüngut und Restholz – aber nur, wenn diese nicht anderweitig genutzt werden können oder wenn deren Entzug aus dem natürlichen Kreislauf nicht die Fruchtbarkeit der Böden und die Biodiversität verringert.

Ultrakurze Röntgenlaserpulse exakt vermessen Ein internationales Team unter der Leitung von Forschenden des Paul Scherrer Instituts (PSI) vermass 2012 erstmals die Pulse von «harten» Röntgenlasern exakt. Mit solchen Pulsen untersuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus diversen Disziplinen Aufbau und Funktionsweise von Materie auf der Ebene der Atome. So können später bessere Medikamente, leistungsfähigere Compu­ terbauteile oder effizientere Katalysatoren zur Energieumwandlung entwickelt werden. Gemessen wurde am ersten harten Röntgen­ laser der Welt, der in Stanford, Kalifornien, in Betrieb genommen wurde. Damit legte das Forschungsteam den Grundstein für eine wissenschaftlich optimale Nutzung dieser Anlagen – nicht zuletzt für den am PSI geplanten Röntgenlaser SwissFEL.

Erholungsgebiet Wald: Geschätzt und bedroht Die Schweizer Bevölkerung hat ein breites Verständnis dafür, was der Wald für die Gesellschaft leistet. Das zeigte eine repräsentative Bevölkerungsumfrage «Waldmonitoring soziokulturell», welche die WSL im Auftrag des Bundesamts für Umwelt (BAFU) auswertete und im Februar 2012 gemeinsam mit dem BAFU vorstellte. In den Tessiner Wäldern stellte die WSL 2012 aber auch fest, dass die Edelkastaniengallwespe ihr Befallsgebiet deutlich ausdehnte. Auch durch andere Schädlinge ist der Wald bedroht. So forschte die WSL 2012 über den 2011 in der Schweiz entdeckten Asiatischen Laubholz­ bockkäfer, der über die internationalen Handelsströme aus dem ostasiatischen Raum nach Europa und bis in die Schweiz gelangt war. In Zeiten der Globalisierung ist das Know-how der WSL über forstliche Schadorganismen, deren Verbreitung und Bekämpfung umso stärker gefragt (vgl. S. 94).

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Zurück zum Ursprung: Die Erforschung der Seen EPFL und Eawag schufen die Margaretha-Kamprad-Professur für Limnologie und Umweltwissenschaft. Sie ist benannt nach der zweiten Gattin des Ikea-Gründers, welche eine grosse Naturlieb­ haberin war. Damit kehrt die vor über 100 Jahren vom Waadtländer Forscher François-Alphonse Forel gegründete Limnologie, die Erfor­ schung der Seen, zu ihren Wurzeln zurück. Die Professur wird im Rahmen einer Partnerschaft mit Ferring Pharmaceuticals mit fünf Millionen Franken anschubfinanziert und dient der Erforschung der anfälligen und oft in Mitleidenschaft gezogenen See-Ökosysteme. Zum Inhaber der neuen Professur wurde der weltweit anerkannte Spezialist für Wasserphysik, Alfred Wüest, ernannt, der diese Auf­ gabe mit seiner Tätigkeit als Leiter der Gruppe für Wasserphysik an der Eawag kombiniert.

Projekt aus ETH-Bereich wird FET-Flaggschiff Die EU hat Ende Januar 2013 das von der EPFL geführte Human Brain Project (HBP) zu einem von zwei Flaggschiffen im Rahmen der europäischen «Future and Emerging Technologies (FET)»-Ini­ tiative ernannt. Mit diesem Grosserfolg konnte sich der ETH-Bereich auf europäischer Ebene als wichtiger Forschungspartner weiter ­etablieren (vgl. S. 23 und 50).

Überblick I Höhepunkte

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Das politische Umfeld

Förderung nationaler Grossprojekte – Neue Gesetze für die Hochschulen

Der Leistungsauftrag des Bundesrats 2012 für den ETH-Bereich beinhaltete eine verstärkte Koopera­tion innerhalb der Hochschullandschaft Schweiz, die Förderung nationaler Projekte wie des Röntgenlasers SwissFEL und des Nationalen Hochleistungsrechenzentrums sowie die Bewerbung des ­Human Brain Projects als europäisches Flaggschiff-Projekt. Das regulatorische Umfeld wurde geprägt durch Refor­ men in der Bundesgesetzgebung für den Hochschulbereich sowie für Forschung und Innovation. Die Anpassung des ETH-Gesetzes erlaubt es dem ETH-Rat nun, den stark steigenden Zustrom von Studie­ renden gezielt zu steuern. Neuerdings werden die grossen Finanzbotschaften des Bundes zur besseren Abstimmung mit der Legislaturplanung dem jeweils neu gewählten Parlament unterbreitet – so hatte es der Bun­ desrat im Jahr 2010 entschieden. Dies führte im Berichtsjahr zu einer Übergangsphase, die mit einer einjährigen Botschaft über die Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI-Bot­ schaft) überbrückt wurde. Dabei bestand der Leistungsauftrag 2012 für den ETH-Bereich im Wesentlichen in einer Fortschrei­ bung des vorangegangenen Leistungsauftrags 2008–2011 – ­erweitert allerdings durch verschiedene Ergänzungen. Der ETHBereich verfolgte die Auftragserfüllung mit den von Bundesrat und Parlament gesetzten Akzenten mit Nachdruck (vgl. auch Beilage Leistungsauftrag). Umsetzung der Akzente im Leistungsauftrag 2012 − Die Förderung des Projekts SwissFEL: Das PSI hat 2012 die ­Planung der Anlage sowie die Fertigung von Prototypen für zentrale Komponenten der Anlage weiter vorangetrieben. Die Entwicklungsaufträge an die Schweizer Industrie wurden durch Mittel beschleunigt, die aus dem Massnahmenpaket des Bundesrats zur Abfederung der Frankenstärke stammten und für den Projektstart im Vorjahr (2011) verwendet worden waren. − Die Umsetzung der HPCN-Strategie des ETH-Rats von 2007: Die erste Umsetzungsphase der Strategie Hochleistungs­ rechnen HPCN ist abgeschlossen. Im Frühjahr 2012 wurde das neue Nationale Hochleistungsrechenzentrum (CSCS) in ­Lugano-Cornaredo termingerecht bezogen. Die Supercompu­ ting-Infrastruktur vor Ort wurde weiter ausgebaut und wird jetzt nachhaltig als wissenschaftliches Nutzerlabor betrie­ ben. Damit setzt die ETH Zürich am CSCS die nationale Hoch­ leistungsrechnen- und Vernetzungsstrategie (HPCN-Strategie) des ETH-Rats im Auftrag des Bundes erfolgreich fort. − Die Bewerbung des von der EPFL geführten Konsortiums «The Human Brain Project» (HBP) bei der Europäischen Kommis­ sion um ein Vorzeigeprojekt der «Future and Emerging ­Technologies»-Flagship-Initiative (FET): Aus sechs von der EU im Mai 2011 eingeladenen Konsortien wurden im Januar 2013 zwei ausgewählt, welche von der Europäischen Kom­ mission für zehn Jahre mitfinanziert werden sollen: das

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Überblick I Das politische Umfeld

«Human Brain Project» (www.humanbrainproject.eu) und «Graphene». Mit der Wahl des «Human Brain Projects» zu einem der beiden Siegerprojekte wurde dieses zusätzliche Ziel des Leistungsauftrags 2012 erfüllt (vgl. S. 23 und 50). Die Kooperation innerhalb des ETH-Bereichs wie auch mit den Schweizer Hochschulen wurde gemäss Leistungsauftrag im ­Berichtsjahr weiter intensiviert. Exemplarische Beispiele sind: − Die ETH Zürich, die Universität Zürich und das Universitäts­ spital Zürich riefen 2012 gemeinsam den Verbund «Hoch­ schulmedizin Zürich» ins Leben. Dieser verknüpft Aktivitäten von der Grundlagenforschung über die klinische Forschung bis hin zur medizinischen Versorgung und bildet neue Schwerpunkte, die Wissen aus allen drei Bereichen nutzen. Einer davon ist die biomedizinische Bildgebung. Ein neues Zentrum verstärkt die in Zürich vorhandenen Kompetenzen von der Technologieentwicklung bis zur klinischen Anwen­ dung. Dieser Verbund wird den Forschungsplatz Zürich wei­ ter stärken (vgl. S. 78). − Die EPFL pflegt vier gut laufende strategische Allianzen mit Kompetenzzentren und Forschungsinstituten: mit dem CSEM, mit dem Institut de Recherche Idiap, mit dem lnstitut de Re­ cherche en Ophtalmologie (IRO) sowie mit dem Schweizeri­ schen Tropen- und Public Health-Institut (Swiss TPH). − Das nationale Kompetenzzentrum «Tissue Engineering for Drug Development and Substance Testing» (TEDD) betreibt eine Plattform, auf der neue Technologien der Wirkstoffprü­ fung für die Pharmaindustrie und die Personalisierte Medi­ zin ausreifen und zur Anwendung gebracht werden. Die ETH Zürich und die Empa arbeiten dabei mit der Zürcher Hoch­ schule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW), der Hoch­ schule für Technik Rapperswil (HSR), dem Centre Suisse d’Electronique et de Microtechnologie (CSEM), dem Universi­ tätsspital Basel sowie mit verschiedenen Unternehmen zu­ sammen. Neuerungen im regulatorischen Umfeld Das regulatorische Umfeld im Jahr 2012 war geprägt durch die Schaffung des Bundesgesetzes über die Förderung der Hochschu­ len und die Koordination im schweizerischen Hochschulbereich

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(HFKG) sowie durch die Totalrevision des Forschungs- und Inno­ vationsförderungsgesetzes (FIFG). Davon betroffen war auch der ETH-Bereich, und er hat sich in diese für ihn bedeutsame Neu­ gestaltung des regulatorischen Umfelds erfolgreich eingebracht: Im Herbst 2011 hatten die Eidgenössischen Räte das HFKG verabschiedet; nun befindet sich das Gesetz in der Phase der Umsetzung. Vor diesem Hintergrund gründeten die universitären Hochschulen, Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen im November 2012 den Verein «swissuniversities», der die CRUS (Rektorenkonferenz der Schweizer Universitäten) sowie analoge Gremien der Fachhochschulen und der Pädagogischen Hoch­ schulen ablösen soll. Dem Vorstand von «swissuniversities» ­gehört auch der Präsident der ETH Zürich an. www.swissuniversities.ch Damit das HFKG in Kraft treten kann, müssen die Verein­ barung zwischen dem Bund und den Kantonen über die Zusam­ menarbeit im Hochschulbereich (ZSAV) sowie die Interkantonale Vereinbarung über den Schweizerischen Hochschulbereich (Hochschulkonkordat) angenommen werden. Die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren führte in der zweiten Hälfte 2012 zu beiden Vereinbarungen eine Vernehmlas­ sung durch. Der ETH-Rat schlug dabei vor, dass der Hochschulrat durch ein vorbereitendes Organ – ähnlich der derzeitigen Kon­ ferenz der Dienstchefs «Hochschulwesen» der SUK – begleitet werde und in diesem Gremium auch der ETH-Rat vertreten sei. Die Einbindung sämtlicher Partner in die neu gegründeten ­Organe ist auch deshalb entscheidend, weil das Gesetz eine stärkere Koordination in den «besonders kostenintensiven ­Bereichen» vorsieht. 2012 ist das für den ETH-Bereich ähnlich bedeutsame FIFG in den Eidgenössischen Räten beraten worden, an dessen Vorbe­ reitung der ETH-Rat ebenfalls mitgewirkt hatte. Die in der Win­ tersession 2012 verabschiedete Fassung begrüsst der ETH-Rat ausdrücklich. Besonders erfreulich ist dabei, dass der Gesetzes­ text explizit auf die Grundlagenforschung verweist und klare ­Finanzierungsgrundsätze für die nach Art. 15 des revidierten ­Gesetzes (Art. 16 des Gesetzes in der geltenden Fassung) vorge­ sehenen Beiträge an Forschungseinrichtungen von nationaler Bedeutung sowie vergleichbare Regeln für die KTI und den SNF im internationalen Bereich festlegt. Positiv beurteilt der ETH-Rat auch die Tatsache, dass ur­ sprünglich bestehende Divergenzen zwischen dem Nationalund Ständerat überwunden sind und der Schweizerische Inno­ vationspark nun an mehreren vernetzten Standorten errichtet wird. Diese beschlossene Lösung trägt zur Wahrung des Gleich­ gewichts zwischen den Sprachregionen und zur Zusammenarbeit mit den Hochschulen bei. Der neu gegründete Verein «Swiss ­Innovation Park» erarbeitet Vorschläge zur Ausgestaltung des Schweizerischen Innovationsparks. Die ETH Zürich, die EPFL und die Empa sind dem Verein als engagierte Mitglieder beigetreten. Im Jahr 2013 wird zudem die Forschungs- und Innovations­ förderungsverordnung (V-FIFG) behandelt. Dabei geht es um die Regelung offener Fragen wie die Erstattung der indirekten ­Kosten (Overhead-Kosten) oder die Handhabung der geistigen Eigentumsrechte an Ergebnissen aus Forschungsprojekten, die durch Bundesgelder gefördert werden. Der Wunsch des ETH-Rats wäre, dass sein Anliegen eines Ausbaus bzw. einer Flexibilisie­ rung berücksichtigt werden könnte. Die beiden ETH ziehen verstärkt Studierende aus aller Welt an. Daraus entsteht jedoch auch ein Handlungsbedarf bei der

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Zulassung und bei der Förderung von Talenten. Dabei zogen die Bewerbungen für einen Eintritt in das Masterstudium besonders stark an. 2012 bewarben sich an der ETH Zürich für die Master­ stufe rund 2500 und an der EPFL rund 1900 externe Studierende (davon 2032 bzw. 1759 mit einem ausländischen Vorbildungs­ ausweis). Von den Bewerbenden mit ausländischem Vorbil­ dungsausweis sind in Zürich schliesslich 20,5 % (417) und in Lau­ sanne 15,2 % (267) ins Masterstudium eingetreten. Aus diesem Grund regte der ETH-Rat beim zuständigen Departement an – im Rahmen der Anpassung des ETH-Gesetzes an die zweistufige Hochschulausbildung mit Bachelor- und Masterstudium (Bolo­ gna-Reform) –, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, mit welcher der Zustrom von Studierenden mit ausländischem Vor­ bildungsausweis gesteuert werden kann. Insbesondere gilt es, mit Rücksicht auf die vorhandenen Kapazitäten auf der Master­ stufe, die Qualität der Lehre und Ausbildung an den beiden ETH gewährleisten zu können. Das revidierte ETH-Gesetz erteilt dem ETH-Rat in Art. 16a diese Kompetenz. Die Matura jedoch bleibt als Zutrittsberechtigung zu einem Studium an einer ETH beste­ hen. Wechselnde finanzielle Vorgaben Die Eidgenössischen Räte haben im Herbst 2012 die BFI-Bot­ schaft 2013–2016 verabschiedet. Dabei wurde eine Glättung in der Ausgabenentwicklung für die Periode 2013–2016 beschlos­ sen. Dies hat eine Erhöhung der vom Bundesrat ursprünglich beantragten BFI-Kredite über vier Jahre um insgesamt 157 Mio. CHF zur Folge. Davon entfallen auf den ETH-Bereich 103 Mio. CHF. Dies wertet der ETH-Rat als ein deutliches Zeichen der Politik zugunsten einer kontinuierlichen und nachhaltigen Entwicklung der Institutionen des ETH-Bereichs. In der vom Bundesrat am 17. Oktober 2012 zuhanden der Eid­ genössischen Räte verabschiedeten Botschaft zum Aktionsplan «Koordinierte Energieforschung Schweiz – Massnahmen in den Jahren 2013–2016» sind für den ETH-Bereich insgesamt 60 Mio. CHF vorgesehen (davon für 2013: 12 Mio. CHF, 2014: 16 Mio. CHF, 2015: 16 Mio. CHF, 2016: 16 Mio. CHF). Das Parlament hat im März 2013 entschieden, dass diese Mittel zusätzlich zu dem Zahlungs­ rahmen fliessen sollen, der in der Botschaft für Bildung, For­ schung und Innovation 2013–2016 definiert ist. Die Prognose ist angesichts des ökonomischen Umfelds kei­ neswegs gewagt: Im Bundeshaushalt dürfte das strukturelle ­Defizit anwachsen. Um die Schuldenbremse einzuhalten, hat der Bundesrat ein zweistufiges Bereinigungskonzept beschlos­ sen. Zunächst wurde das Budget 2013 unter diesem Fokus berei­ nigt. Daran soll sich für die Jahre 2014–2016 ein Paket zur Kon­ solidierung und kritischen Überprüfung der Aufgaben (KAP 2014) anschliessen. Ab 2014 will der Bundesrat dadurch innerhalb von zwei Jahren den Bundeshaushalt um jährlich 700 Mio. CHF ent­ lasten. Der Bereich Bildung und Forschung soll dazu jährlich 31 Mio. CHF beitragen (ohne Berücksichtigung des Investitions­ kredits für Bauten im ETH-Bereich). Dem vom Parlament be­ schlossenen Zahlungsrahmen für den ETH-Bereich drohen somit unter dem KAP 2014 nach der Aufstockung im Zuge der oben ausgeführten Wachstumsglättung erneute Kürzungen bei den Mitteln. Dessen ungeachtet steht der ETH-Bereich vor grossen Herausforderungen: der rasch wachsenden Zahl der Studieren­ den und der Umsetzung der Energiestrategie des Bundes.

Überblick I Das politische Umfeld

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Das wirtschaftliche Umfeld

Weltwirtschaft in der Krise – Bildung schafft Arbeit

Seit mittlerweile fünf Jahren kämpft die Weltwirtschaft mit den Folgen einer globalen ­Finanz- und Schuldenkrise, welche das Wachstum hemmt. Auch die Schweiz bleibt davon nicht verschont. In diesem Umfeld drosselten die Unternehmen in vielen Ländern ihre Investitionen in Forschung und Entwicklung (F&E), und bei staatlich geförderter Forschung stieg der Druck auf eine raschere kommerzielle Nutzung. Unbestritten bleibt jedoch, dass Investitionen in die Bildung besser vor Arbeitslosigkeit schützen und Investitionen in die Forschung Innovation fördern. In diesem Bewusstsein investierte der Bund auch 2012 in die Forschungsinfrastruktur und unterstützte dadurch auch die inländische Industrie. Das Jahr 2008 markierte den Beginn einer globalen Finanz­ krise, die sich in der Folge zu einer Schuldenkrise auswuchs. Davon hat sich die Weltwirtschaft bis heute nicht wirklich er­ holt. Die starke Verschuldung zahlreicher Volkswirtschaften in Europa, in den USA und teilweise auch in Asien hemmt die Wirtschaftsentwicklung nach wie vor. Europa verharrt auf tie­ fem Wachstum, ebenso die USA, und auch in den nach wie vor prosperierenden Schwellenländern wie China schwächt sich die Wirtschaftsentwicklung ab. Die mittelfristigen Konjunkturpro­ gnosen deuten keineswegs auf eine Trendwende hin. Diese Konjunkturabkühlung macht sich auch in der Schweiz bemerk­ bar. Neben relativ robusten Binnensektoren (konsumnahe ­Bereiche, inlandorientierte Dienstleistungen) blieb die Export­ industrie auch im vergangenen Jahr unter Druck. Nutzeffekte von Bildungsausgaben Die Auswirkungen eines weltweiten Konjunkturabschwungs sind in jedem Fall überall spürbar. Analysen der OECD («Educa­ tion at a Glance, 2012») zeigen jedoch, dass ein höheres Bil­ dungsniveau besser vor Arbeitslosigkeit schützt und somit mit einer krisenresistenteren Beschäftigung einhergeht. Bildung verfügt somit über einen klaren ökonomischen wie auch ­arbeitsmarktbezogenen Nutzeffekt: Die durchschnittliche ­Arbeitslosigkeit zwischen dem Ausbruch der Krise 2008 und 2010 stieg im OECD-Durchschnitt bei Personen ohne Abschluss der Sekundarstufe II von bereits hohen 8,8 % auf 12,5 %, wäh­ rend bei Personen mit Abschluss der Sekundarstufe II lediglich ein Anstieg von 4,9 % auf 7,6 % zu beobachten war. Die ­Erwerbslosenquote von Hochschulabsolventen blieb im OECDDurchschnitt auf niedrigem Niveau und erhöhte sich im glei­ chen Zeitraum nur von 3,3 % auf 4,7 %. Der Befund ist eindeutig: Je besser die Ausbildung, desto höher sind auch in Krisenzeiten die Chancen auf dem Arbeits­ markt. Dies wird sich auch nicht ändern, solange der Bedarf der Gesellschaft nach qualifiziertem Personal weiter steigt. Nichts deutet auf eine Trendumkehr hin. In der Schweiz ist die Nachfrage aus Gesellschaft und Wirtschaft nach Studienabsol­ ventinnen und -absolventen in den MINT-Fächern (Mathema­ tik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) nach wie vor

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Überblick I Das wirtschaftliche Umfeld

gross, der Mangel an Ingenieurinnen, Chemikern, Physikerin­ nen und weiteren Naturwissenschaftlern keineswegs beho­ ben. ETH Zürich und EPFL rechnen in ihren Prognosen bis Ende der Legislaturperiode 2013–2016 mit deutlich mehr Studieren­ den als die entsprechenden Szenarien des Bundesamts für Statistik (BFS) angeben. Abstriche bei der Qualität der Lehre sind angesichts des zu erwartenden Studierendenwachstums nur zu vermeiden, wenn höhere finanzielle Mittel zur Verfü­ gung stehen, als aus den BFS-Zahlen zu schliessen wäre. Innovationstätigkeit im Zuge der Krise rückläufig Das weltweit unsichere ökonomische Umfeld führte in den meisten OECD-Ländern dazu, dass Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) sowie auch sonstige der Innovation die­ nende Aktivitäten gedrosselt wurden. Gemäss Zahlen der OECD schrumpften die Investitionen der Unternehmen für F&E 2009 im OECD-Raum insgesamt um den Rekordwert von 4,5 %. Mit Ausnahme von Korea und Frankreich waren die F&E-Ausgaben in allen Ländern rückläufig. Die entsprechenden Angaben der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich zeigen, dass auch in der Schweiz der Anteil der Firmen mit F&E-Aktivitäten 2009–2011 ein leichte Abnahme erfuhr. In der Regel folgt die Innovationsleistung der Konjunkturentwicklung mit leichter Verzögerung. Erfreulich ist deshalb, dass sich das Innovations­ klima in der Schweiz bislang aber nicht verschlechterte. Die Innovationshemmnisse büssten im langfristigen Trend sogar stark an Bedeutung ein. Ein weiterer Aspekt der Wirtschaftskrise zeigte sich darin, dass im OECD-Durchschnitt im Jahr 2011 sowohl die Unterneh­ mensgründungen als auch die Investitionen in Wagnis­kapital (Venture Capital) immer noch deutlich unter dem N ­ iveau von vor der Krise verharrten, während die Zahl der I­nsolvenzen dramatisch stieg. Damit einhergehende Revitalisierungspro­ zesse in Teilsektoren der Wirtschaft oder gar ein forcierter Strukturwandel – beides würde zur Stärkung der Wirtschaft beitragen – waren jedoch nicht zu verzeichnen. Deshalb gilt auch hier: Das aktuelle ökonomische Umfeld dürfte die Inno­ vationstätigkeit kaum beflügeln.

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


Staatliche Massnahmen weltweit Unter dem Druck der Auswirkungen der Krise wurden 2009 in den meisten Ländern Europas staatliche Massnahmen zur Stüt­ zung der Wirtschaft ergriffen. Gemäss dem «Science, Technology and Industry Outlook 2012» der OECD stellte die Innovationsför­ derung einen bedeutenden Bestandteil dieser Konjunkturpakete dar. Die Haushaltszuweisungen oder -ausgaben für F&E stiegen ­gemäss den «Government Budget ­Appropriations or Outlays for R&D» (GBAORD) im OECD-Raum um rund 9 %. Der Grossteil ­davon floss in Infrastrukturinvestitionen sowie über Kreditbürg­ schaften für kleine Unternehmen, Auszahlungen von Steuergut­ schriften oder auch öffentliche Aufträge in den Unternehmens­ sektor. Gleichzeitig rückläufige Ausgaben der Unternehmen wurden dadurch aufgewogen. Dies führte wiederum dazu, dass die Schrumpfung der F&E-Ausgaben 2009 im gesamten OECDRaum weniger stark ins Gewicht fiel, als es ohne diese aus­ gleichenden Effekte der Fall gewesen wäre. Als sich die Budget­ defizite der öffentlichen Haushalte in den Jahren 2010 und 2011 jedoch verschärften, drosselten zahlreiche Länder ihre F&E-­ Ausgaben erheblich: Allein 2010 nahmen die GBAORD im OECDRaum insgesamt um rund 4 % ab. Während die Krise in den OECD-Ländern zu einer Stagnation bis Abnahme der Innovationstätigkeit führte, zeigte sich in ver­ schiedenen aufstrebenden Schwellenländern ein anderes, er­ freulicheres Bild. Beispielsweise verzeichnete China auch in die­ sen Jahren der Krise noch immer ein starkes BIP-Wachstum und leistete sich deshalb weiterhin eine kontinuierliche Expansion seiner Innovationstätigkeit; die F&E-Ausgaben der chinesischen Unternehmen stiegen allein im Jahre 2009 um stolze 26 %. Dies hatte zur Folge, dass Chinas Anteil an den weltweiten F&E-Aus­ gaben kontinuierlich anwuchs: zwischen 2004 und 2008 von 7 % auf 10,5 %, 2009 bereits auf 13 %. Diese Zahlen machen deut­ lich, dass die Krise einen existierenden Trend zusätzlich stark befeuerte. Parallel dazu rückte auch in anderen Schwellenlän­ dern wie Indien und Brasilien die Innovationstätigkeit in der Agenda der Politik immer weiter nach oben. Ergebnisse öffentlich geförderter Forschung stärker kommerziell genutzt Als Folge der Wirtschaftskrise und angesichts der knapper wer­ denden öffentlichen Mittel steigt der Druck nach kommerzieller Nutzung der Forschungsergebnisse von öffentlich geförderten Projekten. Der Technologietransfer erhält dadurch eine grössere Bedeutung. Im OECD-Raum ist in diesem Bereich denn auch eine zunehmende Professionalisierung zu beobachten, und die für den Technologietransfer zuständigen Stellen wurden perso­ nell oftmals b ­ esser dotiert. Der Technologietransfer von der Wis­ senschaft in die Wirtschaft erfolgte meist über die bewährten Wege und Instrumente wie Spin-offs – oftmals im Zusammen­ hang mit Gründerzentren, Auftragsforschung, Patentaktivitäten oder auch Lizenzvergaben. Da Erkenntnisse aus der ergebnisoffenen Grundlagenforschung zunehmend auch kommerziell genutzt werden und Informationsund Kommunikations-Technologien (IKT) den Zugang zu Wissen in technischer Hinsicht vereinfachen, sind viele Regierungen be­ strebt, eine rasche und grossflächige Verbreitung wissenschaftli­ cher Ergebnisse in Gesellschaft und Wirtschaft zu fördern. Damit wurden die dazu notwendigen technischen Infrastrukturen (Da­ tenbanken usw.) und gesetzlichen Rahmenbedingungen (Schutz geistigen Eigentums) zu einem aktuellen Thema der Politik.

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

Nationale Akteure sind auch immer stärker bestrebt, sich in globale Wissensnetzwerke einzubinden, und können verstärkt auf die Unterstützung der Politik zählen – ein Phänomen, wel­ ches auch die OECD in zahlreichen Ländern beobachtet. Dies zeigt sich darin, dass etwa gesetzliche Rahmenbedingungen entsprechend ausgerichtet oder finanzielle Anreize geschaffen werden, die Mobilität der Forschenden zu erleichtern und die internationale Zusammenarbeit bei Forschungsprogrammen zu fördern, die sich mit globalen Herausforderungen auseinander­ setzen. In den meisten Ländern ist im Hochschulsektor eine fort­ schreitende Entwicklung zu stärker dezentralisierten Organi­ sationsformen festzustellen, im Zuge derer den Universitäten ­höhere Autonomie und Eigenverantwortung zugestanden ­werden. Konsequenterweise wird dabei die institutionelle ­Finanzierung von Forschungsvorhaben zunehmend von einer Vergabe auf Wett­bewerbsbasis abgelöst. Fördermassnahmen in der Schweiz In der Schweiz wurde im Zuge der Eurokrise deutlich, dass die daraus resultierende massive Überbewertung des Frankens zahlreiche Arbeitsplätze gefährdet. Im August 2011 beschloss der Bundesrat, dieses Problem aktiv anzugehen und der Wechsel­ kursproblematik mit einem kurz- und mittelfristigen «Mass­ nahmenpaket 2011» zu begegnen. Ziel waren die Sicherung von Arbeitsplätzen sowie die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Volkswirtschaft. Investitionen in strategisch wichtige Forschungsinfrastrukturen der Spitzenklasse sind dafür im Urteil des Bundesrats zentral und auch ein Schlüsselelement für den anhaltenden Erfolg der Forschung in der Schweiz. Ein Grossteil der im Massnahmenpaket für Forschungsinfrastrukturen vorge­ sehenen Mittel ging an das PSI, welches durch die Vergabe von Entwicklungsaufträgen für den SwissFEL die Schweizer Industrie stärkte. International anerkannte Forschungsinfrastrukturen sind Voraussetzung für einen erfolgreichen Wissenschaftsstand­ ort Schweiz. Auswirkungen auf den ETH-Bereich Für die Erfüllung des Grundauftrags des ETH-Bereichs hat die ­Finanzierung durch den Bund eine zentrale Bedeutung. Zum ur­ sprünglich für die Jahre 2008–2011 bewilligten Zahlungsrahmen von 8234,5 Mio. CHF wurden weitere Mittel gesprochen. Diese umfassten insbesondere Mittel, die im Rahmen der konjunktu­ rellen Stabilisierungsmassnahmen, zur Umsetzung der HPCNStrategie sowie im Rahmen der Massnahmen zur Abfederung der Frankenstärke und zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit gesprochen wurden. Die Verlängerung des Leistungsauftrags ­sowie der Laufzeit des Zahlungsrahmens um das Jahr 2012 ­ hatte insgesamt eine Aufstockung des Zahlungsrahmens auf 10 553,3 Mio. CHF zur Folge. Dem vom ETH-Rat geltend gemach­ ten Finanzbedarf konnte aus finanzpolitischen Überlegungen und aus Gründen der Symmetrie mit den kantonalen Universitä­ ten nicht vollumfänglich Rechnung getragen werden. Es oblag dem ETH-Rat, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln flexibel umzugehen sowie Prioritäten und Posterioritäten zu setzen. Die beiden ETH und die Forschungsanstalten sind zudem angehal­ ten, den Anteil der Zweit- und Drittmittel weiter zu erhöhen, ohne die Erfüllung des Grundauftrags durch die dadurch ent­ stehenden höheren indirekten Kosten zu gefährden.

Überblick I Das wirtschaftliche Umfeld

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Der Wissenschaftsbetrieb

Knappe Kapazitäten in der Lehre – Spitzenleistungen in der Forschung

In der Lehre führt die steigende Anzahl Studierender zu einer zunehmenden Verschlechterung der ­Betreuungsverhältnisse – insbesondere in den betreuungsintensiven MINT-Fächern. Aus diesem Grund sind mehr finanzielle Mittel notwendig, weshalb der ETH-Rat 2012 intern Gelder neu zuteilte. In der Forschung nimmt der ETH-Bereich eine Spitzenposition im internationalen Wettbewerb ein. Die Anstrengungen der Institutionen dienen dazu, dieses hohe Niveau zu halten und neue, zu­ kunftsträchtige Forschungsgebiete zu erschliessen. Der ETH-Rat ist bestrebt, die Rahmenbedingun­ gen für die Grundlagenforschung wie auch für die angewandte Forschung weiter zu verbessern. Für die interdisziplinäre Zusammenarbeit auch über Landesgrenzen hinweg sowie zur Förderung von Spitzentechnologien und Grossforschungsprojekten wurden entsprechend Mittel eingesetzt. Damit wird die Attraktivität des ETH-Bereichs sowohl für Studierende als auch für Forschende und Lehren­ de gesteigert.

Lehre Seit Jahren steigt die Zahl der Studierenden an den beiden ETH kontinuierlich an. Dies ist eine erfreuliche Entwicklung, ein ­Beweis für die Attraktivität der Institutionen und die ­Qualität der Lehre. Die Kehrseite ist: Mittlerweile rund 27 000 Studierende und Doktorierende, davon rund die Hälfte auf Bachelor- und ein Viertel auf Masterstufe, wollen betreut und gefördert sein. Beide ETH stehen angesichts des grossen An­ drangs vor der Herausforderung, den Unterricht, die Praktika und die wissenschaftliche Arbeit im Labor auf qualitativ höchstem Niveau zu halten.

mitteln ermöglicht wurden, sowie zusätzliche Stellen für lei­ tende wissenschaft­liche Mitarbeitende vermochten die schwierige Situation etwas zu mildern. Der Anteil der über Anschubfinanzierung mit Dritt­mitteln realisierten Professuren erreicht inzwischen ­einen ­Bestand von insgesamt 46 Profes­ soren, was rund 6 % der ­Professorenschaft (765 Anstellungs­ verhältnisse) entspricht. Diese zusätzlichen Professuren, für welche die gleichen Rechte und Pflichten gelten wie für die übrigen Professuren, stellen für den Erhalt eines möglichst guten Betreuungsverhältnisses mittlerweile einen bedeuten­ den und willkommenen Faktor dar.

Abb. 1: Studierende Zahl der Studierenden inkl. Doktorierender an den beiden ETH davon im Bachelorstudiengang davon im Masterstudiengang

Steigende Studierendenzahl fordert Lehrqualität heraus Die Realität in der Lehre ist eindeutig: Das Betreuungsver­ hältnis zwischen Lehrenden und Studierenden verschlechtert sich seit Jahren. Insbesondere in den sehr betreuungsintensi­ ven MINT-Fächern – Mathematik, Informatik, Naturwissen­ schaften, Technik – besteht die Gefahr, dass dies negative Auswirkungen auf die Ausbildungsqualität haben wird. Zu­ sätzliche Professuren, die aus dem Finanzierungsbeitrag des Bundes finanziert oder durch Anschubfinanzierung aus Dritt­

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Überblick I Der Wissenschaftsbetrieb

2000

2004

2008

2009

2010

2011

2012

15 592

18 341

21 056

22 540

24 104

25 629

27 078

5 969

10 138

10 970

11 716

12 600

13 359

4 649

5 326

5 997

6 568

6 981

Aufgrund der gesamthaft angespannten Situation in der Lehre sprach der ETH-Rat den beiden ETH in den vergangenen Jahren wiederholt einen überproportionalen Anteil aus dem jährlichen Wachstum des Zahlungsrahmens zu. Ziel war es, ­damit den steigenden Aufwand für die kontinuierlich wach­ sende Studierendenzahl auszugleichen. Beide ETH müssen ohne Abstriche in der Lage sein, ausreichende Betreuung für die ­Studierenden und eine Ausbildung mit direktem Bezug zur Forschung zu gewährleisten. Trotz diesen Anstrengungen wa­

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


Abb. 2: Studierende pro Professorin oder Professor Betreuungsverhältnis

ren Kapazitätsengpässe nicht in jedem Fall zu vermeiden. Des­ halb drängten sich zusätzliche Massnahmen auf. Der ETH-Rat hat deshalb eine Änderung des ETH-Gesetzes beantragt, die es ihm erlauben wird, auf Antrag einer ETH die Zulassung von Be­ werberinnen und Bewerbern mit ausländischem Vorbildungs­ ausweis in ein höheres Semester an einer Hochschule gesamt­ haft oder in einzelnen Studiengängen zu beschränken. Der ETH-Rat hat auf Anfang 2013 die entsprechende Kompetenz er­ halten. Damit verfügt er über ein weiteres Instrumentarium die hochstehende Qualität in der Ausbildung zu gewährleisten. Für Gymnasiastinnen und Gymnasiasten mit Schweizer Matura bleibt der Zugang zu einem Studium an einer ETH hingegen ohne Einschränkungen offen. Unbestritten ist auch die bedeutsame Rolle der For­ schungsanstalten in der Lehre insgesamt sowie insbesondere auch bei der Ausbildung von Doktorierenden. So wurden an den Forschungsanstalten allein im vergangenen Jahr 807 Dis­ sertationen sowie 542 Bachelor- und Masterarbeiten durchge­ führt. Der Beitrag der Forschungsanstalten an die Lehre reicht freilich noch viel weiter. Mitarbeitende von PSI, WSL, Empa und Eawag hielten sowohl innerhalb des ETH-Bereichs als auch an

2000

2004

2008

2009

2010

2011

2012

31,9

32,5

34,0

34,7

35,1

35,8

36,3

schweizerische Universitäten und Hochschulen betroffen sind. Beide ETH legten dem ETH-Rat denn auch dar, wie sie auf diese neuartigen Lehrmodelle reagieren wollen. Die EPFL entschied, sich an MOOCs mit vorerst drei Kursangeboten auf e ­ iner Platt­ form für Online-Lehrgänge (www.coursera.com) zu beteiligen. Dies mit dem Ziel, erste Erfahrungen mit der p ­ raktischen Um­ setzung derartiger Lehrangebote zu sammeln wie auch das ­Potenzial von MOOCs für die Lehre auf dem eigenen Campus zu eruieren. Die ETH Zürich ihrerseits setzt im U ­ nterricht auf web­ basierte Lehr- und Lernplattformen wie «eQuilibrium», die am Institut für Technologie in der Architektur entwickelt worden ist (vgl. S. 36). Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses Die Probleme bei der Nachwuchsförderung an den Hoch­schulen waren auch im Berichtsjahr immer wieder Gegenstand öffent­ licher Diskussionen und politischer Vorstösse – zu ­erwähnen wäre beispielsweise das Postulat 12.3343 der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerats vom 26. April 2012. Unter Mitwirkung u.a. des ETH-Bereichs erar­beitet das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und I­nnovation (SBFI,

Abb. 3: An den Forschungsanstalten (FA) betreute Bachelor-, Master- und Doktorarbeiten 2000

2004

2008

2009

2010

2011

Bachelor-, Master- und Diplomarbeiten, betreut an den FA

123

286

391

420

452

506

542

Doktorarbeiten, betreut an den FA

239

545

669

683

708

742

807

weiteren Hochschulen zahlreiche Vorlesungen und boten spe­ zialisierte Kurse an. Dieses Engagement führte jedoch dazu, dass auch die Forschungsanstalten zunehmend an Kapazitäts­ grenzen stiessen. Der ETH-Rat befasste sich intensiv mit dieser Situation. Er beschloss daher in einem Grundsatzentscheid vom 5./6. De­ zember 2012, den Weg für eine sozial verträgliche Erhöhung der Studiengebühren zu ebnen. Die dadurch ab 2015 zu erwarten­ den Mehrerträge sollen in die Lehre investiert werden. Mass­ nahmen, u.a. zur Verbesserung der Betreuung der Studieren­ den, sind in der Planung. Angesichts der breit unterstützten parlamentarischen Initiative «Gerechte Studiengebühren an der ETH», die eine neue Ausgangslage schuf, hat der ETH-Rat am 6. März 2013 beschlossen, das Vorhaben zu sistieren. Eine interessante Entwicklung in der Lehre stellten im ­Berichtsjahr die sogenannten Massive Open Online Courses (MOOCs) dar, meist kostenlose, frei zugängliche Online-Kurse, die vorab von privaten Anbietern sowie US-amerikanischen Universitäten im grossen Stil und mit vielfältigem Angebot auf den Markt gekommen sind. Es ist klar, dass davon auch

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

2012

ehem. SBF) einen Bericht zum Thema. Im ETH-­Bereich existiert weiter ein breites Spektrum an Fördermassnahmen für den wissenschaftlichen Nachwuchs, von Coaching-Angeboten bis hin zu Assistenzprofessuren mit Tenure Track. Einen integralen Bestandteil der Entwicklung des Nach­ wuchses bildet zudem die Förderung der Chancengleichheit von Frau und Mann. Dass in diesem Bereich besondere An­ strengungen notwendig sind, ist unbestritten. Sehr oft sind es nämlich junge, talentierte Frauen, die trotz ausgewiesener wissenschaftlicher Qualifikation eine akademische Laufbahn gar nicht in Betracht ziehen oder diese frühzeitig beenden. Das Phänomen ist in der akademischen Welt unter dem Begriff der «Leaky Pipeline» bekannt. Hilfreich wäre auch, wenn Fördermass­nahmen in diesem Bereich gezielt auf spezifische Wissenschaftsgebiete zugeschnitten wären. Die ETH Zürich hat bereits 2009/2010 ein entsprechendes Monitoring eingeführt, welches nun im Zweijahresrhythmus entsprechende Daten ­liefern soll. Die strategische Planung des ETH-Rats sieht für die Leis­ tungsperiode 2013–2016 auch vor, für Massnahmen zur Förde­

Überblick I Der Wissenschaftsbetrieb

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Der Wissenschaftsbetrieb Ⅰ Spezifische strategische Aufgaben

rung der Chancengleichheit 0,4 % der Mittel aus dem Finanzie­ rungsbeitrag des Bundes einzusetzen. Dies bedeutet gegenüber der bisherigen Praxis eine signifikante Erhöhung. Der finanzi­ elle Aufwand, den die Institutionen des ETH-­Bereichs in die­ sem Bereich betreiben, soll nun über den ­Aufbau eines Moni­ torings erfasst werden (vgl. S. 72 ff.). International erfolgreiche Forschung Im internationalen Wettbewerb der Forschung belegte der ­ETH-Bereich im Jahr 2012 einmal mehr eine Spitzenposition. Dies zeigte sich unter anderem darin, dass den Forschenden aus dem ETH-Bereich Fördermittel aus der EU in ähnlichem Ausmass zuflossen wie bereits im Rekordjahr 2011. Insbeson­ dere konnte der ETH-Bereich im Jahr 2012 die bisher höchste Zahl an Zusprachen von ERC Grants verzeichnen (19 Starting und 17 Advanced Grants). Der ETH-Bereich ist zudem mass­ geblich an ­Experimenten der Teilchenphysik am CERN betei­ ligt. Derartige Grundlagenforschung an Grossforschungsanla­ gen ­liefert auch fundamental neue Erkenntnisse. Ein Beispiel: Die im Sommer 2012 veröffentlichten Daten, die auf die Ent­ deckung des Higgs-Bosons oder zumindest eines Higgs-arti­ gen Teilchens schliessen lassen, erlauben Schlussfolgerungen für die Struktur der Materie. Sie sind das Resultat langjähriger wissenschaftlicher Planung von Experimenten und der Ent­

Spezifische strategische Aufgaben Der Leistungsauftrag des Bundesrats an den ETH-Bereich für die Jahre 2008–2012 gab eine Reihe spezifischer Aufgaben vor, bei welchen auch 2012 Fortschritte erzielt wurden. Umsetzung der Strategie Hochleistungsrechnen Mit dem Bezug des neuen Gebäudes für das Centro Svizzero di Calcolo Scientifico in Lugano-Cornaredo konnten die weite­ ren Ausbauschritte zur Umsetzung der Strategie für das Hoch­ leistungsrechnen vorgenommen werden: Ende Jahr wurde das neue Cray-System «Piz Daint» installiert, das der Forscher­ gemeinde ab Frühjahr 2013 mit einer Spitzenleistung von 750 Teraflops zur Verfügung stehen wird. SystemsX.ch Die schweizerische Initiative zur Förderung der Systembiologie, SystemsX.ch, lancierte 2012 ihre 6. Projektausschreibung. ­Insgesamt wurden aus 82 Eingaben bewilligt: 11 Forschungs-, ­Technologie- und Entwicklungsprojekte (davon 10 aus dem ETH-­Bereich), 4 Transferprojekte (davon 1 aus dem ETH-­Bereich), 11 interdisziplinäre Doktorandenprojekte (davon 9 aus dem ETH-Bereich) und 4 Transition Postdoc Fellowships (davon 3 aus dem ETH-Bereich). Diese Projekte fördern die interdisziplinäre und institutionenübergreifende Zusammenarbeit auf dem Ge­

Abb. 4: Zweitmittel aus der EU Zweitmittel aus der EU in Mio. CHF

wicklungsarbeiten zur Realisierung der dafür erforderlichen Forschungsinfrastrukturen. Die in komplexer, multinationaler Zusammenarbeit erstellten Grossanlagen erfordern langfris­ tige Verpflichtungen der beteiligten Institutionen und Länder. Das beständige und verlässliche Engagement der Schweiz, des ETH-Bereichs und der beteiligten Universitäten ermöglichte es Schweizer Forschenden, die Federführung bei der Entwicklung spezifischer Komponenten der Detektoren zu übernehmen und damit den eigenen technologisch-methodischen Vor­ sprung zu wahren. Eine Expertengruppe unter der Leitung des SBFI, zu der auch Vertreter aus dem ETH-Bereich gehörten, erarbeitete den «Aktionsplan Koordinierte Energieforschung Schweiz», welcher im Kontext der neuen Energiestrategie des Bundes steht und vom Bundesrat Mitte 2012 zur Umsetzung beschlossen wurde (vgl. S. 10 und 44). Die Federführung für diese Arbeiten legte der ETH-Rat in die Hände des Vorsitzenden der Steuerungs­ gruppe des Kompetenzzentrums für Energie und Mobilität (CCEM), welches am PSI angesiedelt ist. Wesentliche Inhalte dieser Strategie stammten dabei aus den seit vielen Jahren in der Energieforschung äusserst aktiven Institutionen des ETHBereichs. In diesem Zusammenhang publizierte der ETH-Rat im Frühsommer 2012 in Zusammenarbeit mit den Institutionen des ETH-Bereichs auch die Broschüre «Energieforschung im Fokus: Beitrag des ETH-Bereichs zur Neustrukturierung des Energie­ systems».

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Überblick I Der Wissenschaftsbetrieb

2004

2008

2009

2010

2011

2012

49,0

97,7

114,2

110,4

128,3

126,5

biet der Life Sciences. Die Schweiz festigt damit ihre Vorreiter­ rolle im Bereich der Systembiologie, welche auf den Ergebnis­ sen der Entschlüsselung des menschlichen Genoms, der Mole­ kularbiologie sowie verschiedener Technologieentwicklungen aufbaut. Die umfassende Erforschung biologischer Prozesse und das daraus gewonnene Verständnis für systemische Zu­ sammenhänge ermöglichen beispielsweise neue Behandlungs­ ansätze in der Medizin. Im Berichtsjahr beteiligte sich SystemsX.ch zudem als CoOrganisator an der «Systems Biology of Human Diseases Confe­ rence» im deutschen Heidelberg. Weiter fand im Oktober 2012 eine Klausurtagung für Doktorierende aller Partnerinstitu­ tionen in Engelberg statt. Schliesslich wurde Professor Lucas Pelkmans von der Universität Zürich zum neuen Direktor von SystemsX.ch gewählt. Er löste Anfang 2013 Professor Ruedi Aebersold von der ETH Zürich ab, der die Initiative seit ihrer Gründung im Jahre 2007 geleitet hatte. Nano-Tera.ch Die seit 2008 bestehende Forschungsinitiative Nano-Tera.ch setzt ingenieurwissenschaftliche Erkenntnisse und Informa­ tionstechnologien ein, um neue Möglichkeiten zur Förderung der Gesundheit und Sicherheit der Menschen sowie der Um­ welt zu erschliessen. Vom Executive Committee von Nano-Tera. ch wurden im Jahr 2012 insgesamt fünf strategische Massnah­ men initiiert, die allesamt zum Ziel haben, die Effizienz des

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


Der Wissenschaftsbetrieb Ⅰ Nationale Aufgaben und Kompetenzzentren

Forschungsprogramms weiter zu erhöhen. Drei dieser Mass­ nahmen beinhalten die Einrichtung industrieller Prüfstände für die ­Erforschung intelligenter Energiesysteme, eine bessere Einbindung der Nutzer im Bereich pervasiver G ­ esundheits­systeme sowie eine detaillierte Analyse der Zuverlässigkeit und Anwendbarkeit sensorgenerierter Daten. Zwei weitere Mass­ nahmen sollen die internationale Kooperation s­ owie den Technologietransfer mit der Industrie fördern. Einen der wich­ tigsten Kanäle zur Verbreitung des Programms stellt die Web­ site www.nano-tera.ch dar. Allein in der Berichtsperiode wur­ den dort über 85 000 Zugriffe aus über 120 Ländern g ­ ezählt. Nun bereitet sich Nano-Tera.ch aktiv auf die zweite Programm­ phase (2013–2016) vor. So fanden im Herbst 2011 und im Früh­ ling 2012 zwei neue Ausschreibungen statt, die insgesamt 51 Bewerbungen auslösten, von denen 18 für eine Finanzierung ausgewählt wurden. IMT – Institut für Mikrotechnik Das IMT der EPFL ist im Bereich zwischen Grundlagenforschung und industrieller Umsetzung tätig und arbeitet aus diesem Grund eng mit der Industrie vor Ort zusammen. Derzeit wird ein neuer Gebäudekomplex namens Microcity errichtet, in wel­ chem zukünftig der Standort Neuenburg des IMT untergebracht werden soll. Aufgrund der geografischen Nähe zum CSEM wird sich im gleichen Gebäude auch der Inkubator und Wissen­ schafts- und Technologiepark Neode ansiedeln. Im August 2012 war die EPFL in Neuenburg an der Organisa­ tion der «Micro12» beteiligt – einer dreitägigen Veranstaltung sämtlicher Akteure auf dem Gebiet der Mikrotechnik. Die anwesenden Vertreter der Industrie betonten dabei die eminente Bedeutung der Ausbildung von Ingenieurinnen und Ingenieuren sowie den Wert einer intensiven Zusammen­arbeit mit den Forschungsinstituten. Beides sind entscheidende Bau­ steine im Bestreben, industrielle Produktion in der Schweiz zu halten. Erfreulich auch, dass im Jahr 2012 die sechs Labors in Neuenburg über 12 Mio. CHF an finanzieller Forschungsunter­ stützung von Drittparteien erhalten haben. Auch die EPFL engagierte sich im Berichtsjahr entscheidend für das IMT in Neuenburg: Sie ernannte drei neue P ­ rofessoren und schrieb eine vierte Professur aus. Für zwei dieser vier Pro­ fessuren leisten private Unternehmen eine Anschubfinanzie­ rung und bringen auf diese Weise ihr Interesse an der Ent­ wicklung des IMT zum Ausdruck. Architekturforschung Das Nationale Forschungsprogramm «Neue urbane Qualität» (NFP 65) erarbeitet neue Konzepte und Strategien für die Stadt­ entwicklung und überprüft diese auf ihre Umsetzbarkeit. ­Forschende der ETH Zürich leiten zwei der insgesamt fünf Projekte des NFP und sind in zwei weiteren als Projektpartner beteiligt. Die EPFL ist ebenfalls an zwei Projekten beteiligt. An der Jahrestagung des NFP 65 an der ETH Zürich nahmen im November 2012 rund 100 Personen aus Wissenschaft und Praxis teil. In einer zweiten Phase des Programms sollen die Forschungs­ergebnisse und die Anforderungen aus der Praxis aufeinander abgestimmt und auf gesamtschweizerischer Ebene neue Impulse für die Raum- und Stadtplanung ge­geben werden.

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

Zentrum für angewandte Ökotoxikologie Das Ökotoxzentrum der Eawag und der EPFL ist das Kompetenz­ zentrum für praktische ökotoxikologische Fragestellungen und Projekte in der Schweiz. So entwickelte es im Berichtsjahr ei­ nen Ansatz für östrogenaktive Substanzen in Fliessgewässern als ersten Schritt zu einem umfassenden ökotoxikologischen Beurteilungskonzept. Mehrere Projekte wurden mit den inter­ essierten Behörden koordiniert. Dabei ging es darum, Stoff­ flussmodellierungen zu etablieren, die in der Lage sind, Insitu-Probenahmen sowie chemische Analysen kosteneffizient zu ergänzen. Das Ökotoxzentrum leistete zudem wertvolle Bei­ träge zur Entwicklung eines Entscheidungsbaums für die öko­ toxikologische Priorisierung von Chemikaliengemischen. Dieses neue Beurteilungsverfahren verringert den Aufwand bei der Beurteilung der Toxizität derartiger Gemische. Auf internatio­ naler Ebene engagierte sich das Ökotoxzentrum unter anderem als OECD National Coordinator für Ökotoxikologie sowie in Ar­ beitsgruppen zur Standardisierung von Test­systemen, und es ist auch einer der Partner im EU-Projekt D ­ EMEAU zur Beurtei­ lung von Verfahren zur Abwasserreinigung. www.oekotoxzentrum.ch

Kompetenzzentren des ETH-Bereichs Als der Bundesrat seine künftige Energiestrategie beschloss und im Rahmen der «Koordinierten Energieforschung Schweiz» im ETH-Bereich erste Umsetzungsmassnahmen erfolgten, wurde auch der ETH-Rat in dieser Sache aktiv: Am 5./6. Dezember 2012 entschied er, den Finanzierungsmodus für die beiden Kompe­ tenzzentren CCEM (Energie und Mobilität) sowie CCES (Umwelt und Nachhaltigkeit) während der P ­ eriode 2013–2016 entspre­ chend anzupassen. Die für das CCEM und das CCES bis Ende der Periode 2013-2016 eingestellten Mittel der auslaufenden An­ schubfinanzierung des ETH-Rats sollen bereits im Jahr 2013 ­abgetreten werden. Dies s­ ichert beiden Kompetenzzentren die vollumfängliche Finanzierung ihrer Projekte während der nächsten zwei Jahre, ­um sich damit als wichtige Partner für die Umsetzung der « ­ Koordinierten Energieforschung Schweiz» op­ timal zu positionieren. CCEM – Energie und Mobilität Das CCEM hat gemeinsam mit dem Leading House PSI sein ­Tätigkeitsfeld um zwölf neue Projekte erweitert. Darunter fin­ den sich Projekte, die neue Wege in die Energiezukunft zu ­eröffnen versprechen: nachhaltige Städte, Energiemodellierung im urbanen Raum, Abgas-Nachbehandlung, Methanisierung, solare Brenn- und Kraftstoffe, Wasserstofftechnologien, Opti­ mierung des Einsatzes von Holz als erneuerbare Energiequelle. Bisher konnte das CCEM durch die Anschubfinan­zierung des ETH-Rats 50 Projekte in Angriff nehmen und f­ inanzieren. Der direkte finanzielle Beitrag der Industrie an die Gesamtkosten (inkl. Mittel der beteiligten Institutionen) dieser Projekte be­ trägt mittlerweile 19 %. Dies zeigt, wie eng die Tätigkeit des CCEM inzwischen auf die Bedürfnisse der Industrie abgestimmt ist. Der Anteil kompetitiv eingeworbener staatlicher Mittel er­ reichte 23 % und zeugt von hoher wissenschaftlicher Originali­ tät der eingereichten Projekte. In die meisten dieser Projekte sind auch Fachhochschulen eingebunden. Dies zeigt, dass die Fachhochschulen ein bedeutendes Bindeglied zwischen Grundlagen­forschung und marktfähigem Produkt darstellen. Über das Programm «Novatlantis – Nachhaltigkeit im ETH-Be­

Überblick I Der Wissenschaftsbetrieb

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Der Wissenschaftsbetrieb Ⅰ Nationale Aufgaben und Kompetenzzentren

Ausgewählte nationale Aufgaben Die externen Kunden schätzen den Mehrwert der ETH-Bibliothek der ETH Zürich viermal höher als deren Kosten. Dies ergab eine 2011 durchgeführte und 2012 ausgewertete Umfrage. Auch bei der allgemeinen Zufriedenheit erreicht die ETH-Bibliothek einen Spitzenwert. Sie hat somit für den Wissenschaftsstandort Schweiz sowie für Industrie und Wirtschaft zentrale Bedeutung. Die Archive der ETH Zürich konnten im Berichtsjahr erneut erweitert werden. So erhielt das Archiv für Zeitgeschichte die kompletten historischen Sammlungen des Verbands der schwei­ zerischen Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie Swiss­ mem: rund 270 Laufmeter Akten und audiovisuelle Quellen zur Geschichte der Schweizer Maschinenindustrie seit 1883. Zu Beginn des Jahrs 2012 wurde auch das Thomas-Mann-Archiv in die ETHBibliothek eingegliedert. Mehrere Archive der ETH Zürich nahmen im November 2012 am Schweizer Archivtag teil, der unter dem Motto «Menschliches und allzu Menschliches» stand. Die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) führte 2012 diverse Veranstaltungen durch, darunter das KOF-Wirt­ schaftsforum zum Thema Mindestfrankenkurs sowie die KOFPrognosetagung über Chancen und Herausforderungen für den Finanzplatz Schweiz. Das an der KOF angesiedelte Centre for International Research on Economic Tendency Surveys (CIRET) führte im September in Wien seine Jahreskonferenz durch. Im Centre de Recherches en Physique des Plasmas (CRPP) der EPFL wurde erstmals eine neue magnetische Konfiguration namens Snowflake auf dem variabel konfigurierbaren TokamakReaktor getestet. Snowflake könnte im Bereich der Hitze- und Partikelevakuation aus dem Reaktor bedeutende Fortschritte

reich» war es möglich, gemeinsam mit dem CCEM die Städte, Regionen und Kantone beim Wissenstransfer aus CCEM-Projek­ ten zu unterstützen. www.ccem.ch CCES – Umwelt und Nachhaltigkeit Die Forschungsaktivitäten des CCES für die zweite Tätigkeitspe­ riode bis 2016 sind inzwischen festgelegt: Genehmigt wurden insgesamt sieben interdisziplinäre, institutionenübergreifende Verbundprojekte sowie die Weiterführung der Plattform Swiss Experiment (Erhebung und Management von Umweltdaten). ­Erheblich verstärkt wurden Aktivitäten, die den Austausch ­zwischen Forschenden und Anspruchsgruppen ausserhalb der Wissenschaft fördern. Auf Initiative mehrerer kantonaler Um­ weltämter wurden zudem verschiedene Masterarbeiten zu ­Themen durchgeführt, welche für diese praktische Relevanz ­besitzen. In Zusammenarbeit mit dem MINT-Lernzentrum der ETH Zürich und mit diversen pädagogischen Hochschulen ent­ wickelte das CCES zudem umweltbezogene Schulmaterialien für die Sekundarstufen I und II. www.cces.ethz.ch

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Überblick I Der Wissenschaftsbetrieb

erzielen – dies stellt eines der grössten Probleme für die Kern­ fusion dar. Im Rahmen des europäischen Projekts «ITER/Broa­ der Approach» beendete das CRPP 2012 seine Arbeiten über die Eignung einer Testzelle für die International Fusion Material Irradiation Facility und über die Entwicklung mechanischer Mess­ methoden für kleine Proben. Das Lawinenbulletin des WSL-Instituts für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) erscheint neuerdings in überarbeiteter Form. Die Darstellung im Internet basiert nun auf einer zoombaren, interaktiven Gefahrenkarte. Für mobile Endgeräte wurde zudem die App «White Risk» entwickelt. Auch die Dienstleistungen der Fachstelle Waldschutz Schweiz der WSL werden immer häufiger angefordert (vgl. S. 94). Die Empa misst an einzelnen Stationen des nationalen Beob­ achtungsnetzes für Luftfremdstoffe (NABEL) neu die Anzahl ultra­ feiner Partikel in der Atmosphäre. Dies ermöglicht eine detaillierte Untersuchung möglicher gesundheitlicher Auswirkungen und bildet die Basis für weitere Massnahmen zur Reduktion von Schadstoffen in der Luft. Im Auftrag der Abteilung Strahlenschutz des Bundesamts für Gesundheit (BAG) überwacht die Eawag mit ihrem GammaLabor kontinuierlich die Radioaktivität in aquatischen Systemen und beteiligt sich gemeinsam mit der WSL und dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) an der nationalen Daueruntersuchung der schweizerischen Fliessgewässer (NADUF), welche die Entwicklung der Inhaltsstoffe im Wasser in ausgewählten Schweizer Flüssen verfolgt und überwacht.

CCMX – Materialwissenschaften und Technologie Das Competence Centre for Materials Science and Technology (CCMX) dient als Katalysator für langfristige Forschungspartner­ schaften zwischen dem ETH-Bereich und der Industrie in der Schweiz. Das CCMX begann mit der Umsetzung seiner Strategie für die Jahre 2012–2016. Diese beinhaltet eine Starthilfe für die Teil­ finanzierung neuer Professuren, vorrangig in Forschungs­ gebieten, in welchen EPFL und ETH Zürich aktiv sind. Parallel dazu sollen mehrere von der Industrie mitfinanzierte For­ schungsplattformen erstellt werden, über welche für die ­Industrie grundlegende wissenschaftliche Fragen erforscht werden sollen. Für das Jahr 2013 konnten bereits zwei Profes­ suren erfolgreich besetzt werden, zwei weitere Positionen sind derzeit ausgeschrieben. Ebenso nehmen gemeinsame For­ schungsplattformen mit der Industrie zunehmend Formen an. Zusätzlich zu den 29 laufenden Projekten wurden sieben ­weitere Kurse und Veranstaltungen ausgerichtet, die gezielt akademische und industrielle Forschende ansprechen sollten. Diese waren ein voller Erfolg. www.ccmx.ch

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


NCCBI – Biomedizinische bildgebende Verfahren Das 2006 gegründete NCCBI (National Competence Center in ­Biomedical Imaging) hat die Koordination zwischen den teil­ nehmenden Instituten (ETH-Bereich, Universitäten und Spitä­ ler) übernommen, um in der biomedizinischen Bildgebung ­Synergien zu erzeugen. Das Zentrum stellte bisher finanzielle Mittel für vier Ausschreibungen zu 33 Projekten bereit. Diese wurden von insgesamt 70 (Mit-)Antragstellenden in Anspruch genommen. Im Berichtsjahr 2012 konnten fünf weitere insti­ tutsübergreifende Projekte in Angriff genommen sowie zwei Dissertationen erfolgreich abgeschlossen werden. Das Doktoranden­programm des NCCBI umfasst derzeit 24 laufende sowie drei neue Dissertationen – Projekte, welche Anfang 2013 beginnen werden. www.nccbi.ch Lebhafter Wissens- und Technologietransfer Der ETH-Rat lässt sich anlässlich seiner jährlichen Strategieund Controlling-Gespräche mit den Institutionen (Dialoge) ­periodisch auch über die Aktivitäten im Wissens- und Techno­ logietransfer (WTT) im ETH-Bereich ins Bild setzen. Sämtliche Institutionen des ETH-Bereichs messen dem WTT hohe Bedeu­ tung bei. Die in diesem Bericht ausgewiesenen Monitoring­ werte bilden lediglich jenen Teil der vielfältigen Aktivitäten ab, der sich unmittelbar in Patenten, Lizenzen oder Spin-offs nie­ derschlägt. Diese Monitoringwerte zeigen bei den WTT-Aktivi­ täten ein seit Jahren konstantes Niveau. Aus den Institutionen des ETH-Bereichs entstehen pro Jahr etwa 40 Spin-offs.

wissenschaftliche Experimente oft erst nach jahrelanger inten­ siver Vorbereitung und Entwicklung der dafür erforder­lichen Technologien und Messmethoden durchgeführt werden kön­ nen. In dieser Entwicklungsphase werden in hohem Masse WTT-Leistungen erbracht und technologische Innova­tionen mit einem erheblichen Marktpotenzial erzeugt. Die Entwicklung von Detektoren für Experimente am CERN hat beispielsweise zur Gründung des Unternehmens Dectris g ­ eführt, eines Spinoff des PSI. Heute beschäftigt Dectris in Baden rund 40 Mitar­ beitende und wies im Jahr 2012 einen Jahresumsatz von 20 Mio. CHF aus. Ein weiteres Beispiel für erfolgreichen WTT: Kon­ zeptstudien und Bau von SwissFEL-Komponenten führten im Berichtsjahr zu Kooperationen mit der Industrie. Vom damit einhergehenden Technologietransfer profitieren die beteiligten Industriepartner bereits heute. Aktuelle Beispiele dafür sind etwa gemeinsame Entwicklungen von SwissFEL-Komponenten zusammen mit der MDC Max Daetwyler AG oder der TEL Mecha­ tronics AG (ehem. Oerlikon Mechatronics; vgl. S. 60). Das Quartier de l’innovation der EPFL ist rund zwei Jahre nach der Eröffnung mit elf dort angesiedelten Unternehmen bereits zu über 80 % belegt. Rund 1200 Angestellte arbeiten dort, davon etwa 700 im Parc Scientifique (PSE). Diese erfreu­ liche Entwicklung beweist den Bedarf der privaten Forschung nach geografischer Nähe zu Hochschulen und ihren Infrastruk­ turen. Im Gegenzug profitiert die Hochschulforschung von den unmittelbaren Fragestellungen aus der unternehmerischen Praxis und gewinnt wertvolle Erkenntnisse über die materiel­ len und finanziellen Hürden, die beim Technologietransfer von

Abb. 5: Spin-offs Anzahl Spin-offs

Der ETH-Rat publizierte im Frühsommer 2012 in Zusammen­ arbeit mit den Institutionen des ETH-Bereichs die B ­ roschüre «Die Innovationskraft der Schweiz im Fokus: ­Wissens- und Technologietransfer des ETH-Bereichs». Sie vermittelt ein um­ fassendes Bild der Aktivitäten des ETH-­Bereichs im Wissensund Technologietransfer und zeigt diese anhand t­ ypischer und besonders eindrücklicher Beispiele. Sie wurde an viel beachte­ ten Anlässen der Wirtschaft breit gestreut. Absolventinnen und Absolventen aus dem ETH-Bereich prägen die Interaktion mit Industrie und öffentlicher Verwal­ tung wesentlich mit, indem sie neustes Wissen und aktuelle Forschung transferieren. Die Institutionen des ETH-Bereichs ­legen deshalb grossen Wert darauf, dass sich diese als Teil des WTT verstehen und massgeblich zur Innnovationsleistung un­ seres Landes beitragen. Dies ist ein Motiv dafür, dass die bei­ den ETH wie auch die Forschungsanstalten des ETH-­Bereichs den Studierenden Möglichkeiten eröffnen, hoch­stehende For­ schungsarbeiten, u.a. in Zusammenarbeit mit der Industrie oder der öffentlichen Verwaltung, zu konzipieren und umzu­ setzen. Wesentliche WTT-Leistungen werden oft auch im Rahmen von Grossforschungsprojekten erbracht. Speziell daran ist, dass

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der Wissenschaft in die Wirtschaft zu nehmen sind (vgl. S. 59). Die ETH Zürich eröffnete im September 2012 das Innovation and Entrepreneurship Lab (ieLab) – ein Förderinstrument für Jungunternehmerinnen und -unternehmer der ETH Zürich. Das ieLab bietet diesen Raum und Angebote für die interaktive, teambasierte Entwicklung von innovativen Ideen, unterstützt sie mit individuellem Coaching, berät sie zusammen mit ETHTransfer in Vertrags- und Rechtsfragen oder Fragen zur Rege­ lung des geistigen Eigentums. Es hilft bei der Suche nach Alli­ anzpartnern oder Investoren. Bis Ende 2012 fanden bereits 20 junge Talente der ETH eine unternehmerische Heimat im ieLab (vgl. S. 59). Das geplante experimentelle Gebäude NEST auf dem Areal der Empa wird nach Fertigstellung Industriepartnern wie auch Institutionen des ETH-Bereichs eine einmalige Plattform bie­ ten, Innovationen in der Gebäudetechnik wie auch im Ener­ giebereich unter realen Bedingungen des Alltags zu testen, zu evaluieren und zu optimieren (vgl. S. 46). Eine Initiative der EPFL und der ETH Zürich zum Aufbau von Plattformen für die translationale Forschung zusammen mit Schweizer Hochschulen sowie mit der Pharma- und MedtechIndustrie konnte zu einem Kooperations- und Innova­tions­

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Der Wissenschaftsbetrieb Ⅰ Im internationalen Umfeld

projekt der Schweizerischen Universitätskonferenz (SUK) ­gemacht werden. Dazu wurde diese Initiative mit einem ­zweiten Projekt zusammengeführt, welches von den Univer­ sitäten mit dem Ziel eingereicht worden war, die klinische Forschung zu stärken. Im Rahmen des gemeinsamen Swiss­ TransMed-Projekts können nun translationale Forschungs­ plattformen mit den medizinischen Fakultäten aufgebaut ­werden – im Herbst 2012 hat die SUK einen entsprechenden ­Finanzierungsentscheid gefällt. SwissTransMed ist Teil der Med-Strategie von ETH Zürich und EPFL. Ein Ziel ist es, die ­biomedizinische Forschung im ETH-Bereich, besonders im MedTech-Segment, stärker mit den Universitäten und den Spi­ tälern zu vernetzen. Diese Strategie schuf auch die Grundlage für eine neue, spezifischere Ausbildung angehender Medizine­ rinnen und Mediziner, welche später in der Forschung tätig sein werden, insbesondere unter Einsatz modernster medizini­ scher Technologie. In Zukunft soll es möglich sein, nach dem Bachelorstudium in Life Sciences an einer ETH in ein höheres Semester eines Medizinstudiums an einer kantonalen Universi­ tät überzutreten.

Im internationalen Umfeld Ein Ziel der zunehmenden Internationalisierung des Wissen­ schaftsbetriebs der beiden ETH und der vier Forschungs­ anstalten des ETH-Bereichs ist es, die Kompetenzen weiter auszubauen und zu entwickeln. Ebenso wichtig ist für den ETH-Bereich jedoch, einen substanziellen Beitrag zur L­ ösung von konkreten Herausforderungen aus Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt zu leisten, und dies nicht nur in der Schweiz, sondern global. Dazu dienen auch strategische Allianzen mit ausgewählten, ähnlich positionierten Hochschulen, For­ schungsinstitutionen oder Nationen. Diese werden immer wei­ ter ausgebaut und intensiviert. Eine bedeutende Rolle spielt dabei die Zusammenarbeit mit Partnern aus dem Bereich Bildung, Forschung und Inno­ vation (BFI) der Europäischen Union (EU). Abgesehen vom Schweizerischen Nationalfonds stellen die europäischen ­Forschungsrahmenprogramme für Schweizer Forschende das bedeutendste kompetitive Förderinstrument dar. Die beiden ETH sowie die kantonalen Universitäten sind dabei die gröss­ ten finanziellen Nutzniesser in der Schweiz. Im Berichtsjahr intensivierten die beiden ETH die Zusam­ menarbeit mit ausländischen Partneruniversitäten weiter. In Europa pflegt die ETH Zürich über die IDEA League etwa die ­Zusammenarbeit mit dem Imperial College London, der Delft University of Technolgy TU Delft, der RWTH Aachen sowie mit ParisTech. Ziel ist es, durch Erfahrungsaustausch und Bench­ marking in den Bereichen Lehre, Forschung und Innovation gemeinsam eine stetige Verbesserung zu erzielen. Doktoran­ denprogramme widmen sich darüber hinaus den grossen ­ungelösten Fragen der Zeit wie etwa den Herausforderungen, die sich aus der Überalterung der Gesellschaft ergeben (vgl. S. 68 unten). 2012 bezog die ETH Zürich als erste ausländische Universität das neue Forschungsgebäude «CREATE Tower» auf dem Gelände der National University of Singapore NUS in Singapur. Weitere Forschungsgruppen ausländischer Universitäten werden nun nach und nach in den CREATE Tower einziehen, darunter Wis­ senschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem Massachusetts Institute of Technology MIT, der University of California Berkeley

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Überblick I Der Wissenschaftsbetrieb

und der Technischen Universität München TUM. Das erste Pro­ jekt, welches die ETH Zürich zusammen mit Partnern realisiert, das «Future Cities Laboratory» (FCL), widmet sich dem Thema der nachhaltigen Stadtentwicklung. Risikoforschung und Er­ nährungssicherheit werden mittelfristig im Singapore-ETH Cen­ tre für Global Environmental Sustainability (SEC) als weitere zu erforschende Themen hinzukommen (vgl. S. 88). Die EPFL ihrerseits schuf über das Global University ­Leaders Forum (GULF) zusammen mit 25 der bedeutendsten Hochschu­ len der Welt, darunter auch die ETH Zürich, eine Charta, die zu einer vorbildlichen nachhaltigen Gestaltung des Hochschul­ campus verpflichtet. Darin anerkennen die beteiligten Univer­ sitäten auch, dass Forschung und Lehre eine einzigartige und um­fassende Rolle spielen müssen. Etwa bei der Entwicklung von ­Technologien und Strategien, aber auch bei der Aus- und Heranbildung von aufgeklärten Bürgerinnen und Bürgern so­ wie Führungspersönlichkeiten, die eine nachhaltige Entwick­ lung unterstützen und prägen können. Das Cooperation & Development Center (CODEV) an der EPFL wiederum organisierte im Jahr 2012 eine grossangelegte inter­ nationale Konferenz über die Rolle von Wissenschaft und Tech­ nologie für den sozialen Wandel und zeigte auch daraus abge­ leitete Strategien gegen Armut in der Dritten Welt auf. Wissenschaftliche Evaluationen: Eckpfeiler des akademischen Benchmarkings Der ETH-Rat hat im Herbst 2012 seine Grundsätze für Evalua­ tionen von Einheiten des ETH-Bereichs überprüft und diese auch weiterentwickelt. Dabei wurde unter anderem festgehal­ ten: Wie bisher soll jede Institution im ETH-Bereich – oder Teile davon, etwa Departemente bei der ETH Zürich, Fakul­täten bei der EPFL, aber auch Abteilungen sowie Laboratorien – im Rhythmus von höchstens acht Jahren durch international zu­ sammengesetzte Expertengruppen bezüglich ihrer wissen­ schaftlichen Qualität überprüft werden. Die Expertinnen und Experten sollen nach klar definierten Prinzipien ausgewählt werden. Interessenbindungen sind zu vermeiden oder, wenn dies nicht möglich ist, gegenüber allen Beteiligten offenzule­ gen. Evaluationen von einer Institution des ETH-Bereichs als Ganzes werden vom ETH-Rat in Auftrag gegeben, Evalua­tionen von einzelnen Einheiten der Institutionen von den Schullei­ tungen oder Direktionen. Mehrere Mitglieder der Expertengruppe müssen aus ver­ gleichbaren Institutionen stammen und dort in Positionen sein, die sie in die Lage versetzen, die wissenschaftliche ­Qualität, die strategische Positionierung der evaluierten ­Institution sowie deren Stärken und Schwächen insgesamt zu evaluieren und zu beurteilen. Die auf diesem Weg erar­ beiteten Erkenntnisse erlauben es, Vergleiche zu anderen, ähnlich i­nternational positionierten Universitäten und Insti­ tuten zu ziehen. Evaluationen stellen deshalb immer auch ein Benchmarking dar. Die aus den Evaluationen hervor­ gehenden Schlussfolgerungen und Empfehlungen soll die evaluierte ­Institution für spezifische Massnahmen zur Quali­ tätsverbesserung sowie zur Schärfung und Definition künfti­ ger Entwicklungsziele und Strategieanpassungen nutzen. Sie ­erstellt zudem zuhanden des ETH-Rats eine Stellungnahme zum E­ xpertenbericht, in der sie die Resultate der Evaluation auswertet und daraus resultierende Umsetzungsziele defi­ niert.

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Der ETH-Rat nahm 2012 von den Evaluationen dreier ­ epartemente der ETH Zürich, einer Fakultät der EPFL sowie von D vier Laboratorien des PSI Kenntnis. 2012 wurde auch die Empa einer Beurteilung unterzogen. Die Ergebnisse werden dem ETH-Rat im Mai 2013 vorgelegt. Schliesslich beschloss der ­ETH-Rat auf Antrag des neuen Direktors der WSL, diese For­ schungsanstalt ebenfalls zu evaluieren. Er bestimmte die ­Referenzthemen und die Zusammensetzung der Experten­ gruppe für diese Evaluation, welche 2013 stattfinden wird. Ranking Internationale Rankings von Universitäten finden weltweit ein grosses öffentliches Echo, denn sie stellen ein einfaches Mittel dar, die Qualität von Universitäten untereinander zu verglei­ chen. Auch wenn die für die Erstellung der Rankings ange­ wandten Methoden oft nicht einfach nachvollziehbar sind und die Ergebnisse verschiedener Rankings deutliche Abweichun­ gen voneinander aufweisen, lassen sich aus den Ergebnissen doch klare Trends erkennen: Nach wie vor international füh­ rend sind die US-amerikanischen Spitzenuniversitäten. In Eu­ ropa belegen die beiden ETH Spitzenplätze und konnten ihre Rangierung auch im Jahr 2012 weiter verbessern. Die ETH Zürich hat ihre Stellung als klar beste kontinental­europäische Hoch­ schule gefestigt, die EPFL belegt im Vergleich zum Vorjahr in den meisten Rankings und Kategorien deutlich bessere Plätze. Auffallend ist, dass sich im Mittelfeld zunehmend Hochschulen aus dem asiatischen Raum positionieren und in der unmittel­ baren Vergangenheit näher an die vorderen Positionen gerückt sind. Diese Entwicklung insgesamt zeigt aber auch, dass die Konkurrenz grösser und stärker wird und es in Zukunft bereits eine grosse Herausforderung darstellen wird, erreichte Positio­ nen zu halten. Weitere Informationen zu den Rankings finden sich im akademischen Leistungsreporting im Kapitel «Durchblick» (vgl. S. 108 und 109). FET-Flaggschiff-Projekte Die EU hat Ende Januar 2013 das von der EPFL geführte Human Brain Project (HBP) und das schwedisch geleitete Projekt «Gra­ phene», an welchem auch Forschende der ETH Zürich und der Empa mitwirken, als Flaggschiff-Projekte im Rahmen der euro­ päischen «Future and Emerging Technologies (­ FET)»-Initiative gewählt. In der Endauswahl waren unter den sechs Projekten

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auch das von ETH Zürich und EPFL gemeinsam geleitete Projekt «Guardian Angels» sowie das von der ETH Zürich wissenschaft­ lich koordinierte Projekt «FuturICT». Hauptziel des von der EPFL koordinierten Flaggschiff-Pro­ jekts Human Brain Project ist die computergestützte Simulation des menschlichen Gehirns. Es soll grundlegende Fortschritte in den Neurowissenschaften, in der Medizin, in den Sozialwis­ senschaften sowie in Informationstechnologie und Robotik er­ möglichen. Das Projekt baut auf dem Neuroinformatikprojekt Blue Brain der EPFL auf. Dieses ist seit Längerem eine von drei strategischen Initiativen des ETH-Bereichs, deren Finanzierung der ETH-Rat eingeplant hat. Am HBP sind neben der EPFL sei­ tens der Schweiz auch die ETH Zürich, die Universität Bern, die Universität Zürich und IBM beteiligt. Der hohe Anteil in der Endauswahl von Projekten mit lei­ tender Beteiligung von Forschungsgruppen des ETH-Bereichs zeugt von einer ausgezeichneten internationalen Wettbe­ werbsfähigkeit seiner Institutionen. Die vom Bundesrat im Leistungsauftrag an den ETH-Bereich für das Jahr 2012 gefor­ derte Bewerbung des Human Brain Projects um ein EU-Flagg­ schiff ist mit der Wahl zu einem der beiden Siegerprojekte auf europäischer Ebene gekrönt worden. Dieser Grosserfolg von Professor Henry Markram und Mitarbeitenden aus der EPFL be­ stätigt die hohe internationale Wettbewerbsfähigkeit langfris­ tig angelegter, wissenschaftlich begründeter strategischer Grossvorhaben des ETH-Bereichs, die vom Bund explizit ­finanziell unterstützt werden und deshalb rasch umgesetzt werden können. Die FET-Flaggschiff-Initiative ist Bestandteil der europäi­ schen Forschungszusammenarbeit. Der Beitrag der EU zur ­ersten Umsetzungsphase der beiden Flaggschiff-Projekte wird auf der Basis des 7. EU-Forschungsrahmenprogramms finan­ ziert. Für die zweite Phase kommt das Programm «Horizon 2020» aus den EU-Rahmenprogrammen in den Bereichen ­Forschung und Innovation der Jahre 2014–2020 zur Anwen­ dung, über das noch verhandelt wird. Die europäische For­ schungszusammenarbeit ist für den Forschungsplatz Schweiz von grosser Bedeutung. Erfolge aus dem ETH-Bereich geben unserer Forschung und damit auch der Lehre entscheidende Impulse. Sie tragen in hohem Masse zur Attraktivität der ­Institutionen bei – für Studierende wie für Forschende und Lehrende aus der ganzen Welt.

Überblick I Der Wissenschaftsbetrieb

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Der Wissenschaftsbetrieb Ⅰ Personal- und Professorengeschäfte

Personalgeschäfte des Bundesrats Institutionen des ETH-Bereichs Auf Antrag des ETH-Rats hat der Bundesrat den Direktor der Empa, Prof. Dr. Gian-Luca Bona, für weitere vier Jahre ­wieder­gewählt. Die zweite Amtszeit beginnt am 1. September 2013.

Personalgeschäfte des ETH-Rats Nachfolge von Prof. Dr. Ralph Eichler, Präsident der ETH Zü­ rich: Der ETH-Rat hat das Anforderungsprofil für die künftige Präsidentin oder den künftigen Präsidenten der ETH Zürich verabschiedet. Ausgeschrieben wird die Stelle im 1. Quartal 2013. Der ETH-Rat wird die Auswahl der Person, die er dem Bundesrat schliesslich zur Wahl vorschlagen wird, nicht an eine Findungskommission delegieren, sondern als Gesamt­ gremium vornehmen. Die Amtszeit des derzeitigen Präsiden­ ten der ETH Zürich läuft Ende 2014 aus. Audit Committee Der ETH-Rat hat seinen Vizepräsidenten, Prof. Dr. Paul Herrling, ins Audit Committee gewählt, sodass dieses sich nun aus Beth Krasna (Präsidentin), Dr. Barbara Haering und Paul Herrling zu­ sammensetzt. Wahl in die Schulleitung der ETH Zürich Prof. Dr. Lino Guzzella wurde per 1. August 2012 für eine Amts­ dauer von vier Jahren zum Mitglied der Schulleitung der ETH Zürich gewählt. Der ETH-Rat folgte damit dem Antrag des Prä­ sidenten der ETH Zürich, Prof. Dr. Ralph Eichler. Lino Guzzella ist seit 1999 ordentlicher Professor für Thermotronik. Er folgte als Rektor auf Prof. Dr. Heidi Wunderli-Allenspach. Rücktritt aus der Schulleitung der ETH Zürich Prof. Dr. Heidi Wunderli-Allenspach, ordentliche Professorin für Biopharmazie und Mitglied der Schulleitung der ETH Zürich, trat per 31. Juli 2012 in den Ruhestand. Mit einem herzlichen Dank für ihr Engagement verabschiedete der ETH-Rat die ­Rektorin, die 2007 als erste Frau in die Schulleitung gewählt worden war. Wahl in die Schulleitung der EPFL Prof. Dr. Karl Aberer wurde vom ETH-Rat auf Antrag des Prä­ sidenten der EPFL, Prof. Dr. Patrick Aebischer, zum Vizepräsi­ denten der EPFL für Informationssysteme ernannt. Karl Aberer trat seine Funktion am 1. September 2012 an. Die Aufgabe wurde aufgrund ihrer Bedeutung für die Entwicklung der EPFL bewusst zu einem eigenständigen Vizepräsidium aufgewertet. Karl Aberer promovierte 1991 an der ETH Zürich in Mathema­ tik. 2000 wurde er als ordentlicher Professor für verteilte ­Informationssysteme an die EPFL berufen. Wahl/Wiederwahl in die Schulleitung der EPFL Der ETH-Rat hat auf Antrag des Präsidenten der EPFL, Prof. Dr. Patrick Aebischer, die Vizepräsidentin Dr. Adrienne Corboud Fumagalli sowie den Vizepräsidenten Prof. Dr. Philippe Gillet für die Periode vom 1. März 2012 bis 29. Februar 2016 wieder­ gewählt. Ebenso hat er Prof. Dr. Francis-Luc Perret im Sinne einer Ausnahme von den Altersrücktrittsbestimmungen noch­ mals für eine Amtszeit bis zum 31. Juli 2013 als Vizepräsident wiedergewählt. Anfang März 2013 hat der ETH-Rat zudem

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Dr. André Schneider zum Mitglied der Schulleitung gewählt. Er wird am 1. August 2013 als Vizepräsident für Planung und Logistik die Nachfolge von Prof. Dr. Francis-Luc Perret antre­ ten. André Schneider ist zur Zeit Präsident und CEO von André Schneider Global Advisory, seinem eigenen Beratungsunter­ nehmen für eine nachhaltige Entwicklung in Sektoren wie Energie, Mobilität, Infrastrukturen und Bankwesen. Zuvor war er zwölf Jahre für das World Economic Forum (WEF) tätig. Weiter hat der ETH-Rat 2012 zustimmend Kenntnis genom­ men von dem Wunsch des Präsidenten der EPFL, Prof. Dr.  Patrick Aebischer, in seinem 14. Dienstjahr an der Spitze der EPFL einen halbjährigen Forschungsurlaub den neuen Unter­ richtsformen zu widmen. Der Bundesrat hat am 20. Februar 2013 zugestimmt und Prof. Dr. Philippe Gillet, Vizepräsident für aka­ demische Angelegenheiten, für den Zeitraum vom 1. August 2013 bis 31. Januar 2014 zum Präsidenten der EPFL a. i. und Mitglied des ETH-Rats gewählt. Rücktritt des stellvertretenden Direktors des PSI Per 30. November 2012 ist Martin Jermann, stv. Direktor und Stabschef des PSI, wegen Erreichens der Altersgrenze zurückge­ treten. Der ETH-Rat dankt Martin Jermann herzlich für sein langjähriges Engagement, welches zeitweise auch die Führung des PSI als Direktor a.i. umfasste und über viele Jahre beson­ ders der Entwicklung der Protonentherapie in der Schweiz galt. Direktion der WSL An der WSL hat der neue Direktor, Prof. Dr. Konrad Steffen, am 1. Juli 2012 sein Amt angetreten. Dem bisherigen Direktor, Prof. Dr. James Kirchner, der auf eine neue Amtszeit verzichtet hatte, dankt der ETH-Rat für sein Engagement und wünscht ihm viel Befriedigung und Erfolg bei seinem neuen Fokus auf die Forschung und Lehre als Professor an der ETH Zürich. Bestätigung der Direktionsmitglieder der WSL Dr. Christoph Hegg, Prof. Dr. Rolf Holderegger, Dr. Andreas Rigling, Dr. Jürg Schweizer und Dr. Niklaus Zimmermann ge­ hören weiterhin der WSL-Direktion an. Der ETH-Rat bestätigte die Direktionsmitglieder auf Antrag des neuen Direktors der WSL, Prof. Dr. Konrad Steffen, im Amt. Zuvor hatte der ETH-Rat deren Anstellungsdauer vom 30. Juni bis zum 31. Dezember 2012 verlängert. Dies ermöglichte Konrad Steffen, sich nach seinem Amtsantritt am 1. Juli 2012 mit der definitiven Beset­ zung seiner Direktion zu befassen. Rücktritte aus der Direktion der Empa Am 31. Juli 2012 trat Roland Knechtle, Mitglied der Direktion der Empa und Leiter des Departements Support, wegen Errei­ chens der Altersgrenze zurück. Der ETH-Rat dankt ihm für sein langjähriges Engagement herzlich. Die Leitung des Departe­ ments Support an der Empa hat neu Dr. Urs Leemann über­ nommen. Dr. Peter Hofer ging als stellvertretender Direktor und ­lang­jähriges Direktionsmitglied der Empa per 1. September 2012 in Pension. Der ETH-Rat dankt ihm herzlich für sein lang­jähriges Engagement, welches zeitweise auch die Führung der Empa als Direktor a.i. umfasste. Zur Komplettierung der ­Direktion der Empa hatte der ETH-Rat bereits im Dezember 2011 Dr. Brigitte Buchmann gewählt. Sie hat ihr Amt am 1. September 2012 ange­ treten.

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Ernennung zum Direktionsmitglied der Eawag Prof. Dr. Hansruedi Siegrist wurde auf Antrag von EawagDirektorin Prof. Dr. Janet Hering zum Mitglied der EawagDirektion ernannt. Für die Eawag ist er seit 1986 tätig; zu­ letzt war er Leiter des Forschungsbereichs Verfahrenstechnik. Hansruedi Siegrist wirkt auch als Lehrbeauftragter an der EPFL und an der ETH Zürich, wo er seit 2002 Titularprofessor ist. Wahl der Arbeitgebervertretung in das Vorsorgewerk ETH-Bereich In seiner Funktion als Arbeitgeber wählte der ETH-Rat die ­bisherigen und zwei neue Arbeitgebervertreterinnen und -vertreter in das paritätischen Organ des Vorsorgewerks ETHBereich für eine Amtsdauer vom 1. Januar 2013 bis 31. Dezem­ ber 2016. Die Wahl erfolgte gemäss Antrag der Präsidenten der ETH Zürich und der EPFL sowie der Direktorin und der Direkto­ ren der vier Forschungsanstalten. Wahl durch die Europäische Kommission Dr. Dr. h. c. Barbara Haering, Mitglied des ETH-Rats und unter anderem Präsidentin des Institut des Hautes Etudes en Admi­ nistration Public (IDHEAP) in Lausanne, wurde von der Europä­ ischen Kommission zum Mitglied des neuen Beirats für den Europäischen Forschungs- und Innovationsraum gewählt. Der Rat selber bestimmte sie zur Co-Chair.

Professorengeschäfte Im Rahmen ihrer strategischen Vierjahresplanungen legen die beiden ETH dem ETH-Rat jeweils im ersten Halbjahr ihre rol­ lenden Planungen für Professuren zur Kenntnisnahme vor. Die einzelnen Professorinnen und Professoren wählt der ETH-Rat, gestützt auf Antrag der Präsidenten der beiden ETH. Insgesamt behandelte der ETH-Rat im Berichtsjahr 141 Professoren­geschäfte. Davon betrafen rund zwei Drittel Ernennungen von Professo­ rinnen und Professoren sowie Verleihungen von Titularprofes­ sorentiteln sowie ein Drittel Rücktritte und sonstige Geschäfte, vor allem Wiederernennungen von Assistenzprofessorinnen und -professoren nach erfolgter Zwischenevaluation. Ernennungen Der ETH-Rat ernannte 2012 insgesamt 86 Professorinnen und Professoren (davon 17 Frauen): 51 an der ETH Zürich (davon 11  Frauen) und 35 an der EPFL (davon 6 Frauen). Dies ent­ spricht einem Frauenanteil von 19,8 %, der damit in den letzten vier Jahren erheblich gesteigert werden konnte. Von den 86 Ernennungen waren 50 ordentliche (o., davon 9 Frauen), 16 ausserordentliche (a.o.) Professorinnen und Professoren (davon 5 Frauen) sowie 12 Assistenzprofessorin­ nen und -professoren mit Tenure Track (TT) (davon eine Frau) und 8 ohne TT (davon 2 Frauen). Bei insgesamt 25  Ernennun­ gen handelte es sich entweder um Beförderungen von a.o. zu o. Professorinnen und Professoren oder um Ernennungen von Assistenzprofessorinnen und -professoren zu a.o. ­Professorinnen und Professoren; insgesamt wurden somit 61 Personen neu zu Professorinnen und Professoren der ETH Zürich (43) oder der EPFL (18) ernannt. Weiter verlieh der ­ETH-Rat 9 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern den Titularprofessorentitel. Emeritierungen und Demissionen 2012 nahm der ETH-Rat von 17 Rücktrittsankündigungen aus Altersgründen Kenntnis, 9 an der ETH Zürich, 8 an der EPFL. Die ETH Zürich und die EPFL unterrichteten den ETH-Rat im Weiteren über 4 bzw. 2 angekündigte Demissionen und deren Gründe.

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Organisation und Governance

Aufbau und Führung des ETH-Bereichs

Als Trägergesetz des ETH-Bereichs konkretisiert das ETH-Gesetz den in der Bundesverfassung veranker­ ten Auftrag, die Eidgenössischen Technischen Hochschulen zu betreiben. Aus dem ETH-Gesetz ergeben sich zugleich die rechtlichen Grundlagen für die Forschungsanstalten des ETH-Bereichs. Der ETH-Bereich und sein Umfeld Stellung, Aufbau und Aufgaben des ETH-Bereichs sind im Bundes­ gesetz über die Eidgenössischen Technischen Hochschulen vom 4. Oktober 1991 (ETH-Gesetz) umschrieben. Der ETH-Bereich ist im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben autonom und gemäss ETH-­ Gesetz dem zuständigen Departement zugeordnet. Das ETH-Gesetz definiert auch die Autonomie der beiden ETH und – mittelbar – der vier Forschungsanstalten. Der ETH-Rat ist das strategische Füh­ rungsorgan des ETH-Bereichs. Aufgaben und Führung Gemäss dem Grundauftrag der Institutionen des ETH-Bereichs (Art. 2 ETH-Gesetz) haben die beiden ETH und die vier Forschungs­ anstalten (Institutionen des ETH-Bereichs) - Studierende und Fachkräfte auf wissenschaftlichem und ­technischem Gebiet auszubilden und die permanente ­Weiterbildung zu sichern, - durch Forschung die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu ­erweitern, - den wissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern, - wissenschaftliche und technische Dienstleistungen zu ­erbringen sowie - Öffentlichkeitsarbeit zu leisten und - ihre Forschungsergebnisse zu verwerten. Die Institutionen des ETH-Bereichs orientieren sich bei der E­ rfüllung ihrer Aufgaben an international anerkannten Standards. Sie berücksichtigen die Bedürfnisse der Schweiz und pflegen die internationale Zusammenarbeit. Leistungsauftrag und Zahlungsrahmen Der ETH-Bereich wird gemäss einem wirkungsorientierten Modell gesteuert. Die politischen Behörden geben die Leistungsstandards und die finanziellen Eckwerte vor; der ETH-Bereich ist als Leis­ tungserbringer für die Umsetzung der Vorgaben verantwortlich. Die politische Führung liegt beim Eidgenössischen Parlament und beim Bundesrat. Als zentrale Führungsinstrumente werden genutzt: der vom Parlament im Rahmen der Botschaft über die Förderung von Bildung, Forschung und Innovation genehmigte Bundesbeschluss über den vierjährigen Zahlungsrahmen für den ETH-Bereich, ein darauf abgestimmter Leistungsauftrag des Bun­ desrats an den ETH-Bereich sowie die jährliche Kreditbewilligung durch das Parlament. Diese politischen Instrumente werden mit einem Controlling ergänzt, das Auskunft über die Rechnungsfüh­

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Überblick I Organisation und Governance

rung und die Auftragserfüllung gibt. Die Berichterstattung des ETH-Rats erfolgt in drei Teilen: Im jährlichen Geschäftsbericht ­berichtet der ETH-Rat über die Erfüllung der Leistungsziele und zeigt auf, wie der jährliche Finanzierungsbeitrag des Bundes ­verwendet wurde. Jeweils in der Hälfte der Leistungsperiode ­informiert er im Selbstevaluationsbericht, wie weit die Ziele des Leistungsauftrags bereits erreicht sind. Am Ende der Leistungs­ periode orientiert er im Schlussbericht, wie der Leistungsauftrag während der abgelaufenen Leistungsperiode erfüllt wurde. Der Schlussbericht ist durch die Eidgenössischen Räte zu genehmigen. Der Selbstevaluationsbericht des ETH-Rats ist eine Grundlage für die dem zuständigen Departement obliegende Evaluation des ETH-Bereichs durch ­externe Fachleute (Peer Review). Das zustän­ dige Departement ­orientiert das Parlament jeweils zusammen mit dem Antrag zum Zahlungsrahmen für die nächste Leistungsperi­ ode in einem in der Hälfte der Leistungsperiode erstellten ­Zwischenbericht über den Stand der Zielerreichung (Art. 34a ETHGesetz). Mit der strategischen Führung des ETH-Bereichs ist der ETH-Rat betraut (vgl. nächsten Abschnitt). Die operative Führung innerhalb des ETH-­Bereichs liegt bei den Institutionen des ETHBereichs. Sie nehmen alle Zuständigkeiten wahr, die im ETH-­ Gesetz nicht dem ETH-Rat übertragen sind. Die exekutive Führung der Institutionen des ­ETH-Bereichs nehmen die Mitglieder der Schulleitungen der beiden ETH und der Direktionen der vier For­ schungsanstalten wahr. ETH-Rat: Aufgaben und Arbeitsweise Der ETH-Rat bestimmt die Strategie des ETH-Bereichs im Rahmen des Leistungsauftrags, vertritt den ETH-Bereich gegenüber Politik und Bundesbehörden, erlässt Vorschriften über das Controlling, führt das strategische Controlling durch, genehmigt die Entwick­ lungspläne der Institutionen des ETH-Bereichs, überwacht ihre Verwirklichung und übt die Aufsicht über den ETH-Bereich aus (Art. 25 ETH-Gesetz). Er schliesst mit den beiden ETH und den vier Forschungsanstalten Zielvereinbarungen ab und teilt, ge­ stützt auf die Budgetanträge der Institutionen, die Bundesmittel zu. Er stellt dem Bundesrat Antrag zur Wahl der Präsidentinnen oder Präsidenten der beiden ETH sowie der Direktorinnen oder Direktoren der vier Forschungsanstalten, wählt die übrigen Mit­ glieder der Schulleitungen der beiden ETH und ernennt die üb­ rigen Direk­tionsmitglieder der vier Forschungsanstalten. Schliesslich ernennt er, auf Antrag der Präsidentinnen oder der Präsidenten der beiden ETH, die Professorenschaft. Seine Auf­ sichtsfunktion nimmt er mit folgenden Instrumenten wahr:

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


­periodisches Reporting der I­nstitutionen über die Ressourcen (­Finanzen, Personal, Immobilien), jährliche Berichterstattung der Institutionen über den Stand der Auftragserfüllung gemäss Zielvereinbarung, jährliche Gespräche zwischen dem ETH-Rat und den Institutionen (sogenannte Dialoge) im Rahmen des strategischen Controllings sowie Berichte der Institutionen im Rahmen ihrer Risikomanagementsysteme. Ferner bewertet der Stabsbereich Internes Audit des ETH-Rats die Risikomanage­ mentprozesse, das interne Kontrollsystem sowie die Gover­ nance-Prozesse der Institutionen und erstattet darüber dem ETH-Rat Bericht, insbesondere dessen Auditausschuss. Die Geschäftsordnung des ETH-Rats ist in den Rechtssammlun­ gen des Bundes publiziert. Der ETH-Rat hält pro Jahr fünf ein- bis zweitägige Sitzungen ab. 2012 benötigte er neun Sitzungstage. In­ haltliche Schwerpunkte der Sitzungen bildeten Strategie- und Bud­ getdiskussionen, das Reporting der Institutionen des ETH-­Bereichs, die Ernennung von Professorinnen und Professoren sowie die Wahl oder die Ernennung von Persönlichkeiten für die Vize­präsidien bzw. -direktionen der Institutionen des ETH-Bereichs. Für die Dialoge mit den Institutionen des ETH-Bereichs setzte er zusätzlich sieben Tage ein. Schliesslich stellte er dem Bundesrat den Antrag für die Wiederwahl des Direktors der Empa. Ferner finden zweimal pro Jahr Eignergespräche zwischen dem Präsidenten des ETH-Rats, dem Generalsekretär des zuständigen Departements, dem Staatssekretär für Bildung und Forschung und dem Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung statt. Der Prä­ sident des ETH-Rats zeichnet für periodische Einzelgespräche mit

den Präsidenten der Hochschulen sowie der Direktorin und den Direktoren der Forschungsanstalten verantwortlich, in denen diese über die strategische Entwicklung ihrer Institution berichten. Audit- und Geschäftsausschuss Der Auditausschuss unterstützt den ETH-Rat bei der Finanzaufsicht sowie bei der Überwachung des Risikomanagements, des internen Kontrollsystems und der Revisionstätigkeit. Er setzt sich aus drei von der Geschäftsführung unabhängigen Mitgliedern des ETH-Rats ­zusammen, kann jedoch auch weitere Personen mit beratender Stimme beiziehen. Der Leiter des Internen Audits und der Leiter des Stabsbereichs Finanzen des ETH-Rats nehmen an den Sitzungen teil. Der Geschäftsausschuss unterstützt den ETH-Rat bei der Vorund Nachbereitung von Sitzungen, bei der Besetzung von Leitungs­ positionen der Institutionen sowie bei der Wahrnehmung der ­Arbeitgeberfunktion. Er pflegt den Kontakt zu den Sozialpartnern. Er setzt sich zusammen aus dem Präsidenten des ETH-Rats (Vorsitz), den Präsidenten der beiden ETH, dem Vertreter der Forschungs­ anstalten sowie dem Vertreter der Hochschulversammlungen. Der ­Geschäftsführer und, bei Bedarf, der Leiter des Stabsbereichs Per­ sonal des ETH-Rats nehmen an den Sitzungen teil. Entschädigungen des ETH-Rats Der Präsident des ETH-Rats bezog 2012 für sein Pensum von 80 % ein Jahresgehalt von 355 506 CHF (inkl. 80 167 CHF Sozialversiche­ rungsbeiträge). Hinzu kam eine Repräsentationszulage von 5000 CHF. Der Präsident ist bei der Pensionskasse des Bundes versichert,

Abb. 6: Der ETH-Bereich

ETH-Bereich ETH-Rat

11 Mitglieder Eidgenössische Technische Hochschulen

über 17 500 Studierende* 10 242 Arbeitsverhältnisse*

über 9000 Studierende* 5379 Arbeitsverhältnisse*

Forschungsanstalten

Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

1865 Arbeitsverhältnisse*

492 Arbeitsverhältnisse*

928 Arbeitsverhältnisse*

443 Arbeitsverhältnisse*

* Inkl. Doktorierende

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

Überblick I Organisation und Governance

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Organisation und Governance

Organisation und Leitungsgremien des ETH-Bereichs

Stand 31. Dezember 2012

Präsidium und Mitglieder des ETH-Rats Der ETH-Rat der laufenden Amtsperiode (2012–2016) setzt sich aus folgenden Mitgliedern zusammen: Dr. Fritz Schiesser1, Präsident Prof. Dr. Paul L. Herrling2, Vizepräsident Prof. Dr. Ralph Eichler1 Prof. Dr. Patrick Aebischer1,3 Prof. Dr. Joël Mesot1 Beatrice Fasana Arnaboldi Dr. Dr. h. c. Barbara Haering2 Beth Krasna2 Jasmin Staiblin Dr. Markus Stauffacher1 Olivier Steimer

Dr. Kurt N. Clausen, Mitglied der Direktion Prof. Dr. Leonid Rivkin, Mitglied der Direktion Prof. Dr. Gebhard F. X. Schertler, Mitglied der Direktion Prof. Dr. Friso Van der Veen, Mitglied der Direktion Prof. Dr. Alexander Wokaun, Mitglied der Direktion

ETH Zürich Prof. Dr. Ralph Eichler, Präsident Prof. Dr. Heidi Wunderli-Allenspach, Rektorin (bis 31.7.2012) Prof. Dr. Lino Guzzella, Rektor (seit 1.8.2012) Prof. Dr. Roman Boutellier, Vizepräsident für Personal und Ressourcen Dr. Robert Perich, Vizepräsident für Finanzen und Controlling Prof. Dr. Roland Yves Siegwart, Vizepräsident für Forschung und Wirtschaftsbeziehungen

Empa Prof. Dr. Gian-Luca Bona, Direktor Dr. Peter Hofer, stv. Direktor (bis 31.8.2012) Dr. Peter Richner, stv. Direktor (seit 1.9.2012) Dr. Brigitte Buchmann, Mitglied der Direktion (seit 1.9.2012) Dr. Xaver Edelmann, Mitglied der Direktion Dr. Pierangelo Gröning, Mitglied der Direktion Roland Knechtle, Mitglied der Direktion (bis 31.7.2012) Prof. Dr. Harald Krug, Mitglied der Direktion

EPFL Prof. Dr. Patrick Aebischer, Präsident Prof. Dr. Philippe Gillet, Vizepräsident für akademische Angelegenheiten Prof. Dr. Karl Aberer, Vizepräsident für Informationssysteme (seit 1.9.2012) Dr. Adrienne Corboud Fumagalli, Vizepräsidentin für Innovation und Valorisation Prof. Dr. Francis-Luc Perret, Vizepräsident für Planung und Logistik4

Eawag Prof. Dr. Janet Hering, Direktorin Prof. Dr. Rik Eggen, stv. Direktor Prof. Dr. Jukka Jokela, Mitglied der Direktion Prof. Dr. Peter Reichert, Mitglied der Direktion Prof. Dr. Hansruedi Siegrist, Mitglied der Direktion (seit 1.6.2012) Prof. Dr. Bernhard Wehrli, Mitglied der Direktion

PSI Prof. Dr. Joël Mesot, Direktor Dipl. phys. Martin Jermann, Stabschef, Mitglied der Direktion (bis 30.11.2012) Dr. Peter Allenspach, Mitglied der Direktion Dr. Jean-Marc Cavedon, Mitglied der Direktion

nach deren Reglement sich die Arbeitgeberbeiträge richten. Die weiteren sechs Mitglieder des ETH-Rats, die in keinem Arbeitsver­ hältnis mit einer der beiden Hochschulen oder einer der vier For­ schungsanstalten stehen, bezogen 2012 je eine Pauschale von 20 000 CHF. Zuzüglich wurden ihnen Sitzungsentgelte von insge­ samt 47 000 CHF ausbezahlt und die effektiv angefallenen Spesen gemäss Spesenreglement erstattet. Die Mitglieder des ­ETH-Rats, die in einem Arbeitsverhältnis zu einer Institution des ETH-Bereichs stehen, beziehen kein zusätzliches Honorar für ihre Tätigkeit im ETH-Rat. Für den Umfang einer 50-Prozent-Stelle übernimmt der

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Überblick I Organisation und Governance

WSL Prof. Dr. James Kirchner, Direktor (bis 30.6.2012) Prof. Dr. Konrad Steffen, Direktor (seit 1.7.2012) Dr. Christoph Hegg, stv. Direktor Prof. Dr. Rolf Holderegger, Mitglied der Direktion Dr. Andreas Rigling, Mitglied der Direktion Dr. Jürg Schweizer, Mitglied der Direktion Dr. Niklaus Zimmermann, Mitglied der Direktion

1 Mitglied Geschäftsausschuss 2 Mitglied Auditausschuss 3 Vom 1. August 2013 bis 31. Januar 2014, wird Prof. Dr. Philippe Gillet, Vizepräsident für Akademische Angelegenheiten, Präsidenten der EPFL a. i. und Mitglied des ETH-Rats 4 Am 1. August 2013 wird neu Dr. André Schneider als Vizepräsident für Planung und Logistik die Nachfolge von Prof. Dr. Francis-Luc Perret antreten.

ETH-Rat die der ETH Zürich entstehenden Lohn- und Sozialkosten des Vertreters der Hochschulversammlungen der beiden ETH, um dessen Unabhängigkeit von einer Institution zu gewährleisten. ETH-Beschwerdekommission Die ETH-Beschwerdekommission ist dem ETH-Rat administrativ zugewiesen und entscheidet über Beschwerden gegen Ver­ fügungen von Organen der beiden Hochschulen und der vier ­Forschungsanstalten. Die Beschwerden betreffen vorwiegend das Personalrecht und das Hochschulrecht. Die Entscheide der ETH-

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


Beschwerdeinstanz

Unterstützung ETH-Rat

ETH-Beschwerdekommission 2012 Die ETH-Beschwerdekommission ist eine unabhängige rich­ terliche Behörde mit Sitz in Bern, die dem ETH-Rat Bericht erstattet.

Internes Audit Der ETH-Rat setzt ein Internes Audit im Sinne von Art. 35a ETH-Gesetz ein, das administrativ direkt dem Präsidenten des ETH-Rats unterstellt ist. Patrick Graber, Leitung

Prof. Dr. Hansjörg Peter, Präsident Beatrice Susanne Vogt, Vizepräsidentin Consuelo Antille, Mitglied Astrid Forster, Mitglied Jannick Griner, Mitglied Yolanda Schärli, Mitglied Prof. Dr. (em.) Rodolphe Schlaepfer, Mitglied

Beschwerdekommission können an das Bundesverwaltungs­ gericht weitergezogen werden. Internes Audit Das Interne Audit übt die interne Revision für die ETH Zürich, die EPFL und die Forschungsanstalten des ETH-Bereichs aus (Art. 35a Abs. 1 ETH-Gesetz und Art. 11 Finanzkontrollgesetz). Personell ist es direkt dem Präsidenten des ETH-Rats unterstellt, während seine Aufsicht durch den Auditausschuss wahrgenommen wird. Es er­ bringt unabhängige und objektive Prüfungsdienstleistungen und unterstützt den ETH-Bereich bei der Erreichung seiner Ziele, in­ dem es die Effektivität der Risikomanagementprozesse sowie der internen Steuerungs-, Kontroll- und Governance-Prozesse beur­ teilt. Weiter ist es für die Koordination und die Unterstützung der externen Revision des ETH-Bereichs zuständig und erstattet über seine Tätigkeit Bericht, insbesondere an den Auditausschuss. Revisionsstelle Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) nimmt die Funktion der externen Revision für den ETH-Bereich wahr (Art. 35a Abs. 3 ­ETH-Gesetz). Sie ist für die Prüfung der Rechnungen der einzel­nen Institutionen sowie der konsolidierten Rechnung des ETH-­ Bereichs verantwortlich. Die EFK hat im Jahr 2012 die Abschlüsse der beiden Hochschulen sowie den konsolidierten Abschluss des ETH-Bereichs revidiert. Die Revision der Abschlüsse der vier For­ schungsanstalten hat sie, wie in den Vorjahren, an Pricewater­ houseCoopers, Bern, delegiert. Die Berichterstattung der EFK zur Revision der konsolidierten Rechnung umfasst einen Bestäti­ gungs­bericht und einen Erläuterungsbericht (Management Letter). Diese Berichte werden jährlich im Auditausschuss mit Vertretern der EFK besprochen. Das Honorar der EFK für die Revisionstätigkeit im Jahr 2012 betrug 476 000 CHF. Internes Kontrollsystem Die beiden ETH und die vier Forschungsanstalten verfügen über ein internes Kontrollsystem, das gemäss den Regelungen des Bundes eingeführt wurde. Die EFK kann somit das Rechnungs­ wesen und die finanzrelevanten Geschäftsprozesse wie bei ande­ ren Institutionen des Bundes oder bei privatrechtlichen Unter­ nehmen vergleichbarer Grösse prüfen.

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

Stab ETH-Rat Der Stab des ETH-Rats unterstützt den ETH-Rat bei der Erfüllung seines gesetzlichen Auftrags, insbesondere bei der strategischen Führung, der Aufsicht, der Förderung der Zusammenarbeit im ETH-Bereich und bei Kontakten mit den Bundesbehörden. Leitungsgremium Dr. Michael Käppeli, Geschäftsführung PD Dr. Kurt Baltensperger, Wissenschaft Markus Bernhard, Kommunikation Dr. Dieter Künzli, Finanzen (seit 1.2.2013)* Dr. Urs Müller, Rechtsdienst Michael Quetting, Immobilien Martin Sommer, Personal * Er löst in dieser Funktion Dr. Walter Kemmler ab, der in den Ruhestand geht.

Informationspolitik Der ETH-Rat ist kraft seiner gesetzlichen Aufgabe eine Scharnier­ stelle zwischen Wissenschaft, Politik und Gesellschaft. Er hat sich in seiner Geschäftsordnung einer wahren, sachgerechten und transparenten Kommunikation zum Nutzen der Gesellschaft ver­ pflichtet sowie dem Ziel, die Entscheide des Rats zu erläutern und die Rolle sowie den Ruf des ETH-Bereichs zu stärken. Die ­Verantwortung liegt beim Präsidenten. Zentrale Kommunikations­ instrumente sind die jährliche Berichterstattung des ETH-Rats an den Bund, die Website www.ethrat.ch, gezielte Medienarbeit ­sowie die fallweise Beleuchtung relevanter Fakten und Positio­ nen, insbesondere zur Bildungs-, Forschungs- und Innovations­ politik. Richtlinien Nebenbeschäftigungen Der ETH-Rat erliess Richtlinien zum Vorgehen bei der Ausübung von Nebenbeschäftigungen durch die Mitglieder der Schulleitun­ gen der ETH Zürich und der EPFL sowie die Mitglieder der Direk­ tionen der vier Forschungsanstalten. Die betroffenen Personen melden dem ETH-Rat ihre Engagements, und dieser überprüft, ob die zeitliche Beanspruchung insgesamt zu hoch ausfällt oder Interessenkonflikte auftreten können. In solchen Fällen hat ­gemäss der vom Bundesrat erlassenen Kaderlohnverordnung das zuständige Departement des Bundes zu entscheiden, ob es für die Ausübung von entgeltlichen Nebenbeschäftigungen einer ­Zustimmung des Bundesrats bedarf. Die Richtlinien traten am 15. Oktober 2012 in Kraft.

Überblick I Organisation und Governance

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Die Mitglieder des ETH-Rats

Fritz Schiesser * 1954, Schweizer, Dr. iur. Präsident des ETH-Rats (80 %) und des Geschäftsausschusses seit 2008 Anwalt bei RHS & Partner Rechtsanwälte und Urkundspersonen seit 1998 (Teilzeit) Fritz Schiesser studierte Rechtswissenschaften an der Universität Zürich und ist seit 1998 Anwalt und Notar. Von 1990 bis 2007 war er Mitglied des Ständerats, von 2003 bis 2004 Ständeratspräsident und von 1999 bis 2007 Präsident des Stiftungsrats des Schweizerischen Nationalfonds. Fritz Schiesser ist Stiftungs- bzw. Verwaltungsrat der Sandoz-Familienstiftung, der Proto Chemicals, der Schweizerischen Mobiliar und der Hefti AG. Seit 2009 ist er Mitglied im Stiftungsrat des Think Tanks Avenir Suisse und seit 2012 Mitglied im Stiftungsrat des Swiss Science Center Technorama in Winterthur.

Paul Herrling * 1946, Schweizer, Prof. Dr. phil. II Mitglied des ETH-Rats seit 2004 und Vizepräsident seit 2008 Chair Novartis Institute for Tropical Diseases seit 2012 Paul Herrling promovierte in Naturwissenschaften an der Universität ­Zürich. Von 2002 bis 2010 leitete er die Konzernforschung von Novartis ­International, danach führte er bis Ende 2011 die Novartis Institutes for Developing World Medical Research. Seit 2001 ist er Professor für Biophar­ makologie und Arzneistoffwissenschaften und seit 2007 Universitätsrat an der Universität Basel. Er hat Aufsichtsratsmandate am Scripps Research Institute (Kalifornien, USA), in der Novartis-Gruppe und bei Stiftungen.

Ralph Eichler * 1947, Schweizer, Prof. Dr. sc. nat. Mitglied des ETH-Rats seit 2004 und des Geschäftsausschusses seit 2008 Präsident der ETH Zürich seit 2007 Ralph Eichler studierte Physik an der ETH Zürich, wohin er 1989 als Pro­ fessor zurückkehrte. Von 1998 bis 2002 war er stellvertretender Direktor des Paul Scherrer Instituts (PSI), danach bis 2007 dessen Direktor. Ralph Eichler ist Verwaltungsrat bei der Belenos Clean Power Holding und der Venture Incubator. Er ist Mitglied der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften. Zudem ist er Vizepräsident der Rektoren­ konferenz der Schweizer Universitäten (CRUS) und Vorstandsmitglied des 2012 gegründeten Vereins swiss­universities.

Patrick Aebischer * 1954, Schweizer, Prof. Dr. med. Mitglied des ETH-Rats seit 2004 und des Geschäftsausschusses seit 2008 Präsident der EPFL seit 2000 Patrick Aebischer studierte Medizin und Neurowissenschaften an den Universitäten Freiburg und Genf. Er war Professor an der Brown Univer­ sity (Rhode Island, USA). 1999 wählte ihn der Bundesrat zum Präsidenten

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Überblick I Organisation und Governance

der EPFL. Patrick Aebischer erforscht die molekularen Mechanismen bei neurodegenerativen Erkrankungen. Er gründete drei Biotechnologie­ firmen und ist Mitglied im Verwaltungsrat der Lonza Group und von Nestlé Health Science.

Joël Mesot * 1964, Schweizer, Prof. Dr. sc. nat. Mitglied des ETH-Rats seit 2010 (Vertreter der Forschungsanstalten) und des Geschäftsausschusses seit 2010 Direktor des PSI seit 2008 Doppelprofessor an der ETH Zürich/EPFL seit 2008 Joël Mesot studierte Physik an der ETH Zürich und promovierte in Fest­ körperphysik. Nach Aufenthalten im Ausland kam er ans PSI, wo er ab 2004 das Labor für Neutronenstreuung leitete und 2007 zum Direktor ge­ wählt wurde. Joël Mesot ist Vorstandsmitglied der «European Association of National Research Facilities» sowie Stiftungsrat der Förderstiftung Technopark Aargau. Zudem ist er Mitglied der Senatskommission der deutschen Helmholtz-Gemeinschaft, des «Scientific Advisory Board of FRM II» (München, Deutschland) und des «Neutron Advisory Board of Oak Ridge National Laboratory» (USA).

Beatrice Fasana Arnaboldi * 1969, Schweizerin, Dipl. Ing. Lm Mitglied des ETH-Rats seit 2012 Inhaberin BeFood Consulting seit 2006 Business Development Manager bei der Sandro Vanini SA seit 2012 Beatrice Fasana Arnaboldi studierte Lebensmittelwissenschaften an der ETH Zürich. Nach einem Traineeship im Nestlé Research and Development Center in New Milford (Connecticut, USA) war sie in unterschiedlichen Leitungsfunktionen für mehrere grosse Lebensmittelhersteller in der Schweiz tätig, darunter als Verantwortliche des Profit Centers «Chewing Gum» der Chocolat Frey und als Marketingleiterin für Coca-Cola. Seit 2006 führt sie ihr eigenes Unternehmen BeFood Consulting SA und seit 2012 ist sie gleichzeitig Business Development Manager bei der Sandro Vanini SA, einem Unternehmen der Haecky Gruppe.

Barbara Haering * 1953, Schweizerin und Kanadierin, Dr. sc. nat., Dr. h. c. sc. pol. Mitglied des ETH-Rats und des Auditausschusses seit 2008 Managing Partner und Vizepräsidentin des Verwaltungsrats der econcept AG seit 1998 Barbara Haering studierte Naturwissenschaften und Geografie und pro­ movierte 1996 in Raumplanung an der ETH Zürich. Von 1979 bis 1983 war sie Zürcher Kantonsrätin, von 1990 bis 2007 Nationalrätin. Barbara ­Haering ist Co-Chair des European Research and Innovation Area Board der Europäischen Kommission und präsidiert den Stiftungsrat des Hoch­ schulinstituts für öffentliche Verwaltung sowie das Genfer Internationale Zentrum für Humanitäre Minenräumung. Zudem ist sie Vizepräsidentin des Verwaltungsrats der BAK Basel.

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


Mitglieder des ETH-Rats (vordere Reihe v.l.): Jasmin Staiblin, Beth Krasna, Fritz Schiesser (Präsident), Barbara Haering, Beatrice Fasana Arnaboldi; (hintere Reihe v.l.) Ralph Eichler, Markus Stauffacher, Paul Herrling, Joël Mesot, Patrick Aebischer, Olivier Steimer.

Beth Krasna

Markus Stauffacher

* 1953, Schweizerin und Amerikanerin, Dipl. Ing. Mitglied des ETH-Rats seit 2003 und Präsidentin des Auditausschusses seit 2008 Unabhängige Verwaltungsrätin

* 1952, Schweizer, Dr. phil. nat. Mitglied des ETH-Rats seit 2007 und des Geschäftsausschusses seit 2008 Delegierter der Hochschulversammlungen der ETH Zürich/EPFL Leitender wissenschaftlicher Mitarbeiter an der ETH Zürich

Beth Krasna hat ein Diplom als Chemieingenieurin der ETH Zürich und ­einen Management-Mastertitel des Massachusetts Institute of Technology (Cambridge, USA). Sie ist Mitglied der Verwaltungsräte der Waadtländer Kantonalbank, von Bonnard & Gardel Holding AG, Coop und Raymond Weil AG. Zudem ist sie Mitglied der Schweizerischen Akademie der Tech­ nischen Wissenschaften und seit März 2010 Präsidentin der Fondation en faveur de l’art chorégraphique in Lausanne.

Jasmin Staiblin * 1970, Deutsche, Dipl. Ing. Mitglied des ETH-Rats seit 2012 CEO der Alpiq AG seit 2013 Jasmin Staiblin studierte Elektrotechnik und Physik an der Technischen Hochschule in Karlsruhe und an der Königlich Technischen Hochschule in Stockholm. Ab 1997 war sie als Forschungsassistentin am ABB-­For­ schungszentrum in Dättwil tätig und durchlief verschiedene Stationen bei ABB. Von 2006 bis 2012 war sie Landeschefin und Vorsitzende der ­Geschäftsleitung von ABB Schweiz. Seit 2013 leitet sie als CEO das Energie­ unternehmen Alpiq AG. Sie ist zudem Verwaltungsratsmitglied der Georg Fischer AG, der Rolls-Royce plc. sowie der Neuen Aargauer Bank AG.

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

Markus Stauffacher diplomierte in Zoologie an der Universität Basel und promovierte 1988 in Zoologie an der Universität Bern. Der Träger re­ nommierter Forschungspreise und dreifache Gewinner des Lehrpreises ­«Goldene Eule» ist seit 1994 Senior Scientist an der ETH Zürich; 1996–2011 war er zudem Fachgebietsverantwortlicher an der Vetsuisse-Fakultät der Universität Zürich. Er ist seit 1997 Tierschutzexperte im Europarat und seit 2010 Delegierter der Schulleitung der ETH Zürich für Tierschutzbelange.

Olivier Steimer * 1955, Schweizer, lic. iur. Mitglied des ETH-Rats seit 2012 Verwaltungsratspräsident der Banque Cantonale Vaudoise seit 2002 Olivier Steimer studierte Jurisprudenz an der Universität Lausanne. Er ist Vizepräsident des Verwaltungsrats der SBB und des Bankrats der Schweizerischen Nationalbank. Er präsidiert den Stiftungsrat des Swiss Finance Institute und den Ausschuss des Bureau de construction de l’Université de Lausanne-Dorigny. Ausserdem hat er ein Verwaltungsrats­ mandat bei ACE Ltd in Zürich und ist Mitglied des Vorstandsausschusses von Economie­suisse sowie des Stiftungsrats von Avenir Suisse.

Überblick I Organisation und Governance

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Gesch채ftsbericht 2012 체ber den ETH-Bereich


Einblick

Leistungsziele und Fortschritte

Ziel 1 – Lehre

34

Ziel 2 – Forschung

42

Ziel 3 – Wissens- und Technologietransfer

54

Ziel 4 – Internationale Vernetzung

64

Ziel 5 – Arbeitsbedingungen, Chancen gleichheit und Nachwuchs förderung

70

Ziel 6 – Engagement für den Schweizer Hochschulraum

76

Ziel 7 – Leistungsorientierte Mittelzuteilung 84 Ziel 8 – Nationale und internationale Präsenz

86

Ziel 9 – Verstärkte Rolle in der Gesellschaft 92

PSI-Sonnensimulator im Fokus: 10 000 Sonnen (10 000 kW/m2) und 3000 Grad für die Herstel­ lung von solaren Treib­stoffen und neuartigen Materialien.

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

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Ziel 1 Lehre

Facts & Figures

Ziel 1, Leistungsauftrag 2008–2011/12 (vgl. Beilage): «Der ETH-Bereich bietet eine im internationalen Vergleich erstklassige und für die Studierenden attraktive Lehre an.» Berichterstattung 2012 der Institutionen mit Reportagen und Beispielen sowie Fazit des ETH-Rats.

ETH Zürich Die Zahl der Studierenden an der ETH Zürich steigt kontinuierlich an. Im Herbst 2012 waren insgesamt 17 781 Studierende (2011: 17 187) an der ETH Zürich eingeschrieben. Damit hat die Zahl der Studierenden in den letzten 10 Jahren um 54 % zugenommen. Um die hohe Qualität des Studiums aufrechtzuerhalten, hat die ETH Zürich im Berichtsjahr 10 neue Professuren in den 3 Studien­ gängen mit den höchsten Studierendenzahlen besetzt. Die Zahl der neu eingetretenen Bachelorstudierenden (inkl. Gast- und Mobilitätsstudierenden) nahm mit 3022 erneut leicht zu (2011: 2997). Den grössten Zuwachs bei den neu eintretenden Bachelorstudierenden (+ 50 %) verzeichnete der neue Studien­ gang Gesundheitswissenschaften und Technologie (vgl. S. 78). Am meisten Studierende ziehen nach wie vor die Studiengänge Maschineningenieurwissenschaften (442 Neueintritte) und Archi­ tektur (256 Neueintritte) an. Mit Eintrittszahlen zwischen 160 und 200 ziehen auch die Studiengänge Elektrotechnik & Informations­ technologie, Physik, Bauingenieurwissenschaften und Informatik sehr viele Studierende an. Rund 95 % der Bachelorabsolventinnen und -absolventen treten auch in ein Masterstudium an der ETH Zürich über. Dies ist mit die höchste Übertrittsquote einer Schweizer Universität und zeugt von der hohen Qualität der Studiengänge der ETH Zürich. Im Jahr 2012 haben sich rund 2500 Personen mit externem Bache­ lorabschluss um Zulassung zum Masterstudium an der ETH Zürich beworben. Rund 2000 davon haben ihren Bachelorabschluss im Ausland erworben. Damit ist die Zahl der externen Bewerbungen gegenüber 2011 leicht gesunken, was auch auf die klare Kommu­ nikation der hohen Anforderungen an Studierende der ETH Zürich zurückzuführen ist. 1008 dieser Bewerberinnen und Bewerber wurden zugelassen, und 672 davon haben ihr Studium im Herbst 2012 aufgenommen. Die hohe Qualität der Ausbildung an der ETH Zürich ist inter­ national anerkannt. So rangiert die überwiegende Mehrzahl der berücksichtigten ETH-Studiengänge im QS World University ­Ranking by Subject 2012 auf den Plätzen 4–15*. Dieses internatio­ nale Hochschulranking will künftigen Studierenden eine Orientie­ rungshilfe bieten zur Qualität der Ausbildung in insgesamt 29 Fachbereichen. Anfang August 2012 hat der neue Rektor der ETH Zürich, Pro­ fessor Lino Guzzella, sein Amt angetreten. Er löste Professorin Heidi Wunderli-Allenspach ab, die seit 2007 in der Schulleitung für alle Belange der Lehre verantwortlich war. EPFL Im Herbst 2012 verzeichnete die EPFL 9306 Studierende (10,2 % bzw. 864 Studierende mehr als 2011). Um angesichts des Wachs­ tums weiterhin gute Unterrichtsbedingungen zu ermöglichen, hat die EPFL neue Strategien entwickelt, um die Lebensqualität auf dem Campus und das hochwertige Lernumfeld aufrechtzuerhal­ ten. So sorgte die Neueinrichtung mehrerer Hörsäle für eine beträchtliche Kapazitätssteigerung. Ausserdem wurden gewisse Kurse aufgeteilt oder doppelt geführt. Eine 2012 durchgeführte Umfrage bei den Bachelor- und Mas­ terstudierenden hat gezeigt, dass 93 % nach eigener Aussage stolz auf ihre Hochschule sind und 76 % die Ausbildung an der EPFL als sehr gut oder ausgezeichnet betrachten (gegenüber 43 % im Jahr 2004). 88 % der Studierenden äusserten sich positiv zur * www.topuniversities.com/university-rankings/world-university rankings/2012/subject-rankings

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Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


Erfahrung mit dem Tutorat, weshalb dieses auf alle Analysis- und Physikkurse des ersten Studienjahrs ausgedehnt wurde, um die Integration der neuen Studierenden zu erleichtern und die Grup­ penarbeit zu stärken. Für das erste Jahr wurde ein gemeinsamer Sockel polytechnischer Fächer bestimmt, zu denen die Grundwis­ senschaften (Mathematik, Physik, Chemie) sowie ein Kurs über Information und «Global Issues» gehören, um die Ingenieurinnen und Ingenieure auf die zukünftigen Herausforderungen vorzube­ reiten. Diese neue Formel eines propädeutischen Jahres dürfte im September 2013 eingeführt werden. Das Konzept der «Massive Open Online Courses» (MOOCs) eröff­ net vielversprechende Perspektiven: Unterstützung der Jungen in ihrer Ausbildung durch Online-Lehrangebote und damit Öffnung der Kurse für alle. Gegenwärtig wird an der Entwicklung des Kon­ zepts gearbeitet, und es laufen bereits Pilotkurse (vgl. S. 36). Die Qualität der Doktorate wird sichergestellt durch ein Moni­ toring der Lehrqualität mithilfe einer systematischen Evaluation jedes Kurses, die Auswertung der Gesamtzufriedenheit nach Abschluss der Dissertation, ein Patenschaftssystem und ein Moni­ toring des Verhältnisses von Doktorierenden pro Betreuerin oder Betreuer. Im März 2012 wurde bei allen Doktorierenden eine Umfrage durchgeführt, die eine Gesamtauswertung des ganzen Systems ermöglichte. Den Ergebnissen zufolge ist die Zufrieden­ heit der Doktorierenden hoch. PSI Ein Grossteil der rund 300 Doktorierenden mit Arbeitsort PSI sowie annähernd 800 Doktorierende externer Institutionen haben von den Grossanlagen SLS (Synchrotron Lichtquelle Schweiz), SINQ (Spallations-Neutronenquelle), SmuS (Schweizer Myonenquelle) sowie den Anlagen zur Teilchenphysik Gebrauch gemacht. Sie werden von PSI-Mitarbeitenden in der Nutzung nationaler und internationaler Grossforschungsinfrastrukturen ausgebildet und garantieren so die weiterhin hohe Erfolgsrate Schweizer Gesuche im internationalen Vergleich. Mehr als 100 PSI-Wissenschaftlerin­ nen und -Wissenschaftler haben sich mit mehr als 4300 Unter­ richtsstunden am PSI und an verschiedenen Hochschulen in der Lehre engagiert. Die akademische Vernetzung wurde durch die gezielte Schaffung weiterer gemeinsamer Professuren mit den Hochschulen auf den Gebieten Materialforschung, Energiefor­ schung und Strukturbiologie gefestigt. WSL Die WSL fokussiert ihre Lehre auf jene Bereiche, wo sie die Lehr­ angebote von Hoch- und Fachhochschulen der Schweiz ideal ergänzt. Dies ist besonders bei anwendungsorientierten und pra­ xisnahen Themen der Bachelor- und Masterstudiengänge der

Fazit des ETH-Rats Erfreulich ist die starke Nachfrage nach den Lehrangeboten aus dem ETH-Bereich. Dies gilt insbesondere für die MINT-Fächer. An der ETH Zürich stösst der neue Studiengang «Gesundheitswis­ senschaften & Technologie» auf regen Zulauf. Auf der anderen Seite haben ETH Zürich und EPFL Massnahmen getroffen, den Herausforderungen steigender Studierendenzahlen zu begegnen. Die Anforderungen bleiben hoch. Externe Rankings und interne

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

Fall. Hier werden in Bereichen wie Wald, Landschaft oder Schnee und Naturgefahren schweizweit Lehre und Ausbildung wesentlich von etwa 100 Mitarbeitenden der WSL geprägt. Neben 3057 ange­ botenen Lektionen betreute die WSL im Berichtsjahr 135 Bachelorund Masterstudierende sowie 134 Doktorierende. Im Jahr 2012 konnte die WSL ihre Einbettung in der Lehre durch die Einrichtung von je zwei gemeinsamen Professuren mit der EPFL und der ETH Zürich in den Bereichen Schnee, Eis und Klima sowie einer gemeinsamen Professur mit der Universität Neuenburg im Bereich Klimaauswirkungen festigen. Neben der Lehre an den Hoch- und Fachhochschulen bietet die WSL ein vielfältiges Angebot für Berufsleute und Fachspezialisten an. Empa Die Empa hat auch 2012 einen substanziellen Beitrag zur Lehre an den beiden ETH geleistet: mehr als 2000 Unterrichtsstunden. Zur­ zeit sind 14 Empa-Forscherinnen und -Forscher als Professorinnen und Professoren an beiden Hochschulen tätig. Mit dem Anfang 2012 gegründeten Departement «Gesundheitswissenschaften und Technologie» der ETH Zürich (D-HEST) hat die Empa eine formelle Zusammenarbeit begonnen; Empa-Forscherinnen und -Forscher übernehmen etwa Kurse im Bereich Materialien für medizinische Anwendungen, Sportwissenschaften und Nanosicherheit. Die Empa betreut jährlich rund 120 Bachelor- und Masterstudierende sowie rund 200 Doktorierende, davon einen Grossteil an beiden ETH (knapp die Hälfte der Bachelor-/Masterstudierenden, knapp zwei Drittel der Doktorierenden). Auch an den Schweizer Universi­ täten und Fachhochschulen engagiert sich die Empa in Lehre und Ausbildung (2012: 1150 Unterrichtsstunden; + 24 % im Vergleich zum Vorjahr). Eawag Die Eawag füllt in der universitären Ausbildung thematische Nischen und bringt Erkenntnisse aus der angewandten Forschung unmittelbar in die Lehre ein. Rund 50 % des wissenschaftlichen Personals lehren und betreuen Studierende an der EPFL und ETH Zürich sowie an kantonalen Universitäten und Fachhochschulen – 2012 hauptsächlich in Bern, Zürich, Neuenburg und verstärkt auch in Basel. Die Anzahl betreuter Doktor- und Masterarbeiten bleibt auf hohem Niveau nahe der Kapazitätsgrenze. 2012 wurden 150 Doktorierende betreut. Zwei der abgeschlossenen Dissertationen erhielten 2012 die Medaille der ETH Zürich. Ein anderes Standbein in der Lehre sind die international ausgerichteten Summer Schools. 2012 fanden an der Fachhoch­ schule in Horw zusammen mit internationalen Partnern eine Summer School zu «Environmental Fluid Mechanics» und in Dübendorf ein Summer-School-Kurs zu «Environmental Systems Analysis» statt.

Umfragen belegten auch 2012 die Qualität des Angebots und bilden eine Basis für die Weiterentwicklung. Die Forschungs­ anstalten erbringen innerhalb und ausserhalb des ETH-Bereichs substanzielle und praxisbezogene Lehrleistungen. Zentral bleibt, dass sich das seit Jahren verschlechternde Betreuungsverhältnis an beiden ETH verbessert und die Lehr- und Lerninfrastruktur mit dem Wachstum wie auch mit der Zeit Schritt halten müssen. Deshalb bleibt ein Kernanliegen des ETH-Rats, neue Mittel für die Lehre zu erschliessen.

Ziel 1 I Lehre

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Ziel 1 Lehre

Online-Trends in der Lehre

Neue Formen der Informations­ vermittlung werden auch bei der EPFL und der ETH Zürich immer stär­ ker angewandt: Die Lehre geht online. Die ETH Zürich unterstützt den Präsenz­unterricht mit web­ basierten Lehrangeboten. Die EPFL setzt auf frei zugängliche OnlineKurse. Für beide Institutionen ist es eine der zentralen Aufgaben einer Hochschule, innovative Lösungen für die Lehre zu entwickeln, um immer auf dem neusten Stand zu sein. Nur so lassen sich die besten Nach­ wuchskräfte für die Wissenschaft wie auch für die Praxis ausbilden.

Interaktive Lernumgebung: Studierende im Rolex Learning Center der EPFL.

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Die jüngste Innovation für die universitäre Lehre kommt aus dem World Wide Web. Und diese Neuigkeit hat einen Namen: «MOOCs». Das Akronym steht für «Massive Open Online Courses». «Diese kostenlosen, für jedermann frei zugänglichen OnlineKurse werden die Bildungslandschaft weltweit fundamental ver­ ändern», sagt Martin Vetterli, der an der EPFL bis Ende 2012 Pro­ fessor für Kommunikationssysteme und Dekan der «School of Computer and Communication Sciences» war und seit 2013 neuer Präsident des Nationalen Forschungsrats des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) ist. An der EPFL war er ein Promotor für inter­ aktive Lehrgänge. Diesem Enthusiasmus und auf Anregung von Professor Karl Aberer, dem neuen Vizepräsidenten der EPFL für Informationssysteme, ist es zu verdanken, dass die EPFL im Som­ mer 2012 als erste kontinentaleuropäische Universität Mitglied des Social-Entrepreneurship-Unternehmens «Coursera» geworden ist. Diese Plattform für Online-Lehrgänge im Hochschulbereich wurde im Herbst 2011 von zwei Professoren der privaten amerikanischen Stanford University gegründet. Mittlerweile haben sich weltweit 33 Universitäten angeschlossen. Das «Coursera»-Spin-off von Stanford umfasst derzeit 207 Kursangebote, die internen und externen Studierenden offenstehen. Die EPFL steuert bis Frühjahr 2013 drei Kurse bei, darunter den bisher einzigen in französischer Sprache. Ihren ersten Kurs auf der Plattform «Coursera» lancierte die EPFL Mitte September 2012. Insgesamt 50 000 interne und externe Studierende registrierten sich für diesen sieben Wochen dauernden Kurs zum Thema «Funktionale Programmierungs­ grundsätze bei Scala». Scala steht für Scalable Language – eine an der EPFL entwickelte Programmiermethode. Rund 10 000 Stu­ dierende schlossen diesen Kurs dann auch ab. Die ersten Erfahrungen mit dieser neuen Form des OnlineTeachings überzeugten Martin Vetterli von den inhärenten Vortei­ len. «Wir kehren damit zurück zur sokratischen Lehrmethode», meint er, «wonach ein Stoff interaktiv vom Lehrer und den Schü­ lern durch Fragen und Antworten erschlossen wird.» Gefordert sind dabei Lehrende wie Lernende. In Online-Kursen wird der Stoff portioniert und auch audiovisuell vermittelt. Im Vergleich zu einer herkömmlichen Vorlesung müssen dabei die einzelnen Schritte der Stoffvermittlung wesentlich detaillierter geplant sein. Zwischen den einzelnen Modulen werden den Studierenden immer wieder Aufgaben gestellt. Die Qualität der Antworten erlaubt es dabei auch, Rückschlüsse zu ziehen auf die Qualität der angewandten Didaktik. «Für den Dozierenden heisst dies, dass er seine Kurse viel intensiver vorbereiten und die Inhalte auch strin­ genter vermitteln muss. Das erhöht die Qualität der Lehre», sagt Martin Vetterli, «denn immer erhält er durch Prüfungsaufgaben und andere Rückmeldungen der Studierenden via Internet Feed­ back auf seine Vermittlungsleistung.» Antwort in 22 Minuten Den Studierenden ermöglichen die Online-Kurse eine präzisere

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Vorbereitung und eröffnen auch die Möglichkeit, den bereits ver­ mittelten Stoff nachzuarbeiten und so Wissenslücken zu schlies­ sen. Und für sie gilt: Bei Abfragen mit interaktivem Feedback erhalten sie oft sofortigen Aufschluss darüber, ob sie mit ihren Antworten richtig liegen. Möglich sind auch wechselseitige Bewertungen unter den mitunter weltweit teilnehmenden Stu­ dierenden oder auch Hilfestellungen bei kniffligen Fragestellun­ gen. In Blogs betrage die durchschnittliche Antwortzeit 22 Minu­ ten, und diese Geschwindigkeit ist nachvollziehbar: Bei einem potenziell globalen Auditorium sitzt immer irgendwo eine Kom­ militonin oder ein Kommilitone am Computer. Virtuell können dadurch unter Studierenden aus dem gleichen Kurs auch reale Arbeitsgruppen entstehen. «Der Anspruch besteht durchaus, auf digitalem Wege eine individuelle Betreuung der Studierenden zu ermöglichen und dadurch Lernerfolge zu generieren, die sonst höchstens ein Privatlehrer erreichen kann», sagt Martin Vetterli, «deshalb ist es ja auch so wichtig, dass auch die Studierenden die Weiterentwicklung der ‹Coursera›-Plattform aktiv mitgestal­ ten.» Zumindest die Followers wachsen rasant. Zählte die globale «Coursera»-Community Mitte 2012 noch etwas über 700 000 Stu­ dierende, waren es ein halbes Jahr später bereits knapp 2 Millio­ nen «Courserians». Parallel dazu entwickelt sich auch die The­ menpalette des Kursangebots. Inzwischen umfasst diese 20 verschiedene Kategorien, die quer über die akademische Lehre angesiedelt sind. Darunter finden sich Kurse zu Computer- oder Sozialwissenschaften, zu Life ­Sciences oder Audio Engineering, zur Jurisprudenz oder auch zu den Ernährungswissenschaften. Die «Coursera»-Plattform hat sich in kurzer Zeit als Lehr- und Learning-Tool ein Stück weit etabliert. Aber wird sie neben der tradierten Form der physischen Vorlesung Bestand haben? «Das weiss keiner», meint Martin Vetterli, «aber seit Jahren hat keine Entwicklung in der Hochschullehre einen derartigen Einfluss gehabt, und für uns bei der EPFL war klar, dass wir auf dieser Welle von Anfang an mitschwimmen müssen.» Interaktive Lernumgebung für Studierende Die kontinuierliche Optimierung der Lehre ist bei der ETH Zürich eine Kernaufgabe, die mit viel Energie vorangetrieben wird. Direkt, per Videobotschaft über die Webseite, wendet sich der Prorektor Lehre, Professor Hans Rudolf Heinimann, zu diesem Thema an die Dozierenden und sagt: «An der ETH Zürich sind wir bestrebt, Lehren und Lernen kontinuierlich zu verbessern. Wir sind aber auch überzeugt, dass Verbesserungen nur an der Lehr­ front, das heisst bei Ihnen, liebe Dozierende, möglich sind.» Es ist ein Aufruf zum Mitdenken, zum Mitarbeiten, zum Mitgestalten. «Wir stehen mitten in einem Veränderungsprozess, den man mit ‹vom Lehren zum Lernen› umschreiben kann», sagt Hans Rudolf Heinimann, «dabei geht es auch darum, die Curricula der ­Stu­diengänge auf klare Kompetenzen auszurichten, welche die Studierenden zu erwerben und zu entwickeln haben.» Damit sol­ len die Fertigkeiten, die Studierende mit einem erfolgreichen Ab­schluss mitnehmen, für Arbeitgeber und für andere Universitä­ ten transparent und vergleichbar beschrieben und kontinuierlich an die sich verändernden Bedingungen angepasst werden. «Durch die Befragung von Ehemaligen erfahren wir, welche ­Fertigkeiten in der Praxis wichtig und relevant sind», sagt Heini­ mann, «und daraus ergeben sich Stossrichtungen für die Entwick­ lung künftiger Curricula.» Die ETH Zürich setzt im Unterricht auf webbasierte Lehr- und Lernplattformen, welche sich mit der Präsenzlehre kombinieren

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Ziel 1 I Lehre

lassen, diese ergänzen und erweitern und insgesamt deren Quali­ tät erhöhen. Oft kommen diese Innovationen in der Lehre aus dem Kreis der Dozierenden selbst. Seit zehn Jahren bereits fördert die ETH Zürich innovative Lernprojekte und Studienganginitiativen mit einem speziellen Instrument: «Innovedum». Über 100 solcher Projekte haben seit dem Jahr 2000 die strengen Anforderungen an die Lehrqualität erfüllt und sind als förderungswürdig befun­ den worden. Die aktuell besten Lehrideen wurden im November 2012 während zwei Wochen im ETH Zentrum wie auch auf dem Campus Hönggerberg ausgestellt. Darunter etwa die webbasierte Lehr- und Lernplattform «eQuilibrium», die am Institut für Tech­ nologie in der Architektur entwickelt worden ist. Zielsetzung war es, die Studierenden in den Entwurf von Tragwerken einzuführen. Der Einstieg in die interaktive Lernumgebung erfolgt über das Internet, die Vorlesungen sind als interaktive Präsentationen ver­ fügbar, weiterführende Informationen und Erklärungen lassen sich per Mausklick herunterladen, ebenso wie Module zum Selbststudium oder zu Entwurfsproblemen. Die Studierenden ler­ nen damit die Grundtechniken des Tragwerkentwurfs intuitiv. Auch andere Beispiele zeigen die Breite der Innovationen in der Lehre, die durch «Innovedum» gefördert wurden. Am Depar­ tement für Informatik wurden Lernmodule zur Programmierung mit Java entwickelt, die es den Studierenden erlauben, sich mit­ hilfe eines elektronischen Tutors selber erste Stufen des Program­ mierens beizubringen. Am Departement Mathematik wurden neue, interaktive Elemente gebaut, die eigenständiges Lernen und die Selbstevaluation ermöglichen – angesichts stark steigen­ der Studierendenzahlen ist dies ein Beitrag, der die weiterhin prioritäre individuelle Betreuung entlastet und ergänzt. Das per Anfang 2012 neu formierte Departement Umweltsystemwissen­ schaften präsentierte die webbasierte Visualisierungsplattform namens «Interactive Weather Analysis Laboratory», mit der Stu­ dierende die komplexe Struktur und Entwicklung von Wettersys­ temen explorativ untersuchen können. Es ist also ein richtiges Feuerwerk an Innovationen für die Lehre, welches die ETH Zürich gezündet hat und präsentiert. Individuelle Betreuung bleibt bestehen An diesen Beispielen wird auch die Strategie sichtbar, welche die ETH Zürich bei der Weiterentwicklung der Lehrinhalte und -methoden verfolgt: Sie wird von den Bedürfnissen der Dozie­ renden und Studierenden im Lehralltag abgeleitet. Technik und webbasierte Elemente spielen dabei eine wichtige, jedoch keine ausschliessliche Rolle. «Im Zentrum ist und bleibt der direkte Kontakt zwischen Studierenden und Dozierenden, bei dem auch die Begeisterung für ein Fachgebiet geweckt wird», sagt Hans Rudolf Heinimann, «und damit auch die individuelle Betreuung der Studierenden durch die Dozierenden.» Ein eigener, direkt dem Rektor angegliederter Stabsbereich «Lehrentwicklung und -technologie» (LET) bietet dem Lehr­ personal zudem einen ganzen Strauss von Hilfestellungen zu den Themen «Unterricht», «Prüfungen» oder auch «Curricu­ lumsentwicklungen». Neben dieser zentralen Unterstützung sind zusätzlich dezentral an einigen Departementen Lehrspe­ zialisten angestellt. «Mit diesem Netzwerk fliessen einerseits die fach­spezifischen Anforderungen direkt in unsere Entwick­ lungen ein», sagt Konrad Osterwalder, Leiter des LET, «und andererseits werden Dozierende unmittelbar an ihrem Depar­ tement unterstützt.»

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Beispiele aus den Institutionen

ETH Zürich

Empa

217 junge Frauen und Männer haben sich im Herbst 2012 neu für den im Vorjahr eingeführten Bachelorstudiengang «Gesundheits­ wissenschaften und Technologie» eingeschrieben. Damit liegt das neue Fach bereits auf Rang 3 der beliebtesten Studienrich­ tungen nach den beiden traditionellen Spitzenreitern Maschinen­ ingenieurwissenschaften und Architektur. Mit dem neuen ­Studiengang hat die ETH Zürich ein sehr erfolgreiches Ausbil­ dungsprogramm lanciert. Nachdem sich im ersten Jahr bereits 145 Studierende eingeschrieben haben, verzeichnet die Hoch­ schule nun einen markanten Zuwachs von 50 Prozent. Auffallend viele Frauen fühlen sich von dieser technisch orientierten Aus­ bildung angesprochen; sie machen knapp zwei Drittel der Stu­ dierenden aus. Der Studiengang «Gesundheitswissenschaften und Technologie» verbindet Disziplinen der biomedizinischen Grundlagenforschung mit klassischen Ingenieurwissenschaften, um medizinische Fragestellungen zu behandeln und die Trans­ lation in die klinische Anwendung zu fördern.

Wieso hüpft ein Golfball wieder aus dem Loch? Über «Frustrating Golf Balls» und ähnliche Probleme stritten sich physikbegeisterte Schülerinnen und Schüler am Swiss Young Physicists’ Tournament Ende März an der Empa-Akademie. Die Nachwuchsphysikerin­ nen  – knapp ein Drittel der Teilnehmenden sind Mädchen – und Nachwuchs­physiker, die ihre Lösung in den Augen einer Fachjury am überzeugendsten gegen kritische Fragen der gegnerischen Teams verteidigten, reisten im Sommer zum Physik-Worldcup nach Deutschland. Dort belegten sie den siebten Platz.

Gefragte Gesundheitswissenschaften

Nachwuchs in «Physics Fights»

PSI

Hercules-Schule für Nachwuchs

Nachwuchsphysiker am Swiss Young Physicists’ Tournament (Bild: Empa).

WSL

Ausbildung lokaler NaturgefahrenberaterInnen und -berater

Studierende in der Vorlesung «Kern- und Teilchenphysik» von PSI-Forscher Roland Horisberger an der ETH Zürich (Bild: PSI).

Die Hercules-Schule für Nachwuchsforschende richtet sich an Postdocs und Doktoranden europäischer Institutionen (herculesschool.eu). Jährlich werden 70 Teilnehmende darin ausgebildet, Neutronen- und Synchrotronstrahlung für ihre Experimente nut­ zen zu können. Sie kommen aus den Bereichen Biologie, Chemie, Physik, Materialwissenschaften, Erdwissenschaften und Indus­ trieanwendungen. Der einmonatige Kurs besteht aus Vorlesungen, die an verschiedenen europäischen Instituten stattfinden, sowie aus Praktika. Im Jahr 2012 fand der praktische Teil u.a. an den Anlagen des PSI statt. Die SLS stand den Teilnehmenden drei Tage lang exklusiv zur Verfügung.

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In den letzten Jahren haben Bund und Kantone die Vorhersagen von Naturereignissen verbessert und Warnsysteme entwickelt. Die Hochwasserereignisse 2005 und 2007 zeigten, dass sich der Schutz der Bevölkerung noch verbessern lässt. Dazu braucht es lokale Fachleute, die an kritischen Orten die aktuelle Lage ein­ schätzen und diese Informationen an die zuständigen Behörden weiterleiten. Deshalb bildet das Bundesamt für Umwelt (BAFU) neu lokale Naturgefahrenberaterinnen und -berater aus, die diese Aufgabe in den Gemeinden übernehmen. Die WSL ist in der Begleitgruppe dieses Projekts und berät das BAFU beim Aufbau der Ausbildung. Auch in der Durchführung engagiert sich die WSL: Zusammen mit BAFU-Fachleuten entwi­ ckelt sie ein Ausbildungsmodul zum Thema Hanginstabilitäten. Dort lernen die lokalen Naturgefahrenberaterinnen und -berater, welche Prozesse zu instabilen Hängen führen und wie sich kri­ tische Stellen erkennen lassen, um mit diesem Wissen die Füh­ rungsorgane einer Gemeinde bei Entscheidungen während eines Unwetters noch besser zu unterstützen.

Ziel 1 I Lehre

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Ziel 1 – Lehre

Arbeitsteilung zwischen Hochschulen und Forschungsanstalten

Nachwuchs für Wis­ senschaft und Pra­ xis: Studierende an der ETH Zürich (Bild: Gerry Amstutz/ETH Zürich).

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PSI, WSL, Empa und Eawag sind mehr als reine Forschungsanstalten. Sie leisten an den Schweizer Hochschulen auch einen wertvollen Beitrag an die Lehre, insbesondere bei der ETH Zürich und der EPFL. Dabei decken sie vor allem thematische Nischen ab, welche die Hochschulen selbst nicht bear­ beiten. Dies stellt eine für beide Seiten fruchtbare Zusammenarbeit dar, von der Studierende auf allen Stufen in hohem Masse profitieren.

Ausdruck für die enge Zusammenarbeit zwischen Forschungs­ anstalten und Hochschulen stellen neben gemeinsamen Profes­ suren gerade auch die zahlreichen Lehr– und Betreuungsstunden dar, die an den Forschungsanstalten für die Ausbildung von Nachwuchs aufgewendet werden. So profitieren die Studierenden vom direkten Bezug zu den Forschenden der international aner­ kannten Forschungsanstalten. «Die spezifische Funktion der ­Forschungsanstalten in der Lehre ist im ETH-Bereich erwünscht und anerkannt», sagt Rik Eggen, Eawag-Direktionsmitglied und Titularprofessor an der ETH Zürich. Die verschiedenen Forschungs­ anstalten nehmen bei zahlreichen Themen in der Lehre eine Schlüsselposition mit ganzheitlichem Fokus ein. Bei der Eawag ist dies beispielsweise das Thema Wasser, beim PSI sind es spezifi­ sche Themenkomplexe zum Thema Energie, bei der Empa etwa Material­forschung und innovative Technologien, bei der WSL Wald oder Schnee. Daraus resultiert ein komplementäres, praxisnahes Lehrangebot, das die Hochschulen bereichert. Dieses speist sich insbesondere auch aus zahlreichen Bera­ tungsdienstleistungen, welche die Forschungsanstalten für Dritte erbringen. «Die WSL beispielsweise ist stark in der Beratung kan­ tonaler oder eidgenössischer Behörden», sagt Rolf Holderegger, Mitglied des WSL-Direktoriums und Titularprofessor an der ETH Zürich, «dort geht es meist um praktische Probleme, in denen die WSL über eine Expertise verfügt, und dieses Praxiswissen fliesst wieder in die Lehre ein.» Die Expertise der WSL zum Beispiel zum Thema Wald ergänzt dann wiederum das Angebot komplementär für Studierende an Hochschulen. Enge Verzahnung zwischen Forschung und Lehre Beim PSI bringt Direktor Professor Joël Mesot diese Synergie prä­ zise auf den Punkt: «Für das PSI bieten gemeinsame Professuren die Möglichkeit, sich aktiver ins akademische System der Schweiz einzubringen. Durch die Beteiligung an der Lehre hat das PSI schon früh Zugang zu den besten Studierenden, die es gezielt för­ dern kann, indem es ihnen Bachelor-, Master- oder Doktorieren­ denpositionen sowie Postdoc-Stellen anbietet.» Für die Verknüp­ fung von Spitzenforschung und exzellenter Lehre setzt sich Joël Mesot ein, seit er das Direktorium am PSI im Jahr 2008 übernom­ men hat, und nicht zuletzt ist seine Person ein hervorragendes Beispiel für die Synergien zwischen Hochschulen und Forschungs­ anstalten. Als der Physiker das PSI übernahm, erhielt er auch eine Doppelprofessur an der ETH Zürich und der EPFL, damals ein Novum im ETH-Bereich, aber auch ein starkes Signal dafür, dass sich Forschung und Lehre auf Augenhöhe begegnen müssen. Forschungsanstalten garantieren starken Praxisbezug «Forschung und die Ausbildung des wissenschaftlichen Nach­ wuchses an unseren Grossforschungsanlagen sind Kernaufgaben am PSI», betont auch die PSI-Kommunikationsleiterin Dagmar Baroke. Ein weiterer Schwerpunkt ist das Engagement der

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PSI-Forschenden in der Lehre als Referentinnen, Privatdozenten oder Professorinnen. Letzteres oft in Form gemeinsamer Professu­ ren, z.B. mit der ETH Zürich oder der EPFL sowie den Universitäten Basel, Bern, Zürich, Genf oder verschiedenen Fachhochschulen. Die Kombination einer Leitungsfunktion am Forschungsinstitut mit einer Professur ermöglicht den Stelleninhabern den Zugang zu den besten Ressourcen: am PSI einzigartige Forschungsinfrastrukturen von Weltrang und an den Hochschulen engagierte, hochintelli­ gente junge Menschen. Bei der Besetzung einer solch attraktiven Stelle ist das PSI im Berufungskomitee vertreten und trägt einen Kostenanteil an der gemeinsamen Professur. Beitrag zum Forschungsplatz Schweiz Der Service, den die Forschungsanstalten dank dem engen Kon­ nex zwischen Wissenschaft und Lehre für den gesamten ETHBereich erbringen, reicht freilich noch weiter. «Die Empa arbeitet als Forschungsinstitut traditionell interdisziplinär», sagt Brigitte Buchmann, Mitglied der Empa-Direktion und Leiterin des Depar­ tements «Mobilität, Energie und Umwelt», «deshalb hat sie auch in der Lehre einiges zu bieten.» So ist die Empa beispielsweise bei einem Dutzend der 16 Departemente der ETH Zürich in der Lehre engagiert, vermittelt den Studierenden theoretische Grundlagen sowie Wissen aus der angewandten Forschung und Praxis. Beispiel Luftreinhaltung: Auf diesem Themengebiet ist die Empa seit 25 Jahren in der Lehre tätig und bestreitet dieses auch weitgehend an der ETH Zürich. Diese wiederum betreibt ein Ins­ titut für Atmosphäre und Klima. Eine solche komplementäre Arbeitsteilung ist nicht nur ökonomisch sinnvoll, sondern auch für die Studierenden ein grosser Vorteil. Die Mitarbeitenden der Empa erhalten durch ihre Lehrtätigkeit Zugang zu universitären Netzwerken und kommen in Kontakt mit Studenten auf Master­ stufe. Daraus ergeben sich oft Themen für Masterarbeiten. «An der Empa werden zudem rund 180 Doktorierende betreut», so Buchmann, «für diese agieren wir als Gutachter zusammen mit einer Professorin oder einem Professor von der ETH Zürich oder der EPFL.» Mitunter geht die Lehrtätigkeit der Forschungsanstalten weit über den ETH-Bereich hinaus. Forschende der Eawag beispiels­ weise unterrichten gegen 3000 Stunden pro Jahr an der ETH Zürich und der EPFL und tragen damit wesentlich zur Ausbildung in den Umweltsystemwissenschaften und den Umweltingenieurwissen­ schaften bei. Hinzu kommen rund 1000 Stunden an anderen Hochschulen – insbesondere an kantonalen Universitäten. Zudem betreuen Eawag-Forschende rund 160 Doktorierende und 150 Bachelor- und Masterstudierende. «Für viele Studierende bedeu­ tet dies einen wertvollen Einblick in den Alltag der angewandten Forschung», sagt Jukka Jokela, Mitglied des Eawag-Direktoriums und ETH-Zürich-Professor am Departement Umweltsystemwissen­ schaften, «und die Forschenden leisten dadurch einen wichtigen Beitrag zum Zusammenhalt des Forschungsplatzes Schweiz.»

Ziel 1 I Lehre

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Ziel 2 Forschung

Facts & Figures

Ziel 2, Leistungsauftrag 2008–2011/12 (vgl. Beilage): «Der ETH-Bereich verbessert seinen Platz an der Spitze der internationalen Forschung.» Berichterstattung 2012 der Institutionen mit Reportagen und Beispielen sowie Fazit des ETH-Rats.

ETH Zürich Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der ETH Zürich waren auch 2012 äusserst erfolgreich bei der Einwerbung kom­ petitiver Mittel für ihre Forschung. 12 Forschende der ETH Zürich erhielten einen ERC Advanced Grant und 8 einen ERC Starting Grant des Europäischen Forschungsrats (Erfolgsrate: 46 % bzw. 35 %). Von den insgesamt 10 von der ETH Zürich als Main Leading House eingereichten Vorschlägen für Nationale Forschungs­ schwerpunkte (NFS) für die Periode 2013-2016 wurden 5 mit der Höchstnote A bewertet. Hinzu kommen 4 weitere mit A bewer­ tete Projektvorschläge, an welchen die ETH Zürich als Co-Leading House beteiligt ist. Die hohe Qualität der Forschung an der ETH Zürich ist auch bei privaten Donatoren anerkannt. So konnte die ETH Zürich Foundation im Jahr 2012 Donationen in Höhe von rund 36 Mio. CHF für Forschungsprojekte in den Schwerpunktthemen der ETH Zürich, Energie, Medizinaltechnik, Welternährung und Risiko, sichern. Weiter konnte die ETH Zürich 4 neue Professuren in ihren Schwerpunktthemen mithilfe von Donationen besetzen und damit ihre Strategie beschleunigt umsetzen. Schliesslich spiegelt sich die ausgezeichnete Forschungs­ leistung der ETH Zürich auch in den wichtigsten internationalen Hochschulrankings und Auszeichnungen an ETH-Zürich-­ Forschenden wider. 2012 erhielt z.B. Niklas Beisert den «New Horizons in Physics Prize». Und sowohl im THE als auch im QS World University Ranking wurde die ETH Zürich als beste Univer­ sität ausserhalb des angelsächsischen Raums rangiert (THE: Rang 12, QS: Rang 13). EPFL Die Qualität der Forschung an der EPFL wird von den 16 European Research Grants (ERC), welche die EPFL 2012 einmal mehr erhal­ ten hat, voll und ganz bestätigt. Dazu gehören elf Junior Grants für Assistenzprofessoren, was die Attraktivität und das hohe Niveau der Assistenzprofessuren mit Tenure Track an der EPFL beweist. Im europäischen Hochschulranking nach Anzahl ERC Grants seit deren Einführung im Jahr 2007 bestätigt die EPFL ihren dritten Rang nach Oxford und Cambridge. Gekrönt wurde diese Qualität zudem durch die Ernennung von Melody Swartz zu einem Fellow der MacArthur-Stiftung, die Verleihung des Lat­ sis-Preises an Jacques Fellay, des Albert Einstein World Award of Science an Michael Grätzel, des Cloëtta-Preises an Olaf Blanke und der Sacharow-Goldmedaille der Russischen Akademie der Wissenschaften an Mikhail Schaposchnikow. Eine am For­ schungszentrum für Plasmaphysik in Zusammenarbeit mit USamerikanischen Labors entwickelte Technologie wurde vom «R&D Magazine» zu einer der 100 besten Technologien auf dem Gebiet der Kernfusion gekürt. Dieses Jahr erhielt die EPFL einen wichtigen europäischen Beitrag zur Finanzierung eines Exzellenzprogramms für Postdocs, die an der EPFL arbeiten möchten. Dieses EPFL-Fellows-Pro­ gramm wird in einer ersten Phase die Finanzierung von zwölf Postdoc-Stipendien pro Jahr ermöglichen. Im Hinblick auf eine Erhöhung der Anzahl solcher Stipendien wurde in Europa ein ergänzendes Finanzierungsgesuch eingereicht. PSI Durch eigene Forschung an den Grossanlagen wissen die PSIForschenden aus erster Hand um die Bedürfnisse der rund 2700 externen Nutzenden aus akademischer Forschung und Industrie.

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Ihre Kompetenz in der Nutzung und Weiterentwicklung der Anla­ gen sichert die im internationalen Vergleich hohe Attraktivität der Anlagen. Im elften Jahr nach Aufnahme des Betriebs hat die Synchrotronlichtquelle mit 18 Strahllinien ihren Vollausbau erreicht. Die total 40 Strahllinien an den Grossanlagen des PSI werden durch Upgrades weiter wettbewerbsfähig gehalten. Der Freie-Elektronen-Röntgenlaser SwissFEL wird der Forscher­ gemeinde ab 2016 komplementäre und weltweit begehrte Mög­ lichkeiten bieten. Mit den Forschungsergebnissen aus der Test­ anlage konnten die für die kompakte Bauweise notwendigen neuen Konzepte verifiziert werden, was im Berichtsjahr die auf­ wendigen Vorarbeiten abschliesst und den Bau ab 2013 ermög­ licht. Mit Messungen am weltweit einzigen im Routinebetrieb stehenden Freie-Elektronen-Röntgenlaser in den USA konnten sich PSI-Forschende durch die Publikation ihrer Resultate in ­Spitzenjournalen profilieren. Insgesamt veröffentlichten PSI-­ Forschende 2012 mehr als 1000 Publikationen auf den Gebieten Materie und Material, Mensch und Gesundheit sowie Energie und Umwelt, davon über 10 % in internationalen Spitzenjournalen. WSL Die WSL bearbeitet mit ihrer Forschung im Bereich der terrestri­ schen Ökosysteme und der Naturgefahren ein besonders breites Portfolio und ermöglicht als einzige Institution in der Schweiz in diesen Bereichen einen Brückenschlag zwischen Spitzenfor­ schung und Umsetzung. Sie untersucht u.a. die Auswirkungen des Klimawandels und der damit verbundenen Temperatur- und Niederschlagsveränderungen auf Waldökosysteme sowie die Verbreitung einzelner Baumarten. So ist anzunehmen, dass die an Kälte und mässig feuchte Böden angepassten Fichten durch Buchen und Eichen verdrängt werden, was einen Einfluss auf die Holzindustrie und damit auf das Einkommen der Wald­ eigentümer haben dürfte, falls keine wirksamen Massnahmen gegen die Verdrängung der Fichte gefunden werden. Bis 2100 rechnet man mit einem wirtschaftlichen Wertverlust von bis zu 50 %. Einen positiven Lichtblick im zu erwartenden Baumarten­ wechsel sieht die WSL darin, dass in voralpinen Gebieten die Buchen, im Vergleich zu den Fichten, mit den Wurzeln tiefere Bodenschichten erschliessen können. Abgestorbene Wurzeln hinterlassen Hohlräume, in denen der Boden vermehrt Wasser speichern kann, und je mehr Buchenwurzeln den Boden durch­ dringen und langfristig lockern, desto mehr Wasser nimmt der Boden auf. Ein solcher Wald verringert letztlich das Hochwasser­ risiko. Empa Im November begutachtete ein internationales «Peer Review»Team das Forschungsportfolio sowie den wissenschaftlichen Output der Empa. Ein erstes Fazit – der Bericht wurde im Früh­

Fazit des ETH-Rats Im Berichtsjahr haben sich sämtliche Institutionen des ETHBereichs mit ihren Forschungsleistungen erneut an der interna­ tionalen Spitze platziert. Bei den beiden ETH dokumentieren dies internationale Rankings, erfolgreiche Mittelakquisition im Wett­

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jahr 2013 dem ETH-Rat unterbreitet – hielt fest, dass sich die Empa seit der letzten Evaluation 2008 beeindruckend entwickelt habe und einen erstklassigen Ruf geniesse, der es ihr ermögli­ che, herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu rekrutieren. Wie etwa Maksym Kovalenko, der im August für seine Forschung an Nanokristallen in Festkörpern einen der renommierten «Starting Grants» des Europäischen Forschungs­ rats (ERC) erhielt. Der mit 30 Jahren jüngste ERC-Preisträger, der auch Professor an der ETH Zürich ist, wird über die nächsten fünf Jahre mit rund 1,8 Mio. CHF gefördert. Ein gleichermassen erfreuliches Ergebnis erbrachte eine bibliometrische Analyse der Universität Leiden (NL) zum wissenschaftlichen Output der Empa; Sie erreicht darin, bei den wichtigsten Indikatoren, Werte, die mit den Universitäten um Rang 20 des Leiden Ran­ king vergleichbar sind. Beispiele für herausragende Forschungs­ ergebnisse sind etwa die Entwicklung des weltweit ersten «3D-NanoChemiscope», einer Kombination eines FlugzeitSekundärionenmassenspektrometers und eines Rasterkraftmik­ roskops zur chemischen, physikalischen und topografischen Analyse von Festkörperoberflächen, oder von CLEVER, dem ersten handgeschalteten Erdgas-Vollhyprid der Welt, der bis zu 45 % weniger CO2 ausstösst als herkömmliche Verbrennungsmotoren. Eawag In der Eawag verbinden sich grundlagen- und anwendungsori­ entierte Forschung zu lösungsorientierter Forschung. Wichtige Forschungsthemen waren 2012 daher aktuelle praktische Pro­ bleme im Bereich Wasser. Zusammen mit der Universität Bern konnten Eawag-Forschende zum Beispiel zeigen, welche Aus­ wirkungen die Seendüngung in der Schweiz auf die Arten­ bildung hat. Praktische Themen wurden auch an einem von der Eawag organisierten Workshop über invasive Arten im Wasser diskutiert. Die Forschenden suchten hier den Kontakt zu Exper­ tinnen und Experten von Behörden und aus der Praxis, um über Massnahmen gegen invasive Arten in Gewässern zu diskutieren. 2012 wurde auch das interdisziplinäre Projekt zum Umgang mit natürlichen Verunreinigungen von Trinkwasser in Entwick­ lungsländern WRQ (Water Resource Quality) abgeschlossen. Das Ergebnis sind Online-Geodaten, die helfen, die Verunreinigun­ gen zu finden und das Risiko der Verseuchung zu senken. Mit dem Start des Projekts «EcoImpact» hat die Eawag ihre interne Zusammenarbeit zum Thema Schadstoffauswirkungen von der Zelle bis zum Ökosystem verstärkt. An diesem mehr­ phasigen Projekt, das im Kontext der Aufrüstung der Schweizer Abwasserreinigungsanlagen steht und die Zusammenhänge mit den Zuständen aquatischer Ökosysteme untersucht, sind fast alle Forschungsabteilungen der Eawag beteiligt.

bewerb sowie internationale Preise. Die vier Forschungsanstalten verfügen dank ihrer spezifischen Ausrichtung über eine weltweit einzigartige Positionierung. Sie ermöglichen dadurch den erfolg­ reichen Transfer von der internationalen Spitzenforschung in die Praxis der Schweizer Wirtschaft und Verwaltung.

Ziel 2 I Forschung

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Ziel 2 Forschung

Forschung für die Energiewende

Bundesrat und Parlament haben den langfristigen Ausstieg aus der Kern­ energie beschlossen. Die Energie­ strategie 2050 des Bundesrats sieht einen massiven Ausbau erneuerbarer Energieträger vor. Ein Aktionsplan umfasst sieben Felder, in denen Forschung und Lehre mit zusätzli­ chen Mitteln gefördert werden sol­ len. Dabei kommt den Institutionen des ETH-Bereichs eine zentrale Rolle zu. Ihre traditionell starke Energie­ forschung soll Innovationsimpulse liefern, damit im politisch vorgege­ benen knappen Zeitrahmen die zu erwartende Stromlücke zu überbrü­ cken und eine nachhaltige Energie­ wende zu schaffen ist.

Auch die Wasserkraft steht im Zentrum, um eine nach­ haltige Energiewende zu ermöglichen (Bild: Alpiq).

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Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


Seit Jahren verfolgt der ETH-Bereich vielfältige Aktivitäten in der Grundlagen- und der anwendungsorientierten Energieforschung. Seit Bundesrat und Parlament den schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen haben, müssen diese Anstrengun­gen weiter verstärkt werden. Im Herbst 2012 legte der Bundesrat deshalb einen « Aktionsplan Koordinierte Energieforschung Schweiz  – Massnahmen in den Jahren 2013–2016» dem Parlament zur Beratung vor. Dieser sieht vor, sieben Aktionsfelder zum Thema Energie in Forschung und Lehre prioritär zu bearbeiten. Es geht erstens um das Potenzial der Energieeffizienz, etwa im Gebäude­ bereich oder bei industriellen Prozessen. Es sind zweitens die Netze zur Übertragung und Verteilung von Energie, wo Know-how im Management elektrischer Netze aufgebaut werden muss, um grosse Strommengen aus erneuerbaren und dezentralen Quellen integrieren zu können. Drittens verlangen Technologien zur Spei­ cherung von Energie eine starke Förderung, da Strom- und Wär­ mespeicherung bei der Umsetzung der neuen Energiepolitik eine zentrale Rolle spielen werden. Dies gilt, viertens, für die Strom­ produktion, bei der Geothermie, Photovoltaik und Wasserkraft im Zentrum stehen. Eine Energiewende ist nur dann möglich, wenn fünftens auch sozio-ökonomische und rechtliche Aspekte sowie Verhaltensänderungen berücksichtigt werden. Zwei weitere Ak­tionsfelder betreffen die Mobilität sowie die Biomasse. Der ETH-Rat gründete bereits 2006 das Kompetenzzentrum für Energie und Mobilität (CCEM). Das CCEM unter Führung des PSI initiierte und förderte in den letzten Jahren erfolgreich 50 kom­ plexe interdisziplinäre Projekte unter Beteiligung der Institutio­ nen des ETH-Bereichs, der Fachhochschulen und der Universitä­ ten wie auch der Industrie. Zusammen mit den Aktivitäten von Novatlantis, welche inzwischen in die Aktivitäten des CCEM inte­ griert wurden, wird auch der Wissens- und Technologietransfer zu den Kantonen und Gemeinden sichergestellt. Die Institutionen des ETH-Bereichs betreiben in all diesen Aktionsfeldern Grundlagen- wie auch angewandte Forschung. «Wir sind in der Breite der Energieforschung seit Jahrzehnten ausgezeichnet positioniert», sagt etwa Marco Mazzotti, Professor am Institut für Verfahrenstechnik und Chairman des Energy Science Centers (ESC) an der ETH Zürich, «angesichts der Komplexi­ tät der anstehenden Fragestellungen werden aber auch neue Forschungsschwerpunkte aufgegriffen, die über den Aktionsplan des Bundesrats hinausgehen.» Das ESC nimmt dabei eine zentrale Rolle in der multidisziplinären Forschung und Lehre ein. Zurzeit forschen über rund 100 Professorinnen und Professoren der ETH Zürich aus 12 der 16 Departemente in energierelevanten Berei­ chen. Seit 2010 sind an der ETH Zürich zur Energieforschung 18 neue Professuren geschaffen worden. «Allein 2011 wurden an der ETH Zürich inklusive indirekter Kosten rund 76,5 Mio. CHF in die Energieforschung investiert», sagt Roland Siegwart, Vizepräsi­ dent Forschung und Wirtschaftsbeziehungen der ETH Zürich, «dabei verzeichnen wir auch vermehrt Donationen von Privaten.»

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Ziel 2 I Forschung

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Neues Energieleitbild für beide ETH Das Wissen aus der Forschung wird auch erfolgreich in die Lehre integriert. Seit fünf Jahren existiert ein Masterstudiengang in «Energy Science and Technology» mit jährlich rund 30 Absolven­ tinnen und Absolventen. Zudem sind praktische Lösungsansätze gefragt in Form von Leuchtturmprojekten, die neue Wege in der Energiedebatte aufzeigen. Ein solches Projekt wird an der ETH Zürich auf dem Campus Hönggerberg realisiert. Die neue Energie­ versorgung des Campus soll dabei mittels dynamischer Erdspei­ cher (sogenanntes Anergienetz) weitgehend CO2-neutral erfolgen. Die Schulleitung der ETH Zürich hat zudem im Herbst 2012 ein neues Energieleitbild verabschiedet, welches die ETH Zürich selbst in Forschung, Lehre und Infrastruktur zur effizienten Nutzung von Energie verpflichtet. An der EPFL wird derzeit gemeinsam mit den Städten La Chaux-de-Fonds, Lausanne, Martigny und Neuenburg eine Soft­ ware entwickelt, die eine bessere Steuerung der Energieversor­ gung und -nachfrage zulässt. Darüber hinaus wurden auch dort Lehre und Forschung etwa in der «Faculté Environnement Naturel, Architectural et Construit» (ENAC) stärker auf die Energieforschung fokussiert. So wurde mit Unterstützung der Industrie ein Zentrum für Energiespeicherung und erneuerbare Energien gegründet sowie die neue Professur «Distributed Electrical Systems» geschaf­ fen. Im Programm «EcoCloud» haben sich zudem ein Dutzend EPFL-Institute vereinigt, um mit ihrer Expertise den Energiebedarf von Informatikanlagen zumindest nicht weiter anwachsen zu las­ sen. In Sitten im Wallis, wird die EPFL den Campus «EPFL Valais Wallis» errichten. Dabei kommen vier Professuren von der EPFL, sieben werden vom Kanton Wallis finanziert. 90 % der geplanten Aktivitäten sind Energiefragen gewidmet mit Schwergewicht Was­ serkraft, Biomasse oder CO2-Kompensation (vgl. S. 82). Das grösste Zentrum zur koordinierten Energieforschung befin­ det sich am PSI im aargauischen Villigen. «Das PSI ist der einzige Standort in der Schweiz, wo in der ganzen Breite an Energieträ­ gern geforscht wird: von der Solar- bis hin zur Kernenergie», sagt Philipp Dietrich, ehemaliger Geschäftsführer des CCEM. «ETHbereichsübergreifend werden hier zwei zentrale Technologien erforscht: die Steigerung der Energieeffizienz sowie die Reduktion von Treibhausgasemissionen.» Im Rahmen des Ak­tionsplans «Energieforschung» erforscht das PSI etwa die Umwandlung von Biomasse (Holz, Gülle oder Klärschlamm) in Strom, Wärme sowie synthetisches Erdgas. «Die Vorteile der Energie­gewinnung aus Holz liegen auf der Hand», so Dietrich, «sie ist CO2-neutral, weil nach­ wachsendes Holz das entstehende CO2 bindet.» Im Rahmen eines Pilotprojekts wird Biomasse als speicher- und transportierfähige Primärenergie untersucht, um Elektrizität und den ebenfalls spei­ cherfähigen Energieträger Methan als Treibstoff herzustellen. Inzwischen existiert das Projekt Forschungs- und Entwicklungs­ plattform «X-PDU» («Holzgas Process Development Unit»), welches die Marktwirtschaftlichkeit von Holzenergieanlagen weiter erhö­ hen soll. «Die ‹X-PDU› soll nachweisen, dass der kommerzielle Betrieb einer effizienten Technologie zur Strom- und Wärmeer­ zeugung aus Holz in dieser Leistungsklasse möglich ist», sagt Dietrich. Die Inbetriebnahme der Pilotanlage auf dem Areal des PSI ist für das Jahr 2014 vorgesehen. Modulares Gebäudelabor bei der Empa «Der Zeitplan für die Energiewende verlangt nach raschen, pra­ xisrelevanten Resultaten», sagt Empa-Direktor Gian-Luca Bona. «Um wissenschaftliche Erkenntnisse in ihrer praktischen Anwen­

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Ziel 2 I Forschung

dung zu testen und in innovative, marktfähige Lösungen umzu­ setzen, werden entsprechende Forschungs- und Technologie­ transferplattformen benötigt.» An der Empa werden zurzeit zwei derartige Technologieplattformen für die Sektoren Mobilität und Gebäude aufgebaut, in denen nahezu drei Viertel des Schweizer Energieverbrauchs anfallen. Zum einen ist dies der sogenannte «Future Mobility»-Demonstrator, mit dem sich neuartige, nach­ haltige Treibstoffe wie Wasserstoff, Synfuel (synthetisches Erdgas bzw. Benzin) und Hythan (Mischung aus Erd-/Biogas und Was­ serstoff) herstellen und im praktischen Fahrbetrieb testen lassen. Diese Energieträger – durch Photovoltaik, aus Windkraft und Überschussstrom gewonnen – sind einfacher zu speichern und zu handhaben und lassen sich in einem lokalen Netz für ver­ schiedene Fahrzeugtypen in optimierten Antriebskonzepten nut­ zen. Dabei können Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Technologien unter realen Bedingungen verglichen und weiter­ entwickelt werden. Zum anderen ist es das weltweit einzigartige modulare Gebäudelabor «NEST», das sich als Gemeinschaftsinitiative von Empa, Eawag, ETH Zürich und EPFL in Planung befindet. Rückgrat von «NEST» ist ein Stahlbetonkern mit einem zentralen Treppen­ haus, an dessen Aussenseiten die experimentellen Module ­eingehängt werden. Die Baueingabe für dieses Herzstück der Plattform ist im August 2012 erfolgt. Ziel ist es, verschiedene Kon­ zepte bezüglich ihrer technischen Performance miteinander zu vergleichen und gleichzeitig Vor- und Nachteile aus Sicht der Bewohnerinnen und Bewohner zu analysieren. So lassen sich die besten Anwendungen herausfiltern. Angestrebt wird eine gemischte Nutzung mit Grossraumbüros, Besprechungsräumen und Wohnungen. Erneuerbare Energie versus Landschaftsschutz Jede Energieproduktion hat auch Auswirkungen auf die Umwelt und deren Ökosysteme. In der Schweiz ist dies insbesondere auch durch die intensive Nutzung der Wasserkraft der Fall. «Die Eawag konzentriert ihre Forschung deshalb auf Methoden des integrierten Wassermanagements, auf die Wirkung der Umwelt­ veränderungen auf die aquatischen Ökosysteme sowie auf die Erarbeitung neuer Methoden für die Abwasserreinigung und die Nährstoffrückgewinnung», sagt Alfred Wüest, der bis Mitte 2012 die Abteilung Oberflächengewässer an der Eawag leitete. Dazu gehören insbesondere auch Beratungen zur Nutzung der Wasser­ kraft und Wärmeenergie aus Gewässern, etwa bei Fragen des Schwalls und Sunks (hohe bzw. niedrige Wasserführung). Der forcierte Ausbau von erneuerbaren Energieträgern erhöht auch den Raum potenzieller Konflikte in Wirtschaft und Gesell­ schaft. «Die Erzeugung von Wind- und Wasserkraft, Solarenergie, Geothermie oder Biomasse hat immer auch Auswirkungen auf konkurrierende Landschaftsleistungen wie die landwirtschaft­ liche Produktion oder den Tourismus, auf die Erhaltung der ­Bio­diversität und das Landschaftsbild», sagt Anna Hersperger, Gruppenleiterin Landschaftsökologie an der WSL. Aus diesem Grund erarbeitet die WSL zusammen mit anderen Stellen des Bundes und der Privatwirtschaft eine nationale Karte, die zeigt, wo Konflikte zwischen landschaftlichen Leistungen und der ­Produktion erneuerbarer Energien, zum Beispiel Windkraft und Photovol­taikanlagen, entstehen können. «Bis im Herbst 2013 soll diese Karte erstellt sein», sagt Felix Kienast, Leiter des Zentrums Landschaft an der WSL und Titularprofessor für Landschaftsökolo­ gie an ­­ der ETH Zürich.

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Beispiele aus den Institutionen

PSI/ETH Zürich

Durchbruch am CERN Anfang Juli war es so weit: Ein internationales Forscherkonsortium am Europäischen Kernforschungszentrum CERN in Genf gab bekannt, ein neues Teilchen entdeckt zu haben. Ob es das lange gesuchte Higgs-Teilchen ist, das vom Standardmodell der Teil­ chenphysik vorausgesagt wurde, aber bisher noch nicht nach­ gewiesen werden konnte, werden weitere Messungen klären. Die Entdeckung am CERN ist ein wichtiger Erfolg für die Grund­ lagenforschung, trägt sie doch zur Antwort auf die uralte Frage nach den Grundbausteinen der Welt bei. Nur dank der beispiel­ losen internationalen Zusammenarbeit von rund 4000 Forschen­ den und Ingenieuren aus 41 Ländern konnte der hochkomplexe Teilchenbeschleuniger gebaut werden, mit dem diese aufwendi­ gen Experimente erst möglich wurden. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des PSI, der ETH Zürich und der Universität Zürich leisteten dabei einen wichtigen Beitrag: Sie haben seit den 1990erJahren wesentliche Teile der leistungsfähigen Detektoren entwickelt und gebaut, mit denen das neue Teilchen nun nachgewiesen wurde. Nun beteiligen sie sich massgeblich an der Auswertung der Messdaten.

EPFL

Ultraschalldiagnostik für sanierungsbedürftige Brücken Eine neue bildgebende Technik ermöglicht die Abklärung des Gesundheitszustands von Betonbrücken mit rostgefährdeter Armierung. Die Methode gleicht einer Ultraschalluntersuchung und ist schnell, einfach und genau. Der für die Forschungsarbeit verantwortliche Professor Eugen Brühwiler hat an einem Appen­ zeller Kunstbau vielversprechende Versuche durchgeführt. Dank dieser Weltpremiere können beim Unterhalt des Strassennetzes Geld und Zeit gespart werden. Gemeinsam mit dem Bundesamt für Strassen ist die Durchführung weiterer Tests geplant.

Empa

Forschung für saubere Luft Dieselmotoren werden uns in Lastwagen, Baumaschinen und Nutzfahrzeugen noch einige Zeit begleiten. Um Dieselabgase effi­ zient zu reinigen, entwickeln die Forschenden im Empa-Moto­ renlabor regelrechte Mini-Chemiefabriken für den Motorenraum und optimieren die Edelmetallbeschichtung im Diesel-Kat. Und

Untersuchungen im Empa-Windkanal: Erkenntnisse könnten zu wirk­ sameren Russ- bzw. Partikelfiltern führen (Bild: Empa).

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am anderen Ende des Empa-Campus untersuchen Kolleginnen und Kollegen in einem speziellen Windkanal, wie sich Nanopar­ tikel in Luft verhalten und wie sie sich effizienter aus Abgasen und der Umgebungsluft filtern lassen.

Eawag

Keine Düngung von Seen für grössere Fische

Der Brienzersee bietet Lebensraum für seltene Felchenarten (Bild: Eawag).

Anfang 2012 hat der Fischereiverband eine Reduktion oder sogar die Einstellung der Phosphorelimination in den Kläranlagen des Kantons Bern gefordert, damit dem Brienzersee wieder mehr Phos­ phor zugeführt und so das Fischwachstum wieder angeregt würde. Die Eawag-Expertinnen und -Experten rieten davon ab, weil das aktive oder passive Düngen eines Sees diesen zu einer Fischzucht degradieren und das bewährte Vorsorgeprinzip in Frage stellen würde. National- und Ständerat haben sich auf diese Empfehlung gestützt und gegen den Wunsch der Fischer entschieden. Faktenblatt zum Thema: www.eawag.ch/medien/publ/fb/doc/fs_phosphor_brienzersee.pdf

WSL

Wald: Klimawandel führt zu Wertverlusten Aufgrund des heisseren und trockeneren Klimas wird sich die Waldzusammensetzung in Europa in Zukunft stark verändern. Gemäss der ersten europaweiten Studie zu den wirtschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald, die ein interna­ tionales Team unter der Leitung von Professor Dr. Marc Hanewin­ kel (WSL) in der Zeitschrift «Nature Climate Change» veröffentlichte, wird sich die Fichte nach Nordeuropa und in die Bergregionen zurückziehen. Der ökonomische Wert der Waldfläche Europas dürfte sich bis ins Jahr 2100 klimabedingt um 14 bis 50 Prozent vermindern. In drei analysierten Klimaszenarien variieren die Einbussen zwischen 60 und 680 Mrd. Euro. An Trockenheit angepasste Eichenarten werden vom Klimawandel profitieren und Richtung Norden vor­ stossen. Der Baumartenwechsel dürfte die von der Fichte abhän­ gige Holzindustrie in Mitteleuropa stark beeinträchtigen. Ohne wirksame Massnahmen gegen die Verdrängung der Fichte müs­ sen Waldeigentümer mit Einkommenseinbussen rechnen. In den eher mediterranen Waldtypen wird die CO2-Senkenwirkung des Waldes abnehmen.

Ziel 2 I Forschung

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Ziel 2 – Forschung

Schutz und Sicherheit von Daten

Erforscht, was an Sicherheit technisch möglich ist: Prof. David Basin, Leiter des Instituts für Informationssicher­ heit an der ETH Zürich.

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Für den Bundesrat sind der Schutz vor Cyber-Risiken und der Schutz der kritischen Infrastrukturen vor Cyber-Kriminalität von höchster strategischer Bedeutung. Die ETH Zürich ist auf dem Gebiet der Infor­ mationssicherheit seit Jahren in der Grundlagenforschung wie auch in der angewandten Forschung aktiv. Besonders wertvoll ist die etablierte Zusammenarbeit mit industriellen Partnern. Dadurch fin­ den Erkenntnisse der Wissenschaft schnell den Weg in die unternehmerische Praxis, und dies führt auch dazu, dass die von der ETH Zürich Abgehenden in diesem Bereich hervorragend ausgebildet sind.

Die strategischen Ziele, die der Bundesrat Mitte 2012 in seiner «Nationalen Strategie zum Schutz der Schweiz vor Cyber-Risiken» verabschiedet hat, sind unmissverständlich. Es geht um die «frühzeitige Erkennung der Bedrohungen und Gefahren im CyberBereich, die Erhöhung der Widerstandsfähigkeit von kritischen Infrastrukturen» sowie die «wirksame Reduktion von CyberRisiken, insbesondere Cyber-Kriminalität, Cyber-Spionage und Cyber-Sabotage». Eine zentrale Rolle kommt in diesem Zusammenhang dem «Zurich Information Security and Privacy Center» (ZISC) der ETH Zürich zu. Dieses wurde bereits im Jahre 2003 zusammen mit Unternehmen aus der Privatwirtschaft gegründet. Heute sind Credit Suisse, Google, der Sicherheitstechnologie-Anbieter Kaba und die Bundesbehörde armasuisse Partner des ZISC. Gemeinsame For­ schungsprojekte laufen zum Beispiel in den Bereichen Kryptogra­ phie, Entwurfsmethodik oder Netzwerk- und Systemsicherheit. «Die Motivation für diese Zusammenarbeit kam ursprünglich aus der Industrie», sagt Professor David Basin, Leiter des Instituts für Informationssicherheit an der ETH Zürich, «dadurch kann das ZISC in der Sicherheitsforschung eine weltweit wohl einmalige duale Position einnehmen.» In der Wissenschaft geht es um Grundlagen­ forschung, welche nach dem Prinzip vorgeht, was an Sicherheit technisch möglich ist und was nicht. Bei der Anwendung kommen dann Engineering-Aspekte wie Effizienz, Kosten, Bedienbarkeit und Wartbarkeit von Sicherheitssystemen in den Fokus. «Diese Rückkopplung zwischen Theorie und Praxis ist für beide Seiten äusserst wertvoll», sagt David Basin, «denn sie ist, neben der Zusammenarbeit mit Projektpartnern, eine der Voraussetzungen dafür, dass Kräfte gebündelt und damit verstärkt werden können, wie das ja auch von der Politik gefordert wird.» Gemeinsame Forschungsprojekte mit der Industrie Beim laufenden Projekt zum Thema «Monitoring und Überwachung bei der Nutzung von Daten» war einer der ETH-Doktoranden wäh­ rend zwei Monaten beim ZISC-Partnerunternehmen Google vor Ort tätig; bei einem anderen, ebenfalls noch nicht abgeschlossenen Projekt über spezifische Gefahren bei der gemeinsamen Nutzung von Dateiservern ist ein Exponent von armasuisse involviert. Etliche Projekte haben aber auch eine direkte Verbindung zu Alltäglichem. Eines davon ist das im Herbst 2011 im damals neu gegründeten Ins­ titut für Informationssicherheit des ZISC lancierte Projekt «Data Deletion». Hier geht es um die Frage, ob und wie Daten im Smart­ phone oder auch in der Cloud sicher gelöscht werden können. Die Forscher stiessen dabei nicht nur auf erhebliche Sicherheitslücken, sondern suchten auch nach Mitteln und Wegen, diese zu schlies­ sen. Standard-Deletion-Vorgänge, die heute standardmässig in Smartphones eingebaut sind, bieten keinen wirklichen Schutz. Auf der Basis von Androidgeräten entwickelten die Forschenden der ETH Zürich deshalb eine Applikation, welche die vollständige Über­ schreibung von Daten im Speicher des Smartphones wie auch auf

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externen Speichermedien sicherstellt. Diese Applikation steht den Nutzern nun kostenlos zur Verfügung. Aus vielen IT-Anwendungen nicht mehr wegzudenken ist heute die Kryptographie – überall dort nämlich, wo Akteure zuverlässig identifiziert und Daten sicher übermittelt werden müssen. Es ­handelt sich um eine komplexe Problematik: Der Datenaustausch zwischen Computern, die in einem Rechnernetz miteinander ver­ bunden sind, erfolgt über sogenannte Protokolle. Diese werden immer komplexer programmiert, um immer höhere Sicherheits­ anforderungen zu erfüllen. Dies ist jedoch ein zweischneidiges Schwert: Mit zunehmender Komplexität steigen auch die möglichen Fehlerquellen, und dies produziert neue Sicherheitslücken. Ein Weg, dies zu verhindern, kann in der Komplexitätsreduktion der Proto­ kolle liegen. Die Forschenden der ETH Zürich arbeiten deshalb an modularen Lösungen zum Datenaustausch. «Die Kryptographie sollte zu einer konstruktiven Disziplin werden wie viele Ingenieur­ disziplinen, etwa der Automobilbau oder die Softwarekonstruk­ tion», sagt Ueli Maurer, Professor am Departement Informatik und Leiter der Forschungsgruppe für Informationssicherheit und Krypto­ logie. «Damit hoffen wir, in dieser Frage in der Kryptographie einen fundamentalen Paradigmenwechsel einleiten zu können.» Industrie unterstützt neue Professur Für die industriellen Partner, die das ZISC finanziell unterstützen, ergeben sich durch diese Zusammenarbeit fruchtbare Verbindun­ gen. Beide Seiten profitieren vom Wissensaustausch und erhalten Einblicke in die Forschungsarbeit und in die Praxis. Mitunter initi­ ieren die Partner auch wissenschaftliche Projekte. Der Telekommu­ nikationskonzern Swisscom, obwohl kein ZISC-Partner, unterstützte zudem die Errichtung einer neuen Professur für Informations­ sicherheit durch eine Anschubfinanzierung. Ein Darlehen von 10  Mio. CHF an die ETH Zürich Foundation wandelte die Telekom­ munikations-Anbieterin in eine Schenkung um. Über eine Direkt­ berufung konnte die ETH Zürich dadurch im Herbst 2012 mit Profes­ sor Adrian Perrig einen der weltweit führenden Wissenschaftler im Bereich Systemsicherheit holen – einen ehemaligen EPFL-Informa­ tikstudenten, der an der Carnegie Mellon University doktorierte und dort seit 2002 neben einer Professur auch das CyLab leitete, eines der weltweit grössten Forschungszentren für Informationsund Computersicherheit. So erhöht sich die Zahl der Professoren im Bereich Informa­ tionssicherheit am Departement Informatik der ETH Zürich auf vier. «Mit den vier Professoren, den weiteren Mitarbeitenden und der Qualität der Arbeit», sagt David Basin, «etabliert sich Zürich als führendes Zentrum in der Informationssicherheit.» Das zeigt sich auch daran, dass die ETH Zürich in diesem Vertiefungsfach mittler­ weile über 15 Lehrveranstaltungen anbietet. Die Absolvierenden sind Spezialisten, welche die privatwirtschaftlichen ZISC-Partner, die Industrie allgemein und auch die öffentliche Hand suchen.

Ziel 2 I Forschung

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Ziel 2 – Forschung

Das Gehirn wird entschlüsselt

Prof. Olaf Blanke mit dem UltrahighField-(/T)-MRIScanner am CIBM (Centre d’Imagerie BioMédicale) der EPFL.

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Zügig wird die Region Genfersee zu einem Hotspot für Neurowissenschaften ausgebaut, die bereits heute teils spektakuläre Forschungsergebnisse vorzuweisen haben. Das International Center for Neuroprosthetics (CNP) der EPFL etwa forscht an neuartigen Lösungen, damit neurologische Patienten verlorene Bewegungs- und Kognitionsfunktionen wiedererlangen können. Im Blue Brain Project wird das Verständnis der Funktionsweise des Gehirns mittels Computersimulation vorangetrieben, und zwischen Genf und Lausanne wächst «Neuropolis» zusammen – ein weltweit einmaliger Cluster der Neurowissenschaften. Die Bilder, die an diesem 24. April 2012 zur besten Sendezeit in der «Tagesschau» des Schweizer Fernsehens ausgestrahlt wur­ den, boten spektakuläre Wissenschaft: Ein Roboter bewegte sich scheinbar ohne menschliche Steuerung und schlängelte sich in einem Sitzungszimmer der EPFL um Menschen, Möbelstücke und Topfpflanzen. Er tat dies mit höchster Präzision und ohne Kolli­ sion. Gesteuert wurde er von einem Tetraplegiker namens MarcAndré Duc, der sich zur gleichen Zeit in seinem Krankenzimmer im Spital in Sitten befand. Wie ist das möglich? Der Mann steuert den Roboter allein mit der Kraft seiner Gedanken. Dabei wird eine bestimmte Region seines Gehirns aktiviert. Elektroden messen seine Hirnströme und übermitteln deren Aktivität an einen Computer. Dieser wiederum wandelt die Ströme in technische Steuerungssignale um. So kann der ­Tetraplegiker den Roboter in Bewegung setzen. Diese soge­ nannten Neuroprothesen haben Forschende um Professor José del R. ­Millán an der EPFL entwickelt. Es ist einer der jüngsten wis­ senschaftlichen Erfolge am Center for Neuroprosthetics (CNP) der EPFL. Das Beispiel zeigt, dass in Lausanne, Genf und Sitten die Neuro- und Ingenieurwissenschaften sowie die Medizin immer stärker ­verschmelzen. Die Forschenden haben bereits Prototypen ent­wickelt, mit denen neurologische Patienten allein mit ihren Gedanken den Rollstuhl steuern können, auf dem sie sitzen, oder auch Arm- oder Beinprothesen bewegen können. «Durch intelli­ gente Computer werden einige der verlorenen Funktionen, die im Rahmen eines Hirninfarkts oder einer Querschnittslähmung auftreten, überwunden, und die Signale werden direkt an den Rollstuhl gesandt», sagt Olaf Blanke, Direktor am Center for Neuro­prosthetics der EPFL, «und dieser wird so zu einem Teil des Körpers, gewissermassen zu einem Muskel.» Körperwahrnehmung und -bewusstsein werden erforscht Dies ist nur ein Gebiet, das am CNP intensiv erforscht wird. Das Zentrum für Neuroprothesen war 2009 mit privater Unterstützung aus Stiftungen von lokal ansässigen Unternehmern wie Ernesto Bertarelli und Logitech-Gründer Daniel Borel gegründet worden. Professor Olaf Blanke erforscht die Hirnmechanismen neurolo­ gisch und experimentell gestörter Eigenkörperwahrnehmungen, die unser Wissen über das körperliche Bewusstsein des Menschen erweitern sollen. Dahinter verbirgt sich mehr als lediglich die wissenschaftliche Neugier zu erfahren, wie das körperliche IchBewusstsein erzeugt wird. «Die Handhabung von Prothesen ­beispielsweise könnte wesentlich erleichtert werden, wenn der Träger einer solchen diese nicht als Fremdkörper, sondern als Teil seines Körpers betrachten würde», sagt Olaf Blanke. Weitere revolutionäre Forschungsansätze zu den Themen Querschnittslähmung (Professor Grégoire Courtine), bionischer Arm (Professor Silvestro Micera) und künstliche Haut (Professorin Stéphanie Lacour) machen das CNP einmalig auf der Welt: Die Zusammenführung von Neuro- mit Ingenieurwissenschaften wie

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Robotik, Mikrotechnik, Signalverarbeitung oder Informatik erlaubt es, eine Schnittstelle zu schaffen zwischen Grundlagen­ forschung, klinischen Anwendungen und industrieller Nutzung. Durch diese Verbindung können Neuroprothesen entwickelt wer­ den, die Patienten in die Lage versetzen, nicht vorhandene oder durch Krankheit oder Unfall verlorene Fähigkeiten wiederzuer­ langen, und zwar unabhängig vom geschädigten oder funktions­ untüchtigen Organ. Nicht das Organ wird repariert wie bei vielen Ansätzen aus der Medizin, sondern über genaueste Messungen und Stimulationen des Gehirns wird die Verletzung wie ein Bypass umgangen, ersetzt und robotisch gestärkt. «Neuropolis» liegt am Lac Léman Angesichts der bereits vorhandenen wissenschaftlichen Kapazi­ täten vor Ort kündigte die EPFL zusammen mit der Universität und dem Universitätsspital Genf sowie den Kantonen Genf und Wallis Mitte des Jahres 2012 den nächsten Ausbauschritt in den Neurowissenschaften an. In der Genferseeregion wird «Neuro­ polis» entstehen, ein Cluster, der sich der Hirnforschung und den Simulationswissenschaften widmet. Neuropolis sieht die Einrichtung von zwei Standorten in Genf und Lausanne vor, an denen künftig rund 1000 wissenschaftliche und technische ­Mitarbeitende tätig sein werden. Dabei soll «Neuropolis» auch als Simulationsplattform für das seit 2005 bestehende Hirnfor­ schungsprojekt «Blue Brain» dienen. Forschende der EPFL arbei­ ten seit Jahren an einem Pionierprojekt zum Verständnis der Funktionsweise des menschlichen Gehirns. Ziel ist es, ein Com­ putermodell zu entwickeln, das dem menschlichen Gehirn mit seinen 100 Mrd. Zellen nachgebaut ist. Für diese Simulation am Computer sind immense Rechenleistungen notwendig. «Experi­ mentell ist das Gehirn aufgrund seiner Komplexität auf abseh­ bare Zeit nicht zu erkunden», sagt Blue-Brain-Projektmanager Felix Schürmann, «deshalb müssen wir den Umweg über die Computersimulation gehen und das Gehirn dort nachbauen.» Deshalb ist auch die auf Grossrechner spezialisierte IBM ins Blue Brain Project involviert. Auch wenn sich das Ziel noch in weiter Ferne befindet, gelingen den EPFL-Forschenden immer wieder spektakuläre Erkenntnisse über das Innenleben des Gehirns. So publizierten Blue-Brain-Forschende vergangenen September neue Erkenntnisse über die synaptischen Verbindungen zwi­ schen den Neuronen im renommierten Wissenschaftsmagazin «PNAS» der United States National Academy of Sciences (NAS). «Neuropolis» und das Blue Brain Project spielen für die EPFL auch in einem grösseren Zusammenhang eine Rolle. Ersteres wird möglicherweise Headquarter für das «Human Brain»-Projekt, welches zu einer von zwei European-FlagshipInitiativen der EU ernannt wurde. «Das Blue Brain Project wird als Schweizer Beitrag dort eingebracht werden», sagt Felix Schürmann.

Ziel 2 I Forschung

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Ziel 2 – Forschung

Treibstoff aus Sonnenkraft

Chemische Speiche­ rung von Sonnen­ energie: Anton Meier, stellvertretender Lei­ ter des Labors für Solartechnik, beim Solarreaktor des PSI.

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Seit Jahren erforscht das PSI thermochemische Hochtemperaturprozesse, mit denen konzentrierte Sonnenenergie in speicher- und transportierbare chemische Brennstoffe wie Wasserstoff umgewan­ delt werden kann. Die jüngste Testreihe fand im Sommer 2012 in einem der weltweit grössten Solar­ öfen in den französischen Pyrenäen statt. Eindrückliche Erkenntnisse für die Forschenden und ein weiterer kleiner Schritt hin zum grossen Ziel: der Produktion von synthetischem Flüssigtreibstoff.

Für die Forschenden ist es das Wunschziel nach der Proto­ typenentwicklung im Labor: ein wissenschaftliches Konzept im grossen Feldversuch auf Prozesssicherheit und Wirkungsgrad, zu testen. Erst dies öffnet Türen, einen vorindustriellen Prototypen zu entwickeln und in nicht allzu ferner Zukunft die Marktreife zu erlangen. Anton Meier, stellvertretender Leiter des Labors für Solartechnik am PSI, ist kein Mann der grossen Worte, eher der Typ der nüchternen Analyse. Doch dass er und sein Team im Dienste der Wissenschaft buchstäblich einen heissen und auch lehrreichen Sommer 2012 verlebt haben, ist aus seinen Schilde­ rungen spürbar. Zwei Monate lang konnten die Forschenden einen am PSI entwickelten 100-kW-Solarreaktor auf einem der weltweit grössten Solaröfen im französischen Odeillo testen – einen gigantischen Hohlspiegel, auf den eine stattliche Anzahl von Spiegeln ausgerichtet ist, um die Sonnenstrahlen dorthin abzulenken. Die Versuchsanlage ermöglicht es, mit 10 000-fach konzentrierter Solarstrahlung Temperaturen von über 2000 Grad zu erzeugen. Hitze dank konzentrierter Sonnenenergie Auf Temperaturen dieser Grössenordnung ist Anton Meier bei sei­ ner Forschung angewiesen. «Es geht um die chemische Speiche­ rung von Sonnenenergie», sagt er, «dabei sind hohe Temperatu­ ren stets eine grosse Herausforderung.» Seit den 1990er-Jahren forscht Meier am Labor für Solartechnik unter anderem an ther­ mochemischen Hochtemperaturprozessen, mit denen konzen­ trierte Sonnenenergie effizient in speicher- und transportierbare chemische Brennstoffe wie Wasserstoff umgewandelt werden kann. Vor Kurzem gelang es Aldo Steinfeld, dem Leiter des Labors für Solartechnik am PSI und Professor für Erneuerbare Energieträ­ ger an der ETH Zürich, auf der Basis von Ceriumoxid mit konzen­ triertem Sonnenlicht Wasser und Kohlendioxid in ein Gemisch aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid umzuwandeln. Diese Gas­ mischung, als Syngas bekannt, stellt eine Vorstufe flüssiger Treib­ stoffe wie Benzin, Methanol oder Diesel dar. Als Steinfeld und sein Team diese Forschungsresultate im renommierten Wissen­ schaftsmagazin «Science» publik machten, erhielten sie welt­ weite Aufmerksamkeit. Allerdings: Bei den ersten Versuchen die­ ser Art der Treibstoffproduktion gingen noch mehr als 99 Prozent der eingesetzten Sonnenenergie verloren. «Bei maximaler solarer Konzentration und mit der Erde als Wärmesenke könnten theoretisch 95 Prozent der Sonnenenergie in chemische Energie von Brennstoffen umgewandelt werden», sagt Meier. «Technisch realisierbar sind 20–25 Prozent, wenn man sämtliche Verlustquellen berücksichtigt. Anschliessend muss auch die Wirtschaftlichkeit des Prozesses in einem technischen Massstab gezeigt werden.» Daran arbeitet er in seiner jüngsten Forschung. Die Forschenden am PSI haben auf der Basis von Zinkoxid ein zweistufiges Verfahren zur Herstellung von Zink, Wasserstoff und Syngas entwickelt. In einem ersten Prozessschritt

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wird das Zinkoxid in einen sich langsam drehenden Solarreaktor eingeführt und mittels konzentrierter Sonnenenergie auf knapp 2000 Grad Celsius erhitzt und in Zink und Sauerstoff umgewan­ delt. Dieser Prozess wurde im Solarofen in Odeillo einer Testreihe unterworfen. Dabei galt es, im Feldversuch verschiedene Reak­ torkomponenten zu testen. So etwa die Standfestigkeit des Kera­ mikmantels im Innern des Solarreaktors, wo die höchsten Tem­ peraturen wirken. Es galt, die Wirksamkeit der Wasserkühlung in der äusseren Metallhülle unter realen Bedingungen mit hoch­ konzentrierter Solarstrahlung zu analysieren, die Zuverlässigkeit sämtlicher Kontrollsysteme und Messdaten während des gesam­ ten Prozesses zu gewährleisten sowie eine grösstmögliche Menge an Zink zu produzieren. Mit dem Resultat ist Meier zufrieden: «Wir konnten nachweisen, dass der thermische Prozess und der mechanische Betrieb des Reaktors zuverlässig funktionieren und das Material den hohen Belastungen standhält.» Einfache Reaktortechnologie in geschlossenem Kreislauf In einem zweiten, nicht solaren Prozessschritt reagiert das solar erzeugte Zink bei rund 400 Grad Celsius in einem speziellen che­ mischen Reaktor unter Zuführung von Wasser und Kohlen­dioxid. Dadurch wird das Endziel erreicht: die Produktion von reinem Wasserstoff und Syngas. Dieser Teil des Prozesses wird derzeit an der Professur für Erneuerbare Energieträger der ETH Zürich erforscht. Er befindet sich noch im Laborstadium. Den Forschen­ den ist es mittlerweile gelungen, Wasserstoff-Ausbeuten von bis zu 80 Prozent zu erreichen. Dass die Herstellung von r­ einem Wasserstoff nicht direkt über die Wasserspaltung erfolgt, sondern über einen zweistufigen thermochemischen Metalloxid-Prozess erreicht werden muss, hat einen simplen Grund. «Eine direkte Wasserspaltung wäre ein geniales Konzept», so Meier, «doch fehlt bislang eine wirksame Technik zur Trennung des Wasser­ stoffs vom Sauerstoff ohne das Risiko, bei einem explosiven Gemisch zu enden.» Über den Umweg zweier getrennter Prozess­ schritte werden Sauerstoff und Wasserstoff nicht gleichzeitig pro­ duziert, die beiden Gase müssen deshalb nicht getrennt werden, und die Gefahr einer Explosion existiert nicht. Der Umweg lohnt sich noch aus einem anderen Grund: Es ist ein geschlossener Kreislauf, bei dem im zweiten Prozessschritt der Ausgangsstoff Zinkoxid entsteht, der somit wiederverwendet werden kann. «Die Vorteile dieser neuartigen Reaktortechnologie sind Einfachheit, Skalierbarkeit sowie Kontrollierbarkeit in der Prozessführung», sagt Anton Meier,.«Der solare Wasserstoff kann direkt in Brennstoffzellen verwendet werden, und das Syngas kann mit einem bekannten Verfahren in flüssige Treibstoffe umgewandelt werden.» Die Frage ist, wann dieser nun wissen­ schaftlich analysierte Herstellungsprozess in eine industrielle Fertigung überführt werden kann. Klar ist: Es werden noch einige Jahre vergehen, bis solar hergestellte synthetische Treibstoffe aus den heute verwendeten Zapfsäulen sprudeln.

Ziel 2 I Forschung

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Ziel 3 Wissens- und Technologietransfer

Facts & Figures

Ziel 3, Leistungsauftrag 2008–2011/12 (vgl. Beilage): «Zur Förderung der Innovationskraft der Schweiz wird das im ETH-Bereich geschaffene Wissen vermehrt technologisch und wirtschaftlich genutzt und die Kooperation mit der Industrie verstärkt.» Berichterstattung 2012 der Institutionen mit Reportagen und Beispielen sowie Fazit des ETH-Rats.

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ETH Zürich Als wichtige Partnerin der Schweizer Industrie konnte die ETH Zürich im Berichtsjahr 718 Forschungsverträge mit Dritten (davon 268 mit Schweizer Unternehmen) mit einem Gesamt­ volumen von 153 Mio. CHF abschliessen (+ 3 %). Unter ande­rem organisierte sie für Firmen 20 grössere Labortouren und erstellte 20 Kompetenzanalysen. Für ihre strategischen Indus­ triepartner führte sie sieben Veranstaltungen zu den Themen Energie, Risiko, Ernährung und nachhaltiges Bauen durch. Am Industry Day diskutierten über 150 Industrievertreterinnen und -vertreter mit 100 Forschenden und Spin-off-Gründerinnen und -Gründern der ETH Zürich ihre Ideen in den Bereichen Energie, Produktion und Automation, Elektronik und Sensoren sowie Materialien und Medizin. Spin-off-Firmen der ETH Zürich gehörten auch 2012 zu den erfolgreichsten Technologie-Start-ups der Schweiz: Drei der letztjährigen De-Vigier-Preise, der ZKB-Pionierpreis sowie der Swiss Technology Award gingen an Spin-offs der ETH Zürich. Unter den Swiss Top 100 finden sich 28 Spin-off-Firmen der ETH Zürich, davon neun unter den ersten 15. Zwölf neue Spin-off-Firmen der ETH Zürich erhielten 2012 Unterstützung von Ven­turekick. Alexander Ilic, CEO des ETH-Spin-offs Dacuda («Scannermaus»), wurde zum «Entrepreneur of the Year» gewählt. 2012 verzeichnete die ETH Zürich 22 neue Spin-off-Grün­ dungen, 87 Patentanmeldungen (ausschliesslich Priority Appli­ cations) und den Abschluss von 35 neuen Lizenz- und Transfer­ verträgen. EPFL Die Zusammenarbeit zwischen der EPFL und der Industrie wurde 2012 weiter gestärkt, sei es in Form gemeinsamer For­ schungsprojekte, sei es mit wissenschaftlichen Dienstleistun­ gen, die entweder direkt von den Partnern oder aus Mitteln der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) finanziert wurden. Der vertraglich zugesicherte Betrag stieg gegenüber dem Vorjahr auf 15,2 Mio. CHF (2011: 8,4 Mio. CHF). 2012 war allerdings ein markanter Rückgang der direkt von der Industrie finanzierten Verträge festzustellen. Kompensiert wurde er durch eine starke Zunahme der KTI-Projekte, vor allem infolge der bundesrätlichen Massnahmen gegen die Frankenstärke von Ende 2011. So hat das Consortium Alliance unter der Leitung der EPFL in seinem siebten Jahr die Marke von 100 KTI-Projekten über­ schritten. Mit gegen 30 KTI-Projekten, die 2012 nach den 55 Projekten des Vorjahrs bewilligt wurden, hält die EPFL in dieser Beziehung ihr hohes Niveau. Die Anzahl neuer Patentanmeldungen (ausschliesslich Prio­ rity Applications) stieg auf 75 (Vorjahr: 52). Die Zahl der abge­ schlossenen Lizenz- und Optionsverträge (31) ging hingegen gegenüber 2011 (50) zurück. Hier sind proaktive Förderungs­ massnahmen erforderlich. Zwölf von der EPFL hervorgebrachte Start-up-Unternehmen erblickten dieses Jahr das Licht der Welt, und das Starthilfeprogramm der EPFL vergab neun Inno­ grants. Das Quartier de l’innovation war weiter erfolgreich. Unter anderem ist eine Forschungs- und Entwicklungseinheit des japanischen Unternehmens Nitto Denko neu dazugestossen. Das Unternehmen ist führend auf dem Gebiet der Klebstoffe und auch in der Materialentwicklung sehr aktiv (vgl. S. 59).

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


PSI Im Vordergrund des Wissens- und Technologietransfers (WTT) des PSI stehen die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und die Beratung nationaler Behörden. 2012 regelten rund 300 Verträge derartige Zusammenarbeiten mit dem PSI. Der Betrieb und die Weiterentwicklung der Grossforschungsanlagen des PSI erfor­ dern die kontinuierliche Weiterentwicklung von Komponenten, die auch ausserhalb des Forschungsumfelds einen möglichen Einsatz finden können. Das PSI fördert hier bewusst den Trans­ fer in die Wirtschaft, die mit angepassten Produkten neue Märkte erreichen kann. Mit der Anmeldung von Schutzrechten kann eine kommerzielle Verwertung neuer Ideen vorbereitet werden. Das PSI erzielte 2012 eine ansprechende Summe an Lizenzeinnahmen (mehr als 2 Mio. CHF), die zum grossen Teil wieder in Forschungsprojekte zurückgeflossen ist. Für die geplante, ans PSI angrenzende Hightech-Zone wurden die ­Rahmenbedingungen überarbeitet, sodass ein wirtschaftlich vertretbares Konzept neue Firmen anzuziehen vermag. WSL Die WSL erforscht den Schutz und die Nutzung der Vielfalt unserer Um- und Mitwelt. Ein weiterer Fokus liegt auf den Ressourcen Wasser und Schnee sowie auf den Naturgefahren wie Lawinen, Steinschlag und Muren. Alle diese Schwerpunkte haben eine Gemeinsamkeit: Sie sind öffentliche Güter oder Aufgaben des Gemeinwesens. Deshalb richtet sich der WTT der WSL nicht primär an die Industrie wie bei den Schwesterinsti­ tutionen, sondern an Kunden aus der öffentlichen Verwaltung bis hin zum einzelnen Bürger. Ein Beispiel für einen solchen Wissenstransfer ist das Lawi­ nenbulletin, das neu ab Winter 2012/13 zweimal täglich in drei Amtssprachen sowie in Englisch erscheint. Die entsprechend hohen Anforderungen an die Übersetzung konnte nur der zu­­ sammen mit SLF-Mitarbeiter Kurt Winkler entwickelte automati­ sche Katalog erfüllen: Die Gefahrenbeschreibung wird neu aus einem Set vorgegebener Satzfragmente «zusammengeklickt», die alle mit vordefinierten Begriffen in den vier sprachspezifischen Syntaxen gelistet sind. So können die anspruchsvollen zeitlichen und finanziellen Vorgaben für das Lawinenbulletin ebenso erfüllt wie auch die Nutzerinnen und Nutzer rechtzeitig und umfassend informiert werden.

Fazit des ETH-Rats Der Wissens- und Technologietransfer (WTT) findet im ETH-Bereich auf zahlreichen Ebenen statt. Zentral ist insbesondere der Über­ tritt von hoch qualifizierten Absolventinnen und Absolventen in die heimische Wirtschaft und Verwaltung. Die Zusammenarbeit mit der Industrie wurde in der Ausbildung wie in spezifischen

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

Empa Die hervorragenden Verbindungen zur Industrie zeigten sich 2012 unter anderem in mehr als 100 neuen Forschungsverträ­ gen mit Industriepartnern. Rund 40 % davon betrafen von der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) geförderte marktorientierte F&E-Projekte. Das Patentportfolio der Empa umfasst zurzeit knapp 50 Patente. Die Empa meldete 2012 über 10 neue Patente an und schloss 20 neue Lizenz- und Transfer­ verträge ab. Die Business-Inkubatoren der Empa betreuten insgesamt 24 Spin-offs und Start-up-Projekte. So auch die von Empa-Forschenden gegründete Firma «CT Systems GmbH», die das Ziel hat, die EAP-Technologie zu kommerzialisieren; dabei sollen elektroaktive Polymere – «künstliche Muskeln» – in kleinen Aktuatoren zum Einsatz kommen, etwa in der Automa­ tion, der Robotik oder im Automobilbau. Etwas weiter ist der Spin-off «compliant concept» von Empa und ETH Zürich, der vor Kurzem sein erstes Produkt auf den Markt brachte: den «Mobility Monitor», der die Beweglichkeit von bettlägerigen Patientinnen und Patienten aufzeichnet und das Pflegeperso­ nal informiert, wenn diese umgelagert werden müssen, um Druckgeschwüre zu verhindern (vgl. S. 62). Ebenfalls bereits international vermarktet werden die transparenten, lärm­ schluckenden Vorhänge, welche die Empa zusammen mit Industriepartnern entwickelt hat und die 2012 diverse Design­ preise gewonnen haben. Eawag Der WTT der Eawag zielt primär auf nationale und kantonale Fachstellen, Beratungs- und Ingenieurunternehmen sowie auf Wissensvermittlung in Schwellen- und Entwicklungsländern – denn Wasser ist ein öffentliches Gut. Mit einer gemeinsamen Technologietransferstelle unterstützen die Eawag und die Empa den WTT in Wirtschaft und Gesellschaft. Unter anderem wurde 2012 eine von Professor Thomas Egli an der Eawag entwickelte Methode zum Nachweis von Mikroorganismen als Analyse­ methode für Trinkwasser ins Schweizerische Lebensmittelbuch aufgenommen. Ein weiteres von der Kommission für Technolo­ gie und Innovation (KTI) finanziertes Projekt zum Verkeimungs­ potenzial von Kunststoffen im Kontakt mit Trinkwasser wurde 2012 abgeschlossen und liefert nun wichtige neue Analyse­ methoden für die Praxis. Für die berufsbegleitende Weiterbildung bestehen seit 1993 die praxisorientierten Eawag-Kurse PEAK. Dabei arbeitet die Eawag eng mit dem Verband Schweizer Abwasser- und Gewäs­ serschutzfachleute (VSA) zusammen. Das PEAK-Programm 2012 fokussierte auf Gewässerschutz und Gewässerrevitalisierung. 2012 wurde zudem die Zusammenarbeit mit dem Schweizeri­ schen Verein des Gas- und Wasserfachs (SVGW) bei der Ausbil­ dung im Trinkwasserbereich verstärkt.

Projekten erneut vertieft, oft mit finanzieller Unterstützung durch die KTI. Bedeutende praxisbezogene Dienstleistungen wurden etwa für die öffentliche Verwaltung erbracht. Die Bandbreite der WTT-Aktivitäten im ETH-Bereich zeigt eine neue Publikation. Eine engere Vernetzung der WTT-Tätigkeiten innerhalb des ETHBereichs ist jedoch schwierig, da meist Projekte oder Regionen im Vordergrund stehen.

Ziel 3 I Wissens- und Technologietransfer

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Ziel 3 Wissens- und Technologietransfer

Neues Leben für die Flüsse

Hochwasserschutz und Massnahmen zur Revitalisierung von Fliessgewäs­ sern sind komplementäre Kompo­ nenten des revidierten Gewässer­ schutzgesetzes. Das interdisziplinäre Forschungsprojekt «Integrales Fluss­ gebietsmanagement» der Institutio­ nen ETH Zürich, EPFL, WSL und Eawag zeigt konkrete Wege auf, wie die Biodiversität an Bächen, Flüssen und Auen durch Aufweitungen und neu konzipierte bauliche Massnahmen erhalten und gestärkt werden kann. Die Resultate des 2012 abgeschlosse­ nen Projekts dienen auch als Anlei­ tung für die ausführenden Kantone.

Revitalisierung von Fliessgewässern in der Schweiz: die Sense bei Plaffeien im Kanton Freiburg.

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Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


Die Schweiz verfügt aufgrund ihrer Topografie und einer vergleichs­ weise hohen jährlichen Niederschlagsmenge über ein weitverästeltes Netz von Bächen und Flüssen. Die zunehmende Besiedelung sowie die verstärkte Industrialisierung und Urbanisierung des Landes in den vergangenen 150 Jahren veränderten das Gesicht der Wasser­ läufe massiv. Zahlreiche Faktoren wirkten kumulativ auf die Struktur der Fliessgewässer ein. Das Bedürfnis nach Schutz von Siedlungen und Infrastruktur vor Hochwasser und die Nutzung der Wasserkraft führten zu umfassenden Verbauungen von Flüssen und Bächen. Die intensivierte Landwirtschaft und die damit einher­gehenden Melio­ rationen an den Flussufern führten zu einer breitflächigen Zerstö­ rung der natürlichen Flussauen. Im Rahmen des Hochwasserschutzes wurden zudem zahlreiche Fliessgewässer eingeengt und Schwellen unterschiedlicher Höhe errichtet, um Eintiefungen der Gewässer­ sohle zu vermeiden. Heute existieren landesweit rund 101 000 künstliche Querbauten mit einer Höhe von über 50 Zentimetern. All das zeigt unerwünschte Folgen. «Querbauten stellen Wan­ derhindernisse für die aquatische Fauna dar», sagt Eawag-Fisch­ ökologe Armin Peter, «sie unterbinden dadurch die Vernetzung der Fliessgewässer, die eine wichtige ökologische Funktion erfüllen.» Die Folge sind morphologisch monotone und ökologisch verarmte Gebiete. Ein kanalisierter und damit eingeengter Fluss birgt auch die Gefahr, bei Hochwasserspitzen über die Ufer zu treten, was in den dicht besiedelten Gebieten der Schweiz verheerende Schäden nach sich ziehen kann. Seit den Jahrhundertüberschwemmungen im Jahr 1987 traten in der Schweiz weitere extreme Hochwasser­ ereignisse auf; dies hat bei den zuständigen Behörden zu einer Neubeurteilung der Prioritäten beim Hochwasserschutz geführt. «Früher war Hochwasserschutz prioritär eine Domäne der Flussinge­ nieure», sagt Anton Schleiss, EPFL-Professor am Labor für Wasserbau in Lausanne, «heute sind Hochwasserschutz und Revitalisierung so etwas wie siamesische Zwillinge zum Schutz von Natur und Mensch.» Ein neues Gewässerschutzgesetz verpflichtet die Kantone unter mehrheitlicher finanzieller Beteiligung des Bundes dazu, Revitalisierungsprogramme aufzulegen. Ziel ist es, über die nächs­ ten acht Jahrzehnte rund 4000 der 15 000 Kilometer verbauter Was­ serläufe zu revitalisieren. Innovative Konzepte für den Hochwasserschutz Diese Vorgabe führte zu bislang zwei auf je vier Jahre befristeten transdisziplinären Forschungsprojekten im Bereich Gewässerschutz. Unter fachlicher Begleitung und starker finanzieller Förderung durch das Bundesamt für Umwelt (BAFU) waren dabei Forschende aus den Institutionen ETH Zürich, EPFL, WSL sowie Eawag beteiligt. Das erste, inzwischen abgeschlossene «Rhone-Thur-Projekt» befasste sich mit Fragen zu Schwall und Sunk – einer Veränderung des Abflusses, der bei einem Fliessgewässer durch den bedarfsori­ entierten Betrieb von Speicherkraftwerken entsteht. Weitere Teil­ projekte betrafen die Folgen von Aufweitungen kanalisierter Fluss­ läufe für Fauna, Flora und erholungssuchende Menschen oder

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Ziel 3 I Wissens- und Technologietransfer

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Fragen zur Entscheidungsfindung und Erfolgskontrolle von Revitali­ sierungen. «Viele Fliess­gewässer müssen ökologisch aufgewertet werden und gleichzeitig den Ansprüchen des Hochwasserschutzes genügen», so Schleiss, «im Wasserbau sind deshalb innovative Konzepte und Massnahmen gefragt.» Dafür wurde mit gleicher Trägerschaft das im Berichtsjahr abge­ schlossene Folgeprojekt «Integrales Flussgebietsmanagement» auf­ gelegt mit dem Ziel, die im «Rhone-Thur-Projekt» erzielten Ergeb­ nisse im praktischen Umfeld anzuwenden. Untersucht wurde etwa die Wechselwirkung zwischen dem Hochwasserschutz geschuldeten baulichen Konstruktionen und dem Gebot der Lebensraumvielfalt in Fliessgewässern. Oder auch die Frage, wie sich deren Längs- und Quervernetzung auf die Durchlässigkeit der Fliessgewässer für wan­ dernde Lebewesen auswirkt. Denn dies hat Folgen für den Genfluss, die Durchmischung von Genen bei Fischen, Insekten und Pflanzen der Auen. «Um diese Ziele zu erreichen, ist eine gesamtheitliche Sicht im Wasserbau notwendig», meint ETH-Dozent Roland Fäh. «Wenn es etwa darum geht, die Biodiversität durch Flussaufweitungen zu erhöhen, steigen auch die Anforderungen an den Hochwasser­ schutz.» Zahlreich sind die Parameter, die auf diese unterschied­ lichen Nutzungs- und Schutzinteressen bei Gewässern einwirken. «Dabei ist das Strömungsverhalten des Wassers von zentraler Bedeutung», sagt Schleiss.«Die Wechselwirkungen etwa zwischen dem Wasserabfluss, dem durch die Strömung angetriebenen Geschiebetransport und der Struktur des Gewässerbettes müssen bei jeder baulichen Massnahme berücksichtigt werden.» Um dafür konkrete Entscheidungsgrundlagen zu erhalten, entwickelten die Forschenden der Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie der ETH Zürich computergestützte numerische Modelle zur Simulation von Fliessgewässern. Damit können Abfluss­ geschwindigkeiten, Dimensionierungen von Aufweitungen und auch Sedimentstransporte in Fliessgewässern berechnet werden. Als Resultat entstand die Simulationssoftware «Basement», die Interessierten nun kostenlos zur Verfügung steht. Ergänzend dazu und auch als Alternative zur teils komplexen numerischen Simula­ tion wurden in den Versuchslaboren der EPFL und der ETH Zürich auch physikalische Modelle gebaut. «In der Praxis werden beide Ansätze häufig in einem sogenannten hybriden Modell kombi­ niert», so Schleiss. «Mit den numerischen Berechnungen werden Auslegung und Randbedingungen für das physikalische Modell so genau wie möglich spezifiziert. Das physikalische Modell wird dann für die Feinabstimmung der Dimensionierung eines Bauteils ver­ wendet.» Nach umfangreichen Felduntersuchungen an den ein­ heimischen Fliessgewässern Bünz, Sense und Venoge entwickelten Schleiss und sein Team den sogenannten hydromorphologischen Index für Diversität (HMID). Anhand numerischer Abflussmodellie­ rungen und statistischer Analysen hydraulischer Variabler, welche die Strukturvielfalt kennzeichnen, kann über den HMID-Wert die Variante mit der objektiv besten ökologischen Wirkung bestimmt werden. Flüsse und Bäche sind dynamische Systeme Solche technisch-mathematischen Hilfsmittel bilden ein wichtiges Element, um natürliche Lebensstätten, sogenannte Habitate, für eine typische Fauna und Flora entlang der Fliessgewässer zu erhal­ ten und auch auszubauen. Naturnahe Flüsse und Bäche sind dyna­ mische Systeme: Gewässersohle und Ufer werden regelmässig durch Hochwasser umgestaltet, wodurch immer wieder neue Lebens­ räume entstehen. «Die Wiederherstellung der Dynamik ist zentral,

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Ziel 3 I Wissens- und Technologietransfer

um wieder Habitate zu schaffen», sagt Christoph Scheidegger, Pro­ fessor an der Universität Bern und WSL-Gruppenleiter Biodiversität und Naturschutzbiologie. «Flussbauliche Massnahmen müssen des­ halb so gestaltet werden, dass eine möglichst grosse strukturelle Vielfalt an aquatischen und terrestrischen Lebensräumen entsteht.» Für die Ausbreitung aquatischer, amphibischer und terrestri­ scher Organismen ist die Vernetzung von qualitativ hochwertigen Habitaten längs der Fliessgewässer von entscheidender Bedeutung. Bauliche Barrieren sollten so gestaltet sein, dass sie keine unüber­ windbaren Hindernisse darstellen. Die Forschenden untersuchten diesen Zusammenhang anhand drei aquatischer sowie zwei terrest­ rischer Arten: der Eintagsfliege, des Bachflohkrebses, der Groppe sowie des Kiesbankgrashüpfers und der Deutschen Tamariske. Dabei wurde deutlich, dass die Artenvielfalt und die genetische Vielfalt und damit auch die langfristige Überlebensfähigkeit der Populatio­ nen sich verbessern, wenn revitalisierte Strecken eines Fliessgewäs­ sers mit naturnahen oder natürlichen Abschnitten vernetzt werden. «Es braucht so etwas wie einen Hotspot eines Habitats mit hoher Biodiversität, von dem aus sich die Organismen ausbreiten kön­ nen», sagt Eawag-Gruppenleiter Armin Peter; «bei der Sense, dem Nebenfluss der Saane, haben wir beispielsweise festgestellt, dass der kanalisierte Unterlauf bezüglich Biodiversität vom naturbelasse­ nen Oberlauf profitiert.» Ähnliche Wechselwirkungen sind auch bei der seitlichen Anbindung eines Fliessgewässers an die Uferzone feststellbar. Die Vernetzung vom Wasser über die Kiesbänke bis zum Auenwald ist für Amphibien oder aquatische Insekten überlebens­ wichtig, da diese in ihrem Lebenszyklus auf unterschiedliche Lebensstätten angewiesen sind. Sind diese beispielsweise aufgrund baulicher Massnahmen unterbrochen, wirkt sich das auf zahlreiche Organismen wie Vögel, Fische, Wirbellose oder auch den Bachfloh­ krebs negativ aus. Ein Ziel der Revitalisierung bei stark kanalisierten Fliessgewässern kann deshalb auch die schrittweise Auflösung der hart verbauten Uferlinien sein, zum Beispiel mit kleinräumigen Massnahmen zur Drosselung der Fliessgeschwindigkeit. Die Maxi­ malvariante wäre die vollständige Aufweitung: Beide Uferlinien würden aufgelöst und eine vollständige Dynamik implementiert ohne jede laterale Einschränkung. Fischaufstieg muss gewährleistet sein Auch bei Querverbauungen zur Verhinderung der Gerinne-Erosion, den sogenannten Blockrampen, besteht je nach Zielsetzung eine Vielfalt von Varianten. Diese wurden in Labormodellen je nach Ver­ wendungszweck getestet. «Grundsätzlich bieten strukturierte Ram­ pen aufgrund einer breiteren Geschwindigkeitsverteilung bessere Verhältnisse für den Fischaufstieg», sagt Schleiss, «dabei können in Bächen mit der häufigsten einheimischen Fischart, der Forelle, Blockrampengefälle von über 6 Prozent gebaut werden.» Dies ist allerdings nur dann zu empfehlen, wenn die Bachforelle die einzige Fischart im Gewässer ist. Falls auch andere Fischarten vorkommen, empfiehlt es sich, ein deutlich geringeres Rampengefälle zu wählen. Dieses zweite im Rahmen der Revitalisierungspolitik des Bun­ des durchgeführte Projekt hat wertvolle interdisziplinäre Erkennt­ nisse gebracht. Ab 2013 wird ein nächstes Projekt folgen. Ein ­wichtiger Beitrag, um die wissenschaftlichen Grundlagen für das anstehende «Jahrhundertprojekt der Revitalisierung der Fliess­ gewässer», bereitzustellen, meint Scheidegger, und gleichzeitig gehe es aber auch darum, «realistische Erwartungen an die Mög­ lichkeiten von Revitalisierungen zu formulieren». Zusätzlich startet die Eawag in 2013 mit Unterstützung des BAFU das Forschungs­ programm «Fliessgewässer Schweiz».

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Beispiele aus den Institutionen

ETH Zürich

Den Transfer beschleunigen Smarte Unternehmertalente fördern und zum Erfolg begleiten  – dieses Ziel verfolgt die ETH Zürich mit dem «Innovation and Entrepreneurship Lab» (ieLab), das dieses Jahr eingeweiht wurde. Das ieLab schliesst eine wichtige Lücke im Bereich Wissens- und Technologietransfer. An zwei Standorten bietet es Studierenden und Forschenden moderne Räume, in denen sie mit Industrie­ partnern an ihren Ideen arbeiten können. Dadurch werden Forschungsresultate schneller für die Wirtschaft und die Gesell­ schaft verfügbar.

Das ieLab bietet jungen Unternehmerinnen und Unternehmern eine inspirierende Umgebung für die Realisierung ihrer innovativen Geschäftsideen (Bild: ETH Zürich).

mit dem Hüttenpersonal eine nachhaltige Lösung erarbeiten. Durch den Umbau eines bestehenden Pufferbeckens erweiterten sie die Reinigungskapazität der Anlage. Zusätzlich wurde eine Ozonungsstufe eingebaut, um das Spülwasser von Geruch und Verfärbung zu befreien. Optimierungen waren auch beim Ener­ gieverbrauch innerhalb der Kläranlage möglich. Im Frühjahr 2012 wurde das Projekt abgeschlossen. Das Resultat ist beeindruckend: eine erhöhte und stabile Reinigungsleistung der Kläranlage und ein etwas geringerer Energieverbrauch als vorher.

Empa

KTI-Sondermassnahmen kurbeln Kooperationen an Im Rahmen der Sondermassnahmen gegen den starken Franken, für die der Bundesrat im September 2011 der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) zusätzlich 100 Mio. CHF bewil­ ligte, konnte die Empa insgesamt 24 neue Projekte starten. Mit 12,5 Mio. CHF Fördermitteln rangierte die Empa hinter der EPFL und dem Centre Suisse d’Electronique et de Microtechnique auf Rang 3. Besonders erfreulich: Rund 40 Prozent der Projekte ini­ tiierten Kontakte zu Firmen, mit denen die Empa bislang noch nicht zusammengearbeitet hatte. Etliche davon sind KMU, wie die Firma Douglas Textiles, ein innovatives Ein-Frau-Unterneh­ men, das mit der Empa und der Firma Weisbrod transparente und trotzdem schallabsorbierende Vorhänge entwickelt hat, die unter dem Namen «Silent Space» inzwischen auch erfolgreich international vertrieben werden. Firmeninhaberin Annette Dou­ glas: «Meine Erfahrung zeigt, dass selbst kleine Firmen KTIProjekte mit Erfolg umsetzen können. Ich kann die Entwicklungs­ projekte nur empfehlen.»

EPFL

Quartier de l’innovation: Japanische Gruppe richtet sich ein Nitto Denko Corporation, eine der führenden japanischen Werk­ stoffherstellerinnen, kündigte am 19. Juli die Einrichtung einer Forschungs- und Entwicklungsgruppe im Quartier de l’innovation der EPFL an. Das «Nitto Denko Europe Technical Centre» (NET) unterstützt die Arbeiten der bereits in Japan, in den USA und in Singapur vom Unternehmen betriebenen Forschungs- und Ent­ wicklungszentren und spezialisiert sich dabei auf Biowerkstoffe. Diese erste grosse asiatische Vertretung ist eine Bestätigung für die internationale Attraktivität des Quartier de l’innovation.

WSL

Eiscreme im Computertomografen Mittels Computertomografie werden die Luftbläschen (braun) in Eiscreme nach der Lagerung sichtbar (Bild: SLF/B. Pinzer).

Eawag

Monte Rosa-Hütte: Wieder sauberes Wasser Die Monte Rosa-Hütte in den Walliser Alpen ist seit ihrer Eröffnung im Jahr 2009 bei Touristen beliebt. Die grossen Besucherzahlen haben jedoch auch Einfluss auf die Leistung der Kleinkläranlage in der abgelegenen Hütte des Schweizer Alpen Clubs (SAC). Die dezentrale Abwasserreinigung war mit den täglich fast 120 Gäs­ ten im Sommer 2010 deutlich überlastet. Das zu einem hohen Anteil aus dem Abwasser gewonnene Spülwasser roch übel und war stark verfärbt. Forschende der Eawag konnten zusammen

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Die Mikrostruktur von Lebensmitteln ist mitentscheidend für deren Geschmack, Konsistenz und Aussehen. Wissenschaftler von Nestlé und des WSL-Instituts für Schnee- und Lawinenforschung SLF haben untersucht, wie sich die Mikrostruktur von Eiscreme während der Lagerung verändert. Die SLF-Forscher entwickelten dazu Algorithmen für die vierdimensionale Computertomografie. Das ermöglichte ihnen, besser zu verstehen, warum Eiscreme mit der Zeit zäh wird.

Ziel 3 I Wissens- und Technologietransfer

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Ziel 3 – Wissens- und Technologietransfer

Doppelpass zwischen Wissenschaft und Wirtschaft

Die MDC Max Daetwyler AG im ber­ nischen Bleienbach liefert Schlüsselkom­ ponenten für den SwissFEL: Hans Braun, Co-Projektleiter SwissFEL am PSI, Thomas Schmidt, Leiter Undulatoren­ entwicklung für SwissFEL am PSI, und René Hartmann, ­Leiter Spezialprojekte MDC Max Daetwyler AG (v.l.n.r.).

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Am PSI entsteht mit dem Freie-Elektronen-Röntgenlaser SwissFEL eine ganz neuartige Grossanlage zur Erforschung von dynamischen chemischen oder biochemischen Prozessen, die sich auf atomarer Ebene abspielen. Basis für den Bau dieses hochkomplexen Röntgenlasers sind Partnerschaften mit Schweizer Industrieunternehmen. Es ist ein Technologietransfer, von dem Forschung und Privatwirt­ schaft gleichermassen profitieren.

Draussen im Wald bei Würenlingen und in unmittelbarer Nach­ barschaft zum PSI ist er am Entstehen: der Freie-ElektronenRöntgenlaser SwissFEL. Ein rund 700 Meter langer Tunnel wird bei der geplanten Betriebsaufnahme im Jahre 2016 die HightechBeschleunigungsanlage beherbergen. Das Projekt ist physikali­ sche Avantgarde: Zunächst werden in einem Injektor durch einen Laserblitz Elektronen aus einem Metall herausgelöst und als kompakte Elektronenbündel auf eine hohe Geschwindigkeit beschleunigt. Diese werden dann wie auf einer Achterbahn durch ein wellenförmiges Magnetfeld geschickt, wodurch Rönt­ genlicht entsteht. Am Ende der Reise produziert die Anlage ex­trem kurze und enorm intensive Röntgenlichtimpulse, und zwar 100 Mal pro Sekunde. «Dadurch lassen sich dynamische chemische oder biochemische Prozesse erkennen, die derart schnell ablaufen, dass sie beim Einsatz herkömmlicher Analyse­ methoden unsichtbar blieben», sagt Hans Braun, Projektleiter Beschleuniger bei SwissFEL. Technische Herausforderungen, die zu lösen sind, manifestie­ ren sich hauptsächlich an zwei neuralgischen Punkten der Anlage. Zum einen bei den Beschleunigungsmodulen, dank denen Elektronen in einem Linearbeschleuniger jene Geschwin­ digkeiten erreichen, die für die Erzeugung von ultrakurzen und intensiven Lichtimpulsen notwendig sind. «Am Anfang der Anlage brauchen wir einen leistungsfähigen Teilchenbeschleuniger», sagt der Physiker Hans Braun, «der den Elektronen eine hohe Bewe­ gungsenergie vermittelt.» Der zweite technische Knackpunkt betrifft die nachgelagerten sogenannten Undulatoren. «In diesen Geräten zwingen zwei Reihen starker Magnete einen Strom vor­ beieilender Elektronen auf eine Wellenbahn», erklärt Hans Braun; «das führt dazu, dass diese Röntgenlicht in Laserqualität erzeu­ gen.» Für beides sind hochpräzise Komponenten notwendig, und für beides hat das PSI spezialisierte Hersteller gefunden. Zum Zuge kamen zwei Schweizer Industriebetriebe. Industrielle Partner aus der Schweizer Industrie «Der kostentreibende Faktor eines Röntgenlasers ist eindeutig der Linearbeschleuniger», sagt Hans Braun. Im Falle des SwissFEL kommt erschwerend dazu, dass eine kilometerlange Beschleuni­ gungsanlage wie bei vergleichbaren Projekten im Ausland hierzu­ lande aus Kostengründen nicht in Frage kommt. Um mit einer wesentlich kürzeren Beschleunigungsstrecke dennoch Röntgen­ licht mit einer hinreichend kurzen Wellenlänge zu erzeugen, müssen sämtliche Komponenten vom Injektor bis zum Undulator optimal aufeinander abgestimmt sein. Insbesondere bei Letzte­ rem müssen die Magnete mit höchster Präzision positioniert sein. Bei der Suche nach geeigneten industriellen Partnern ging es denn auch darum, eine entsprechende, nicht ganz alltägliche Kombination von Kompetenzen zu orten, die gleichzeitig Gewähr für höchste Qualität bieten konnte. Im Falle der Beschleuni­ gungsmodule fiel die Wahl auf die TEL Mechatronics AG (ehem.

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Oerlikon Mechatronics) in Trübbach im St. Galler Rheintal, eine Tochtergesellschaft des gleichnamigen Technologiekonzerns. «Ausschlaggebend war deren Erfahrungskanon in der Metall­ bearbeitung, der Löt- und Reinraumtechnologie», sagt Hans Braun. «Diese Kompetenzen braucht es, um die hochexakten Kavitäten im rund 300 Meter langen Beschleuniger zu produzie­ ren.» Das Verfahren zur Herstellung dieser Kavitäten entwickelte das PSI, und gemäss einem Anfang 2012 unterzeichneten Rah­ menvertrag wird TEL Mechatronics es für die Serienproduktion verwenden. Bereits die Herstellung der Kavitäten ist komplex: Dabei handelt es sich um Hohlräume aus Kupfer, in denen sich ein elektrisches Feld aufbauen kann, das präzise der beschleu­ nigten Kraft entspricht. Benötigt werden 104 solcher Kavitäten, von denen jede aus 113 unterschiedlich geformten Scheiben, sogenannten «Kupfertassen», besteht. Erschwerend kommt hinzu, dass aufgrund der reduzierten Länge des Linearbeschleu­ nigers die Materialbelastung der einzelnen Komponenten hoch ist und die einzelnen Kupfertassen auf einen Tausendstelmilli­ meter genau gedreht sein müssen. «Es ist auch nicht möglich, deren Anordnung nach dem Zusammenbau einer K ­ avität nach­ träglich zu korrigieren», meint Hans Braun. TEL Mechatronics baut nun für diesen Auftrag im Stammhaus eine massgeschnei­ derte Fertigungslinie auf, in der die Kupfertassen nach der Bear­ beitung in einem speziellen Lötofen zusammen­gefügt und dann zu den fertigen Beschleunigungsmodulen zusammengebaut wer­ den. Im hinteren Teil des Röntgenlasers kommt die MDC Max Daetwyler AG im bernischen Bleienbach zum Zug als Herstellerin von zunächst einem Dutzend Undulatoren. Die Firma ist speziali­ siert auf Präzisionsmaschinen für den Verpackungs- und Publika­ tionstiefdruck. Um Präzision geht es auch bei diesem Auftrag: Auf der insgesamt 60 Meter langen Wellenbahn müssen Magnete auf weniger als einen Tausendstelmillimeter Abweichung positioniert werden. Dabei wirken zwischen den Magneten immense Kräfte. Die Konstruktion muss deshalb mit grosser Kraft zusammengehal­ ten werden, und die Komponenten müssen gleichzeitig präzise justiert sein. Zunächst wurde nach der Vertragsunterzeichnung Ende 2011 ein Prototyp für Gestelle, Antriebe und Magnete der Undulatoren entwickelt, der nun in einer eigens dafür erstellten Fertigungslinie in Serie produziert werden soll. Für beide involvierten Schweizer Unternehmen festigt dieser Auftrag deren Expertise als Hersteller hochkomplexer Kompo­ nenten und die Positionierung als international gefragte Partner von Forschungsinstituten. Für das PSI sind die dort gefertigten Bauteile entscheidende Mosaiksteine einer neuartigen Grossan­ lage, mit der Forschende dereinst extrem schnelle Vorgänge wie die Entstehung von Molekülen bei chemischen Reaktionen, die detaillierte Struktur lebenswichtiger Proteine oder auch den präzisen Aufbau von Materialien wissenschaftlich analysieren werden.

Ziel 3 I Wissens- und Technologietransfer

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Ziel 3 – Wissens- und Technologietransfer

Das Pflegebett von morgen ist intelligent

Mobility Monitor für bettlägerige Patien­ ten: Michael Sauter, Gründer und CEO des Empa-/ETH-ZürichSpin-off compliant concept.

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Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


Der Mobility Monitor ermöglicht es Pflegeheim- und Spitalpersonal, objektiv zu erfassen, wie mobil bettlägerige Menschen sind. Der elektronische Pflegeassistent von compliant concept – einem Spinoff von Empa und ETH Zürich – ist im Juli 2012 auf den Markt gekommen und Teil eines umfassenden Gesamtkonzepts. Er soll dem Fachpersonal erlauben, die Pflege optimal zu planen und zu gestalten. Ein aktives Bett, das Patienten sanft und kontinuierlich umlagert, wird 2013 folgen.

Frau M. ist 81-jährig, bettlägerig und leidet vor allem nachts, wenn sie eigentlich schlafen will. Der Grund: Immer wieder muss sie umgelagert werden. Durch das Bewegen fördert das Pflegepersonal die Blutzirkulation. Leider wird Frau M. dadurch immer wieder in ihrer Nachtruhe gestört. Das macht auch dem Pflegepersonal zu schaffen. Für beide Seiten ist das eine unschöne Situation. Was tun? Linderung verspricht neuerdings ein technisches Gerät, der sogenannte Mobility Monitor. Ein Sensor misst unter der Matratze von Frau M. feinste Bewegungen und wertet sie aus. Überraschend stellt sich heraus: Meistens bewegt sie sich im Schlaf ausreichend, nämlich zwei- bis viermal die Stunde. Ab und zu verzeichnet der Sensor jedoch über längere Zeit keine Regung. Das ist alarmierend, denn wenn Körperstellen zu lange durch Liegen belastet werden, wird dort die Mikrozirkulation unterbrochen. Es kann ein schmerz­ haftes Druckgeschwür entstehen – in der Fachsprache «Dekubitus» genannt. Dies soll unter allen Umständen verhindert werden. Das Personal bespricht die Auswertung mit Frau M., die nun einwilligt, gelegentlich umpositioniert zu werden, doch nur, wenn sie sich nicht ausreichend bewegt und der Mobility Monitor das Personal ruft. Seither wird sie im Schlaf weniger gestört. Den damit verbun­ denen Konflikten wird vorgebeugt und die Pflege entlastet. Ein Spin-off der Empa und der ETH Zürich Der Mobility Monitor ist das erste Produkt einer noch jungen Firma namens compliant concept, die der Jungunternehmer Michael Sauter aus der Taufe gehoben hat – ein Spin-off der Empa und der ETH Zürich. Geschichten wie diese freuen Sauter, heute CEO der Firma. «Am meisten haben wir nämlich immer aus der Praxis gelernt», sagt er. Dass er sich mit Fragen der Pflege beschäftigen würde, hätte sich der junge Maschinenbauingenieur während sei­ nes ­Studiums am Institut für mechanische Systeme an der ETH Zürich nicht träumen lassen. Im Teilgebiet «Nachgiebige Systeme» widmete er sich speziell belastbaren Eishockeystöcken und Auto­ sitzen, die sich der Person und der Fahrsituation anpassen kön­ nen. Und plötzlich, so Sauter, sei ihm durch den Kopf gegangen: «Das müsste sich doch auch mit Betten machen lassen ...» Die Idee liess ihn nicht mehr los, auch als er nach der Doktorarbeit 2009 an der Empa zu arbeiten begann. Eine blosse Idee wäre es vielleicht geblieben, hätte Sauter nicht an dem von der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) unterstützten Kurs «Venture Challenge» teilgenommen, in dem Hochschulabsolventinnen und -absolventen lernen, aus innovativen Technologien Geschäftsideen zu entwickeln. Dabei sei ihm klar geworden: Ein «intelligentes» Bett, das sich anpassen kann, wäre für bettlägerige Personen und Pflegepersonal eine enorme Hilfe. Ein neuartiger, gelenkloser Lattenrost aus intelligen­ ten Materialien und integrierten Sensoren sowie eine angepasste Matratze imitieren die Bewegungen eines gesunden Menschen, lagern ihn sanft und beständig um und verhindern so den gefürchteten Dekubitus.

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

Technisch machbar war dies, aber es brauchte Fachleute, um den medizinischen Hintergrund sowie die Marktsituation abzuklä­ ren. Sauter arbeitete sich systematisch in die Dekubitusproblema­ tik ein und absolvierte gar ein Praktikum in einer Pflegeinstitu­ tion. Dort erlebte er, wie gross die Arbeitslast für die einzelnen Pflegenden ist und wie der Spardruck alle belastet. «Ich war mir nun sicher», sagt Sauter, «dass intelligente Lösungen gefragt sind. Sie sollen das Personal entlasten und garantieren, dass Patienten bestens gepflegt werden.» Im Mai 2009 gründete Sauter sein eigenes Unternehmen. Der Spin-off der Empa und der ETH Zürich hat seinen Sitz auf dem Empa-Campus in Dübendorf im Technologiezentrum glaTec. «In der Schweiz haben wir optimale Voraussetzungen, man bekommt grossartige Unterstützung», hält Sauter fest. «Doch man muss die Angebote auch nutzen», sagt er und liess sich deshalb von glaTecund KTI-Expertinnen und -Experten bei Fragen zu Verträgen, Geschäftsmodell, Marketing und Finanzen beraten. glaTecGeschäftsführer Mario Jenni attestiert Sauter ein gutes Gespür dafür, was der Markt will. Positive Rückmeldungen der Erstkunden Im Laufe der Jahre ging Sauter mit zahlreichen Partnern Koopera­ tionen ein und konnte mit den neuartigen Lösungen im Schweizer Paraplegiker-Zentrum Nottwil und im Bürgerspital St. Gallen erste Praxistests durchführen. Die Fortschritte der jungen Firma blieben nicht unbemerkt. Mit seinem Team heimste Sauter mehrere Jung­ unternehmerpreise ein, erhielt etwa den «KTI Medtech Award 2010» und wurde mit dem «Venture Idea 2010» ausgezeichnet. Die vielen Gespräche mit Menschen aus dem Pflegebereich und Feedbacks aus zahlreichen Tests in Pflegeheimen und Spitä­ lern bewogen Sauter dazu, bereits im Juli 2012 das Überwachungs­ system, den Mobility Monitor, zu lancieren. Nur schon diese Vor­ richtung, die an jedem Bett angebracht werden kann, ist sinnvoll einsetzbar, war er überzeugt. Fachleute berichteten ihm, dass sie den Monitor benützen, um das Schlafverhalten zu erfassen oder um zu überprüfen, ob Medikamente richtig dosiert sind. «Die Rückmeldungen der zahlreichen Erstkunden sind äusserst positiv und haben uns absolut überwältigt», so Sauter. Bereits im ersten Quartal nach Verkaufsstart habe sein Unternehmen, in dem mittlerweile zehn Personen arbeiten, über 50 Prozent mehr Umsatz erzielt, als im Businessplan vorgesehen. Einige Kunden hätten bereits weitere Geräte nachgekauft, und eine renommierte Schweizer Pflegeheimgruppe rüste mit dem Mobility Monitor ihre Seniorenresidenzen aus. Auch die Nachfrage aus dem Ausland wachse. Nächstes Jahr wird der Mobility Monitor in Deutschland vertrieben, ein Distributor ist bereits gefunden. Und der Vertrag mit dem skandinavischen Bettenhersteller, der künftig das aktive Pflegebett vertreiben wird, ist auch schon unterzeichnet. Lanciert werden soll es Ende 2013. Somit steht dem intelligenten Bett von morgen nichts mehr im Wege.

Ziel 3 I Wissens- und Technologietransfer

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Ziel 4 Internationale Vernetzung

Facts & Figures

Ziel 4, Leistungsauftrag 2008–2011/12 (vgl. Beilage): «Der ETH-Bereich engagiert sich in der bilateralen internationalen Zusammenarbeit.» Berichterstattung 2012 der Institutionen mit Reportagen und Beispielen sowie Fazit des ETH-Rats.

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ETH Zürich Im Auftrag des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI, ehem. SBF) koordiniert die ETH Zürich die Programme der bilateralen Forschungszusammenarbeit mit China, Japan und Südkorea. Neben laufenden Projekten mit diesen Ländern fanden 2012 im Rahmen des Kooperations­ programms mit China an der ETH Zürich unter anderem zwei «Stepping Stone Symposia» statt zu den Themen Krebs und neurodegenerative Krankheiten mit rund 70 chinesischen und 100 Schweizer Teilnehmenden sowie zu Medizintechnik mit 13 chinesischen und rund 65 Schweizer Teilnehmenden. Um die Zusammenarbeit mit Japan zu vertiefen, organisierte die ETH Zürich gemeinsam mit der Empa und dem Schweizerischen Nationalfonds (SNF) das ETH-Japan Symposium for Academic Exchange, an welchem zehn japanische Universitäten teil­ nahmen. Mit dem ETH-EPFL Joint Symposium on Biomedical Enginee­ ring, welches im April 2012 in Seoul stattfand, wollten die bei­ den ETH ihre Kontakte zur Seoul National University und zum Korea Advanced Institute of Science and Technology (KAIST) ausbauen. Schliesslich ist die ETH Zürich im Auftrag des SBFI Partnerin im EU-Projekt «CONCERT-Japan», das die multilate­ rale Zusammenarbeit zwischen Europa und Japan fördern will. Eine erste gemeinsame Projektausschreibung wurde 2012 auf den Gebieten «Efficient Energy Storage and Distribution» sowie «Resilience against Disaster» lanciert. EPFL Die EPFL koordiniert landesweit die bilateralen Forschungs­ programme des SBFI mit Indien, Brasilien und Chile (Leading House) und beteiligt sich am Programm mit Russland (Co-­ Leading House). 2012 starteten im Rahmen dieser Zusammen­ arbeit zwölf brasilianisch-schweizerische Forschungsprojekte, weitere elf neue Forschungsprojekte sowie zehn Austausch­ börsen. Zusammen mit Indien trug die EPFL zur Ausarbeitung des neuen indisch-schweizerischen Kooperationsprogramms ­2013–2016 mit den Schwerpunkten erneuerbare Energie und Biomedizin bei. Ausserdem wurden in Mexiko und Kolumbien Pilotprojekte gestartet. Die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit den Schwellenund Entwicklungsländern war 2012 von der Organisation der zweiten internationalen Konferenz des UNESCO-Lehrstuhls «Technologies for Development» der EPFL zum Thema «Techno­ logies, a way to reduce poverty» geprägt. Schliesslich präsen­ tierten der Vorsteher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten und die EPFL am Frankophonie­ gipfel vom Oktober 2012 in Kinshasa gemeinsam das Projekt «Massive Open Online Courses» (MOOCs) für Afrika und die Schwellenländer. Es wird die Tätigkeit des 2010 gebildeten Réseau d’excellence des sciences de l’ingénieur de la Franco­ phonie (RESCIF) ergänzen.

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


PSI Bei der Entwicklung internationaler Grossforschungsanlagen ist das PSI mit seinen Erfahrungen ein gefragter Partner. So beteiligt sich das PSI an der Entwicklung des im Bau befind­ lichen Europäischen Röntgenlasers EuXFEL in Hamburg und der geplanten Europäischen Neutronenquelle ESS in Lund (Schwe­ den). Dabei kann das PSI auf Know-how und Technologien zurückgreifen, die in erster Linie als Lösungen eigener Frage­ stellungen in der Weiterentwicklung der Beschleunigeranlagen, Strahllinien und Messmethoden entstanden. Im Beitragsjahr konnte sich das PSI erfolgreich für die Durchführung zweier grosser internationaler Konferenzen durchsetzen. Sowohl für die Free-Electron-Laser Conference FEL 2014 als auch für die Konferenz der International Crystallography Union 2014 werden mehr als 500 Teilnehmende aus der ganzen Welt erwartet. Mit seinen Grossforschungsanlagen zieht das PSI jährlich zusätzlich zu den fast 2000 ausländischen Nutzerinnen und Nutzern auch rund 60 Postdoktorandinnen und -doktoranden aus dem Aus­ land an, deren Forschungsaufenthalt am PSI in der Regel zwei Jahre dauert. Rund 50 % dieser Postdoktorandinnen und -doktoranden kehren ins Ausland zurück (davon 85 % in die Wissenschaft, 15 % in die Industrie) und tragen so massgeblich zur internationalen Vernetzung des PSI und des Forschungs­ platzes Schweiz bei. WSL Im Bereich Naturgefahren bietet die WSL einerseits verschie­ dene Dienstleistungen an wie Gutachten und Beratungen, z.B. im Zusammenhang mit Lawinen. Andererseits sind Soft­ wareprogramme wie «Snowpack» (eine Simulation der Schnee­ deckenentwicklung), «AVAL-1D» (ein numerisches Lawinen­ dynamikmodell) oder «RAMMS» (Modellierungssystem für Naturgefahren) im In- und Ausland rege gefragt. Der Bedarf an fachspezifischen Expertisen ist gross und erlaubt der WSL, im internationalen Umfeld einen wichtigen Beitrag zum Schutz von Leben und Sachwerten zu leisten. Kun­ den sind sowohl Ämter als auch die Privatwirtschaft. Die inter­ nationale Erfahrung hilft der WSL, neue, weltweit bedeutende Forschungsthemen zu definieren. WSL-Softwareprodukte haben grossen Anklang gefunden und werden rund um die Welt in Nord- und Südamerika, Europa und Asien angewendet, um praktische Probleme zum Schutz vor Naturgefahren zu lösen. Die Softwareprodukte werden oft in Capacity Building Workshops und Ausbildungskursen Ingenieuren, Sicherheits­ beauftragten oder Landplanern vorgestellt. Reale und aktuelle Probleme werden dort analysiert und diskutiert.

Fazit des ETH-Rats Die Institutionen des ETH-Bereichs sind stark international ver­ netzt. Dies geschieht über institutionalisierte Kontakte zu ähnlich gelagerten Lehr- und Forschungsanstalten, über gemeinsame Projekte oder bilateral zwischen den Forschenden. Dieses Netzwerk

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Empa Eine bibliometrische Analyse der Universität Leiden (NL) zeigt, dass die Zahl der Publikationen mit ausländischen Partnern markant zugenommen hat. Eine ebenfalls letztes Jahr vom SBFI erhobene Bestandsaufnahme der EU-Projekte in der Schweiz unterstreicht die internationale Vernetzung der Empa; in der Schweiz ist lediglich die EPFL in Lausanne an mehr EU-Projek­ ten beteiligt als die Empa. So wurde etwa das mit rund 4 Mio. Euro geförderte Projekt «Winsmart» zur Entwicklung intelligen­ ter Fenster für Gebäude von morgen von Empa-Forschenden lanciert. Im Bereich Photovoltaik ist die Empa gleich an meh­ reren EU-Projekten beteiligt: dem 10-Mio.-Euro-Projekt ­«SCALENANO» und dem 7-Mio.-Euro-Projekt «R2R-CIGS» zur ­Entwicklung preisgünstiger effizienterer Solarzellen sowie dem 14-Mio.-Euro-Projekt «TREASORES». Letzteres erforscht organi­ sche Elektronik und wird vom Empa-Forscher Frank Nüesch geleitet. In der Nanosicherheitsforschung kommt der Empa in der Zusammenarbeit zwischen der EU und den USA eine beson­ dere Rolle zu, die auf die langjährige Kooperation mit dem «National Institute of Standards and Technology» (NIST) zurückgeht: Das NIST ist seit 2012 im Auftrag der US-Regierung «Leading House» für die Kooperation mit der EU, die Empa einer der wichtigsten Ansprechpartner. Eawag Die Forschenden der Eawag sind in über 100 internationalen Gremien und Netzwerken tätig. Rund ein Drittel der externen Gelder stammen aus internationalen Projekten. Die Eawag war mit insgesamt acht Projekten (1,6 Mio. CHF) am Erweiterungs­ beitrag an die neuen EU-Mitgliedstaaten (Kohäsion) beteiligt. Sie beteiligt sich erfolgreich an Projekten der EU, die zur ver­ stärkten Zusammenarbeit beitragen. Dazu gehören insbeson­ dere Projekte der «European Cooperation in Science and Tech­ nology – COST» und «Marie Curie Fellowships». Im Bereich Sozialwissenschaften ging die Eawag eine strategische Allianz mit der Freien Universität Amsterdam (VU) ein. Eine besonders intensive Zusammenarbeit besteht mit ­Südafrika, wo ein Eawag-Team neue Sanitärsysteme zur ­Rück­­gewinnung der Nährstoffe aus Abwasser erforscht. Sie hat dafür den «Engineering Award 2012» der University of KwaZulu-Natal in Durban erhalten. 2012 wurde die Eawag auch zum «World Health Organiza­ tion WHO collaborating centre» ernannt – sie unterstützt die WHO mit ihrer Expertise. In einem gemeinsamen Bericht der WHO und des Kinderhilfswerks UNICEF, «Drinking Water Equity, Safety and Sustainability», sind die im Eawag-Projekt «Water Resource Quality» (WRQ) aufwendig modellierten Karten zur Arsen- oder Fluoridbelastung des Grundwassers abgedruckt. www.eawag.ch/vuna www.wrq.eawag.ch

spielt auch eine Rolle, wenn eine Institution als Leading House einen Auftrag des SBFI zu erfüllen hat. Zahlreich sind ebenso die Anfragen aus dem Ausland für eine Zusammenarbeit mit einer oder mehreren Institutionen des ETH-Bereichs, was deren Aus­ strahlung unterstreicht. Dabei sind ganz unterschiedliche Formen der Zusammenarbeit in verschiedensten Disziplinen denkbar.

Ziel 4 I Internationale Vernetzung

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Ziel 4 – Internationale Vernetzung

Schweizer Erfahrungen für China

Schweizer For­ schende analysieren Schadstoffkonzen­ trationen in chinesi­ schen Flüssen: Michael Berg, Eawag-Experte für Wasserressourcen.

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Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


Im Reich der Mitte, dem pulsierenden Brics-Staat, zeitigt das rasante Wirtschafts- und Bevölkerungs­ wachstum nicht nur positive Folgen: Schadstoffkonzentrationen in den Flüssen, Algenblüten in den Seen. Forscher der Eawag haben nun in einem Gemeinschaftsprojekt mit chinesischen Kollegen erst­ mals konkrete Messdaten für das Ausmass eruiert. Dies dient nicht nur dem Wissenstransfer – es ist die Basis für eine technologische Aufrüstung, wie sie in den 1970er-Jahren auch in der Schweiz statt­ gefunden hat.

Giftgrün war der Farbton der Fotografie, welche Mitte Mai 2012 das druckfrische Cover der amerikanischen Fachzeitschrift «Environmental Science & Technology» zierte. Sie zeigte die üppig wuchernde Algenblüte, Frucht einer massiven Über­ düngung im chinesischen Shahe-Reservoir oberhalb der Mil­ lionenmetropole Peking. Darunter die Schlagzeile: «Aquatic Hypertrophication», was – frei übersetzt – so viel heisst wie «Überdüngung im Wasser». Dass dieses Thema auf der Front der wohl weltweit bedeutendsten Publikation für Umwelt­ wissenschaften auftauchte, verschaffte diesem innerhalb der einschlägig forschenden akademischen Welt eine hohe Beachtung. Bemerkenswert ist auch, dass es sich bei den im Fachblatt präsentierten Forschungsergebnissen um eine ­chinesisch-schweizerische Koproduktion handelt. Beteiligt sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem Research Center for Eco-Environmental Sciences in Peking, einem Institut der Chinesischen Akademie der Wissenschaf­ ten, und das Wasserforschungsinstitut Eawag. Erstmals sollte eine Gesamtbilanz der Nährstoffflüsse im Haihe-Flusssystem im Nordosten Chinas zwischen dem Shahe-Reservoir und dem Golf von Bohai erstellt werden. In diesem Siedlungsraum mit dem höchsten Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum in der chinesischen Volksrepublik liegen nicht nur urbane Zentren wie Peking mit 20 Mio. Einwohnerinnen und Einwohnern sowie Tianjin mit 5 Mio., sondern auch intensiv landwirt­ schaftlich genutzte Flächen, in denen ein Drittel der chinesi­ schen Jahresproduktion an Weizen und ein Fünftel an Mais angebaut wird sowie weitere 8 Mio. Menschen leben. Neuland für chinesische Forschende Mit Geldern aus dem bilateralen Sino-Swiss Programm des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI, ehem. SBF) ging das gemischte Forscherteam also an die Arbeit. Michael Berg, Eawag-Experte für Wasserressourcen und Trinkwasser, sagt über die anvisierte Zielsetzung dieser internationalen Kooperation: «Die Untersuchungen sollten eine wissenschaftlich fundierte Basis liefern, die es den Behörden der Region ermöglicht, sinnvolle und wirksame Massnahmen zur Verminderung der Nährstoffproblematik zu entwickeln.» Das auf zwei Jahre angelegte Projekt war für beide Seiten ein gewinnbringendes Forschungsvorhaben. Für die chinesischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler war vieles Neuland. Etwa zu sehen, wie wichtig der Einbezug der aktuellen Flusswasser-Abflussmengen ist und wie die Nährstofffracht von Stickstoff oder Phosphor über die Länge eines Flusslaufs präzise ermittelt werden kann. Für die auf­ seiten der Eawag engagierten Experten bedeutete dies nicht nur einen praxisorientierten Wissenstransfer und auf andere stark wachsende Metropolen in Schwellenländern übertrag­ bare wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern auch das Publi­

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

zieren der relevanten Forschungsergebnisse in international angesehenen Fachmagazinen, um diese einem grösseren Kreis von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zugäng­ lich zu machen. «Um uns einen ersten Überblick über das Vorkommen und die Häufigkeit der Nährstoffe zu verschaffen, untersuchten wir zunächst während der Trockenzeit und der Regenzeit ent­ lang einer Strecke von 240 Kilometern an 16 Flussabschnitten Wasserproben», erinnert sich Michael Berg, «anhand dieser ersten Analysen wählten wir für genauere Untersuchungen fünf permanente Messstellen aus, an denen wir während eines Jahres monatlich Proben entnahmen.» Untersucht wur­ den zudem auch vier Nebenflüsse, über welche die Abwässer der chinesischen Hauptstadt ins Flusssystem eingeleitet wer­ den, sowie die Abwässer der fünf bedeutendsten Kläranlagen vor Ort. Die Messresultate waren für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erstaunlich. Im Shahe-Reservoir ober­ halb von Peking, einem 1,8 Quadratkilometer umfassenden öffentlichen Naherholungsgebiet, entdeckten die Forschen­ den Konzentrationen von Stickstoff und gelöstem anorgani­ schem Phosphor, welche die in der Schweiz gemessenen Werte während der grössten Schadstoffkonzentrationen in den 1970er- und 1980er-Jahren bis um das Zehnfache über­ stiegen. Flussabwärts jedoch, so ergaben die Messungen ­weiter, nahmen die Nährstoffbelastungen kontinuierlich ab, obwohl dies grossstädtische und auch landwirtschaftlich stark genutzte Gegenden sind. Wie ist das zu erklären, frag­ ten sich die Forschenden, dass die Nährstoffbelastung im Naherholungsgebiet höher ausfällt als in der Grossstadt und in ­Gebieten mit intensiver Landwirtschaft? Die Erklärung: «Im Shahe-Naherholungsgebiet ist das Wasser in Fluss und Seen dermassen belastet, dass die grünen Algen wuchern», sagt Umweltchemiker Michael Berg, «und selbst die eingeleiteten Abwässer eine Verdünnung der Schadstoffkonzentration zur Folge haben.» Kläranlagen reichen nicht aus Die Belastung im Haihe-Flusssystem bleibt jedoch unvermin­ dert hoch; weitere Messdaten haben auch ergeben, dass die Reinigungsleistung vorhandener Kläranlagen bei Weitem nicht ausreicht. «Der wirksamste Weg, der drastischen Eutro­ phierung der Region entgegenzuwirken, ist der Bau zusätzli­ cher moderner Abwasserreinigungsanlagen mit genügend grosser Kapazität, die auch den Stickstoff effizient entfernen können», meint Michael Berg. In den 1980er-Jahren wurde in der Schweiz und in Europa dem Problem auf diesem Wege zu Leibe gerückt. Die Ergebnisse der schweizerisch-chinesischen Gemein­ schaftsstudie wurden daraufhin den Betroffenen in Peking in Workshops vorgestellt und auch diskutiert. Resultat: Bei fünf

Ziel 4 I Internationale Vernetzung

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Kläranlagen hat Peking versuchsweise Verbesserungsmass­ nahmen für eine effizientere Abwasserbehandlung vorge­ nommen. In einem zweiten Schritt sollen diese dann voll­ wertig ausgebaut werden. Solch entschlossenes Handeln ist auch aus einem weiteren Grund angezeigt, den die Untersu­ chung zutage gefördert hat: Der überwiegende Teil des Was­

sers im Flusssystem wird in ein umfangreiches Netz von Bewässerungskanälen umgeleitet, aus denen es die Bauern abpumpen, um ihre Felder zu bewässern. Das Wasser ist jedoch derart verschmutzt, dass es nach den gültigen natio­ nalen Qualitätsnormen überhaupt keine Verwendung mehr finden dürfte.

Beispiele aus den Institutionen

ETH Zürich

Gemeinsames Doktoratsprogramm Es ist ein weiterer Schritt zur Festigung der Part­ nerschaft: Die fünf technischen Hochschulen der IDEA League, zu der auch die ETH Zürich gehört, führen erstmals ein gemeinsames Doktoratspro­ gramm durch. 25 Studierende aus verschiedenen Fachrichtungen befassen sich während zwei Jah­ ren in vier Modulen mit dem Thema «Ageing and Sustainability». Die Doktorierenden haben in Japan vor Ort erfahren, wie dieses Land mit der fortgeschrittenen Altersstruktur umgeht. Zwei Coaches und mehrere Professorinnen und Profes­ soren der ETH Zürich unterstützen das Programm.

Das Doktoratsprogramm «Ageing and Sustainability» der IDEA League führte 25 Doktorierende nach Japan (Bild: ETH Zürich).

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Ziel 4 I Internationale Vernetzung

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


EPFL

EPFL und Max-Planck-Gesellschaft eröffnen gemeinsames Labor

Empa

Ohne Ressourcen keine Zukunftstechnologien

Die Max-Planck-Gesellschaft zählt elf internationale Forschungs­ zentren, unter anderem in Stanford und am Institut Weizmann. Für ihre nanowissenschaftlichen Forschungen hat sie nun die EPFL ausgewählt. Die Partnerschaft umfasst die Einrichtung eines gemeinsamen Labors in Lausanne, die Organisation von Sommer­ kursen und Tagungen, die Finanzierung von Projekten sowie von beiden Institutionen gemeinsam geleitete Dissertationen. Diese Zusammenarbeit unterstreicht die internationale Anerkennung, welche die EPFL im Bereich der Nanowissenschaften heute geniesst.

PSI

EU-Kofinanzierung für Jungforschende Das PSI hat im Rahmen der Marie-Curie-Aktion der EU erstmals am «COFUND»-Programm teilgenommen. Postdoktorierende können als «PSI-FELLOW» für zwei Jahre am PSI forschen und werden dabei von einem Mentor unterstützt. Die EU übernimmt für insgesamt 60 Stellen 40 Prozent des Lohns und der Sachmit­ telkosten. Die Teilnehmenden können zudem Weiterbildungs­ kurse besuchen, u.a. einen Karrierestart-Workshop, zur Dritt­ mitteleinwerbung, zur Unterstützung bei der Bewerbung auf EU-Forschungsprogramme sowie Firmengründerkurse. Aus den ersten Bewerbern wurden 31 Fellows ausgewählt, die ihre Stellen Anfang 2013 antreten. 26 Prozent davon sind Frauen. Der Status «PSI-FELLOW» soll ein Markenzeichen für eine Forscherposition unter exzellenten Arbeitsbedingungen werden und dem PSI im Wettbewerb um die besten Forschenden weiteren Schub verlei­ hen. An der Empa, die wie die ETH Zürich schon länger am Pro­ gramm teilnimmt, haben Anfang 2012 die ersten 22 «EMPA POST­ DOCS» begonnen; im Januar 2013 schreibt die Empa 22 weitere «COFUND»-Stellen aus.

Recycling: Tagelöhnerin in Delhi, Indien, bereitet Leiterplatten für das Kupferätzbad vor (Bild: Empa).

Nicht nur iPads, Handys und LED-Bildschirme enthalten seltene Metalle wie Gallium, Indium oder Tantal, auch Solarzellen und Batterien. Empa-Forschende untersuchen etwa mit dem Fraun­ hofer Institut in Hanau, der Universität Augsburg und der TU Berlin, wie man seltene Metalle substituieren und aus Produkten zurückgewinnen kann. Um den wachsenden Elektroschrottberg in Entwicklungsländern zu bekämpfen, entwickeln sie u.a. in Ghana, Südafrika und Kolumbien unter der Leitung der UN Uni­ versity angepasste Recyclingstrategien.

Eawag

Erste Euroecotox-Konferenz an der Eawag WSL

Kryosphäre und Klima Als Kryosphäre bezeichnet man jenen Teil der Erdoberfläche, der mit Eis bedeckt ist – Meereis, Eisschilder, Gletscher, Schnee, Permafrost. Es leuchtet ein, dass das Klima die Kryosphäre beein­ flusst, zum Beispiel durch die Temperatur. Umgekehrt wirkt die Kryosphäre aber auch auf das Klima, vor allem weil sie ein hohes Reflexionsvermögen (Albedo) aufweist. «CliC – Climate and Cryo­ sphere» ist ein zentraler Pfeiler des World Climate Research Pro­ grammes, es fördert und koordiniert die Erforschung dieser Wechselbeziehung und ihrer Auswirkungen. Dazu vernetzt es Forschende aus aller Welt, organisiert Tagungen, veröffentlicht Berichte, versorgt Behörden und Politik mit Information. So ver­ fassten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem CliCUmfeld das Kryosphäre-Kapitel im letzten IPCC-Report. Seit diesem Jahr ist der ETH-Bereich prominent bei CliC invol­ viert: WSL-Direktor Konrad Steffen leitet die wissenschaftliche Steuerungsgruppe, die sich aus weltweit renommierten Forschen­ den zusammensetzt.

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

Tierversuche mit Fischen sind in der chemischen Industrie an der Tagesordnung. Aber auch in der Forschung werden vermehrt Tierversuche eingesetzt, um Substanzen zu testen. Umwelttoxi­ kologinnen der Eawag entwickeln seit einiger Zeit alternative Tests, die vergleichbare Resultate liefern und erst noch weniger Platz benötigen. Im Juni 2012 hat nun die erste europäische Konferenz über den Ersatz, die Reduktion und Verbesserung von Tierversuchen in der ökotoxikologischen Forschung (Euroecotox) an der Eawag stattgefunden. Die Konferenz diente als Plattform für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Exper­ ten aus Wissenschaft, Industrie und Behörden, die sich mit Tier­ versuchen in der Umwelt-Risikoanalyse beschäftigen. Ziel der Fachleute ist es, Tierversuche in der Umweltforschung zu redu­ zieren. Rund 70 Expertinnen und Experten aus ganz Europa folgten der Einladung des Organisationskomitees. Die Konferenz zeigte den aktuellen Stand und die zukünftigen Entwicklungen auf und diente dem Networking der Experten auf diesem Gebiet. www.euroecotox.eu

Ziel 4 I Internationale Vernetzung

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Ziel 5 Arbeitsbedingungen, Chancengleichheit und Nachwuchsförderung

Facts & Figures

Ziel 5, Leistungsauftrag 2008–2011/12 (vgl. Beilage): «Der ETH-Bereich schafft attraktive und familien­ freundliche Arbeitsbedingungen, fördert die Chancengleichheit und bildet den wissenschaftlichen Nach­ wuchs aus.» Berichterstattung 2012 der Institutionen mit Reportagen und Beispielen sowie Fazit des ETH-Rats.

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ETH Zürich Der Frauenanteil in der gesamten Professorenschaft erhöhte sich in den vergangenen Jahren stetig und betrug im Berichtsjahr 12,6 % (2007: 9,0 %), auf Stufe Assistenzprofessur 30 % (2007: 16,6 %). 2012 wurden 35 Vollprofessuren besetzt, davon sieben mit Frauen (20 %). Darin zeigt sich die Wirksamkeit der von der ETH Zürich seit Längerem implementierten und 2012 verstärkten Massnahmen zur Erhöhung der Chancengleichheit im Berufungsverfahren. Während der Frauenanteil seit 2007 bei den Assistierenden leicht zugenommen hat (2012: 30,5 %), erhöhte sich sowohl der Anteil der permanent angestellten Wissenschaftlerinnen (2007: 7,8 %, 2012: 14,2 %) als auch der Anteil der Kaderfrauen im nicht wissenschaftlichen Bereich (2007: 22 %, 2012: 30,0 %) deutlich. Bei der Personalarbeit stand 2012 die Gesundheitsförderung im Zentrum. Das Angebot umfasst u.a. Veranstaltungen und Workshops zu Themen wie «Burn-out-Prävention» oder «Bewe­ gung und Rücken» sowie individuelle Beratung in Belastungs­ situationen. Gemeinsam mit der Stiftung «Informatik für Autisten» bildet die ETH Zürich derzeit zwei Praktikanten aus. In Zusammenarbeit mit der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich ermöglichte sie 2012 einer psychisch kranken jungen Frau mit einem Praktikum den Einstieg ins Berufsleben. Als eine der grössten Ausbildungsstätten für junge Berufsleute im Kanton Zürich bildete die ETH Zürich 2012 166 Lernende in 13 verschiedenen Berufen aus. Seit 2007 hat die Zahl der Lernen­ den an der ETH Zürich um fast 25 % zugenommen. EPFL 2012 führte die EPFL bei ihrem Personal eine Zufriedenheitsum­ frage durch. Was die allgemeine Zufriedenheit mit der beruflichen Situation betrifft, wurde sowohl von den Frauen als auch von den Männern die Note 4,7 von 6 vergeben. Mit der Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben sind die Frauen etwas zufriedener als die Männer (Note 5,1 bzw. 4,9 von 6). Auch bezüglich Gestaltung der Arbeitszeit – sei es in Teilzeit, im Jobsharing oder bei Telearbeit – liegt die Zufriedenheit der Frauen mit 4,7 von 6 geringfügig über derjenigen der Männer (4,5 von 6). Die Gleichheit der Beförde­ rungs- und Karrierechancen schliesslich wird von den Frauen mit 4,1 von 6 weniger gut benotet als von den Männern mit 4,8 von 6. Obwohl das Ergebnis befriedigend ist, besteht hier noch viel Spielraum für Verbesserungen. Die allgemeine Zufriedenheit hat sich verbessert, denn im Jahr 2004, als die letzte Umfrage durch­ geführt wurde, lag der Gesamt-Score bei 4,1 von 6. Über 7500 Jugendliche (mehrheitlich Mädchen) haben die im MINT-Bereich angebotenen Aktivitäten genutzt. Mindestens ein­ mal monatlich wurde ein Anlass organisiert, um die Studentinnen und die Wissenschaftlerinnen zur Fortsetzung ihrer Karriere zu ermuntern. In Zusammenarbeit mit den Westschweizer und Tessi­ ner Universitäten wurden im Rahmen der Mentoringprogramme neue Sessionen gestartet. Das Projekt «Fix the leaky pipeline!» des ETH-Bereichs wurde im Januar 2012 mit einer äusserst positi­ ven Bilanz abgeschlossen; eine neue vierjährige Session wird 2013 in Angriff genommen.

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PSI Das PSI führt das erfolgreiche Programm «Rückkehr in die Berufstätigkeit am Paul Scherrer Institut» fort. Es unterstützt dabei Wissenschaftlerinnen, die temporär aus dem Berufsleben ausgetreten sind, bei ihrem Wiedereinstieg. 2012 hat das Perso­ nalmanagement in engem Dialog mit Mitarbeitervertretenden einen Schwerpunkt auf die Weiterentwicklung des DiversityManagements am PSI gelegt. Dieser bewusst breit gefasste Begriff schliesst die Chancengleichheit mit ein und wird der zunehmenden Heterogenität der Mitarbeitenden im Forschungs­ umfeld gerecht. Die Förderung des MINT-Nachwuchses bleibt ein grosses Anliegen des PSI. Seit seiner Eröffnung 2008 wurde das Schüler­ labor iLab von mehr als 11 000 Jugendlichen besucht. Das iLab bietet diesen die Möglichkeit zu einem Schlüsselerlebnis, das für die Berufs- oder Studienwahl entscheidend sein kann. Das PSI unterstützt den MINT-Nachwuchs weiterhin über gemeinsame Projekte mit «Schweizer Jugend forscht» und ist zusammen mit den anderen Forschungsanstalten des ETH-Bereichs Sponsor dieser Stiftung. Im Verein NaTech Education engagiert sich das PSI zur Stärkung des Verständnisses von MINT in den Bildungs­ konzepten der Schweiz. Am zweiten Ferienforschungscamp nahmen 36 Kinder von PSI-Mitarbeitenden teil. Der Zukunftstag wurde auch dieses Jahr wieder von über 100 Teenagern besucht. WSL Was muss ich tun, um meine Karriere als Forscherin oder For­ scher erfolgreich zu meistern? 2012 startete die WSL ein Projekt zum Thema «Karriereplanung», um den Bedarf nach Unterstüt­ zung in diesem Bereich zu ermitteln und erste Antworten auf Schlüsselfragen zu erhalten. Bereits zuvor bestätigten Antworten WSL-interner Doktorierender die Aktualität des Themas, und gemäss der internen Beratungsstelle für Workplace Diversity haben 2012 Anfragen und Coachings rund um Karrieremöglich­ keiten in Forschung und Industrie zugenommen. Insbesondere junge Forscherinnen wie auch Forscher beschäftigen sich zuneh­ mend bewusst mit Möglichkeiten für befriedigende Lebens- ­und Berufsmodelle. Neben dem gut eingeführten Projekt zur Frauenförderung im ETH-Bereich, «Fix the leaky pipeline!», wirkt die WSL zudem mit am internationalen Projekt der Leuphana Universität zum Thema «Gender und Nachhaltigkeit». Teilnehmende Forscherinnen und Forscher erhalten hier neue persönliche Erkenntnisse und reflek­ tieren fachlich-methodisches Wissen wie auch soziale Kompetenz. Die Rückmeldungen der Teilnehmenden sind durchwegs positiv.

Fazit des ETH-Rats Der ETH-Bereich verfügt über gute Arbeitsbedingungen. Dies zeigen interne Umfragen. Personalverbände beanstandeten jedoch, dass im Vergleich zum Bund ein Manko in der Salärent­ wicklung besteht. Dieses hat der ETH-Rat trotz angespannter Finanzlage per Ende Jahr verkleinert. Eine Vielzahl von In­strumenten dient der Förderung und Durchsetzung der Chan­ cengleichheit von Mann und Frau. So engagierten sich alle Ins­ titutionen des ETH-Bereichs im gemeinsamen Karriereförderungs­

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

Empa Mit der Ernennung von Brigitte Buchmann zum neuen Direk­ tionsmitglied der Empa ist auch in diesem Gremium eine Frau vertreten. Die Empa unternimmt zudem erhebliche Anstrengun­ gen, um den Frauenanteil auf sämtlichen Hierarchieebenen zu erhöhen – beim wissenschaftlichen Personal beträgt er inzwi­ schen 36 %. Mit der Neuauflage des gemeinsamen BusinessLunches unter dem Motto «Women meet Women» wurde 2012 das Netzwerk der Empa- und Eawag-Frauen verstärkt. Die Empa engagiert sich zudem im gemeinsamen Karriereförderprogramm des ETH-Bereichs für junge Wissenschaftlerinnen, «Fix the leaky pipeline!». Für ihre Postdoktorandinnen und -doktoranden führte die Empa gemeinsam mit der Eawag erstmals einen Workshop zum Thema «Karriereplanung» durch. Im Bereich Nachwuchsförderung beherbergte die Empa neben Primar­ schülerinnen und -schülern (Sommercamp) sowie Kindern der 5. bis 7. Klasse (Nationaler Zukunftstag) anlässlich des «Swiss Young Physicists’ Tournament» auch Kantonsschülerinnen und -schüler. Ausserdem unterstützt die Empa verschiedene Aktivi­ täten der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissen­ schaften (SATW) wie TecDays/TecNights@Kantonsschulen und «Mehr Frauen in MINT – MehrWERT für Wissenschaft und Indu­s­ trie». Eawag Das Komitee für Gleichberechtigung und Chancengleichheit (EOC) unter Beteiligung der Direktorin setzte 2012 Schwerpunkte bei der Förderung von Frauen als wissenschaftliche Nachwuchskräfte und bei Massnahmen zur Work-Life-Balance. Der Anteil von Frauen in Führungspositionen ist an der Eawag weiterhin relativ hoch (25 %). Damit Frauen bei Stellenausschreibungen ange­ messen berücksichtigt werden, existieren verbindliche Regeln für die Auswahlgremien. Die Einhaltung dieser Regeln wird kon­ sequent überprüft. Bei Bedarf wird in den Rekrutierungsprozess eingegriffen. Ebenso unterstützt ein gemeinsames Coaching­ programm mit der Empa junge Wissenschaftlerinnen bei der Karriereplanung (vgl. S. 75). Um auch den informellen Austausch unter Frauen zu fördern, wurde der regelmässige Frauen-Lunch für Mitarbeiterinnen von Eawag und Empa nach mehrjähriger Pause 2012 wieder durchgeführt. Das EOC hat ebenfalls Massnah­ men ergriffen, um die Mitarbeitenden über die Angebote zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf besser zu informieren. Die Eawag unterstützt wenig verdienende Eltern finanziell bei der Kinderbetreuung und unterhält gemeinsam mit der Empa eine Kinderkrippe. Sie engagiert sich auch für die Integration von erkrankten oder behinderten Mitarbeitenden.

programm für junge Wissenschaftlerinnen – «Fix the leaky pipeline!» –, das in der Planungsperiode 2013–16 mit noch mehr Mitteln fortgesetzt wird. Dennoch sind die quantitativen Ziele bezüglich Frauen in Spitzen- und Kaderpositionen im ETH-Bereich noch nicht erfüllt. Der ETH-Rat verstärkt die Anstrengungen, indem er die Mittel der Institutionen für individuelle Beratungen und Coachings erhöht hat. Um naturwissenschaftlich interessierte Kinder und Jugendliche sowie um die MINT-Nachwuchsförderung drehten sich zahlreiche gut besuchte Veranstaltungen.

Ziel 5 I Arbeitsbedingungen, Chancengleichheit und Nachwuchsförderung

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Ziel 5 Arbeitsbedingungen, Chancengleichheit und Nachwuchsförderung

Chancen nutzen und Nachwuchs fördern

Im ETH-Bereich besteht Konsens darüber, dass in der akademischen Welt für beide Geschlechter gleiche Karriere- und Gehaltsbedingungen herrschen müssen und dass die nachrückende Generation talentier­ ter Forscherinnen und Forscher gefördert werden soll. Nur so kann es gelingen, die international besten Köpfe an die ETH Zürich, die EPFL oder die Forschungsanstalten zu holen. Darauf legt jede Institution grossen Wert und setzt sich sehr dafür ein. Das Angebot ist vielfältig. Dies zeigt eine kleine Tour d’Horizon.

Karriere-Flaschenhals nach der Promotion: Eine grosse Hilfestellung bietet der «Kinderpavillon» – die Kindertagesstätte der Eawag und der Empa – auch der Postdoc-Wissenschaftlerin Alexandra Kroll.

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Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


«Der ETH-Bereich schafft attraktive und familienfreundliche Arbeitsbedingungen, fördert die Chancengleichheit und bildet den wissenschaftlichen Nachwuchs aus.» So lautet der Kernsatz im Leistungsauftrag zum Ziel 5, «Arbeitsbedingungen, Chancen­ gleichheit und Nachwuchsförderung». Wie aber steht es damit in der Praxis des Alltags? Eine Auswahl an Beispielen gibt einen kleinen Einblick. Erste Station, um einen Einblick in die Förderung junger Talente zu geben, ist Sonja Negovetic, stellvertretende Leiterin der Stabsstelle Forschungskoordination an der ETH Zürich. «In der Nachwuchsförderung unterstützen wir Personen auf allen Stufen der akademischen Laufbahn, vom Master über das Doktorat bis hin zum Postdoc oder zur Assistenzprofessur», erläutert sie. Stu­ dierende, die einen Master an der ETH Zürich absolvieren wollen, können sich etwa beim «Excellence Scholarship & Opportunity Programme (ESOP)» bewerben. Diese Begabtenförderung ist offen für interne und externe Bewerberinnen und Bewerber, unabhän­ gig von deren Nationalität. Finanziert werden diese Stipendien aus Drittmitteln. Bis Ende 2012 haben insgesamt 143 Studierende ein ESOP-Stipendium erhalten, 51 davon sind Frauen. Dabei haben 60 von ihnen, insgesamt 42 Prozent, vorgängig ihren Bachelorabschluss an der ETH Zürich erworben. Ergänzend zu den Programmen des Schweizerischen National­ fonds (SNF) oder auch der EU, können Forschende an der ETH Zürich Projekte beim kompetitiven Programm «ETH Zurich Research Grants» einreichen, mit denen Doktorierende gefördert werden. Im Fokus stehen dabei innovative oder unkonventionelle Forschungsprojekte vor allem in der Grundlagenforschung, die das Potenzial haben, spannende Resultate hervorzubringen, und für die bei externen Förderinstrumenten nur schwer Mittel zu erhalten wären. Das «ETH Zurich Postdoctoral Fellowship Pro­ gram» richtet sich an junge Forschende mit exzellenten inter­ nationalen Referenzen von ausserhalb der ETH Zürich. «Damit», sagt Sonja Negovetic, «profiliert sich die ETH Zürich als attraktiver Forschungsstandort für exzellente Wissenschaftlerinnen und ­Wissenschaftler aus aller Welt.» Das Programm wird von der EU («COFUND») mitfinanziert. An der Schnittstelle zwischen Wissen­ schaft, Forschung und Industrie sind die Pioneer Fellowships angesiedelt, die dazu dienen, vielversprechende Resultate aus einer Forschungsarbeit zu einem innovativen Produkt oder einer innovativen Dienstleistung weiterzuentwickeln. Um ein Pioneer Fellowship können sich Masterstudierende und Doktorierende bewerben. Diese werden über Drittmittel finanziert. Besondere Förderung: The Branco Weiss Fellowship Ein Nachwuchsförderungs-Programm der besonderen Art ist die «Society in Science – The Branco Weiss Fellowship», welche vom Unternehmer und Philanthropen Branco Weiss an der ETH Zürich gegründet wurde. Es fördert Wissenschaftlerinnen und Wissen­ schaftler auf Stufe Postdoc, unabhängig von Herkunft, zukünfti­

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

gem Ort der Tätigkeit oder Fachgebiet. Im Jahre 2012 durfte die ETH Zürich bekannt geben, dass sie für dieses Nachwuchs­ förderungsprogramm aus dem Nachlass von Branco Weiss weitere rund 100 Mio. CHF erhalten wird. Damit ist die Existenz des Pro­ gramms auf Jahre hinaus gesichert. 2012 wurden aus den rund 450 Bewerberinnen und Bewerbern acht neue Fellows ausge­ wählt. Junge Forschende, die eine Karriere in der Wissenschaft anstreben, können sich um eine Assistenzprofessur bewerben. Im Rahmen ihrer Professurenplanung besetzt die ETH Zürich einen Teil ihrer Stellen auf Stufe Assistenzprofessur, meist mit Tenure Track. Darüber hinaus können sich junge Forschende um eine Förderprofessur des SNF oder um einen ERC Starting Grant bewerben. Von Zürich geht es nach Lausanne zur EPFL und Farnaz MoserBoroumand, ihres Zeichens Beauftragte für Chancengleichheit. Sie zeigt uns mehrere Massnahmen auf, um die Chancengleichheit auf allen Altersstufen zu fördern. Für Mädchen zwischen sieben und 15 Jahren gibt es Kursangebote wie «Internet für Mädchen» oder «Roboter, eine Angelegenheit für Mädchen» sowie Wissen­ schaftswochen ausschliesslich für Mädchen. So erhalten sie ­Einblick in die faszinierende Welt der Ingenieurwissenschaften. Der Hochschul-Bus «Les sciences, ça m’intéresse!» ist in der ­französischen Schweiz seit 2009 unterwegs, um das Interesse der Jugendlichen und insbesondere der Mädchen für die Wissen­ schaften zu wecken. Die Aktivitäten wurden 2012 ausgebaut und stehen nun auch Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe I offen. Über 4000 Mädchen profitieren Jahr für Jahr vom Pro­ gramm des Bureau de l’égalité des chances der EPFL, das den Jugendlichen die MINT-Fächer schmackhaft machen soll. «Damit die Studentinnen und Wissenschaftlerinnen über die nötigen Werkzeuge verfügen, im richtigen Zeitpunkt die richtige Entschei­ dung treffen und alle Chancen für eine erfolgreiche akademische Karriere nutzen können, wurde ein breites Angebot ausgearbeitet, zu dem unter anderem mehrere Mentoring- und Coaching-­ Programme gehören», erklärt Farnaz Moser-Boroumand. Frauen gehen im Laufe der Karriere «verloren» Dass diese Anstrengungen zur Förderung des weiblichen Nach­ wuchses notwendig sind, zeigt ein Blick auf die Zahlen. An der EPFL bewegt sich der Frauenanteil bei den Studierenden, Dok­ torierenden und Postdocs um die 27 Prozent, bei den Professu­ ren beträgt dieser nur 12 Prozent. Zu den getroffenen Mass­ nahmen gehört der laufende Ausbau der Infrastruktur zur Kinderbetreuung, damit sich Familienleben und Karriere besser miteinander vereinbaren lassen. In den beiden Kinderhorten des Campus werden regelmässig neue Plätze geschaffen. Seit knapp zehn Jahren existiert auch eine Struktur mit Kinder­ garten und zusätzlichem Betreuungsangebot ausserhalb der Schulzeiten. Flexible Arbeitszeiten stehen an der EPFL hoch im Kurs. Nach einer aktuellen Umfrage sind 78 Prozent der Befrag­

Ziel 5 I Arbeitsbedingungen, Chancengleichheit und Nachwuchsförderung

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ten mit dem Angebot in diesem Bereich «zufrieden», davon 39 Prozent «sehr zufrieden». Eine nächste Station führt zu Ines Günther-Leopold. Die pro­ movierte Chemikerin ist Gruppenleiterin im Forschungsbereich Nukleare Energie und Sicherheit und auch Sprecherin des Komi­ tees für Chancengleichheit am Paul Scherrer Institut (PSI). Das Gespräch dreht sich zunächst um die Feststellung, dass Nach­ wuchsförderung im Grunde nicht früh genug beginnen kann und dass diese oftmals eng mit der Chancengleichheit zusammen­ hängt. Wenn der Frauenanteil bei Maturandinnen und Maturan­ den deutlich höher ist als noch vor wenigen Jahren, die Zahlen bei den Studierenden von technisch-naturwissenschaftlichen Fächern dies aber nicht gleichermassen wiedergeben und das PSI punkto Frauenanteil in Führungsfunktionen trotz zahlreicher Massnahmen die gesteckten Ziele nicht erreicht, zeigt dies für Ines Günther-Leopold zweierlei: «Die Sensibilisierung für die sogenannten MINT-Fächer aus den Bereichen Mathematik, Infor­ matik, Naturwissenschaften und Technik muss früh erfolgen, und noch immer verlieren wir zu viele Frauen auf dem Weg nach oben.» Rezepte dagegen werden am PSI über verschiedene Wege gesucht. Um die Rückkehr von Frauen nach einer familienbeding­ ten Pause zu erleichtern, hat das PSI ein WiedereinsteigerinnenProjekt für junge Wissenschaftlerinnen lanciert. Am sogenannten «Tochtertag» (seit zwei Jahren ein «Zukunftstag» für Mädchen und Jungen) erhalten Mädchen am PSI erste Einblicke in die naturwissenschaftlich-technisch geprägte Arbeitswelt ihrer Eltern. Im «iLab – das Labor für die iPod-Generation», wie es auf der PSI-Homepage heisst, soll «ein naturwissenschaftliches Feuer in den Jugendlichen entfacht werden». Das Schülerlabor mit Experi­ mentierplätzen für zwei Dutzend Schülerinnen und Schüler befin­ det sich direkt auf dem PSI-Areal im aargauischen Villigen. Die Besuchergruppen, die mit Link und Bild auf der PSI-Homepage verewigt sind, gehen inzwischen in die Hunderte. Wunsch nach Jahresarbeitszeit «Die zentrale Frage bleibt: Wie kann das PSI ein attraktiver Arbeit­ geber sein und bleiben? Nur wenn das gelingt, können wir auch in Zukunft die besten Köpfe anlocken», sagt Ines Günther-Leo­ pold; «in diesem Zusammenhang rücken dann ganz andere Prob­ leme ins Blickfeld.» Es geht um Teilzeitarbeit für junge For­ schende beiderlei Geschlechts, die Kinderbetreuung und Beruf verbinden wollen. Aber auch um flexible Arbeitsmodelle für ältere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie um Karrierepla­ nungen für jüngere. Auf all diesen Gebieten bemüht sich das PSI um Lösungen. Bereits 2009 hatte das PSI eine Umfrage gestartet zum Thema Arbeitszeitflexibilität und ergänzende Kinderbetreu­ ung. Resultat: Insbesondere Frauen wünschen sich Modelle wie Jahresarbeitszeiten oder Telearbeit und institutionalisierte Betreuungsangebote im Krankheitsfall von Kindern oder ver­ stärkte Ferienangebote. Inzwischen gibt es einmal jährlich wäh­ rend der schulfreien Zeit ein Feriencamp für Kinder von PSI-Ange­ stellten, welches die Möglichkeit bietet, Kinder frühzeitig für die Welt von Naturwissenschaft und Technik zu begeistern. Ein wesentlicher Baustein im Themenfeld «Vereinbarkeit von Familie und Beruf» ist die seit vielen Jahren bestehende Kindertages­ stätte auf dem Areal des Forschungsinstituts, welche derzeit von rund 75 Kindern besucht wird. «Workplace Diversity Koordinatorin» lautet die offizielle Bezeichnung der Funktion, welche die ausgebildete Organisati­ onspsychologin Ursula Gut an der WSL in einem 70-Prozent-Pen­

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sum ausübt. Ihren Job umschreibt sie mit folgenden Worten: «Ich beschäftige mich mit Themen und Umsetzungsprojekten, welche die Chancengleichheit im Arbeitsumfeld zwischen Frauen und Männern, Menschen unterschiedlichen Alters, verschiedener eth­ nischer Zugehörigkeit und Weltanschauung, mit unterschiedlichen Voraussetzungen betreffend Gesundheit und sexuelle Orientie­ rung fördern sollen.» Im Zentrum stehen auch hier Gender-Fra­ gen und die Sensibilisierung der Mädchen für naturwissenschaft­ lich-technische Fachrichtungen. Hinzu kommen aber an der WSL auch verschiedene Formen der Karriereplanung und Nachwuchs­ förderung. Das sind Studierende, die nach dem Master ein halb­ jähriges Praktikum absolvieren, oder Doktorandinnen und Dokto­ randen, die an der Forschungsanstalt betreut werden. Seit 2012 läuft zudem ein Pilotprojekt zur Unterstützung von befristet angestellten älteren Mitarbeitenden. «Bevor der Vertrag ausläuft, nehmen wir mit den Betroffenen Kontakt auf und bieten ihnen auf freiwilliger Basis Unterstützung an», sagt Ursula Gut. «Das beinhaltet oft ganz praktische Dinge wie die Erstellung einer ­einwandfreien Bewerbungsmappe.» Dies dient dem Ziel, die Arbeitsmarktfähigkeit zu erhalten. Förderung der Postdoc-Forschenden Zuoberst auf der Webseite der Empa zum Thema Chancen­ gleichheit prangt in Handschrift ein einziges Wort in rotschwarzen Lettern: «together». Unter diesem Stichwort subsu­ miert Christiane Löwe sämtliche Massnahmen, die mit ihrem Job als Empa-Beauftragte für Chancengleichheit und Vielfalt verbunden sind; wenn es der Sache dient, stellt sie sich gerne selber als Moderatorin ins Rampenlicht. Im vergangenen Sep­ tember etwa, als zusammen mit der Eawag der Business-Lunch «Women meet Women» neu aufgelegt wurde. Christiane Löwe befragte dabei die Eawag-Assistenzprofessorin Lenny Winkel über ihre Erfahrungen als Postdoc-Wissenschaftlerin an ver­ schiedenen wissenschaftlichen Institutionen in Europa. Für die Zuhörerinnen waren das First-Hand-Informationen über die Bedeutung der Mobilität für eine wissenschaftliche Karriere: Kurz zuvor hatte Lenny Winkel aufgrund ihrer herausragenden Leistungen eine Förderungsprofessur des SNF erhalten. Ein schönes Beispiel für effiziente Frauenförderung. Nun will ­Christiane Löwe 2013 als Teil des «COFUND»-Karriereförderungs­ programms «Empa Postdocs» neue Kurse für junge Wissen­ schaftlerinnen und Wissenschaftler anbieten – auf dass solche Beispiele wie das von Lenny Winkel Schule machen. Mitorganisatorin dieses Auftritts war auch Alexandra Kroll, Postdoc-Wissenschaftlerin in der Abteilung Umwelttoxikologie der Eawag und Sprecherin des Komitees für Chancengleichheit und Nachwuchsförderung. Die Mutter eines dreijährigen Kindes – die­ ses besucht die hauseigene Kindertagesstätte – weiss aus eigener Erfahrung um den Karriere-Flaschenhals, der sich für viele Nach­ wuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler und insbeson­ dere für Frauen nach der Promotion auftut. «Bei der Eawag bei­ spielsweise sind frei werdende feste Stellen eher rar», sagt Alexandra Kroll. «Postdocs müssen sich grundsätzlich überlegen, wie sie mit der Unsicherheit einer wissenschaftlichen Karriere umgehen, oder Alternativen in der Privatwirtschaft suchen.» Die Eawag bietet auch da Hilfestellung. So gibt es seit Herbst 2012 wieder Coaching-Programme für Postdocs. Am Eröffnungsevent sprach die ehemalige Wissenschaftlerin und heutige selbständige Personalentwicklerin Monica Clausen zum Thema: «From luck to mastery: Women and their academic careers».

Ziel 5 I Arbeitsbedingungen, Chancengleichheit und Nachwuchsförderung

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


Beispiele aus den Institutionen

ETH Zürich

Zufriedene Mitarbeitende Im März erhielten die Mitarbeitenden und Doktorierenden der ETH Zürich Gelegenheit, sich im Rahmen der dritten Personalbefragung über ihre Zufriedenheit mit der Arbeitssituation resp. der Studienund Lebenssituation zu äussern. Im Vergleich zu den beiden vor­ herigen Befragungen in den Jahren 2004 und 2008 konnte dieses Mal eine deutlich höhere Rücklaufquote erreicht werden. Insgesamt zeigten sich sowohl die Mitarbeitenden als auch die Doktorieren­ den zufrieden bis sehr zufrieden mit ihrer Situation am Arbeitsplatz. Die Befragungen zeigten aber auch verschiedene Handlungsfelder auf. Bei den Mitarbeitenden soll gezielt mehr Gewicht auf die Gesundheitsförderung und die persönlichen Entwicklungsmög­ lichkeiten gelegt werden. Dementsprechend sollen Personalge­ spräche vermehrt als Fördergespräche geführt werden. Bei den Doktorierenden besteht in Bezug auf die wissenschaftliche Betreu­ ung und die Vorbereitung auf die Lehrtätigkeit Potenzial für Ver­ besserungen. Ein grosses Problem für Doktorierende ist zudem die angespannte Situation auf dem Zürcher Wohnungsmarkt.

EPFL

Informatik auf spielerische Art

einer Vakuum-Apparatur durch, um einen Bezug zum Alltag her­ zustellen. Die Jugendlichen erkennen etwa, wie die Parkhilfe eines Autos oder ein Distanzmesser funktionieren. Anschliessend besu­ chen die Jugendlichen die Forschungsanlagen des PSI und erhal­ ten einen realen Eindruck der wissenschaftlichen Arbeitswelt. Alle Jugendlichen werden nach dem Besuch des iLab über ihr Interesse an den Experimenten und insbesondere an der Physik befragt. Aus über 11 000 Fragebogen ergibt sich folgendes Bild: Über 80 Prozent beurteilen die Experimente als interessant und verständ­ lich, 50 Prozent sind von Physik fasziniert.

Empa/Eawag

Gemeinsames Programm für Nachwuchs­ forschende Rund 45 Postdoktorierende von Empa und Eawag hatten im Juni 2012 während der Eröffnungsveranstaltung eines gemeinsamen Programms für Nachwuchsförderung die Gelegenheit, sich über Karriereförderung im ETH-Bereich zu informieren und ihren eige­ nen Weiterbildungsbedarf zu planen. Die Teilnehmenden profi­ tierten ausserdem davon, sich über Probleme und Lösungsstrate­ gien aus ihrem Forschungsalltag mit anderen auszutauschen. Zu dem halbtägigen Karriere-Event hatten das Komitee für Chancen­ gleichheit der Eawag (EOC), die Gleichstellungsbeauftragte der Empa und das Projektmanagement von «COFUND» eingeladen. Ziel des gemeinsamen Förderungsangebots ist es, jungen Forscherin­ nen und Forschern den Weg zu Führungspositionen zu erleichtern. Seit Herbst 2012 werden sie deshalb an der Eawag mit Coachings bei der individuellen Karriereplanung unterstützt. An der Empa finden im gleichen Zeitraum Kurse für Postdocs im Rahmen des EU-COFUND-Projektes statt. Der erste Call wird im Mai 2014 abge­ schlossen, und bereits ist der zweite in Vorbereitung.

ETH Zürich

40 Jahre ETH-Kinderkrippe Informatik von A–Z: Kinder und Jugendliche an der Ausstellung (Bild: EPFL/Alain Herzog).

Über 50 Schulklassen mit insgesamt rund 1200 Kindern und Jugend­ lichen haben die Ausstellung «L’informatique de A à Z» besucht, die vom 22. Oktober bis zum 2. Dezember im Hof des Gebäudes BC der EPFL zu sehen war. Ein Rundgang veranschaulichte den Besu­ cherinnen und Besuchern auf spielerische Art die Grundkonzepte der Informatik: Algorithmen, Codes, Software, Programmierung usw. Daneben konnten sie wichtige Persönlichkeiten, die zum Aufbau dieser Wissenschaft beigetragen haben, kennenlernen.

PSI

MINT-Fächer zum Anfassen: Ein Tag im iLab

1972 gründeten engagierte Studierende und Mitarbeitende an der ETH Zürich die Kinderkrippe «KiKri». Was vor 40 Jahren als Pionier­ tat eines engagierten Elternvereins begann, ist heute eine profes­ sionell geführte Institution, die den Angehörigen der ETH eine zeitgemässe Kinderbetreuung bietet. Rechtzeitig zum 40-JahrJubiläum konnte die «KiKri» Anfang Jahr ein neues Gebäude an der Clausiusstrasse beziehen, das die ETH Zürich als Bauherrin und Grundstückbesitzerin in Auftrag gegeben hatte. Das neue Gebäude der «KiKri» bietet 46 Betreuungsplätze für Kinder von vier Monaten bis zum Kindergartenalter (Bild: ETH Zürich).

Das iLab bietet ein Tagesprogramm für Schulklassen, das die Fas­ zination der Forschung erlebbar macht und Zugang zu Inhalten und Methoden moderner Forschungsarbeit schafft. Die Jugendli­ chen führen unter Anleitung Experimente mit Schallwellen oder

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

Ziel 5 I Arbeitsbedingungen, Chancengleichheit und Nachwuchsförderung

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Ziel 6 Engagement für den Schweizer Hochschulraum

Facts & Figures

Ziel 6, Leistungsauftrag 2008–2011/12 (vgl. Beilage): «Der ETH-Bereich engagiert sich aktiv bei der Bildung des Schweizer Hochschulraums.» Berichterstattung 2012 der Institutionen mit Reportagen und Beispielen sowie Fazit des ETH-Rats.

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ETH Zürich An ihren Standorten Zürich, Tessin und Basel hat die ETH Zürich ihre Zusammenarbeit mit den Partnerinstitutionen gestärkt. Auf dem Hochschulplatz Zürich will sie insbesondere die Zusam­ menarbeit mit der Universität und dem Universitätsspital im Bereich der Hochschulmedizin intensivieren (vgl. S. 78). Das Sprachenzentrum der Universität und der ETH Zürich feierte 2012 sein 10-jähriges Bestehen. Das Angebot des Sprachenzentrums umfasst inzwischen mehr als 400 Sprachlernangebote in 14 Sprachen, welche von über 8500 Studierenden und Mitarbei­ tenden der beiden Zürcher Universitäten besucht werden. Das Angebot steht nun auch Studierenden der Zürcher Fachhoch­ schule offen. In Basel wird die ETH Zürich die Labortierhaltung für ihr Departement Biosysteme (D-BSSE) gemeinsam mit der Universität Basel ausbauen (vgl. S. 80). Der endgültige Standort des D-BSSE auf dem Areal Schällemätteli, in nächster Nähe zur Universität und zum Biozentrum Basel, wird bereits heute in enger Abstimmung mit den künftigen Nachbarn geplant, um die zukünftige Infrastruktur für Lehre und Forschung optimal gemeinsam nutzen zu können. ETH Zürich und Università della Svizzera Italiana (USI) reichten gemeinsam erfolgreich einen Antrag zur Etablierung einer Plattform für Advanced Scientific Computing (PASC) bei der Schweizerischen Universitätskonferenz (SUK) ein. Das Projekt ist einer der zentralen Bausteine der Stra­ tegie des ETH-Rats für das Hochleistungsrechnen (HPCN-Strate­ gie). EPFL 2012 wurde mit Unterstützung des ETH-Rats ein Austauschpro­ gramm für Studierende innerhalb des ETH-Bereichs in Angriff genommen. Es umfasst den Austausch auf den Stufen Bachelor, Master und Doktorat. Die Förderung reicht von Mobilitätssti­ pendien bis zur Unterstützung der Summer Schools. Elf Studie­ rende der EPFL kamen in den Genuss der vom ETH-Rat gewähr­ ten Stipendien für das Herbstsemester 2012. Die von der EPFL und dem Kanton Wallis unterzeichnete Partnerschaftsvereinbarung für die Einrichtung einer Walliser Aussenstelle schafft die Voraussetzungen, damit die EPFL vor allem in Schlüsselbereichen der Walliser Volkswirtschaft wie Energie und Biotechnologie ihre Kompetenzen weiter verbes­ sern kann (vgl. S. 82). Das Projekt beinhaltet die Zusammenar­ beit und den Austausch mit der Westschweizer Fachhochschule HES-SO Wallis in Lehre und Forschung. In Neuenburg stärkt die Konsolidierung des Schwerpunkts für Mikrotechnik rund um die Microcity die Wechselbeziehungen zwischen den verschiedenen akademischen und wirtschaftli­ chen Akteuren. So entsteht eine tragfähige Wissensplattform zwischen der EPFL, Neode, dem Centre suisse d’élec­tro­nique et de microtechnique (CSEM), der Haute Ecole Arc und der Universi­ tät Neuenburg. Die 2009 eingeführte Passerelle für Absolventinnen und Absolventen einer Fachhochschule hat ihre Zweckmässigkeit bewiesen: Im Herbst 2012 konnten 37 Personen zum Master zugelassen werden. Die Erfolgsquote steigt, denn nach 41 % im Jahr 2010 absolvierten 64 % der Teilnehmenden die FH-Passe­ relle (60 ECTS-Credits) im Jahr 2012 erfolgreich.

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PSI Das PSI entwickelt und betreibt komplexe grosse Forschungsan­ lagen und stellt diese Forschenden der Schweizer Hochschulen und der Industrie zur Verfügung. PSI-Mitarbeitende leisten bei den Messungen fachliche Unterstützung. 2012 haben rund 530 externe Schweizer Forschende, die das PSI in der Regel zweibis dreimal pro Jahr besuchen, von diesem Angebot Gebrauch gemacht. Das PSI investierte kontinuierlich in die Weiterent­ wicklung der Messplätze und stellte dadurch sicher, dass der Schweizer Wissenschaftsgemeinde auch künftig eine internatio­ nal wettbewerbsfähige und teilweise weltweit einzigartige For­ schungsinfrastruktur zur Verfügung steht. Mit dem Ausbau der Messplätze, insbesondere an der Synchrotronlichtquelle, stieg die Zahl der Nutzerinnen und Nutzer aus dem ETH-Bereich um jährlich 11 %. Ab 2016 wird auch der Freie-Elektronen-Röntgen­ laser SwissFEL dazu beitragen. Für dessen Realisierung hat das PSI im Berichtsjahr den entsprechenden Leistungsauftrag über die BFI-Botschaft 2013–16 erhalten. Seine Vernetzung im Schweizer Hochschulraum stärkt das PSI auch über die gezielte Schaffung gemeinsamer Professuren. So waren 2012 von den insgesamt 23 PSI-Forschungslaboren 21  Labore mit mindestens einer anderen Hochschule vernetzt – fünf davon gar mit mindestens zweien. WSL Die WSL leistet einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung des Schweizer Hochschulraumes. In ihrem weiten Netzwerk, das fast alle universitären Hochschulen wie auch zahlreiche Fach­ hochschulen der Schweiz umfasst, pflegt die WSL intensive Kontakte in Lehre und Forschung. So lehrten 2012 neun Profes­ sorinnen und Professoren sowie sieben Privatdozierende an der ETH Zürich, der EPFL und an den kantonalen Universitäten sowie verschiedene Dozentinnen und Dozenten an vier Fachhoch­ schulen. 2012 entstanden 36 neue Projekte mit Partnern aus dem Schweizer Hochschulraum. In einem dieser Projekte entwickelte die WSL gemeinsam mit der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) mithilfe neuster Technolo­ gien eine Unterstützung für die praktische Waldpflege. Um das Wachstum von Waldbeständen für die nächsten 50–150 Jahre in Abhängigkeit der forstlichen Eingriffe und Annahmen zukünfti­ ger Holzmärkte modellieren zu können, werden mithilfe von Smartphones wenige spezifische Bestandesparameter erhoben. Dank neu entwickelten Waldwachstumsmodellen lassen sich so bereits im Felde Bewirtschaftungsszenarien rechnen und geübte Forstfachleute können heute vor Ort wichtige Entscheide für den Wald von morgen treffen.

Fazit des ETH-Rats Die Vernetzung des ETH-Bereichs mit dem Schweizer Hoch­ schulraum ist im Berichtsjahr erneut engmaschiger geworden. Zahlreiche Professuren und Lehrverpflichtungen von Mitar­ beitenden der Forschungsanstalten an Fachhochschulen und Universitäten oder gemeinsame Projekte der ETH Zürich an

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Empa Der berufsbegleitende Masterstudiengang «MNT Micro- & Nano­ technology», den die Empa zusammen mit der Zürcher Hoch­ schule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW), der Interstaat­ lichen Hochschule für Technik in Buchs (NTB) und der Fach­ hochschule Vorarlberg ausrichtet, wurde in Österreich erneut als aussichtsreichstes FH-Studium im Bereich Technik ausgezeich­ net. Daneben engagiert sich die Empa mit zahlreichen Lehrauf­ trägen an den beiden ETH, an Schweizer Universitäten und Fachhochschulen (jährlich rund 2900 Unterrichtsstunden); ins­ gesamt sind sieben Empa-Forschende als Professorinnen und Professoren an Schweizer Universitäten und Fachhochschulen tätig, 14 an den beiden ETH. Ausserdem beteiligt sich die Empa am Kompetenzzentrum «Tissue Engineering for Drug Develop­ ment» (TEDD) der ZHAW, dies sowohl durch Mitarbeit im ­Steering Committee als auch im Rahmen gemeinsamer For­ schungsprojekte. Ziel des Kompetenzzentrums ist es, organ­ ähnliche humane Gewebemodelle zu entwickeln, mit deren Hilfe sich die (Neben-)Wirkungen neuartiger Materialien und Pharmaka beurteilen lassen. Weitere Kooperationen mit den Schweizer Universitäten und Fachhochschulen finden in Form gemeinsamer Bachelor- und Masterarbeiten (65 von insgesamt rund 120) sowie Dissertationen (knapp 80 von insgesamt rund 200) statt. Eawag Neben den neun Professuren mit der ETH Zürich, der EPFL sowie der Universität Bern haben 16 Eawag-Forschende Titularprofes­ suren an Schweizer Hochschulen inne. Hinzu kommen zwei Förderprofessuren des Nationalfonds. Die Zusammenarbeit mit der Universität Basel wurde 2012 mit einer Titularprofessur ­verstärkt. Eawag-Forschende bieten in Basel Kurse über die Globalisierung der Wasserressourcen an und arbeiten mit For­ schenden der Universität Basel zusammen. Weiter gefestigt wurden die fachliche Zusammenarbeit im Bereich Fischökologie und Evolution sowie Politikwissenschaften mit der Universität Bern, im Innovations-Management mit der Universität St. Gal­ len, in Hydrogeologie mit der Universität Neuenburg und in Umweltpsychologie mit der Universität Zürich. An einer Tagung an der Eawag im Rahmen der praxisorien­ tierten Eawag-Kurse PEAK wurden aktuelle Ergebnisse aus dem Nationalen Forschungsprogramm NFP 61, Nachhaltige Wasser­ nutzung, zum Thema Auswirkungen der Klimaänderungen auf Grund- und Oberflächengewässer vorgestellt und diskutiert. Diese Zusammenarbeit mit anderen Schweizer Hochschul- und Forschungsinstituten in Bereichen transdisziplinärer Forschung trug zur weiteren Vernetzung im Schweizer Hochschulraum bei.

ihren Standorten im Tessin und in Basel belegen dies. Die Akti­ vitäten der EPFL im Wallis oder in Neuenburg fördern die wis­ senschaftliche und wirtschaftliche Dynamik vor Ort. Institutionen des ETH-Bereichs sind zudem praktisch in der ganzen Schweiz präsent. Dabei geht es jedoch stets darum, auf wissenschaftlich sinnvolle Schwerpunkte zu fokussieren. Aus diesem Grund ist es weder sinnvoll noch möglich, jede Anfrage zu berücksichtigen.

Ziel 6 I Engagement für den Schweizer Hochschulraum

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Ziel 6 Engagement für den Schweizer Hochschulraum

Forschung im Dienste der Medizin

Die Gründung des Verbunds «Hoch­ schulmedizin Zürich» ist ein Meilen­ stein. Die grösste medizinische Fakultät der Schweiz an der Univer­ sität Zürich, die ingenieur- und naturwissenschaftliche Exzellenz der ETH Zürich sowie die kompetente Spitzenmedizin des Universitätsspi­ tals Zürich kombinieren ihre Exper­ tise von der Grundlagenforschung über die klinische Forschung bis hin zur medizinischen Versorgung. Mit dem Wissen aus den drei Institutio­ nen und mit einem interdisziplinä­ ren Forschungsansatz sollen Schwer­ punktthemen wie die Entwicklung von Kunstherzen sowie die Persona­ lisierte Medizin und die biomedizi­ nische Bildgebung erforscht und für die Praxis im Spital fruchtbar gemacht werden.

Biomedizinische Bildge­ bung als interdisziplinärer Forschungsbereich im Ver­ bund «Hochschulmedizin Zürich»: Markus Rudin, ETH-Zürich-/UZH-Professor am Institut für Biomedizi­ nische Technik.

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Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


Der Name ist schlicht, fast bescheiden: «Hochschulmedizin Zürich». Die Zielsetzung jedoch, welche die Zürcher Institutionen ETH, Uni­ versität und Universitätsspital damit verbinden, ist ehrgeizig: die medizinische Forschung auf dem Hochschulplatz Zürich zu einem internationalen Schwergewicht zu entwickeln. Dies war die Bot­ schaft, als die drei Partnerinstitutionen Ende September 2012 den für die Schweiz neuartigen Forschungsverbund öffentlich machten. Es ist ein gross angelegtes Vorhaben, welches hier angeschoben wurde, und es wirkt stark in die beteiligten Institutionen hinein. Seit Jahren treibt die ETH Zürich den Ausbau der Forschungsgebiete im Bereich Gesundheit voran – insbesondere in der Medizinaltech­ nik. Bereits 1971 wurde das Institut für Biomedizinische Technik der ETH zusammen mit der Universität Zürich gegründet, eines der weltweit ersten gemeinsamen Institute in diesem Bereich. Seit Anfang 2012 sind «Gesundheitswissenschaften und Technologie» im neuen Departement D-HEST zusammengefasst. Die interdisziplinäre Forschung von der Grundlagen- bis zur angewandten Forschung wird innerhalb der neuen Partnerschaft «Hochschulmedizin Zürich» nun gezielt verstärkt. Zu diesem Zweck wurden auf der Basis bereits bestehender Kompetenzen strategische Schwerpunkte definiert. Integraler Bestandteil der Zusammenarbeit von UZH, USZ und ETH Zürich ist auch die Erstellung des neuen Forschungsgebäudes GLC der ETH Zürich im Zentrum der Stadt, in welchem ab 2017 auf über 13 000 Quadratmetern Nutzfläche Forschungsgruppen der ETHDepartemente «Gesundheitswissenschaften und Technologie» sowie «Informationstechnologie und Elektrotechnik» untergebracht werden sollen. «Die unmittelbare Nachbarschaft des GLC zur klini­ schen Forschung am Universitätsspital ist dabei ein entscheidender ­Vorteil», sagt Roman Boutellier, ETH-Vizepräsident Personal und Ressourcen. «Hier können Patienten- und Versuchspersonen emp­ fangen, Messungen und Experimente vorbereitet sowie Unter­ suchungen auf den dort bereitstehenden Technologieplattformen durchgeführt werden.» Harvard-MIT als Vorbild Dass eine derartige, auch räumliche Kombination von exzellenter wissenschaftlicher Expertise Früchte tragen kann, zeigt die Bosto­ ner Harvard-MIT Division of Health Sciences and Technology (HST), ein jahrzehntealter Verbund der Universität Harvard mit dem ­Massachusetts Institute of Technology (MIT). Auf deren Forschungs­ arbeiten geht etwa die medikamentöse Behandlung der Infekti­ onskrankheit Aids zurück. Dieses Modell stand denn auch Pate bei der Vision des Projekts «Hochschulmedizin Zürich». Dazu mussten freilich auch Voraussetzungen geschaffen werden, für welche die Entscheidungsbefugnis ausserhalb der beteiligten Universitäten liegt. Die kantonale Politik entschied sich zum Glück für einen Neubau des Universitätsspitals im Herzen der Stadt. Der überarbei­ tete Masterplan Hochschulgebiet schafft die Voraussetzung, dass ETH, UZH und USZ eng zusammenarbeiten können. Als durchaus willkommener Nebeneffekt resultiert daraus in naher Zukunft auch

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

Ziel 6 I Engagement für den Schweizer Hochschulraum

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wieder eine stärkere soziale Durchmischung des Stadtzentrums. Die räumliche Konzentration von Arbeitsplätzen der Wissenschaftlerin­ nen und Wissenschaftler im neuen ETH-Forschungszentrum GLC an der Gloriastrasse als Teil der Strategie «Hochschulmedizin Zürich» erlaubt es, heute von den Hochschulen als Bürogebäude genutzte Flächen wieder in Wohnraum zurückzuführen. «Für die ETH Zürich als technische Hochschule gewinnt die Schnittstelle zwischen Medizin und Ingenieur- und Naturwissen­ schaften zunehmend an Bedeutung», umreisst Roland Siegwart, ETH-Vizepräsident für Forschung und Wirtschaftsbeziehungen, die Zielsetzung des Forschungsverbunds. «Die interdisziplinäre For­ schung und Ausbildung, vernetztes Denken und der Zugang zu ­klinischen Daten sind zentrale Elemente der biomedizinischen ­Forschung und Praxis. Ziel der Hochschulmedizin Zürich ist es, diese Ansätze zu fördern.» Das Paradigma der technologiegetriebenen medizinischen Forschung wird abgelöst durch einen stärker prob­ lem- und lösungsorientierten Ansatz. In der Diagnostik und Behandlung von Krankheiten hat die Medizin in den vergangenen Jahrzehnten grosse Fortschritte erzielt. Deshalb hat auch der ­Wissensaustausch zwischen Grundlagenforschung, angewandter Forschung und klinischer Versorgung enorm an Bedeutung gewon­ nen. Der schnelle Transfer von Erkenntnissen der Grundlagenfor­ schung in die klinische Praxis ist denn auch ein zentrales Motiv für die Etablierung des Verbunds. «Biomedizinische Grundlagenfor­ schung, die Ingenieurwissenschaften und die klinische Forschung rücken so enger zusammen», weiss Markus Rudin, ETH-Zürich-/ UZH-Professor für Biomedizinische Technik, «und daraus ergeben sich für die Uni­versitätsklinik neue und gezielt auf Krankheitsbilder ausgerichtete Therapie­möglichkeiten.» Das Spital erhofft sich dadurch «einen Technologiesprung innert fünf bis zehn Jahren», meint Roland Siegwart. Dies alles entspricht dem vom Bundesrat definierten Leistungsziel «Engagement für den Schweizer Hoch­ schulraum» und bedingt auch «neue, zum Teil an den Schnittstel­ len traditioneller Disziplinen angesiedelte Professuren und eine intensivere Finanzierung durch Drittmittel aus der Privatwirt­ schaft», so Wolfgang Langhans, ETH-Professor für Physiologie und Verhalten. «Damit verfolgen wir auch das Ziel, in verschiedenen Studiengängen eine neue Generation von Fachkräften mit medizi­ nischem Expertenwissen für Wissenschaft und Praxis heranzubil­ den», betont Wolfgang Langhans. So ist der noch junge Studien­

gang «Gesundheitswissenschaften und Technologie» der ETH Zürich sehr erfolgreich gestartet – auf Bachelorstufe im Herbst 2011 und auf Masterstufe ein Jahr später (vgl. auch Beispiel S. 39). Enge Zusammenarbeit von Forschenden Ein erstes, bereits definiertes Schwerpunktprojekt der «Hochschul­ medizin Zürich» in der translationalen Forschung, der Schnittstelle zwischen präklinischer Forschung und klinischer Entwicklung, ist die Personalisierte Medizin. Dabei geht es darum, für einen Patienten aufgrund der individuellen genetischen Information eine optimale Therapie und individualisierte Medikamente mit verbesserter Wir­ kung zu entwickeln. Dies bedingt eine enge Zusammenarbeit zwi­ schen Genetikerinnen und Biologen, Pharmakologinnen, Informati­ kern oder Pathologinnen. «Die moderne Molekulargenetik erlaubt es, Krankheitsbilder präzise und individualisiert anzugehen», meint Wolfgang Langhans; «Diagnostik und Therapie werden immer diffe­ renzierter.» Ziel ist es, ein Zentrum für Personalisierte Medizin aufzu­ bauen, welches internationale Ausstrahlung erreichen soll. Eine zweite Stossrichtung beschäftigt sich mit der Entwicklung einer neuen Generation von Kunstherzen. «Seit geraumer Zeit exis­ tiert in Zürich ein exzellentes Herztransplantationszentrum, auf dem wir aufbauen können», sagt Wolfgang Langhans. «Um eine neue Generation von Kunstherzen zu entwickeln, ist Ingenieur­ wissen aus der Pumptechnik, der Sensorik und den Materialwis­ senschaften gefragt, aber auch das Know-how von Herzchirurgen und Kardiologen.» Angesichts der anhaltenden Knappheit von Spenderorganen stellen Neuentwicklungen auf diesem Gebiet eine dringliche medizinische Notwendigkeit dar. Lösungen für Praktizierende Aus dem Forschungsverbund der drei Zürcher Institutionen soll zudem ein Zentrum für Biomedizinische Bildgebung entstehen, welches die bereits vorhandenen Kompetenzen weiter bündelt und verstärkt. Traditionell verfügen Klinik und Hochschulen etwa im Bereich Magnetresonanztomografie (MRI) über exzellente For­ schungsgruppen. In diesem Bereich gehen die technische Entwick­ lung und die Diagnostik meist Hand in Hand. «Zielsetzung muss sein, Imaging-Lösungen bereitzustellen», sagt Markus Rudin, «die es den Ärztinnen und Ärzten erlauben, über eine präzise Diagnose zur optimalen Therapie für ihre Patienten zu gelangen.»

Beispiele aus den Institutionen ETH Zürich

Festigung des ETH-Standorts Basel Die ETH Zürich hat den Standort Basel auch 2012 weiter ausgebaut. Das vor wenigen Jahren gegründete Departement Biosysteme in Basel wurde durch zusätzliche Forschungsgruppen verstärkt. Inzwi­ schen sind 13 der vorgesehenen 17 Professuren mit hochkarätigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus den Bereichen experimentelle und theoretische Biologie, Biotechnologie, Bio­ physik und Mikroelektronik besetzt. Die Forschenden untersuchen biologische Systeme mit einem ganzheitlichen Ansatz, der über die Grenzen der klassischen Disziplinen hinausreicht. Ein wichti­

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Ziel 6 I Engagement für den Schweizer Hochschulraum

ger Faktor für den Erfolg der Forschung ist die enge Zusammen­ arbeit mit anderen Institutionen, insbesondere mit der Universi­ tät Basel. So haben die ETH Zürich und die Universität Basel beschlossen, die Partnerschaft weiter zu vertiefen und eine gemeinsame Anlage für Labortiere einzurichten. Sie soll im Som­ mer 2013 in Betrieb genommen werden. EPFL

Engagement für Neuenburg Die EPFL hatte sich verpflichtet, das Institut de microtechnique der Universität Neuenburg (IMT) auszubauen und stärker im lokalen

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


und an der WSL durch. Dadurch fördert sie den Informationsaus­ tausch zwischen den Forschungsplätzen Zürich und Neuenburg. Nachdem die WSL bereits gemeinsame Professuren mit ETH Zürich und EPFL kennt, ist eine gemeinsame Professur mit einer kantona­ len Universität ein Novum. Das Interesse der WSL gilt aber auch den Fachhochschulen: Zur Abklärung von Möglichkeiten der Zusammenarbeit fand ein erstes Treffen auf direktorialer Stufe mit der ZHAW Wädenswil statt.

Eawag

Neue Abteilung Umweltsozialwissenschaften Das neue Microcity-Gebäude: Sitz des IMT (Visualisierung).

Industriegefüge zu verankern. Seit dem Anschluss des Instituts an die EPFL im Jahr 2009 ist in dieser Hinsicht einiges geschehen. Dieses Jahr hat die EPFL die Schaffung von drei Lehrstühlen ange­ kündigt, von denen einer vom Neuenburger Unternehmen PX Group mitfinanziert wird. Der Inhaber des Patek-Philippe-Lehrstuhls ist bestimmt und das für den Sitz des IMT vorgesehene MicrocityGebäude wird 2013 eröffnet.

PSI

Gemeinsames Institut für Biomasse-Nutzung Für das PSI ist die enge Vernetzung mit den lokalen Fachhochschu­ len wichtig: Deshalb ist Frédéric Vogel seit 2012 Professor für erneu­ erbare Energien an der Hochschule für Technik der Fachhochschule Nordwestschweiz und leitet die Forschungsgruppe «Katalytische Verfahrenstechnik» am PSI. Sein Team erforscht neue Verfahren zur energetischen und stofflichen Nutzung von Biomasse. Ziel ist ein gemeinsamer Forschungsschwerpunkt zwischen der FHNW und dem PSI im Bereich der Biomassenutzung und Ressourceneffizienz. Auf dieser Grundlage startete 2013 das gemeinsame «Institut für Bio­ masse-Nutzung». Bereits seit 2005 besteht das gemeinsame PSIFHNW-Institut für nanotechnische Kunststoffanwendungen (INKA). Geleitet wird INKA von Jens Gobrecht, der gleichzeitig das Labor für Mikro- und Nanotechnologie am PSI leitet und eine Professur an der FHNW innehat. INKA ist das einzige öffentliche Institut in der Schweiz, an dem eine akademische Ausbildung und angewandte Forschung im Überlappungsbereich von Nano- und Kunststofftech­ nik angeboten werden.

WSL

Im September hat eine neue Abteilung Umweltsozialwissenschaften an der Eawag ihre Arbeit aufgenommen. Die Forschung der neuen Eawag-Einheit fokussiert auf drei wichtige sozialwissenschaftliche Themen: die Analyse des individuellen Verhaltens und der Entschei­ dungsprozesse in Bezug auf Umwelt- und Gesundheitsthemen, die Analyse von Institutionen, Netzwerken und Governance-Strukturen, welche Umweltprobleme regulieren und adressieren, sowie auf das Verständnis eines an Nachhaltigkeit orientierten Transformations­ prozesses in den Hauptsektoren der Industrie. Diese Forschung trägt zum besseren Verständnis, zur Bewertung und zum Management von Umweltproblemen bei. Wie zum Beispiel Akzeptanz und Nutzung von gesundheitsfördernden Wassertechnologien oder an Nachhal­ tigkeit orientierte Reformen des Siedlungswasser-Sektors. Dazu gehören aber auch wasserbezogene Ökosystemdienstleistungen oder das Design neuer politischer Ansätze für den Umgang mit Umweltverschmutzung in aquatischen Ökosystemen.

Empa

Neues Innovationszentrum im Rheintal

Gemeinsame Professur mit Uni Neuenburg

Empa-Direktor Gian-Luca Bona informiert über «RhySearch» (Bild: Der Rheintaler/Rheintalische Volkszeitung/Max Tinner).

Im Mai 2012 wurde die WSL-Forscherin Martine Rebetez vom Neu­ enburger Staatsrat zur ausserordentlichen Professorin in angewand­ ter Klimatologie an der Universität Neuenburg gewählt. Martine Rebetez hat sich in der Schweiz und im Ausland durch ihre Studien über die Klimaveränderung ausgezeichnet und analysiert die Kli­ maentwicklung im Hinblick auf gesellschaftliche Auswirkungen, zum Beispiel auf Waldökosysteme oder den Tourismus. Ihre Forschung, Lehrtätigkeit und Betreuung von Doktorandinnen und Doktoranden führt sie nun am Geografischen Institut der Universität Neuenburg

2012 fiel der Startschuss für «RhySearch», das neue Forschungs- und Innovationszentrum in Buchs. Im Zentrum arbeitet die Empa mit der ETH Zürich, dem Centre Suisse d’Electronique et de Microtechnique (CSEM), der Hochschule für Technik Buchs (NTB) und der Universität Liechtenstein zusammen. Ziel von «RhySearch» ist es, interdiszip­ linäre Hightech-Forschung und praktische Umsetzung zu verbinden und so die Innovationskraft der Schweizer Unternehmen zu stärken. Ende Jahr nahm das Zentrum den Betrieb auf dem NTB-Campus auf.

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

Ziel 6 I Engagement für den Schweizer Hochschulraum

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Ziel 6 – Engagement für den Schweizer Hochschulraum

EPFL expandiert ins Wallis

Der geplante Campus «EPFL Valais Wallis» wird auch Professu­ ren zum Thema Energie und Gesund­ heit beherbergen: Professor Philippe Gillet, Vizepräsident EPFL (vorne), Anton Schleiss, EPFL-Pro­ fessor am Labor für Wasserbau.

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Der Kanton Wallis und die EPFL haben ein gemeinsames Bildungs- und Forschungsprojekt beschlos­ sen. In Sitten wird die wissenschaftliche und akademische Zweigstelle «EPFL Valais Wallis» entstehen. Geplant ist ein Campus, unter anderem mit elf neuen Professuren für Energie und Gesundheit. Damit werden der Technologietransfer von der Forschung in die Industrie wie auch der Forschungsstandort Wallis gestärkt und für eine internationale Professoren- und Studentenschaft attraktiv gemacht. Der Staatsrat, die Stadt Sitten, die EPFL und die HES-SO Valais Wallis haben Anfang Februar 2013 einen Architekturwettbewerb für den zukünftigen Hochschulcampus ausgeschrieben. Der 19. Dezember 2012 war für den Kanton Wallis wie auch für die EPFL ein besonderer Tag. An diesem Datum unterzeichneten beide Seiten eine Vereinbarung, welche das bereits im Januar 2012 gestartete Projekt «EPFL Valais Wallis» endgültig bekräf­ tigte. Dies verbunden mit der Absicht, einen Forschungsstand­ ort von internationaler Ausstrahlung zu schaffen, der als Sym­ bol und Aushängeschild für die angestrebte Innovation und Neupositionierung des Kantons Wallis dienen soll. Mittlerweile ist auch klar, wo der Campus geografisch entstehen soll: Das Areal ist grosszügig bemessen und wird sich vom Quartier süd­ lich des Bahnhofs Sitten bis zum Spitalzentrum Mittelwallis in Sitten-Champsec erstrecken. Platz für extensive Forschung: Insgesamt elf Professuren zu den Themenkomplexen Energie und Gesundheit werden hier geschaffen. Hinzu kommen die experimentelle Forschungsplattform namens «Energypolis» sowie ein von der Stiftung «The Ark» finanziell mitgetragener Innovationspark. Dieser soll nicht nur Vorbildcharakter erhal­ ten für den Technologietransfer aus der Wissenschaft in die Praxis der Walliser Wirtschaft hinein, sondern auch exempla­ risch für die Innovationskraft der Schweiz stehen. Lancierung eines internationalen Architekturwettbewerbs Der neue Campus «EPFL Valais Wallis», dessen Eröffnung bereits für das Jahr 2014 geplant ist, wird die Walliser Zweigstelle der EPFL beherbergen sowie auch die HES-SO Wallis. Letztere soll ein Jahr später, ab 2015, ihren Betrieb aufnehmen. Seitens EPFL entstehen so 150 wissensbasierte und damit hochwertige Arbeitsplätze mit nachhaltiger Wirkung. Ein internationaler Architekturwettbewerb wurde jetzt ausgeschrieben. Dies bekräftigt die Absicht, mit dem Campus einen Ort zu schaffen, der weit über die Kantonsgrenzen hinaus strahlt und Gebäu­ lichkeiten umfasst, welche technisch und ästhetisch höchsten Ansprüchen zu genügen vermögen. Für die Erstellung von ver­ schiedenen Ausbauschritten sind Investitionen in Höhe von rund 335 Mio. CHF über einen Zeitraum von zehn Jahren vorge­ sehen. Über allem steht die Idee und die Absicht, die soziale und wirtschaftliche Dynamik des Kantons Wallis neu zu bele­ ben und auch seine Verbindung zur ganzen Schweiz sowie anderen Kantonen neu zu gestalten und auch zu stärken. So entsteht ein landesweit einzigartiges Projekt, eine Plattform der Zusammenarbeit zwischen einer ETH und einer Fachhoch­ schule, wie es keine zweite gibt. Dabei verschmelzen Grund­ lagenforschung, angewandte Forschung und Innovation zu einem grossen Ganzen. Vier von insgesamt elf geplanten Professuren und zwei ­Forschungsgruppen werden von ihrem heutigen Standort an der EPFL nach Sitten verlegt. Der Kanton Wallis seinerseits schafft insgesamt sieben neue Professuren. Wichtig dabei: Ein Forschungsschwerpunkt wird die Hydrodynamik von Turbinen zum Gegenstand haben. Dies mit dem erklärten Ziel, die im

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

Wallis stark verankerte Energieproduktion, aber auch das ­Wassermanagement sowie die Nutzung von Seen und Wasser­ läufen weiter zu optimieren. Weitere Schwerpunkte der For­ schungsaktivitäten liegen im Bereich der Grünen Chemie. Diese umfasst beispielsweise die Erforschung der Nutzung alternati­ ver Energiequellen, solchen wie die Biomasse oder auch Kultu­ ren von Algen. Im weiten Feld der Health Care, der Gesundheit also, geht es um Themen wie Biotechnologie und Bioenginee­ ring, aber auch um Fragen rund um die gesunde Ernährung. Wichtig ist auch hier, dass das lokale und regionale Netzwerk in diese Aktivitäten eingebunden wird. So soll etwa mit der SUVA, dem Spitalzentrum Unterwallis oder auch dem For­ schungsinstitut für Ophthalmologie (FIO) zusammengearbeitet werden. Der aktuelle Finanzplan sieht vor, dass die jährlichen Kosten für die Forschungsstellen des Zentrums sich in den ­ersten sieben Jahren des Betriebs auf insgesamt 18,3 Mio. CHF belaufen. Von diesem Betrag übernimmt die EPFL Kosten von insgesamt 9,9  Mio. CHF – dies umfasst die Finanzierung der von ­Lausanne ins Wallis transferierten Lehrstühle. Der Kanton ­Wallis seinerseits investiert insgesamt 8,4 Mio. CHF für die Finanzierung von neuen Professuren. Weiter wird der Kanton darüber hinaus auch die Grundausstattung des Campus ­finanzieren, dessen Betrieb dann in die Hände der EPFL über­ gehen wird. Einmalige Testanlagen, Innovationspark und Vorzeigemodell Die experimentelle Forschungsplattform «Energypolis» umfasst für die Schweiz wie auch im europäischen Kontext einmalige Testanlagen. Hier können komplexe Versuche mit Wasserkraft­ turbinen, Staudämmen und dem Abfluss von Wasser in natür­ licher und künstlicher Umgebung realisiert werden. Dank dem geplanten Innovationspark in Sitten ist die gesamte For­ schungsinfrastruktur vor Ort zudem direkt mit der Industrie ­verbunden. Mehr noch: Der Innovationspark ist angebunden an das Quartier de l’innovation der EPFL und eignet sich so als regionales Zentrum des Schweizer Innovationsparks, welchen der Bund zur Förderung des Technologietransfers und der ­Wirtschaftsleistung bereits beschlossen hat. Inter- und multi­ disziplinär wird das Projekt im Wallis somit zu einem Vorzeige­ modell auf ganz verschiedenen Ebenen wie auch für das ent­ scheidende und zukunftsträchtige Thema von morgen: der Energie. Auch hier geht es um das vernetzte Forschen, Denken und Handeln und eben auch um die Energieträger der Zukunft. Am Beispiel einer ganzen Region, inklusive des Rhonetals von Gletsch bis St-Gingolph, soll aufgezeigt werden, wie Energie­ produzenten und -konsumenten miteinander interagieren könnten, um Energieflüsse zu optimieren und die Treibhaus­ gasemission in Zukunft zu reduzieren.

Ziel 6 I Engagement für den Schweizer Hochschulraum

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Ziel 7 Leistungsorientierte Mittelzuteilung des ETH-Rats auf die beiden ETH und die vier Forschungsanstalten

Der ETH-Rat hat gemäss dem Auftrag in der Botschaft über die Förderung von Bildung, Forschung und Innovation in den Jahren 2008 bis 2011, Ziel 7 (BFI-Botschaft 2008–2011, S. 1277), für die Mittelzuteilung ein leistungsorientiertes Modell entwickelt und als Diskussionsgrundlage für die Mittelzuteilung 2012 ein erstes Mal eingesetzt.

Ziel 7, Leistungsauftrag 2008–2011/12 (vgl. Beilage): «Der ETH-Rat teilt den Institutionen die Mittel leistungs­ orientiert zu.» Der ETH-Rat hat dazu ein leistungsbasiertes Modell ent­ wickelt.

Modell mit mehreren Dimensionen Bei seinem Modell für die leistungsorientierte Mittelzuteilung berücksichtigt der ETH-Rat insbesondere seine strategischen Ziele («Strategy») sowie die akademischen Leistungen («Perfor­ mance») und die finanziellen Lasten («Load»; vgl. Abb. 7) der einzelnen Institutionen. Strategie (Strategy) Die Strategiefaktoren beziehen sich auf die politischen Len­ kungs- und Strategieziele (top down) und auf die spezifischen, aus den strategischen Entwicklungsplänen der beiden ETH und der vier Forschungsanstalten periodisch abgeleiteten Entwick­ lungsziele (bottom up). Die Strategiefaktoren bilden die varia­ belste Leistungsdimension. Leistung (Performance) Die Ergebnis- und Wirkungsfaktoren spiegeln die akademische Leistungserfüllung in den Kernbereichen Lehre, Forschung sowie Wissens- und Technologietransfer im Hinblick auf die Ziel- und Aufgabenerfüllung. Für die sachgerechte Erfassung, Beurteilung und Interpretation sind neben quantitativen vor allem qualita­ tive Informationen notwendig. Daher müssen die Leistungen in Lehre, Forschung sowie Wissens- und Technologietransfer umfas­ send und differenziert charakterisiert werden. Last (Load) Lastfaktoren erfassen primär Leistungselemente entlang der langfristigen strukturellen Wesensmerkmale der beiden ETH und der vier Forschungsanstalten. Sie beziehen sich auf spezifische Tatbestände (z.B. unterschiedliche Grösse und Komplexität des Lehr- und Forschungsportfolios, Betreuungsverhältnis, spezifi­ sche nationale Aufgaben, Alter und Zustand der Immobilien) und auf weitgehend exogen vorgegebene Rahmenbedingungen (z.B. lohnpolitische Massnahmen, Aufwendungen für den Wertund Funktionserhalt der Immobilien im Eigentum des Bundes), welche die Leistungskapazität bzw. -entwicklung in Lehre, For­ schung sowie Wissens- und Technologietransfer beeinflussen. Lastfaktoren betreffen wenig bzw. nur träge beeinflussbare Input- und Prozessgrössen. Konkrete Mittelzuteilung 2012 An seiner Sitzung vom 2./3. März 2011 hat der ETH-Rat festgestellt, dass die Institutionen bezüglich Qualität und Attraktivität von

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Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


Abb. 7: Basis für Mittelallokationsentscheide

Zielsystemdimensionen

Leistungsdimensionen

Evaluationsdimensionen

Zweck/Auftrag (ETH-Gesetz) Dialog «Strategy» (Strategiefaktoren) Ziele/Schwerpunkte pro BFI-Periode (Leistungsauftrag)

Ambitionen/Ziele der Institutionen (Zielvereinbarungen)

Selbstevaluation Peer-Evaluationen

«Performance» (Ergebnis-/Wirkungsfaktoren)

«Load» (Lastfaktoren)

Indikatoren (qualitativ + quantitativ) Externe Rahmenbedingungen

Basis für Mittelallokationsentscheide

Lehre, Forschung und Wissenstransfer gesamthaft betrachtet alle ein vergleichbar hohes Niveau aufweisen. Dies ergibt sich aus den qualitativen und quantitativen Indikatoren, den Monitoringdaten, den 2010 durchgeführten Dialogen (Controlling-Gespräche) sowie weiteren Angaben der Institutionen, z.B. zu den nationalen Auf­ gaben. Entsprechend waren die Möglichkeiten zu leistungsbasier­ ten Unterscheidungen bei der Mittelzuteilung daher für den ETHRat begrenzt. Bei der Allokation der Mittel rückten somit – im Rahmen des oben beschriebenen Modells – strategische Kriterien in den Vordergrund. Hoch qualifizierte Studierende auszubilden ist aus Sicht des ETH-Rats die erste Aufgabe und Priorität des ETH-

Bereichs, denn die Schweizer Gesellschaft und Wirtschaft hat ent­ sprechenden Bedarf. Die Verlängerung des Leistungsauftrags sowie der Laufzeit des Zahlungsrahmens um ein Jahr (2012) hatte eine Aufstockung um 2164,3 Mio. CHF zur Folge. Der ETH-Rat hatte diese Mittel sowie einen Betrag von 10,0 Mio. CHF, welcher im Rahmen des Konsolidierungsprogramms 2011–2013 nicht gekürzt worden war, zuzuteilen. Er tat dies unter Berücksichtigung der Vorgaben der BFI-Botschaften 2008–2011 bzw. 2012 sowie der im Hinblick auf die Umsetzung der Strategischen Planung 2012–2016 bereits beschlossenen und zweckgebundenen Beiträge. Für die Zuteilung im Einzelnen vgl. Abb. 8.

Abb. 8: Mittelzuteilung 2012 an die Institutionen des ETH-Bereichs

Mio. CHF

%

ETH-Bereich

2 174,3 100,0

ETH Zürich (1,2)

1 096,7

50,4

EPFL (1)

533,3

24,5

PSI (2)

261,8

12,0

WSL

52,4 2,4

Empa

93,4 4,3

Eawag (1)

52,6

2,4

ETH-Rat (1,3)

84,1

3,9

Zusatzinformationen zum Budget 2012: 1) inkl. spezifischer Vorhaben gemäss BFI-Botschaften 2008–2011 und 2012 ETH Zürich: D-BSSE EPFL: ISREC EPFL: EPFL in Neuenburg Eawag: Ökotoxikologie ETH-Rat: Strategische Projekte, Kompetenzzentren, IKP-SUK 2) inkl. Aufstockung der Mittel für die Umsetzung der nationalen Forschungsinfrastrukturen ETH Zürich: Strategie für Hochleistungsrechnen und -vernetzung (HPCN) PSI: SwissFEL 3) inkl. Aufstockung durch die Rückführung von Mitteln aus dem KOP ETH-Rat

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

25,0 10,0 8,0 2,0 59,1 20,0 19,0 10,0

Ziel 7 I Leistungsorientierte Mittelzuteilung

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Ziel 8 Nationale und internationale Präsenz

Facts & Figures

Ziel 8, Leistungsauftrag 2008–2011/12 (vgl. Beilage): «Der ETH-Bereich stärkt seine nationale und inter­ nationale Ausstrahlungskraft, indem er die Dynamik seiner autonomen Institutionen nutzt und damit seine Präsenz in Gesellschaft und Wissen­ schaft erhöht.» Berichterstattung 2012 der Institutionen mit Reportagen und Beispielen sowie Fazit des ETH-Rats.

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ETH Zürich Ein Meilenstein für die internationale Präsenz der ETH Zürich war 2012 die Eröffnung des Singapore-ETH Centre for Global Environ­ mental Sustainability (vgl. S. 88). Gemeinsam mit renommierten indischen Partnerinstitutionen organisierten ETH Zürich, EPFL und Empa im Januar 2012 einen Nuclear Magnetic Resonance NMR-Workshop in Indien mit dem Ziel, die Zusammenarbeit Schweiz-Indien in diesem Bereich zu stärken. Im April 2012 führten die beiden ETH in New York eine Veranstaltung zum Thema «Urban Planet: Emerging Ecologies» durch, an welcher sie die Expertise des ETH-Bereichs in Fragen des nachhaltigen Städtebaus präsentierten. Im Juni 2012 besuchte der Präsident der ETH Zürich mehrere brasilianische Universitäten, Firmen und Forschungsförderorga­ nisationen. Mit Letzteren wurden zwei Abkommen unterzeich­ net, welche den Studierendenaustausch und die Zusammenar­ beit mit brasilianischen Partnern erleichtern. Ihre nationale Präsenz stärkte die ETH Zürich 2012 unter anderem mit zwei Lokalterminen des Präsidenten zu den The­ men Medizintechnik und Geothermie, an denen sich je rund 100 interessierte Personen aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft über aktuelle Forschungsergebnisse und künftige Pläne der Hochschule informieren konnten. Hintergrundinformationen für je rund 35 ausgewählte Gäste aus Politik, Verwaltung und Wirt­ schaft boten die Veranstaltungen «ETH Zürich in Bundesbern» zu den Themen «Die Stadt der Zukunft» und «Risiken im Cyber­ space». EPFL Als erste Institution Kontinentaleuropas hat die EPFL 2012 nach dem Vorbild der besten amerikanischen Hochschulen einen Kurs nach dem Konzept «Massive Open Online Courses» (MOOCs) ange­ boten (vgl. S. 36). Drei weitere Grossprojekte sind angelaufen: Centre de Neuroprothèse, Energypolis im Wallis und Neuropolis im Genferseebogen (vgl. S. 51 und 82). Auf europäischer Stufe erhielt die EPFL 2012 ihren 71. Euro­ pean Research Grant (ERC Grant) und weihte das Eurotech-Netz­ werk in Brüssel ein. Ausserdem bewarb sie sich mit dem Human Brain Project und dem gemeinsam mit der ETH Zürich koordi­ nierten Konsortium Guardian Angels als FET-Flaggschiff der Europäischen Kommission (vgl. S. 23). Die EPFL arbeitet auch am Capacity Building osteuropäischer Universitäten mit und hat mit dem Max Planck Institut und der Ecole normale supérieure in Lyon zwei strategische Partnerschaften geschlossen. Auf Stufe Asien/Pazifik beherbergt die EPFL seit dem Sommer das europäische Forschungszentrum des japanischen Unterneh­ mens Nitto Denko und führte im November in Dubai den zweiten UAE-Swiss Research Day durch. Um die Attraktivität des interna­ tionalen Austauschs von Studierenden zu erhöhen, schloss die EPFL 2012 – in Anlehnung an die Partnerschaft zwischen der EPFL und der Harvard Medical School – mit Unterstützung der Fondation Bertarelli eine Vereinbarung mit der A-Star-Agentur in ­Singapur, der Seoul National University und der University of ­ New South Wales in Australien ab.

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


PSI Durch die breite Themenwahl in der eigenen Energieforschung wie auch über das ans PSI angegliederte Kompetenzzentrum für Energie und Mobilität (CCEM) des ETH-Bereichs konnte das PSI wertvolle Beiträge zum Aktionsplan «Koordinierte Energiefor­ schung Schweiz» liefern und so den Beitrag der Forschung zur Energiestrategie des Bundes darlegen. International entwickelt das PSI in Zusammenarbeit mit dem Weltenergierat (WEC) nach­ vollziehbare Modelle für zukünftige globale Energiesysteme. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sollen Energieunternehmen, Regierungen und nichtstaatliche Organisationen bei der Ent­ scheidungsfindung unterstützen. Die dafür entwickelten Pro­ gramme stehen Dritten als Open-Source zur Verfügung. Die bevorstehende Realisierung des Freie-Elektronen-Rönt­ genlasers SwissFEL findet grosse nationale und internationale Beachtung. So haben sich 2012 mehr als 20 nationale Forscher­ gruppen in mehr als sieben durch das PSI organisierten thema­ tischen Workshops über Anwendungen dieser neuen For­ schungsinfrastruktur ausgetauscht. International findet der SwissFEL grosse Beachtung aufgrund seiner kompakten und dadurch kosteneffektiven Bauweise, die eine Realisierung als nationales Forschungsinfrastrukturvorhaben erst ermöglicht hat. Das Projekt steht somit Modell für künftige national realisierbare Freie-Elektronen-Röntgenlaser.

Empa Das von der Empa initiierte «World Resources Forum» (WRF) fand 2012 als Zusammenarbeit mit der «Chinese Academy of Sciences» (CAS) erstmals in Peking statt. An der alljährlichen Veranstal­ tung – nächstes Jahr wieder in Davos – dreht sich alles ums Thema der knapper werdenden Rohstoffe und wie wir besser damit umgehen können. Denn etliche sogenannte Zukunfts­ technologien wie Hochleistungsbatterien oder Magnete für Windturbinen sind auf seltene Metalle angewiesen. Das brisante Thema hat die Empa auch an einem ihrer «Technology Brie­ fings» mit Vertretern der Schweizer Industrie zur Sprache gebracht. Im September organisierte die Empa zudem mehrere Vortragsserien am 1. World MedTech Forum in Luzern. Gleich zwei Leuchtturmprojekte im Energiebereich beschäftigten die Empa 2012: zum einen das visionäre Projekt «NEST», ein modu­ lares Forschungs- und Demonstrationsgebäude zur Förderung der Erforschung innovativer Bautechnologien, das in enger Zusammenarbeit mit Partnern aus der Bauwirtschaft bis zur erfolgreichen Baueingabe weitergetrieben wurde. Zum anderen der «Future Mobility»-Demonstrator, dessen Detailplanung bereits weit fortgeschritten ist. Diese Forschungs- und Techno­ logietransferplattform zeigt Wege auf, wie sich Überschusselekt­ rizität sinnvoll nutzen lässt, um die künftige Mobilität auf eine nachhaltige Basis zu stellen.

WSL Aufgrund des breiten Portfolios an Forschungs- und Umset­ zungsthemen zeigt die WSL eine starke Präsenz sowohl auf nati­ onaler als auch auf internationaler Ebene. Jährlich informiert sie am sogenannten «Forum für Wissen» ein breites Schweizer Publikum aus der Forschung, der Praxis und den Medien über ihre Tätigkeiten. Mit regelmässigen internationalen Kongressen in Birmensdorf und Davos bietet sie für Forschende aus dem Inund Ausland Plattformen für den wissenschaftlichen Austausch. Viele Fachspezialisten engagieren sich in internationalen Orga­ nisationen und leisten damit einen wichtigen Beitrag zum Wis­ senstransfer in die verschiedenen Scientific Communities rund um die Welt. So präsidiert z.B. Prof. Dr. Felix Kienast seit 2011 die Internationale Assoziation für Landschaftsökologie (IALE), ein weltweiter Verbund von Ökologinnen und Ökologen. Auch in der IUFRO, der Internationalen Vereinigung der Forstlichen Versuchs­ anstalten mit ihren über 700 Institutionen in über 100 Ländern, sind WSL-Forschende seit ihrer Gründung in vielen Arbeitsgrup­ pen aktiv. Seit über 10 Jahren ist die WSL auch in der Programm­ steuerungsgruppe von ICP Forests engagiert, das weltweit die Erforschung des Einflusses von Umweltveränderungen auf die Wälder koordiniert. Ebenso präsidiert die WSL die IACS, die Internationale Vereinigung der Kryosphärenwissenschaften, eine Plattform für Forschung und Ausbildung.

Eawag Die Eawag nutzte auch 2012 zahlreiche Gelegenheiten, um nati­ onal und international Präsenz zu zeigen. In der 2012 gegründe­ ten «Swiss Water Partnership» ist die Eawag als Gründungsmit­ glied vertreten. Durch diesen Zusammenschluss von Partnern aus Wissenschaft, Verwaltung und Wirtschaft soll das Profil des Schweizer Wassersektors international gestärkt werden. Am öffentlichen Eawag-Infotag zum Thema «Lebensraum Wasser – was er leistet, was er braucht» im Hauptgebäude der ETH Zürich präsentierten die Forschenden ihre Erkenntnisse zu aktuellen Forschungsthemen. Auch an der ersten Schweizer CleantecMesse «Cleantec City» in Bern war die Eawag zusammen mit den fünf anderen Institutionen des ETH-Bereichs präsent. Am Stand der Schweiz an der Weltausstellung in Südkorea zeigte sie die an der Eawag entwickelte SODIS-Methode für sauberes Trinkwasser. Die Eawag ist auch Treffpunkt für externe Partner. Neben vielen Besuchen aus der Schweiz und aus dem internationalen Ausland fand z.B. der Nano-Behördendialog der Länder Deutschland, Österreich und Schweiz 2012 an der Eawag in Dübendorf statt. Ein von der Eawag initiiertes und organisiertes internationales Symposium, an welchem auch das Bundesamt für Umwelt (BAFU) beteiligt war, galt dem Beitrag der Evolutionsökologie zum Management aquatischer Ökosysteme.

Fazit des ETH-Rats Im nationalen wie internationalen Kontext hat der ETH-Bereich seine Präsenz im Berichtsjahr weiter erhöht. Als Plattformen dienten dabei Tagungen oder Foren für den Wissenschaftsaus­ tausch, welche die Institutionen des ETH-Bereichs im Verbund oder individuell bestritten haben. Wünschenswert bleibt, eine

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

verbindende visible Plattform zu schaffen für gemeinsame Auf­ tritte und als Zeichen der Zusammengehörigkeit. Auf der Ebene der Institutionen bedeuteten für die ETH Zürich die Eröffnung einer Vertretung in Asien das Highlight des Jahres, für die EPFL die ersten Erfahrungen mit der neuen Lehrvermittlung in den «Massive Open Online Courses» (MOOCs).

Ziel 8 I Nationale und internationale Präsenz

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Ziel 8 Nationale und internationale Präsenz

Forschungs-Hub in Asien

Feierlich ist dieses Jahr das «Singapore-ETH Centre for Global Environmental Sustainability» (SEC) eingeweiht worden. Mittlerweile rund 120 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen dort in einem ersten, interdisziplinären Forschungsprogramm die nach­ haltige Stadt der Zukunft. Die ETH Zürich stärkt damit ihre internatio­ nale Präsenz in einer bedeutenden Weltregion und auch ihre wissen­ schaftliche Expertise in Disziplinen, welche mit dieser Fragestellung zusammenhängen. Davon profitiert auch der Industrie- und Dienst­ leistungsstandort Schweiz.

Forschungsprogramm für die nachhaltige Stadt der Zukunft: Prof. Gerhard Schmitt, Direktor des ­Singapore-ETH Centre (SEC), mit einer Drohne, die 3-D-Luftbilder liefert (Bild: Callaghan Walsh/ Singapur).

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Am 16. März 2012 weilte der Schweizer Innenminister Alain Berset im südostasiatischen Stadtstaat Singapur – aus Anlass der feierlichen Eröffnung des «Singapore-ETH Centre for Global Environmental Sustainability» (SEC) –, um ihn herum farbenfroh gekleidete singapurische Tänzer. «Das ist das erste Forschungs­ zentrum der ETH Zürich in Asien», konstatierte der Bundesrat, «und ein wichtiges Signal für das hohe Niveau der Schweizer Forschung.» Anfang November 2012 stattete dann auch der desi­ gnierte Bildungs- und Forschungsminister Johann SchneiderAmmann dem SEC einen Besuch ab, an welchem die Aktivitäten des ersten SEC-Forschungsprogramms, des Future Cities Labora­ tory, im Zentrum standen. Der Besuch zweier Bundesräte in einem Jahr unterstreicht die strategische Bedeutung des For­ schungs-Hubs in Asien für den Wissenschaftsstandort Schweiz. Nukleus interdisziplinärer Forschung Die Initiative für diese Zusammenarbeit geht auf Singapurs Staatspräsidenten Tony Tan zurück. Damals noch Vizepremier, hatte er im Jahre 2004 die Schweiz und auch die ETH Zürich besucht. In der Folge hatte Tony Tan die Beziehungen zwischen den Schweizer Hochschulen und der National University of Sin­ gapore (NUS) sowie der Nanyang Technological University (NTU) stets gefördert. Diese Aktivitäten sind Teil der 2006 gegründeten National Research Foundation (NRF), die zum Ziel hat, Singapur zu einem führenden Wissenschaftsstandort zu machen. Heute sind EPFL, NTU und NUS Partner des SEC der ETH Zürich auf dem neu erstellten Campus for Research Excellence and Technological Enterprise (CREATE). Dort sind auch weitere Forschungszentren weltweit führender Hochschulen wie das Massachusetts Institute of Technology (MIT) oder die University of California Berkeley angesiedelt, mit denen die ETH Zürich ebenfalls gute Beziehun­ gen pflegt. So entsteht auf engem Raum ein ganz neuartiger Nukleus interdisziplinärer Forschung über Kontinente und Diszi­ plinen hinweg. Gerhard Schmitt, Direktor des SEC, ist jedenfalls begeistert von den Möglichkeiten, die sich hier eröffnen. «Wir erarbeiten Grundlagen und ermöglichen neue Wege von Inter­ aktion, indem wir nicht auf Fächer, sondern auf Themen, auf Forschungsresultate und auf die Interaktion mit den weltweit besten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an einem gemeinsamen Ort fokussieren», erklärt er; «dieses neue Modell ist eine wichtige Ergänzung zu den herkömmlichen universitä­ ren Strukturen.» Es kommt nicht von ungefähr, dass sich das erste For­ schungsprogramm des Zentrums gerade hier mit der Stadt der Zukunft befasst. Singapur ist seit seiner Unabhängigkeit von Malaysia im Jahre 1965 zu einer Metropole mit über fünf Millio­ nen Einwohnern, dem zweitgrössten Containerhafen der Welt, vier Universitäten, ausgedehnten Hightech-Fabriken, Biozentren und Naturparks herangewachsen. All dies auf einer Fläche, die nicht viel grösser als der Genfer See ist – hier, auf der Tropenin­

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sel, kristallisieren sich etliche Problemfelder der multikulturellen Grossstadt der Gegenwart. Geografisch liegt Singapur in jenem Gürtel schnell wachsender Metropolen rund um den Äquator, wo sich die zentralen Fragestellungen der Forschenden am SEC manifestieren: Wie kann die Nachhaltigkeit von schnell wach­ senden Städten erreicht und langfristig sichergestellt werden? Wie kann eine interdisziplinäre Stadtwissenschaft entwickelt werden? Wie kann das so generierte Wissen weitergegeben und verbreitet werden? Das Future Cities Laboratory des SEC forscht auf dem Campus in Singapur exakt entlang dieser Fragestellungen mit dem Ziel, Technologien und Prozesse für die Nachhaltigkeit der Städte der Zukunft bereitzustellen. Dies ist weit mehr als ein rein theoreti­ scher Ansatz. Er basiert auf den bereits bestehenden und aner­ kannten wissenschaftlichen Kompetenzen der ETH Zürich, insbe­ sondere in der Architektur und den Bauwissenschaften. Das Know-how in Forschung und Lehre wird so im Future Cities Laboratory für die Erforschung der nachhaltigen Stadt interdiszi­ plinär fruchtbar gemacht. Architekten und Verkehrsplanerinnen, Landschaftsarchitekten und Expertinnen für Digital Fabrication, Gebäudetechniker und Informationsarchitektinnen sowie Denk­ malpfleger bilden ein gemeinsames Labor, in welchem die nachhaltige Metropole von morgen wissenschaftlich Gestalt annehmen soll. Das Future Cities Laboratory hat zu diesem Zweck zehn Forschungs-Module definiert. Diese fügen sich zu einem grossen Bild für die Problemstellungen zusammen, welche in der nachhaltigen Stadt der Zukunft zu lösen sind. Reichhaltige Palette an Forschungsschwerpunkten Daraus resultiert für das Labor eine erstaunliche Vielfalt an For­ schungsthemen, die aus den beiden Departementen Architektur sowie Bau, Umwelt und Geomatik der ETH Zürich und der EPFL kommen und in Singapur eine starke internationale Präsenz erhalten. Aus dem Departement Architektur sind das etwa ­Fragen der Gebäudetechnik, wie Low-Exergy-Konzepte zur E­ nergie- und CO2-Reduktion bei Systemen für das Raumklima von Wohn- und Geschäfts­häusern. Dabei sollen in der Gebäudetechnik verstärkt

moderne Technologien wie Wärmepumpen oder Sensoren zur Einsparung von Energie eingesetzt werden. In der Gebäudeer­ stellung wird im Bereich Digital Fabrication geforscht, bei der bei Bau und Unterhalt von Hochhäusern Robotertechnologie Anwendung findet. Weiter wird im Modul «Housing» analysiert, inwieweit bei dem seit den 1960er-Jahren erstellten Wohnungs­ bestand Singapurs im Hinblick auf die Erfordernisse von nach­ haltigem Städtebau Sanierungsbedarf besteht – ein Thema, welches in praktisch jeder Stadt virulent ist. Ähnliches gilt für den Erhalt historischer Bausubstanz in schnell wachsenden Zen­ tren, was die Kombination von Baumaterialien verschiedener Bauepochen notwendig macht. Sind Urbanisierungsprozesse zu erforschen, ist der Bereich Städtebau gefragt, etwa dann, wenn das Verhältnis von Stadtzentren zu Flughäfen hinsichtlich Mobi­ lität, Migration oder Infrastruktur zu untersuchen ist. Stadtso­ ziologen schliesslich erforschen globale Verstädterungsprozesse. Eine weitere Aufgabe der Architektur ist die territoriale Planung. Geht es um den Erhalt von Flussläufen in urbanen und verstäd­ terten Gegenden, ist Forschung vor Ort von Landschaftsarchitek­ tinnen und -architekten sowie von Wasserbauspezialisten von­ nöten, damit die Nachhaltigkeit von Ökosystemen gesichert werden kann. Mobilitäts- und Verkehrsplanung ist ein zentrales Element der Stadt der Zukunft, welches über computergestützte Simulationen von bestehenden und geplanten urbanen Zentren am SEC erforscht wird. Ein Gebiet, welches an der ETH Zürich im Departement Bau, Umwelt und Geomatik angesiedelt ist. SECDirektor Gerhard Schmitt selber, Professor für Informationsarchi­ tektur am Departement Architektur der ETH Zürich, erforscht in Singapur neue computergestützte Visualisierungen. Dabei geht es um Simulationen für komplexe Planungsfragen existierender und neuer urbaner Zentren.

Beispiele aus den Institutionen

EPFL

WSL

Konsortium technischer Hochschulen in Brüssel

Klimamessungen in Grönland

Das Eurotech-Netzwerk soll die technischen Hochschulen in Brüssel vertreten. Im Oktober 2012 eröffneten die EPFL, die Tech­ nische Universität Eindhoven, Dänemarks Technische Universität und die Technische Universität München ihre Vertretung in der europäischen Hauptstadt. Die Partner wollen gemeinsame Anstrengungen unternehmen, um sich Gehör zu verschaffen und das solideste und innovativste Forschungs- und Lehrprogramm Europas aufzubauen.

1990 errichtete ein junger ETH-Forscher auf dem grönländischen Inlandeis eine Forschungsstation. Wegen der Abkühlung nach Ausbruch des philippinischen Vulkans Pinatubo wurde diese eingeschneit; ein Abbau war unmöglich. Der neue, amerikanische Arbeitgeber des Forschers übernahm sie. Das war der Anfang des «Greenland Climate Network», das heute aus 18 Stationen besteht und wertvolle Klimadaten liefert. Das Netzwerk wird vom ame­ rikanischen Nationalfonds und der NASA finanziert, welche die

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Ziel 8 I Nationale und internationale Präsenz

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


Empa

Sicherheitsforschung an Nanomaterialien

Das Netzwerk wird vom amerikanischen Nationalfonds und der NASA finanziert, welche die Messungen für die Kalibrierung ihrer Satelliten benutzt (Bild: WSL).

In den vergangenen zehn Jahren untersuchten zahlreiche Pro­ jekte, wie Nanomaterialien ohne Gefährdung von Umwelt und Gesundheit genutzt werden können. (Vorläufiges) Fazit zweier internationaler Berichte, an denen Empa-Nanotoxikologen mass­ geblich mitgearbeitet haben: Auch wenn bislang keine spezifi­ schen Risiken von freien Nanopartikeln beschrieben worden sind, kann noch keine generelle Entwarnung gegeben werden. Im Zweifelsfall müsste ein neues Nanoprodukt über dessen gesam­ ten Lebenszyklus untersucht werden, so der Bericht der deutschen Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie (DECHEMA) und des Verbands der Chemischen Industrie (VCI). Um allerdings weitere, dringend benötigte Studien im Bereich Nano(öko)toxi­ kologie durchzuführen, mangelt es an Experten, warnt der Bericht des wissenschaftlichen Beirats der Vereinigung europäischer Akademien EASAC (European Academies Science Advisory Council). Zudem bestünden noch etliche, teils erhebliche Wissenslücken, die es zu schliessen gilt.

Eawag

Messungen für die Kalibrierung ihrer Satelliten benutzt. Die Ver­ antwortung für das Netzwerk ist nun in die Schweiz zurückge­ kehrt – der «junge» Forscher wurde WSL-Direktor. Seit Messbeginn stieg die Durchschnittstemperatur übrigens um 4,5 °C – weltweit eine der stärksten Erwärmungen.

PSI

Globale Energiesysteme Das PSI hat im Januar eine Partnerschaft zur Erarbeitung eines Modells für Energiesystemanalysen mit dem Weltenergierat (WEC) unterzeichnet. Über Untersuchungen zu einzelnen Energietech­ nologien hinaus widmen sich die PSI-Forschenden ganzheitlichen Betrachtungen und dem Vergleich von nuklearen, fossilen und erneuerbaren Energietechnologien. Sie analysieren die Struktu­ ren und Auswirkungen nationaler und internationaler Energie­ systeme, um die Zusammenhänge zwischen Energie, Wirtschaft, Umwelt und Technik besser zu verstehen, oder untersuchen verschiedene Optionen für die Energieversorgung. Die dabei gewonnenen Indikatoren sollen Energieunternehmen, Regie­ rungen und nichtstaatliche Organisationen bei der Entschei­ dungsfindung unterstützen, zum Beispiel, um den richtigen Energiemix der Zukunft zu finden. Das Besondere daran ist, dass es sich um ein sogenanntes Open-Source-Modell handeln wird. Experten und andere Interessenten können einen Zugang zum Programm erhalten sowie Informationen über die Annahmen der Forschenden.

Sodis-Begründer erhält wichtige Schweizer Auszeichnung Martin Wegelin wurde 2012 mit dem Preis der Stiftung Dr. J. E. Brandenberger geehrt. Wegelin hat sich dafür eingesetzt, dass die einfache Methode zur solaren Wasserdesinfektion in Entwick­ lungsländern bekannt wird. Heute wird die Sodis-Methode von mehr als 5 Millionen Menschen im Alltag eingesetzt. Das SodisReferenzzentrum der Eawag hat 2012 zudem eine bedeutende Partnerschaft mit Helvetas geschlossen. Helvetas wird die SodisMethode in ihre Trinkwasserprojekte integrieren. Die Eawag begleitet die Arbeiten mit Forschung, technischer Beratung und internationalen Advocacy-Aktivitäten. Mehr zu Sodis auf www.sodis.ch

SODIS-Gründer Martin Wegelin bei der Preisverleihung der Stiftung Dr. J. E. Brandenberger (Bild: Eawag).

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

Ziel 8 I Nationale und internationale Präsenz

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Ziel 9 Verstärkte Rolle in der Gesellschaft

Facts & Figures

Ziel 9, Leistungsauftrag 2008–2011/12 (vgl. Beilage): «Der ETH-Bereich verstärkt die Rolle der Institutionen des ETH-Bereichs in der Gesell­ schaft.» Berichterstattung 2012 der Institutionen mit Reportagen und Beispielen sowie Fazit des ETH-Rats.

ETH Zürich Anfang September fanden die Zürcher Wissenschaftstage «Scien­ tifica» zum Thema «Gesund werden – gesund bleiben» statt. ETH und Universität Zürich präsentierten rund 21 000 begeister­ ten Besucherinnen und Besuchern diverse Forschungsprojekte, Kurzvorlesungen, Podiumsdiskussionen und Führungen. Die «Scientifica» 2013 wird sich dem Thema Risiko widmen. Das Wissenschaftsprogramm für alle, «Treffpunkt Science City», thematisierte im Frühjahr 2012 das «Welternährungssys­ tem» und im Herbst «Die Stadt – wie wir die Welt urbanisie­ ren». Am 1. September 2012 öffnete das Hochleistungsrechen­ zentrum CSCS der interessierten Öffentlichkeit die Türen seines neuen Gebäudes in Lugano-Cornaredo (vgl. S. 11). Mit verschiedenen Informationsanlässen möchte die ETH Zürich junge Menschen für ein Studium der Natur- oder Ingeni­ eurwissenschaften gewinnen. 2012 hat sie im Rahmen ihres Pro­ gramms «ETH unterwegs» zwölf Gymnasien in der ganzen Schweiz besucht. An den Studieninformationstagen haben sich im September rund 5000 Gymnasiastinnen und Gymnasiasten über das Studienangebot der ETH Zürich informiert. Einen Ein­ blick in die Forschung an der ETH Zürich erhielten rund 120 Schülerinnen und Schüler an den Studienwochen im Juni 2012. Ihr umfangreiches Weiterbildungsangebot erweiterte die ETH Zürich 2012 um sechs MAS-Studiengänge und ein DAS-Programm. EPFL Die EPFL unterhält enge Beziehungen zur Westschweizer Bevöl­ kerung. In Zusammenarbeit mit der Universität Lausanne hat die Hochschule ein umfangreiches Weiterbildungsangebot ausgear­ beitet. Die 80 angebotenen Kurse wurden von über 2800 Teil­ nehmenden besucht. Damit leistet die Hochschule einen Beitrag zur Ausbildungsqualität sowie zur Wettbewerbsfähigkeit der lokalen Unternehmen und der Gemeinwesen. Die EPFL nimmt auch ihre Aufgabe der öffentlichen Kommu­ nikation ernst. Die herausragende jährliche Veranstaltung, das Roboterfestival, zog 2012 über 15 000 Besucherinnen und Besu­ cher an. Mehr als 2000 Kinder nahmen an den Workshops teil und konstruierten und programmierten Roboter. Über 6000 Per­ sonen liessen sich im Rahmen des Festivals von den Darbietun­ gen und Demonstrationen in den Bann ziehen. Auch an den Westschweizer Schulen sind Roboter die besten Botschafter der Wissenschaft und der EPFL. Der unter Mitwirkung der ECAL und der Waadtländer pädagogischen Hochschulen ent­ wickelte Roboter Thymio II stösst in den Schulklassen auf wach­ senden Erfolg. Er dient dem Erlernen der Programmierung und wurde in über 1000 Exemplaren verkauft. 2012 wurden am Standort der EPFL zahlreiche kulturelle Ver­ anstaltungen durchgeführt, um enge Bande zwischen Wissen­ schaft und Kunst zu schliessen. Die Performances in bildender und szenischer Kunst, Musik und Theater, aber auch vergängli­ che Installationen und Treffen mit Künstlerinnen und Künstlern vermochten ein breites Publikum anzuziehen. PSI Das PSI pflegt einen engen Kontakt zur Gesellschaft durch popu­ lärwissenschaftliche Informationen in Form von Druck- und elektronischen Medien sowie durch Events auf dem eigenen Forschungsgelände. Die Faszination, der Respekt und die Wert­ schätzung der Besuchenden gegenüber einer Forschung, die die grössten Instrumente einsetzen muss, um die kleinsten Struktu­

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Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


ren aufzuklären und nutzbar zu machen, wurden 2012 bei vier Events besonders spürbar: In die Diskussion um die künftige Energieversorgung und die möglichen Antworten aus der Energieforschung bringt sich das PSI aktiv ein. So galt eine im Frühjahr 2012 am PSI durchgeführte Energietagung dem Dialog zwischen Forschung, Politik und Wirtschaft. Der auch im Jahr 2012 durch das PSI publizierte «Energiespiegel» gibt einen allgemein verständlichen Einblick in die am PSI durchgeführten Energiesystem-Analysen. Diese erlauben eine umfassende und detaillierte Beurteilung heutiger und zukünftiger Energiesysteme. Der «Energiespiegel» erscheint in einer Auflage von 15 000 Exemplaren. Ein 3-D-Zeichentrickfilm macht den Nutzen der künftigen Forschungsanlage SwissFEL einem breiten Publikum auf unter­ haltsame Art verständlich. Die Premiere fand an einem Tag der offenen Tür statt, wo die Regisseure über das Making-of berich­ teten, PSI-Forschende die geplante Forschung am SwissFEL erklärten und eine Besichtigung der ersten Stufe der Anlage möglich war. Durch ungewöhnliche Kombinationen schafft das PSI Anreize, sich Forschungsthemen zu nähern: Bei dem Anlass «Klassik trifft Wissenschaft» (gegen Eintritt) spielt ein renommiertes KlassikOrchester in einer Forschungshalle und bei einem 4-Gänge-Menü erklärt ein Forscher die Beziehung zwischen Physik und Musik. Beim «PSI-Photo-Award» erhalten Laienfotografen an einem Tag die Möglichkeit, in den Forschungshallen des PSI zu fotografieren. Die besten Aufnahmen werden prämiert. WSL Die Erwartung an die Forschung, gesellschaftsrelevante Themen zu bearbeiten und die Umsetzbarkeit der Ergebnisse in die Pra­ xis sicherzustellen, wird angesichts aktueller ökologischer und gesellschaftlicher Krisen immer grösser. Die WSL verfügt über eine lange Erfahrung in Umsetzungsprojekten unter Einbezug der Stakeholder. Ein aktuelles Beispiel ausgeprägt transdiszipli­ närer Forschung ist das Forschungsverbundprojekt «AlpFUTUR – Zukunft der Sömmerungsweiden in der Schweiz», das die WSL zusammen mit Agroscope (ART) leitet und koordiniert. In 22 Teil­ projekten werden in rund 15 Schweizer Forschungsinstitutionen zentrale Aspekte der Alpwirtschaft erforscht; Themen sind u.a. das Einwachsen der Flächen, die Sicherung alpiner Biodiversität, die ökonomische Bedeutung von Alpprodukten, die Rolle des Tourismus, Regelbildung in der kollektiven Alpwirtschaft sowie Motivation und Qualifikation des Alppersonals. Die Forschungs­ fragen entstanden in Zusammenarbeit mit der Praxis. Letztere ist über eine begleitende Expertengruppe und praxisnahe Drittmit­ telfinanzierende in die Forschung involviert. Veranstaltungen vor Ort binden lokale Akteure in die Diskussion von Ergebnissen ein, welche speziell aufbereitet und zugänglich gemacht werden (z.B. Webinformationen, Vorträge, Berichte, Zusammenarbeit mit alpwirtschaftlicher Beratung).

Fazit des ETH-Rats Die Rolle in der Gesellschaft spiegelt sich in den Aktivitäten des ETH-Bereichs auf vielfältige Weise. So forschen die Institutionen direkt an gesellschaftlich relevanten Themen und binden das gesellschaftliche Umfeld damit auch aktiv in ihre Forschungstä­

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

Empa Die gesellschaftliche Relevanz der Empa-Forschung zeigte sich 2012 erneut in verschiedenen Studien zu aktuellen Themen. So etwa ein UN-Bericht zum Elektroschrottproblem in Entwick­ lungsländern, für den Empa-Forschende Felduntersuchungen in den Vororten afrikanischer Grossstädte durchführten; zudem haben sie mit lokalen Experten geeignete Strategien zum Elekt­ roschrottrecycling vor Ort entwickelt. Im Rahmen einer Studie für TA-SWISS, das Schweizer Zentrum für Technologiefolgenabschät­ zung, haben Empa-Forschende mögliche Konsequenzen der zunehmenden Verbreitung von Ortungstechnologien untersucht und Massnahmen zum Schutz der Privatsphäre erarbeitet. Für eine Studie im Auftrag des Bundesamts für Energie haben Empa-Forscherinnen und -Forscher die Ökobilanz verschiedener Agrotreibstoffe analysiert: Die wenigsten sind in der Gesamtbi­ lanz umweltfreundlicher als Benzin. Zudem spielt die Empa im Schweizer Aktionsplan zu Nanomaterialien eine wichtige Rolle; im Auftrag des Bundesamts für Umwelt verfassten Empa-Exper­ tinnen und -Experten einen Bericht zur Störfallverordnung im Zusammenhang mit Produktion und Transport von Nanomateri­ alien. Ausserdem berät die Empa das österreichische Bundesmi­ nisterium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasser­ wirtschaft sowie das deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung in Fragen der Nanosicherheit. Eawag Die Eawag trägt dazu bei, dass Entscheidungsträgerinnen und Experten in der Praxis wichtige neue Erkenntnisse für die Bewirtschaftung des Wassers gewinnen. Dies zeigte sich auch 2012. Nachdem die Forschung der Eawag wesentlich zur Geset­ zesänderung im Gewässerschutz beigetragen hatte, folgte 2012 die Grundsteinlegung der ersten Ozonungsanlage für die Entfer­ nung von Mikroverunreinigungen aus dem Abwasser in der Klär­ anlage Neugut in Dübendorf. Die Eawag wird dieses Projekt auch weiterhin mit Forschung begleiten. Ebenso wird in der Schweiz in naher Zukunft viel in Flussrevitalisierungen investiert werden. Auch hier beteiligt sich die Eawag mit ihrer Expertise und richtet mit Unterstützung des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) ein Pro­ gramm «Fliessgewässer Schweiz» ein. Unter Federführung des Kantons Zürich beteiligt sich die Eawag an der Chriesbachrevita­ lisierung vor den Toren der Eawag. Das Vorhaben wurde von der Eawag initiiert und erhält finanzielle Unterstützung des Bundes und der Stadt Dübendorf. Die Umsetzungsarbeiten haben 2012 begonnen. Die Eawag nimmt auch bei der Ausgestaltung von Gebäuden ihre Vorbildfunktion in der Gesellschaft wahr. Dazu gehört, dass sie weitere Schritte bezüglich erneuerbarer Energien in ihren Gebäuden vorgenommen und die Nutzung der Solarenergie in ihren Gebäuden weiter ausgebaut hat.

tigkeit ein. Die Resultate fliessen in Form von Beratungen für staatliche Behörden indirekt wieder in die Gesellschaft zurück. Nicht zuletzt dadurch und unterstützt durch eine umfassende Kommunikation sind die Institutionen auch stark in den Medien präsent, die Campus zunehmend auch Orte öffentlicher Veran­ staltungen und Begegnungen.

Ziel 9 I Verstärkte Rolle in der Gesellschaft

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Ziel 9 Verstärkte Rolle in der Gesellschaft

Neue Schadorganismen bedrohen den Wald Der Wald hat für die Schweiz eine eminent wichtige Schutzfunktion. In seiner Gesundheit bedroht ist er durch allerlei Baumkrankheiten und Schädlinge – einheimische wie auch aus dem Ausland eingeschleppte. Der jüngste Fall: der Asiatische Laub­ holzbockkäfer aus dem ostasiati­ schen Raum, der über die internati­ onalen Handelsströme nach Europa und bis in die Schweiz gelangt ist. In Zeiten der Globalisierung ist das Know-how der WSL über forstliche Schadorganismen, deren Verbreitung und Bekämpfung umso stärker gefragt.

Beratung bei Pilzbefall im Schweizer Wald: Roland Engesser, Forstpathologe an der WSL.

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Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


Der Körper misst höchstens 35 Millimeter, ist glänzend schwarz, unterbrochen durch knapp zwei Dutzend heller Flecken auf der Oberseite, und die Fühler des Männchens erreichen ungefähr die doppelte Körperlänge. Er wirkt relativ harmlos. Doch die Schaffenskraft von Anoplophora glabripennis, des Asiatischen Laubholzbockkäfers also, ist zerstörerisch, das Schadenpotenzial enorm. Der Schädling befällt verschiedene Laubholzarten, den Ahorn, die Rosskastanie oder die Weide etwa, und die Symp­ tome nach dem Befall sind augenscheinlich. Es gibt ausgefres­ sene Trichter von bis zu 2 Zentimetern Durchmesser in der Rinde. Saftfluss und sichtbar ausgetretene Bohrspäne an Stamm und Ästen. Runde Ausfluglöcher von rund 10 Millimetern Durchmes­ ser. Oder auch abgefressene Rinde an den Zweigen. «Diese Sym­ ptome», sagt Beat Forster, Forstentomologe in der Forschungs­ einheit Walddynamik der WSL, «sind die Befallsmerkmale der verschiedenen Entwicklungsstadien des Laubholzbockkäfers.» Die Eier legt das geschlechtsreife Insekt einzeln im Bereich des Kambiums (Wachstumsschicht) ab, indem es kleine Trichter in die Rinde frisst. Die Larven fressen dann zunächst im Bereich des Bastes, dem lebenden Gewebe des Baumes unterhalb der Rinde. Später dringen sie in das Holz des Baumes ein. Nach der Verpuppung schlüpfen die adulten Käfer in den Monaten Mai bis September aus und hinterlassen als stummen Zeugen ein kreis­ rundes Loch. Das bedeutet für den Fachmann höchste Alarm­ stufe, denn es ist ein Hinweis, dass Käfer in der Umgebung neue Brutbäume suchen. Die Entwicklungsdauer des Schädlings beträgt lange zwei Jahre, der Flugradius weniger als einen hal­ ben Kilometer. «Werden Ausbohrlöcher dieser Art entdeckt, sind womöglich bereits weitere Bäume befallen und die nächste Generation des Schädlings in Entwicklung», weiss Beat Forster, «hinzu kommt, dass der Laubholzbockkäfer nicht nur geschwächte bis kranke Bäume befällt, sondern eben auch kerngesunde.» Für die WSL gehören im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags die Aufklärung wie auch Informationsvermittlung, Monitoring und Beratung zu den wichtigsten Aufgaben. «Die Beratungstä­ tigkeit, wie sie auch in unserem Leistungsauftrag festgeschrie­ ben ist, kommt dabei den rund tausend Försterinnen und Waldbesitzern sowie kantonalen Forstschutzbeauftragten im Land zugute», sagt Roland Engesser, Leiter in der WSL-Gruppe Waldschutz Schweiz, «sie wird aber zunehmend auch von Baumpflegerinnen, Gärtnern und Privatpersonen nachgefragt.» Der Grund dafür ist simpel: Ein Schädlingsbefall kann überall auftreten, wo Pflanzen im Spiel sind. Für die gesellschaftliche Rolle und Verantwortung der WSL, welche damit verbunden ist, ist der Asiatische Laubholzbockkäfer ein geradezu exemplari­ sches Beispiel. Erstmals entdeckt wurde der Asiatische Laubholzbockkäfer in der Schweiz im Jahre 2011 im freiburgischen Brünisried. Einer

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Ziel 9 I Verstärkte Rolle in der Gesellschaft

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Privatperson war der umherfliegende exotische Käfer mit den bemerkenswert langen Fühlern aufgefallen, und diese Informa­ tion gelangte schliesslich zur WSL. Dort waren die Experten dank der internationalen Vernetzung der Forschungsanstalt bereits darüber im Bilde, dass in den umliegenden Ländern dieser für hiesige Breitengrade ungewöhnliche Schädling aufgetaucht war, es somit nur noch eine Frage der Zeit sein konnte, bis der Käfer sich auch hierzulande bemerkbar machen würde. In Brünisried hatte er innerhalb der Gemeinde bereits in Gartenanlagen wachsende Waldbäume wie auch Hecken befallen. Ein Jahr spä­ ter wurden in Winterthur in einer Baumallee Ausschlupflöcher gefunden, die nach näherer Prüfung durch Experten der WSL den eindeutigen Befund erbrachten, dass hier bereits eine dritte Generation von Asiatischen Laubholzbockkäfern geschlüpft sein musste. Dieser 2012 festgestellte Befall entpuppte sich demnach als das bislang bedeutendste Ereignis mit diesem Schädling. Die Experten in der WSL wissen selbstverständlich auch um die potenziellen Krankheitsfolgen für die befallenen Bäume. Bei einzelnen durch den Befall geschwächten Ästen besteht die Gefahr von Windbruch; Kronenteile oder ganze Bäume können absterben. Dieses Wissen zur richtigen Diagnose gehört zum Kernauftrag der WSL. Im Falle des Asiatischen Laubholzbockkäfers spricht der Fachmann von einem «invasiven Insekt», was zunächst einmal lediglich bedeutet, dass dessen Vermehrung oder Ausbreitung stark zunehmen kann. Die Folgen sind meist unerwünscht. Sei es, dass wirtschaftliche oder ästhetische Schäden an einem Baumbestand auftreten oder ein Ökosystem aus den Fugen gerät. Im Falle des Asiatischen Laubholzbockkäfers kommt hinzu, dass dieser – wie sein Name schon andeutet – ein von ausser­ halb der Schweiz eingeschleppter Schädling ist. «Eine typische Folge der Globalisierung und der zunehmend international ver­ netzten Handelsströme», meint Forstentomologe Beat Forster. In diesem Umfeld gehört dann auch das Wissen um mögliche Ein­ schleppwege dazu. So war den WSL-Expertinnen und -Experten bekannt, dass dieser ursprünglich in Ostasien heimische Schäd­ ling durch Verpackungsholz von China auch schon in die USA gelangt und im Jahr 2001 auch nach Österreich und später in weitere europäische Länder eingeschleppt worden war. Den Pflanzenschutzdiensten von Bund und Kanton gelang es auch, die Einfallspforte in die Schweiz zu rekonstruieren. Es stellte sich nämlich heraus, dass in Winterthur, exakt am Punkt des ersten erkannten Befalls, sechs Jahre zuvor auf Holzpaletten eine Ladung chinesischer Granitsteine gestanden hatte, die an einer öffentlichen Kreuzung als Randsteine verbaut wurden. «Ist der anfängliche Krankheitsherd lokalisiert», meint Beat Forster, «bleibt im Falle des Asiatischen Laubholzbockkäfers nur die sofortige Vernichtung der befallenen Bäume.» Während die WSL gemäss ihrem gesetzlichen Auftrag Forstschutzdaten erhebt, Informationen über forstliche Schadorganismen aufbereitet und für Dritte zugänglich macht sowie Beratungsdienste leistet, ist für die konkrete Anordnung von Abwehrmassnahmen der Eidge­ nössische Pflanzenschutzdienst (EPSD) zuständig. International ist der Asiatische Laubholzbockkäfer als melde- und bekämp­ fungspflichtiger Quarantäneorganismus taxiert. Befallene Pflan­ zen werden gerodet, gehäckselt und schliesslich verbrannt; benachbarte Bäume werden einer rigorosen Prüfung unterwor­ fen, bei der mitunter auch Spürhunde eingesetzt werden. Die Aufklärung über forstliche Krankheiten und Schädlinge, wie sie die WSL seit jeher betreibt, ist und bleibt eine immer­

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Ziel 9 I Verstärkte Rolle in der Gesellschaft

währende Aufgabe – und zwar unabhängig davon, ob es sich dabei um eingeschleppte oder einheimische Spezies handelt –, jeder Fremdling wird schliesslich irgendwann heimisch. Bereits 1880, fünf Jahre vor der Gründung der ersten Vorgängerorgani­ sation der WSL, war die Weisstannentrieblaus aus dem Kaukasus in die heimischen Wälder der Schweiz eingeschleppt worden, heisst es in den Annalen. Über ein Jahrhundert später hatte der Buchdrucker als bekanntester einheimischer Borkenkäfer nach dem Sturm Lothar ganze Waldflächen in den Alpentälern befal­ len. «Frisch geworfenes Holz, umgeknickte Baumstämme nach einem Sturm», meint Roland Engesser, «wirken wie eine Zucht­ anlage für Borkenkäfer.» Für den Leiter Waldschutz Schweiz innerhalb der WSL ist deshalb klar, dass die Aufklärungs-, Bera­ tungs- und auch Forschungsarbeit im heutigen Umfeld eher noch intensiviert werden müsste. Ein gutes Beispiel dafür ist das gegenwärtig sich in der Schweiz ausbreitende Eschentriebster­ ben. Hervorgerufen durch einen eingeschleppten Pilz, welcher in den 1990er-Jahren erstmals in Polen entdeckt wurde, bedroht der Erreger heute die Eschenbestände in nahezu ganz Europa. Der globale Handel von Zierpflanzen und Handelsgütern aller Art ist die Hauptursache für die zunehmende Einschleppung und Verbreitung von neuen Schadorganismen. Sind diese erst einmal im Land, das lehrt die Erfahrung, finden sie sich einige Jahre später auch im Wald wieder. Klimaveränderungen und Naturka­ tastrophen schwächen diesen zusätzlich, und wo Schwäche ist, breiten sich naturgemäss auch Krankheiten und Schädlinge aus. In einem Land wie der Schweiz, in welchem der Schutzwald eine eminent wichtige Rolle spielt, kommen dem Monitoring wie auch der Wissensakkumulation über forstliche Schadorga­ nismen und deren Verbreitung eine buchstäblich überlebens­ wichtige Funktion zu. Dies stellt weit mehr dar als lediglich die Befriedigung des Wissenstriebs von Forscherinnen und For­ schern. Es ist im besten Sinne ein Dienst an der Bevölkerung in einem Land mit einer von Natur aus unwirtlichen Topografie.

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Beispiele aus den Institutionen

ETH Zürich

Austausch mit den Mittelschulen Am zweiten Hochschultag der Zürcher Mittelschulen liessen sich Anfang Februar 530 Zürcher Gymnasiallehrerinnen und -lehrer über die aktuelle Forschung an der ETH und der Universität Zürich informieren. Nach einer fulminanten interdisziplinären Eröff­ nungsveranstaltung am Morgen, die vom transdisziplinären Denklabor Collegium Helveticum der ETH und der Universität Zürich organisiert wurde, besuchten die Lehrerinnen und Lehrer am Nachmittag die verschiedenen Institute. Dort konnten sie sich ein Bild machen, wie sich die Fachgebiete seit ihrer Studi­ enzeit weiterentwickelt haben. Die ETH und die Universität Zürich sind bereits seit mehreren Jahren im Rahmen des Projektes HSGYM mit den Zürcher Mittel­ schulen in einem engen Austausch. Die gemeinsame Plattform hat sich als Erfolgsmodell etabliert, um die gymnasiale und universitäre Bildung besser aufeinander abzustimmen. Die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) hat deshalb beschlossen, diesen Ansatz als Good Practice auf nationaler Ebene anzuwenden.

EPFL

Mond als «Schirmherr» eines Festivals Ein Ballon von 25 Metern Durchmesser ermöglichte es dem Pub­ likum und den Kunstschaffenden des Festivals «St Prex Classics», Musik und Tanz vor Regen geschützt zu geniessen. Die vom Labor ALICE der EPFL unter der Leitung von Dieter Dietz konzipierte «Luna» wird künftig jeden Sommer in Saint Prex anzutreffen sein. Ab 2013 wird der Ballon mit Helium gefüllt und bei schönem Wetter über dem historischen Städtchen schweben.

Das PSI präsentiert: «Einmal Weltall und zurück» (Bild: PSI).

PSI

Grosses Kino Im Jahr 2016 soll der Freie-Elektronen-Röntgenlaser SwissFEL, die neue Grossforschungsanlage des Paul Scherrer Instituts, in Betrieb gehen. Die rund 700 Meter lange Anlage wird extrem kurze Pulse von Röntgenlicht in Laserqualität erzeugen und damit völlig neue Einblicke in Substanzen und Materialien ermöglichen. Doch schon seit April 2012 ist der SwissFEL im Kino des Besucher­ zentrums psi forum zu sehen. Als 3-D-Zeichentrickfilm. Am PSI wird die Tradition von 3-D-Filmen schon seit den 1990er-Jahren gepflegt. Damit kann Wissenschaft auf spielerische Art vermittelt werden, und auch ein Publikum, das sich primär nicht stark für Forschungsthemen interessiert, wird kurzweilig unterhalten. Im dritten vom PSI produzierten 3-D-Film, «Einmal Weltall und zurück», greift die Geschichte der Zeit voraus: Der SwissFEL ist bereits in Betrieb. Seine herausragenden Eigenschaften haben sich weit, sehr weit herumgesprochen. Seltsame Spione tauchen am PSI auf. Kann Professor Femto einen Sabotageakt verhindern?

Empa

Handbuch und Leitfaden setzen Standards

Garantierter Genuss dank «Luna» (Bild: EPFL/Alain Herzog).

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Unter Federführung der Empa erschien ein neues Standardwerk, das die analytisch-toxikologische Forschung an Nanopartikeln vereinheitlichen soll: das «Quality Handbook: Standard Proce­ dures for Nanoparticle Testing». Exakte Laborvorschriften zur Herstellung definierter Nanopartikel und zu deren Analytik stel­ len die Arbeiten auf diesem Gebiet auf eine neue Grundlage und machen sie erstmals vergleichbar. Erarbeitet wurde es vom Nanommune-Konsortium, einer von der EU finanzierten Gruppe renommierter europäischer und US-amerikanischer Forschungs­ institute. Parallel dazu hat die Empa gemeinsam mit dem Tex­ tilverband Schweiz den Leitfaden «Nano Textiles» herausgegeben. Dieser soll Schweizer Textil- und Bekleidungsunternehmen den sicheren Zu- und Umgang mit der Nanotechnik erleichtern. Der Leitfaden, eine konkrete Weiterentwicklung des Vorsorgerasters Synthetische Nanomaterialien der Bundesämter für Gesundheit (BAG) und für Umwelt (BAFU), kann somit für andere Branchen als Beispiel dienen.

Ziel 9 I Verstärkte Rolle in der Gesellschaft

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Ziel 9 – Verstärkte Rolle in der Gesellschaft

Eine Toilette für Entwicklungsländer

Ein Stehklosett mit autonomem Wasserkreislauf für die Armenviertel, das ist das Ziel von Eawag-Projekt­ leiterin Tove  Larsen.

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Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


Jeder dritte Mensch hat keinen Zugang zu einer hygienisch einwandfreien Toilette. Die Folge sind Darmerkrankungen und Grundwasserverunreinigungen in den Entwicklungsländern. Im Rahmen ei­ nes internationalen Wettbewerbs der Bill & Melinda Gates Foundation hat die Eawag ein Stehklosett entwickelt, welches ohne Kanalisation oder Fremdenergie auskommt. Es ist ein geschlossenes, auto­ nomes System, bei dem Wasser wiederverwendet und Rohstoffe aus menschlichen Ausscheidungen weiterverarbeitet werden können.

Da steht es, als erstes Modell im Eingangsbereich der Eawag im zürcherischen Dübendorf. Ein Design-Teil ist es, über zwei Meter hoch, aus blaufarbenem Polyethylen. Als «stilles Örtchen für die Armen» wurde es in einem TV-Beitrag betitelt. Die Eawag selber wählte in ihrer Pressemitteilung den nüchternen Duktus der Wis­ senschaft: «Schweizer Forschende erfinden eine neue Toilette». Diese Innovation ist eine Antwort auf einen Aufruf, den die ame­ rikanische Bill & Melinda Gates Foundation unter dem Slogan «Reinvent the Toilet!» gestartet hatte. Die Eawag erhielt Mitte 2012 für ihren Lösungsvorschlag einen Anerkennungspreis. Rund 2,6 Mrd. Menschen, jeder dritte Erdenbewohner also, besitzen keinen Zugang zu einer hygienischen Toilette. Die Folge sind Durchfall- und Infektionserkrankungen und immer besteht auch die Gefahr einer Grundwasserverunreinigung. Um solche menschenunwürdigen und krank machenden Zustände lindern zu helfen, schrieben der Microsoft-Gründer und seine Frau im Jahr 2011 22 Universitäten und Forschungsanstalten an und baten um Lösungsvorschläge. Die Vorgaben des Wett­bewerbs waren anspruchsvoll: Das zu entwickelnde Klosett soll in den ärmsten Gegenden der Welt einsetzbar sein, ohne Kanalisation oder Fremdenergie auskommen und höchstens fünf US-ameri­ kanische Cents pro Tag und Person kosten. Damit wertvolle Roh­ stoffe wie Urin oder Fäkalien weiterverarbeitet werden können, sollte die Toilette zudem in einen Stoffkreislauf integriert sein. Ein Stehklosett als Statussymbol Für Projektleiterin Tove Larsen war klar, dass sich eine solch komplexe Aufgabe nur mit einem interdisziplinären Team lösen liesse. Sie selber ist Chemieingenieurin, spezialisiert auf Verfah­ renstechnik im Abwasserbereich. Sie brachte zusätzlich For­ schende aus verschiedenen Abteilungen der Eawag zusammen. Dazu kam mit dem Österreicher Harald Gründl auch ein hoch angesehener Designer, der gewöhnlich im Möbel- oder Shop­ design für Kunden wie Armani oder Bulthaup arbeitet. «Eine Toi­ lette mit ansprechender Optik wird in den Entwicklungsländern zum Statussymbol», sagt Tove Larsen, «und deshalb wird sie auch benutzt.» Dieser Aspekt trug Gründls Wiener Design-Büro EOOS und der Eawag denn auch den mit 40 000 USD dotierten Preis ein. In der Urkunde der Bill & Melinda Gates Foundation heisst es: «Special recognition for outstanding design of a toilet user interface». Hinter der schönen Fassade des auf den Namen «Diversion» getauften Stehklosetts verbergen sich ausgeklügelte Wissenschaft und das Resultat intensiv erforschter Verfahrenstechnik. Im Labor der Eawag wurden Tests durchgeführt zur Wasserfiltrierung in einem geschlossenen Kreislauf. Im Keller des Forschungsinstitu­ tes stehen Versuchsanlagen zur Gewinnung von Dünger aus menschlichen Ausscheidungen. Damit in diesem autonomen Gesamtsystem am Ende alles ineinandergreift, muss jedes ein­ zelne Teil des Ganzen zu Ende gedacht und ausgereift sein.

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

«Der Schlüssel dazu ist die Separierung von Urin und Fäka­ lien», sagt Tove Larsen, «denn nur sie erlaubt eine effiziente Rückgewinnung von Rohstoffen bei gleichzeitiger Wiedergewin­ nung von sauberem Wasser in einem geschlossenen Kreislauf.» Wie das funktioniert, erklärt die Projektleiterin am ausgestellten Modell. Rund ein bis eineinhalb Liter Wasser stehen pro Benut­ zung zur Verfügung. Dies muss für die Reinigung der Toilette und das Händewaschen des Benutzers ausreichen – für Letzteres gibt es ein kleines Handwaschbecken. Ebenso existiert eine Hand­ dusche zur effizienten Analhygiene. Damit ist diese Trenntoilette in sämtlichen Kulturkreisen der Welt einsetzbar. Ein Kreislauf zur Wasserrückgewinnung Möglich macht all dies eine kompakte Technik. Pumpt eine Benutzerin, ein Benutzer mit einem kleinen Fusspedal sauberes Wasser in das Wasserreservoir der Toilette, wird gleichzeitig auf der Rückseite verschmutztes Wasser in einen biologischen Reaktor geleitet. In diesem Reaktor fliesst das Wasser durch die Schwer­ kraft über einen Membranfilter und wird dabei gereinigt. Eine zusätzliche Elektrolyse einer solarbetriebenen Elektrode sorgt dafür, dass das Wasser am Ende wirklich keimfrei ist und somit wieder genutzt werden kann. «Hygienisch einwandfreies Wasser zum Händewaschen ist entscheidend», sagt Tove Larsen, «zusätz­ lich ist die Trenntoilette dadurch bei Muslimen oder Hindus ein­ setzbar, die zur Analhygiene Wasser zu verwenden pflegen.» Wie aber lässt sich die Kostenvorgabe der Gates Foundation von fünf US-amerikanischen Cents pro Tag und Person erreichen? Auch dafür hat das Team um Tove Larsen Antworten gefunden. Die Forschenden entwickelten eine ausgeklügelte Transportlogis­ tik, die den boomenden Hüttensiedlungen der Entwicklungslän­ der angepasst ist. Dabei wird eine Toilette, die von zwei Familien genutzt wird, von einem Angestellten zweimal in der Woche geleert. «Das Ganze ist ein modulares System aus selbst schlies­ senden Fäkaliencontainern und Urinfässern, welche mit einem Fahrzeug effizient eingesammelt werden können. Dies macht die Sammlung hygienisch ebenso sicher wie die Toilette selbst», sagt Tove Larsen. «Wir haben auch Verfahren geprüft, wie in dezent­ ralen Anlagen Urin und Fäkalien zu verkäuflichen Produkten wie Dünger oder Biogas verarbeitet werden können.» So schliesst sich auch der ökonomische Kreislauf: Einheimische Unternehmerin­ nen und Unternehmer vermieten die Toiletten an Familien der Umgebung. Die Anschaffung und der Unterhalt der 500 USD teu­ ren Toilette werden durch den Verkauf der daraus resultierenden Produkte finanziert. Nun geht das Projekt in die nächste Runde. Die Gates Foun­ dation hat für die Weiterentwicklung über eine Million USD bereitgestellt. Mit diesem Geld kann ein Prototyp hergestellt wer­ den, der im April 2014 in den Armenvierteln von Kampala in Uganda getestet werden soll. «Verläuft dies erfolgreich», sagt Tove ­Larsen, «dann stünde als Nächstes der Bau einer Kleinserie an.»

Ziel 9 I Verstärkte Rolle in der Gesellschaft

99



Durchblick

Kennzahlen und Kommentare

Monitoringtabelle 102 Akademisches Leistungsreporting

103

Finanzielle Kennzahlen

110

Personelle Kennzahlen

116

Immobilienmanagement 122 Impressum

128

Blick in den Ablaufstollen des Grundablasses des Kraftwerkes Kárahnjúkar in Island. Der Grundablass ist mit einer Doppelschütze ausgerüstet, welche im Notfall unter vollem Stausee mit nahezu 200 m Druck geöffnet werden kann. Deshalb wurde dieser wichtige Notauslass mit einem Modell im Massstab 1:10 an der EPFL nachgebaut und getestet.

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

101


Monitoringtabelle

Abb. 9: Monitoringtabelle Referenzwerte Zahl der Studierenden inkl. Doktorierender an den beiden ETH*

Monitoring

2000

2004

2008

2009

2010

2011

2012

15 592

18 341

21 056

22 540

24 104

25 629

27 087

%-Anteil Frauen

22,9

26,7

29,1

29,4

29,7

29,6

29,4

%-Anteil Ausländerinnen und Ausländer

24,5

28,0

35,4

37,2

39,4

40,8

42,2

Diplomstudiengang*

12 032

Bachelorstudiengang* %-Anteil an der Zahl der Studierenden

7 741

751

395

191

0

0

5 969

10 138

10 970

11 716

12 600

13 359

32,5

Masterstudiengang* Nachdiplomstudien* Professorinnen und Professoren an den beiden ETH (Vollzeitäquivalente)** %-Anteil Frauen %-Anteil Ausländerinnen und Ausländer Betreuungsverhältnis (Studierende pro Professorin bzw. Professor)**

48,1

48,7

48,6

49,2

49,3

4 649

5 326

5 997

6 568

6 981

597

644

695

676

792

801

911

489,1

565,0

619,4

649,4

686,6

715,1

744,0

6,1

6,6

10,6

10,7

10,9

11,7

11,8

47,8

55,1

61,8

63,3

64,2

67,2

66,7

31,9

32,5

34,0

34,7

35,1

35,8

36,3

1

1 656

1 835

1 900

1 988

2 216

Abschlüsse Bachelor %-Anteil Frauen

27,1

28,0

29,2

28,2

29,2

%-Anteil Ausländerinnen und Ausländer

16,8

18,0

18,8

20,7

21,8 2 320

Abschlüsse Master (bzw. Diplome)

1 702

1 723

1 978

1 988

1 898

2 159

%-Anteil Frauen

20,3

23,0

27,0

28,7

28,7

29,6

30,8

%-Anteil Ausländerinnen und Ausländer

15,2

15,1

21,3

25,2

31,4

33,9

36,0 14 735

Lehre durch Forschungsanstalten (FA) Zahl unterrichtete Stunden pro Jahr Bachelor-, Master- und Diplomarbeiten, betreut an den FA Doktorierende an den beiden ETH*

10 145

15 569

15 713

15 950

16 170

123

286

391

420

452

506

542

2 963

3 987

4 823

5 173

5 408

5 660

5 836

%-Anteil Frauen

22,8

24,5

28,6

29,3

30,4

29,4

29,8

%-Anteil Ausländerinnen und Ausländer

50,7

57,1

62,7

64,5

67,2

69,1

70,6 1 095

Doktorate (Abschlüsse)

719

832

962

986

1 027

%-Anteil Frauen

28,0

25,2

27,5

29,4

29,8

30,1

%-Anteil Ausländerinnen und Ausländer

54,9

59,1

59,6

59,7

66,7

63,8

Doktorierende, betreut an den Forschungsanstalten

731

239

545

%-Anteil Frauen

700

717

741

782

807

36,1

35,6

38,5

35,3

34,6

%-Anteil immatrikuliert im ETH-Bereich

66,1

66,9

69,2

65,7

67,2

%-Anteil immatrikuliert an ausländischer Universität

17,3

15,2

13,6

14,8

13,5 911,4

Drittmittel (inkl. Zweitmittel) in Mio. CHF %-Anteil an den Gesamtmitteln

360,0

454,2

706,4

710,2

763,6

863,2

17,4

20,3

26,6

25,7

26,4

28,1

29,5

100,0

141,6

153,7

192,5

212,1

216,3

davon SNF davon KTI

28,3

26,1

40,7

33,1

21,3

53,9

davon EU

49,0

97,7

114,2

110,4

128,3

126,5

Patente

161

166

125

155

128

147

195

Lizenzen

84

111

178

176

178

194

230

Spin-offs Finanzierungsbeitrag des Bundes in Mio. CHF

36

25

46

45

38

40

38

1 706,8

1 788,2

1 949,4

2 049,9

2 129,9

2 208,2

2 175,4

* Zählweise: Headcounts (seit 2010 auch rückwirkend); weitere Erläuterungen zur Zählweise vgl. Kasten S. 105. ** Erläuterungen zur Zählweise vgl. Kasten S. 105.

Der Leistungsauftrag (vgl. Beilage) definiert den jährlichen Rechenschaftsbericht (Geschäftsbericht) als eine kritische Selbstevaluation des ETHBereichs durch den ETH-Rat (vgl. Leistungsauftrag, S. 1406). Die Selbstevaluation orientiert sich an den Zielen des Leistungsauftrags, was im vorliegenden Geschäftsbericht im Kapitel «Einblick» (vgl. S. 33–99) erfolgt. Die Zielerreichung wird quantitativ mit den relevanten Indikatoren, insbesondere der Monitoringtabelle, erfasst.

102

Durchblick I Monitoringtabelle

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


Akademisches Leistungsreporting

Gefragte Fachkräfte aus dem ETH-Bereich – Zahl der Absolventinnen und Absolventen steigt

Der ETH-Bereich trägt wesentlich zur Linderung des Mangels an Fachkräften in der Schweiz im natur­ wissenschaftlich-technischen Bereich bei. Dies belegen einerseits die Zahl der Studienabschlüsse an den beiden ETH, welche 2012 erneut deutlich angestiegen ist, andererseits die seit mehreren Jahren steigende Zahl der Neueintritte in ein Bachelorstudium. Die Entwicklung der Neueintritte lässt darauf schliessen, dass dieser positive Trend auch bei den Abschlüssen anhalten wird. Die Steigerung bei den Neueintritten ist hauptsächlich auf den wachsenden Anteil an Bildungsausländerinnen und -auslän­ dern auf allen Studienstufen zurückzuführen. Diese wachsende Gruppe von Studierenden unter­ streicht die Attraktivität der beiden ETH weltweit.

Lehre Die Gesamtzahl der Studierenden an den beiden ETH in Zürich und Lausanne stieg weiterhin an. 2012 waren total 27 087 Stu­ dierende eingeschrieben, davon 13 359 im Bachelor-, 6981 im Masterstudium und 5836 als Doktorierende (vgl. Abb. 9 und 12). Dies entspricht einer Zunahme gegenüber dem Vorjahr von gesamthaft 5,7 %. Während sich das Wachstum der Studieren­ denzahlen an der ETH Zürich in den letzten Jahren verlang­ samt hat, verzeichnet dieses an der EPFL mit 10,2 % gegenüber dem Vorjahr einen Höchstwert. Entwicklungen in der Lehre Die Zunahme der Studierendenzahlen der beiden ETH zeigte sich in allen Fachgebieten, mit Ausnahme leichter Abnahmen in den systemorientierten Naturwissenschaften und den Geis­ tes-, Sozial- und Staatswissenschaften (vgl. Abb. 10). Auf der Bachelorstufe betrug der Anstieg 6,0 %, auf der Masterstufe 6,3 %, im Doktoratsstudium 3,1 % und bei den MAS-/MBAStudierenden 13,7 % (vgl. Abb. 13). Mit gesamthaft 5,7 % liegt die Zunahme der Studierendenzahlen deutlich über dem Mit­ telwert von 2,4 % der universitären Hochschulen der Schweiz und lässt auf eine anhaltende Attraktivität eines Studiums an der ETH Zürich und der EPFL schliessen. Seit 2004 verzeichnen beide ETH insgesamt 48,4 % mehr Bachelor-, Master- und Diplomstudierende (ETH Zürich: 46,2 %, EPFL: 52,6 %). Beide ETH unternehmen bereits seit Jahren grosse Anstren­ gungen, um vermehrt Frauen für ein Studium der MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) zu gewinnen. Dennoch ist der Anteil der Frauen an den Stu­ dierenden der Bachelorstufe gegenüber dem Vorjahr nahezu gleich geblieben und auf der Masterstufe mit 28,7 % gegen­ über 29,2 % im Vorjahr leicht gesunken. Bei den Doktorieren­ den hat sich der Frauenanteil bei ca. 30 % eingependelt (vgl. Abb. 11). Der Anteil der Ausländerinnen und Ausländer stieg 2012 auf allen Studienstufen weiter an. Auf der Bachelorstufe stieg er auf 29,5 % und auf der Masterstufe auf 42,8 %. Bei den Dok­

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

torierenden hat sich das Wachstum verlangsamt und führte zu einem Anteil an Ausländerinnen und Ausländern per Ende Jahr von 70,6 %. Dabei handelte es sich zum grössten Teil um Bildungsausländerinnen und -ausländer, d.h. um Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit, die zu Studienzwecken in die Schweiz einreisen und deren Wohnsitz bei Erlangung des relevanten Vorbildungsausweises im Ausland war. Auf­ fallend ist die im Vergleich zu den letzten Jahren stärkere Zunahme von 3,5 % an Bildungsausländerinnen und -auslän­ dern auf der Bachelorstufe (2008–2011 jährlich ca. 1,5 Prozent­ punkte; vgl. Abb. 12). Die Zahl der Abschlüsse auf Masterstufe ist gegenüber 2011 wie schon im Vorjahr deutlich angestiegen (vgl. Abb. 14). Aufgrund der anhaltenden Zunahme der Neueintritte in den letzten Jahren ist mit einer weiteren Steigerung der Abschlüsse in Zukunft zu rechnen. Dies ist ein erfreulicher Trend, stellen doch die MINT-Abgängerinnen und -Abgänger nach wie vor gefragte Fachkräfte für die Wirtschaft dar. Dies spiegelt sich auch in der Studie «MINT-Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt» des Bundesamts für Statistik (BFS) aus dem Jahr 2012 wider. Ein Jahr nach dem Abschluss können sich Hochschulabsolven­ tinnen und -absolventen eines MINT-Fachbereichs besser in den Arbeitsmarkt integrieren als diejenigen anderer Diszipli­ nen. Die Erwerbslosenquote bei den MINT-Fachkräften betrug 3,8 %, bei denjenigen anderer Disziplinen 5,5 % (Jahr der Erhebung: 2009). Die MINT-Absolventinnen und -Absolventen nahmen zudem häufiger Führungspositionen ein. Die Zuwachsrate bei den neu eintretenden Studierenden, die ein Bachelorstudium aufnehmen, blieb mit insgesamt 4,8 % im Jahr 2012 auf konstant hohem Niveau. Auf das Jahr 2005 bezogen liegt sie sogar bei 50,3 %. Ein überdurchschnitt­ liches Wachstum der Neueintritte von 21,1 % ist bei den Life Sciences zu beobachten. Ein Teil davon ist bedingt durch die Neuschaffung des Departements «Gesundheitswissenschaften und Technologie» an der ETH Zürich. Auch die Ingenieur­ wissenschaften haben mit einer Zuwachsrate von 9,2 % die beiden Vorjahre übertroffen (vgl. Abb. 15). Zum dritten Mal

Durchblick I Akademisches Leistungsreporting

103


Akademisches Leistungsreporting

Abb. 10: Studierende inkl. Doktorierende nach Fachgebieten 2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

Architektur

1 941

2 035

2 113

2 226

2 388

2 553

2 743

2 994

3 098

3 177

79

2,6

ETH Zürich

1 271

1 289

1 329

1 385

1 502

1 598

1 697

1 848

1 900

1 950

50

2,6

670

746

784

841

886

955

1 046

1 146

1 198

1 227

29

2,4

1 533

1 623

1 650

1 763

1 746

1 980

2 170

2 405

2 727

2 900

173

6,3

ETH Zürich

786

833

910

975

981

1 141

1 278

1 434

1 576

1 629

53

3,4

EPFL

747

790

740

788

765

839

892

971

1 151

1 271

120

10,4 6,6

EPFL Bauwesen und Geomatik

Ingenieurwissenschaften

∆2011/2012 in %

4 269

4 399

4 464

4 564

4 732

5 081

5 597

5 985

6 391

6 816

425

ETH Zürich

2 577

2 675

2 771

2 859

3 033

3 301

3 677

3 901

4 167

4 341

174

4,2

EPFL

1 692

1 724

1 693

1 705

1 699

1 780

1 920

2 084

2 224

2 475

251

11,3

Informatik und Kommunikationstechnologie

2 550

2 347

2 188

2 067

1 939

1 906

1 929

2 070

2 253

2 367

114

5,1

ETH Zürich

1 163

1 080

1 017

999

977

981

997

1 029

1 082

1 083

1

0,1

EPFL

1 387

1 267

1 171

1 068

962

925

932

1 041

1 171

1 284

113

9,6

3 177

3 256

3 273

3 295

3 373

3 671

3 942

4 155

4 476

4 780

304

6,8

ETH Zürich

1 845

1 881

1 935

2 008

2 083

2 271

2 470

2 606

2 790

2 903

113

4,1

EPFL

1 332

1 375

1 338

1 287

1 290

1 400

1 472

1 549

1 686

1 877

191

11,3

Life Sciences

1 976

2 112

2 315

2 508

2 678

2 858

3 034

3 176

3 314

3 708

394

11,9

ETH Zürich

1 828

1 832

1 951

2 040

2 128

2 255

2 391

2 472

2 551

2 823

272

10,7

Exakte und Naturwissenschaften

EPFL Systemorientierte Naturwissenschaften ETH Zürich Management, Technologie, Ökonomie ETH Zürich EPFL Geistes-, Sozial- und Staatswissenschaften ETH Zürich Total Studierende inkl. Doktorierende ETH Zürich EPFL davon Frauen

148

280

364

468

550

603

643

704

763

885

122

16,0

2 002

1 929

1 961

1 919

1 927

2 030

2 104

2 205

2 261

2 201

- 60

- 2,7

2 002

1 929

1 961

1 919

1 927

2 030

2 104

2 205

2 261

2 201

- 60

- 2,7

519

540

488

529

626

778

819

859

833

870

37

4,4

427

394

339

350

433

534

562

592

584

583

- 1

- 0,2

92

146

149

179

193

244

257

267

249

287

38

15,3

70

100

130

154

169

199

202

255

276

268

- 8

- 2,9

70

100

130

154

169

199

202

255

276

268

- 8

- 2,9

18 037 18 341 18 582 19 025 19 578 21 056 22 540 24 104 25 629

27 087

1 458

5,7

11 969 12 013 12 343 12 689 13 233 14 310 15 378 16 342 17 187

17 781

594

3,5

6 068

6 328

6 239

6 336

6 345

6 746

7 162

7 762

8 442

9 306

864

10,2 5,1

4 714

4 904

5 057

5 279

5 520

6 131

6 627

7 149

7 585

7 973

388

ETH Zürich

3 391

3 441

3 570

3 712

3 930

4 345

4 707

5 050

5 292

5 445

153

2,9

EPFL

1 323

1 463

1 487

1 567

1 590

1 786

1 920

2 099

2 293

2 528

235

10,2 9,4

davon Ausländerinnen und Ausländer

4 753

5 130

5 343

5 704

6 204

7 453

8 396

9 488 10 456

11 437

981

ETH Zürich

2 493

2 636

2 821

3 092

3 519

4 438

5 113

5 698

6 205

6 559

354

5,7

EPFL

2 260

2 494

2 522

2 612

2 685

3 015

3 283

3 790

4 251

4 878

627

14,7

Zahlen (Headcount) der Studierenden inkl. Doktorierende der ETH Zürich und der EPFL zusammengefasst in neun Fachgebieten. Erläuterungen zur Zählweise vgl. Kasten S. 105.

Abb. 11: Anteil Frauen unter den Studierenden der ETH Zürich und der EPFL 2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

%-Anteil im Bachelorstudium

27,3

27,6

28,2

28,8

28,9

28,9

29,4

29,2

%-Anteil im Masterstudium

21,9

25,0

26,8

28,0

29,0

29,2

29,2

28,7

%-Anteil im Doktoratsstudium

25,6

27,1

27,3

28,6

29,3

30,4

29,4

29,8

%-Anteil MAS/MBA*

29,0

30,3

31,3

34,2

34,8

37,0

37,1

36,7

* Weiterbildungsprogramme MAS/MBA: Master of Advanced Studies/Master of Business Administration.

Entwicklung der Frauenanteile auf den verschiedenen Studienstufen seit 2005. Erläuterungen zur Zählweise vgl. Kasten S. 105.

104

Durchblick I Akademisches Leistungsreporting

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


hintereinander ist eine Abnahme (7,3 %) der Neueintritte in der Architektur zu verzeichnen – einem seit Jahren stark über­ belegten Fachgebiet. Die Abnahme der Neueintritte im Fach­ gebiet Bauwesen und Geomatik beträgt 2,8 %, wobei festzu­ halten ist, dass hier im Jahr 2011 eine ausserordentlich hohe Anzahl von Neueintritten zu verzeichnen war. Die Neueintritte liegen damit immer noch über dem langjährigen Trend. Die Zahl der an den beiden ETH tätigen Professorinnen und Professoren stieg 2012 in ähnlichem Mass wie in den Vorjah­ ren. Mit der steigenden Studierendenzahl vermochte dieser Anstieg jedoch nicht Schritt zu halten. Dies hat sich wiederum negativ auf das Betreuungsverhältnis ausgewirkt: Es stieg von durchschnittlich 35,8 Studierenden pro Professorin oder Pro­ fessor auf 36,4 an. Das Betreuungsverhältnis stellt allerdings nicht die gesamthaft erbrachte Betreuungsleistung dar, son­ dern dient primär als Indikator, um sich mit den publizierten Verhältniszahlen ausländischer Universitäten zu vergleichen. Ein grosser Teil der Betreuungsleistung wird von leitenden und weiteren höheren wissenschaftlichen Mitarbeitenden der beiden ETH und der vier Forschungsanstalten erbracht. Bezieht man die entsprechenden Personalkategorien in die Berech­ nung ein, beträgt das «erweiterte» Betreuungsverhältnis durchschnittlich weniger als 25 Studierende pro Lehrperson. Es hat sich aber seit 2007 ebenfalls von Jahr zu Jahr verschlech­ tert (vgl. Abb. 16). Das grosse Engagement der Forschungsanstalten des ETHBereichs in der Lehre drückte sich auch 2012 in eindrücklichen Zahlen aus (vgl. Abb. 17). Ihre Wissenschaftlerinnen und Wissen­ schaftler erteilten insgesamt 14 735 Unterrichtsstunden an den beiden ETH sowie an Universitäten und Fachhochschulen. Die Lehrleistung scheint sich damit bei rund 15 000 Stunden einzu­ pendeln. Ausserdem haben die Forschungsanstalten 96 gemein­ same Professuren mit den beiden ETH oder anderen schweize­ rischen oder ausländischen Hochschulen (mit-)finanziert. Nicht zuletzt durch dieses Engagement in der Lehre gelingt es den Forschungsanstalten, eine beachtliche Zahl von Studierenden für anwendungsorientierte Abschlussarbeiten zu gewinnen. Dies schlug sich 2012 in 807 Dissertationen sowie 542 Bachelor- und Masterarbeiten nieder, die von Wissenschaftlerinnen und Wis­ senschaftlern der Forschungsanstalten betreut wurden. Wissens- und Technologietransfer Insgesamt haben die ETH Zürich, die EPFL und die Forschungs­ anstalten in der Leistungsperiode 2008–2012 genau 750 Patente angemeldet, über 950 Lizenzverträge abgeschlossen und mehr als 200 Spin-offs gegründet. Die Durchschnittswerte von jähr­lich rund 140 Patenten und 180 Lizenzverträgen in den Jah­ ren 2008–2011 wurden im Jahr 2012 deutlich übertroffen: So meldeten die Institutionen des ETH-Bereichs im Berichtsjahr insgesamt 195 Patente an und schlossen 230 Lizenzverträge ab. Zudem gründeten sie 38 Spin-offs, in etwa gleich viele wie in den beiden Vorjahren (vgl. Abb. 18). Unter dem Indikator Lizenzen werden Lizenzverträge für umfangreichere Software-Pakete mitgezählt. Die ausgewie­ sene Zahl kann durch periodisch anfallende Neulizenzierun­ gen grössere Schwankungen aufweisen. Die starke Zunahme der Lizenzverträge im Berichtsjahr ist zu einem Teil auf diesen Umstand zurückzuführen. Im Vergleich zur Leistungsperiode 2004–2007 ist die Anzahl der Patente (ausschliesslich Priority Applications) in der Peri­

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

Reportingansätze: So wurde gezählt Alle Studierendenzahlen und die daraus errechneten Indikatoren basieren auf Headcounts. Bei gleichzeitiger Einschreibung in mehrere Studiengänge oder -stufen wird der prioritäre Stu­ diengang (die prioritäre Studienstufe) gezählt. Die Studieren­ denzahlen berücksichtigen Gast- und Mobilitätsstudierende, jedoch keine Sportlehrerinnen und -lehrer (ETH Zürich bis 2008). Die Berufsoffiziersausbildung an der ETH Zürich wird seit 2003 als Bachelorstudiengang geführt. An der EPFL werden die Studie­ renden des Mathematik-Einführungskurses (CMS-Studierende) nicht mitgezählt. Die Studierenden des von beiden ETH gemein­ sam angebotenen spezialisierten Joint-Masterstu­diengangs Nuclear Engineering werden an beiden ETH gezählt. Im akademischen Leistungsreporting (inkl. Monitoringta­ belle S. 102) werden alle Professorinnen und Professoren der beiden ETH berücksichtigt, die direkt oder indirekt in Lehre und Betreuung von Studierenden involviert sind (in Vollzeit­ äquivalenten) – inklusive Mitglieder der Schulleitungen im Professorenrang sowie Doppelprofessuren. Bei den personellen Kennzahlen (vgl. S. 116 ff.) hingegen werden die Professorinnen und Professoren erfasst, die mit der ETH Zürich und/oder der EPFL in einem Anstellungsverhältnis stehen. Doppelprofessuren, die von der Partnerhochschule finanziert sind, werden deshalb nur im akademischen Leistungsreporting mitgezählt. Zur Ermittlung des Betreuungsverhältnisses werden die ordentlichen und ausserordentlichen Professorinnen und Professoren sowie alle Assistenzprofessorinnen und -professoren, inklusive Förder­ professuren, berücksichtigt. Die in das «erweiterte» Betreu­ ungsverhältnis einbezogenen leitenden wissenschaftlichen Mitarbeitenden (Senior Scientists bzw. Maîtres d’enseignement et de recherche) und unbefristet angestellten wissenschaft­ lichen Mitarbeitenden sind Angehörige des oberen Kaders (Funktionsstufen 10 bis 13).

ode 2008–2012 im Jahresdurchschnitt etwa gleich geblieben, die Anzahl der Lizenzverträge hat sich um 28 % erhöht. Die Anzahl der jährlich gegründeten Spin-offs scheint sich bei etwa 40 einzupendeln. Im Vergleich zu den in der Periode 2004–2007 erfolgten Firmenausgründungen hat dabei deren Anzahl in der Periode 2008–2012 im Jahresdurchschnitt um 58 % zugenommen. Die WTT-Aktivitäten des ETH-Bereichs zeigen in der Leis­ tungsperiode 2008–2012 einen erfreulichen Verlauf, zu dem sowohl die beiden ETH als auch die Forschungsanstalten mit unterschiedlichen Gewichtungen beigetragen haben – ein Ausdruck der unterschiedlichen Aufgaben und der komple­ mentären Ausrichtung der Institutionen des ETH-Bereichs.

Durchblick I Akademisches Leistungsreporting

105


Akademisches Leistungsreporting

Abb. 12: Anteil Ausländerinnen und Ausländer unter den Studierenden der ETH Zürich und der EPFL %-Anteil im Doktoratsstudium: Ausländerinnen und Ausländer total Bildungsausländerinnen und -ausländer

70 % 60 % 50 %

%-Anteil im Masterstudium: Ausländerinnen und Ausländer total Bildungsausländerinnen und -ausländer

40 % 30 %

%-Anteil im Bachelorstudium: Ausländerinnen und Ausländer total Bildungsausländerinnen und -ausländer

20 % 10 % 0 %

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

Anteil der ausländischen Studierenden total sowie der Bildungsausländerinnen und -ausländer (Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit, deren Wohnsitz bei Erlangung des relevanten Vorbildungsausweises im Ausland lag) in Prozent der Gesamtzahlen der Studierenden der beiden ETH. Erläuterungen zur Zählweise vgl. Kasten S. 105.

Abb. 13: Studierende nach Studienstufen 2003 Bachelorstudium

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

∆2011/2012 in %

3 401

5 969

8 518

9 086

9 416

10 138

10 970

11 716

12 600

13 359

759

ETH Zürich

2 047

3 794

5 350

5 982

6 332

6 896

7 344

7 757

8 236

8 468

232

2,8

EPFL

1 354

2 175

3 168

3 104

3 084

3 242

3 626

3 959

4 364

4 891

527

12,1 6,3

Masterstudium ETH Zürich EPFL Diplomstudium

2 012

2 888

3 909

4 649

5 326

5 997

6 568

6 981

413

522

1 255

2 302

3 028

3 749

4 281

4 607

4 755

148

3,2

1 490

1 633

1 607

1 621

1 577

1 716

1 961

2 226

265

13,5

0

0

3,1

10 290

7 741

3 453

2 324

1 316

751

395

191

ETH Zürich

7 033

5 252

3 453

2 324

1 316

751

395

191

EPFL

3 257

2 489

Doktoratsstudium

6,0

3 758

3 987

4 096

4 199

4 372

4 823

5 173

5 408

5 660

5 836

176

ETH Zürich

2 528

2 613

2 674

2 792

2 900

3 199

3 388

3 507

3 685

3 795

110

3,0

EPFL

1 230

1 374

1 422

1 407

1 472

1 624

1 785

1 901

1 975

2 041

66

3,3

MAS/MBA*

588

644

503

528

565

695

676

792

801

911

110

13,7

ETH Zürich

361

354

344

336

383

436

502

606

659

763

104

15,8

EPFL

227

290

159

192

182

259

174

186

142

148

6

4,2

* Weiterbildungsprogramme MAS/MBA: Master of Advanced Studies/Master of Business Administration.

Zahl (Headcount) der Studierenden nach Studienstufen. Erläuterungen zur Zählweise vgl. Kasten S. 105.

106

Durchblick I Akademisches Leistungsreporting

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


Abb. 14: Abschlüsse nach Studienstufen 2003

2004

Bachelor ETH Zürich

2005

2006

2007

1

118

1 039

1 452

1 656

1 835

1 900

1 988

2 216

228

1

118

381

838

1 086

1 203

1 283

1 304

1 447

143

11,0

658

614

570

632

617

684

769

85

12,4 7,5

EPFL Master/Diplom ETH Zürich

2008

2009

2010

2011

2012

∆2011/2012 in % 11,5

1 647

1 723

1 783

1 807

1 949

1 978

1 988

1 898

2 159

2 320

161

1 163

1 167

1 144

1 203

1 309

1 306

1 317

1 270

1 506

1 650

144

9,6

484

556

639

604

640

672

671

628

653

670

17

2,6 6,6

EPFL Doktorat

628

719

774

861

852

832

962

986

1 027

1 095

68

ETH Zürich

429

471

506

569

572

566

651

650

696

747

51

7,3

EPFL

199

248

268

292

280

266

311

336

331

348

17

5,1 - 15,0

MAS/MBA

337

435

461

332

471

336

400

283

301

256

- 45

ETH Zürich

177

237

233

226

213

213

239

174

203

184

- 19

- 9,4

EPFL

160

198

228

106

258

123

161

109

98

72

- 26

- 26,5

2009

2010

2011

2012

Abb. 15: Neueintritte ins Bachelorstudium an der ETH Zürich und der EPFL 2005

2006

2007

2008

∆2011/2012 in %

Architektur

508

578

534

629

689

671

646

599

- 47

- 7,3

Bauwesen und Geomatik

358

377

379

459

513

556

638

620

- 18

- 2,8

Ingenieurwissenschaften

842

872

847

1 056

1 200

1 183

1 240

1 354

114

9,2

Informatik und Kommunikationstechnologie

333

307

278

325

396

425

448

465

17

3,8

Exakte und Naturwissenschaften

600

623

647

787

810

832

954

986

32

3,4

Life Sciences

425

441

438

486

523

529

578

700

122

21,1

Systemorientierte Naturwissenschaften

274

271

260

287

276

318

321

336

15

4,7

-

-

-

-

-

-

-

234

4,8

Management, Technologie und Ökonomie Geistes-, Sozial- und Staatswissenschaften Total

35

13

17

23

18

13

13

12

3 375

3 482

3 400

4 052

4 425

4 527

4 838

5 072

Neueintritte in ein Bachelorstudium an den beiden ETH seit 2005 nach Fachgebieten: «Management, Technologie und Ökonomie» weist keinen Bachelorstudiengang auf; «Geistes-, Sozial- und Staatswissenschaften» weist lediglich einen Bachelorstudiengang für Berufsoffiziere mit kleinen Studierendenzahlen auf, womit keine statistisch sinnvolle Aussage zum Entwicklungstrend der Neueintritte gemacht werden kann. Erläuterungen zur Zählweise vgl. Kasten S. 105.

Abb. 16: Betreuungsverhältnisse an der ETH Zürich und der EPFL

Betreuungsverhältnis im Bachelor-/Masterstudium im Doktoratsstudium Betreuungsverhältnis, erweitert im Bachelor-/Masterstudium im Doktoratsstudium

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

32,6

32,5

32,7

32,6

32,1

34,0

34,7

35,1

35,8

36,4

24,7

24,3

24,6

24,5

24,0

25,1

25,7

26,1

26,8

27,3

6,8

7,1

7,2

7,2

7,2

7,8

8,0

7,9

7,9

7,8

19,5

20,5

20,2

20,2

20,4

21,9

22,4

23,0

23,8

24,5

14,8

15,3

15,2

15,2

15,3

16,1

16,6

17,1

17,8

18,4

4,1

4,5

4,4

4,5

4,6

5,0

5,1

5,2

5,2

5,3

Betreuungsverhältnisse an den beiden Hochschulen. Die Basis für das Verhältnis bildet die Gesamtzahl aller Studierenden (d.h. inkl. Doktorierende und MAS-/MBA-Studierende) bzw. die Gesamtzahl jener Studierenden, die sich im Bachelor-/Masterstudium oder im Doktoratsstudium befinden. Erläuterun­ gen zu den zur Berechnung der Betreuungsverhältnisse herangezogenen Kategorien von Professorinnen und Professoren und weiteren an der Lehre Be­ teiligten («erweitertes» Betreuungsverhältnis) vgl. Kasten S. 105.

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

Durchblick I Akademisches Leistungsreporting

107


Akademisches Leistungsreporting

Abb. 17: Lehre durch die Forschungsanstalten 1 000 900 800 700 600 500 400 300 200 100 0

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

17 000 16 000 15 000 14 000 13 000 12 000 11 000 10 000 9 000 8 000 7 000 6 000 5 000 4 000 3 000 2 000 1 000 0

Anzahl Unterrichtsstunden pro Jahr Anzahl betreute Doktorarbeiten Anzahl betreute Bachelor-, Master- und Diplomarbeiten

Engagement der Forschungsanstalten des ETH-Bereichs in der Lehre. Linke Ordinate: Anzahl betreute Bachelor-, Master-, Diplom- und Doktorarbeiten; ­rechte Ordinate: Anzahl erteilte Unterrichtsstunden pro Jahr.

Abb. 18: Wissens- und Technologietransfer im ETH-Bereich

Patente

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012 195

138

166

154

159

142

125

155

128

147

ETH Zürich

80

85

77

84

79

64

78

63

72

87

EPFL

27

43

44

36

36

40

44

47

52

75

Forschungsanstalten Lizenzen

31

38

33

39

27

21

33

18

23

33

80

111

117

152

218

178

176

178

194

230

ETH Zürich

23

25

23

24

42

48

37

39

45

35

EPFL

27

42

46

56

64

29

47

45

50

31 164

Forschungsanstalten

30

44

48

72

112

101

92

94

99

23

25

19

28

33

46

45

38

40

38

ETH Zürich

10

12

9

16

21

23

24

20

22

22

EPFL

10

8

5

8

12

18

20

14

15

12

3

5

5

4

0

5

1

4

3

4

Spin-offs

Forschungsanstalten

Leistungen des Wissens- und Technologietransfers der Institutionen des ETH-Bereichs anhand der Indikatoren Patente (ausschliesslich Priority Applications) und Lizenzen (inkl. Technologietransferverträge) sowie der Firmengründungen (Spin-offs).

Ranking der Hochschulen bestätigt Qualität der beiden ETH Die beiden ETH belegen in den internationalen Rankings von ­universitären Hochschulen Spitzenplätze in Europa und konnten ihre Ränge auch 2012 weiter verbessern. Die ETH Zürich hat ihre Stellung als klar beste kontinentaleuropäische Hochschule gefestigt, die EPFL belegt im Vergleich zum Vor­ jahr in den meisten Rankings und Kategorien erneut deutlich bessere Plätze. Unter den 10 besten europäischen Universi­ täten finden sich gemäss QS Ranking 8 aus dem Vereinigten Königreich sowie die ETH Zürich auf Rang 5 und die EPFL auf Rang 9. Beim THE Ranking belegt die ETH Zürich den Rang 4 und die EPFL den Rang 8, ebenfalls umgeben von Univer­

108

Durchblick I Akademisches Leistungsreporting

sitäten aus dem Vereinigten Königreich. Erst danach folgen jeweils Universitäten aus anderen europäischen Staaten. Von den 20 besten Universitäten sind in den Rankings 2012 drei Viertel in Nordamerika (USA und Kanada) angesie­ delt, die übrigen in Europa. Von den 100 besten Universitäten stammen je rund ein Drittel aus Nordamerika und aus Europa, rund ein Fünftel aus Asien und knapp ein Zehntel aus Oze­ anien. Bei den 400 besten Universitäten finden sich 45 % in Europa und 25 % in Nordamerika. Der Anteil der Universitäten Asiens beträgt knapp 20 %, rund 10 % entfallen auf Ozeanien, Lateinamerika und Afrika. In den letzten Jahren konnten asiatische, aber auch europäische Universitäten Ränge gut­

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


Abb. 19: Rangierung der ETH Zürich und der EPFL gemäss THE, QS, ARWU und Leiden Ranking THE

QS

ARWU

Leiden

World Europe SCI ENG Life Overall SCI ENG Life Overall SCI ENG Life Math Phys Chem Comp Sc

Europe World Top 100 Top 200

Rang

1 4 20

12

8

8

11

14

8

10

13

16

22

23 40

29 40

44

16

10

25

30

35

39 50

38 51

51

60 76

80

120

1

17

18

23

100

2

5

8

76

101

101

123

140 151 160 ETH Zürich

EPFL

THE

The Times Higher Education World University Rankings 2012–2013, powered by Thomson Reuters World = Top World Universities, Europe = Top European Universities, SCI = Physical Sciences, ENG = Engineering & Technology, LIFE = Life Sciences QS QS Top Universities World University Rankings 2012/13 SCI = Natural Sciences, ENG = Engineering & Technology, LIFE = Life Sciences & Medicine ARWU Academic Ranking of World Universities 2012 of Shanghai Jiao Tong University SCI = Natural Sciences and Mathematics, ENG = Engineering/Technology and Computer Sciences, LIFE = Life and Agriculture Sciences, Math = Mathematics, Phys = Physics, Chem = Chemistry, Comp Sc = Computer Science Leiden Leiden Ranking 2011/2012 des Centre for Science and Technology Studies (CWTS) der Universität Leiden, Holland Ranking aufgrund des Anteils der Publikationen einer Universität, die zu den obersten 10 % der am häufigsten zitierten Publikationen im entsprechenden Fachgebiet zählen. Europe Top 100 = Ranking der Universitäten, die aufgrund der Anzahl der Publikationen zu den 100 grössten Universitäten Europas zählen. World Top 200 = Ranking der Universitäten, die aufgrund der Anzahl der Publikationen zu den 200 grössten Universitäten weltweit zählen.

machen. Ränge verloren haben vor allem nordamerikanische Universitäten. Rankings von universitären Hochschulen stellen ein ein­ faches Instrument dar, um sich rasch ein Bild zur Entwicklung einer Hochschule im internationalen Vergleich zu machen. Ihre steigende weltweite Beachtung sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihre Aussagekraft aus metho­ dischen Gründen begrenzt ist, die beigezogenen Indikatoren unterschiedlich sind und sich über die Jahre ändern können. Unterschiedliche Rankings können deshalb zu unterschied­ lichen Ergebnissen führen, die wichtigen Trends sind aber dennoch vergleichbar.

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

Weltweit beachtete Rankings Bei den meisten weltweit beachteten Rankings – Times Higher Education World University Rankings (THE), QS Top Universities (QS), Academic Ranking of World Universities (ARWU, «Shanghai Ranking») – fliessen öffentlich zugängliche, teilweise aber auch speziell erhobene statistische Grössen zu Lehre und Betreuung, Forschung, Publikationstätigkeit, Drittmitteleinnahmen und internationaler Vernetzung in die Berechnung von Indikatoren ein. Aus ihnen wird schliesslich eine Rangfolge für Univer­ sitäten weltweit, für bestimmte Regionen oder für einzelne Fachbereiche ermittelt. Daneben finden sich auch Rankings (z.B. das Leiden Ranking), die sich ausschliesslich auf die For­ schungsleistungen der Universitäten aufgrund der Anzahl der Publikationen und der Häufigkeit der Zitationen dieser Publi­ kationen abstützen und andere Aspekte, wie zum Beispiel die Lehre, unberücksichtigt lassen.

Durchblick I Akademisches Leistungsreporting

109


Finanzielle Kennzahlen

Starker Anstieg der Zweit- und Drittmittel

Die ETH Zürich, das Paul Scherrer Institut und die Empa waren sehr erfolgreich in der Einwerbung von zusätzlichen Zweit- und Drittmitteln. Die EPFL hat im Verhältnis zum Gesamtertrag den höchsten Zweit- und Drittmittelanteil. Bei den Zweitmitteln ist insbesondere die grosse Zunahme bei den Erträgen aus der kompetitiven Forschungsförderung von der KTI hervorzuheben. Sie re­ sultierte aus dem Massnahmenpaket zur Abfederung der Frankenstärke.

Ertrag Der gesamte Ertrag in 2012 betrug 3073,4 Mio. CHF. Er setzte sich aus direkten Beiträgen des Bundes (Erstmittel), Zweit- und Drittmitteln sowie aus Dienstleistungs- und übrigen Erträgen zusammen. Erstmittel beinhalten den Finanzierungsbeitrag des Bun­ des und den Investitionskredit für Bauten. Diese beliefen sich 2012 auf insgesamt 2175,4 Mio. CHF, was einem Rückgang von 1,4 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Um den gesamten Anteil des Bundes an der Finanzierung des ETH-Bereichs zu berechnen, sind die sogenannten Zweitmittel (vgl. nächsten Abschnitt) zu addieren. Als Zweitmittel werden die kompetitiv eingeworbenen Mittel von nationalen Organisationen für die Forschungs­ förderung (SNF, KTI), die Mittel für Forschungsaufträge von Bundesämtern (Ressortforschung) und die Mittel aus den EU-Forschungsrahmenprogrammen bezeichnet (Fördermit­ tel der EU werden als Zweitmittel ausgewiesen, weil die Schweiz Mitfinanziererin der EU-Forschungsförderung ist). Diese Mittel stammen indirekt ebenfalls vom Bund oder seinen Organisationen. Die Zweitmittel beliefen sich 2012 auf insgesamt 477,3 Mio. CHF und machten 15,5 % der gesam­ ten Erträge aus. Bei den Zweitmitteln ist insbesondere die gros­se Zunahme bei den Erträgen von der KTI hervorzuheben (+ 32,6 Mio. CHF; + 153,2 %). Der starke Anstieg ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die KTI im Rahmen der Mass­ nahmen gegen die Frankenstärke 100 Millionen CHF einset­ zen und mehr Projekte finanzieren konnte. Die Forschenden des ETH-Bereichs haben aus diesem Massnahmenpaket erfolgreich von der KTI kompetitiv vergebene Mittel einwer­ ben können. Die beiden ETH und die vier Forschungsanstalten finanzie­ ren sich zudem über sogenannte Drittmittel, soweit dies mit ihren Aufgaben vereinbar ist. Zu den Drittmitteln zählen die Mittel privater Herkunft (Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, Schenkungen und Legate) sowie die Mittel aus der Zusammen­ arbeit mit Kantonen und Gemeinden. Die Drittmittel betrugen 2012 insgesamt 292,7 Mio. CHF und machten 9,5 % der gesam­ ten Erträge aus. Sie stiegen um 37,7 %. Speziell zu erwähnen ist der Zufluss von 50,0 Mio. CHF (von insgesamt rund 100 Mio. CHF) an die ETH Zürich aus dem Nach­

110

Durchblick I Finanzielle Kennzahlen

Hinweis Im Kapitel «Finanzielle Kennzahlen» werden Zahlen und Ver­ änderungen für den ETH-Bereich (die beiden ETH, die vier For­ schungsanstalten und der ETH-Rat) als Längs- und Quervergleich dargestellt. Für detaillierte Kommentare zur Jahresrechnung 2012 des ETH-Bereichs siehe Sonderrechnung des Bundes in der Beilage.

lass von Branco Weiss für das Nachwuchsförderungsprogramm «Society in Science – The Branco Weiss Fellowship». Zu den Dienstleistungs- und übrigen Erträgen zählen bei­spielsweise die Einnahmen aus Benützungsgebühren (Schulgelder/Studiengebühren, Lizenzen/Patente), die Erträge aus der Erbringung von Dienstleistungen, aus Verkäufen, all­ fällige Rückerstattungen sowie aus dem Liegenschaftsertrag. Insgesamt resultierten Erträge von 129,4 Mio. CHF nach Kon­ solidierung (4,2 % der gesamten Erträge). Der Rückgang um 66 Mio. CHF ist u.a. auf den Wegfall der Aktivierung von Eigen­ leistungen beim PSI zurückzuführen. Das Finanzergebnis resultiert aus dem Finanzertrag ab-­ züglich des Finanzaufwands und betrug im Berichtsjahr 12,9 Mio. CHF. Das Finanzergebnis hängt stark von der aktu­ellen Wirtschafts- und Börsensituation ab. Der Finanzertrag umfasst hauptsächlich die Erträge aus der Anlage von Drittmit­ teln (inkl. Kursgewinne) sowie die Zinserträge aus den Zweit­ mitteln. Der Finanzaufwand besteht aus Zinsaufwand, Gebühren sowie allfälligen Buch- und Kursverlusten. Aufwand Mit den zur Verfügung stehenden Mitteln werden sowohl der Personalaufwand und der Sachaufwand als auch die Investi­ tionen in Immobilien, mobile Sachanlagen und immaterielle Güter finanziert. Der operative Aufwand stieg moderat um 1,8 % auf 3038,2 Mio. CHF.

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


Abb. 20: Erstmittel In Mio. CHF (Zahlen gerundet) ETH-Bereich Finanzierungsbeitrag Investitionskredit für Bauten* ETH Zürich

2004

2007

2008

2009

2010

2011

2012

∆2011/2012 absolut in %

1 788,2

1 853,6

1 949,4

2 049,9

2 129,9

2 207,2

2 175,4

- 31,9

1 603,0

1 679,8

1 778,4

1 905,3

1 984,5

2 025,9

2 040,7

14,8

- 1,4 0,7

185,2

173,8

170,9

144,6

145,4

181,3

134,7

- 46,6

- 25,7 1,1

942,7

965,5

1 001,4

1 039,3

1 094,2

1 088,9

1 101,0

12,1

Finanzierungsbeitrag

813,7

872,0

915,0

959,4

994,2

984,9

1 020,8

35,9

3,6

Investitionskredit für Bauten

129,1

93,5

86,4

80,0

100,0

104,0

80,2

- 23,8

- 22,9

430,1

454,5

492,0

518,8

522,7

555,0

537,9

- 17,1

- 3,1

399,6

411,9

437,7

478,4

501,1

514,0

506,4

- 7,6

- 1,5

EPFL Finanzierungsbeitrag Investitionskredit für Bauten PSI Finanzierungsbeitrag Investitionskredit für Bauten WSL Finanzierungsbeitrag Investitionskredit für Bauten Empa Finanzierungsbeitrag Investitionskredit für Bauten Eawag Finanzierungsbeitrag Investitionskredit für Bauten ETH-Rat Finanzierungsbeitrag Investitionskredit für Bauten *Kreditübertrag

30,6

42,6

54,3

40,4

21,5

41,0

31,5

- 9,5

- 23,2

222,0

230,1

241,6

249,8

253,3

306,9

264,8

- 41,1

- 13,4

210,4

217,5

223,2

239,9

241,7

275,8

248,9

- 26,9

- 9,7

11,6

12,6

18,4

9,9

11,6

30,1

15,9

- 14,3

- 47,3

47,5

46,8

50,5

54,0

51,7

54,0

54,9

1,0

1,8

43,5

46,4

50,1

51,9

50,1

53,5

54,0

0,5

0,9

4,0

0,3

0,4

2,1

1,7

0,5

1,0

0,5

99,6

83,7

91,9

87,8

92,1

96,9

99,4

97,9

- 1,6

- 1,6

80,6

81,0

77,8

88,4

89,4

96,5

94,0

- 2,5

- 2,5

3,1

10,9

10,0

3,7

7,5

2,9

3,8

0,9

29,8

46,6

49,3

52,3

51,5

52,7

53,3

52,7

- 0,6

- 1,2

39,8

35,4

50,8

43,0

49,5

50,6

50,4

- 0,2

- 0,3

6,8

13,9

1,5

8,5

3,1

2,7

2,3

- 0,4

- 16,3

15,4

15,5

23,9

44,3

58,4

50,6

66,2

15,6

30,7

15,4

15,5

23,9

44,3

58,4

50,6

66,2

15,6

30,7

-

-

-

-

-

-

-

-

-

2004

2007

2008

Budget

2009

2010

2011

2012

161,1

148,9

162,2

133,7

16,5

20,0

0,9

- 16,5

- 20,0

- 0,9

-

Übertrag Kreditrest aus Vorjahr Kreditrest

Der Personalaufwand macht mit 62,8 % den grössten Teil des gesamten Aufwands im ETH-Bereich aus. Er nahm 2012 gegenüber dem Vorjahr um 65,1 Mio. CHF zu (3,5 %). Die unterschiedlichen Zuwachsraten der beiden ETH und der vier Forschungsanstalten sind Ausdruck der institutionsspezifischen Entwicklungen. Die prozentualen Zuwachsraten variieren zwi­ schen minus 1,5 % und plus 5,4 %. Der Personalbestand (ohne Lernende) nahm 2012 gegenüber dem Vorjahr um 434 Stellen (Vollzeitäquivalente) zu. Dieses Wachstum setzte sich zusammen einerseits aus der Zunahme der aus dem Finanzierungsbeitrag finanzierten Stellen (157); andererseits aus der Zunahme der aus Zweit- und Drittmitteln finanzierten Stellen (277). Zum Personalaufwand zählen die Personalbezüge, die Arbeitgeberbeiträge an die Sozialversicherungen (AHV, ALV, IV, EO, MuV; Personalversicherung; Unfall- und Krankenversiche­ rung) sowie der übrige Personalaufwand. Zu Letzterem gehören unter anderem die Aufwendungen für Kinderbetreuung, Ausund Weiterbildung, Personalinserate, Personalvermittlungs­ provisionen, Zinsvergünstigungen sowie ein allfälliger Kosten­ ausgleich für Bedienstete im Ausland. Per 1. Januar 2012 hatte

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

der ETH-Rat den Ausgleich der Jahresendteuerung von 0,4 % beschlossen. Wie in den Vorjahren wurden für die erfahrungsund leistungsorientierte Steuerung der Löhne im Neuen Lohn­ system zusätzlich 1,2 % der Lohnsumme zur Verfügung gestellt, wobei dies teilweise durch Fluktuationsgewinne kompensiert werden konnte. Letztere resultieren aus der Anstellung jüngerer und tiefer besoldeter Mitarbeitender. Der ETH-Bereich hatte 2012 eine zusätzliche Arbeitgebereinlage an das Vorsorgewerk (Publica) in der Höhe von 3,0 Mio. CHF (2011: 6,5 Mio. CHF) zu leisten, weil gestützt auf das Bundespersonalgesetz die Beiträge der Arbeitgeber für Altersvorsorge, Risikoversicherung und Über­ brückungsrente gesamthaft mindestens 11 % der versicherbaren Lohnsumme erreichen müssen und höchstens 13,5 % erreichen dürfen. Da die vorzeitigen Pensionierungen auch 2012 auf einem tiefen Niveau verharrten, waren kaum neue Überbrückungsren­ ten zu finanzieren, sodass die Arbeitgeberbeiträge wiederum unter den Minimalwert von 11 % zu liegen kamen. Angesichts des Grundlagenwechsels per 1. Juli 2012 war die zusätzliche Ein­ lage nur noch für das erste Halbjahr 2012 zu leisten. Beim Unterbringungsaufwand handelt es sich hauptsäch­ lich um einen kalkulatorischen Aufwand für die Nutzung und

Durchblick I Finanzielle Kennzahlen

111


Finanzielle Kennzahlen

Abb. 21: Projektorientierte Zweit- und Drittmittel, Dienstleistungsertrag und Finanzergebnis In Mio. CHF (Zahlen gerundet)

2004

2007

2008

2009

2010

419,9

530,6

549,2

608,5

645,6

796,2

798,6

2,4

- 0,2

- 6,7

- 7,9

- 6,7

- 9,4

- 14,7

- 14,3

0,4

- 34,0

- 21,4

- 149,3

- 95,0

- 108,6

- 52,3

- 99,4

- 47,1

454,2

558,7

706,4

710,2

763,6

863,2

912,3

49,1

5,7

Zweitmittel

241,6

279,0

323,8

372,5

408,5

445,2

477,3

32,1

7,2

Drittmittel

104,3

146,9

230,5

188,3

210,3

212,6

292,7

80,1

37,7

97,4

116,3

144,4

136,4

137,5

195,4

129,4

- 66,0

- 33,8

ETH-Bereich, konsolidiert Konsolidierung ETH-Bereich Bestandesveränderung Zweit-/Drittmittel ETH-Bereich, brutto

Dienstleistungserträge Finanzergebnis ETH Zürich

2011

2012

∆2011/2012 absolut in % 0,3 90,1

10,8

16,5

7,8

13,1

7,3

10,0

12,9

3,0

29,7

198,6

268,6

311,0

319,6

356,4

362,0

428,1

66,1

18,3

Zweitmittel

100,4

131,9

131,1

167,7

190,2

195,0

211,2

16,2

8,3

Drittmittel

46,7

70,3

112,2

80,4

93,9

83,7

141,2

57,5

68,7

Dienstleistungserträge

46,0

57,7

67,0

64,0

66,6

76,7

68,6

- 8,0

- 10,5

5,4

8,7

0,8

7,6

5,8

6,6

7,1

0,4

6,3

140,6

162,9

241,7

221,7

245,5

263,5

270,0

6,5

2,5

Finanzergebnis EPFL Zweitmittel

91,1

88,3

131,6

127,3

136,7

159,7

162,3

2,5

1,6

Drittmittel

17,8

40,2

63,6

56,3

72,7

72,0

75,5

3,5

4,8

Dienstleistungserträge

28,6

30,6

42,2

34,3

34,6

29,2

29,8

0,6

2,0

3,1

3,8

4,3

3,9

1,4

2,6

2,5

- 0,1

- 3,5 - 20,0

Finanzergebnis PSI

49,6

55,6

74,9

80,9

73,1

137,0

109,6

- 27,4

Zweitmittel

14,7

22,2

18,0

23,7

28,4

33,2

38,7

5,5

16,7

Drittmittel

26,7

19,9

36,2

35,6

23,9

36,1

55,6

19,4

53,8

Dienstleistungserträge

6,5

11,9

19,1

20,7

20,2

67,3

12,1

- 55,2

- 82,1

Finanzergebnis

1,7

1,6

1,6

0,8

0,6

3,3

2,8

n/a

18,6

16,8

20,9

22,7

23,1

0,4   25,1

24,5

- 0,7

- 2,7

Zweitmittel

14,0

10,7

13,9

16,7

16,8

18,1

17,6

- 0,5

- 3,0

Drittmittel

3,2

4,1

5,2

4,5

5,1

4,7

4,6

- 0,1

- 3,2 - 0,8

WSL

Dienstleistungserträge

1,4

1,5

1,5

1,5

1,5

2,3

2,3

- 0,0

Finanzergebnis

0,1

0,4

0,3

0,0

- 0,4

0,0

0,0

0,0

n/a

36,7

40,9

43,3

51,4

49,4

56,7

62,0

5,3

9,3

Zweitmittel

14,6

17,8

20,4

27,3

26,0

26,8

35,5

8,7

32,6

Drittmittel

7,4

8,9

8,6

8,7

10,7

11,8

10,6

- 1,2

- 10,3

14,2

13,3

13,9

14,8

12,9

18,1

15,8

- 2,3

- 12,5

0,5

0,9

0,3

0,5

- 0,2

- 0,0

0,0

0,0

n/a

10,0

13,2

14,6

13,9

16,1

18,7

18,1

- 0,6

- 3,3 - 2,7

Empa

Dienstleistungserträge Finanzergebnis Eawag Zweitmittel

6,8

8,1

8,8

9,9

10,5

12,4

12,0

- 0,3

Drittmittel

2,5

3,5

4,8

2,8

3,9

4,2

5,3

1,0

24,7

Dienstleistungserträge

0,6

1,0

0,6

0,9

1,6

1,8

0,7

- 1,1

- 58,9

Finanzergebnis ETH-Rat Dienstleistungserträge Finanzergebnis

112

Durchblick I Finanzielle Kennzahlen

-

0,6

0,3

0,3

0,2

0,3

0,0

- 0,3

- 85,3

0,0

0,7

0,2

0,0

0,1

0,0

0,0

- 0,0

- 7,1

0,0

0,3

0,1

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

17,4

-

0,4

0,1

0,0

0,0

0,0

0,0

- 0,0

- 27,0

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


Abb. 22: Projektorientierte Zweitmittel In Mio. CHF (Zahlen gerundet) ETH-Bereich, konsolidiert

2004

2007

2008

2009

2010

2011

2012

241,6

278,2

323,5

371,2

406,1

440,0

471,2

31,2

- 0,8

- 0,2

- 1,3

- 2,4

- 5,2

- 6,1

- 0,9

Konsolidierung ETH-Bereich ETH-Bereich, brutto Schweizerischer Nationalfonds (SNF)

∆2011/2012 absolut in % 7,1

241,6

279,0

323,8

372,5

408,5

445,2

477,3

32,1

7,2

100,0

111,3

141,6

153,7

192,5

212,1

216,3

4,2

2,0 153,2

Kommission für Technologie und Innovation (KTI)

28,3

32,5

26,1

40,7

33,1

21,3

53,9

32,6

Ressortforschung

64,4

69,6

58,4

63,8

72,6

83,5

80,7

- 2,9

- 3,4

EU-Forschungsrahmenprogramme

49,0

65,6

97,7

114,2

128,3

126,5

- 1,8

- 1,4

100,4

131,9

131,1

167,7

110,4   190,2

195,0

211,2

16,2

8,3

48,8

60,5

66,5

84,0

102,9

101,4

105,2

3,8

3,8

9,5

16,4

9,1

16,7

12,4

7,9

20,6

12,8

162,5

ETH Zürich Schweizerischer Nationalfonds Kommission für Technologie und Innovation Ressortforschung

28,2

32,6

22,4

23,6

26,7

26,9

28,5

1,7

6,2

EU-Forschungsrahmenprogramme

13,9

22,4

33,1

43,4

48,2

58,9

56,8

- 2,1

- 3,5 1,6

EPFL

91,1

88,3

131,6

127,3

136,7

159,7

162,3

2,5

Schweizerischer Nationalfonds

45,2

41,6

64,5

52,8

66,0

81,9

84,7

2,7

3,3

Kommission für Technologie und Innovation

14,1

12,3

11,1

14,1

12,4

8,4

15,2

6,8

81,3 - 39,1

Ressortforschung

10,2

4,5

8,1

7,9

10,3

18,1

11,0

- 7,1

EU-Forschungsrahmenprogramme

21,6

29,9

48,0

52,5

48,0

51,3

51,4

0,0

0,0

14,7

22,2

18,0

23,7

28,4

33,2

38,7

5,5

16,7

PSI Schweizerischer Nationalfonds

2,1

3,1

3,6

5,0

9,3

11,3

11,8

0,5

4,0

Kommission für Technologie und Innovation

0,1

0,3

0,1

1,3

1,0

0,8

2,3

1,5

193,8

Ressortforschung

4,2

11,5

7,0

9,3

12,8

14,1

14,4

0,3

2,4

EU-Forschungsrahmenprogramme

8,2

7,3

7,2

8,1

5,3

7,0

10,2

3,2

46,1

14,0

10,7

13,9

16,7

16,8

18,1

17,6

- 0,5

- 3,0

1,5

1,4

1,2

2,4

2,9

2,8

2,1

- 0,7

- 24,4

0,2

0,7

0,3

0,0

0,0

0,2

0,1

n/a

12,3

8,1

10,4

11,6

12,8

13,8

14,0

0,2

1,5 -  14,4

WSL Schweizerischer Nationalfonds Kommission für Technologie und Innovation Ressortforschung EU-Forschungsrahmenprogramme Empa Schweizerischer Nationalfonds

0,1

0,9

1,6

2,3

1,1

1,4

1,2

- 0,2

14,6

17,8

20,4

27,3

26,0

26,8

35,5

8,7

32,6

0,6

1,3

2,2

5,2

6,5

8,2

6,5

- 1,7

- 21,3 287,3

Kommission für Technologie und Innovation

4,5

3,3

5,1

7,8

7,1

3,9

15,3

11,3

Ressortforschung

6,4

8,7

6,8

7,8

5,9

7,3

9,0

1,7

22,6

EU-Forschungsrahmenprogramme

3,0

4,5

6,3

6,5

6,5

7,3

4,8

- 2,5

- 34,5

6,8

8,1

8,8

9,9

10,5

12,4

12,0

- 0,3

- 2,7

1,8

3,3

3,6

4,3

4,9

6,4

6,1

- 0,4

- 5,8

Eawag Schweizerischer Nationalfonds

-

-

0,1

0,4

0,1

0,3

0,3

0,0

5,4

Ressortforschung

Kommission für Technologie und Innovation

3,0

4,2

3,6

3,7

4,2

3,4

3,7

0,3

9,3

EU-Forschungsrahmenprogramme

2,1

0,6

1,5

1,5

1,2

2,3

2,0

- 0,3

- 12,6

die Miete von Liegenschaften im Eigentum des Bundes. Die Basis für die Berechnung bilden die kalkulatorischen Abschrei­ bungen und die Kapitalkosten. Der Unterbringungsaufwand wird seit der Einführung des Neuen Rechnungsmodells per ­ 1. Januar 2007 berechnet; er lag in den letzten fünf Jahren zwischen 269,9 und 301,0 Mio. CHF.

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

Der Sachaufwand betrifft in erster Linie den Betrieb und den Unterhalt der Infrastruktur, den Aufwand für Wasser, Ener­ gie sowie den Telekommunikations- und Informatikaufwand. Er stieg von 885,6 Mio. CHF auf 901,5 Mio. CHF und beträgt 29,7 % vom Gesamtaufwand. Die Abschreibungen betragen 157,3 Mio. CHF.

Durchblick I Finanzielle Kennzahlen

113


Finanzielle Kennzahlen

Abb. 23: Personalaufwand In Mio. CHF (Zahlen gerundet) ETH-Bereich, konsolidiert Anteil am Gesamtaufwand**

1 722,0

1 768,9

1 849,7

1 913,6

62,6

62,0

62,0

63,0

- 0,9

- 0,7

- 1,0

- 1,4

- 2,3

- 3,4

%

- 0,0

- 0,0

- 0,0

- 0,0

- 0,1

- 0,1

774,0

764,8

827,4

859,0

891,0

923,3

61,3

58,8

60,5

61,3

60,6

61,0

422,8

436,1

488,4

508,0

530,1

558,8

65,9

66,6

65,8

65,1

65,3

67,0

169,7

181,4

201,2

192,5

215,6

218,6

60,6

57,3

64,6

59,6

58,2

61,2

49,6

51,0

52,6

54,4

53,3

54,6

75,8

69,4

71,8

70,2

69,5

68,5

90,8

92,7

101,6

100,6

103,1

105,8

67,6

64,5

66,4

65,4

62,6

63,7

% % % %

Empa Anteil am Gesamtaufwand

%

Eawag Anteil am Gesamtaufwand

37,9

39,5

39,3

41,9

44,4

44,7

%

68,2

62,4

58,1

67,9

66,7

68,5

7,0

6,8

12,5

13,8

14,5

11,4

%

58,5

29,5

29,5

21,2

39,6

29,5

ETH-Rat*** Anteil am Gesamtaufwand * ** ***

2012

61,2

WSL Anteil am Gesamtaufwand

2011

1 571,7

PSI Anteil am Gesamtaufwand

2010

63,5

EPFL Anteil am Gesamtaufwand

2009

1 550,9

ETH Zürich Anteil am Gesamtaufwand

2008

%

Konsolidierung ETH-Bereich in % des Gesamtaufwands

2007*

∆2011/2012 absolut in % 63,9

3,5

- 1,1 32,3

3,6

28,7

5,4

2,9

1,4

1,3

2,4

2,7

2,6

0,3

0,6

- 3,2

- 21,7

2007: Einführung Neues Rechnungsmodell des Bundes (NRM). Gesamtaufwand: Personal, Material, Sach- und Dienstleistungen, externer Mietaufwand, Unterbringungsaufwand, Abschreibungen, Veränderungen Leistungsversprechen, Transferaufwand. ETH-Rat: seit 2009 inkl. einmalige Beiträge an Publica (Vorsorgewerk ETH-Bereich).

Abb. 24: Sachaufwand** In Mio. CHF (Zahlen gerundet) ETH-Bereich, konsolidiert Anteil am Gesamtaufwand***

%

Konsolidierung ETH-Bereich ETH Zürich Anteil am Gesamtaufwand

%

EPFL Anteil am Gesamtaufwand

%

PSI Anteil am Gesamtaufwand

%

WSL Anteil am Gesamtaufwand

%

Empa Anteil am Gesamtaufwand

%

Eawag Anteil am Gesamtaufwand

* ** ***

114

2008

2009

2010

2011

2012

623,1

714,1

752,9

801,2

852,5

823,5

25,5

27,8

27,4

28,1

28,6

27,1

∆2011/2012 absolut in % - 29,0

- 3,4

- 5,7

- 7,0

- 5,7

- 8,0

- 12,3

- 10,9

1,4

329,9

378,7

380,3

380,0

418,6

417,5

- 1,1

- 0,3

26,1

29,1

27,8

27,1

28,4

27,6

155,6

156,0

188,4

203,0

213,1

200,8

- 12,3

- 5,8

24,3

23,8

25,4

26,0

26,2

24,1

85,7

97,4

85,1

104,6

129,5

111,0

- 18,5

- 14,3

30,6

30,8

27,3

32,4

34,9

31,1

11,9

18,9

17,1

19,1

19,4

20,9

1,5

7,8

18,1

25,7

23,3

24,6

25,3

26,2

26,4

33,9

34,3

36,4

44,8

41,4

- 3,5

- 7,7

19,6

23,6

22,4

23,6

27,2

24,9 - 1,5

- 8,6

4,9

22,3

14,6

20,2

23,8

15,1

17,5

16,0

%

26,3

31,9

35,2

24,5

26,3

24,5

4,8

16,0

29,7

51,1

21,9

26,9

%

39,8

69,6

70,0

78,4

59,9

69,9

ETH-Rat Anteil am Gesamtaufwand

2007*

2007: Einführung Neues Rechnungsmodell des Bundes (NRM). Sachaufwand: Material, Sachaufwand und Dienstleistungen, externer Mietaufwand (exkl. Unterbringungsaufwand), Abschreibungen, Veränderungen interne Leistungsversprechen, Transferaufwand. Gesamtaufwand: Personal, Material, Sach- und Dienstleistungen, externer Mietaufwand, Unterbringungsaufwand, Abschreibungen, Veränderungen Leistungsversprechen, Transferaufwand.

Durchblick I Finanzielle Kennzahlen

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


Abb. 25: Investitionen In Mio. CHF (Zahlen gerundet)

2007*

2008

2009

2010

2011

2012

ETH-Bereich, konsolidiert

378,5

434,3

356,5

332,8

494,0

360,3

- 137,7

-

- 0,3

-

-

- 0,1

-

0,1

Konsolidierung ETH-Bereich

∆2011/2012 absolut in % - 27,1

Investitionen in Immobilien**

210,1

231,0

151,6

148,4

183,7

141,7

- 42,0

- 22,9

Mobile Sachanlagen/immaterielle Güter***

168,4

203,6

204,9

184,4

310,4

218,6

- 91,8

- 29,6

179,1

183,3

168,6

190,7

272,4

216,8

- 55,6

- 20,4

110,1

110,2

80,0

100,0

104,6

85,2

- 19,4

-18,5

68,9

73,1

88,6

90,7

167,8

131,6

- 36,2

- 21,6

96,0

155,1

99,4

49,6

85,2

77,7

- 7,4

- 8,7

61,8

90,5

47,4

23,9

42,8

33,6

- 9,2

- 21,6

ETH Zürich Investitionen in Immobilien Mobile Sachanlagen/immaterielle Güter EPFL Investitionen in Immobilien Mobile Sachanlagen/immaterielle Güter PSI

34,3

64,6

52,0

25,7

42,3

44,1

1,8

4,3

65,3

73,2

58,8

68,3

115,3

46,8

- 68,5

- 59,4

Investitionen in Immobilien

12,6

18,4

9,9

11,6

30,1

15,9

- 14,3

- 47,3

Mobile Sachanlagen/immaterielle Güter

52,7

54,8

48,9

56,7

85,1

30,9

- 54,3

- 63,7 - 12,6

WSL

1,7

1,7

3,7

3,6

2,4

2,1

- 0,3

Investitionen in Immobilien

0,8

0,4

2,1

2,3

0,5

1,0

0,5

99,6

Mobile Sachanlagen/immaterielle Güter

0,9

1,3

1,6

1,3

1,9

1,1

- 0,8

- 40,6

20,3

17,5

15,3

14,5

13,9

12,3

- 1,7

- 12,0

10,9

10,0

3,7

7,5

2,9

3,8

0,9

29,8

9,4

7,5

11,6

7,0

11,0

8,4

- 2,5

- 23,2

15,8

3,8

10,7

6,0

4,9

4,7

- 0,2

- 4,7

13,9

1,5

8,5

3,1

2,7

2,3

- 0,4

- 16,3 9,5

Empa Investitionen in Immobilien Mobile Sachanlagen/immaterielle Güter Eawag Investitionen in Immobilien Mobile Sachanlagen/immaterielle Güter ETH-Rat Mobile Sachanlagen/immaterielle Güter

1,9

2,4

2,3

2,9

2,2

2,4

0,2

0,3

-

0,0

-

-

-

-

0,3

-

0,0

-

-

-

-

* 2007: Einführung Neues Rechnungsmodell des Bundes (NRM). ** Bauinvestitionen in Immobilien des Bundes und in Immobilien im Eigentum der beiden ETH oder der vier Forschungsanstalten (inkl. Kofinanzierungen). *** Nettoinvestitionen für Mobilien, Informatik, nutzungsspezifische Betriebseinrichtungen, immaterielle Güter.

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

Durchblick I Finanzielle Kennzahlen

115


Personelle Kennzahlen

Konstanz im Personalbereich

Das Jahr 2012 war geprägt durch geringfügige Änderungen im Personalbestand. Erstmals arbeiten mehr ausländische Mitarbeitende im ETH-Bereich als Mitarbeitende schweizerischer Herkunft. Zwei Drittel aller Professorinnen und Professoren und zwei Drittel aller wissenschaftlichen Mitarbeitenden stammen mittlerweile aus dem Ausland.

Der Personalbestand des ETH-Bereichs lag am 31. Dezember 2012 bei 19 398 Arbeitsverhältnissen (AV) oder 16 072,1 Vollzeit­ stellen (FTE) (Vorjahr: 19 034 AV oder 15 609,2 Vollzeitstellen), vgl. Abb. 26. Mit 364 Arbeitsverhältnissen ist die Zunahme (1,91 %) schwächer als in den beiden Vorjahren ausgefallen (2011: 442; 2010: 525). Das jährliche Wachstum hat sich in den letzten Jahren wieder bei einem langfristigen Mittel von rund 2 bis 3 % eingependelt. 286 dieser zusätzlichen Arbeitsver­ hältnisse (78,6 %; 2011: 69,7 %) betrafen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, darunter 176 zusätzliche Doktorierende. Der Anteil der Senior Scientists, der Maîtres d’enseignement et de recherche und der höheren wissenschaftlichen Mitarbei­ tenden, die in Lehre und Forschung wichtige Daueraufgaben wahrnehmen, beläuft sich auf 4,2 % des Gesamtpersonal­ bestands. Der Trend setzt sich fort, wonach der Anteil des wissenschaftlich tätigen Personals im Vergleich zu jenem der technisch und administrativ tätigen Mitarbeitenden zunimmt. Mit 11 975 Arbeitsverhältnissen oder 61,7 % (2011: 61,4 %) ist das wissenschaftlich tätige Personal, zu dem auch die Doktorie­

Professorenkategorien Die verschiedenen Professorenkategorien unterscheiden sich bezüglich Stellung und Anstellungsbedingungen. An den beiden ETH lehren und forschen ordentliche und ausserordentliche Professorinnen und Professoren, Assistenz­ professorinnen und -professoren mit und ohne Tenure Track. Tenure Track bedeutet, dass Assistenzprofessorinnen und -professoren eine unbefristete Anstellung als ordentliche oder ausserordentliche Professorinnen oder Professoren erhalten können unter der Bedingung, dass sie ein bestimmtes Leistungs­ ziel erreichen. Ordentliche und ausserordentliche Professorinnen und Professoren werden unbefristet ernannt, während mit Assistenzprofessorinnen und -professoren Arbeitsverträge für maximal vier Jahre abgeschlossen werden. Letztere können einmal für maximal weitere vier Jahre verlängert werden.

116

Durchblick I Personelle Kennzahlen

renden zählen, die deutlich grösste Funktionsgruppe im ETHBereich (vgl. Abb. 26). Die finanziellen Mittel für die 2012 zusätzlich geschaffenen Stellen stammen mit 36,2 % (2011: 30,4 %) zu mehr als einem Drittel aus dem Finanzierungsbeitrag des Bundes (Erstmittel); knapp zwei Drittel (63,8 %; 2011: 69,6 %) werden aus Zweitund Drittmitteln finanziert (vgl. Abb. 33). Professorinnen und Professoren 2012 waren an der ETH Zürich und der EPFL insgesamt 621 ordentliche (o.) und ausserordentliche (a.o.) Professorinnen und Professoren tätig (2011: 595) sowie 96 Assistenzprofesso­ rinnen und -professoren mit Tenure Track (2011: 94) und 48 Assistenzprofessorinnen und -professoren ohne Tenure Track (2011: 60; vgl. Kasten links unten). Gegenüber 2011 ist die Zahl der Professorinnen und Professo­ ren (alle Kategorien) um 16 Personen (2,1 %; vgl. Abb. 27) auf 765 Personen angestiegen (2010/2011: 30 oder 4,2 %). Der Frauenanteil in den drei Kategorien lag Ende 2012 bei 11,9 %. Bei den o. und a.o. Professorinnen waren es 8,2 % (2011: 7,7 %), bei den Assistenzprofessorinnen mit Tenure Track 29,2 % (2011: 30,9 %) und 25 % bei den Assistenzprofessorinnen ohne Tenure Track (2011: 20,0 %). An der ETH Zürich wurden 2012 von den 463 Professuren (449,3 FTE) 24,9 FTE aus Zweitmitteln und 16 FTE aus Drittmit­ teln finanziert. An der EPFL wurden von den 302 Professuren (289,7 FTE) 5,6 FTE aus Zweitmitteln und 5 FTE aus Drittmitteln finanziert. Stammten 2011 66,1 % aller Professorinnen und Professo­ ren aus dem Ausland, waren es 2012 mit 65,8 % geringfügig weniger. Dabei ist der Anteil derjenigen aus dem EU-Raum mit 51,8 % gesunken; der Anteil aus den übrigen Ländern ist mit 14 % gestiegen (vgl. Abb. 28). Nicht ganz die Hälfte der Neu­ eintritte bei allen Professorenkategorien sind EU-Bürgerinnen oder -Bürger, während 37,5 % aus der Schweiz stammen (vgl. Abb. 29). 83,3 % aller Neueintritte waren Professoren, gegen­ über dem Vorjahr praktisch konstante 16,7 % Professorinnen (2011: 16,9 %). 2012 gingen neun ordentliche Professoren der ETH Zürich in Pension. An der EPFL wurden im Berichtsjahr sechs ordentliche Professoren pensioniert, ein weiterer verliess die EPFL aus per­ sönlichen Gründen.

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


Abb. 26: Personalbestand und Beschäftigungsgrad nach Funktionsgruppen 2012 ProfessorInnen (o./a.o.) Assistenzprof. ohne Tenure Track Assistenzprof. mit Tenure Track Wissenschaftliches Personal davon höhere wissenschaftl. Kader Technische Mitarbeitende

Männer Ø-BG in %

AV

FTE

AV

570

549,9

96,5

51

36

33,6

93,3

12

Frauen Ø-BG in %

AV

FTE

48,5

95,1

621

598,4

96,4

11,6

96,7

48

45,2

94,2

FTE

ETH-Bereich Ø-BG in %

68

67,7

99,6

28

28,0

100,0

96

95,7

99,7

8 612

7 129,7

82,8

3 363

2 534,2

75,4

11 975

9 663,9

80,7

702

670,3

95,5

106

91,4

86,2

808

761,7

94,3

2 756

2 596,9

94,2

803

602,0

75,0

3 559

3 198,9

89,9

Administrative Mitarbeitende

692

599,5

86,6

1 977

1 440,5

72,9

2 669

2 040,0

76,4

Lernende

290

290,0

100,0

140

140,0

100,0

430

430,0

100,0

13 024 11 267,3

86,5

6 374

4 804,8

75,4

19 398 16 072,1

82,9

Total

Personalbestand und Beschäftigungsgrad (BG) der Männer, Frauen und des gesamten ETH-Bereichs, unterteilt nach Funktionsgruppen. Seit 2010 wer­ den die Senior Scientists und die Maîtres d’enseignement et de recherche sowie die weiteren höheren Kader separat erhoben, jedoch nach wie vor beim ­wissenschaftlichen Personal mitgezählt. An den beiden ETH sind 5836 Doktorierende eingeschrieben. Verfügen diese über eine Anstellung im ETH-Bereich, sind sie beim wissenschaftlichen Personal mitgezählt.

Abb. 27: Entwicklung der Anzahl Professorinnen und Professoren 2011 Männer ProfessorInnen (o./a.o.) Assistenzprof. ohne Tenure Track Assistenzprof. mit Tenure Track ProfessorInnen total

2012

Frauen

Total

Männer

Frauen

Total

549

46

595

48

12

60

570

51

36

12

Veränderung Männer %

Frauen %

621

3,8

10,9

4,4

48

0,0

- 20,0 2,1

65

29

94

68

28

96

- 25,0 4,6

662

87

749

674

91

765

1,8

- 3,4 4,6

Total %

2,1

Entwicklung der Anzahl Professorinnen und Professoren, unterteilt in die Kategorien ordentliche und ausserordentliche Professorinnen und Professo­ ren, Assistenzprofessorinnen und -professoren ohne Tenure Track sowie Assistenzprofessorinnen und -professoren mit Tenure Track. Die drei letzten Spalten zeigen die prozentuale Veränderung gegenüber dem Vorjahr.

Frauenanteil Die Entwicklung der Frauenanteile an den einzelnen Institu­ tionen und im gesamten ETH-Bereich variiert (vgl. Abb. 31), wobei ETH-bereichsweit erstmals seit Jahren ein leichter Rückgang der Frauenanteile festzustellen ist. Dazu beigetragen haben insbesondere die beiden Hochschulen. Traditionell am tiefsten ist der Frauenanteil am PSI und an der Empa, also an Institu­tionen mit einem hohen Anteil an technisch ­orientierten Funktionen und an Ingenieurwissenschaften. 2012 stieg die Anzahl der im ETH-Bereich angestellten Frauen um 76 (2011: 233) auf neu insgesamt 6374 per Ende 2012 (+ 1,2 %; 2011: + 3,8 %). Der Anteil der Frauen am Gesamtpersonal­ bestand lag Ende 2012 bei 32,9 % (2011: 33,1 %). Eine leichte Zunahme des Frauenanteils ist bei den Professuren und den administrativen Mitarbeitenden feststellbar. Bei den o. und a.o. Professorinnen sowie im oberen Kaderbereich liegt der Frauenanteil weiterhin auf tiefem Niveau und verfehlt den im Leistungsauftrag des Bundes (Ziel 5, Unterziel 1) formulierten Zielwert von 25 % deutlich. Die im Vergleich zu den Männern noch weitaus stärkere Verengung der Angestelltenpyramide bei den höheren Kaderstellen für

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

Frauen hat verschiedene Gründe, die kurz- und längerfristig nur beschränkt durch den Arbeitgeber beeinflussbar sind. Die bisherigen und die neuen Aktivitäten zur Förderung der Chancengleichheit sowie der Gleichstellung von Frau und Mann führen zwar zu Erfolgen, sie sind aber in den kommenden Jahren mit Nachdruck weiterzuführen (vgl. S. 25 und 72 ff.). Es hat sich in den vergangenen Jahren deutlich gezeigt, dass die politisch vorgegebenen Zielwerte an naturwissenschaftlichtechnischen universitären Hochschulen und Institutionen der Spitzenforschung nur langfristig zu erreichen sind. Neben verstärkten Anstrengungen zur Vereinbarkeit von Familie und wissenschaftlicher Karriere ist bei Mädchen im Schulalter das Interesse für MINT-Disziplinen stufengerecht zu wecken und zu fördern. Ebenso gilt es, für Kader Entwicklungsmöglich­keiten vorzuschlagen, die für Frauen attraktiv sind. Internationalisierung – Herkunft des Personals Der langjährige Trend der zunehmenden Internationalisierung im ETH-Bereich spiegelt sich auch in der Herkunft der Mit­ arbeitenden wider. Stammten 2007 noch 42 %, 2009 rund 46 % und 2011 49 % aller Mitarbeitenden aus dem Ausland, wurde

Durchblick I Personelle Kennzahlen

117


Personelle Kennzahlen

Abb. 28: Herkunft der Professorinnen und Professoren 2012

Schweiz

ProfessorInnen (o./a.o.)

Männer

Frauen

EU

Total Männer

Frauen

Übrige

Total Männer

Frauen

Total 71

217

15

232

286

32

318

67

4

Assistenzprof. ohne Tenure Track

13

2

15

16

10

26

7

0

7

Assistenzprof. mit Tenure Track

10

5

15

39

13

52

19

10

29

240

22

262

341

55

396

93

14

107

ProfessorInnen total

Anzahl Professorinnen und Professoren nach Herkunft Schweiz, EU und übrige Länder.

Abb. 29: Herkunft der neu eingetretenen Professorinnen und Professoren 2012

Schweiz Männer

ProfessorInnen (o./a.o.)

Frauen

EU

Total Männer

Frauen

Übrige

Total Männer

Frauen

ETH-Bereich

Total Männer

Frauen

Total 30

10

3

13

12

1

13

3

1

4

25

5

Assistenzprof. ohne Tenure Track

4

0

4

2

1

3

0

0

0

6

1

7

Assistenzprof. mit Tenure Track

1

0

1

7

0

7

2

1

3

10

1

11

15

3

18

21

2

23

5

2

7

41

7

48

ProfessorInnen total

Anzahl Neueintritte 2012 von Professorinnen und Professoren nach Herkunft Schweiz, EU und übrige Länder.

Abb. 30: Muttersprachen der Mitarbeitenden 2012 Übrige 12,8 % (10,9 %) Englisch 9,5 % (9,8 %) Italienisch 5,3 % (4,9 %)

Deutsch 54,4 % (56,6 %)

Französisch 18,0 % (17,8 %)

Muttersprachen der Mitarbeitenden des ETH-Bereichs im Jahr 2012. Die Werte des Vorjahrs sind in Klammern angegeben.

118

Durchblick I Personelle Kennzahlen

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


Abb. 31: Entwicklung des Anteils der Frauen nach Institutionen 60% 50% 40% 30% 2009 201 0 201 1 201 2

20% 10% 0%

ETH Zürich

EPFL

PSI

WSL

Empa

Eawag

ETH-Rat

ETH-Bereich

Entwicklung der Frauenanteile nach Institutionen während der vergangenen vier Jahre (bezogen auf die Anzahl der Anstellungsverhältnisse).

Abb. 32: Entwicklung der Anteile ausländischer Mitarbeitender nach Funktionsgruppen 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%

ProfessorInnen total

Wissenschaftliches Personal

Technische Mitarbeitende

Administrative Mitarbeitende

Lernende

Total

2009 201 0 201 1 201 2

Entwicklung der Anteile ausländischer Mitarbeitender des ETH-Bereichs nach Funktionsgruppen (bezogen auf die Anzahl der Anstellungsverhältnisse).

2012 mit 50,4 % oder 9785 Personen erstmals die 50-%-Marke überschritten. 36 % oder 6990 Personen sind Bürgerinnen oder Bürger eines EU-Staates, und 14,4 % oder 2295 Personen s­tammen aus Ländern ausserhalb der EU. In der Zusammenset­ zung der ausländischen Nationalitäten ist zu erkennen, dass letztes Jahr der Anteil an EU-Bürgerinnen und -Bürgern nur rund halb so stark zugenommen hat wie jener von Mitarbei­ tenden aus anderen Ländern. Der Anteil an ausländischen Mit­ arbeitenden ist in den letzten Jahren insgesamt stetig ange­ stiegen (vgl. Abb. 32). Mit einem Ausländeranteil von 65,8 % ist die Internationalität bei den Professorinnen und Professoren am stärksten ausgeprägt, dicht gefolgt vom wissenschaftlichen Personal mit einem Anteil von 65,7 %. Hinsichtlich der Vertretung der Sprachgemeinschaften sank 2012 der Anteil derjenigen, die Deutsch als Muttersprache nennen, weiter auf 54,4 % (2011: 56,6 %), während gleichzeitig

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

der Anteil derjenigen mit französischer Muttersprache mit 18 % praktisch konstant blieb (vgl. Abb. 30). Leicht rückläufig mit 9,5 % ist das Segment der Mitarbeitenden, die Englisch als Muttersprache angeben, während ein leichter Anstieg bei den Italienischsprachigen (5,3 %) zu verzeichnen ist. Lernende Ganz im Sinne des Bundespersonalgesetzes hat der ETHBereich auch 2012 weitere Lehrstellen geschaffen. Die Anzahl der Ausbildungsplätze für Jugendliche erhöhte sich seit 2003 von 344 auf mittlerweile 430 per Ende 2012. Von diesen 430 Lernenden sind 140 bzw. 32,6 % weiblich (2011: 32,9 %). Der ETH-Bereich bietet Lehrstellen in über einem Dutzend verschiedener Berufe an. Besonders beliebt sind Polymecha­ niker/in, Chemielaborant/in, Kauffrau bzw. Kaufmann und Physiklaborant/in sowie Informatiker/in. Der Schwerpunkt der

Durchblick I Personelle Kennzahlen

119


Personelle Kennzahlen

Abb. 33: Mittelherkunft nach Funktionsgruppen Funktionsgruppen

ProfessorInnen (total)

Wissenschaftliches Personal

Technische Mitarbeitende

Administr. Mitarbeitende

Total

Mittelherkunft Erstmittel

2012

687,5

5 292,6

2 686,5

1 859,3

10 525,9

Finanzierungsbeitrag des Bundes 2011

669,7

5 203,8

2 679,9

1 815,5

10 368,9 157,0

Zweitmittel

∆2011/2012

17,8

88,8

6,6

43,8

∆2011/2012 in %

2,66

1,71

0,25

2,41

1,51

2012

30,5

3 369,4

242,4

52,9

3 695,2

Forschungsförderung (SNF, KTI, 2011 NCCR, SUK), Ressortforschung und ∆2011/2012 EU-Forschungsprogramme ∆2011/2012 in % Drittmittel

41,3

3 201,2

205,1

49,9

3 497,5

- 10,8

168,2

37,3

3,0

197,7

- 26,15

5,25

18,19

6,01

5,65

21,0

1 003,1

270,3

126,6

1 421,0

11,0

929,6

278,9

122,3

1 341,8

10,0

73,5

- 8,6

4,3

79,2

27,9

1,8

- 3,8

15,2

1,8

2012

739,0

9 665,1

3 199,2

2 038,8

15 642,1

2011

2012

Wirtschaftsorientierte Forschung, 2011 Schenkungen/Legate ∆2011/2012 ∆2011/2012 in % Total

722,0

9 334,6

3 163,9

1 987,7

15 208,2

∆2011/2012

17,0

330,5

35,3

51,1

433,9

∆2011/2012 in %

2,35

3,54

1,12

2,57

2,85

Mittelherkunft nach Funktionsgruppen (in FTE) im Jahr 2012 und im Vergleich zu 2011. ∆ (Delta) zeigt die absolute Veränderung gegenüber dem Vorjahr (2011).

angebotenen Ausbildungen liegt im Bereich der naturwissen­ schaftlich/technischen Berufe. Attraktivität als Arbeitgeber Die Institutionen des ETH-Bereichs sind zunehmend mit der Dual-Career-Thematik konfrontiert. Partnerinnen und Partner von neu im ETH-Bereich wirkenden Kaderangestellten ziehen ebenfalls in die Schweiz und müssen sich nicht nur in die Gesellschaft, sondern auch in den Arbeitsmarkt integrieren. Die Institutionen haben deshalb 2012 ihr Beratungsangebot weiter ausgebaut: Die beiden ETH und die vier Forschungsan­ stalten unterstützen beim Engagement von Spitzenkräften aus dem Ausland deren Partnerinnen und Partner bei der beruf­ lichen Neupositionierung sowie bei Fragen zum Schulbesuch ihrer Kinder und begleiten die Familien generell bei der Integ­ ration in der Schweiz. Generell gilt es, den Wissenschaftlerinnen und Wissen­ schaftlern konkurrenzfähige und attraktive Arbeitsbedingungen zu bieten und interessante Karriereschritte zu ermöglichen. Personalbefragungen zeigen, dass die Entwicklungschancen auf allen Stufen der akademischen Karriere noch stärker zu fördern sind. Zu intensivieren ist auch die Betreuung der Doktorierenden. Dazu gehört, sie bei der Gestaltung ihrer wis­ senschaftlichen Karriere nach Abschluss ihrer Dissertation zu unterstützen. Eine wichtige Rolle spielen die Career Centers der ETH Zürich und der EPFL. Strategie Chancengleichheit Der ETH-Bereich und seine Institutionen realisierten 2012 zahl­ reiche weitere Massnahmen, um das Personal zu fördern und insbesondere die Nachwuchsförderung im akademischen Bereich voranzutreiben (vgl. S. 72 ff.). Ein Schwerpunkt dabei

120

Durchblick I Personelle Kennzahlen

war und ist die Förderung der Gleichstellung beider Geschlech­ ter mit dem Ziel, den Anteil der Frauen auf allen Stufen und insbesondere in Kaderpositionen nachhaltig zu erhöhen. Dazu verabschiedete der ETH-Rat 2010 Kernelemente einer Strategie zur Förderung der Chancengleichheit und schnürte Massnah­ menpakete zu ihrer Umsetzung in den kommenden Jahren. Ausblick – Ziele 2013 Die Umsetzung von Personalstrategien wie die ganze Personal­ arbeit überhaupt zeigt meist erst längerfristig Wirkung, so auch im ETH-Bereich. Die vorangehend beschriebenen Trends und Entwicklungen werden sich deshalb auch in den folgenden Jahren fortsetzen. Wie die 2012 an der ETH Zürich durchgeführte Personalbefragung gezeigt hat, werden die Institutionen des ETH-Bereichs noch zusätzliches Gewicht auf die Karriereför­ derung insgesamt, insbesondere auch auf die Förderung des eigenen Nachwuchses in Lehre und Forschung, aber auch im technischen und administrativen Bereich, zu legen haben. Im Wettbewerb mit der Privatwirtschaft, aber auch mit anderen Forschungsinstitutionen um hoch qualifizierte Wissenschaft­ lerinnen und Wissenschaftler müssen die Institutionen des ETH-Bereichs namentlich ihren Doktorierenden und Postdok­ torierenden noch konsequenter Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen und auch Karriereschritte ermöglichen. Zu diesen Massnahmen gehört etwa die Schaffung zusätzlicher unbefris­ teter Stellen im oberen Mittelbau (Senior Scientists) als wich­ tige Stützen der Kontinuität in Lehre und Forschung sowie als Kenntnisträger bei grossen technischen Anlagen. Auch in den kommenden Jahren wird die Erhöhung des Anteils von Frauen in Kaderpositionen, insbesondere in wissenschaftlichen Funktionen, weiterhin ein Schwerpunkt­ thema bleiben. Die Vereinbarkeit von wissenschaftlicher

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


Arbeit und Familie, aber auch der Umgang mit der DualCareer-Problematik bedarf zusätzlicher Anstrengungen. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben deutlich gemacht, dass diesbezügliche Erfolge – namentlich bei Spitzenpositionen im akademischen Bereich – nur sehr langfristig zu verbuchen sind. Der ETH-Bereich wird auch in Zukunft Gleichstellung und Chancengleichheit der Geschlechter als Daueraufgabe und als Voraussetzung dafür betrachten, dass er seine strategischen Ziele langfristig und nachhaltig zu erreichen vermag. Die konsequente Förderung der Diversität, kulturelle Vielfalt und individuelle Verschiedenartigkeit der Mitarbeitenden sollen dazu beitragen, eine inspirierende und kreative Atmosphäre zu schaffen und so für die Institutionen des ETH-Bereichs einen Mehrwert zu generieren. Personalförderung und -entwicklung wird auch künftig nicht nur für wissenschaftliche Funktionen gepflegt werden, sondern in allen Berufskategorien und auf allen Hierarchie­ stufen. Geplant und teilweise auch bereits umgesetzt ist der weitere Ausbau der Kader- und Managemententwicklung. Dazu gehört auch die Etablierung von beruflichen Auszeiten, sogenannten Sabbaticals, auch in nicht wissenschaftlichen Funktionen. Um die Arbeitsverhältnisse im ETH-Bereich noch attraktiver zu gestalten und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wirkungs­ voll einzusetzen, werden im Rahmen des Gesundheitsmanage­ ments und der Arbeitssicherheit zusätzliche Anstrengungen unternommen. Zudem initiiert der ETH-Rat regelmässige Audits in den Institutionen, um den Gesundheitsschutz der Mitarbei­ tenden am Arbeitsplatz und die Arbeitssicherheit zu gewähr­ leisten und gegebenenfalls zu optimieren. Der Trend zur Internationalisierung des ETH-Bereichs wird weiter zunehmen. Die beiden ETH und die vier Forschungs­ anstalten suchen aktiv und unabhängig von der nationalen und kulturellen Zugehörigkeit den Austausch und die Zusam­ menarbeit mit den Besten der Welt. Dabei ist der ETH-Bereich bestrebt, die ausländischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit gezielten Massnahmen gut zu integrieren und ihr Ver­ ständnis für die Eigenheiten der Schweiz zu fördern. Dazu gehören die erwähnten Dual-Career-Anstrengungen sowie alle unterstützenden Massnahmen und Einrichtungen, welche die Vereinbarkeit von Familie und Studium oder wissenschaftlicher Arbeit erleichtern. Der Begriff Familie umfasst dabei für den ETH-Bereich verschiedene Formen von Lebensgemeinschaften.

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

Grundzüge der Personalstrategie Die Personalstrategie des ETH-Bereichs soll gute Bedingungen für die Anstellung qualifizierter Mitarbeitender schaffen. Zudem sollen hohe Diversität und Schutz vor Diskriminierung erreicht werden. Die Personalpolitik des ETH-Bereichs basiert auf dem Bun­ despersonalgesetz (Art. 4 BPG). Sie verfolgt die dort und im Leistungsauftrag an den ETH-Bereich (Ziel 5) formulierten Ziele und Vorgaben (vgl. S. 72 ff.). Der ETH-Rat ist für den ganzen ETH-Bereich ein verantwor­ tungsbewusster Arbeitgeber mit fortschrittlichen Anstellungsund Arbeitsbedingungen, und er will dies auch in Zukunft bleiben. Er bekennt sich zu einem Führungsstil, der sach- und stufengerechte Formen der Mitwirkung einschliesst, und er pflegt eine offene Informationspolitik. Die beiden Hochschulen und die vier Forschungsanstalten des ETH-Bereichs stellen hohe Anforderungen an ihre Mitarbei­ terinnen und Mitarbeiter und fördern deren Entwicklung. Sie bekennen sich zu einer konsequenten Förderung und Einhaltung der Chancengleichheit. Sie dulden keine Diskriminierung ihrer Angehörigen aufgrund von Geschlecht oder sozialer, ethni­ scher und religiöser Herkunft. Das Wissen um Diversität und der bewusste Umgang mit ihr sind wichtige Voraussetzungen, den komplexen Herausforderungen mit adäquaten Denkweisen und ebensolchem Handeln zu begegnen. Zur Erfüllung seines Auftrags ist der ETH-Bereich darauf angewiesen, auf allen Stufen und in allen Funktionsbereichen hervorragend qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzustellen. Nur wenn es den Institutionen weiterhin gelingt, sich international zu vernetzen, ihre Professorinnen und Profes­ soren für Ausbildung und Forschung weltweit zu rekrutieren und für Doktorierende und Studierende aus dem Ausland attraktiv zu bleiben, kann der ETH-Bereich im globalen Wettstreit der Hochschulen mithalten. Dazu sind Arbeitsbedingungen anzu­ bieten, die im internationalen und im nationalen Wettbewerb um die besten Arbeitskräfte konkurrenzfähig und attraktiv sind.

Durchblick I Personelle Kennzahlen

121


Immobilienmanagement

Strategiekonformer Ausbau der Immobilieninfrastruktur

Das anhaltende Wachstum der Studierendenzahlen bringt den ETH-Bereich hinsichtlich Raum, Fläche und Infrastruktur sowie Finanzierung an seine Grenzen. Nicht nur die rechtzeitige Bereitstellung steht im Fokus des Planens und Handelns, sondern auch die durch das Halten von Immobilien verbunde­ nen Folgekosten. Insgesamt investierte der ETH-Bereich 2012 in sein Immobilien­ portfolio rund 217 Mio. CHF zur Deckung der prioritären Nutzer­ bedürfnisse sowie für den Wert- und Funktionserhalt. Die infrastrukturellen Voraussetzungen für das Kerngeschäft Lehre, Forschung sowie Wissens- und Technologietransfer sind wich­ tige Erfolgsfaktoren. Sie tragen wesentlich zur internationalen Konkurrenzfähigkeit bei und bilden somit eine strategische Ressource. Der ETH-Rat hat sich aber klar dafür ausgesprochen, dass die dafür notwendigen Investitionen und Ausgaben die finanziellen Mittel für die Ausübung der Kerngeschäfte nicht schmälern dürfen. Die Institutionen des ETH-Bereichs begegnen dieser Herausforderung mit einer umsichtigen Entwicklung des Immobilienportfolios und der Nutzung alternativer Finanzie­ rungsmodelle. Strategie: Entwicklung des Portfolios 2012 Die im Rechenschaftsbericht 2011 dargestellten Immobilien­ strategien der Institutionen des ETH-Bereichs erwiesen sich vor dem Hintergrund des erheblichen studentischen Wachstums auch im Jahr 2012 als richtig. Die ETH Zürich konzentrierte sich auf die räumliche Zusam­ menführung von Departementen entlang der längerfristigen Planung der Professuren und der Umsetzung ihres ambitio­ nierten Energiekonzepts. Auf dem Hönggerberg wurde eine massgebliche Erhöhung des Angebots für studentisches Woh­ nen um rund 900 Betten in den Masterplan aufgenommen. Für den Bau und Betrieb sollen alternative Finanzierungsmodelle (Public-Private-Partnership-Modelle, PPP) zur Anwendung kommen. Der Masterplan der EPFL für den Campus Ecublens sah Erweiterungen des Flächenangebots sowie die Sanierung und Anpassung von älteren Gebäuden an die strategische Schwer­ punktsetzung von Lehre und Forschung vor. Die Entwicklung des Campus zu einem öffentlichen Ort der Begegnung von Gesellschaft, Akademie und Wirtschaft erfolgte mit Mantel­ nutzungen, die ebenfalls mit PPP-Modellen finanziert und realisiert werden. Die neue strategische Grossforschungsinfrastruktur FreieElektronen-Röntgenlaser SwissFEL steht beim PSI massgeblich im Fokus der Immobilienstrategie. Bei WSL, Empa und Eawag wurde der Immobilienbestand durch Optimierungen, Ressour­ censchonung sowie Wert- und Funktionserhaltung weiterent­ wickelt.

122

Durchblick I Immobilienmanagement

Laufende und realisierte Projekte 2012 Strategiekonform realisieren die Institutionen Neubauten und investieren in bestehende Bauten, um das weiter wachsende Bedürfnis nach Flächen für Lehre und Forschung zu decken. Dies schliesst viele kleinere und grössere Instandsetzungspro­ jekte und Umbauten mit ein. Die ETH Zürich führte 2012 im Zentrum das Projekt Oberer Leonhard weiter (Gesamtkosten inkl. Betriebs- und For­ schungseinrichtungen: 113 Mio. CHF). Am Standort Hönggerberg konnten die Labors des HPL (114 Mio. CHF*) im Herbst bezogen werden (vgl. S. 127). In Lugano wurde das neue Nationale Hochleistungsrechenzentrum CSCS Anfang 2012 in Betrieb genommen (83 Mio. CHF*). Damit schuf die ETH Zürich die Infrastruktur für die vom Bundesrat verabschiedete nationale Hochleistungsrechnen- und Vernetzungsstrategie (HPCNStrategie, vgl. S. 11 ff.). Massgebliche Fortschritte erfolgten bei den beiden als PPP-Modelle geplanten Neubauten für stu­ dentisches Wohnen auf dem Hönggerberg; ein entsprechender Investorenwettbewerb wurde 2012 durchgeführt. An der EPFL in Lausanne wurden Umbau und Erweiterung des bestehenden Gebäudes «Halles Mécanique» (69 Mio. CHF*) fortgeführt. Wie auch bei der Sanierung der ehemaligen Biblio­thek (16 Mio. CHF*) nahm man räumliche Optimierun­ gen vor und verbesserte die Energiebilanz der Gebäude. Als Ergebnis des Architekturwettbewerbs für das Projekt «Objectif campus» (24 Mio. CHF*) werden auf dem Cosandey-Platz drei Pavillons, welche einen Eingangsbereich, einen Kunst- und Wissenschaftsbereich sowie das Montreux Jazz Café beher­ bergen, realisiert. In Bau befindet sich das PPP-Projekt Kon­ gresszentrum mit Geschäften und rund 500 Wohnungen für Studierende. Die vier Forschungsanstalten PSI, WSL, Empa und Eawag haben im Jahr 2012 keine Investitionen für Neubauten getä­ tigt. Realisiert wurden Instandsetzungen zur Verbesserung des energetischen Zustands, des Brandschutzes oder der Erdbeben­ sicherheit. Das PSI führte die Planungsarbeiten für die neue Grossforschungsanlage SwissFEL fort. An der Eawag stellte man die Sanierung des Seenlabors am Standort Kastanienbaum fer­ tig. Die Planung für das Projekt NEST (ein modulares Forschungsund Demonstrationsgebäude) wurde fortgeführt. Die innovative

* Gesamtkosten inkl. Betriebs- und Forschungseinrichtungen.

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


Abb. 34: Mengengerüst Portfolio ETH-Bereich In Mio. CHF

ETH Zürich EPFL

Gebäude/Anlagen

Parzellen

Anzahl

Neuwert

Buchwert

Anteil %

220

3 245

1 576

52

Anzahl Neu-/Buchwert 115

703

Anteil % 65

80

1 452

966

32

20

246

23

4 Forschungsanstalten

230

1 019

469

16

40

129

12

Total

530

5 716

3 012

100

175

1 077

100

zuzüglich – Anlagen im Bau 290 Das Total aller Aktiven (Buchwert) beträgt 4 380 in Mio. CHF. Anzahl und Wert sämtlicher Immobilien des Bundes, die den Institutionen des ETH-Bereichs zugeordnet sind.

Abb. 35: Investitionen In TCHF Investitionskredit (Immobilien des Bundes)

ETH Zürich

EPFL

PSI

WSL

Empa

Eawag

Total

80 200

31 500

15 867

959

3 823

2 278

134 628

davon für Neubau oder Ersatz

32 882

19 499

5 484

936

0

366

59 167

davon für Wert- und  Funktionserhalt

47 318

12 001

10 382

23

3 823

1 912

75 461

Finanzierungsbeitrag (für nutzerspezifischen Ausbau)

69 161

170

1 766

595

2 039

1 434

75 166

Drittmittel Bauausgaben der Institutionen  Investorenmittel

5 000

2 094

0

0

0

0

7 094

154 361

33 765

17 633

1 555

5 863

3 712

216 888

0

56 000

0

0

0

0

56 000

Bauvolumen

154 361

89 765

17 633

1 555

5 863

3 712

272 888

Hauptnutzfläche HNF (in m2)

453 590

244 200

96 700

19 570

59 390

17 240

890 690

340

138

182

79

99

215

244

Bauausgaben pro m2 HNF (CHF/m2)

Investitionen 2012 in das Immobilieneigentum des Bundes in Bezug zur Hauptnutzfläche (HNF, m2). Diese ist jener Teil der Nutzfläche (NF), der unmittelbar der Kernaufgabe Lehre und Forschung zugeordnet wird. Weil die Forschungsanstalten keine Lehre anbieten, wäre eine bereichsweite Flächen­ kennzahl – beispielsweise bezogen auf die Anzahl Studierender – wenig aussagekräftig.

Forschungseinrichtung NEST, die neben der Empa von der Eawag, der ETH Zürich und der EPFL mitgetragen wird, entsteht in enger Zusammenarbeit mit der Bauwirtschaft. Immobilienmanagement in Zahlen Der Anschaffungswert des Immobilienportfolios des ETHBereichs belief sich am 31. Dezember 2012 auf 7,1 Mrd. CHF. Der Buchwert beträgt rund 4,4 Mrd. CHF. Das entspricht wertmässig zirka einem Drittel des gesamten Portfolios des Bundes. Das Immobilienportfolio umfasst schweizweit 410 Gebäude und rund 120 Anlagen auf 175 Parzellen. In Übereinstimmung mit den Strategien der Institutionen und den steigenden Studie­ rendenzahlen zeigt die für die Immobilien des ETH-Bereichs Ende 2012 ausgewiesene Hauptnutzfläche von 890 700 m2 gegenüber 2011 (891 900 m2) eine leichte Abnahme von 0,1 %. Den Neubauten wie dem CSCS in Lugano mit 6220 m2 und der neuen Life-Sciences-Plattform HPL am Hönggerberg mit 9600 m2 stehen temporär wegen Umbauten nicht nutzbare Flächen gegenüber. Der Buchwert des Portfolios sank gegen­

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

über 2011 (4,5 Mrd. CHF) um 2 % (vgl. Abb. 34). Dies ist eine Folge des gegenüber dem Vorjahr geringeren Wertzuwachses aus Investitionstätigkeit, ordentlichen Abschreibungen und ausserordentlichen Wertberichtigungen bei Verkäufen, Umbau­ ten und Sanierungen (Rückbauanteile). 2012 fanden weitere Portfoliobereinigungen statt. Aufgrund einer Melioration und Waldzusammenlegung in Wettswil ­(Kanton Zürich) wurde die Anzahl einzelner Parzellen in die­ sem Gebiet um 20 Parzellen verkleinert. Nach der Fertigstel­ lung des Neubaus in Lugano konnte der bisherige Standort des CSCS in Manno, Tessin (2000 m2), verkauft werden. Für die Übereignung des Versuchsguts Chamau an den Kanton Zug ist noch die Zustimmung des Kantonsrats Zug ausstehend. Die Institutionen des ETH-Bereichs können unter bestimmten Bedingungen bei Immobilienverkäufen die resultierenden Verkaufserlöse in von ihnen genutzte Immobilien reinves­ tieren. Dadurch können die Nutzerbedürfnisse besser erfüllt werden. Gleichzeitig bleibt der Wert des Portfolios als Ganzes dem Eigner erhalten.

Durchblick I Immobilienmanagement

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Immobilienmanagement

Investitionen und Mittelherkunft 2012 Der Investitionskredit 2012 für den gesamten ETH-Bereich betrug 134,7 Mio. CHF und lag damit nach einer Kreditübertragung aus dem Investitionskredit 2011 von 0,9 Mio. CHF und einer Kredit­ verschiebung in den ­Finanzierungsbeitrag von 18 Mio. CHF (11,8 %) unter dem Vorjahreswert von 181,3 Mio. CHF. Die Inves­ titionen aus diesem Kredit betrafen zu 44 % Neu- und Ersatz­ bauten und zu 56 % die Sicherstellung des Wert- und Funk­ tionserhalts (vgl. Abb. 35). Darüber hinaus wurden Drittmittel in der Höhe von rund 7,1 Mio. CHF für bauliche Massnahmen eingesetzt und aus dem Finanzierungsbeitrag Investitionen in der Höhe von 75,1 Mio. CHF in die nutzerspezifischen Betriebs­einrichtungen im Eigentum der Institutionen getätigt. Weiter finanzierten Investoren im Rahmen von PPP-Projekten Infra­ strukturen mit rund 56 Mio. CHF, welche die Attraktivität der beiden Hochschulen zusätzlich steigern und nicht direkt der Lehre und Forschung dienen. Das gesamte 2012 durch den ETHBereich ausgelöste Bauvolumen betrug damit 273 Mio. CHF (vgl. Abb. 35). Für die kalkulatorische Miete der Immobilien des Bun­ des erhielt der ETH-Bereich 2012 einen eigenen Unterbringungs­ kredit von 301 Mio. CHF. Bauprogramm 2013, Verpflichtungskredite und Rahmenkredit Mit den jährlichen Bauprogrammen beantragt der ETH-Bereich die Verpflichtungskredite für die in den Folgejahren geplan­ ten neuen Vorhaben. Die Finanzierung der Vorhaben erfolgt innerhalb des Zahlungsrahmens des Bundes über die jährlichen Investitionskredite. Im November 2012 stellte der Präsident des ETH-Rats den Finanzkommissionen von National- und Ständerat das Bauprogramm 2013 vor. Dieses wurde am 13. Dezember 2012 von den Eidgenössischen Räten als Teil des Voranschlags 2012

mit dem Bundesbeschluss I genehmigt. Das grösste Vorhaben im Bauprogramm 2013 ist die Grossforschungsanlage Swiss­ FEL des PSI mit einem ergänzenden Verpflichtungskredit von 80,1 Mio. CHF zur Ausführung der bereits begonnenen Arbeiten. Die Gesamtkosten inklusive Forschungs- und Betriebseinrich­ tungen betragen 275,5 Mio. CHF. Davon werden 30 Mio. CHF vom Kanton Aargau getragen. Weitere bewilligte Projekte über 10 Mio. CHF sind der Neu­ bau HIB der ETH Zürich für Technologie und Architektur für 30,5 Mio. CHF, die energetische Sanierung der Wärmeversorgung und Verstärkung der Elektrizitätsversorgung des EPFL Campus in Lausanne für 19,4 Mio. CHF sowie ein studentisches Wohnheim als Teil der Science City der ETH Zürich auf dem Hönggerberg für 16,5 Mio. CHF. Rahmenkredite erlauben es, bauliche Projekte bis zu einer Grösse von 10 Mio. CHF und Planungen von Vorhaben über 10 Mio. CHF im Hinblick auf die dafür notwendigen Verpflich­ tungskreditanträge auszuführen. Der beantragte Rahmenkredit 2013 von 141,1 Mio. CHF ist um 62,6 Mio. CHF höher als jener des Vorjahrs. Nachweis Wert- und Funktionserhalt Das Durchschnittsalter aller Objekte des ETH-Bereichs beträgt rund 50 Jahre, wobei ein mengen- und wertmässig bedeut­ samer Anteil des Portfolios bereits mehrere Erneuerungs­ zyklen hinter sich hat. Jährlich wird als Schlüsselkennzahl zur Wert- und Funktionserhaltung der Zustandswert der wert- und mengenmässig massgeblichen Objekte anhand einer bran­ chenüblichen und einheitlichen Methode ausgewiesen (vgl. Abb. 36). Basierend darauf erfüllt der ETH-Bereich mit der vorliegenden Berichterstattung den Informationsanspruch

Immobilienmanagement im ETH-Bereich Der ETH-Rat ist für das Immobilienportfolio des ETH-Bereichs ver­ antwortlich und stimmt das strategische Immobilienmanagement mit den Institutionen ab. Die Immobilien des ETH-Bereichs sind Eigentum der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Der ETH-Rat nimmt treuhänderisch die Eigentümerrolle wahr (als eines der drei Bau- und Liegenschaftsorgane des Bundes), koordiniert die Bewirtschaftung der Grundstücke und sorgt für deren Wert- und Funktionserhalt. Die Erfüllung des strategischen Auftrags neh­ men der ETH-Rat, die Schulleitungen der beiden ETH und die Direktionen der vier Forschungsanstalten gemeinsam wahr. Die Institutionen des ETH-Bereichs stützen ihre Investitionspläne auf die akademische Planung, die Immobilien- und Arealstrategien, den Masterplan Energie und die Instandhaltungsplanung ab. In Form von räumlichen Gesamtkonzepten wird über das strategi­ sche Controlling die Investitionsplanung mit der akademischen Planung abgeglichen. Von den Zahlungstranchen des Bundes an den ETH-Bereich wird der Investitionskredit für Bauten zweckgebunden separiert. In der Rechnung des Bundes wird er beim Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) abgebildet.

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Durchblick I Immobilienmanagement

Für den Wert- und Funktionserhalt hat der ETH-Rat zu sor­ gen; er ist das Ergebnis einer bedarfsorientierten Planung, die sich – auch im Interesse der Eigentümerin – an Kosten-NutzenÜberlegungen orientiert. Das entsprechende Controlling basiert auf einer Investitions- und Unterhaltsplanung, der Umsetzung durch die Institutionen sowie einer periodischen Ermittlung der Gebäudezustände und -werte. Die Eigentümerin nimmt davon durch die Berichterstattung des ETH-Rats Kenntnis. Der ETH-Bereich bekennt sich zu einer nachhaltigen Entwicklung seines Immobilienbestands. Er folgt damit dem Auftrag der Bundesverfassung an den Bundesrat sowie dessen Nachhaltigkeitsstrategie. Die vom ETH-Bereich mitgetra­ genen Ziele für nachhaltiges Bauen dienen der Umwelt und dem Klima. Betriebswirtschaftlich orientieren sie sich am Lebens­ zyklus der Immobilien. Eine gezielte Zusammenarbeit innerhalb des ETH-Bereichs trägt dazu bei, die Immobilien nachhaltig zu bewirtschaften und den Ressourcenverbrauch kontinuierlich zu senken – langfristig und beispielhaft.

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich


Abb. 36: Zustandswerte per 31.12.2012 100 % 90 % 80 % 70 % 60 % 50 % 40 % 30 % 20 %

sehr guter Zustand, neuwertig  mittlerer Zustand, Massnahmen planen/umsetzen   durchschnittlicher Zustandswert aller Objekte: 81,8 %

380

360

340

320

300

280

260

240

220

200

180

160

140

120

100

80

60

40

20

0 %

0

10 %

guter Zustand, keine Massnahmen notwendig    schlechter Zustand, Massnahmen notwendig  Durchschnitt, gewichtet mit Neuwert der Objekte: 84,2 %

376 Zustandswerte, ausgedrückt in Prozenten des Neuwerts pro Objekt gemäss Stratus (absteigend aufgeführt). Bei der Erfassung beschränkt sich der ETH-Bereich auf die wertmässig relevanten Objekte (> 90 % der Werte).

des Bundes und der Eidgenossenschaft als Eigentümerin der Immobilien bezüglich Wert- und Funktionserhalt. Die Auswer­ tung über das gesamte ETH-Immobilienportfolio zeigt, dass trotz des teilweise hohen Alters der Gebäude und ihrer lang­ jährigen intensiven Nutzung der ermittelte Zustandswert in Relation zum Neuwert auf einem konstant hohen Niveau liegt. Eine Abnahme des Zustandswerts ist nicht zu beobachten, und die Gebäude mit den tiefsten Werten werden fortlaufend Teil der Sanierungsstrategien der Institutionen. Damit weist der ETH-Bereich nach, dass er mit einem angemessenen Wert- und Funktionserhalt seiner Verantwortung für einen nachhaltigen Umgang mit der vom Bund zur Verfügung gestellten Bau­ substanz nachkommt. Grosse Sanierungsprojekte 2012 waren das Physikhochhaus HPP der ETH Zürich und bei der EPFL das alte Bibliotheks­ gebäude sowie das Mechanikgebäude, welches bis auf den Rohbau zurückgebaut und stark erweitert wird. Vor Baubeginn der Grossforschungsanlage SwissFEL lag die Bautätigkeit des PSI schwergewichtig auf Sanierungen, insbesondere des Personal­ restaurants. Zurzeit sind Sanierungsprojekte im Wert von mehr als 650 Mio. CHF im Investitionsplan 2013–2016 aufgeführt. Diese lösten 2012 ein Investitionsvolumen von rund 75 Mio. CHF aus. Zusätzlich wurden laufende Unterhaltsarbeiten in Höhe von rund 30 Mio. CHF aus dem Finanzierungsbeitrag ausgeführt. Nachhaltigkeit im Zeichen der Energie 2012 stand der ETH-Bereich im Zeichen der Energiestrate­ gie 2050 des Bundes. Die Institutionen werden 2013 an der Ausgestaltung der Energiestrategie 2050 mitwirken und die

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

konsensual gefundenen Umsetzungsmassnahmen als Teil ihrer Nachhaltigkeitsstrategien übernehmen. Die Ziele der Nachhal­ tigkeit sind bereits seit Langem Bestandteil der Beschaffung und Bewirtschaftung der Immobilien bei allen Institutionen. Der ETH-Bereich errichtet Bauten nach dem neusten Stand der Technik und setzt auf energieeffiziente Bauweisen. Die Institu­ tionen versuchen, unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit in ihren Projekten immer wieder die Grenzen des Machbaren zu erreichen oder gar Neuland zu beschreiten, um so Signal­ wirkung nach aussen zu erzielen. Die ETH Zürich hat Ende 2012 ein neues Energieleitbild verabschiedet, das auf den 1. Januar 2013 offiziell eingesetzt wird. Darin definierte sie Absenkpfade für ihren eigenen Endenergiebedarf, für den Einsatz nichterneuerbarer Energien sowie für ihre CO2-Emissionen. Diese Absenkpfade beinhalten angestrebte Zielwerte für 2020 und 2035. Neben Energie­ effizienz-Anforderungen an Neu- und Umbauten wird insbe­ sondere eine systematische und vor allem auch kontinuierliche Betriebsoptimierung angestrebt. Ergänzt werden diese Anfor­ derungen durch ETH-interne Richtlinien und Standards. Das PSI arbeitet derzeit an einem Projekt zur Wärmerück­ gewinnung von Komponenten des SwissFEL. Um die Wärme effizient einzusetzen, wird ein Hochfrequenz-Leistungsverstär­ ker entwickelt, der die Verlustwärme bei 80 °C statt der bisher üblichen 40 °C an das Kühlwasser abführt. Erste Versuche waren sehr positiv. Es wird weltweit das erste Mal sein, dass die Abwärme einer Anlage dieser Art genutzt wird. Das PSI steht damit am Anfang einer geplanten intensiveren Nutzung der Restwärme aus den Grossforschungsanlagen.

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Immobilienmanagement

Vorzeigebauten: Verpflichtung und Herausforderung Unter den 410 Gebäuden des ETH-Bereichs sind auch zahlrei­ che Vorzeigebauten aus den Jahren 1858 bis heute. Für eine leistungsfähige Infrastruktur ist das Immobilienmanagement gefordert. Das von den Institutionen des ETH-Bereichs genutzte Immobilienportfolio umfasst bekannte historische Bauwerke an zentraler Lage, zeitgenössische Büro- und Laborgebäude, grosse, energieintensive Forschungsanlagen, aber auch Wälder und ganze Alpbetriebe. Bezüglich Alter ist das Portfolio breit: vom Semper-Bau von 1858 im Zentrum von Zürich bis hin zu aufse­ henerregenden Bauten der Gegenwart wie dem Rolex Learning Center der EPFL von 2010. Ein erheblicher Teil der Bauten des ETH-Bereichs ist historisch bedeutsam. Einige Objekte werden in Inventaren der Denkmalpflege geführt. Der Sanierungsauf­ wand – vor allem für die historischen Gebäude – ist im Vergleich zum Nutzen teilweise beträchtlich und führt zu anspruchsvollen

An der WSL befindet sich das neue Pflanzenschutzlabor­ gebäude mit Labors der Stufen 1–3 (von 4) in Planung, das ab dem Untergeschoss in Holzbauweise erstellt wird. Dieses aussergewöhnliche Projekt – Laborbau in Holz – unterstützt sowohl die CO2-Politik des Bundes (Bindung von Kohlenstoff im Bau) wie auch die Waldpolitik (Verwendung von Holz). Der erhöhte Wärmebedarf des Pflanzenschutzlabors wird durch energetische Sanierungen der bestehenden Gebäude (Haupt­ gebäude Verwaltung und Labortrakt) kompensiert. Die Eawag hat mit der Umsetzung des Revitalisierungsprojekts «Aufwer­ tung Chriesbach» begonnen.

Bauprojekten. Der ETH-Bereich und seine Institutionen nehmen diese Verantwortung für das kulturelle Erbe wahr. Die damit verbundenen Rahmenbedingungen bedeuten indessen häu­ fig eine Einschränkung in der Nutzung und in der räumlichen Entwicklung. Eine leistungsfähige Gebäudeinfrastruktur ist eine zentrale Voraussetzung dafür, dass die beiden ETH und die vier Forschungsanstalten ihre Ziele in Lehre und Forschung erreichen und die geforderten Qualitätsansprüche erfüllen können. Es ist die Aufgabe des Immobilienmanagements des ETH-Bereichs, die Funktionstüchtigkeit des Immobilienportfolios kurz-, mittel- und langfristig sicherzustellen und auch seinen kulturellen Wert zu erhalten. Im Mittelpunkt des Aufgabenspektrums stehen die bedarfsgerechte Planung und die rechtzeitige Realisierung von Neubauten, Umbauten und Sanierungen.

Energiekennzahlen des ETH-Bereichs 2012 wuchs die Energiebezugsfläche als Folge der akademischen Wachstumsstrategie um rund 1,5 %. Der gesamte Energiever­ brauch lag rund 6,1 % über dem Wert des Vorjahrs. Dazu trug teilweise der höhere Heizenergiebedarf aufgrund der kälteren Wintermonate bei. Aus ökonomischen und technischen Grün­ den ist eine getrennte Messung von gebäude- und prozess­ bezogener Energie (etwa wegen der Abwärme von Forschungs­ anlagen) im ETH-Bereich nicht sinnvoll. Die Energiekosten des ETH-Bereichs erhöhten sich gegenüber 2011 um rund 3,7 %. 2012 haben die Institutionen eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen,

Abb. 37: Entwicklung Energiebezugsflächen, Energieverbrauch und Energiekosten

Energiebezugsfläche (in m2)*

ETH Zürich

EPFL

PSI

WSL

644 085

427 622

135 664

27 578

Summe ETH-Bereich (Vorjahr; Veränderung) Energieverbrauch (in MJ/Jahr)**

Eawag

122 267

27 599

1 384 800 (1 364 800; 1,5 %) 573 561 000

305 000 000

512 106 289

Summe ETH-Bereich (Vorjahr; Veränderung) Energiekosten (in CHF/Jahr)

Empa

16 121 144

57 393 583

17 148 787

1 481 330 803 (1 395 923 800; 6,1 %) 17 213 000

11 500 000

13 694 703

Summe ETH-Bereich (Vorjahr; Veränderung)

501 198

1 667 335

607 711

45 183 947 (43 567 800; 3,7 %)

* Quelle: Kennzahlen im Immobilienmanagement SIA D 0165 (2000) auf Grundlagen von SIA 180/14. ** Quelle: RUMBA (Ressourcen- und Umweltmanagement der Bundesverwaltung).

Die Energiebezugsfläche ist die Summe aller unter- und oberirdischen Bruttogeschossflächen, für deren Nutzung ein Beheizen oder Klimatisieren notwendig ist. Die Schlüsselkennzahl Energieverbrauch zeigt den Gesamtverbrauch 2012 an Wärme und Strom sowohl für Gebäude als auch für den Lehr- und Forschungsbetrieb. Die Energiekennzahl (MJ pro m2 und Jahr), die sich aus der Energiebezugsfläche und dem Energieverbrauch berechnen lässt, wird zum Vergleich von Gebäuden gleicher Nutzung verwendet. Angesichts der unterschiedlichen Energieintensität der betriebenen Forschung sowie nicht vergleichbarer Nutzungen ist eine bereichsweite Energiekennzahl nicht zweckmässig. Die Schlüsselkennzahl Energiekosten zeigt sämtliche 2012 angefallenen Ausgaben (Cash-out) zur Erzeugung und Verteilung von Energie (Wärme, Strom, Kälte etc.).

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Durchblick I Immobilienmanagement

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Das neue Lehr- und Forschungsgebäude für Life Sciences: das HPL der ETH Zürich am Hönggerberg.

um die Erfassung ihrer Kennzahlen zur Energie- und Umwelt­ berichterstattung zu vereinheitlichen und noch besser auf die Bedürfnisse des Ressourcen- und Umweltmanagements RUMBA auszurichten. Governance Die Arbeiten zur Totalrevision der bisherigen Immobilienver­ ordnung wurden erfolgreich abgeschlossen. Sie führten zur Formulierung einer neuen Immobilienweisung, welche der ETH-Rat auf den 1. Januar 2013 in Kraft setzte. Diesem Beschluss gingen die Mitwirkung und eine Anhörung der Institutionen

Geschäftsbericht 2012 über den ETH-Bereich

des ETH-Bereichs sowie eine Ämterkonsultation innerhalb der Bundesverwaltung voraus. Mit der neuen Immobilienweisung wurde die Grundlage zur zukünftigen Zusammenarbeit beim Immobilienmanagement im ETH-Bereich geschaffen. Beim Pro­ jekt zur Ermittlung der langfristigen Folgekosten im Immobili­ enmanagement erarbeiteten der ETH-Rat und die Institutionen in Fachgremien einen Massnahmen- und Umsetzungsplan, der schliesslich vom ETH-Rat verabschiedet wurde. Vorgesehen ist die einheitliche Definition und Harmonisierung der sogenann­ ten räumlichen und finanziellen Gesamtkonzepte (RFGK) als längerfristiges Planungs- und Steuerungsinstrument.

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Impressum

Herausgeber ETH-Rat, Häldeliweg 15, CH-8092 Zürich Projektleitung, Redaktion: Kommunikation ETH-Rat, Zürich Konzeption, Reportagen, Gestaltung: BBF, Basel; Lüchinger Publishing GmbH, Zürich Fotografie: Michael Sieber, Langnau/Zürich, oder gemäss Bildnachweis Übersetzung, Korrektorat: Apostroph AG, Luzern Druck: Neidhart und Schön Group, Zürich Der Geschäftsbericht erscheint in Deutsch, Französisch und Englisch. Elektronisch verfügbar unter www.ethrat.ch/geschaeftsbericht2012. Ein spezieller Dank für Beiträge und Mitwirkung gilt: – allen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Institu­tionen des ETH-Bereichs bei der Erstellung der Reportagen, – Dr. Markus Stauffacher, Mitglied ETH-Rat, – den Mitgliedern der ISP-Gruppe des ETH-Bereichs (Implementierung Strategische Planung), – den Mitgliedern des ComTeams ETH-Bereich (Kommunikationsverantwortliche) sowie ihren Mitarbeitenden, – den Fachverantwortlichen und Mitarbeitenden im Stab ETH-Rat sowie den Fachverantwortlichen in den Institutionen des ETH-Bereichs.

© ETH-Rat, April 2013

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ETH-Rat Häldeliweg 15 CH-8092 Zürich Telefon +41 (0)44 632 23 67 Fax +41 (0)44 632 11 90 www.ethrat.ch Rat der Eidgenössischen Technischen Hochschulen


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