feln … und unter dem Foto liegen alle Zutaten gleich griffbereit da, genau portioniert für zwei Personen. Kein lästiges Rumsuchen mehr, kein verzweifelter Blick in einen gähnend leeren (oder berstend vollen) Kühlschrank, dafür Rezepte, die in der Praxis funktionieren. Nach dem Chefkoch mussten schließlich drei Laien dran. Erst als die den Daumen nach oben reckten, kam das Ok für den Laden. »Rezepte mit Kick« verspricht die dynamische 37-Jährige, die in München drei Filialen leitet. Die Idee kommt aus Berlin, Nicole Rudolf ist eigentlich Eventmanagerin, wusste aber vom ersten Moment: Das ist mein Laden, vor allem, weil das Konzept stimmte.
Neue Entwicklungen in einem Grundbedürfnis unserer Gesellschaft. Ob Spezialitätenküche, vegane Weltverbesserung oder Food-Truck: Am Essen kommen wir nicht vorbei. Und stellen fest: Nichts ist so perfekt gestaltet wie das Lebensnotwendige – von der Tütensuppe bis zum Gourmettempel. Food-Design ist der Schlüssel für eine Mega-Industrie. Und womöglich auch zu unserem Wohlbefinden, unserem Sein. Eine Fährtensuche inmitten und jenseits der Trends. Persisches Lammcurry mit Pistazien und Koriander-Knoblauchkartoffeln. Da könnte einem das Wasser im Munde zusammenlaufen (sofern man sich nicht gerade vegan durchs Leben schlägt). Für die einen ist das Gericht ein Gedicht. Für die anderen klingt es nach viel Arbeit. »Nein, gar nicht«, versichert Nicole Rudolf mit einem Lächeln und wirft ihre braune, zu einem Pferdeschwanz gebundene Mähne zurück. »Das klappt in den angegebenen 35 Minuten.« Die patente Store Managerin des Münchner Kochhauses hat eine Art Kochschule für Zuhause eröffnet. »Wir wollen Kunden zurück in die eigene Küche bringen«, sagt Rudolf. Im Grunde ist ihr Ladengeschäft ein aufgeschlagenes Kochbuch voller Rezepte. Die gibt es dreidimensional, als Stände, auf denen alle Zutaten abgebildet sind, leuchtend auf schwarzem Grund: vier Tomaten, eine Zwiebel, drei Kartof-
Das Kochhaus ist von A-Z gestaltet. Die Einrichtung ist unaufdringlich, leicht retro, mit Kreide-Anschreibtafel und grauen Regalen. Dafür werden die Produkte durch LED-Spots ins rechte Licht gerückt. Die CI-Farben sind Schwarz, Grau und Rot. Und die Wandfarbe ist … Grau? Nein, Grün. »Greige«, verbessert Rudolf, »Graugrün.« Sie kommt vom Land, erzählt sie mit entwaffnender Offenheit, und kochen sei ihre Leiden schaft. Sie hat Passendes für Vegetarier, Flexitarier und Fleischfresser. Wer jetzt sagt, 9,80 Euro seien ganz schön teuer für ein Stück Fleisch, dem entgegnet sie, dass alles aus artgerechter Haltung und regionalen Quellen stamme. Selbst an der (unvermeidlichen) Plastik-Verpackung arbeite sie gerade. Gespräche mit einem Hersteller, der Maisstärke für Plastik nutzt, seien im Gange. Wer mal keine Lust auf eine Zutat hat oder sie noch im Kühlschrank wähnt, kann sie weglassen. An der Kasse werden nur tatsächlich gewählte Bestandteile verrechnet. Gratis gibt es einen Folder (natürlich in Schwarz mit Grau und Rot), der die Zubereitung Schritt für Schritt erklärt. Das Kochhaus funktioniert als Bausatz, aus dem sich Einsteiger und Fortgeschrittene nach Lust und Laune bedienen. Einfach und flexibel. Im Sommer, hat Rudolf festgestellt, verzichten viele Kunden auf Kräuter. Ausgerechnet auf den Kick? Nun ja, mutmaßt Rudolf, viele hätten wahrscheinlich einen Garten oder zumindest ihren Kräuterkasten auf der Fensterbank. So viel Zeit nimmt sich der gestresste Großstadtkochkäufer zwischen 18 und 88 dann doch. Die Jungen starten gerade im eigenen Heim durch, andere sind nach dem Auszug der Kinder froh, Spaghettizange und Pommes-Friteuse in die untere Schublade zu verbannen, Frisches einzukaufen und mal wieder etwas Neues auszuprobieren. 18 Rezepte sind zeitgleich zugänglich, regelmäßig werden drei bis vier ausgewechselt, passend zur Jahreszeit. An Details zeigt sich, wie genau das Konzept aufgeht. Neben dem Namen des Gerichts stehen seine Zubereitungszeit sowie der Preis. »Ja, es gibt Kunden, die nach Zeit einkaufen«, sagt Rudolf. Statt mit dem Einkaufszettel in der Hand über den Markt zu hetzen, optimieren wir Wege und Zeit. Ganz Eilige oder Gestresste erhalten alles nach Hause geliefert – sogar im Abo.
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