Gesamtkonzept zum präventiven Jugendschutz in der Kinder- und Jugendarbeit

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Gesamtkonzept zum präven tiven Ju G endschutz in der k inder- und Ju G endarbeit

p osition

Gesamtkonzept zum präven tiven Ju G endschutz

in der k inder- und

Ju G endarbeit

einleitung   5

1 präventiver k inder- und Jugendschutz   6

2 die präventiven aufgaben der k inderund Jugendarbeit   7

3 Formale zuständigkeiten der Jugendarbeit im präventiven Jugendschutz   9

3.1 zuständigkeiten auf Landesebene   9

3.2 zuständigkeiten auf örtlicher e bene   10

4 Grundsätze der Jugendarbeit im präventiven Jugendschutz   12

5 die Förderung des präventiven k inder- und Jugendschutzes als gesellschaftliche aufgabe  14

6 konkrete Gefährdungslagen und Leistungen der Jugendarbeit   15

6.1 Gewaltgefährdungen   16

6.2 mediengefährdungen   17

6.3 suchtgefährdungen   19

6.4 ideologische Gefährdungen   19

6.5 umfeldgefährdungen   21

Quellen   23

4 Inhalt

einleitung

die k inder- und Jugendarbeit ist eine wichtige Leistung der k inder- und Jugendhilfe. sie versteht sich als eigenständiger erziehungs- und bildungsbereich in der Freizeit von k indern und Jugendlichen. die große a nzahl ihrer mitarbeiterinnen und mitarbeiter, die unmittelbar mit den jungen menschen zusammen arbeiten, macht sie zu einem wesentlichen a kteur der k inder- und Jugendhilfe in deutschland.

innerhalb eines präventiven kontexts des sGb viii besitzt die Jugendarbeit eine wichtige aufgabe und kompetenz auch im präventiven k inder- und Jugendschutz.1 aufgabe der Jugendarbeit im bereich der p rävention ist es, Gefährdungen und bedrohungen zu minimieren sowie benachteiligungen von jungen menschen zu vermeiden oder abzubauen. darüber hinaus soll die Jugendarbeit sowohl die individuelle und soziale entwicklung von k indern und Jugendlichen fördern als auch kompetenzen stärken, die zum umgang mit Gefährdungen notwendig sind.

der präventive Jugendschutz ist somit eine begleitende Querschnittsaufgabe der Jugendarbeit. die potenziale der Jugendarbeit in der p rävention allgemein und im besonderen im bereich des erzieherischen k inder- und Jugendschutzes gilt es zu nutzen. das „Gesamtkonzept zum präventiven k inder- und Jugendschutz in der k inder- und Jugendarbeit“ soll dazu beitragen, diese stärken der Jugendarbeit im präventiven Jugendschutz in allen bereichen und strukturen der Jugendarbeit nachhaltig umzusetzen.

mit einem Gesamtkonzept zum präventiven Jugendschutz soll den mitarbeiter/-innen der Jugendarbeit in bayern eine praxisgerechte orientierung zu → aufgaben, → zuständigkeiten, → a rbeitsschwerpunkten und → Grundsätzen des präventiven Jugendschutzes in der Jugendarbeit gegeben werden.

dabei werden die besonderen pädagogischen chancen der Jugendarbeit in der p rävention demonstriert. e s wird das Leistungspotential der Jugendarbeit in diesem Feld beschrieben und dargestellt, wie die Jugendarbeit in bayern zielgerichtet und kompetent in den wichtigen aufgaben des präventiven Jugendschutzes arbeiten und wirken kann.

dieses Gesamtkonzept zum präventiven Jugendschutz in der k inder- und Jugendarbeit richtet der 142.  hauptausschuss des bayerischen Jugendrings an die verantwortlichen in den Gremien, strukturen und mitgliedsverbänden des bJr – ebenso wie an alle mitarbeiterinnen, mitarbeiter und beteiligten in der Jugendarbeit in bayern, verbunden mit der aufforderung, die Jugendarbeit auch im sinne des präventiven k inder- und Jugendschutzes weiterzuentwickeln. •

1 Nicht zuletzt befinden sich im SGB VIII die Leistungen der Kinder- und Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes gemeinsam im ersten Abschnitt des 2. Kapitels

5 BJR Gesamtkonzept zum präventiven Jugendschutz

1 präventiver kinder- und Jugendschutz

p rävention ist ein zentrales a nliegen der k inder- und Jugendhilfe. Übergreifendes ziel des präventiven Jugendschutzes ist die vorbeugung gegen mögliche Gefährdungen von k indern und Jugendlichen. diese Gefährdungslagen 2, wie z. b. Gewaltgefährdungen, mediengefährdungen, suchtgefährdungen oder umfeldgefährdungen, sind eng verknüpft mit gesellschaftlichen veränderungsprozessen und üben immer auch einflüsse auf k inder und Jugendliche aus.

denn gerade in der k indheits- und Jugendphase, die bestimmt ist durch ausprobieren, e xperimentieren, neugierde, spaß am unbekannten und auch am verbotenen, müssen k inder und Jugendliche lernen, wie sie mit Gefährdungen umgehen und ihre eigenen stärken und Grenzen einschätzen können. Für die Jugendarbeit, die k inder und Jugendliche in dieser Lebensphase begleitet, ist es wichtig, Gefährdungsfelder erkennen und realistisch einschätzen zu können, damit sie mit geeigneten maßnahmen darauf aufmerksam machen und entgegenwirken kann.

die Jugendarbeit wirkt mit verschiedenen s chwerpunkten in den drei stufen der p rävention.

Universelle Prävention richtet sich mit umfassenden allgemeinpräventiven maßnahmen an alle Gruppen oder teile der Gesamtbevölkerung, die weder in ihrer Gesundheit noch in ihrem Wohlbefinden eingeschränkt sind. die k inder- und Jugendarbeit besitzt in dieser p räventionsstufe besondere aufgaben und potentiale, da sie zur stärkung von stabilen persönlichkeitsstrukturen von jungen menschen beiträgt, die in der Lage sind, den Gefährdungen zu begegnen.

Selektive Prävention richtet sich an personen oder Gruppen, die aufgrund bestimmter Lebensumstände einem erhöhten Gefährdungs- und damit erkrankungsrisiko ausgesetzt sind, z. b erhöhtes suchtrisiko als k inder suchtkranker eltern oder Jugendliche mit verminderten zukunftschancen. k inder und Jugendliche aus diesen Gefährdungsgruppen sind teilweise auch mitglieder, teilnehmer/-innen oder adressaten der k inder- und Jugendarbeit. die mitarbeiter/innen der Jugendarbeit benötigen deshalb spezifische kompetenzen für qualifiziertes präventives handeln.

Indizierte Prävention zielt mit ihren Leistungen auf konkret gefährdete personen, die aufgrund bereits vorhandener problematischer verhaltensweisen, etwa riskantem drogenkonsum, gesicherte risikofaktoren für eine erkrankung bzw. a bhängigkeit aufweisen. teile der Jugendarbeit (z. b. Fachkräfte in der mobilen Jugendarbeit/ streetwork mit jungen menschen) arbeiten gezielt mit diesen personen oder Gruppen. relevante kompetenzen und Qualifikationen als Fachkräfte der Jugendarbeit sind bedingung für wirkungsvolles Handeln. •

2 Eine Auflistung und Beschreibung verschiedener konkreter Gefährdungslagen und daraus resultierende Aufgaben der Jugendarbeit findet sich in Kapitel 6 dieses Konzeptes

6 Präventiver Kinder- und Jugendschutz

2 die präventiven aufgaben der kinder- und Jugendarbeit

den handlungsrahmen des präventiven k inder- und Jugendschutzes bilden erzieherische maßnahmen (erzieherischer Jugendschutz), ordnungsrechtliche vorgaben und eingriffe (ordnungsrechtlicher Jugendschutz) sowie die entsprechende Gestaltung struktureller rahmenbedingungen (struktureller Jugendschutz). umfassender k inder- und Jugendschutz verbindet diese drei s äulen zu koheränten handlungskonzepten. die k inder- und Jugendarbeit mit ihrer eigenständigen p ädagogik der bildung und erziehung wirkt erfolgreich innerhalb des handlungsfeldes des präventiven k inder- und Jugendschutzes.

Präsenz der Jugendarbeit im präventiven Kinder- und Jugendschutz

Jugendarbeit ist präsent und handelt kompetent im präventiven Jugendschutz. eine große zahl von mitarbeiter/-innen und Fachkräften der Jugendarbeit arbeitet erfolgreich in den zielsetzungen des k inder- und Jugendschutzes. davon zeugt eine große a nzahl von erfolgreichen Leistungen, p rojekten und beteiligungen der Jugendarbeit in bayern.3 diese v ielzahl von erfolgreichen p rojekten unterstreicht die handlungsfähigkeit und Wirksamkeit der Jugendarbeit in der p rävention.

Jugendarbeit wirkt im erzieherischen Kinderund Jugendschutz die Jugendarbeit hat zentrale a nteile am sozialen Lernen im k inder- und Jugendalter und übernimmt damit eine umfassende bildungsfunktion. insbesondere erbringt sie wichtige beiträge zu einer gelingenden persönlichkeitsentwicklung von jungen menschen. s o kann sich die Jugendarbeit für den aufbau einer persönlichkeit, die sich stabil gegenüber Gefährdungen entwickelt, als besonders hilfreich und wirksam erweisen. die Jugendarbeit arbeitet mit jungen menschen in einem alter, das durch tiefgreifende entwicklungsvorgänge im persönlichkeitsbereich gekennzeichnet ist. e s werden dabei erfahrungen im umgang mit gesundheitsgefährdenden suchtmitteln gesucht, persönliche haltungen gegenüber Gefährdungspotentialen ausgelotet und einstellungen zur persönlichen Lebensführung entwickelt. verbunden mit der suche nach eigenen identitäten und Lebensentwürfen, mit dem e xperimentieren zu einstellungen und verhaltensoptionen, werden bei Jugendlichen in diesem zeitraum wichtige Grundlagen auch für die gesundheitliche entwicklung gelegt. indem die Jugendarbeit im rahmen ihrer persönlichkeitsentwicklung die eigenverantwortlichkeit, eigenständige entscheidungsfähigkeit und k ritikfähigkeit fördert, trägt sie maßgeblich durch ihre a ngebote und maßnahmen dazu bei, dass sich junge menschen selbst – bewusst und nachhaltig – vor gefährdenden einflüssen schützen können.4 damit arbeitet die Jugendarbeit maßgeblich an den zielen und in den aufgaben des erzieherischen k inder- und Jugendschutzes nach §14 sGb viii

3 Anlässlich einer Umfrage im Jahr 2011 konnten in Bayern über 500 Projekte der Jugendarbeit u. a. zur Prävention von Alkoholund Drogenmissbrauch, in der Prävention von sexueller Gewalt, in der Gewaltprävention oder im Jugendmedienschutz ermittelt werden. Die Jugendarbeit, hier insbesondere die Kommunale Jugendarbeit, die Jugendringe und die professionellen Arbeitsfelder der Jugendarbeit, ist quer durch das Arbeitsgebiet des präventiven Kinder- und Jugendschutzes eng mit Gesundheitsämtern, Polizeidienststellen, Wohlfahrtsverbänden und den zuständigen Ämtern vernetzt. Darüber hinaus ist die Jugendarbeit in vielen weiteren Präventionsnetzwerken beteiligt und eingebunden.

4 Vgl. § 14 SGB VIII: (1) Jungen Menschen und Erziehungsberechtigten sollen Angebote des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes gemacht werden. (2) Die Maßnahmen sollen 1. junge Menschen befähigen, sich vor gefährdenden Einflüssen zu schützen und sie zu Kritikfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit und Eigenverantwortlichkeit sowie zur Verantwortung gegenüber ihren Mitmenschen führen und 2. Eltern und andere Erziehungsberechtigte besser befähigen, Kinder und Jugendliche vor gefährdenden Einflüssen zu schützen.

BJR Gesamtkonzept zum präventiven Jugendschutz
7

Jugendarbeit wirkt im strukturellen Jugendschutz

Über ihre rolle der erzieherischen unterstützung zu einer individuellen positiven gesundheitlichen und psychosozialen entwicklung hinaus übernimmt die Jugendarbeit im rahmen ihrer gesellschaftlichen Funktion auch allgemeine aufgaben im bereich des strukturellen k inder- und Jugendschutzes. der strukturelle Jugendschutz trägt dazu bei, das integrale ziel der Jugendhilfe zu erreichen, nämlich „positive Lebensbedingungen für junge menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche umwelt zu erhalten oder zu schaffen“.5 insbesondere wenn es um die verbesserung der rechte und chancen von jungen menschen geht, mischt sich die Jugendarbeit in diese gesellschaftspolitischen Fragen und entwicklungen ein. Jugendarbeit setzt sich für die belange junger menschen ein und sieht sich immer dann auch zum politisch-strukturellen handeln herausgefordert, wenn soziale und auch gesundheitliche entwicklungschancen von jungen menschen beeinträchtigt oder gefährdet sind.6 Legitime aufgabe der Jugendarbeit ist es somit auch, im politischen raum einzutreten gegen Gefährdungen oder bedrohungen, die die chancen von k indern und Jugendliche mindern oder die langfristig die Gesundheit schädigen.

im strukturellen Jugendschutz verwirklicht die Jugendarbeit nicht zuletzt auch ihren jugendpolitischen handlungsauftrag der interessensvertretung für junge menschen. dies geschieht auch in den handlungsfeldern des präventiven Jugendschutzes durch die zusammenarbeit mit verbänden, öffentlichen stellen und organisationen, die in diesem bereich tätig sind, und in Form der kooperation in a rbeitskreisen und kooperationsnetzwerken zum Jugendschutz.7

Verantwortung der Jugendarbeit im ordnungsrechtlichen Jugendschutz die gesetzlichen bestimmungen zum s chutz von k indern und Jugendlichen, wie z. b. die a bgabe von alkoholischen p rodukten oder der zugang zu medieninhalten, müssen bei allen a ktivitäten der Jugendarbeit eingehalten werden. Jedoch sieht sich die Jugendarbeit mit ihren pädagogisch-bildenden aufgaben nicht als instrument des ordnungsrechtlichen Jugendschutzes. mit ihrer aufgabenwahrnehmung im bereich des erzieherischen k inder- und Jugendschutzes (§ 14 sGb viii) leistet die Jugendarbeit einen wesentlichen beitrag dazu, dass minderjährige ungefährdet heranwachsen können, insbesondere in den bereichen, in denen der ordnungsrechtliche Jugendschutz an seine Grenzen stößt. das handeln der k inder- und Jugendarbeit in verbindung mit den ordnungsrechtlichen Jugendschutzbestimmungen ist gekennzeichnet durch eine verantwortungsbewusst vorbildhafte zeichensetzung. mitarbeiter/-innen der Jugendarbeit sind in ihrer praktischen a rbeit vielfach unmittelbar mit den ordnungsrechtlichen Jugendschutzbestimmungen konfrontiert. denn bei ihren tätigkeiten in der Jugendarbeit übernehmen sie oftmals die aufsichtspflicht für die ihnen anvertrauten minderjährigen. alle mitarbeiter/-innen der Jugendarbeit, die mit minderjährigen zusammenarbeiten, haben somit auch bezüglich des Jugendschutzes die aufgabe der präventiven Gefahrenvermeidung, der beachtung der gesetzlichen vorgaben und der tatsächlichen ausübung der aufsichtspflichten. den verantwortlichen in den Jugendringen, Jugendverbänden, Jugendgemeinschaften, Jugendorganisationen und insbesondere der kommunalen Jugendarbeit fällt somit, neben der beobachtung und gegebenenfalls kontrolle der einhaltung der Jugendschutzbestimmungen, die aufgabe zu, die mitarbeiter/-innen der Jugendarbeit über relevante vorgaben zu informieren, aufzuklären, zu beraten und bei der einhaltung bzw. umsetzung zu unterstützen.

darüber hinaus ist die Jugendarbeit im rahmen ihrer fachpolitischen aufgaben und ihres jugendpolitischen mandats aufgefordert, an der praxisgerechten ausgestaltung und Weiterentwicklung auch des ordnungsrechtlichen Kinder- und Jugendschutzes mitzuwirken. •

5 § 1 Abs. 3 Nr. 4 SGB VIII

6 Etwa bei wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen Belastungen, z. B. Umweltschädigungen, Verkehrsgefährdungen, städtebauliche Fehlentwicklungen

7 Vgl. § 2 der Satzung des Bayerischen Jugendrings

8 Die präventiven Aufgaben der Kinder- und Jugendarbeit

3 Formale zuständigkeiten der Jugendarbeit im

präventiven Jugendschutz

aufgaben des Jugendschutzes obliegen nicht nur den trägern der freien und öffentlichen Jugendhilfe. sie sind darüber hinaus auf eine v ielzahl weiterer stellen, behörden und organisationen verteilt.

3.1 zuständigkeiten auf Landesebene

Aufgaben des Bayerischen Jugendrings da dem bayerischen Jugendring für den bereich der Jugendarbeit durch rechtsverordnung die aufgaben eines überörtlichen trägers der Jugendhilfe zur besorgung im auftrag des staates übertragen sind, obliegen ihm formelle aufgaben auch im präventiven Jugendschutz. auf der Grundlage des a rt. 32 a bs. 4 aGsG i. v. mit der verordnung zur Übertragung von aufgaben des überörtlichen trägers der öffentlichen Jugendhilfe ist der bayerische Jugendring in seiner Funktion als Landesjugendamt im bereich der Jugendarbeit somit grundsätzlich auch mit der umsetzung des erzieherischen k inder- und Jugendschutzes in der Jugendarbeit in bayern befasst. hier besteht nach § 85 sGb viii die aufgabe für den bayerische Jugendring → die Jugendämter sowie die freien träger der Jugendarbeit fachlich zu beraten, → die fachliche zusammenarbeit der ä mter mit den Jugendverbänden, Jugendorganisationen und Jugendringen zu fördern, → fachliche empfehlungen zu entwickeln, modellvorhaben zur Weiterentwicklung auch der präventiven Jugendarbeit anzuregen, zu planen und zu fördern, → die Fortbildung der mitarbeiter/-innen der Jugendarbeit durchzuführen.

Für seine strukturen, mitgliedsverbände und die weiteren trägern der Jugendarbeit stellt der b ayerische Jugendring ebensolche Leistungen bereit.

in der Wahrnehmung der gesetzlichen aufgaben des erzieherischen k inder- und Jugendschutzes auf Landeseben bestehen vielfältige s chnittstellen, insbesondere zum bayerischen Landesjugendamt und zur a ktion Jugendschutz, Landesarbeitsstelle bayern e.v der bayerische Jugendring stimmt sich deshalb in grundlegenden Fragen der aufgabenerfüllung mit dem bayerischen Landesjugendamt ab 8 und arbeitet bei der durchführung seiner aufgaben im präventiven Jugendschutz partnerschaftlich mit der a ktion Jugendschutz bayern zusammen.

als oberste Landesjugendbehörde ist das staatsministerium für unterricht und kultus zuständig für die mit der Jugendarbeit zusammenhängenden aufgaben des erzieherischen k inder- und Jugendschutzes ( a rt. 29 a bs. 3 aGsG).

Aufgaben der Jugendverbände auf Landesebene die Jugendverbände gewährleisten durch konzeptionelle und organisatorische maßnahmen, dass in ihrem mitgliederbereich notwendige t hemen und aufgaben des präventiven k inder- und Jugendschutzes angeboten und umgesetzt werden.

insbesondere in der aus-und Fortbildung von mitarbeiterinnen und mitarbeitern sollen – wie in den Qualifizierungsvoraussetzungen zum erwerb der Juleica vorgesehen9 – t hemen und a nliegen des präventiven k inder- und Jugendschutzes berücksichtigt werden. e s soll darüber hinaus sichergestellt sein, dass die mitarbeiter/-innen in den Jugendverbänden über ihre aufgaben bezüglich der einhaltung und umsetzung der Jugendschutzgesetze informiert und qualifiziert sind.

8 Vgl. Bayerisches Landesjugendamt, Gesamtkonzept präventiver Kinder- und Jugendschutz

9 Siehe Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus, Hinweise zur Card für Jugendleiterinnen und Jugendleiter, Juleica; vom 5. Mai 2010 Az.: V.8-5 K 6270-3.42 382 (2160-UK); Voraussetzungen zur Ausstellung der Juleica, 2.3. c: „Die praktische und theoretische Qualifizierung zum Erwerb der Juleica umfasst mindestens die folgenden Inhalte/ Themenschwerpunkte: … Gefährdungstatbestände des Jugendalters und Fragen des Kinder- und Jugendschutzes, …“

9 BJR Gesamtkonzept zum präventiven Jugendschutz

die Jugendverbände arbeiten in der umsetzung dieser aufgaben mit dem bayerischen Jugendring, der a ktion Jugendschutz sowie auf örtlicher e bene mit den k reis- und stadtjugendringen und der kommunalen Jugendarbeit in den Landkreisen und kreisfreien städten zusammen und werden durch diese unterstützt.

3.2 zuständigkeiten auf örtlicher ebene10

Aufgaben der Landkreise und kreisfreien Städte als träger der öffentlichen Jugendhilfe sind die Landkreise und kreisfreien städte zuständig für bereiche des vollzugs von Jugendschutzbestimmungen und für die gesamtverantwortliche11 Leistungserbringung des erzieherischen k inder- und Jugendschutzes. in Form von information, beratung, koordinierung, a nregung und Förderung sowie mit eigenen maßnahmen bieten die Jugendämter Öffentlichkeitsarbeit und aufklärung zu t hemen des Jugendschutzes, informationen und hilfestellungen für junge menschen, elternbildung und multiplikatorenschulungen.

im erzieherischen Jugendschutz setzen die Jugendämter bei ihren a ktivitäten oftmals bedarfsorientierte s chwerpunkte entsprechend den gesellschaftlichen Fragestellungen und entwicklungen vor ort. der erzieherische k inder- und Jugendschutz ist dabei vielfach

im umfang der bestimmungen des a rt. 29 a bs. 3 aGsG inhaltlich und organisatorisch der kommunalen Jugendarbeit zugeordnet.12 die Jugendämter haben in den Fragen des Jugendschutzes eine besondere aufgabe in der kooperation mit den kreisangehörigen Gemeinden, da diese eine aufgabenverpflichtung zur k inder- und Jugendarbeit (§§ 11, 12 sGb viii), jedoch keine direkte formale zuständigkeit im erzieherischen Jugendschutz besitzen. die k reis- und stadtjugendringe nehmen aufgaben des erzieherischen Jugendschutzes in Form unterschiedlicher veranstaltungen, p rojekte und a ngebote wahr (z. b Gewaltprävention, suchtprävention, medienpädagogik). den k reis- und stadtjugendringen können auch öffentliche aufgaben aus den bereichen des erzieherischen k inder- und Jugendschutzes in der k inder- und Jugendarbeit vertraglich übertragen werden ( a rt. 32 a bs. 4 aGsG). darüber hinaus haben die Jugendringe auf ebene der örtlichen träger der Jugendhilfe insbesondere im strukturellen Jugendschutz eine wichtige aufgabe. hier wirken sie im rahmen ihres jugendpolitischen handlungsauftrags als interessensvertretung für junge menschen und setzen sich somit für den s chutz von k indern und Jugendlichen vor Gefährdungen und für eine verbesserung der Lebens- und Gesundheitsbedingungen ein. als mitglieder in den Jugendhilfeausschüssen13 können die Jugendringe dabei nicht zu unterschätzende beiträge, impulse und a nregung für die Weiterentwicklung des Jugendschutzes geben.

10 Örtliche Ebene im Kontext des Jugendhilfegesetzes bedeutet: im Zuständigkeitsbereich der Landkreise und kreisfreien Städte

11 Im Sinne der Gesamt- und Planungsverantwortung der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach §79 SGB VIII

12 Vgl. a) BayGE 1993, Begründung zum Gesetzesentwurf des BayKJHG, jetzt AGSG, b) Bayerisches Landesjugendamt, Gesamtkonzept Präventiver Kinder- und Jugendschutz, sowie c) Kommunale Jugendarbeit und Erzieherischer Kinder- und Jugendschutz; Empfehlungen des Bayerischen Jugendrings nach § 85 Abs. 2 Satz 1 KJHG für die Jugendämter in Bayern, 1998, 2010: „Für die Aufgaben des Jugendschutzes erscheint es sinnvoll, dass mindestens die Arbeitskapazität einer vollzeitbeschäftigten Fachkraft zur Verfügung steht. Dabei ist zu beachten, dass die Wahrnehmung der Aufgaben der Kommunalen Jugendarbeit nach den §§ 11 und 12 KJHG durch zusätzlich übertragene Aufgaben des Erzieherischen Kinderund Jugendschutzes nicht beeinträchtigt wird. Um dem Querschnittscharakter der Aufgabenstellung Rechnung zu tragen, muss die amtsinterne Koordination der jeweiligen Aufgabenwahrnehmung u. a. im Rahmen der Jugendhilfeplanung sowie die Einbindung externer Fachbereiche sichergestellt werden.“ 13 Innerhalb der Zusammensetzung der Jugendhilfeausschüsse erfahren die Vertreter/-innen der Jugendverbände bzw. der Jugendringe als stimmberechtigte bzw. beratende Mitglieder besondere Berücksichtigung (vgl. Art. 18 Abs. 2, Satz 1 AGSG und Art. 19 Abs.1 Satz 8 AGSG)

10 Formale Zuständigkeiten

Weitere freie träger im bereich der Jugendarbeit sind die Jugendgruppen, Jugendgemeinschaften, Jugendinitiativen und Jugendverbände. sie beteiligen sich an den aufgaben des präventiven Jugendschutzes und erbringen freiwillig und selbstverantwortlich Leistungen nach § 14 sGb viii , vorrangig14 zum öffentlichen träger. sie werden dabei vom örtlichen öffentlichen träger im rahmen seiner Gesamtverantwortung unterstützt und gefördert. bei eigenen a ngeboten und veranstaltungen sind sie unmittelbar zur einhaltung und umsetzung der Jugendschutzbestimmungen verpflichtet.

Finanzielle Ausstattung

Für die aufgaben der Jugendarbeit sind sowohl bei den öffentlichen trägern wie auch bei den freien trägern ausreichende haushaltsmittel vorzusehen, damit in diesem rahmen auch die aufgaben des erzieherischen k inderund Jugendschutzes erfüllt werden können bzw. die Förderung der freien träger auch in diesem bereich sicher gestellt ist (§ 74 SGB VIII). •

14 § 4 SGB VIII , Art. 13 AGSB 11 BJR Gesamtkonzept zum präventiven Jugendschutz

4 Grundsätze der Jugendarbeit

im präventiven k inder- und Jugendschutz

Präventiver Jugendschutz ist Teil der Jugendarbeit

Für die Jugendarbeit in bayern besitzt der präventive Jugendschutz eine wichtige bedeutung. die bildungsleistungen der Jugendarbeit sind eine wirkungsvolle möglichkeit, um Gefährdungen von jungen menschen frühzeitig entgegenzuwirken. p räventiver Jugendschutz ist somit bestandteil der Jugendarbeit. durch aktuelle p räventionskonzepte sowie praxisgerechte a ngebote und Leistungen findet das t hema eine nachhaltige verankerung in den Jugendverbänden, in den Jugendringen, in den einrichtungen der o ffenen Jugendarbeit und in der kommunalen Jugendarbeit. dies hat auch konsequenzen für die ressourcenausstattung der Jugendarbeit. die verantwortlichen der Jugendarbeit sind sich bewusst, dass die regelmäßige a rbeit im präventiven Jugendschutz das renommee der Jugendarbeit in allen strukturen und a rbeitsfeldern stärkt.

Jugendarbeit stärkt

Jugendarbeit fördert durch die befassung und durch die auseinandersetzung mit aktuellen t hemen bei jungen menschen k ritikfähigkeit, persönliche orientierungen und eigenständige entscheidungsfähigkeit. Jugendarbeit bildet soziale kompetenz und eigenverantwortliche persönlichkeiten. Über die individuelle auseinander setzung mit eigenen Überzeugungen bilden sich aufgeklärte standpunkte auf der Grundlage freier entscheidung. s o lernen die mitglieder/-innen, besucher/-innen und teilnehmer/-innen der Jugendarbeit, wie sie sich selbstverantwortlich vor Gefährdungen schützen können. die mitar beiter/-innen der Jugendarbeit sind sich dieser befähigenden und persönlichkeitsbildenden stärken der Jugendarbeit bewusst und kultivieren diese bildung der Jugendarbeit auch mit der zielsetzung des präventiven Jugendschutzes.

Jugendarbeit thematisiert den Jugendschutz die Jugendarbeit arbeitet mit aktuellen t hemen, die sich direkt an der Lebenswelt der k inder und Jugendlichen orientieren. die mitarbeiter/-innen der Jugendarbeit machen keinen bogen um schwierige Fragen, sondern arbeiten

mit den k indern und Jugendlichen partizipativ an p roblemen und Gefährdungen in ihrer a lltagswelt. Jugendarbeit setzt sich mit den t hemen des Jugendschutzes somit aktiv, konsequent und lebensnah auf der Grundlage selbstbestimmter eigenverantwortung der mitglieder/-innen, besucher/-innen und teilnehmer/-innen auseinander.

Jugendschutzgesetze gelten verbindlich die Jugendschutzgesetze sind klare Grenzziehungen und werden auch im rahmen der Jugendarbeit verbindlich eingehalten.

Jugendschutzgesetze ersetzen nicht die Eigenverantwortung in der Jugendarbeit eigenverantwortliches gemeinsames handeln ist eine stärke der Jugendarbeit. auf dieser Grundlage werden gemeinsam mit den k indern und Jugendlichen verantwortungsbewusste regeln zum gemeinsamen s chutz und zur gemeinsamen p rävention vereinbart. durch gemeinsames handeln, durch gegenseitige erinnerung, gemeinsame ermahnungen, information und aufklärung befähigt die Jugendarbeit zu gegenseitig kontrolliertem verhalten. Wegschauen gilt in der Jugendarbeit nicht, insbesondere dann nicht, wenn sich k inder und Jugendliche durch eigenes verhalten gefährden oder wenn sie durch a ndere gefährdet werden.

Jugendarbeit wirkt vorbildhaft die Jugendarbeit setzt verantwortungsbewusst vorbildhafte zeichen im Jugendschutz. p rävention in der Jugendarbeit wirkt beispielgebend und vorbildhaft für mitglieder und a ngehörige, für andere vereine, verbände und sonstige gesellschaftliche Gruppierungen.

e s ist ziel und a nspruch der Jugendarbeit in bayern, vorbild und maßstab für eine gelingende und wirkungsvolle p räventionsarbeit zu sein. die mitarbeiter/-innen der Jugendarbeit sind sich somit ihrer gesellschaftlichen vorbildfunktion bewusst.

12 Grundsätze der Jugendarbeit

Die Querschnittsaufgabe der Prävention erfordert Qualifizierung der präventive Jugendschutz ist eine begleitende Querschnittsaufgabe der Jugendarbeit. eine kompetente Wahrnehmung dieses aufgabenrahmens, dessen Weiterentwicklung und Qualitätssicherung hat auch konsequenzen für die Qualifizierung der mitarbeiterinnen und mitarbeiter. Qualifizierungs- und Fortbildungsprogramme müssen die kompetenz und das hintergrundwissen im bereich der p rävention fördern. dies ermöglicht handlungswissen und handlungssicherheit für die mitarbeiter/-innen im Feld der p rävention. diese Qualifizierungsanforderungen der Jugendarbeit im präventiven k inder- und Jugendschutz sind bisher nur ungenügend verwirklicht. e s gilt deshalb, geeignete eigene a ngebote auf allen ebenen, in allen strukturen und handlungsfeldern zu entwickeln und umzusetzen. ressourcen hierfür sollen innerhalb der strukturen der Jugendarbeit, aber auch durch p rogramme für die Jugendarbeit neu und zusätzlich vorgesehen werden.

Konsequenzen für die Träger der Jugendarbeit und den Bayerischen Jugendring der bayerische Jugendring misst dem präventiven k inder- und Jugendschutz in der Jugendarbeit eine große b edeutung bei. die Querschnittsaufgabe des präventiven k inder- und Jugendschutzes in der Jugendarbeit erfordert eine konsequente, verantwortungsbewusste aufgabenwahrnehmung in den mitgliedsverbänden und in den strukturen des bayerischen Jugendrings. die örtlichen träger der Jugendhilfe sind gesetzlich gefordert, präventiven k inder- und Jugendschutz auch in der Jugendarbeit zu fördern, zu unterstützen, weiterzuentwickeln, sowie die Qualität der Leistungen zu sichern.15 der bayerische Jugendring wird in erfüllung seiner aufgaben auch als überörtlicher träger der öffentlichen Jugendhilfe – in a bstimmung mit dem bayerischen Landesjugendamt und in kooperation mit der a ktion Jugendschutz bayern – seine aufgabenwahrnehmung auf dem Feld des präventiven k inder- und Jugendschutzes profilieren.

dies betrifft 16

→ die bereitstellung von praxisorientierter beratung sowie die weitere entwicklung von empfehlungen,

→ die Förderung der zusammenarbeit der Jugendverbände, Jugendgemeinschaften, Jugendringe mit den weiteren freien trägern und den örtlichen trägern der öffentlichen Jugendhilfe im bereich des präventiven k inder- und Jugendschutzes,

→ die a nregung und Förderung von einrichtungen, diensten und veranstaltungen der Jugendarbeit für überörtliche bereiche des präventiven k inder- und Jugendschutzes,

→ die entwicklung von modellen im präventiven bereich der Jugendarbeit, um eine Weiterentwicklung des aufgabenfeldes zu initiieren

→ und insbesondere die Qualifizierung und Fortbildung der mitarbeiter/-innen der Jugendarbeit.

um diese aufgaben der Jugendarbeit zur Gänze erfüllen zu können, gilt es, von allen verantwortlichen und beteiligten die notwendige ausstattung mit ressourcen vorzusehen. als zusätzlicher teil innerhalb der finanziellen ausstattung der Jugendarbeit sind, sowohl bei den öffentlichen trägern wie auch bei den freien trägern, ausreichende haushaltsmittel einzuplanen, damit in diesem rahmen auch die aufgaben des erzieherischen k inder- und Jugendschutzes gelingend erfüllt und weiterentwickelt werden können. •

16 Vgl. Rechtsverordnung zur Übertragung von Aufgaben des überörtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe auf den Bayerischen Jugendring vom 23. Juni 1993; mit Verweis auf Abs.3): „Zur Jugendarbeit im Sinne dieser Bestimmungen gehören auch die damit sachlich zusammenhängenden Aufgaben der Jugendsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes“; sowie § 85 SGB VIII, sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Jugendhilfe

15 §§ 79, 79a SGB VIII 13 BJR Gesamtkonzept zum präventiven Jugendschutz

5 die Förderung des präventiven kinder- und Jugendschutzes als

gesellschaftliche aufgabe

p räventiver Jugendschutz in der Jugendarbeit bedeutet politischen einsatz, wenn es darum geht, auf missstände und Jugendgefährdungen im gesellschaftlichen umfeld aufmerksam zu machen. die Jugendarbeit sieht es als ihre aufgabe, benachteiligten oder gefährdeten k indern und Jugendlichen unterstützung anzubieten. Jugendarbeit mischt sich in gesellschaftliche p rozesse ein, wenn es um beeinträchtigungen oder belastungen von jungen menschen individueller, sozialer, wirtschaftlicher oder ökologischer a rt geht. da schaut Jugendarbeit hin und die mitarbeiterinnen und mitarbeiter der Jugendarbeit zeigen courage. hier sieht sich die Jugendarbeit in der p flicht des gesellschaftlichen handelns und beteiligt sich aktiv an der ausgestaltung der rahmenbedingungen der p rävention und des Jugendschutzes. dabei erwarten sich die mitarbeiterinnen und mitarbeiter der Jugendarbeit zu recht, dass berechtigte a nliegen auch von anderen gesellschaftlichen Gruppen und vonseiten der politik auf allen politischen ebenen unterstützt werden.

die Jugendarbeit in bayern übernimmt ihren teil der gesamtgesellschaftlichen aufgaben auch im präventiven k inder- und Jugendschutz und geht mit gutem beispiel verantwortungsbewusst voran. die präventive Wirksamkeit der Jugendarbeit und ihre kompetenzen im präventiven k inder- und Jugendschutz gilt es weiterhin zu fördern und zu entwickeln. Für diese Leistungen fordert die Jugendarbeit weiterhin die ihr zustehende finanzielle, sachliche und ideelle Unterstützung. •

14 Die Förderung des präventiven Kinder- und Jugendschutzes

6 konkrete Gefährdungslagen und Leistungen der Jugendarbeit

Gerade die k indheits- und Jugendphase zeichnet sich durch ausprobieren, e xperimentieren, neugierde, spaß am unbekannten und verbotenen aus. k inder und Jugendliche müssen lernen sich und ihre eigenen stärken und Grenzen einzuschätzen sowie mit eventuell auftretenden Gefährdungen umzugehen.

aufgabe der Jugendarbeit ist in diesem zusammenhang, unterstützend zu wirken, indem sie die individuelle und soziale entwicklung von k indern und Jugendlichen fördert sowie kompetenzen stärkt, die zum umgang mit Gefährdungen notwendig sind. darüber hinaus soll die Jugendarbeit auf struktureller ebene dafür eintreten, sowohl Gefährdungen und bedrohungen zu minimieren als auch benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen.

Gefährdungslagen sind eng verknüpft mit gesellschaftlichen veränderungsprozessen. die Jugendarbeit muss demnach stets neue entwicklungen im blick haben, um mit geeigneten maßnahmen entgegenwirken zu können. auch sind Gefährdungsfelder nicht klar voneinander abgrenzbar, sondern bedingen einander, wirken ineinander und müssen meist aus unterschiedlichen blickwinkeln betrachtet werden. bei cybermobbing17 spielt zum beispiel sowohl der bereich der Gewaltgefährdung als auch der der mediengefährdung mit hinein und es bedarf somit verschiedener a nsatzpunkte, um der p roblematik entgegenwirken zu können.

ebenso müssen bei der einschätzung von Gefährdungslagen geschlechtsspezifische a spekte mit berücksichtigt werden. bei verdachtsmomenten geben die umsetzungsempfehlungen zum bundeskinderschutz hilfestellungen. eine schnelle implementierung in die Leistungen der Jugendarbeit ist anzustreben. die nachfolgende auflistung stellt daher nur eine momentaufnahme und Grobkategorisierung derzeitiger Gefährdungslagen und daraus resultierende aufgaben der Jugendarbeit dar.

17 Cybermobbing = absichtliches Beleidigen, Bedrohen, Bloßstellen oder Belästigen anderer mit Hilfe moderne Kommunikationsmittel – meist über einen längeren Zeitraum, siehe www.klicksafe.de/themen/kommunizieren/cyber-mobbing/ cyber-mobbing-was-ist-das/

15 BJR Gesamtkonzept zum präventiven Jugendschutz

6.1 Gewaltgefährdungen

das Feld der Gewaltgefährdungen umfasst verschiedene a rten und Formen, die je nach schweregrad zu bleibenden körperlichen, geistigen und seelischen s chäden – im e xtremfall bis zum tod – führen können. nachfolgende Formen werden vom bayerischen Landesjugendamt unter Gewaltgefährdungen subsumiert 18 :

→ Körperliche Gewalt, ausgeübt durch erwachsene als auch unter k indern, Jugendlichen und jungen volljährigen.

→ Seelische Gewalt wie a blehnung, verweigerung emotionaler zuwendung, ignorieren, isolation, cybermobbing, stalking etc., also alle äußerungen oder verhaltensweisen, die k inder bzw. Jugendliche ängstigen, herabsetzen, überfordern oder ihnen das Gefühl eigener Wertlosigkeit vermitteln.

→ Vernachlässigung, die dazu führt, dass die für das Überleben und Wohlergehen erforderlichen maßnahmen nur ungenügend oder gar nicht erbracht werden. hierunter fallen mangelnde körperpflege und ernährung, unzureichende aufsicht, missachtung der Gesundheit sowie defizitäre oder inadäquate a nregungen für das k ind/den Jugendlichen.

→ Gewalt gegen sich selbst wie s chnittverletzungen, verätzungen durch chemikalien oder verbrennungen durch glühende zigaretten etc.

→ Sexuelle Gewalt ist eine individuelle, alters- und geschlechtsabhängige Grenzverletzung und meint jede sexuelle handlung, die an oder vor einem k ind oder einem/einer Jugendlichen entweder gegen dessen/deren Willen vorgenommen wird oder der das k ind oder der/die Jugendliche aufgrund körperlicher, psychischer, kognitiver oder sprachlicher unterlegenheit nicht wissentlich zustimmen kann. der/die täter/-in nutzt seine/ihre macht- und autoritätsposition aus, um seine/ihre eigenen bedürfnisse auf kosten des k indes zu befriedigen (nach bange/ deegener, Weinheim 1996). Formen sexueller Gewalt reichen von e xhibitionismus und küssen über masturbation, a nfassen bis hin zu oraler, analer und genitaler vergewaltigung.

18 Zentrum Bayern Familie und Soziales, Bayerisches Jugendamt: Präventiver Kinder- und Jugendschutz

die p rävention sexueller Gewalt in der k inder- und Jugendarbeit ist vom a nliegen des präventiven k inder- und Jugendschutzes sowohl aufgrund der unterschiedlichen gesetzlichen Grundlagen als auch der unterschiedlichen fachlichen a nforderungen klar abzugrenzen. inhaltliche berührungspunkte zwischen den beiden aufgaben können dennoch bestehen, z. b. im bereich des erzieherischen k inder- und Jugendschutzes, bei sexualpädagogischen Fragestellungen/sexuellen Übergriffen unter k indern und Jugendlichen oder im strukturellen k inder- und Jugendschutz beim t hema k inderrechte.

Leistungen der Jugendarbeit:

→ über Gewaltgefährdungen aufklären und informieren

→ das t hema „Gewaltgefährdungen“ im eigenen mitarbeiter/-innenkreis thematisieren und dafür sensibilisieren sowie Leitsätze für einen gewaltfreien umgang miteinander entwickeln (vgl. p rätect)

→ Qualifizierungsangebote bereitstellen

→ bei verdachtsmomenten nicht wegsehen, sondern unter hinzuziehen entsprechender Fachstellen der Gefährdungslage aktiv begegnen

→ p räventive a ngebote und maßnahmen zur Gewaltprävention

16 Konkrete Gefährdungslagen und Leistungen der Jugendarbeit

6.2 mediengefährdungen

die heutige medienwelt bietet eine v ielzahl von nutzungsmöglichkeiten. durch die Fusion von text, bild und ton sowie zunehmend interaktiven Formen der mediennutzung kommt es zu einer neuorganisation und einzelne medien können nicht mehr isoliert voneinander betrachtet werden.

der umgang mit medien ist fester bestandteil der Lebenswelten von k indern und Jugendlichen, die präferierte mediennutzung variiert laut der shell-studie 2010 je nach sozialer s chicht, alter, Geschlecht, herkunft und bildungsniveau. Gerade das internet spielt in diesem bereich eine große rolle: insgesamt 96 % der Jugendlichen haben mittlerweile einen internetzugang und verbringen durchschnittlich 13 stunden in der Woche im netz.19 doch auch andere medien sind trotz der allgegenwärtigkeit von computer und internet für Jugendliche relevant, so das ergebnis der Jim -studie 2011. eine wichtige entwicklungsaufgabe innerhalb der adoleszenz ist demnach die Fähigkeit der medienkompetenz – also die Fähigkeit, medien und die dadurch vermittelten inhalte den eigenen zielen und bedürfnissen entsprechend effektiv nutzen zu können (nach dieter baacke). Laut einer untersuchung des instituts für medienpädagogik in Forschung und p raxis (JFF) schließt medienkompetentes handeln auch zunehmend mehr die Fähigkeit ein, soziale beziehungen in mediatisierten kommunikationsräumen zu entwickeln und dort auftretende konflikte zu bewältigen.20

k inder und Jugendliche können in diesem zusammenhang in unterschiedlichen bereichen mit Gefährdungsfeldern konfrontiert werden:

→ Medieninhalte

Gefährdungen sind gegeben, wenn k inder und Jugendliche mit einer einseitigen, ideologisch gefärbten darstellung von t hemen konfrontiert werden, die sie aufgrund ihrer Lebenserfahrung und ihrem Wissensstand nicht richtig zuordnen können (z. b. diskriminierende, gewaltverherrlichende, sexualisier te, rassistische, jugendgefährdende beiträge). bei pc-, konsolen-, onlinespielen können Gefährdungen sowohl in den medien selbst als auch in der Form der nutzung liegen. s o können aus der rituellen einübung von zerstörungs- und tötungshandlungen in spiel-s oftware, aus einem temporären realitätsverlust oder aufgrund eines übermäßigen konsums Gefährdungen entstehen21

→ Pathologische Medien- und Onlinenutzung auch wenn in Fachkreisen der begriff der „ internetsucht“ derzeit noch umstritten und mit definitorischen unklarheiten versehen ist, weisen neue studien auf problematische internetnutzungen hin (siehe z. b pinta22). e s kann eine Gefährdungslage entstehen, wenn das medium (Fernsehen, internet, handy etc.) im vordergrund steht und einen gravierenden einfluss auf das Leben und Wesen des heranwachsenden nimmt, z. b. wenn die virtuelle Welt interessanter erscheint als die reale Welt.

19 16. Shell-Jugendstudie: Jugend 2010 – Eine pragmatische Generation behauptet sich

20 Wagner, Ulrike; Brüggen, Niels; Gerlicher, Peter; Schemmerling, Mareike: Wo der Spaß aufhört ... Jugendliche und ihre Perspektive auf Konflikte in Sozialen Netzwerkdiensten. Teilstudie des JFF – Institut für Medienpädagogik im Projekt „Das Internet als Rezeptions- und Präsentationsplattform für Jugendliche“ im Auftrag der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), München 2012

21 Zentrum Bayern Familie und Soziales, Bayerisches Jugendamt:

Präventiver Kinder- und Jugendschutz

22 Prävalenz der Internetabhängigkeit (PINTA) – Bericht an das Bundesministerium für Gesundheit, 2011

17 BJR Gesamtkonzept zum präventiven Jugendschutz

→ Konsum, Gefahr der Verschuldung mediengeräte und medienangebote sind allgegenwärtig und ständig werden auf dem markt neue smartphones, tablets, s oftwares, p ay-tv-s ender, publikationen, a pps, computer, konsolen, digitalkameras, mp 3- player, Fernseher etc. angeboten. die immer komplexer werdende medienwelt bietet kommunikation und interaktion, vergnügen und information. die wachsende zahl der verfügbaren medienangebote setzt dabei immer neue kaufanreize. diese werden durch die verschmelzung der einzelmedien als auch der inhalte miteinander (medienkonvergenz23) verstärkt. zudem gibt es zahlreiche a ngebote, tarife sowie ständige neuheiten, sodass es nicht leicht ist, den Überblick zu wahren und kostenfallen zu vermeiden.

mittlerweile sind k inder und Jugendliche zu einer zahlungsstarken zielgruppe geworden. konsum bedeutet nicht nur die befriedigung von menschlichen Grundbedürfnissen, sondern auch die teilhabe am gesellschaftlichen Leben. durch gezieltes marketing werden ständig neue bedürfnisse geweckt, konsumansprüche erhöht und illusionen erzeugt. dies kann zu Überschuldung, erhöhten konkurrenzdenken innerhalb der peergroup sowie zu konflikten im elternhaus führen24

→ Weitere Gefährdungen können sich z. b. ergeben durch den besuch von chatrooms, die Weitergabe personenbezogener daten, kontaktanbahnungen übers netz, cybermobbing, dem download problematischer oder kostenpflichtiger dateien, persönlichkeitsverletzungen, urheberrechtsverletzungen.

in diesem zusammenhang noch einen hinweis auf den bereich „ konflikte in s ozialen netzwerkdiensten“. durch die mediatisierten Lebenswelten von Jugendlichen werden konflikte mittlerweile meist in einer größeren Öffentlichkeit als es früher üblich war ausgehandelt.

Laut dem JFF haben Jugendliche einen sehr differenzierten blick auf online- konflikte und unterscheiden zwischen „ spaß-streit“, meinungsverschiedenheit, streit und mobbing. dahinter liegt ein komplexes system aus regeln, wie bei welchem konflikt reagiert werden kann. p roblematisch ist in diesem zusammenhang, dass die mediale reichweite von a nfeindungen im netz sowie deren strafrechtliche relevanz von Jugendlichen unterschätzt werden.25

Leistungen der Jugendarbeit:

→ medienpädagogische a ngebote sowie aktive medienarbeit für/mit k inder(n) und Jugendliche(n) (s ocial network, cybermobbing, Foto- und Filmprojekte etc.), z. b. in kooperation mit den medienfachberatungsstellen vor ort oder dem JFF – institut für medienpädagogik

→ über den Jugendmedienschutz informieren sowie für dessen einhaltung sensibilisieren

→ multiplikatorenarbeit wie informationsabende, Jugendleiterschulungen, beratungsangebote

23 Die Funktionalität unterschiedlicher Einzelmedien als auch die Inhalte verschmelzen miteinander (Medienkonvergenz) und so leben Fernsehserien auf Internetseiten weiter, aktuelle Hits werden zu Klingeltönen, Internetblogs bestücken Zeitungsbeiträge und Computerspiele sind Vorlagen für Kinofilme.

24 Zentrum Bayern Familie und Soziales, Bayerisches Jugendamt: Präventiver Kinder- und Jugendschutz

25 Wagner, Ulrike; Brüggen, Niels; Gerlicher, Peter; Schemmerling, Mareike: Wo der Spaß aufhört ... Jugendliche und ihre Perspektive auf Konflikte in Sozialen Netzwerkdiensten. Teilstudie des JFF – Institut für Medienpädagogik im Projekt „Das Internet als Rezeptions- und Präsentationsplattform für Jugendliche“ im Auftrag der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), München 2012

18 Konkrete Gefährdungslagen und Leistungen der Jugendarbeit

6.3 suchtgefährdungen

Wie bereits eingangs erwähnt zeichnet sich die Jugendphase durch ausprobieren und e xperimentieren aus – Jugendliche suchen z. b. mit alkohol, zigaretten oder illegalen drogen nach neuen erfahrungen, sie wollen dazu gehören und ihre Grenzen testen.

häufig bleibt es beim „ p robieren“ und es entwickeln sich keine ernsthaften p robleme oder a bhängigkeiten. das risiko, dass sich a bhängigkeiten entwickeln, ist jedoch umso höher, je früher der konsum beginnt. eine frühzeitige sucht- und Gesundheitsprävention bei k indern und Jugendlichen erhöht demnach die chance, dass ein problematisches konsumverhalten nicht entsteht26

der bereich der suchtgefährdungen unterliegt einem stetigen Wandel, da immer wieder neue legale und illegale drogen sowie stoffungebundene suchtformen auftreten.

Derzeit lassen sich folgende Suchtbereiche benennen:

→ alkohol

→ nikotin

→ c annabis

→ weitere illegale drogen wie Legal highs (werden angeboten unter den namen „ düngemittel“, „ badesalz“; enthalten den Wirkstoff mephedron), halluzinogene (L sd, pilze, meskalin), designer- drogen (ecstasy, Liquid ecstasy), kokain, a mphetamine (speed, pep, crystal), heroin und andere opiate

→ spice (unterliegt dem a rzneimittelgesetz)

→ a rzneimittel

→ stoffungebundene suchtformen wie Glücksspielsucht, kaufsucht, pathologische medienund onlinenutzung , e ssstörungen etc.

Leistungen der Jugendarbeit:

→ a nbieten von attraktiven Freizeitangeboten

→ initiierung und durchführung suchtpräventiver p rojekte, a ngebote und maßnahmen für und mit k indern und Jugendlichen, in kooperation mit Fachstellen vor ort, etwa beratungsstellen oder Gesundheitsamt sowie landesweiten institutionen, wie z. b. der a ktion Jugendschutz.

→ suchtprävention auf struktureller e bene, z. b erarbeitung eines suchtpräventiven konzeptes im Jugendverband

→ suchtprävention als thematischer b austein bei der ausbildung von Jugendleiter/-innen

→ aufklärung über stoffgebundene und stoffungebundene suchtformen

→ bedarfsgerechte kooperation mit Fachstellen, netzwerkarbeit

→ im bedarfsfall: vermittlung an beratungsstellen, Fachinstitutionen

6.4 ideologische Gefährdungen

besonders empfänglich für ideologische Gruppierungen sind menschen, die auf der suche nach s elbsterfahrung, dem sinn im Leben sowie Geborgenheit und Gemeinschaft sind. der Wunsch nach einfachen, klaren regeln ist in der heutigen zeit, geprägt durch pluralismus und heterogenität, verführerisch und das bedürfnis danach wird in Lebenskrisen verstärkt.

Gerade auch Jugendliche – während der adoleszenz auf der suche nach Lebensorientierung – stellen für Gemeinschaften, die ein menschenverachtendes und demokratiefeindliches Gedankengut verbreiten, eine interessante zielgruppe dar.

26 Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Bundesministerium für Gesundheit: Drogen und Suchtbericht, Mai 2012

19 BJR Gesamtkonzept zum präventiven Jugendschutz

Konfliktträchtige religiöse und weltanschauliche Gruppierungen, wie etwa

→ bestimmte christliche s ekten,

→ p sychogruppen (z. b s cientology),

→ fundamentalistische strömungen,

→ esoterische Gruppen

→ oder unseriöse a nbieter von „ persönlichkeits trainings oder coachings“ sind als problematisch anzusehen.

die a nwerbung und einbindung von k indern durch die beschriebenen Gruppierungen geschieht häufig durch die eltern, für einige Gruppen sind Jugendliche aber auch direkt als zielgruppe interessant. dabei kann es zu problematischen beeinflussungen und entwicklungen der persönlichkeit der a nhänger und ihrer k inder kommen.

Politische Gruppierungen, die menschenverachtend handeln und demokratiefeindlich sind, wie → npd, die volksunion, Junge nationaldemokraten, → neonazis (z. b. Freies netz süd, der Freie Widerstand süddeutschland),

→ autonome nationalisten ( an) oder → autonome linksextremistische Gruppierungen stellen ebenfalls eine ideologische Gefährdung dar. Laut bayerischem verfassungsschutz gewinnt die gewaltbereite neonazi-szene an zulauf, ebenso wächst die Gruppe der autonomen nationalisten. das internet bietet gerade auch den informellen Gruppen eine plattform zur vernetzung und der verbreitung ihrer ideologien.27 p roblematische s ozialisationsbedingungen führen bei nicht wenigen Jugendlichen und jungen erwachsenen zu einer Öffnung für demokratiefeindliches und menschenverachtendes Gedankengut und gewaltbereite handlungsmuster.

die mehrheit aller einsteiger schließt sich zwischen dem elften und fünfzehnten Lebensjahr der rechtsextremen szene an. manchmal reicht nur ein halbes Jahr in dieser clique und sie haben – in ihren entscheidenden Jahren für die entstehung politischen denkens – die ideologie des rechtsextremismus angenommen.28 um Jugendliche zu gewinnen, setzen rechtsextremisten oftmals auf interessante a ngebote zur Freizeitgestaltung. s o werden junge menschen mit medien wie musik und internet, sport-, veranstaltungs- und sonstigen Freizeitangeboten geködert. häufig engagieren sie sich verstärkt dort, wo es an sonstigen a ngeboten für Jugendliche fehlt.

auch hier gewinnt das internet aus rechtsextremer sicht immer mehr an bedeutung, da es ein Leichtes ist, über dieses medium junge menschen anzusprechen und sie dann mit geschickter p ropaganda für die eigenen inhalte zu gewinnen.29

Leistungen der Jugendarbeit:

→ Förderung der identitätsbildung und demokratischen Wertorientierung

→ aufklärungsveranstaltungen (z. b. in kooperation mit der Landeskoordinierungsstelle b ayern gegen rechtsextremismus des bJr bzw. beauftragten der k irchen für s ekten- und Weltanschauungsfragen)

→ a nbieten von Gesprächs- und austauschmöglichkeiten

→ p artizipationsangebote

27 Bayerisches Staatsministerium des Inneren: Verfassungsbericht 2011

28 www.info-rechtsextremismus.de/index.php/jugend-gewalt/ interview-aussteiger/ein-ausstiegsmuster/index.html

29 www.bpb.de/apuz/133386/zielgruppe-jugend-rechtsextremeim-social-web?p=all

20 Konkrete Gefährdungslagen und Leistungen der Jugendarbeit

6.5 umfeldgefährdungen

neben den zuvor beschriebenen bereichen können k inder und Jugendliche in ihrem alltagsleben, in ihrer Freizeit und in der a rbeitswelt. mit weiteren Gefährdungen konfrontiert werden. das bayerische Landesjugendamt spricht in diesem zusammenhang von „umfeld“ und weist auf nachfolgende bereiche hin30 :

Gesundheit

unsere Gesundheit kann durch eigenes verhalten (z. b suchtverhalten), zivilisationsbedingte Gefährdungen (z. b. Lärm, epidemie) sowie k rankheiten (z. b a ids) beeinträchtigt werden. durch sich verändernde soziale und ökologische umweltbedingungen und Lebensweisen entstehen immer wieder neue Gesundheitsrisiken. so hat z. b. in den letzten Jahren Übergewicht und adipositas bei k indern und Jugendlichen stark zugenommen. Laut k iGGs - untersuchung sind insgesamt 15 % der 3- bis 17-Jährigen übergewichtig (entspricht etwa 1,9 millionen), darunter 800.000 mit adipositas (Fettleibigkeit). auch allergische reaktionen (17 % aller k inder und Jugendlichen) sowie psychische auffälligkeiten steigen an.31 v.a. k inder und Jugendliche aus sozial schwachen Familien leiden durch den Lebensstil und die Lebensumstände der Familie unter erhöhten Gesundheitsrisiken. sie sind laut dem bundesministerium für Gesundheit überdurchschnittlich häufig von verkehrsunfällen, verschiedenen k rankheiten, Übergewicht und psychischen auffälligkeiten betroffen.

Umwelt die umwelt ist die umfassende bezeichnung für die Gesamtheit aller von außen auf den menschen einwirkenden Faktoren, die letztlich die Lebensbedingungen positiv wie negativ beeinflussen. stichwörter wie Luftverunreinigung, a bholzung der regenwälder, k limaerwärmung, müll- und energieproblematik werden die zukunft der nachkommenden Generationen beeinflussen.

Verkehr die Gefährdungen differenzieren sich in diesem bereich in mittelbare und unmittelbare. s o ist jeder verkehrsteilnehmer (Fußgänger, Fahrradfahrer, autofahrer) unmittelbar gefährdet, insbesondere k inder, da sie entwicklungsbedingt spontaner und weniger konzentriert reagieren als erwachsene. auch die Gruppe der 18- bis 24-jährigen „Fahranfänger“ hat eine höhere Gefährdungslage. mittelbare beeinträchtigungen entstehen durch die auswirkungen des verkehrs auf unsere umwelt (Lärm, verschmutzung, Flächenverbrauch etc.) und können gesundheitliche s chädigungen hervorrufen.

Arbeit

auch der a rbeitsplatz kann zahlreiche Gefährdungslagen bieten. insbesondere für Jugendliche, die in ausbildung oder im a rbeitsleben stehen, ist ein wirksamer Gesundheitsschutz am a rbeitsplatz besonders bedeutsam. nicht selten treffen sie auf a rbeitsbedingungen, die sich am Leistungsvermögen erwachsener ausrichten und daher zu einer Überforderung führen können. ein besonderes schutzbedürfnis besteht für k inder und Jugendliche bis zur vollendung des 15. Lebensjahres, die grundsätzlich vom a rbeitsleben verschont bleiben sollen.

Freizeit

e s gibt viele positive Freizeitgestaltungsmöglichkeiten (z. b a ngebote der Jugendarbeit), jedoch nicht alles, mit denen k inder und Jugendliche in ihrer freien zeit konfrontiert werden, wirkt sich positiv auf ihr aufwachsen und ihre entwicklungsmöglichkeiten aus. k inder und v. a. Jugendliche brauchen räumlichkeiten, in denen sie sich mit Gleichaltrigen zusammenfinden und ihre jugendspezifische subkultur erproben können. Gerade in ländlichen Gebieten sind solche möglichkeiten rar, sodass als treffpunkte häufig straßen, öffentliche plätze und – insbesondere bei schlechten Wetter – Gaststätten dienen.

s ekundärgefährdungen wie suchtmittelmissbrauch (bier ist häufig eines der billigsten Getränke in Gaststätten), spielsucht, Überbeanspruchung durch ungesunden Lebensstil können auftreten.

30 Zentrum Bayern Familie und Soziales, Bayerisches Landesjugendamt: Präventiver Kinder- und Jugendschutz, 2007

31 Robert Koch Institut: Erste Ergebnisse der KiGGS-Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland

21 BJR Gesamtkonzept zum präventiven Jugendschutz

Häuslicher Bereich, Sport und Spiel unfälle sind ab dem ersten Lebensjahr das größte Gesundheitsrisiko für k inder und Jugendliche und stellen bis dem 15. Lebensjahr die häufigste todesursache dar. verletzungsarten wie p rellungen, verrenkungen und zerrungen sind die häufigsten Folgen, die k inder und Jugendliche infolge eines unfalls erleiden – bei den 14- bis 17-Jährigen bilden diese verletzungsarten 50 %. Fahrradfahren und inline-skaten bergen in diesem zusammenhang ein hohes unfallrisiko – v. a. da mit steigendem Lebensalter auf das tragen von helm und s chutzkleidung verzichtet wird ( tragen eines Fahrradhelms: 41,5 % der 11- bis 13-Jährigen; 11 % der 14- bis 17-Jährigen).32

zu ergänzen ist die auflistung um den bereich der Belastungszunahme im schulischen Umfeld. die stetigen entwicklungen innerhalb der s chullandschaft (z. b verdichtung der schulintensität) führen u. a. dazu, dass die Lebenswelten von k indern und Jugendlichen vermehrt durch schulische maßstäbe beeinflusst werden und die zeit, über die sie frei verfügen können, stark zurückgegangen ist. diese veränderungen lösen spürbare belastungen für schüler/-innen aus: s o gaben z. b. 24 % der befragten der shell-studie 33 an, zusätzlich gefördert zu werden, z. b durch externe nachhilfeangebote. nach einer studie zu s chulstress des zentrum für a ngewandte Gesundheitswissenschaften berichtet jede/r dritte schüler/-in von regelmäßigen stress-symptomen wie einschlafproblemen, Gereiztheit, nervosität, niedergeschlagenheit, kopf- und bauchschmerzen 34 im e xtremfall kann das Gefühl, dem schulischen Leistungsdruck nicht standzuhalten, zu s chulangst und s chulverweigerung führen.

um mit der belastungszunahme umgehen zu können, sind sowohl die stärkung individueller ressourcen (z. b erlenen von bewältigungsstrategien, Förderung emotionaler und sozialer kompetenzen) sowie systemischer ressourcen (maßnahmen zur verbesserung des k lassenklimas, optimierung des schulsystems, schaffen von p artizipationsmöglichkeiten innerhalb des schulalltags) vonnöten.

Leistungen der Jugendarbeit:

→ a ngebote und maßnahmen zur gesundheitlichen bildung und erziehung (z. b h ygiene-, ernährungs-, Familienerziehung, a idsprävention)

→ sport- und bewegungsangebote

→ umweltbildung

→ aufklärung über arbeitsschutzrechtliche bestimmungen

→ vermeidung von (unfall-)Gefährdungen bei eigenen a ngeboten

→ a nbieten von treffmöglichkeiten und nichtkommerziellen Freizeitangeboten

→ p artizipationsangebote

→ aufklärung über die verschiedenen Gefährdungsmöglichkeiten sowie aufzeigen von alternativangeboten

→ Förderung eines kritischen Konsumverhaltens •

32 Robert Koch-Institut: Erste Ergebnisse der KiGGS-Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland, Berlin 2006

33 Shell-Jugendstudie 2010, Shell Deutschland, 2011

34 Institut für Psychologie und das Zentrum für angewandte Gesundheitswissenschaften (ZAG) der Leuphana Universität Lüneburg für die Deutsche Angestellten- Krankenkasse (DAK): Subjektive Gesundheitsbeschwerden von Schülern, Hamburg/Lüneburg 2010

22 Konkrete Gefährdungslagen und Leistungen der Jugendarbeit

Quellen

16. shell-Jugendstudie: Jugend 2010 –eine pragmatische Generation behauptet sich

bayerisches staatsministerium des inneren: verfassungsbericht 2011

bundesministerium für Gesundheit www.bmg.bund.de

die drogenbeauftragte der bundesregierung, bundesministerium für Gesundheit: drogen- und suchtbericht, mai 2012

medienpädagogischer Forschungsverbund südwest: Jim -studie 2011 – Jugend, information, (multi-)media

robert koch- institut: erste ergebnisse der k iGGsstudie zur Gesundheit von k indern und Jugendlichen in deutschland, berlin 2006

institut für p sychologie und das zentrum für angewandte Gesundheitswissenschaften ( zaG) der Leuphana universität Lüneburg für die deutsche a ngestellten- k rankenkasse (dak ): subjektive Gesundheitsbeschwerden von schülern, hamburg/Lüneburg 2010

Wagner, ulrike; brüggen, niels; Gerlicher, peter; s chemmerling, mareike: Wo der spaß aufhört … Jugendliche und ihre perspektive auf konflikte in s ozialen netzwerkdiensten. teilstudie des JFF – institut für medienpädagogik im p rojekt „ das internet als rezeptions- und p räsentationsplattform für Jugendliche“ im auftrag der bayerischen Landeszentrale für neue medien (bL m), münchen 2012

zentrum bayern Familie und s oziales, bayerisches Landesjugendamt: p räventiver k inder- und Jugendschutz, 2007

www.info-rechtsextremismus.de/index.php/home/ index.html

www.klicksafe.de

www.bpb.de/apuz/133386/zielgruppe-jugend-rechtsextreme-im-social-web?p=all

impressum

Herausgeber bayerischer Jugendring (kdör) vertreten durch den p räsidenten matthias Fack

Anschrift herzog- heinrich-straße 7 80336 münchen

Fon: 089/5 14 58-0 info@bjr.de www.bjr.de

Redaktion

Winfried pletzer dorothee dietz

Layout mellon design Gmbh, augsburg

Druck s enser druck Gmbh , augsburg

Titelbild © blueorange studio, shalamov –istockphoto

Stand a pril 2013 verabschiedet vom 142. hauptausschuss 22. bis 24. märz 2013, nürnberg

23 BJR Gesamtkonzept zum präventiven Jugendschutz

bayerischer Jugendring körperschaft des öffentlichen rechts herzog- heinrich-straße 7 80336 münchen

tel 089/51458-0 fax 089/51458-88 info@bjr.de www.bjr.de

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