DER ANDERMATTER – Winter 2017/2018

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Die bunt gekleideten Samichläuse sind typisch für Andermatt. The brightly coloured Santa Claus figures are typical for Andermatt.

In dunkler Nacht bahnen sich zwei eigenartige Gestalten ihren Weg vom Gurschenwald nach Andermatt. Sie tragen lange Bärte und Gewänder. Der eine ganz in Braun gekleidet mit grimmigem Gesicht, der andere mit von grauem Haar umrahmten Zügen, rotem Umhang und grossem Bischofshut. Ein Glöcklein erklingt bei jedem ihrer Schritte und eine Laterne schwingt im Takt mit. Wenige Schritte hinter den beiden folgen fünf ganz ähnliche Paare – allerdings mit blauem, grünem, gelbem, violettem und weissem Mantel. Es ist der 6. Dezember, kurz vor 18 Uhr. Der Weihnachtsmann, in der Schweiz «Samichlaus» genannt, und sein Gehilfe «Schmutzli» sind auf ihrem feierlichen Umzug durchs ganze Dorf. Gespannt werden sie in Andermatt von den Kindern erwartet. Auch die «Triichler» mit ihren Glocken stehen schon bereit,

um die Prozession zu begleiten. Mit ihnen warten einige Esel auf ihren Einsatz. Die Andermatterinnen und Andermatter säumen die Strassen und sind gespannt auf den Start des alljährlichen Spektakels. Der Samichlaus-Einzug ist ein Brauch für Jung und Alt, der die Weihnachtszeit einläutet.

Nüsse, Lebkuchen und Schokolade Das Fest zum Gedenken an den heiligen Nikolaus hat in katholisch geprägten Regionen eine lange Tradition. Bis ins beginnende 19. Jahrhundert gestaltete sich dieses aber noch ganz anders: Beim Klausjagen zogen nicht Samichlaus und Schmutzli, sondern eine verkleidete Schar mit Lärminstrumenten durch die Gassen. Sehr zum Widerwillen der Obrigkeit, die das Treiben als die Sitten verderbenden Mummenschanz immer wieder zu verbieten versuchte. Zu guter Letzt hatte sie damit Erfolg, worauf das Klausjagen, im Gegensatz zu anderen Orten der Inner- und Ostschweiz, in Uri vollkommen verschwand. Dafür entwickelte sich der Brauch ab 1900 hin zu seiner aktuellen Form, bei der die Kinderbescherung im Mittelpunkt steht. So besuchen ­Samichlaus und Schmutzli heute nach ihrem feierlichen Einzug die Familien im Dorf, loben die Kleinen für ihre guten Taten und tadeln ihre schlechten. Dann gibt es für jedes Kind ein Säckchen mit Nüssen, Lebkuchen und Schokolade. Gepflegt wird der Samichlaus-Brauch vielerorts in Uri von Vereinen, die sich dem Erhalt alter Traditionen verpflichten. In Andermatt ist es die St.-Nikolaus-Organisation mit zwölf ­Männern als Mitglieder – sechs Samichläusen und sechs Schmutzli. Bereits einige Wochen vor dem feierlichen Umzug sind sie im Dorf unterwegs, sammeln in allen Haushalten ­Spenden und notieren, wer sich Anfang Dezember einen Besuch vom Sami­chlaus und seines grimmigen Gefährten wünscht.

Laternenumzug der Jüngsten. Lantern procession with the youngest. 42


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