Die Reise nach Jerusalem

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Und dann steigen wir - same procedure as every year hinauf auf unsere Dachterrasse - dick in unsere Wintermäntel gehüllt - und prosten uns mit eigenem Champagner aus eigenen Gläsern auf das neue Jahr zu. Das Feuerwerk über München genießen wir kostenlos, wir wissen, daß unser Bett nur für uns reserviert ist und daß uns auch das Telefon nicht mit Neujahrswünschen stört. Denn alle denken ja, wir seien verreist... Wir haben bei einer dieser Gelegenheiten - der Weg zur Dachterrasse fürht

über den Boden des Hauses-

festgestellt, daß man da oben ein sehr gemütliches Studierzimmer einrichten könnte. Bloß wohin mit dem Krempel verflossener Jahre. Ich trenne mich schwer vom Ballast des Gewesenen , schließlich bin ich Krebs - und meine Freundin noch schwerer - schließlich ist sie- ich erwähnte es bereits - Stier. Und so kam es, daß sich unsere

jeweiligen

Vergangenheiten,

die

wir

nach

Möglichkeit nicht bei Vollmond und nicht nach dem Genuss von Rotwein erwähnen dürfen, sich auf unserem Boden ein nostalgisches Stelldichein geben. abgesehen

von

überzähligen

Gegenständen

Ganz der

gemeinsamen Vergangenheit, wenn sie auch noch relativ jung war: Ein defekter Rasenmäher war darunter, alte, von

mir

eigenhändig

herausgerissene

Türstöcke,

sorgsam, zur eventuellen Wiederverwendung, säuberlich gestapelte

Ziegelsteine

aus

dem

erwähnten

Mauerdurchbruch und zahllose Kartons - stumme Zeugen der regen Einkaufs- und Bestelltätigkeit meiner Freundin. Und all das zusammen war sehr platzraubend. Das sollte jetzt - so beschlossen wir in einem Anfall von Tollkühnheit- anders werden...


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