

Es ist spät. Draußen ist es dunkel und es regnet schon seit Stunden.
Fenya kann nicht schlafen. Sie lauscht dem Geräusch der Regentropfen, die gegen das Fenster prasseln. Manchmal klingt es ganz sanft, als ob tausend dünne Stecknadeln leise gegen die Scheibe klopfen würden. Dann wieder peitscht der Regen so hart gegen das Fenster, dass Fenya sich fragt, ob das Glas zerbrechen könnte.
Während sie den verschiedenen Geräuschen des Regens zuhört, kommt es Fenya vor, als ob sie die Regentropfen nicht nur außerhalb des Hauses hört, sondern auch in sich selbst.
Sie ist so versunken in ihr Erlebnis, dass sie kaum bemerkt, wie ihre Mutter ins Zimmer kommt.
„Schläfst du noch nicht, Schatz? Hält der Regen dich wach?“
„Mama“, fragt Fenya, „Wer ist es eigentlich, der die Regentropfen hört?“
„Was für eine seltsame Frage!“, antwortet ihre Mutter. „Schlaf jetzt, Liebling, es ist sehr spät.“

Am nächsten Morgen lugt die Sonne durch die Wolken.
Nach dem Frühstück gehen Fenya und ihr Vater im Park spazieren. Sie plaudern fröhlich miteinander, während sie an großen Eichen und einigen Ententeichen vorbeikommen.
Als sie sich auf einer Bank ausruhen, bemerken sie einen wunderschönen bunten Schmetterling, der ganz still auf einem Gänseblümchen sitzt. Fenya und ihr Vater beobachten ihn schweigend und nach einigen Minuten fragt Fenya:
„Papa, wer sieht den Schmetterling eigentlich?“
„Was für merkwürdige Fragen du stellst, Schatz!“, erwidert ihr Vater. „Komm, lass uns weiterlaufen.“



Am Nachmittag wartet Fenya auf ihre Freundin Sina. Die Mädchen wollen zusammen zum Reiterhof gehen.
Es ist nicht das erste Mal, dass Sina zu spät kommt, und Fenya ärgert sich. Doch während sie auf ihre Freundin wartet, fragt sie sich, wer ist es eigentlich, der sich ärgert?
Endlich kommt Sina und die Mädchen gehen los.
Als sie den Reiterhof erreichen, geht Fenya direkt zu ihrem Lieblingspferd Laila, das ihr freudig entgegenwiehert. Sie lehnt ihren Kopf an die warme Schnauze des Pferdes und atmet tief seinen vertrauten, starken Geruch ein. Wer ist es eigentlich, der Laila riecht?, fragt sie sich.
Und während Fenya das Pferd bürstet und streichelt, überlegt sie, wer fühlt eigentlich das weiche, glatte Fell von Laila?

