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Lichtspiele hinter Gleis 12  |  S. 41

Peter hatte Claire mittlerweile fest an der Hand genommen und beide rannten um ihr Leben durch das dichte Dickicht des Sumpfes. Der Schweiß rann ihnen den Körper herunter. Beide bekamen das Bild nicht aus dem Kopf, wie Richard einfach so vor ihnen geköpft wurde. Obwohl beide außer Atem waren, konnte Claire nicht aufhören zu schluchzen. Zum Glück hatte es Angelica am Mittag geschafft, den alten Jeep kurzzuschließen, um Hilfe zu holen. Bald würde die Rettung eintreffen. Das Gestrüpp schlug ihnen ins Gesicht. Plötzlich hörten sie wieder das Geräusch der wetzenden Klingen. Sie kauerten sich in einen Busch. Durch die Blätter erkannte Peter die dunkelgrünen Gummistiefel mit den Blutspritzern, die nun nur noch einen halben Meter entfernt von ihnen, durch den Schlamm stapften. Die Schritte stoppten. Peters Körper spannte sich an. Bereit um wegzulaufen. Doch dann lief die Kreatur weiter und mit ihr das metallische Schaben. Peter und Claire robbten sich nach hinten durch das Gebüsch hinaus. Sie drehten sich um und sahen, dass sie nun auf einer Lichtung standen, in dessen Mitte ein Baum stand. An diesem Baum hing der nackte, tote Körper von Angelica und an den Beinen hatten die Krokodile schon angefangen das Fleisch herunterzureißen … (Crocodile Cannibals, 1974)

Anfang der 80er Jahre erschien eine erneute Hiobsbotschaft für die Bahnhofskino-Branche. Die Videokassette wurde immer populärer. Und damit ergaben sich plötzlich für den AKI-Kunden ganz neue Möglichkeiten. Er konnte sich seine Schmuddelfilme nun ganz bequem in der Videothek ausleihen. Auch die Idee, das Programm auf Hardcore-Pornografie und extreme Splatter-Horrorfilme umzustellen, half den Kinos letztendlich nicht. Nach und nach mussten die Betreiber die Säle schließen. Der Deutschen Bahn kam dies natürlich sehr gelegen, da die versifften Lichtspielhäuser nicht mehr in das saubere und moderne Konzept der Hauptbahnhöfe passten. So kam es, dass in den 1990er Jahren nahezu alle AKIs und BALIs ihren Dienst einstellten und somit die Ära des Bahnhofkinos beendeten. Erst Jahre später rücken die Ästhetik und der Stil dieser Filmepoche langsam in das Bewusstsein der Menschen. Filme wie Ich – Ein Groupie (1970), Blutiger Freitag (1972), Blutgericht in Texas (1974), Nackt und zerfleischt (1980) oder Coffy – die Raubkatze (1973) sind heute ein paar der Klassiker, die dieses Genres auszeichnen. Regisseure wie Quentin Tarantino liefern auch einen entscheidenden Teil daran, dass der Stil des B-Movies nicht in Vergessenheit gerät. Fast ein halbes Jahrhundert haben die westdeutschen Bahnhofkinos die Filmlandschaft geprägt. Angefangen als harmloser Zeitvertreib, entwickelte sie sich zu verruchten Ecken der Bahnhöfe, bis sie schließlich ganz verschwanden. Trotz ihres Images als unzüchtige Orte sollten sie nicht in Vergessenheit geraten …


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