AUTO & Wirtschaft 11/2016

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MANAGEMENT

Wie fährt die Generation Y? Ist man wie ich in den 1980er- oder 1990erJahren geboren, so zählt man zu der Sorte Mensch, die gerne als Generation Y beschrieben wird. Doch wie fahren wir?

Für junge Menschen ist der Erwerb des Führerscheins nicht mehr so selbstverständlich, wie es früher einmal war

Von Elena Arpogaus

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ir sind die erste Generation, die mit einem Handy am Ohr aufwuchs, mit Computerspielen und dem alles und nichts umfassenden Internet. Nach dem Abschluss der Schule stand und steht uns eine grenzenlose Flut an Möglichkeiten offen: ein Jahr im Ausland, Studium, Ausbildung oder doch erst einmal jobben gehen. Dieses Angebot an Möglichkeiten wollen wir nicht nur für unsere berufliche Laufbahn nutzen, sondern auch dann, wenn es um Mobilität geht. Mit 18 Jahren den Führerschein machen und danach das eigene Auto fahren? Dieser Traum mag für Jugendliche in ländlicheren Regionen noch immer existieren. Doch selbst dort fährt längst nicht mehr jeder sein eigenes Auto. In den Städten und urbanen Regionen hat sich ein noch massiverer Wandel vollzogen: Einige meiner Freunde, die in der Stadt aufgewachsen sind, besitzen noch nicht einmal einen Führerschein. So gut wie keiner von ihnen fährt sein eigenes Auto. Zugleich steigt aber der Wunsch nach Mobilität; der Wunsch, die grenzenlosen Möglichkeiten auszunutzen, die uns heute geboten werden. Doch wie lässt sich das vereinbaren?

Flexibilität, Nachhaltigkeit und das gewisse Etwas In Zeiten des Klimawandels und einer vernetzten Welt werden die Aspekte der Umweltfreundlichkeit, einfachen Bedienbarkeit und einer flexiblen, unverbindlichen Nutzung von Mobilität groß geschrieben. Das Fortbewegungsmittel muss immer verfügbar sein, keine Verantwortung mit sich bringen, leicht zu bedienen sein und der Umwelt so wenig Schaden wie möglich zufügen. Hohe Ansprüche, auf die der Markt seit einiger Zeit versucht zu reagieren. Die Mitfahrgelegenheitsplattform Blabla Car boomt, ebenso die Branche der Fernbusanbieter. Die Bahn versucht mit Angeboten für junge Leute mitzuhalten und Carsharing-Unternehmen können ihr Glück kaum fassen. Besonders Letztere passen sich den Wünschen der neuen Generation von Autofahrern an, nutzen Smartphones

Elena Arpogaus (27) hat an der LMU München studiert und ist Master of Arts im Fach Geschichte

und neue Vernetzungsmethoden, um die Bedienbarkeit so einfach wie möglich zu gestalten. Oft reicht ein Download einer App und ein vergleichsweise unkompliziertes Anmeldeverfahren aus, um die Vorzüge des Autofahrens, ohne ein eigenes Fahrzeug zu besitzen, genießen zu können. Die Carsharing-Firmen werben mit einem coolen Image und der gewünschten Unverbindlichkeit: Parken wann und wo man möchte, keine Reparaturkosten, das Benzin und die Versicherung sind inklusive. Das Verhältnis von Kosten und Nutzen stimmt und gerade deshalb wächst die Zahl der User.

Unterordnen zum Preis der Flexibilität? Natürlich bringen diese Unverbindlichkeit und die Vielzahl der Möglichkeiten einen Nachteil: Man ist von ihnen abhängig, muss sich unterordnen. Das geparkte Carsharing-Auto könnte bereits fünf Minuten später von einem anderen Fahrer genutzt werden und befindet sich am anderen Ende der Stadt. Der Fernbus steht im Stau oder sein Fahrer muss eine Zwangspause einlegen, weil er den ganzen Tag unterwegs ist. In der U-Bahn verkünden die Anzeigen den dritten Oberleitungsschaden des Monats. Das sind die Momente, in welchen man sich wünscht, doch sein eigenes Auto fahren zu können; sein eigener Herr zu sein. Die Flexibilität bleibt plötzlich auf der Strecke. Von den vielen Möglichkeiten, die man zu haben scheint, bleiben schließlich zwei übrig: Entweder man wartet und passt sich den neuen Transportvarianten an oder man übernimmt eben doch die Verantwortung und legt sich fest – mit einem eigenen Gefährt. Die Hoffnung besteht, dass auch die Probleme der öffentlichen Verkehrsmittel und der Carsharing-Methoden immer besser an den Verbraucher angepasst werden. Das Interesse der Verbraucher, nicht nur jener der Generation Y, ist da; die Möglichkeiten sind es auch. •

AUTO & Wirtschaft • NOVEMBER 2016

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