Das Theater macht kaum noch Sinn Wie sich eine Idealistische Haltung im Laufe der Zeit geändert hat Am Anfang waren wir sehr blauäugig, idealistisch. Wir glaubten, genügend Ideen, Können und Engagement zu besitzen, um erfolgreich ambitioniertes Theater zu machen. Ehrlich: Wir hatten keinen Schimmer, auf was wir uns da einließen. Auch für uns galt der schöne Satz: „Die wollen doch nur spielen.“ Kann mir jemand sagen, wo man Theatermachen lernt? Ich meine als freier Künstler, der sich selbständig und ein Theater "auf"macht (gründet). Eigentlich rutscht man da so rein - und wird immer wieder aufs Neue überrascht. So war ich überrascht, als ich von meiner Bank ein Schreiben bekam, in dem sie die "Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse“ fordert, weil sie "als Ihr Geschäftspartner an der Entwicklung der wirtschaftlichen Situation interessiert" ist und "weil diese Informationen eine wichtige Basis für unsere finanzwirtschaftliche Beratung darstellen". Das Schreiben kommt mit schöner Regelmäßigkeit. Dabei kann das Theater gar keine Kredite aufnehmen, es kann nicht mal das Konto überziehen. Seit fast 20 Jahren weist der Etat so ziemlich die gleichen Zahlen auf (er ist niedriger als das Jahresgehalt zum Beispiel des Bonner Intendanten). Die geforderte Gewinnermittlung macht seit zehn Jahren das Büro, welches auch die Steuererklärung macht. Das Ergebnis wird von vier offiziellen Stellen geprüft. Dem Steuerberater, der das Theater als Klienten nahm, hatte mangels anderer vergleichbarer Einrichtungen keine Routine. Da wurde zum Beispiel gefragt. "Weshalb wollen Sie denn so viele Paar Schuhe absetzen? Und dann noch in unterschiedlichen Größen?" Es klang heraus, als würde die Theaterleitung einen privaten Schuhtick kaschieren. Die Gegefrage: "Wäre es nicht auffälliger, wenn als diese Schuhe meine Größe hätten." ließ ihn stutzen und dann lachen. Die Gagen der engagierten KollegInnen liefen jahrelang unter "Posten der Warenabgabe". Später mussten wir mühsam für sechs Jahre die Gagen herausrechnen – und sollten dabei auch noch wissen, welche Kollegen Mehrwertsteuer zahlen und welche nicht. Wir haben das nie verstanden. Wir haben überhaupt vieles nicht verstanden. Zum Beispiel: Wieso wir für die engagierten KollegInnen, die als Freie die KSK-Mitgliedschaft hatten, auch in die Bayerische Versorgungskammer einzahlen mussten. Überhaupt das Meldesystem für die Bayerische - da wäre fast eine eigene 400-Euro-Kraft nötig. Wir haben aber überhaupt keine Bürokraft. Das macht die Theaterleiterin, die auch Regie führt, spielt, die Finanzen verwaltet und auch sonst Dinge tut, welche keine(r) der bei uns engagierten KünstlerInnen tut. Das alles ist ja längst kein Geheimnis mehr. Schrieb doch die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages „Kultur in Deutschland vom Dezember 2007 in ihrem Schlussbericht unter anderem: "Freie Theater finanzieren ihre Arbeit zu einem großen Teil über 'Eigenmittel'. Dazu zählen Sachleistungen jeglicher Art wie Arbeitszeit, Räume und Grundausstattung. Freie Theaterkünstler übernehmen oft mehrere Theaterfunktionen in Personalunion. Grund dafür sind auch die zumeist nicht ausreichende Grundfinanzierung der laufenden organisatorischen Theaterarbeit wie Mittel- und Auftragsakquisition sowie Buchhaltung und Finanzwesen. Deshalb mangelt es im organisatorischen Bereich dem Freien Theater oft an Know-how und qualifiziertem Personal. Doch selbst mit dem Einsatz dieser 'unbezahlten Arbeit' und den begrenzten Einnahmen wie Eintritt lässt sich die Finanzierungslücke Freier Theaterarbeit nicht schließen." Aber - und jetzt kommt die Warnung an alle, die mit dem Gedanken spielen, ein Theater zu gründen - bei aller Selbstausbeutung bleibst Du für die Künstlersozialkasse (KSK) als Theatermacher ein Unternehmer. Und wenn Du das nicht weißt, hat eine Betriebsprüfung, von der Du dachtest, Du würdest die glatt überstehen, weil Du alles korrekt gemacht hast, eine böse