Radius Bauen & Sanieren 2024

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16 Nr. 1/2024

AKTUELL

„ENKELTAUGLICH“ BAUEN Ti b

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atsächlich stammt die „Nachhaltigkeit“ aus der Waldwirtschaft. Der Begriff erklärt das Prinzip, weniger Holz zu schlagen, als wieder nachwachsen kann – mit dem Ziel, den Wald als grüne Lunge auch für die nachfolgenden Generationen zu erhalten. Beim Bau, sagt Heidi Felderer, umfasse das Thema weit mehr als die Verwendung von Holz als nachwachsendem Rohstoff. „Wenn wir von nachhaltigem Bauen sprechen, meinen wir insbesondere einen möglichst kleinen sogenannten CO2-Fußabdruck, der hinterlassen werden soll. Es geht also darum, mit möglichst geringem Ressourcenverbrauch zu bauen und zu wohnen.“ „Denn“, das räumt die Unternehmerin ein, „die Bauwirtschaft hat insgesamt einen erheblichen Anteil an den Treibhausgasen, die in die Atmosphäre gelangen. Und hier muss ein Umdenken stattfinden.“ Lieber als den

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Weg vom Standarddenken beim Bauen und Sanieren! Der Begriff Nachhaltigkeit ist längst auch in der Bauwirtschaft angekommen. Doch was bedeutet es eigentlich, nachhaltig zu bauen? Geht es dabei nur darum, fossile Energieträger zu vermeiden? Keineswegs, sagt Heidi Felderer. Die Bauunternehmerin aus Eppan hat mit ihrem Team bereits eine Reihe von Bauten im Sinne der Nachhaltigkeit realisiert.

„ES GEHT DARUM, MIT MÖGLICHST GERINGEM RESSOURCENVERBRAUCH ZU BAUEN UND ZU WOHNEN.“ H EI D I F E L D E R E R , BAU U N T E R N E HM E R I N

Begriff „nachhaltig“ verwendet Heidi Felderer daher das Wort „enkeltauglich“: „Wir wollen, dass unsere Nachkommen auf dieser Welt noch gut und gesund leben können. Dazu bedarf es einer Auseinandersetzung mit den eigenen Bedürfnissen und den möglichen Bedürfnissen der künftigen Generationen, und zwar lange vor dem Bau- oder Sanierungsbeginn.“ Was brauchen wir wirklich?

Grundsätzlich bedeutet das, bestimmte Gewohnheiten, Standards und Vorschläge zu hinterfragen. Zum Beispiel das Thema Wohnfläche. „Früher galten 110 Quadratmeter als Standard für eine

etwa vierköpfige Familie. Das war auch in Ordnung so. Allerdings wurde nie die Frage gestellt, ob dieser Bedarf für alle Familien angemessen ist.“ Diese 110 Quadratmeter hätten sich einfach in den Köpfen festgesetzt und würden zum Teil auch heute übernommen. Heidi Felderer rät Bauherren und Bauherrinnen hingegen, aus dem Standarddenken auszubrechen und sich ganz konkret zu fragen: Was brauchen wir wirklich? Muss es zum Beispiel eine Speisekammer sein? Wer nutzt überhaupt ein Tages-WC, das früher ganz selbstverständlich vorgesehen wurde? Auch das klassische Argument „Aber wenn Gäste kommen …?“ sei mit der Frage zu kombinieren: Wie oft im Jahr kommt das wirklich vor? „Vieles von diesem Standarddenken erweist sich in der Praxis als relativ“, sagt die erfahrene Bauunternehmerin. Deshalb sei die Planung von Haus oder Wohnung ganz individuell anzugehen. „Am Ende stellt sich vielleicht heraus, dass man an Grundfläche und damit an Umwelt- ebenso wie an finanziellen Ressourcen sparen kann.“ Oder die etwas höheren Kosten für umweltrelevante Materialien würden durch wirtschaftliche Planung wieder hereingeholt. Heidi Felderer kann es durchaus nachvollziehen, wenn sich jemand aus Kostengründen für weniger nachhaltige Materialien entscheidet. „Aber zumindest hat man heutzutage die Wahl.“ Und in der Regel sei enkeltaugliches Bauen eine sehr bewusste Entscheidung.


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