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Politik trifft Straße

Am Fernroder Tunnel, wo einst die Keimzelle von Asphalt lag, endet der Rundgang – mit Applaus. TeilnehmerInnen waren unter anderem: Michaela Michalowitz (CDU), Yasmin Fahimi, Steffen Krach, Adis Ahmetovic (SPD), Katharina Wieking und Knut Gerschau (FDP), Frauke Patzke (Grüne), Hans-Herbert Ulrich (Die Linke), Juli Klippert, Jens Bolm ( Die Partei) sowie Reiner Budnick, Thomas Ganskow, Adam Wolf (Piraten).

führt die Politprominenz überall hin. Für viele ist es das erste Mal so nah. Für andere wie Juli Klippert (Die Partei) und Vize-Regionspräsidentin Michaela Michalowitz ist es ein inneres Bedürfnis immer wieder Flagge zu zeigen. Sie kennen sich mit der Hilfelandschaft schon gut aus.

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Ist diese Verdichtung gut oder schlecht? Sollte man das entzerren, wie manche Medien und Menschen derzeit meinen? In Gesprächen am Rande des Rundgangs haken wir nach. Ja, die Wohnungslosen-, Trinker-, Junkie- und Crackszenen mischen sich derzeit, das bekommen die TeilnehmerInnen erzählt und live und in Tristesse vor Augen geführt, als die Crackpfeifen zum Beispiel am Raschplatz ungeniert kreisen und andere auf den Stufen frühmorgens schon dämmern. Aber ist das aktuell so viel beschworene Entzerren die Lösung? Die Menschen zwischen demnächst weiter entfernten Hilfeeinrichtungen »auf Wanderschaft zu schicken, quasi in Wallung zu halten« dürfe nicht die Strategie sein. »Das löst kein einziges Problem«, legt sich SPD-Mann Adis Ahmetovic fest.

Verlassen wirkt Szenia, die Anlaufstelle für obdachlose Frauen, an diesem Vormittag. Kein Kundinnenverkehr. Gleichwohl ist sich die Politik hier weitgehend einig: »Es gibt noch zu wenig Angebote für Frauen,« sagt Grünen-Frau Frauke Patzke. Die Region finanziert heute schon einen Großteil der Tagestreffs. Wird man in Zukunft mit mindestens einem weiteren rechnen dürfen? »Muss man prüfen.« »Es braucht in jedem Fall mehr taugliche Unterkünfte«, sagt Thomas. »Viele Obdachlose wollen nicht in den teils unwürdigen Massenunterkünften sein, da bleiben sie lieber draußen.« Das war bei ihm seinerzeit kaum anders. Pirat Adam Wolf und Hans-Herbert Ulrich von den Linken fordern denn auch unisono die sofortige Schließung der Unterkunft Alter Flughafen.

Der Rundgang endet am Fernroder Tunnel. Irritiert zeigen sich einige PolitikerInnen von dem enorm teuren aber höchst untauglichen Wetterhäuschen inmitten des Vorplatzes zum Stellwerk. »Irgendwie Schilda«, sagt jemand. Für Thomas gibt es Dank, Applaus und Asphalt-Kauf. Wie viele Zeitungen pro Verkäufer monatlich verkauft werden, fragt Knut Gerschau. Nicht mehr als 100, weil die starren Regeln der Zuverdienste bei Hartz IV ein Motivationskiller sind, antworten wir. Ab 100 Euro bleiben von jedem weiteren verdienten Euro gerade mal 20 Cent, der Rest geht ans Jobcenter. »Das nehme ich mit, das muss man ändern«, sagt FDP-Mann Gerschau. Wäre gut. Volker Macke | Fotos: Selim Korycki

Am Spielplatz bricht das Eis.

Eloquent und kenntnisreich berichtet Thomas, während hinter ihm die Crack-Pfeifen kreisen.

Plakate gegen Gleichgültigkeit

Hannover. Eine Bank mit einem liegenden Menschen, ein Spruch, eine Erläuterung: 1.000 Plakate haben AktivistInnen in Hannover an Verteilerkästen, Wände und Kübel geklebt. 2.000 weitere sollen in den nächsten Tagen folgen. Die Plakate sollen aufmerksam machen auf ein Thema, das in den Sommermonaten vielfach aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwindet.

Obdach- und Wohnungslosigkeit. Die Initiatoren rund um die Betroffeneninitiative »armutstinkt« und den Arbeitskreis Kritische Sozialarbeit wollen mit der Plakatkampagne den Druck auf Stadt, Region und Wohlfahrtsverbände erhöhen. Die aktuellen Zustände seien unerträglich. Besserung müsse nicht immer teuer sein. Beispielsweise koste ein Platz in einer Unterkunft nicht weniger als ohnehin der Hartz-IV-Satz für eine Belegrechtswohnung. Am 11.9. ist bundesweit der offizielle »Tag der Wohnungslosen«. Auch viele Tagestreffs und Hilfeeinrichtungen, die an diesem Samstag eigentlich geschlossen sind, wollen öffnen und sichtbar Zeichen setzen. Und für 13 Uhr ist eine Demonstration am hannoverschen Raschplatz angemeldet. »Wir werden so lange laut, fordernd und unbequem sein, bis sich an den unwürdigen Zuständen in unserer Stadt substanziell etwas ändert«, heißt es seitens der Demo-AnmelderInnen, »Aussitzen ist keine Option«. MAC

Fotos: V. Macke

Herberge zeigt Hilfe

Hildesheim. Mit einer Wanderausstellung »Zuhause« will die Herberge zur Heimat auf Menschen von der Straße aufmerksam machen und gleichzeitig ihre schon 141 Jahre währende Arbeit präsentieren. Denn: »Zuhause ist für uns als Wohnungslosenhilfe natürlich immer ein großes Thema, aber besonders jetzt zur Pandemiezeit, hat das Thema für alle Menschen eine neue Bedeutung bekommen«, so Geschäftsführerin Daniela Knoop. Die Ausstellung mit großformatigen Porträts und digitalen Hintergrund-Clips ist erstmalig am 3. und 4. September auf der Wiese vor dem TfN/Ecke Gartenstraße zu sehen. Die Eröffnung mit Grußworten von Oberbürgermeister Ingo Meyer ist für den 3.9. um 14 Uhr geplant. Weitere Ausstellungstermine waren bis Redaktionsschluss noch nicht bekannt. MAC

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