Salzburger Netzwerk gegen Armut und soziale Ausgrenzung
Tag der Arbeitslosigkeit 2017: Entwicklung der Arbeitslosigkeit im Bundesland Salzburg 2004 - 2016
1
Daten und Fakten zur Entwicklung der Arbeitslosigkeit im Bundesland Salzburg zwischen 2004 und 2016 1) Entwicklung Arbeitslosigkeit – Jahresdurchschnittswerte Tabelle 1a 1 Entwicklung der Arbeitslosigkeit gesamt, Jahresdurchschnitt betroffene Personen und relative Arbeitslosenquote. 18000 16000
14.672
14000 12000
20,0
15.450 14.870
18,0 16,0
12.733 11.810
14,0
10.720
12,0
9.752
10000
10,0 8000
8,0
6000
6,0
4000
4,0
2000 0
2,0 5,1
5,1
4,5
4,0
3,9
5,1
4,7
4,5
4,7
5,1
5,7
5,9
5,6 0,0
2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
Wie man aus Tabelle 1a gut erkennen kann, ist zwar die relative Arbeitslosenquote halbwegs stabil geblieben (von 5,1 % 2004 auf 5,6 % im Jahr 2016), die absolute Anzahl jener Personen allerdings, die als arbeitslos registriert wurden, lässt einen klaren Aufwärtstrend erkennen. Waren 2004 noch durchschnittlich 11.810 Personen von Arbeitslosigkeit betroffen, so stieg dieser Wert im Jahr 2016 auf bereits 14.870, eine Steigerung von fast 26 %. Dass die relative Arbeitslosenquote nur sehr verhalten ansteigt, liegt daran, dass auch das Arbeitskräftepotential, also die Anzahl der durchschnittlich Beschäftigten pro Jahr stark ansteigt:
1
Arbeitsmarktdaten aus der AMS-Online Datenbank: http://iambweb.ams.or.at/ambweb/
2
Tabelle 1b: Anstieg durchschnittlich Erwerbstätige pro Jahr 270.000 260.000 250.000 240.000
234.902
232.287
234.904
242.905
243.940
244.646
2012
2013
2014
246.950
250.157
238.625
230.000 220.000 210.000 200.000 2008
2009
2010
2011
2015
2016
Berücksichtigt man noch zusätzlich jene Personen, die sich in einer Schulungsmaßnahme befanden, ist die Steigerung nochmals deutlicher (+ 30 %), wie Tabelle 1c zeigt. Unter Berücksichtigung der SchulungsteilnehmerInnen waren 2016 insgesamt durchschnittlich 17.580 Personen betroffen. Personen in einer Schulungsmaßnahme sind von 2004 (1.756) auf 2017 (2.710) um mehr als 50 % angestiegen (54,3 %). Tabelle 1c Entwicklung Arbeitslose insgesamt + SchulungsteilnehmerInnen 20000 18000 2.972
16000
12000
1.756 1.963
2.710
2.842
2.709
14000
2.886
3.041
2.872
2.696
2.396 2.138 1.941
10000 8000 6000 4000 2000
11.810 11.947 10.720 9.752 9.759 12.733 11.480 11.242 11.894 13.114 14.672 15.450 14.870 0 2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
3
Betrachtet man nun die Steigerung der Arbeitslosigkeit nach dem Kriterium des Alters, erkennt man deutlich, dass es bei den Jüngeren (hier: bis 24) zwar eine schwankende Anzahl an Betroffenen, im Zeitverlauf es aber keinen nennenswerten Anstieg gibt. Anders bei jenen, die zu den 50 +-Arbeitslosen zu rechnen sind. Seit der Finanzkrise steigen die Betroffenheitswerte älterer Arbeitsloser deutlich an. Waren im Jahr 2004 noch durchschnittlich 1.848 Personen, die älter als 50 Jahre sind, von Arbeitslosigkeit betroffen, so hat sich dieser Wert bis 2016 mehr als verdoppelt (auf exakt 4.126 oder + 223 %). Tabelle 1d: Entwicklung durchschnittlich von Arbeitslosigkeit betroffen pro Jahr / nach Alter (bis 24 rote Linie / 50 + grüne Linie) 4.500
4.126
4.000
3.691
3.500 3.000
2.680 2.399
2.500 2.000
2.197 1.848
2.268 1.904 1.989
2.163
1.500 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
Und auch die Langzeitarbeitslosigkeit älterer Arbeitsloser (50 +) hat sich in den letzten 3 – 5 Jahren deutlich erhöht, wie aus Tabelle 1d erkennbar ist. Waren im Jahr 2004 noch 151 ältere langzeitarbeitslos, so lag dieser Wert 2016 bereits bei 637, ein Anstieg von mehr als 400 % (exakt: 421,9 %). Bei jüngeren Arbeitslosen spielt Langzeitarbeitslosigkeit eine geringere Rolle. Tabelle 1e: Entwicklung Langzeitarbeitslosigkeit (1 Jahr und länger) nach Alter (50 + / grüne Linie bzw. bis 24 / rote Linie); Jahresdurchschnittswerte 700
637
600 500
435
400 300 200
151
211
132 118 93 96 10 19 8 7 0 6 6 6 5 4 4 4 4 3 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
100
4
Und: Arbeitslosigkeit betrifft nicht nur jene, die ihre Arbeit verloren haben (oder den Einstieg ins Arbeitsleben gar nicht erst geschafft haben), sondern auch die weiteren Familienmitglieder. Im Jahr 2015 bezogen insgesamt 5.737 von Arbeitslosigkeit Betroffene einen Familienzuschlag (oder 28,5 % der durchschnittlichen Arbeitslosenzahlen).
Dass Arbeitslosigkeit und Bildungsstatus eng korrelieren, ist weder neu noch Ăźberraschend. Lediglich bei Personen mit maximal Pflichtschulausbildung ist der relative Anteil an Langzeitarbeitslosen hĂśher (49,1 % vs. 40,7 %) als bei der Gesamtheit an von Arbeitslosigkeit betroffenen Personen pro Jahr, wie Tabelle 1f zeigt.
Tabelle 1f: Langzeitarbeitslosigkeit und Bildung. Vergleich Anteil Arbeitslose pro Jahr insgesamt und Langzeitarbeitslosigkeit nach Bildungsstatus
> 1 Jahr Akademische Ausbildung Hoehere Ausbildung Mittlere Ausbildung Lehrausbildung Pflichtschulausbildung
Insgesamt
6,2% 7,2% 9,4% 11,1% 4,7% 5,4% 30,2% 34,9% 40,7%
49,1%
5
2) Entwicklung Arbeitslosigkeit – Betroffenheitswerte gesamt Nochmals deutlicher wird die steigende Arbeitslosenproblematik, wenn man sich jene Personen vor Augen führt, die zumindest 1 Tag pro Jahr von Arbeitslosigkeit betroffen waren. Der Blick richtet sich hier also nicht auf den Durchschnittswert, sondern auf die Gesamtheit der pro Jahr von Arbeitslosigkeit betroffenen Personen. Tabelle 2a: Gesamtzahl von Arbeitslosigkeit Betroffener pro Jahr (mindestens 1 Tag p. a.) 58.000 55.354
56.000 53.747
54.000
50.000 48.000
49.211 48.240 47.731
55.015
52.935 50.998
52.000
56.131
50.163
51.085
46.744 46.664
46.000 44.000 42.000 40.000 2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
Insgesamt 55.000 Personen waren im Jahr 2016 zumindest einen Tag von Arbeitslosigkeit betroffen. Bei insgesamt 250.157 unselbständig Beschäftigten (Jahresdurchschnittswert) im Jahr 2016 betrifft dies immerhin mehr als jede/r 5. Arbeitnehmer/in im Bundesland Salzburg. Seit 2004 ist dies ein Anstieg von etwas mehr als 15 %. Und auch ein Blick auf das „Volumen“ der Arbeitslosigkeit, also gemessen an den einzelnen Tagen, die die mehr als 55.000 Betroffenen in Arbeitslosigkeit verbrachten, ist eine deutliche Steigerung zu verzeichnen, wie Tabelle 2b zeigt.
6
Tabelle 2b: Volumen der Arbeitslosigkeit in Tagen 7.040.000
5.607.068 6.040.000 5.040.000 4.414.073 4.040.000 3.040.000 2.040.000 1.040.000 4.135.337
4.858.893
4.275.990
4.951.340
40.000 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
Gab es 2004 noch 4,4 Mio. „arbeitslose“ Tage, so lag dieser Wert 2016 bereits bei mehr als 5,6 Mio. Tagen, ein Anstieg um immerhin fast 13 %. Dies führt zu einer weiteren Betrachtung, nämlich der durchschnittlichen Gesamtdauer der Arbeitslosigkeit pro Person und Jahr (gerechnet Volumen durch Anzahl der Personen, die von AL betroffen sind): Waren dies im Jahr 2004 noch knapp 93 Tage, so stieg dieser Wert im Jahr 2016 bereits auf 102 Tage, eine Steigerung von beinahe einer Kalenderwoche.2 Diese steigende „Betroffenheit“ von Arbeitslosigkeit korreliert allerdings auch mit einer starken Dynamik auf dem Arbeitsmarkt insgesamt.3 So waren im Jahr 2010 weniger als 50 % der Beschäftigten des Jahres 2005 noch beim selben Arbeitgeber beschäftigt, 28 % waren gar nicht mehr in Salzburg in Beschäftigung. Und: Arbeitsverhältnisse mit geringer Erwerbstintegration (weniger als 50 % Arbeitspensum) nehmen relativ stärker zu als jene mit hoher Erwerbsintegration (mind. 90 % Arbeitspensum). Ein besonderes Problem betrifft die Verfestigung von Arbeitslosigkeits-Lagen, also der Trend in Richtung Langzeitarbeitslosigkeit (nicht Jahresdurchschnittswerte!).
2
Im Vergleich dazu beträgt die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit 85 Tage. Vgl. FH Salzburg: Salzburg 2025.Szenarien regionaler Wirtschaftsentwicklung und gesellschaftlicher Rahmenbedingungen. S. 402 3
7
Folgende Tabelle 2c zeigt den seit 2013/14 stark steigenden Trend in Richtung Langzeitarbeitslosigkeit (mind. 1 Jahr lang arbeitslos), eine Steigerung seit 2004 von 780 auf 2.664 12 Jahre später, oder + 340 %! Tabelle 2c: Anteil an von Langzeitarbeitslosen Betroffenen pro Jahr insgesamt (> 365 Tage) 3.000
2.664 2.500
2.263
2.000
1.336
1.500
1.000
780 589
500
742 485
465
443
2006
2007
2008
918
814 616
709
0 2004
2005
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
Von den 2.666 pro Jahr von Langzeitarbeitslosigkeit betroffenen Personen4 im Bundesland Salzburg waren 2.010 InländerInnen und 656 Personen AusländerInnen, was einem Anteil von knapp 25 % entspricht. Damit liegt dieser relative Anteil von AusländerInnen an Langzeitarbeitslosen unter jenem Anteil bei der Gesamtzahl an von Arbeitslosigkeit Betroffenen (31,2 %).
Ein weiterer Blick auf die Entwicklung der Arbeitslosigkeit bietet Tabelle 2d. Betrachtet man wiederum jene Personen, die pro Jahr zumindest einen Tag von Arbeitslosigkeit betroffen waren, dann sieht man, dass es bei InländerInnen mit eine konstante Entwicklung gegeben hat (+ 1 %), dafür bei AusländerInnen einen deutlichen Anstieg (+ 69 %). Das Plus bei der Betroffenheit von Arbeitslosigkeit geht fast ausschließlich auf das Konto von Nicht-ÖsterreicherInnen.
4
Die leicht voneinander abweichenden Zahlen finden sich auch in den offiziellen Statistiken wieder.
8
Tabelle 2d: Entwicklung der Anzahl von Arbeitslosigkeit Betroffenen pro Jahr – In- und AusländerInnen 45.000
41.496 37.800
40.000 37.555
38.470
37.943
36.187
37.897
35.000 30.000 25.000
17.185
20.000 15.000
10.621
10.176
10.567
12.336
14.525
12.263
10.000 5.000 0 2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
31 % der von Arbeitslosigkeit pro Jahr betroffenen Personen waren im Jahr 2016 demnach Nicht-ÖsterreicherInnen (31,2 %), also 17.185 von insgesamt 55.082. Die Entwicklung nach Geschlecht ist eine ähnliche. Tabelle 2e: Entwicklung – Von Arbeitslosigkeit betroffene Personen pro Jahr nach Geschlecht (helle Balken – Männer; dunkle Balken – Frauen). 35.000 30.000
31.253
31.291
31.069 28.736
27.176
26.969
25.000
20.000
15.000
24.066
22.352
22.680
23.764
21.273
20.555
10.000
5.000 0 2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
9
3) Arbeitslosigkeit und Armut Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung sind in Österreich nicht existenzsichernd, dies auch aufgrund der Tatsache, dass sich Leistungen (Arbeitslosengeld, Notstandshilfe) primär am davor lukrierten Erwerbseinkommen orientieren (55 % Nettoersatzrate bei ALG). Existenzsichernde Elemente bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe sind nur äußerst ungenügend gesetzlich verankert. So lag das durchschnittliche Arbeitslosengeld pro Tag im Jahr 2016 im Bundesland Salzburg bei € 31,1, die durchschnittliche Höhe der Notstandshilfe bei € 24,90 (ohne Familienzuschläge). Insgesamt lag also der Tagsatz bei durchschnittlich € 29,00 (ALG + NH). Im Vergleich zur aktuell gültigen Armutsgrenze (€ 1.163,00) klafft somit eine deutliche Lücke. Dividiert man die Armutsgrenze durch 30, um einen „Tageswert“ zu erhalten, ergibt dies einen Wert von € 38,80, also deutlich über den Werten der Leistungen der Arbeitslosenversicherung. Die Differenz beträgt fast € 10,- pro Tag! Tabelle 3a: Entwicklung Tagsatzhöhen Arbeitslosengeld und Notstandshilfe im Vergleich zur (täglichen) Armutsgrenze 40,0 35,0 30,0 25,0 20,0 15,0
28,3
30,0
29,8
30,4
32,4
34,1
35,1
35,8
36,3
36,3
38,7
38,8
38,8
10,0 5,0 0,0
22,5 2004
22,8 2005
23,2 2006
23,7 2007
24,3 2008
ALG + NH
25,6
26,1
2009
2010
NH
ALG
26,4 2011
26,8
27,3
2012
2013
27,8 2014
28,2 2015
29,0 2016
Armutsgrenze
Lesehilfe: die angegebenen Werte sind die Durchschnittswerte von ALG + Notstandshilfe (blaue Balken) und die jeweilige Armutsgrenze / 30 (graue Balken). Die Armutsgrenze für 2016 entspricht jener von 2015, da für 2016 noch keine aktuelle Daten vorliegen.
10
Und mit Blick auf die Entwicklung der durchschnittlichen Tagsätze (ALG + NH) und die sog. „Armutslücke“ zeigt sich, dass die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung im Zeitverlauf immer weniger dazu beitragen, die finanzielle Armutsgefährdung auszugleichen. Tabelle 3b: Armutslücke: Anteil der durchschnittlichen Tagsatzhöhe als relativer Anteil an der jeweiligen Armutsgrenze. 85,0% 80,0%
79,6%
78,0% 75,1%
73,8%
75,0%
74,8%
70,0% 65,0% 60,0% 55,0% 50,0% 2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
Und 8 % der erwerbstätigen Bevölkerung in Salzburg (18.000 Personen) weisen lt. offizieller Armutserhebung „keine oder eine nur geringe Erwerbseinbindung“ auf (max. 20 % des möglichen Arbeitsvolumens). D. h. es gibt zahlreiche weitere Haushalte, die u. U. geringfügig in den Arbeitsmarkt eingebunden sind, und dennoch als armuts- oder ausgrenzungsgefährdet gelten. Und natürlich sind Arbeitslose in allen Analysekategorien der Armutserhebung relativ stärker betroffen als jene, wie folgende letzte Übersicht verdeutlicht. Tabelle 3c: Vergleich Teilhabe und Deprivation (nach EU-SILC 2015)
Keine Möglichkeit, unerwartete Ausgaben zu tätigen Mit Zahlungen im Rückstand Kein Urlaub leistbar Kein Internet leistbar Schlecht / sehr schlechter Gesundheitszustand Überbelag
Bevölkerung gesamt 23 %
Arbeitslos 64 %
5% 17 % 3% 6%
26 % 46 % 8% 18 %
6%
16 % 11
Zusammenfassung: Arbeitslosigkeit betrifft immer mehr Menschen es kommt zu einer Verlängerung der Arbeitslosigkeits-Dauer und zu einer Verfestigung bei immer mehr Betroffenen (Langzeitarbeitslosigkeit) vor allem bei älteren Arbeitslosen nehmen die Zahlen deutlich zu Arbeitslosigkeit verringert soziale Teilhabe deutlich und Arbeitslosigkeit führt deutlich häufiger in Armut als bei jenen, die ein Erwerbseinkommen lukrieren. Die Leistungen der Arbeitslosenversicherung sind nicht existenzsichernd.
Das Salzburger Netzwerk gegen Armut und soziale Ausgrenzung wird aus Mitteln des Landes Salzburg unterstützt.
12