Douglas Bostock, ein charismatischer Dirigent Eine Laudatio von Oliver Schnyder Beim Gedanken an meine lange musikalische
verneinte und antwortete, Räto Tschupp hätte
Freundschaft mit Douglas Bostock spielt die
mich seit meinen Jugendjahren jedes zweite
Erinnerung ans erste Zusammentreffen eine
Jahr wieder eingeladen. «Fein, das halten
entscheidende Rolle. Ich verdankte es Räto
wir weiter so», gelobte er; ein Versprechen,
Tschupp, meinem frühen Förderer und väterli-
dem ich kaum grösseren Glauben schenkte
chen Freund. Dieser war noch immer Chef-
als den üblichen freundlichen Beteuerungen,
dirigent des damaligen Aargauer Symphonie
die man als reisender Musiker von Intendan-
Orchesters, als er mich im Jahr 2000 – ich
ten- und Dirigentenseite oft hört. Doch bald
lebte damals studienhalber in den USA – an-
merkte ich, dass Douglas kein Mann der gros-
rief und einlud, in der Saison 2001/02 mit dem
sen Worte, sondern einer der Tat ist: Mit kei-
Orchester Beethovens B-Dur-Konzert zu spie-
nem anderen Dirigenten, mit keinem ande-
len. Zwar wusste er bereits, dass er bis dahin den Chefdirigentenstab abgegeben haben würde, ging aber
«Douglas Bostock ist eine der 6FKO VVHOÀJXUHQ I U PHLQH künstlerische Entwicklung.»
davon aus, für ein Gastspiel
ren Orchester spielte ich seither häufiger als mit ihm und seinem argovia philharmonic. In rund 25 Konzerten führten
nach Aarau zurückzukehren. Obwohl es dazu
wir Werke für Klavier und Orchester von Mo-
nicht kam, verblieb mein Name dennoch in
zart (KV 271, 467), Beethoven (Nr. 2 und 4),
der Saisonplanung und wurde dem designier-
Mendelssohn (g-Moll), Brahms (d-Moll), Saint-
ten Nachfolger untergejubelt. Räto bedauerte,
Saëns (Nr. 2, 5 und «Wedding Cake») und
mich nicht beim ASO dirigieren zu können,
Rachmaninoff (c-Moll und Paganini-Rhapso-
und engagierte mich für ein Mozart-Konzert in
die) auf. Das wunderbare Klavierkonzert von
der Tonhalle mit der Camerata Zürich (der er
Britten kommt im März 2019 hinzu.
ebenfalls als Chef vorstand). Doch auch dazu
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kam es nicht wie geplant: Mit Rätos unerwar-
Wie sein Vorgänger Räto Tschupp wurde
tetem Tod im Februar 2002 wurde aus mei-
Douglas Bostock zu einem wichtigen musika-
nem Zürcher Auftritt am 16. März 2002 ein
lischen Weggefährten und gleichsam zu einer
Gedenkkonzert unter Marc Kissoczys Dirigat
Schlüsselfigur für meine künstlerische Ent-
(der dann den verwaisten Chefposten über-
wicklung. Sein Vertrauen, seine Wertschät-
nahm). Das Bemerkenswerte war: Am Morgen
zung und Treue brachten mir nicht nur einen
des gleichen Tages stand meine erste Probe
höchst anregenden und produktiven künstle-
mit Beethoven zusammen mit dem ASO un-
rischen Austausch ein, sondern machte mich
ter Douglas Bostock an. Ich musizierte also
nebenbei zu einem Kronzeugen der rasanten
binnen Stunden mit beiden Nachfolgern
Entwicklung, die das Orchester unter seiner
Tschupps. Fast schien es mir, als spiele das
starken Anleitung vom ersten Tag an einge-
Schicksal nach Rätos Dirigierstab.
schlagen hatte.
Douglas begrüsste mich mit seiner herzlichen
Als charismatischer Dirigent auf der Bühne,
Art. Beim Plaudern in der Probepause wollte
umsichtiger Orchestererzieher, weitsichtiger
er wissen, ob dies mein ASO-Debüt sei. Ich
künstlerischer Planer und geduldiger, aber
Laudatio von Oliver Schnyder