Der Schweizer Stiftungsreport 2016

Page 53

V. THEMEN UND TRENDS

Gastbeitrag von Marc Baumann, Unternehmer und Rechtsanwalt, Invethos AG

DER ERSTE SOCIAL IMPACT BOND DER SCHWEIZ Im Herbst 2015 wurde der erste Social Impact Bond der Schweiz (SIB) lanciert. Er entstand in Zusammenarbeit mit dem Kanton Bern und hat zum Ziel, anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Die Idee der Social Impact Bonds stammt aus dem angelsächsischen Raum und ist dort unter dem Stichwort «Pay for Success Bond» bekannt geworden.

Marc Baumann ist Rechtsanwalt und Partner bei der Invethos AG, einer Gesellschaft, die in den Bereichen der Vermögensverwaltung, Social Impact Investments sowie Rechts- und Steuerberatung tätig ist. Im Bereich Social Impact Investments führt die Invethos AG einen Social Impact Fond- sowie eine Impact Immobiliengesellschaft AG und hat zusammen mit dem Kanton Bern und Fokus Bern den ersten Social Impact Bond für die Flüchtlingsintegration in Europa lanciert. www.invethos.ch

In der Ausgestaltung gleichen sich die verschiedenen Social Impact Bonds insofern, als Private oder gemeinnützige Stiftungen Gelder für soziale Projekte zur Verfügung stellen und die Rückzahlung dieser Gelder davon abhängt, wie gut ein soziales Problem gelöst werden konnte. Das erfordert die Definition von Erfolgszielen und eine Messung dieser Ziele gegen einen Benchmark oder gegen eine Vergleichsgruppe. Ein wichtiger Unterschied des schweizerischen SIB im Vergleich zu anderen Social Impact Bonds ist, dass er als Investition mit Gewinnchancen ausgestaltet ist und keine Spendenkomponenten enthält. Zusammenfassend stehen hinter dem SIB die folgenden Grundgedanken und Ideen:

Bonus und Malus für Investoren und Leistungserbringer Der SIB des Kantons Bern ist eine Obligation, deren Rückzahlung und Verzinsung davon abhängen wie gut es gelingt, anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene in den Arbeitsmarkt zu integrieren und diese auszubilden. Werden die vordefinierten Integrations- und Ausbildungsziele erreicht oder übertroffen, so erhalten

die Investoren und der Leistungserbringer einen finanziellen Bonus. Werden die Integrationsziele hingegen nicht erreicht, so verlieren die Investoren einen Teil ihres Kapitals und auch der Leistungserbringer muss einen Teil seiner erhaltenen Gelder zurückerstatten. Die Maluskomponenten werden durch die Investoren und die Leistungserbringer finanziert, während der Staat im Misserfolgsfall weniger Geld zurückzahlen muss als er erhalten hat. Die Erfolgskomponenten werden durch den Staat finanziert, da dieser beim Erreichen der Ziele erhebliche Sozialkosten einspart. Jeder Flüchtling, der im Arbeitsmarkt integriert werden kann, führt zu einem Wegfall von Sozialkosten. Jede erfolgreich abgeschlossene Ausbildung senkt die Wahrscheinlichkeit einer dauernden Abhängigkeit von staatlicher Unterstützung. Der Staat gibt einen Teil dieser Einsparungen den Investoren und dem Leistungserbringer als Bonus weiter. Die Beteiligung des Leistungserbringers an den Bonus- und Maluskomponenten ist ebenfalls ein Element, das in vielen bestehenden Social Impact Bonds nicht zu finden ist. Die Beteiligung ist jedoch unter verschiedenen Gesichtspunkten wichtig. Zum einen ist die finanzielle Beteiligung des Leistungserbringers an seinem Eingliederungserfolg ein öffentliches Bekenntnis zu einer erfolgsorientieren Arbeitsweise und einem verantwortungsvollen Umgang mit öffentlichen Geldern und zum anderen soll der Leistungserbringer dafür bezahlt werden, dass er seine Klienten in den Arbeitsmarkt «verliert». Viele soziale Angebote werden vom Staat nach der Anzahl Tage entschädigt, die die Klienten in einer Institution verbringen. Es besteht also zumindest finanziell ein Anreiz, Klienten länger in einer Institution zu halten. Die Bonuskomponente funktioniert genau umgekehrt. Sie bezahlt den Leistungserbringer, wenn die Arbeitsmarktintegration gelingt, also letztendlich dafür, dass ein Klient die Institution des Leistungserbringers verlässt.

49


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.