Der Schweizer Stiftungsreport 2016

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V. THEMEN UND TRENDS

Gastbeitrag von Sabine Döbeli

Nachhaltige Investitionen

EIN MITTEL FÜR MEHR WIRKUNG IM STIFTUNGSKONTEXT Die meisten Stiftungen verfolgen mit ihrer Anlagetätigkeit einzig und allein das Ziel, das Stiftungsvermögen zu erhalten und eine regelmässige Rendite zu generieren, um die Fördertätigkeit langfristig zu gewährleisten. Sicher ist dies die zentrale Funktion der Anlagetätigkeit und eine sorgfältige Anlagestrategie der Kern der treuhänderischen Verantwortung. Seit im Herbst 2015 der neue Swiss Foundation Code 2015 publiziert wurde, haben die Diskussionen zu den Investments von Stiftungen aber eine neue Dimension hinzugewonnen. Der Code legt zum ersten Mal einen Fokus auf die Konsistenz zwischen Fördertätigkeit und Anlagetätigkeit: Wie verdient eigentlich eine Stiftung das Geld, das sie wieder ausgibt? Will sie die Wirkung ihrer gemeinnützigen Tätigkeit nicht mindern, ist es gemäss Swiss Foundation Code sinnvoll, diesen Zusammenhang genauer zu beleuchten.

Sabine Döbeli ist Geschäftsführerin des Swiss Sustainable Finance, welche die Position der Schweiz im internationalen Markt für nachhaltige Finanzen durch Information, Ausbildung und Förderung von Wachstum stärkt. Der 2014 gegründete Verein hat Vertretungen in Zürich, Genf und Lugano. Aktuell gehören 86 Mitglieder und Netzwerkpartner SSF an, dazu zählen Finanzdienstleister, Investoren, Universitäten und Business Schools, die öffentliche Hand sowie andere interessierte Organisationen. www.sustainablefinance.ch

Auch angekurbelt durch verschiedene Medienberichte zu kontroversen Investments – so wurde zum Beispiel die Schweizer Nationalbank im Januar für Investitionen in Atomwaffenhersteller kritisiert – stellen sich immer mehr Stiftungsvertreter die Frage, wie es denn eigentlich um ihre Anlagen steht und ob diese ihrem Stiftungszweck nicht widersprechen. So ergibt es wohl keinen Sinn, wenn eine Stiftung, die Kriegsopfer unterstützt, in Unternehmen investiert, die geächtete Waffen wie Streubomben oder Landminen herstellen. Wie aber kann ein solcher Widerspruch verhindert werden? Es gibt verschiedene Formen, Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte (im Fachjargon meist mit ESG – environmental, social, governance – abgekürzt) bei der Verwaltung von Stiftungsvermögen zu berücksichtigen. Generell spricht man von nachhaltigen Anlagen, wenn ESG-Faktoren in einer strukturierten Form in den Anlageprozess einbezogen werden. Stiftungen halten heute

erst einen vergleichsweise kleinen Teil der in der Schweiz verwalteten nachhaltigen Anlagen. Gemäss der Schweizer Marktstudie 2015 des Forums Nachhaltige Geldanlagen stammten von den CHF 71 Mrd. nur gerade CHF 4 Mrd., also knapp 6 %, von Stiftungen. Allerdings mit wachsender Tendenz, waren es doch im Vorjahr erst rund CHF 3 Mrd. Immer mehr Stiftungen gehen also dazu über, bei ihren Anlagen nebst rein finanziellen Kriterien auch Nachhaltigkeitsaspekte einzubeziehen. Verschiedene Ansätze erlauben es, unterschiedliche Ziele zu verfolgen.

Ausschlusskriterien als einfaches Instrument Die wohl einfachste Form besteht darin, nicht in Unternehmen zu investieren, die international gültige Normen verletzen – also ein sogenanntes normenbasiertes Screening anzuwenden. Auf der Basis von Analysen von spezialisierten Research-Agenturen wird das gesamte Portfolio einer Stiftung in regelmässigen Zeitabständen (meist jährlich) einer Prüfung unterzogen und mit einer Ausschlussliste abgeglichen, die Unternehmen enthält, die internationale Normen wie den Global Compact, eine Unternehmensrichtlinie der Uno für verantwortungsvolles Wirtschaften, die Richtlinien der internationalen Arbeitsorganisation oder Konventionen zu kontroversen Waffen verletzen. Sollte ein solches Unternehmen im Portfolio enthalten sein, wird es umgehend verkauft. Idealerweise sind alle externen Vermögensverwalter bei

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