STIFTUNGSREPORT 2016
JUNGE, VITALE STIFTUNGSLANDSCHAFT Gespräch mit Thomas Dietschweiler (TD), Präsident der Ria & Arthur Dietschweiler Stiftung, Rolf Wilhelm (RW), Geschäftsführer Lienhard-Stiftung, und Stefan Bodmer (SB), Vizepräsident der Otto und Veronika Kägi Stiftung; die Fragen stellte Beate Eckhardt.
Der Stiftungsreport 2016 beschäftigt sich in seinem Regionen-Special mit der Ostschweiz. Sie alle sind in und für Ostschweizer Stiftungen tätig. Wie würden Sie die Ostschweizer Stiftungslandschaft charakterisieren?
TD: Die Stiftungswelt der Ostschweiz gleicht einer Insellandschaft. Kontakte unter einzelnen Stiftungen bestehen zwar, genauso häufig herrscht aber auch Funkstille – aus welchen Gründen auch immer. RW: Dem ist so. Gerade wir als noch relativ junge Stiftung mit einem neuen Präsidenten und Geschäftsführer seit Mitte 2015 sehen einen grossen Bedarf für die Zusammenarbeit mit anderen Stiftungen, zumal die Gesuche ja oft dieselben sind. Wir hätten Interesse an einem verstärkten Austausch, um Einblick zu erhalten in die Entscheidungsprozesse und konkreten Gründe für die Annahme oder Ablehnung eines bestimmten Projektes. Als Frischling ist es aber gar nicht so einfach, in Kontakt mit anderen Stiftungsrepräsentanten zu treten. Wieso ist es denn so schwierig, sich zu vernetzen? Liegt dies an der gemeinhin intransparenten Kommunikation von Stiftungen nach aussen? Letzteres ist schliesslich ein gesamtschweizerisches Phänomen.
SB: Diskretion ist sicherlich ein grosses Thema. Den Eindruck der Insularität muss ich dahingehend relativieren, dass eine vorbildliche Kooperation im Raume Appenzell Ausserrhoden existiert. Im Zuge der Gründung der Otto und Veronika Kägi Stiftung erfuhren wir eine professionelle Unterstützung von anderen Appenzeller Stiftungen. Die Pflege eines persönlichen Netzwerks zwischen Stiftungsräten vermag Brücken in dieser Insellandschaft zu schlagen. Insbesondere der Kanton St. Gallen steckt meines Erachtens in Sachen Koordination noch in den Kinderschuhen.
40
Fehlt ein Akteur, der diese Koordinationsleistung an die Hand nimmt?
SB: Bestimmt. Das Appenzellerland etwa hat einen solchen Akteur in Form einer Koordinationssitzung, die geprägt wird von der Initiative einer Persönlichkeit. Vielleicht könnte aber auch ein nationaler Verband wie SwissFoundations hier eine bestimmte Rolle spielen. Warum ist das Stiftungswesen in Teilen der Ostschweiz so erstaunlich jung? Die ersten Stiftungen in Teilbereichen der Ostschweiz wurden erst im Laufe der 1940er und 50er gegründet. Wie erklären Sie sich dieses Phänomen?
TD: Das ist auch für mich erstaunlich. Schliesslich wurde in der Ostschweiz bis hin zum ersten Weltkrieg beachtlich viel Geld mit der Textilindustrie verdient, und man weiss zum Teil von einem regen Mäzenatentum aus diesen Kreisen. Man würde also auch Stiftungsgründungen erwarten. Eigentlich eine interessante sozialgeschichtliche Fragestellung. RW: Vielleicht gab es das Mäzenatentum eher in einer Wohlfahrtsform. Viele Kirchengemeinden verfügten etwa über wohltätige Fonds. Dabei handelte es sich oft um Vermögen, die ihren Zweck und ihre Donatoren überlebten. In der Kirchgemeinde, die ich selbst als langjähriger Kassier betreue, gab es fünf verschiedene Fonds – darunter einen Unterstützungsfonds, einen Kranken- und Heimpflegefonds. Fonds für Bereiche also, die inzwischen durch staatliche Institutionen abgelöst wurden. Wir haben alle Fonds über die letzten Jahre hin aufgelöst und die Gelder jeweils einer Institution zukommen lassen, die heute für den angedachten Zweck zuständig ist. Der Stiftungsreport 2016 wartet mit einer sehr detaillierten Faktenauswertung zur Ostschweizer Stiftungsland-