Der Schweizer Stiftungsreport 2016

Page 24

STIFTUNGSREPORT 2016

Autorenbeitrag von Prof. Dr. Dominique Jakob und Simon Gubler

Ein Paradigmenwechsel und die Folgen

RECHTSÄNDERUNGEN FÜR FAMILIENSTIFTUNGEN UND KIRCHLICHE STIFTUNGEN Seit dem 1.1.2016 sind alle Stiftungen ins Handelsregister einzutragen. Somit unterliegen jetzt auch Familienund kirchliche Stiftungen der Eintragungspflicht. Dies ergibt sich aus dem neuen Art. 52 Abs. 2 des Zivilgesetzbuches (ZGB), wonach nur noch öffentlich-rechtliche Körperschaften und Anstalten sowie Vereine, die nicht wirtschaftliche Zwecke verfolgen, von der Eintragungspflicht ins Handelsregister ausgenommen sind. Nachfolgend wird aufgezeigt, weshalb die Eintragungspflicht ausgedehnt wurde, was diese mit sich bringt und welche Besonderheiten bei der Eintragung (nur) kirchlicher Stiftungen zu berücksichtigen sind.

HINTERGRUND DER BEVORSTEHENDEN ÄNDERUNGEN Die bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD, zu der auch die Schweiz gehört) angesiedelte Financial Action Task Force (FATF) ist ein Gremium, das mit dem Auftrag eingesetzt wurde, die Methoden der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung zu analysieren und die Aufdeckung von Vermögenswerten illegaler Herkunft zu ermöglichen. Die FATF publiziert anhand der globalen Entwicklungen Empfehlungen, die international anerkannte Standards zur Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung bilden sollen. Diese wurden zuletzt infolge der Finanzkrise, des zunehmenden Steuerwettbewerbs und des damit einhergehenden Drucks auf das Bankkundengeheimnis 2012 neu gefasst. Und so erstaunt es nicht, dass in den aktuellsten Empfehlungen auch neue Standards zur Transparenz juristischer Personen gesetzt werden. Insbesondere sollen Informationen über juristische Personen und die an diesen wirtschaftlich berechtigten Personen öffentlich zugänglich sein. Mit dem Bundesgesetz zur Umsetzung der angepassten Empfehlungen der FATF wurden diese Standards in der Schweiz mitdem Ziel einer höheren Transparenz gesetzlich umgesetzt.44 Ein Ergebnis davon ist die Pflicht zur Eintragungaller Stiftungen im Handelsregister.

20

PFLICHT ZUR EINTRAGUNG IM HANDELSREGISTER Gemäss Art. 52 Abs. 1 ZGB erlangen Anstalten (worunter auch die Stiftungen fallen) das Recht der Persönlichkeit durch die Eintragung in das Handelsregister. Stiftungen entstehen somit grundsätzlich erst zu dem Zeitpunkt, an dem sie in das Handelsregister eingetragen werden. Eine Ausnahme bildeten bisher die Familien- und die kirchlichen Stiftungen; diese bedurften nach dem bisherigen Art. 52 Abs. 2 ZGB alte Fassung keiner konstitutiven Eintragung. Letztere Bestimmung wurde nun mit Wirkung zum 1.1.2016 geändert: Im neuen Art. 52 Abs. 2 ZGB ist das Privileg der freien, eintragungslosen Körperschaftsbildung von Familien- und kirchlichen Stiftungen entfallen. Die Eintragung in das Handelsregister ist für neu zu gründende Stiftungen somit konstitutiv (Art. 52 Abs. 1 ZGB). Familien- und kirchliche Stiftungen, die am 1.1.2016 bereits bestanden, bleiben gemäss neuem Art. 6b Abs. 2 bis Schlusstitel ZGB für eine Übergangsfrist von fünf Jahren (das heisst bis Ende 2020) als juristische Personen anerkannt. Was aber geschieht mit Stiftungen, die sich nicht innerhalb der gesetzlichen Übergangsfrist eintragen lassen? Gemäss Praxismitteilung des Eidgenössischen Amts für das Handelsregister (EHRA) sollen die existierenden, aber nicht eingetragenen kirchlichen


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.