STIFTUNGSREPORT 2016
II. STIFTUNGEN UND RECHT
RECHTLICHE ENTWICKLUNGEN Das Jahr 2015 hielt den Stiftungssektor auch in rechtlicher Hinsicht in Bewegung. Die parlamentarische Initiative «Schweizer Stiftungsstandort weiter stärken» hat eine erste Hürde genommen, indem ihr die Kommission für Rechtsfragen des Ständerats im November Folge gegeben hat. Ebenfalls ist die «kleine» Mehrwertsteuerrevision einen Schritt vorangekommen, die vom Nationalrat in der Gesamtabstimmung Ende September gutgeheissen wurde. Den gesetzgeberischen Weg bereits hinter sich haben die seit Anfang 2015 zwingend anzuwendenden neuen Buchführungs- und Rechnungslegungsvorschriften und die FATF-Gesetzgebung, die seit Anfang 2016 auch für kirchliche Stiftungen und Familienstiftungen eine Pflicht zur Eintragung im Handelsregister vorsieht. Auch in der Rechtsprechung gab es interessante Entscheide. So wurde etwa der Begriff der «unternehmerischen Tätigkeit» von gemeinnützigen Organisationen neu definiert, nachdem Letztere unter die Mehrwertsteuerpflicht fallen. Ganz aktuell schliesslich hat sich der Sektor mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Neuorganisation der Eidgenössischen Stiftungsaufsicht zu befassen.
Im Folgenden werden die für den Stiftungssektor wichtigsten Entwicklungen dargestellt. Einzelheiten zur aktuellen Rechtsetzung, Rechtsprechung und Literatur können dem jährlich erscheinenden Band Jakob et al., Verein – Stiftung – Trust, njus.ch, entnommen werden.14
AKTUELLE GESETZGEBUNGSPROJEKTE GESETZESENTWURF ZUR NEUORGANISATION DER EIDGENÖSSISCHEN STIFTUNGSAUFSICHT (ESA) Die Vorlage vom 2. März 201615 sieht vor, die Eidgenössische Stiftungsaufsicht aus der zentralen Bundesverwaltung auszugliedern und in eine öffentlich-rechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit umzuwandeln. Dadurch soll die ESA ihre Aufsicht über die Stiftungen fachlich, organisatorisch, finanziell und personell unabhängig ausüben können. Voraussetzung hierfür ist eine vollständige Eigenfinanzierung, die durch Gebühren und eine jährliche Aufsichtsabgabe für Stiftungen umgesetzt werden soll. Gemäss dem erläuternden Bericht würden daraus den Stiftungen jährlich Kosten von CHF 1 bis 1,2 Mio. entstehen; die durchschnittliche Mehrbelastung pro Stiftung soll bei CHF 230 bis CHF 280 liegen, wobei das Bruttovermögen einer Stiftung bei der Berechnung miteinbezogen werden soll. Inhaltlich sollen die Bestimmungen des ZGB zu Inhalt und Umfang der Stiftungsaufsicht nicht verändert werden. Gleichwohl sind in der Vorlage zahlreiche Vorschrif-
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ten enthalten, die so nicht im ZGB zu finden sind, was mit einer gesetzlichen Konkretisierung der Aufgaben und Aufsichtsmittel der ausgegliederten ESA begründet wird. Erwähnenswert ist etwa, dass die Pflicht der Stiftungen zur jährlichen Berichterstattung neu gesetzlich festgelegt und nicht wie bis anhin durch Verfügungen auferlegt werden soll. Ferner soll die ESA mit anderen Behörden des Bundes und der Kantone Informationen austauschen können, wenn dies der Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben dieser Behörden dient und für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der ESA erforderlich ist. Hierunter sollen auch besonders schützenswerte Personendaten fallen. Freilich weist der erläuternde Bericht des EDI16 darauf hin, dass die ESA bei einem vermuteten Rechtsverstoss der Stiftung zunächst mit den Stiftungsorganen in Kontakt treten soll.
PARLAMENTARISCHE INITIATIVE ZUR STÄRKUNG DES STIFTUNGSSTANDORTS SCHWEIZ Die am 9.12.2014 von Ständerat Werner Luginbühl eingereichte parlamentarische Initiative «Schweizer Stiftungsstandort weiter stärken» (14.470) bezweckt eine