Angelus n° 05 - 06 / 2014

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schweizergarde • 15

Wie hat Ihr persönliches Umfeld reagiert als Ihre Pläne, Schweizergardist zu werden, bekannt wurden? Die meisten meiner Kollegen sind, wie die Mehrheit der Bevölkerung im Kanton Bern, reformiert. Diese waren positiv interessiert, wollten die Tätigkeit und die Verdienstmöglichkeiten genauer kennenlernen. Den einen oder anderen kritischen Spruch zur katholischen Kirche hat es schon gegeben, aber damit kann ich gut umgehen. Meine Familie hat mein Entscheid sehr gefreut. Ein Schweizergardist hat zum einen Repräsentationspf lichten, zum anderen Sicherheitsaufträge. Was spricht Sie mehr an? Natürlich schon der Sicherheitsdienst, deshalb bin ja auch dieses Engagement hier im Vatikan eingegangen. Allein um eine gute Figur beim Herumstehen in Uniform zu machen, hätte ich nicht nach Rom kommen müssen. Mir waren die Repräsentationspf lichten zwar bewusst, habe aber etwas unterschätzt, wie anstrengend etwa ein dreistündiges Wachestehen sein kann. Ehrenund Ordnungsdienst gehören beide zu unseren Pflichten. In unserer Kontrollfunktion tragen wir eine grosse Verantwortung. Wie erleben Sie Begegnungen mit den vielen Vatikanbesuchern. Fühlen Sie sich von ihnen respektiert? Wenn ich als Schildwache beim Ausgang der Basilika tätig bin, werde ich von den Besuchern mehrere tausendmal pro Tag fotografiert. Manchmal habe ich Mühe damit, wenn ich wie eine Statue betrachtet werde, und nicht wie ein Mensch mit Gefühlen, der sich an einer Kamera direkt vor seinem Gesicht stören könnte. Die meisten Menschen sind aber freundlich und bedanken sich, wenn wir ihnen eine Auskunft geben. Angenehm sind Begegnungen mit Leuten, die sich für die

Garde interessieren. Eine Schweizer Familie mit Buben im Vorschulalter hat mich gefragt, wie diese denn Schweizergardisten werden könnten. Ich habe geantwortet: «Zuerst etwas älter werden und katholisch sein.» In der Eidesformel, die Sie an der Vereidigung am 6. Mai schwören werden, heisst es, dass Sie unter Umständen auch bereit sein werden für den regierenden Papst das Leben hinzugeben. Sind Sie tatsächlich dazu bereit? Das ist schwierig zu sagen, aber ich glaube es. Die Frage stellt sich mir zurzeit eher theoretisch, weil ich nicht direkt im Nahschutz tätig bin. Aber die Einstellung und die Bereitschaft, das Leben des Papstes um jeden Preis zu schützen, teile ich schon. Sie sind seit dem Juni 2013 in Rom und haben sich für eine Dienstzeit von zwei Jahren verpf lichtet. Haben Ihre bisherigen Erfahrungen Ihre Einstellung zum Vatikan verändert? Eigentlich nicht – ich bin selber davon überrascht. Erstaunlich war für mich beispielsweise der unkomplizierte Umgang mit meinen Vorgesetzten. Können Sie ein Engagement als Schweizergardist anderen jungen Männern weiterempfehlen? Die Tätigkeit als Schweizergardist ist sehr interessant, deshalb würde ich ein Engagement sicher weiterempfehlen, wenn sich einer für die Kirche und den Papst interessiert. Gleichzeitig würde ich darauf hinweisen, dass diese Aufgabe auch anstrengt, mit manchmal zwanzig Tagen Dienst ohne richtige Freitage, weil immer wieder ein Anlass dazwischen kommen kann. Dafür habe ich Begegnungen mit dem Papst, und dies entschädigt mich wieder für diese Einsätze. Auch bietet Rom viele Sehenswürdigkeiten, und das Kulinarische kommt nicht zu kurz.

Schweizergardisten im Einsatz im Ordnungs- und Ehrendienst.

6. Mai: Die Vereidigung der Rekruten: Der 6. Mai, der Tag des «Sacco di Roma» (Plünderung Roms), ist ein Datum, das für die Schweizergarde im Vatikan eine ganz besondere Bedeutung hat und gleichzeitig eng mit der Geschichte der Kirche verknüpft ist, da es mit dem Blut von 147 ihrer Söhne geschrieben worden ist. 1527 bedeutete dieses Datum Tod, heute bedeutet es Leben, denn jedes Jahr leisten an diesem Tag die neuen Rekruten ihren feierlichen Eid. Der Kaplan der Garde liest den ungekürzten Text des Eides vor: «Ich schwöre, treu, redlich und ehrenhaft zu dienen dem regierenden Papst Franziskus und seinen rechtmässigen Nachfolgern, und mich mit ganzer Kraft für sie einzusetzen, bereit, wenn es erheischt sein sollte, selbst mein Leben für sie hinzugeben. Ich übernehme dieselbe Verpflichtung gegenüber dem Heiligen Kollegium der Kardinäle während der Sedis-Vakanz des Apostolischen Stuhls. Ich verspreche überdies dem Herrn Kommandanten und meinen übrigen Vorgesetzten Achtung, Treue und Gehorsam. Ich schwöre, alles das zu beobachten, was die Ehre meines Standes von mir verlangt.» Dann treten die neuen Rekruten, die namentlich aufgerufen werden, hervor und jeder schwört, die linke Hand an die Gardefahne gelegt und die rechte mit drei gespreizten Fingern, die die Dreifaltigkeit symbolisieren, zum Schwur erhoben: «Ich, …, schwöre, alles das, was mir soeben vorgelesen wurde, gewissenhaft und treu zu halten, so wahr mir Gott und seine Heiligen helfen.» www.vatican.va/roman_curia/swiss_guard

Fotos: flickr/gewinski/faceme


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