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zeitausgleich arbeitsfragen in allen

lebenslagen

Text: Irmi Wutscher, Illustration: Nadine Kappacher

Weihnachtsfeier Ich war mal als PR-Mädchen-für-alles für eine Medizindienstleisterfirma tätig. Ein dunkles Kapitel in meiner Arbeitsgeschichte. Das Dunkelste an diesem dunklen Kapitel ist die dazugehörige Weihnachtsfeier. Nach dem Essen nämlich hatten Chef und Personalchef die großartige Idee, es sollten sich doch alle reihum bedanken. Für das vergangene Jahr. Mich befiel eine leise Panik, denn ich hatte einfach nichts zu danken. Mein Job war im Grunde ein Zehn-Stunden-Sekretärinnenposten, für den es den tollen Namen PR-Assistenz, aber keine Job-Description gab. Hauptaufgabe war es, Sitzungsprotokolle von PR-Meetings zu verfassen, die alle gleich abliefen. Der Chef erzählte dem jeweiligen Gegenüber (beide Old-Boys wie aus dem Buche): „Frau Wutscher ist ja Feministin”, und es folgte ein frauenfeindlicher Witz. Mitreden bei der Sitzung: Fehlanzeige. Auch sonst gab es eigentlich nichts Verantwortungsvolles zu tun. Nicht einmal ein Weihnachtsgeschenk hatte ich bekommen. Gottseidank meldete sich die Sekretärin gleich zu Wort (sie war kurz nach mir eingestellt worden) und bedankte sich für das ihr entgegengebrachte Vertrauen. Danach waren alle Augen erwartungsvoll auf mich gerichtet. Mir war noch immer kein Grund für Dankbarkeit eingefallen, und ich versuchte irgendwie die Kurve zu kratzen: „Ähm, ja, ich weiß, ich komm aus einem ganz anderen Bereich als ihr (alles Wirtschaftsmenschen), trotzdem glaube ich, dass ich mit meiner Sichtweise vielleicht Aspekte in die Arbeit einbringen kann, die vorher noch nicht so da waren.” Unverständnis in den Gesichtern rundherum. „Ja, und dafür bedanke ich mich irgendwie.” Okay, das D-Wort war gefallen, meine Wortmeldung akzeptiert. Dann wurde der Reihe nach noch sehr viel und sehr herzlich gedankt. Höhepunkt: die Chefansprache, bei der alle noch einmal genannt wurden. „Und wir danken der Irmi, dass sie bei uns ist.” Vier Wochen später wurde ich durch einen Praktikanten ersetzt, „weil wir nicht zueinander passen”. Ich selbst arbeitete mittlerweile für den cholerischsten Zeitungsmacher des Landes. Und es kam mir dort vor wie im Himmel. Irmi Wutscher war noch nie Chefwitzlacherin und hält es nicht für notwendig, sich für den Austausch von Arbeitskraft gegen Geld zu bedanken. Nadine Kappacher gibt es da www.salon-nadine.at und dort http://meerweh.tumblr.com

24 l an.schläge Dezember 2010 l Jänner 2011

studie (K)Ein Gender-Gap in Mathematik In manchen Ländern unterscheiden sich die Geschlechter in ihren mathematischen Fähigkeiten, in anderen nicht. Warum das so ist, analysierten nun Forscherinnen der University of Wisconsin in einer Meta-Studie. Ergebnis: Der Gender-Gap lässt sich v.a. darauf zurückführen, wie der soziale Status von Frauen in den jeweiligen Ländenr aussieht. Ebenso wirken sich die Art und Weise, wie mathematische Fähigkeiten geprüft werden, teilweise auf den Grad der unterschiedlichen Leistungen aus. Zugleich wurde in der großangelegten Untersuchung auch gezeigt, dass Mädchen nicht per se untalentierter in Mathematik sind als Jungen. Jedoch können sich falsche Erwartungen bei Eltern und LehrerInnen negativ auf die Leistungen der Mädchen in den Naturwissenschaften auswirken: „Vermittelt man Frauen vor einer mathematischen Aufgabe, man erwarte ein besseres Abschneiden der Männer, so wirkt das wie eine sich selbst erfüllende Prophezeihung”, so die Studien-Autorinnen. Der Unterschied zwischen Burschen und Mädchen liegt u.a. auch in der (falschen) Selbsteinschätzung und dem Willen zum Wettbewerb. Jungen geben sich kompetitiver und überschätzen sich oft bei mathematischen Aufgaben. Matthias Sutter von der Universität Innsbruck schlägt vor, dass SchülerInnen im Unterricht regelmäßig Feedbacks zu ihren Leistungen erhalten sollen: „Dadurch erkennen Mädchen, dass sie gleichauf liegen, und es hilft ihnen, den Wettbewerb nicht zu scheuen.” niho/be http://diestandard.at, www.apa.org/pubs/journals/releases/bul-136-1-103.pdf

internetportal Exzellenz fördern Eine Suchmaschine der anderen Art ist „academia-net.de” – ein Internetportal, das Profile „exzellenter Wissenschaftlerinnen” enthält. In den höchst dotierten Positionen in der deutschen Forschung sind Frauen nur zu zwölf Prozent vertreten – dieser mangelhaften Repräsentation wollen die InitiatorInnen des Projekts, die Robert Bosch Stiftung und das Magazin „Spektrum der Wissenschaft”, entgegenwirken. Von nun an können jene, die eine Konferenz ausrichten, ExpertInnen suchen oder wissenschaftliche Gremien besetzen, über das Portal direkt nach einer passenden Wissenschaftlerin suchen. Ob die Suchmaschine auch wirklich genutzt werden wird, bleibt freilich abzuwarten. be www.academia-net.de

budget Aus für freie Forschung? Die österreichische Regierung will sparen – u.a. 28 Millionen Euro bei der außeruniversitären Forschung in den nächsten vier Jahren. Nach der Budgetklausur der Regierung Ende Oktober sind nun Details bekannt geworden: Wissenschaftliche Institute und Forschungseinrichtungen, die nicht im Eigentum von Bund oder Ländern stehen, sollen ab 2011/12 weder Grundfinanzierung noch Projektförderungen mehr erhalten. Damit würde die Finanzierung der freien Wissenschaft – und damit auch ein wichtiger Teil feministischer Forschung – quasi vollständig eliminiert. Betroffen ist eine ganze Reihe renommierter Institute, wie etwa das Institut für die Wissenschaften vom Menschen (IWM), das Zentrum für soziale Innovation (ZSI), das Kreisky/Dohnal-Archiv, die Forschungsund Beratungsstelle Arbeitswelt (Forba) oder auch das Internationale Forschungszentrum Kulturwissenschaften (IFK).


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