2006_06_anschlaege

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bäuerinnenstarke oder Kartoffelernte und die damit verbundenen Tätigkeiten werden gemeinsam erledigt. Als Amalia noch Milch von Haus zu Haus verkauft hat, stand der Bauer täglich hinterm Herd, da sie oft erst am späten Nachmittag wieder zurückkam.„Damals ging es eben leichter so.Wir passen unsere Arbeitsteilung an die aktuellen Anforderungen an. Generell macht meistens jeder was er besser kann. Diktiert wird unser Arbeitsalltag aber viel mehr vom Wetter, den Jahreszeiten, den Bedürfnissen der Tiere und so weiter. Das sind die Gegebenheiten nach denen wir uns richten müssen.“ Maria ist noch nicht sehr lange Landwirtin. Sie arbeitet selbstständig als Heilmasseurin und ist daher auch nicht so in die Arbeit am Hof eingebunden. „Ich bin oft den ganzen Tag unterwegs. Meine Arbeitseinteilung richtet PartnerInnenschaftliche Beteiligung. Die Art der Produktion hat sich im Laufe sich ja auch nach den Wünschen meider Zeit grundlegend verändert, die Ein- ner Kunden. Ich versuche die Termine immer auf einige Tage zusammen zu lebindung der Frauen in dieselbe jedoch gen, damit ich meine Freizeit und die nicht. Ein Betrieb ist heute fast nur Zeit mit meiner Familie genießen kann.“ partnerInnenschaftlich zu führen. Dies Die Arbeit auf dem Bauernhof verrichtrifft besonders auf kleinere Höfe und tet großteils ihr Mann und die SchwieBergbauernhöfe zu. Der Bauer und die gereltern helfen auch mit. „So kann ich Bäuerin sind hier die wichtigsten und oft auch die einzigen Arbeitskräfte. Vie- meinen Beruf ausüben, bin unabhängiger und wir haben noch ein Einkomle Betriebe wären ohne die Arbeitsleimen. Wir haben das eher so geregelt, stung des/der EhepartnerIn nicht lebensfähig. Sollte sich also eine Landwir- dass er der Landwirt ist und ich wohne da“, meint Maria und lacht. Sie war tin benachteiligt oder ungerecht befrüher zwar ab und an mal auf einem handelt fühlen und in Streik treten, so hat sie eine nahezu einmalige Verhand- Bauernhof zu Besuch, aber damit hatte lungsposition. In einer Beziehung, in der es sich auch. Sie helfe mit, berichtet sie, nur ein Teil das Geld verdient, ist der/die aber eben nur so nebenher. Vorerst. „Ich muss erst mal in diesen Beruf hineinAndere notwendigerweise finanziell wachsen. Das geht nicht so von heute von ihm/ihr abhängig. In einer Landauf morgen. Dann sehen wir weiter.“ wirtschaft ist diese wirtschaftliche AbAls Kind hätte sie gerne auf einem Bauhängigkeit eine gegenseitige und die meisten LandwirtInnen sind sich dieser ernhof gelebt, erzählt sie. Der Vorteil in einem kleinen Dorf zu leben ist auch Tatsache sehr wohl bewusst. der, dass man auf die Hilfe anderer zählen kann. Die Bereitschaft, sich geDie Liebe zum Hof. Amalia und ihr genseitig zu helfen, ist in höherem Mann bewirtschaften ihren BergbauMaße vorhanden, da jeder irgendwann ernhof seit dreißig Jahren gemeinsam. Auf die Frage, wie sie und ihr Mann sich auf nachbarschaftliche Unterstützung angewiesen ist. Für berufstätige Frauen die Arbeit aufteilen, antwortet Amalia wie Maria ergibt sich hieraus der Vorverwundert ob solcher Fragen: „Jeder teil, nicht auf Einrichtungen zur Kindermacht einfach das, was er lieber mabetreuung und deren Öffnungszeiten chen will oder wie es sich eben gerade angewiesen zu sein. „Ohne die Hilfe leichter ausgeht.“ Also geht ihr Mann meiner Schwiegereltern, Eltern und der morgens in den Stall, melkt die Kühe und bringt die Milch zur Sammelstelle. Nachbarn wäre es für mich schwierig. Würde ich in der Stadt wohnen, könnte Abends ist sie an der Reihe mit dem ich meinen Beruf vielleicht nicht so ausMelken. „Ich schlafe lieber eine Stunde länger.“ Saisonale Arbeiten wie die Heu- üben wie es mir hier möglich ist, denn nicht zur Hofgemeinschaft gehörenden, waren fast immer eine Männerdomäne, zumindest sofern sie höhere wirtschaftliche Relevanz hatten. Frauen hatten hingegen am Hof mehr Macht. Vielfach besaß, wie in Teilen Kärntens, nur die Bäuerin die Schlüssel zu Getreide- und Vorratskammer. Die Aufteilung in „Männerarbeiten“ und „Frauenarbeiten“ wurde sehr von den wirtschaftlichen Gegebenheiten sowie von der Stellung der Frauen in der Gesamtgesellschaft geprägt. Frauen am Land waren ebenso in den patriarchalen Strukturen gefangen wie ihre Leidensgenossinnen in der Stadt, doch kaum eine Produktionsweise hat die Frauen so in die Produktion einbezogen wie die bäuerliche.

hier bin ich flexibel und das ist der Vorteil den ich gegenüber anderen in der Branche habe.“ Neue Bäuerinnengeneration? Dass Mädchen immer noch eher mit Puppen spielen, kochen lernen u.s.w. und gewissermaßen erst zu Mädchen erzogen werden, ist auch am Land freilich immer noch sehr oft der Fall. Doch das Bild von der braven Hausfrau stimmt oft nicht mehr. Viele landwirtschaftliche Betriebe sind heute nur noch im Nebenerwerb zu führen, d.h. einer der PartnerInnen muss einer Arbeit außerhalb des Hofes nachgehen. So gibt es etwa die Konstellation, dass der Mann sich z. B. als Busfahrer etwas dazuverdient und dadurch oft von zu Hause weg ist, wodurch die Bäuerin alle Arbeiten am Bauernhof erledigt – vom Jäten des Gemüsebeets über die Stallarbeit bis zur Forstarbeit. Dadurch, dass Landwirtinnen heute in alle Bereiche des Wirtschaftens mit einbezogen sind, treten sie auch öffentlich viel mehr in Erscheinung als früher. Sie sind selbstständig und selbstbewusst und wollen sich auch außerhalb ihres unmittelbaren Lebensbereiches behaupten. Hier gibt es freilich immer noch viel zu tun. Denn auch in jenen politischen Bereichen, welche die Landwirtschaft betreffen, sind die meisten politischen EntscheidungsträgerInnen und InhaberInnen von Ämtern immer noch Männer. Wenn es nach den Bäuerinnen geht, wird sich dies in Zukunft ändern. Die heute zwanzig- bis dreißigjährigen Frauen hatten im Unterschied zu ihrer Elterngeneration vielfach die Chance auf eine fundierte Ausbildung und sind nicht zuletzt dadurch auch unabhängiger und flexibler in der Wahl ihres (Neben)berufes. Wenn zu Hause Gleichberechtigung gelebt wird, ist es einfacher, diese auch außerhalb der eigenen vier Wände einzufordern. Insofern sind die Frauen aus dem kleinen Kärntner Bergbauerndorf schon auf dem richtigen Weg, mag er auch noch lang sein. „Vielleicht“, meint Amalia, „lernen unsere Kinder hier mehr über Gleichberechtigung und darüber wie es funktionieren könnte, weil sie es Tag für Tag vorgelebt bekommen. Ich wünsche meinen Töchtern eine Welt, in der es gerechter zugeht und vielleicht ist das ein Weg dorthin.“ ❚ juni 2006an.schläge 29


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