Bergeerleben - AVS-Magazin März 2021

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AVS-Aktuell

KOMMENTAR

Bürokratie versus Ehrenamt Erleichterung in der Vereinsführung wird dringend gefordert „Die Bürokratie ist mittlerweile ­leider in sehr vielen Bereichen untrag­bar geworden“, sagt Erwin Altstätter, AVS-Ehrenmitglied, langjähriger Erster Vorsitzender der Sektion Martell und langjähriger Bürgermeister der Gemeinde ­Martell. Ein Mann der klaren Worte, wie er in seinem Kommentar wieder­g ibt.

W

enn ich allein auf meine jahr­ zehntelange ehrenamtliche Tätigkeit im Alpenverein Südtirol zurückblicke, muss ich fest­ stellen, dass die Bürokratie nicht zu 100 Prozent, sondern zu 500 Prozent zugenommen hat. Betrachten wir die Bürokratie, die den Vereinen derzeit auferlegt wird: Satzungsänderungen, Buchhaltung, ­Bilanzen, Finanzen, Ab­ rechnungen, Veröffentlichungen usw. Die Politiker sprechen immer salbungs­ voll vom Ehren­amt und dessen Werten. Was tun aber die Politiker und die lei­ tenden Beamten, außer die kleinen Vereine beim Kragen zu nehmen und die notwendige Lebensluft abzuschnü­ ren? So manche Herren in der obers­ ten Etage vergleichen einen Verein mit 48

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einem Amt, das mit bezahlten Beam­ ten besetzt ist und wo man anschaffen und fordern kann. Vereine werden aufgeben müssen Wenn die Bürokratie die Vereine Jahr für Jahr mit neuen Bestimmungen überhäuft und alles komplizierter und unüberschaubarer wird, bekommen wir Probleme, in Zukunft überhaupt Leute zu finden, die bereit sind, Ver­ antwortung über die Vereinsfunk­ tionen zu übernehmen. Die Konse­ quenz ist, dass die Tätigkeit auf ein Mini­mum eingeschränkt oder ganz eingestellt wird. Viele Vereine wird es dann in Südtirol nicht mehr geben. Diese logische Folgerung muss den Führungskräften im Land ganz deut­ lich aufgezeigt werden. Wo sind unsere Politiker in Rom ge­ blieben und welchen Einsatz haben sie gezeigt, wenn es um die Vereine und um das Ehrenamt geht? Im Land­ haus werden für das Ehrenamt neue Ämter geschaffen und Leute einge­ stellt. Diese beraten zwar, nehmen den Vereinen aber keine Arbeit ab oder helfen über Hürden hinweg. Diese bleiben nach wie vor bei den Leuten

Foto: Pixabay, Mariann Szöke

vor Ort. Von den Behörden wird das Gesetz zitiert, und dass ihnen die ­Hände gebunden seien. Wer macht aber diesen unüberschaubaren Wust an Gesetzen? Wenn wir nicht wollen, dass das Ehren­amt den Bach hinuntergeht, und wenn wir weiterhin gemeinnützige ­kulturelle und soziale Vereine erhalten wollen, besteht dringender Hand­ lungsbedarf! Schönrederei vom Ab­ bau der Bürokratie, wie sie das Wähler­ volk vor jeder Wahl zu hören bekommt, ist zu wenig. Erwin Altstätter


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