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Eine Ära geht zu Ende

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Mehr Holz als Wege

Mehr Holz als Wege

Bergauf und bergab

Eine Ära geht zu Ende

Gerold Benedikter, 35 Jahre lang Chefredakteur des Bergauf, hat mit Ende April seinen Ruhestand angetreten. Zum Abschied hat er noch einmal mit sich reden lassen. Evelin Stark

Bergauf: Wann bist du dem Team des Alpenvereins beigetreten?

Gerold Benedikter: Ich habe 1981 als freier Mitarbeiter in der Abteilung Naturschutz begonnen. Ab 1986 war ich dann angestellt. Damals war ich halb in der Abteilung Naturschutz, halb bei den ÖAV-Mitteilungen tätig – so hieß das Bergauf damals.

Was verbindet dich mit den Bergen?

Die Berge sind eine ungeheuer schöne und wertvolle Landschaft, bei denen man immer erst merkt, dass sie einem fehlen, wenn man sie nicht hat. Während meiner Bundesheerzeit ist mir das aufgefallen. Ich war ein paar Monate in der Südsteiermark und im Burgenland, und das im Winter. Da habe ich es extrem gemerkt: Keine Berge, keine Nadelbäume, nur kahle Hügel – das war gar nicht schön.

Du hast die Entwicklung des Bergauf als Chefredakteur be-

à Gerold studiert während eines Betriebsausfluges 2011 in die Dolomiten eine historische Karte zur alpinen Frontlinie im Ersten

Weltkrieg. Fotos: norbert-freudenthaler.com

gleitet, gestaltet und geprägt. Was hat sich verändert?

Da gab es einige Veränderungen: Ich habe ja in einer Zeit angefangen, als alles noch analog war. Damals habe ich mit Klebeumbruch gearbeitet: Die Texte wurden in Spaltenbreite auf riesigen Bögen ausgedruckt und man hat mit Schere und Kleber die einzelnen Beiträge und Seiten selbst zusammengebastelt.

Es gab außerdem früher wesentlich mehr vereinsinterne Informationen im Chronikteil. Da habe ich abgespeckt: In einer bundesweiten Zeitschrift muss schließlich nicht unbedingt berichtet werden, wenn in einer kleinen Sektion irgendwo jemand für 65 Jahre Mitgliedschaft geehrt wird.

Die Tourenberichte gab es immer schon in den Mitteilungen. Dennoch gab es in den 35 Jahren, sprich mehr als 180 Ausgaben, die du redaktionell verantwortet hast, einiges an Evolution …

Es ist sehr schwer, alle Interessen abzudecken. Der Alpenverein mit seinen heute über 600.000 Mitgliedern ist ein extrem heterogener Verein, der von jung bis alt reicht. Den einen ist zu viel Extremkletterei drin, den anderen zu viel Naturschutz. Früher waren zu viele Beiträge aus fernen Ländern – die ganzen Expeditionen und Erstbesteigungen waren aber nun mal in Ländern, wohin man weit reisen muss. Es zu schaffen, dass für jede und jeden etwas Interessantes dabei ist, ist eine große Herausforderung. Deshalb entwickelt sich das Magazin auch stetig weiter.

Apropos Entwicklung: In welche Richtung wird sich das Bergauf und der Printjournalismus allgemein deiner Meinung nach verändern?

Ich habe in diesem Jahr vorausschauend einen inhaltlichen und grafischen Relaunch des Bergauf budgetiert, damit du als Nachfolgerin frischen Wind hineinbringen und das Magazin updaten kannst. Wichtig erscheint

mir, hier den Onlineauftritt mitzudenken: Der sollte viel weitergehen als nur das E-Paper anzubieten. Ich denke da zum Beispiel an weiterführende und vertiefende Informationen zu den Beiträgen im Printmagazin.

Ich bin aber dennoch überzeugt, dass das Magazin weiterleben wird. Auch wenn vor einigen Jahren der Umstieg vom analogen auf das digitale Arbeiten rasend schnell passiert ist, ist das mit dem Lesen doch etwas Anderes. Ein Magazin oder einen Bildband will man angreifen, es spüren und darin blättern können! Das kann kein E-BookReader oder Bildschirm ersetzen.

Gibt es für dich Highlights aus deinen 35 Jahren Mitarbeit beim ÖAV, auf die du gerne zurückblickst?

Ich bin viel herumgekommen und habe wahnsinnig viele Menschen kennengelernt. Das war schon toll. Ein großes Highlight für mich und viele Alpenvereinsbegeisterte war die Festrede von Bischof Stecher bei der 150-Jahre-Hauptversammlung in Wien. Das war sehr berührend. Für mich war auch die Bekanntschaft mit Viktor Frankl sehr prägend. Er war Mitglied der Sektion Donauland – eine von jüdischen Bergsteigern gegründete Sektion, die aber 1924 vom Alpenverein ausgeschlossen wurde. Er hat das dem ÖAV nie nachgetragen. 1987 hielt er sogar zum 125-Jahr-Jubiläum des Alpenvereins in Wien eine viel beachtete Festrede.

Dein persönliches Steckenpferd ist das Mountainbiken. Konntest du dich bei diesem Thema auch im Alpenverein einbringen?

Ich habe mich des Themas damals in der Abteilung Naturschutz und Raumplanung angenommen, als der Trend Ende der 1980er-Jahre aus den USA nach Europa kam. Da war bei uns gleich der große Aufschrei von wegen Mountainbiker seien Naturfrevler und -zerstörer. Im Zuge unserer Befragungen hat sich schnell herausgestellt, dass der Naturschutz nicht das Problem war, das durch die Mountainbiker zu Schaden kommt, sondern dass es mehr um soziale Konflikte ging. In dieser Zeit haben wir den ersten Infofolder gemeinsam mit den Bundesforsten veröffentlicht, was eine sehr prägende Geschichte war. Dazu gab es eine Pressekonferenz auf der Möslalm, wo die wichtigsten Journalisten des deutschsprachigen Raumes dabei waren. Erst danach kam das mit dem Mountainbiken so richtig ins Rollen.

Worauf freust du dich am meisten in deinem wohlverdienten Ruhestand?

Darüber habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht! Aber ich weiß, dass mir nicht langweilig wird. Was ich versuchen werde, ist Sport zu machen und draußen in der Natur zu sein – und das zu jeder Jahreszeit.  

Gerold Benedikter

... Spitzname: „Fecit“, wuchs in Spittal an der Drau auf, bevor er neun Jahre lang das Gymnasium in Lienz besuchte. Nach einem Jahr Bundesheer in Ostösterreich zog es Gerold zurück in den Westen: Er studierte Geografie in Innsbruck und begann 1981 seine Karriere in der ÖAV-Abteilung Naturschutz unter Peter Haßlacher. Die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit führte er lange Jahre als One-Man-Show, bis vor etwa zehn Jahren das Team aufgestockt wurde. Neben Bergauf und Öffentlichkeitsarbeit zeichnete Gerold auch für den Alpenvereins-Shop zuständig. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. In seiner nun reichlichen Freizeit sitzt er auf dem Mountainbike, geht Wandern oder Skifahren, kocht leidenschaftlich gern und begeistert sich für Volleyball.

Redaktion neu

Liebe Leserinnen und Leser, ich möchte mich kurz bei Ihnen vorstellen. Als gebürtige Tirolerin marschiere ich bereits seit meiner Kindheit gern bergauf und bergab. Die Natur und speziell die Berge sind für mich Orte zum Krafttanken und Abschalten. Ich bin Mutter eines sechsjährigen Buben, und mit ihm erlebe und entdecke ich das Draußensein gerade wieder ganz neu. Beruflich bin ich bereits seit einigen Jahren als Journalistin tätig und freue mich sehr, von nun an das Bergauf redaktionell gestalten zu dürfen. Evelin Stark

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